Burschenschaftliche Blätter 2015 - 1
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<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
1/<strong>2015</strong><br />
130. Jahrgang ISSN 0341-5352 www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />
Nonkonformes Europa<br />
Die Alte Welt und ihre Zukunft – Ein Kontinent zwischen<br />
Niedergang und Renaissance.<br />
Mit Beiträgen von Martin Sellner, Carlos Wefers Verástegui,<br />
Johannes Konstantin Poensgen, Philip Stein, uvm.
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Impressum / Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong> <strong>Blätter</strong><br />
www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />
Zeitschrift für den deutschen Burschenschafter. Begründet im Januar 1887<br />
von G. H. Schneider (Germania Jena), 130. Jahrgang, Heft 1, 1. Quartal <strong>2015</strong><br />
Impressum<br />
Herausgeber: Vorsitzende Burschenschaft<br />
der Deutschen Burschenschaft<br />
Marburger Burschenschaft Germania<br />
Lutherstraße 3<br />
D-35037 Marburg/Lahn<br />
vorsdb@burschenschaft.de<br />
Verlag:<br />
Im Selbstverlag der Deutschen Burschenschaft.<br />
Schriftleiter, Anzeigen:<br />
Dirk Taphorn, M.A.<br />
(Normannia-Nibelungen Bielefeld)<br />
Postanschrift:<br />
Dirk Taphorn<br />
Postfach 32 02 07, D-01014 Dresden<br />
Telefon: +49 (0)351 16063872<br />
bbl-schriftleitung@burschenschaft.de<br />
BBl-Anschriftenverwaltung:<br />
C. F. Lindemann (Cruxia Leoben)<br />
Postanschrift:<br />
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Postfach 101232, D-20008 Hamburg<br />
bbl-anschriftenverwaltung@burschenschaft.de<br />
Gesamtherstellung und Vertrieb:<br />
Gieseking Print- und Verlagsservices GmbH<br />
Deckertstraße 30, 33617 Bielefeld<br />
Telefon +49 / (0)521 / 961496-55<br />
Telefax +49 / (0)521 / 98890439<br />
Erscheinungsweise:<br />
Viermal im Jahr<br />
Auflage: 7.000<br />
Bezugspreis:<br />
„Für Bezieher, die der Herausgeberin angehören, ist dieser<br />
im Verbandsbeitrag enthalten. Für Bezieher, die nicht<br />
der Herausgeberin angehören, jährlich 21 Euro zuzüglich<br />
MwSt. bei Lieferung frei Haus im Inland, 26 Euro zuzüglich<br />
MwSt. ins Ausland. Einzelhefte im Inland 6,50 Euro,<br />
zuzüglich MwSt., inkl. Porto und Verpackung. Auslands<br />
bezug 8,50 Euro zuzüglich MwSt. und Versandkosten. Bestellungen<br />
beim Schatzmeister. Adresse und Bestellformular<br />
am Ende des Heftes.“<br />
Blattlinie:<br />
Mit dem Namen des Verfassers versehene Beiträge<br />
stellen nicht immer die Meinung des Herausgebers, des<br />
Schriftleiters oder der Burschenschaft des Verfassers dar.<br />
Die Verantwortung für die in diesen Artikeln zum Ausdruck<br />
gebrachte Meinung trägt ausschließlich der Verfasser.<br />
Sie bedeutet in keinem Falle eine amt liche Stellung -<br />
nahme des Verbandes.<br />
Nachdruck:<br />
Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe („Burschen -<br />
schaftliche <strong>Blätter</strong>“, Jg., Heft, Seite, Verfasser) und mit<br />
Genehmigung des Schriftleiters gestattet.<br />
Beiträge:<br />
Wir erbitten die Zusendung aller Beiträge ausschließlich<br />
per E-Post in gängigen Digital-Formaten. Die Manuskript -<br />
richtlinien sind verbindlich und können bei der Schriftleitung<br />
angefordert werden. Handschrift liche Texte werden<br />
nicht berücksichtigt. Einsender von Bei trägen werden<br />
gebeten, sich vorher mit dem Schriftleiter in Verbindung<br />
zu setzen. Rezensionen dürfen maximal 3.000 Zeichen<br />
(inkl. Leerzeichen) umfassen. Ein Anspruch auf Abdruck<br />
von Manuskripten und zu einem bestimmten Termin<br />
besteht nicht. Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />
Bilder und Besprechungsexemplare wird keine Haftung<br />
übernommen. Bei einer Nichtveröffentlichung handelt<br />
es sich nicht um Zensur. Die Verfasser, auch von Leserbriefen,<br />
fügen ihrem Namen ihre Burschenschaft und das<br />
Jahr des Eintritts hinzu. Die Schriftleitung behält sich ausdrücklich<br />
Streichungen und Kürzungen vor.<br />
Redaktionsschluß:<br />
Siehe unter Mitteilungen der Schriftleitung.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Mitteilungen der Schriftleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Martin Sellner: „Von Nouvelle Droite bis Front National“ . . . . . . . . . . . 4<br />
Moritz Schellenberg: „Ein Land am Scheideweg“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Johannes Konstantin Poensgen: „Grenzwacht PEGIDA“ . . . . . . . . . . . 8<br />
Carlos Dieter Wefer Verástegui: „Das Recht der Nationalismen“ . . . . . 11<br />
Philip Stein: „Aufstand der Kleinen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Alexander Markovics: „Vom Internet auf die Straße“ . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
Armin Allmedinger: „Sonderweg Osteuropa“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Interview mit Adriano Scianca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
Aus dem <strong>Burschenschaftliche</strong>n Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Jörg R. Mayer: „Warum ich Burschenschafter geworden bin“ . . . . . . . 22<br />
Interview mit Professor Menno Aden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Raphael Thiermann: „Kontrolierte Einwanderung in Gegenden der<br />
Besserverdienenden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Essay: „Der Krieg und das Volk“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
Unsere Toten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong> Amtsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Die Schriftleitung informiert:<br />
Adreßänderungen für den Bezug der „<strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong>“<br />
richten Sie bitte immer an:<br />
bbl-anschriftenverwaltung@burschenschaft.de oder postalisch an:<br />
BBl-Anschriftenverwaltung, Postfach 101232, 20008 Hamburg<br />
Neues aus der BBl-Netzversion<br />
www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />
www.facebook.com/DeutscheBurschenschaft<br />
2 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
Mitteilungen der Schriftleitung<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Sehr geehrte Herren Burschenschafter,<br />
liebe Leser,<br />
vergangenen Winter konfrontierte ich unseren<br />
Schriftleiter, Herrn Verbandsbruder Dirk<br />
Taphorn, mit der Idee, den zahlreichen, derzeit<br />
erstarkenden „nonkonformen Bewegungen“<br />
in Europa ein eigenes Themenheft,<br />
also eine Ausgabe unserer Burschenschaft -<br />
lichen <strong>Blätter</strong> zu widmen. Wenige Monate<br />
später halten Sie nun diese Ausgabe in den<br />
Händen, deren Schwerpunkt ich federführend<br />
planen, lektorieren und auch erstellen<br />
durfte. An dieser Stelle darf ich Ihnen bereits<br />
versprechen: Diese Ausgabe hat es in<br />
sich!<br />
Dem einen oder anderen unter Ihnen dürfte<br />
etwa das provokante Interview mit Casa<br />
Pound-Kultursprecher Adriano Scianca –<br />
immerhin geht es um Südtirol! – bitter aufstoßen.<br />
Doch wer wären wir als Deutsche<br />
Burschenschaft, als bedeutendster burschenschaftlicher<br />
Akademikerverband,<br />
wenn wir nicht auch Kontroversen zulassen<br />
würden? Sie können sich weiterhin auf eine<br />
tiefgehende, etwas andere Analyse der PE-<br />
GIDA-Bewegung freuen, einen historischen<br />
Blick auf die französische Rechte – die Nouvelle<br />
Droite – werfen oder die Entstehung<br />
der österreichischen Identitären Bewegung<br />
aus Sicht eines Mitbegründers verfolgen.<br />
Darüber hinaus stehen die politischen Situationen<br />
in Großbritannien, Spanien sowie<br />
Osteuropa im Fokus unserer Betrachtung.<br />
Es haben jeweils Personen zur Feder gegriffen,<br />
die durch längere Auslandsaufenthalte,<br />
Studienaustausch oder ethnische Abstammung<br />
einen besonderen Draht zum Thema<br />
haben. Konservative und rechte Bewegungen<br />
befinden sich derzeit im Aufwind. Werfen<br />
wir einen Blick über den Tellerrand und<br />
schauen, wer für uns Burschenschafter anschlußfähig<br />
ist.<br />
Gleichzeitig starten wir mit dieser ersten<br />
Ausgabe des Jahres <strong>2015</strong> in ein geschichtsträchtiges<br />
Jahr, das jedem unter uns, jedem<br />
Burschenschafter, das Herz höher schlagen<br />
läßt. Beeindruckende 200 Jahre burschenschaftliche<br />
Bewegung – ein Jubiläum, das<br />
seinesgleichen sucht! Dieses Jubiläum steht<br />
jedoch nicht nur für eine fortlaufende, couleurstudentische<br />
Tradition. Es steht auch, ja<br />
vor allem für einen zweihundertjährigen Freiheitskampf,<br />
an dessen Spitze wir Burschenschafter<br />
stets präsent waren. Daß wir dafür<br />
heute an einem gesellschaftlichen, politischen<br />
und medialen Pranger stehen, ist zwar<br />
grotesk, gar paradox, entbindet aber keinen<br />
Burschenschafter unserer Deutschen Burschenschaft<br />
von seiner Pflicht, für Ehre, Freiheit<br />
und Vaterland zu streiten. Sollte sich unser<br />
Verband weiterhin so entwickeln, wie er<br />
es derzeit tut, dann habe ich keinen Zweifel<br />
daran, daß die Fahne der Urburschenschaft<br />
auch in den kommenden 200 Jahren der<br />
Freiheit vorangehen wird!<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Freude mit<br />
dieser kontroversen Ausgabe!<br />
Philip Stein<br />
(Germania Marburg 2011)<br />
Stellv. Sprecher der Deutschen Burschenschaft<br />
Werte Herren Burschenschafter,<br />
zum Start in das Jubiläumsjahr <strong>2015</strong> suchen<br />
die <strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong> nach dem<br />
„nonkonformen Europa“ – nach anderen<br />
Vorstellungen und Ideen zu Politik und Gesellschaft<br />
auf dem alten Kontinent. Federführend<br />
hat Verbandsbruder Stein diesen<br />
Schwerpunkt bearbeitet und dafür junge<br />
Experten gewonnen.<br />
Daß die Jugend kontroverse Ansichten ins<br />
Spiel bringt und versucht, alte und ausgetretene<br />
Wege zu verlassen, ist nicht immer<br />
einfach und bequem. Aber bequem zu<br />
sein, kann nicht der Anspruch eines Burschenschafters<br />
sein – wie auch die vergangene<br />
Ausgabe zum Thema Sport verdeutlichen<br />
sollte. Als sich die burschenschaftliche<br />
Bewegung vor 200 Jahren gründete, war<br />
sie vor allem unangepaßt. Auch daran sollten<br />
wir denken, wenn wir uns und unsere<br />
Ideale dieses Jahr – zu Recht – ausgiebig<br />
feiern.<br />
Nur mit einem jungen Geist werden wir<br />
auch in Zukunft bestehen können. Nun aber<br />
wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre.<br />
Dirk Taphorn<br />
(Burschenschaft Normannia-Nibelungen<br />
zu Bielefeld 2003/04)<br />
Titelbild<br />
Eine Abwandlung des Motivs „Der Wanderer<br />
über dem Nebelmeer“ von Caspar<br />
David Friedrich durch den Künstler Ariald<br />
Fuhsaz.<br />
Nächste Schwerpunkte<br />
Ausgabe 2/<strong>2015</strong> widmet sich dem Thema<br />
„200 Jahre Burschenschaft“.<br />
Ausgabe 3/<strong>2015</strong> berichtet über den Burschentag<br />
<strong>2015</strong>.<br />
Redaktionsschluß<br />
Für die Ausgabe 2/<strong>2015</strong>: 22. April <strong>2015</strong><br />
Für die Ausgabe 3/<strong>2015</strong>: 15. Juli <strong>2015</strong><br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 3
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Von Nouvelle Droite bis Front National<br />
Schwerpunkt<br />
Von Martin Sellner<br />
Frankreich ist ein Land, in dem geistige<br />
Aufbrüche und Revolutionen fast schon<br />
eine paradoxe Tradition ausgebildet haben.<br />
Das trifft sowohl auf die Begründung<br />
der modernen Philosophie durch<br />
René Descartes zu, als auch auf den Beginn<br />
der Moderne mit der Französischen<br />
Revolution. Wie schaut es nun heute aus?<br />
Könnte von Frankreich aus wieder ein<br />
Impuls ausgehen, der ganz Europa erfaßt?<br />
Es ist vielleicht etwas vermessen, die „Neue<br />
Rechte“ hier zu nennen. Nach meiner Ansicht<br />
ist dieses Phänomen aber zu „unabgeschlossen“,<br />
um es überhaupt abzuhaken<br />
und irgendwo hinstellen zu können. Ja, es<br />
ist noch zu lebendig und dynamisch, um<br />
diese politische Strömung abschließend<br />
Er ist das Urgestein der intellektuellen französischen<br />
Rechten: Alain de Benoist. alaindebenoist.com<br />
bewerten zu können. Auf jeden Fall steht<br />
aber unbestritten fest, daß dieses Phänomen<br />
seinen Ursprung in Frankreich nahm,<br />
was – rein aus Erfahrung – vielleicht einen<br />
günstigen „Geburtsumstand“ für eine<br />
größere, geschichtliche Bedeutung darstellt.<br />
Diese Herkunft ist so unbestritten,<br />
daß die „Neue Rechte“ oft auch als Nouvelle<br />
Droite kursiert und untrennbar an Namen<br />
wie Alain de Benoist, Julien Freund,<br />
Pierre Vial und Guillaume Faye geknüpft ist.<br />
In diesem kurzen Abriß soll es nicht um die<br />
Frage der Rezeption der Nouvelle Droite in<br />
Deutschland, oder die Unterschiede zwischen<br />
ihr und der deutschen Neuen Rechten<br />
gehen. Zum besseren Verständnis des<br />
französischen Phänomens soll seine Entstehungsgeschichte<br />
anhand einiger Wegmarken<br />
geistig abgeschritten werden.<br />
Das rechte Lager in Frankreich<br />
Die Entwicklung von Frankreichs „rechtem<br />
Lager“ im 20. Jahrhundert weist einige Parallelen<br />
zu Deutschland auf. Die zahlreichen<br />
Einflüsse von Charles Maurras über Maurice<br />
Barrès bis hin zu „Renegaten“ wie Georges<br />
Sorel sind bekannt. Alle diese Denker haben<br />
die Rechte in ganz Europa geprägt.<br />
Bedeutend für Frankreich ist allerdings, daß<br />
das nationale Lager traditionell stark an einen<br />
Katholizismus und Royalismus gebunden<br />
ist. Das hat sich bis in die Songtexte<br />
patriotischer Rockbands niedergeschlagen.<br />
Gleichzeitig ist das, was in Frankreich als<br />
„Nation“ gilt, relativ umstritten und oft<br />
stark von Ideen der Aufklärung beeinflußt.<br />
Die französische „Willensnation“ mit ihrer<br />
zivilisatorischen fraternité (Brüderlichkeit),<br />
ihrem ius solis (Geburtsortprinzip) und inklusiven<br />
Staatsbürgerverständnis ist in der<br />
deutschen, rechten Ideengeschichte als<br />
fast schon sprichwörtlicher Antagonist, als<br />
„chemische Nation“, bekannt.<br />
Der Front National vertritt im Großen und<br />
Ganzen aus pragmatischen Gründen diesen<br />
Standpunkt. Die Tricolore und das emphatische<br />
Bekenntnis zum französischen<br />
Zentralstaat stellt die stärkste rechte Partei<br />
im gleichen Atemzug auch auf gewisse<br />
Weise in die aufklärerisch-universalistische<br />
Tradition Frankreichs. Fast alle Bewegungen,<br />
die einen ethnokulturellen Identitätsbegriff,<br />
eine identité charnelle, wie es in der<br />
entsprechenden Kreisen in Frankreich<br />
heißt, vertreten, waren und sind in Frankreich<br />
daher traditionellerweise regionalistisch,<br />
anti-etatistisch und anti-aufklärerisch<br />
eingestellt. Hier findet sich auch eine große<br />
Schnittmenge mit der katholischen Reaktion,<br />
was den starken Einfluß des Katholizismus<br />
und Traditionalismus in Frankreichs<br />
„ethno“-nationalem Lager erklären könnte.<br />
Wenn in Deutschland die Schaffung einer<br />
nationalen Einheit, gegen die „Kleinstaaterei“<br />
die Sache des populären Nationalismus<br />
und erklärtes Ziel aller Verfechter einer<br />
„Blutsnation“ war, ist in Frankreich paradoxerweise<br />
die Bindung an die Region bis hin<br />
zum Separatismus integraler Bestandteil eines<br />
„nationalen Lagers“, das sich gegen<br />
die universalistisch-aufklärerische Idee der<br />
zentralistischen Staatsnation richtet. Überhaupt<br />
kommt man mit dem Schlagwort<br />
„national“ nicht sehr weit, wenn es gilt, die<br />
unüberschaubare Vielfalt und seltsam verschlungene<br />
Entwicklung der rechten Zusammenhänge<br />
in Frankreich zu beschreiben.<br />
Selbst das Wort „rechts“ scheint sich<br />
hier rasch zu erschöpfen. In diesem, gerade<br />
für Außenstehende recht exotischem Sammelbecken<br />
– das auch für mich bei meinen<br />
Besuchen in Frankreich immer wieder neue<br />
Überraschungen bereit hielt – bildete sich<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg eine Strömung<br />
heraus, die wie keine andere an Einfluß<br />
und Bedeutung gewinnen sollte.<br />
Die Nouvelle Droite<br />
Diese Strömung war angetreten, um einen<br />
Strich zu ziehen, ideologische Abwege zu<br />
verlassen und sich die Weltanschauung des<br />
eigenen Lagers, kritisch neu zu erschließen.<br />
„Rechts“, im klassischen Sinne, wollte sie<br />
eigentlich niemals sein. Es ist daher auch<br />
kein Zufall, daß die Nouvelle Droite, also<br />
die „neue Rechte“, eher eine Feindbezeichnung<br />
war, die jener Strömung aufgedrückt<br />
wurde, die sich ab 1968 daran<br />
machte, die geistige Hegemonie dieses<br />
oben beschriebenen Lagers zu erobern. Im<br />
Wesentlichen kann man sie als einen intellektuellen<br />
Denkerzirkel beschreiben, der in<br />
Frankreich in den 70er Jahren wie aus dem<br />
Nichts auf der metapolitischen Bühne erschien.<br />
Und damit ist auch bereits ein zentraler<br />
Begriff für diese neue Strömung genannt:<br />
Metapolitik.<br />
Sie wurde von den Vertretern der Nouvelle<br />
Droite als ein politisch-revolutionäres Konzept<br />
des italienischen Marxisten Antonio<br />
Gramsci übernommen. Die eigene Intellektualität,<br />
der Abstand zu pragmatischer Parteipolitik<br />
und tagespolitischen Fragen<br />
wurde als bewußte Strategie verstanden.<br />
Man sah sich in einem Krieg der Ideen, in<br />
dem man durch die Herrschaft über die Begriffe<br />
die Debatten dominieren wollte. In<br />
diesem Krieg stand die Nouvelle Droite, sowohl<br />
gegen den herrschenden Liberalismus,<br />
gegen transatlantische und neokonservative<br />
Strömungen, als auch gegen den<br />
Marxismus verschiedenster Couleur. Ein radikaler<br />
Anti-Egalitarismus und Anti-Universalismus<br />
bildete den Kern dieser neuen<br />
Idee, die sich selbst eigentlich jenseits von<br />
rechts und links einordnete. Viele Aspekte<br />
einer „linken“ Kritik wurden aufgegriffen,<br />
während unter dem Begriff des „Totalitarismus“<br />
wesentliche Aspekte der rechten<br />
Ideologien verworfen wurden.<br />
Man grenzte sich inhaltlich scharf gegen Rassismus<br />
ab und prägte die Idee des Ethnopluralismus,<br />
in der die Vielfalt der Völker und<br />
Kulturen mit einem pluralistischen, nicht-universalistischen<br />
Wahrheitsverständnis vereint<br />
wurde. Friedrich Nietzsche und die Autoren<br />
der Konservativen Revolution wurden von<br />
den „Neuen Rechten“ gelesen. Oswald<br />
Spengler und Carl Schmitt waren die geistigen<br />
Paten dieser Denkströmung, die scho-<br />
4 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Jean-Marie Le Pen und seine Tochter Marine Le Pen dominieren den Front National (FN) seit seiner<br />
Gründung im Jahr 1972.<br />
Blandine Le Cain/flickr/CC<br />
nungslos mit Konservativen religiöser und<br />
nationaler Prägung ins Gericht gingen. Damit<br />
stand man auch in Frankreich zwischen<br />
den Fronten: auf der einen Seite waren die<br />
etablierten Ideologien und auf der anderen<br />
die alten Rechten, die hofften, in eine vermeintlich<br />
„heile Welt“ der Vergangenheit<br />
zurückflüchten zu können. „Man war für Europa<br />
und gegen den französischen Etatismus,<br />
für Griechenland und die alten Götter<br />
und gegen die abendländische und die katholische<br />
Tradition“, bringt es der deutsche<br />
Historiker Karlheinz Weißmann auf den<br />
Punkt. Dies beschreibt auch sehr schön die<br />
Ausrichtung der Nouvelle Droite, wie sie von<br />
Alain de Benoist mit der Zeitschrift Nouvelle<br />
École forciert wurde.<br />
Benoist selbst, der unumstrittene Kopf dieser<br />
Bewegung, hatte eine radikale, aktivistische<br />
Jugend hinter sich. Ebenso radikal<br />
und impulsiv wollte er nun mit einem neuen<br />
Denken und einem neuen Ansatz die Geistesgeschichte<br />
prägen. Guillaume Faye<br />
nennt sie rückblickend einen „Verband diverser<br />
Anti-Liberaler, die hofften, die gescheiterten<br />
Ideen des Petainismus, Neo-Faschismus,<br />
Katholischen Traditionalismus,<br />
Regionalismus, Kolonialismus und Poujadismus<br />
(eine in den 60er Jahren aus<br />
kleinbürgerlichen Kreisen erwachsene<br />
Strömung, die für die Besatzung Algeriens,<br />
gegen Steuern und allgemein recht<br />
populistisch für den „kleinen Mann“ eintrat.<br />
Jean-Marie le Pen erlebte in dieser Bewegung<br />
seine politische Premiere) abzu -<br />
lösen.“ In der von Studenten dominierten<br />
Organisation GRECE (Groupement de<br />
recherche et d’études pour la civilisation<br />
européenne) fand diese Strömung eine<br />
Zentrale und in der von Benoist gegründeten<br />
Zeitschrift éléments ein offizielles<br />
Organ.<br />
Das linksintellektuell dominierte Frankreich<br />
reagierte mit Faszination und Entsetzen auf<br />
diese junge, radikale, selbstbewußte Strömung,<br />
die gerade in ihrer Kritik an der jüdisch-christlichen<br />
Denktradition des Universalismus<br />
wesentliche Elemente der Postmoderne<br />
aufgriff. Hunderte Fernseh-, Radio-<br />
und Zeitungsbeiträge erschienen und<br />
rasch wurde diese Nouvelle École als Nouvelle<br />
Droite bezeichnet. Es handelt sich dabei<br />
also um einen Feindbegriff, der sich bis<br />
heute erhalten hat.<br />
Die Nouvelle Droite und der<br />
Front National<br />
Die Beziehung zwischen der Denkschule<br />
von Benoist und dem Front National (FN)<br />
Guillaume Faye (1949) war zusammen mit Alain de<br />
Benoist einer der führenden Köpfe der Nouvelle<br />
Droite. Claude Truong-Ngoc/wikimedia/CC<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
ist ein eigenes Kapitel für sich, das hier nur<br />
in groben Zügen beschrieben werden kann.<br />
Der radikale Rundumschlag der Nouvelle<br />
Droite richtete sich auch gegen den „Poujadismus“,<br />
den an wirtschaftlichen Themen<br />
orientierten, nationalen Populismus. Wenig<br />
reflektiert, plädierte die Partei in ihren Anfangsjahren<br />
gegen den „Sozialismus“ und<br />
die steuerlichen Belastungen des Mittelstandes,<br />
um im Zuge der Globalisierung vor<br />
allem für einen starken Staat und Protektionismus<br />
einzutreten. Ihre „Frankreich zuerst“-Politik<br />
bezieht sich grundsätzlich positiv<br />
auf die französische Nation, ohne allerdings<br />
genau zu klären, was das überhaupt<br />
sein soll. Zwar gegen Masseneinwanderung<br />
eingestellt, vertritt die Partei bis heute im<br />
Wesentlichen eine „law and order“-Position.<br />
Die Interessen Frankreichs und des<br />
„französischen Volkes“ sollen also mit einem<br />
starken Staat verteidigt werden. Der<br />
Front National ist damit klassisch, eurokritisch,<br />
populistisch, unreflektiert und paßt<br />
sich im typischen Pragmatismus ideologiebefreiter<br />
Tagespolitik den sich ändernden<br />
Umständen immer neu an.<br />
Die Nouvelle Droite mit ihrem selbstbewußten,<br />
ideologiekritischen Verständnis<br />
konnte das in keinster Weise ernst nehmen.<br />
Man sah die Partei, wie Guillaume Faye<br />
schreibt, als eine „Splittergruppe von Versagern“<br />
an. „Spießer, Papisten, Reaktionäre,<br />
Amerika-Unterstützer und Hurra-<br />
Patrioten“ würden darin eine Heimat finden.<br />
Tatsächlich war der Front National zur<br />
Hochzeit der Nouvelle Droite keinesfalls<br />
die dominierende und bedeutende Kraft,<br />
die sie heute darstellt.<br />
Im Wesentlichen kann man die neurechte<br />
Kritik an ihr, die auch heute nichts an Gültigkeit<br />
verloren hat, folgendermaßen zusammenfassen:<br />
Indem die Partei es versäumt,<br />
eine metapolitische Lageanalyse<br />
und eine dahingehende Strategie im<br />
Kampf der Ideen anzustrengen, verliert sie<br />
sich in kurzfristigen populistischen Wellen,<br />
die keine konstante und konsequente Linie<br />
verfolgen. Da sie die Frage nach der eigenen<br />
Identität nicht klar stellt, kämpft sie für<br />
eine diffuse „französische Bevölkerung“<br />
und ihre größtenteils wirtschaftlichen „Interessen“,<br />
ohne die Gefahr des großen ethnokulturellen<br />
Bevölkerungsaustauschs wirklich<br />
zu erkennen oder bekämpfen zu können.<br />
Auch der engstirnige eurokritische<br />
Kurs, der mit der EU die Idee Europas über<br />
Bord wirft, wurde von der Nouvelle Droite,<br />
die sich immer schon als „europäisch“ verstand,<br />
scharf kritisiert.<br />
Das Scheitern der Nouvelle<br />
Droite<br />
Trotz der beeindruckenden intellektuellen<br />
Schärfe und Weitsichtigkeit ist es um die<br />
Nouvelle Droite heute recht still geworden.<br />
GRECE oder die éléments sind nur noch<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 5
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
linken Politikwissenschaftlern oder rechten<br />
Intellektuellen ein Begriff. Der kühne<br />
Ansatz, über journalistische und denke -<br />
rische Tätigkeit, die medialen Debatten<br />
von ganz Frankreich und Europa verändern<br />
zu wollen, scheiterte. Nach einem Zenit<br />
im Jahr 1979, der tatsächlich zu einer<br />
massiven Beeinflussung des französischen<br />
Geisteslebens, zu Querverbindungen mit<br />
linken Intellektuellen bis hin zu einem<br />
Eintritt einiger GRECE-Mitglieder in die<br />
Redaktion des Figaro führte, verlor die<br />
Strömung immer weiter an Einfluß und<br />
Boden.<br />
Guillaume Faye, einer der wesentlichen<br />
„Motoren“ und Impulsgeber der französischen<br />
„Neuen Rechten“ hat in seinem Buch<br />
Archäofuturismus dieses Scheitern genau<br />
analysiert. Wesentliche Elemente sind für<br />
ihn die versponnene Intellektualität, die bis<br />
zu einer apolitischen Eitelkeit führte, die<br />
Unfähigkeit, konkrete politische Fragen anzusprechen,<br />
die Gefallsucht gegenüber<br />
dem linken Feuilleton, die in einem Distanzierungswahn<br />
mündete, sowie die Blindheit<br />
für geopolitische Fragen.<br />
Vor allem sieht Faye in gewissen radikalen<br />
Ausprägungen der Universalismus-Kritik<br />
der Nouvelle Droite einen gewissen ethnomasochistischen<br />
Zug, der die Gefahr und<br />
Bedrohung der Islamisierung und Masseneinwanderung<br />
verkannte. Die wahre Bedrohung,<br />
so immer wieder Alain de Benoist,<br />
sei der eigene Liberalismus: Die Errichtung<br />
eines Fast-Food-Restaurants sei<br />
demnach viel bedrohlicher als der Bau einer<br />
Moschee.<br />
Der Ethnopluralismus wurde so mehr und<br />
mehr zu einem multikulturellen Kommunitarismus<br />
umgedeutet, der die Verteidigung<br />
der ethnokulturellen Identität und<br />
Integrität Europas außeracht ließ. In einem<br />
affektgeladenen Anti-Amerikanismus<br />
wurde alles und jeder, der irgendwie gegen<br />
die Hegemonie der USA auftrat, automatisch<br />
als Verbündeter angesehen. Faye<br />
sieht darin auch und vor allem einen Verrat<br />
an der breiten Masse an patriotischen<br />
Franzosen, die die Nouvelle Droite als<br />
Avantgarde eigentlich hätte ansprechen<br />
und anleiten sollen. Er betont, daß das<br />
„Publikum der Nouvelle Droite von unserer<br />
Dritte Welt-Solidarität und unseren<br />
pro-islamischen Ideen“ vergrault wurde.<br />
Diese Ideen seien „ideologisch für sie absolut<br />
unverständlich“ gewesen. Man habe<br />
sie „als Ausdruck eines ‚bourgeoisen‘<br />
Denkens“ angesehen, „das gleichgültig<br />
gegenüber den Problemen der Einwanderung<br />
war oder sogar mit den nicht-jakobinischen<br />
Linken flirtete“. Sukzessive übernahm<br />
der Front National dieses Publikum<br />
und führte es als populistische Massenpartei<br />
auf einen Weg, der alles andere als<br />
jene Wende war, die die Nouvelle Droite<br />
ursprünglich im Sinn hatte.<br />
Marion Maréchal-Le Pen, die Enkelin des<br />
FN-Urgesteins Jean-Marie Le Pen, ist nicht nur<br />
politisch ein echter Hingucker.<br />
Gauthier Bouchet/wikimedia/CC<br />
Im Jahr 1998, so konstatierte damals Faye,<br />
belief sich der einzige Einfluß des Kreises<br />
um GRECE auf das persönliche Wirken jener<br />
Aussteiger, die zum Front National gewechselt<br />
waren. Er sieht ihren wesentlichen<br />
Einfluß darin, einen anti-amerikanischen,<br />
anti-transatlantischen Kurs in ihr gefestigt<br />
zu haben.<br />
Die Identitären als Erben der<br />
Nouvelle Droite?<br />
Fayes Analyse, und keiner könnte es besser<br />
wissen als er, ist meiner Ansicht nach größtenteils<br />
richtig. Die Nouvelle Droite hatte<br />
sich in intellektueller Eitelkeit so sehr auf die<br />
eigenen ideengeschichtlichen Erkenntnisse<br />
versteift, daß sie echte Metapolitik und Strategie<br />
aus den Augen verlor. Ihre oft krasse,<br />
antichristliche Stoßrichtung, die sie aus der<br />
Erkenntnis der judäo-christlichen Genealogie<br />
des liberalen und marxistischen Egalitarismus<br />
zog, verschreckte viele katholische<br />
Traditionalisten. Ihre arrogante Haltung gegenüber<br />
der mühsamen Parteiarbeit und damit<br />
dem notwendigen „populistischen“<br />
Treiben der patriotischen Massen verunmöglichte<br />
eine Zusammenarbeit.<br />
Schwerpunkt<br />
Tatsächlich, so hält Faye fest, vollzieht sich<br />
ein metapolitischer Kampf der Ideen niemals<br />
im „leeren Raum“ akademischer Debatten<br />
und gelehrter Journale, sondern<br />
braucht als Träger und Partner immer eine<br />
politische Partei und aktive Massenbewegung.<br />
Genau die hatte sich die Nouvelle<br />
Droite über ihren eitlen Intellektualismus,<br />
dessen Grund auch eine gewisse Gefallsucht<br />
gegenüber linksintellektuellen Kreisen<br />
war, vergrault.<br />
Welche Rolle kann heute die Identitäre Bewegung<br />
oder die französische Generation<br />
Identitaire (GI), die sich positiv auf die Neue<br />
Rechte beziehen, spielen? Es fehlt hier die<br />
Zeit, intensiv auf die Entwicklung dieser Jugendbewegung<br />
einzugehen, die vor einigen<br />
Jahren mit einem viralen Video und der<br />
Besetzung einer Moschee in Poitiers europaweit<br />
auf sich aufmerksam machte.<br />
Der heidnisch, volksbezogene Geist, das<br />
klare Bekenntnis zu Europa, die Ablehnung<br />
des französischen Staatsnationalismus und<br />
ein positiver Bezug auf die antike Tradition<br />
der Völker Europas waren wesentliche Elemente<br />
des Milieus, aus dem die GI als aktive<br />
Bewegung hervortrat. Wenn ihre führenden<br />
Köpfe auch oft Studenten und Intellektuelle<br />
sind, unterscheidet sich die GI aber wesentlich<br />
von der Nouvelle Droite. Als metapoli -<br />
tische Bewegung geht es ihr vor allem um<br />
Aktionen, die die mediale Schweigespirale<br />
durchbrechen und die Massen begeistern.<br />
Auf der Leseliste ihrer Aktivisten stehen<br />
eher die Bücher von Domi nique Venner und<br />
Faye als die Essay von Benoist oder Gramscis<br />
Gefängnisbriefe.<br />
Esoterische Idiosynkrasien, Sektierertum,<br />
intellektuelle „Radikalität“ und andere<br />
subkulturelle Gewächse wurden in einem<br />
jahrelangen „Reinigungsprozeß“ aus der<br />
Bewegung entfernt. Wesentlicher Erfolg<br />
ist, daß nun Christen und Heiden, erklärte<br />
Regionalisten und „Frankreich-Patrioten“,<br />
Islamkritiker und „Nationale“, Pfadfinder<br />
und Hooligans, Studenten und Arbeiter<br />
gemeinsam in einer Bewegung arbeiten,<br />
die sich auf ein identitäres Minimum geeinigt<br />
hat.<br />
Unser Autor Martin Sellner, Jahrgang 1989, studiert Philosophie<br />
(BA) sowie Rechtswissenschaften in Wien. Er ist Leiter der dortigen<br />
Identitären Bewegung (IB) und wird von vielen Kritikern<br />
sowie Sympathisanten gleichzeitig auch als einer der führenden<br />
Köpfe der gesamten österreichischen IB wahrgenommen. Sellner<br />
publizierte zuletzt in der rechtskonservativen Zeitschrift Sezession<br />
zu seinem persönlichen Idol, dem Philosophen Martin Heidegger.<br />
6 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Ein Land am Scheideweg<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Die Briten stecken im Jahr <strong>2015</strong> in einer<br />
Identitätskrise. Während das Erbe des<br />
einstigen Weltreiches allgegenwärtig<br />
scheint, ist das heutige Großbritannien<br />
mit sich selbst beschäftigt. Spätestens<br />
seit der Bankenkrise rächt sich die Deindustrialisierung<br />
und die Hinwendung zum<br />
Bankensektor und angesichts von tagelangen<br />
Unruhen (riots) in englischen<br />
Großstädten 2010 wird die gefährliche<br />
Einfalt der multikulturellen Gesellschaft<br />
sichtbar.<br />
Parlamentarisch fügt sich ein Bild, das man<br />
auch aus anderen europäischen Ländern<br />
kennt, stellenweise aber auch dem der USA<br />
ähnelt: Durch das Mehrheitswahlrecht kristallisiert<br />
sich ein Zweiparteiensystem heraus.<br />
Seit 1945 stellen entweder die konservativen<br />
Tories oder die sozialdemokratische<br />
Labour Party die Regierung. Die Liberal<br />
Democrats erzielten bei den Unterhauswahlen<br />
2010 zwar 23 Prozent der Stimmen,<br />
erreichten aber nur ca. 9 Prozent der Mandate.<br />
England wählt tendenziell konservativ,<br />
Wales und Schottland linksliberal. Die<br />
Nordiren wählen je nach Volksgruppe die<br />
irisch-republikanische Sinn Fein oder unionistische<br />
Parteien. Die nationalistische BNP<br />
hält mittlerweile nur noch eine Anzahl von<br />
kommunalen Mandaten.<br />
Das gewohnte Parteiensystem wird jedoch<br />
seit einigen Jahren durch UKIP erschüttert.<br />
Die EU-skeptische Partei setzt sich unter<br />
ihrem redegewandten Anführer Nigel Farage<br />
für den Austritt aus der EU, eine geregelte<br />
Einwanderung und mehr innere Sicherheit<br />
ein. Weitere Themen sind ein einfacheres<br />
Steuersystem, die Betonung der<br />
britischen Identität und eine Kontroverse<br />
über den sogenannten Klimawandel. UKIP<br />
verfügt neben vielen kommunalen Mandaten<br />
über zwei Sitze im Unterhaus und wird<br />
diese Zahl bei den Unterhauswahlen in diesem<br />
Jahr Umfragen zu Folge ausbauen<br />
können. Bei der Europawahl erreichten die<br />
EU-Gegner 28 Prozent und wurden somit<br />
stärkste Kraft.<br />
Daneben existieren außerparlamentarische<br />
Gruppen wie die English Defence League<br />
(EDL) oder Britain First. Diese Organisationen<br />
machen vor allem durch Demonstrationen,<br />
Flugblätter und politische Schockaktionen,<br />
die anschließend im Internet verbreitet<br />
werden, auf sich aufmerksam. Ihre<br />
Bemühungen richten sich gegen die Masseneinwanderung<br />
von Nichteuropäern<br />
nach Großbritannien und die befürchtete<br />
Islamisierung. Besonders in sozialen Netzwerken<br />
sind solche Bewegungen erfolgreich,<br />
so gefällt zum Beispiel Britain First<br />
650.000 und die EDL immerhin 180.000<br />
Facebook-Nutzern. Zum Vergleich: Die<br />
Labour Party zählt auf ihrer Seite nur 210.00<br />
„Gefällt mir“-Angaben.<br />
Die britische Jugend unterscheidet sich in<br />
ihrem Lebensstil wenig von ihrem deutschen<br />
Pendant. Eine UNICEF-Studie aus<br />
dem Jahr 2011 ergab, daß britische Heranwachsende<br />
besonders konsumfixiert seien.<br />
Das erklären die Forscher mit dem Vorhandensein<br />
einer ausgeprägten Ellenbogengesellschaft.<br />
Aus dieser Betrachtung stechen<br />
die Jugendlichen in Schottland heraus:<br />
Beim Unabhängigkeitsreferendum 2014<br />
votierte die Mehrzahl der 16–25-Jährigen<br />
für eine Abspaltung Schottlands und setzten<br />
so ein Zeichen für ein Europa der Regionen.<br />
Extrem hohe Studiengebühren - insbesondere<br />
bei den Eliteuniversitäten Cambridge<br />
und Oxford – sorgen dafür, daß junge Akademiker<br />
hoch verschuldet ins Berufsleben<br />
starten. Entsprechend teuer wird auch ein<br />
Überschreiten der Regelstudienzeit. Neben<br />
dem Anspruch, möglichst schnell das Studium<br />
zu beenden, erzeugt zusätzlich die eigene<br />
materielle Erwartungshaltung einen<br />
ökonomischen Druck, der wenig Zeit für<br />
außeruniversitäres Engagement oder gar<br />
Politik bietet. Gleichzeitig werden pseudowissenschaftliche<br />
Disziplinen wie „kritisches<br />
Weißsein“ oder „Feminismus Studien“<br />
großzügig gefördert.<br />
Politische Veränderungen in Großbritannien<br />
sind nötiger denn je. Umbrüche nehmen<br />
ihren Anfang stets in der Jugend, die<br />
sich zur Zeit noch auf Sinnsuche befindet.<br />
Sollte die britische und besonders die akademische<br />
Jugend diesen Sinn in einer<br />
Rückbesinnung auf die Werte finden, auf<br />
denen einst ein Weltreich gegründet werden<br />
konnte, ergreift sie damit die einzige<br />
Chance, in einem sich schließenden Zeitfenster<br />
ihre Heimat von der vorherrschenden<br />
Lethargie zu befreien. Nur wenn Großbritanniens<br />
Jugend aus dem Teufelskreis<br />
aus Materialismus und kultureller Selbstverleugnung<br />
ausbricht, könnten sich politische<br />
Veränderungen ihre Bahn brechen. Großbritannien<br />
steht am Scheideweg, das<br />
England in 30 Jahren wird ein grundlegend<br />
anderes sein. Das Kommende zu gestalten,<br />
ist Aufgabe der politischen Akteure und<br />
der Jugend, die eine Zukunft zu verlieren<br />
hat.<br />
Moritz Schellenberg<br />
(Germania Hamburg <strong>2015</strong>)<br />
Nigel Farage und seine UKIP haben das britische Parteiensystem erschüttert. Führt er die Briten aus der EU?<br />
Euro Realist Newsletter/flickr/CC<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 7
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Grenzwacht PEGIDA<br />
Schwerpunkt<br />
Von Johannes Konstantin Poensgen<br />
Das Jahr 2014 war vieles, doch sicher<br />
nicht langweilig. Ukraine-Krieg, Wahlerfolge<br />
zahlreicher EU-Gegner, Islamischer<br />
Staat und, als Weihnachtsgeschenk, auch<br />
noch PEGIDA. Diese Aufzählung ist keineswegs<br />
willkürlich. In der „Lügenpresse“,<br />
dem Wort oder Unwort des Jahres,<br />
wittert man inzwischen eine Achse<br />
des Bösen, die von Präsident Putin über<br />
Marine le Pen und Lutz Bachmann zu Abu<br />
Bakr al-Bagdadi reicht. Was macht PE-<br />
GIDA aus? Eine Analyse.<br />
Der Mainstream, jenes Lager von CSU bis<br />
Grüne und von der Welt bis zur taz, ist von<br />
diffusen Abstiegsängsten erfüllt. Parteien<br />
und Medien fürchten den Verlust der eigenen,<br />
prädestinierten Stellung. Bedauerlicherweise<br />
müssen wir diese Ängste ernst<br />
nehmen. Denn die Reaktionen auf PEGIDA<br />
haben den latenten Bürgerkrieg auf eine<br />
neue Stufe gehoben. Wem diese Formulierung<br />
zu hart erscheint, der denke einmal<br />
über die folgerichtige Fortentwicklung der<br />
bisherigen Maßnahmen nach. Angefangen<br />
mit der Diffamierung der Bewegung in der<br />
gesamten „Systempresse“, über die Weigerung<br />
PEGIDA vor Terroranschlägen zu<br />
schützen, die Duldung des schwerkriminellen<br />
Treibens der Leipziger Antifa, bis zum<br />
Verbot der LEGIDA-Demonstration am<br />
9. Februar <strong>2015</strong> durch staatliche Behörden<br />
– die Repression eskalierte beständig!<br />
Doch wer kämpft hier gegen wen? Diese<br />
Frage erschöpft sich nicht in Studien über<br />
den sozialen Hintergrund von Demonstrationsteilnehmern.<br />
In Deutschland ist mit einiger<br />
Verspätung ein Kampf entbrannt, der in<br />
vielen unserer europäischen Nachbarländern<br />
bereits seit einem Jahrzehnt tobt. Dieser<br />
Kampf ist an keiner einzelnen Streitfrage<br />
wirklich festzumachen. Je weiter er<br />
voranschreitet, desto deutlicher schälen<br />
sich zwei Lager heraus, die mehr als grob<br />
mit „rechts“ und „links“ bezeichnet werden.<br />
Es gibt aber nicht nur einen, sondern<br />
eine ganze Reihe von Punkten, die in unterschiedlichsten<br />
Themenbereichen beide Lager<br />
trennen. Euro, EU, Einwanderung, Islamisierung,<br />
Familienpolitik, Bildungswesen,<br />
Volksabstimmungen – doch nichts davon<br />
taugt als binäres Unterscheidungsmerkmal.<br />
Jeder dieser Punkte trennt jedoch zwei Lager,<br />
die beide für sich in Anspruch nehmen,<br />
Volk und Demokratie zu vertreten.<br />
Die herrschende „Linke“ untermauert ihren<br />
Anspruch die Allgemeinheit zu vertreten<br />
dadurch, daß sie die herrschenden Parteien<br />
sowie die als seriös eingestuften Medien<br />
kartelliert. Die politische „Rechte“ bezieht<br />
ihren Anspruch darauf, eine „schweigende<br />
Mehrheit“ zu vertreten, durch die Organisation<br />
von Alternativmedien, vor allem aber<br />
von Graswurzelbewegungen, die sich gerade<br />
dadurch auszeichnen, trotz des medialen<br />
Gegenwindes erfolgreich zu sein. PE-<br />
GIDA und Konsorten sind deshalb ein doppelter<br />
Schlag gegen das herrschende System.<br />
Denn daß eine Handvoll Privatleute<br />
Woche für Woche Demonstrationen auf die<br />
Beine stellten, die an Zahlenstärke mit denen<br />
gleichzogen, die von der Gegenseite<br />
mit weit größeren Mitteln organisiert wurden,<br />
hat deren Anspruch „die Bevölkerung“<br />
zu repräsentieren, deutlich geschmälert,<br />
gar öffentlich bloßgestellt. Besonders<br />
zentral ist jedoch der von PEGIDA<br />
etablierte Begriff der „Lügenpresse“. Denn<br />
durch ihn wird den großen Leitmedien genau<br />
das abgesprochen, was sie überhaupt<br />
so wirkmächtig macht: „die Seriosität“.<br />
Die „Systempresse“<br />
als Herrschaftsinstrument<br />
Letzten Endes kommt die Macht immer aus<br />
den Gewehrläufen. Doch ein politisches System<br />
funktioniert wesentlich reibungsfreier,<br />
wenn das Volk die jeweilige Herrschaft als<br />
legitim betrachtet. In demokratischen Staaten,<br />
die sich die Ideologie der Herrschaftslosigkeit<br />
auf die Fahne geschrieben haben,<br />
ist die Presse sogar das wichtigste Herrschaftsinstrument.<br />
Im Verlauf des letzten<br />
Jahrhunderts bildete sich in jedem Land<br />
der sogenannten „freien Welt“ eine inzestuöse<br />
„Systempresse“ heraus, die in allen<br />
wichtigen Fragen einer Meinung ist und<br />
vom überwältigenden Teil des Volkes als<br />
seriös eingestuft wird. Eine „Systempresse“<br />
westlich-demokratischer Prägung ist das<br />
Monopol eines Milieus auf die als seriös<br />
geltende veröffentlichte Meinung. Sie ist<br />
wesentlich gefährlicher als jedes staatlich<br />
gelenkte Pressemonopol, weil sie die Zensur<br />
verschleiert. An die Stelle des für alle<br />
Umbrüche entzünden sich zumeist an einem Funken. Rund 70 Verbandsbrüder schürten die Flammen von PEGIDA.<br />
Enrico Schneider/PixelWunder<br />
8 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Die Farben der Urburschenschaft bereicherten bisher so ziemlich jede PEGIDA-Veranstaltung.<br />
Die DB mittendrin!<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
denen aus PEGIDA bekämpft wird. Die gegenwärtige<br />
Auseinandersetzung findet unter<br />
dem Schatten eines sich anbahnenden<br />
ethnischen Konfliktes statt. Aber es handelt<br />
sich (noch) nicht um einen Kampf zwischen<br />
Völkern oder Religionen. Ist es also ein<br />
weltanschaulicher Konflikt? Damit kommt<br />
man der Sache näher, trifft sie aber doch<br />
nicht ganz. Auf beiden Seiten stehen<br />
„breite Bündnisse“. PEGIDA und Konsorten<br />
reichen vom versprengten „rechten<br />
Rand“ bis in die bei Soziologen ebenso gefürchtete<br />
Mitte der Gesellschaft. Daß die<br />
„Ritter der Weltoffenheit“ heute für die Homosexuellen<br />
und morgen für die Moslems<br />
in den Kampf ziehen, ist inzwischen auch<br />
ein älterer Witz. Der Begriff der Weltanschauung<br />
erlaubt eine Annäherung insoweit,<br />
als auf beiden Seiten Schlagworte und<br />
Programme herumschwirren, auf die man<br />
sich bei Bedarf beruft. Die herrschende<br />
Linke versucht die sie herausfordernde<br />
Rechte mit dem Vorwurf zu treffen, sie sei<br />
nur von diffusen Ängsten getrieben. Diesen<br />
Vorwurf könnte man jederzeit in die andere<br />
Richtung zurückschleudern. Er trifft auf<br />
beide Seiten zu.<br />
sichtbaren Propagandaministeriums tritt<br />
das Milieu der Meinungsmacher. Ein Klüngel,<br />
der sich durch die bevorzugte Aufnahme<br />
weltanschaulich verwandter Nachwuchsjournalisten<br />
selbst reproduziert. Dieses<br />
Milieu, in seinem Aufbau der politischen<br />
Kaste der Parteienoligarchie nicht<br />
unähnlich, ist die schärfste Waffe des „linken“<br />
Lagers. Mehr als jede andere Institution<br />
formt die Presse die öffentliche Meinung.<br />
Was aber kein Mediensystem produzieren<br />
kann, ist Wirklichkeit. Vielmehr produziert<br />
die „Systempresse“ Wahrheiten. So<br />
schrieb Oswald Spengler etwa: „Drei Wochen<br />
Pressearbeit, und alle Welt hat die<br />
Wahrheit erkannt. Ihre Gründe sind so<br />
lange unwiderleglich, als Geld vorhanden<br />
ist, sie ununterbrochen zu wiederholen.“<br />
Aber Wirklichkeit? Was das eigentlich ist,<br />
wissen wir gar nicht so recht. Es ist deshalb<br />
leicht, sich in seinen Wahrheiten einzurichten,<br />
solange um uns herum die Welt funktioniert.<br />
Und solange diese Wahrheiten<br />
Deutungsmuster für das bereitstellen, was<br />
um einen herum geschieht, gibt es für den<br />
durchschnittlichen Bürger keinen Grund,<br />
daran zu zweifeln.<br />
Nur was, wenn die Wirklichkeit außer Kontrolle<br />
gerät? Wenn die gültigen Deutungsmuster<br />
mit jedem verstreichenden Jahr absurder<br />
werden? „Das große Experiment<br />
vom neuen, globalisierten, jederzeit austauschbaren<br />
Menschen ohne Heimat ist unseren<br />
Politikern über den Kopf gewachsen.“<br />
Dieser Satz aus der Rede Götz Kubitscheks<br />
auf der PEGIDA-Kundgebung von 9.<br />
Februar <strong>2015</strong> beschreibt nicht nur den Anlaß,<br />
sondern auch die tiefere Stoßrichtung,<br />
die dem Protest gegen das polit-mediale<br />
Establishment in ganz Europa innewohnt.<br />
Der Vorwurf lautet: Ihr habt die Lage nicht<br />
mehr im Griff! Und zwar nicht nur hier oder<br />
dort. Euch entgleitet die Gesamtsituation.<br />
Anstatt das in Ordnung zu bringen, tischt<br />
ihr uns ein Märchen nach dem anderen auf.<br />
Mit dem Schlagwort „Lügenpresse“ ist PE-<br />
GIDA ein brillanter Streich gelungen. Aus<br />
einer Bewegung, die sich ursprünglich nur<br />
der Islamisierung des Abendlandes entgegenstellen<br />
wollte, wurde ein Mißtrauensvotum<br />
gegen den Teil des herrschen Systems,<br />
der bisher bei allem Unmut über die journalistische<br />
Zunft praktisch unangreifbar war.<br />
Weit stärker noch als die Politiker der etablierten<br />
Parteien, waren die Journalisten<br />
der Leitmedien als Kaste durch die kartellierten<br />
Strukturen ihres Gewerbes gesichert.<br />
Durch die Verschlagwortung zur „Lügenpresse“<br />
sind diese Strukturen greifbar<br />
und damit angreifbar geworden. Deshalb<br />
bellen die getroffenen Hunde der „Lügenpresse“<br />
über diese Bezeichnung ihrer<br />
selbst in einer neuen Lautstärke und Tonhöhe.<br />
Das mediale Trommelfeuer zwischen<br />
Dezember und Januar übertraf alles, was<br />
die Bundesrepublik seit Jahren in dieser<br />
Hinsicht erlebt hatte.<br />
Das „Eigene“ von links und<br />
rechts<br />
Was unterscheidet im Kern zwei Lager, die<br />
sich auf der Oberfläche in einer Vielzahl von<br />
Punkten streiten? Auch wenn die Demonstrationen<br />
sich dem Namen nach gegen die<br />
Islamisierung des Abendlandes richten, stehen<br />
doch auf der anderen Seite der Polizeiabsperrungen<br />
fast ausschließlich Deutsche.<br />
Noch mehr Deutsche findet man in den<br />
Parteibüros und Redaktionsstuben, den<br />
Gewerkschaftshäusern und Kirchen, von<br />
Kann man den Konflikt auf die „Verteidigung<br />
des Eigenen“ (Martin Lichtmesz) und<br />
eine dem gegenüberstehende „Verachtung<br />
des Eigenen“ (Frank Lisson) herunterbrechen?<br />
Wenn man unter dem „Eigenen“<br />
nur Deutschland, Europa oder das Abendland<br />
verstünde, so hätte man es damit wohl<br />
getroffen. Aber auch die andere Seite hat<br />
ein „Eigenes“, und die hysterische Reaktion<br />
auf PEGIDA scheint sich nicht zuletzt<br />
aus der Angst vor dem Verlust dieses „Eigenen“<br />
zu speisen. Das „Eigene“ des „linken“<br />
Lagers ist keine Einheit. Dieses „Eigene“<br />
reicht von den klischeehaften Reggae-Nächten<br />
linker Jugendlicher bis zum<br />
Weltbürgertum des Jetsets. Bürgerliche<br />
Mittelschicht und Parteifunktionäre, orientalische<br />
Migranten und Homosexuelle, Eurokraten<br />
und autonome Randalierer teilen<br />
sich weniger eine Lebenswelt, als daß sie<br />
eine unter sich aufteilen. Der Teilungsschlüssel<br />
ist ein gesellschaftlicher Grundkonsens,<br />
den zu definieren völlig sinnlos<br />
wäre, da er nie aus mehr als ein paar<br />
Schlagworten bestand. „Demokratie“, „Toleranz“<br />
oder „Soziale Marktwirtschaft“, anhand<br />
solcher Leitlinien kann man irgendwie<br />
miteinander oder besser nebeneinander leben.<br />
Freilich gehörten auch hier nie alle<br />
dazu. Nationalisten oder streng gläubige<br />
Christen müssen draußen bleiben, gar vehement<br />
bekämpft werden.<br />
Der Kampf zweier Welten<br />
An dieser Stelle beginnen sich die Verhältnisse<br />
zu verschieben. Damit sind wir wieder<br />
bei der außer Kontrolle geratenen Wirklichkeit.<br />
Die Initialzündung für PEGIDA waren<br />
die Krawalle, die auf deutschem Boden zwischen<br />
Kurden und den Sympathisanten des<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 9
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Schwerpunkt<br />
Nachdem viele glaubten, PEGIDA sei tot, folgte die Überraschung. Rund 10.000 Spaziergänger vor der Frauenkriche in Dresden.<br />
Islamischen Staates ausbrachen. Aber dies<br />
erklärt kaum den rasanten Anstieg, den PE-<br />
GIDA innerhalb kürzester Zeit verbuchen<br />
konnte. Es zeichnet sich ab, daß der Platz in<br />
der geteilten Lebenswelt enger wird und<br />
daß jene breite, aber schlecht organisierte<br />
Gruppe, die man als bürgerliche Mittelschicht<br />
bezeichnet, dabei den kürzeren ziehen<br />
wird. Unter den Problemfeldern, auf<br />
denen sie das Nachsehen hat, stechen zwei<br />
heraus:<br />
Zunächst wäre da die Masseneinwanderung.<br />
Mit der neuesten Asylantenflut zeigte<br />
sich einmal mehr, daß ein entgrenztes Menschenrechtsverständnis<br />
in diesem Land<br />
wichtiger ist, als die Lebenswelt der eigenen<br />
Landsleute. Eines der beachtlichsten<br />
Phänomene, die man kurz vor dem Auftreten<br />
von PEGIDA in Deutschland beobachten<br />
konnte, war die Unterbringung von Asylanten<br />
in den besseren Wohngegenden.<br />
Damit hat die Politik eine unausgesprochene<br />
Vereinbarung verletzt. Die Masseneinwanderung<br />
erfolgte bis dahin so,<br />
daß die Negativfolgen weitestgehend auf<br />
die deutsche Unterschicht beschränkt blieben.<br />
Unter dem jüngsten Andrang war dieses<br />
Prinzip nicht zu halten und es zeigte<br />
sich, daß viele Leute nicht mehr so weltoffen<br />
und tolerant sind, wenn die Zigeuner<br />
ins eigene Viertel kommen. Die „Eurorettung“<br />
hat bereits in Gestalt der Alternative<br />
für Deutschland (AfD) eine beachtliche Gegenreaktion<br />
hervorgerufen. Hier ist es nicht<br />
direkt die Lebenswelt der Mittelschicht die<br />
angegriffen wird, aber die Angst vor dem<br />
Verlust der eigenen Ersparnisse und die<br />
Unverschämtheit einer „Eurorettung“ machen<br />
immer größeren Teilen des Volkes<br />
klar, daß sie Bürger zweiter Klasse sind, deren<br />
Interessen hinter denen der Banken<br />
und den Lebenslügen der Europafanatiker<br />
zurückstehen müssen. Vor diesem Hintergrund<br />
ist PEGIDA Aktion und Symptom zugleich.<br />
PEGIDA ist einmal ein Schlag gegen<br />
die Schweigespirale der Bundesrepublik.<br />
Zum anderen zeigt aber die bloße Existenz<br />
einer solchen erzdemokratischen Bewegung<br />
an, in welchem Maße das durchgehend<br />
FDGO-kompatible Bürgertum aus<br />
dieser Republik hinausgedrängt wird.<br />
Es klafft inzwischen ein Riß durch Deutschland<br />
und teilt jene, die sich im herrschenden<br />
System eingerichtet haben oder gar davon<br />
profitieren, von denen, denen immer unverhohlener<br />
gezeigt wird, daß für sie keine<br />
Platz ist. Daß sie in der schönen neuen Welt<br />
nur stören. Die Fronten verhärten sich zusehends,<br />
da beide Seiten nach und nach merken,<br />
daß der Gesellschaftsentwurf der Gegenseite<br />
ihre Lebenswelt zerstören würde.<br />
Bleiben die Deutschen eine Nation, oder<br />
soll auf deutschem Boden ein buntes Völkergemisch<br />
siedeln? Bleibt Deutschland<br />
souverän oder geht es in der EU auf? Aber<br />
auch welches Familienbild und welche Geschlechterrollen<br />
gelten als normal und sind<br />
damit normativ? Keine dieser Fragen kann<br />
durch das pluralistische „soll doch jeder machen<br />
was er will“ beantwortet werden.<br />
Beide Seiten werden um ihre Welt kämpfen,<br />
sie können gar nicht anders.<br />
Und was wird aus PEGIDA? Demonstrationen<br />
sind ein Rammbock im öffentlichen<br />
Diskurs. Als solcher Rammbock hat PEGIDA<br />
ein dickes Loch in die Schweigespirale der<br />
politischen Korrektheit gestoßen. Die Demonstranten<br />
werden wieder nach Hause<br />
gehen. Aber die nächste Protestwelle<br />
kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.<br />
Um das zu verhindern, müßte die Politik<br />
jenen Deutschen, die Deutsche seine<br />
und bleiben wollen, mehr bieten als Be -<br />
leidigungen und eine düstere Zukunft.<br />
Das könnte sie vielleicht, aber sie will es<br />
nicht.<br />
Unser Autor Johannes Konstantin Poensgen, Jahrgang 1992,<br />
studierte zwei Semester Jura in Bayreuth, wechselte danach zum<br />
Studium der Politikwissenschaft und Geschichte nach Trier. Seit<br />
2013 ist er Autor des Jugendmagazins Blaue Narzisse, wo er im<br />
Herbst 2014 ebenfalls ein Praktikum absolvierte. Poensgen<br />
schreibt dort vor allem zur Außenpolitik und zu politischen Theorie.<br />
10 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Das Recht der Nationalismen<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Von Carlos Dieter Wefers Verástegui<br />
Mit der simulierten Volksbefragung der<br />
Katalanen vom 9. November 2014 ist das<br />
Problem der nicht-spanischen Nationalismen<br />
erneut einer deutschen Öffentlichkeit<br />
ins Bewußtsein gerückt. Die Deutschen<br />
haben längst begriffen, daß es in<br />
Spanien Nationen gibt, die für ihre Unabhängigkeit<br />
kämpfen. Nur läßt der Deutschen<br />
Wissen darüber meist zu wünschen<br />
übrig.<br />
Sympathiegefühle, unkritisch rezipierte Allgemeinplätze<br />
wie „das urwüchsige Volk der<br />
Basken“ oder „die fleißigen Katalanen“ anstelle<br />
von fundierter Sachkenntnis sowie<br />
Fehlinformationen, die den deutschen Medien<br />
mundfertig von den Propagandaleuten<br />
des katalanischen Nationalismus, wie<br />
Bayern-Trainer Josep „Pep“ Guardiola, geliefert<br />
werden, verhindern die sachliche<br />
Auseinandersetzung mit dem Phänomen<br />
der Spanien abholden Nationalismen. Aufklärungsarbeit<br />
zu leisten, ist schwer. Vor allem<br />
dann, wenn sich dazu noch Wunschvorstellungen<br />
gesellen, die wohl auch einer<br />
gewissen Schadenfreude nicht entbehren<br />
mögen.<br />
Seit über 200 Jahren ist die spanische Gesellschaft<br />
mit ihrer Selbstzersetzung beschäftigt.<br />
1815, als Spanien noch ein Überseereich<br />
war, gab es keinen baskischen und<br />
katalanischen Nationalismus. Die Mär, daß<br />
die „Katalanen“ im Zuge des spanischen<br />
Erbfolgekrieges (1700–1714) erobert, „Katalonien“<br />
von Spanien annektiert worden<br />
seien, war damals undenkbar. Diejenigen<br />
katalanischen Eliten, Adel, Klerus, hohes<br />
Bürgertum, die den Habsburger Karl (später<br />
Kaiser Karl VI.) unterstützt hatten, hielten<br />
bis zu ihrem Weg ins Exil (1713/15) und<br />
darüber hinaus genau so zu Spanien, wie es<br />
1815 die vom bourbonischen Zentralismus<br />
und Absolutismus vereinnahmten Katalanengenerationen<br />
taten. Gerade derselbe<br />
Absolutismus und Zentralismus war<br />
es auch, der sich in den ersten Jahrzehnten<br />
des 19. Jahrhunderts verpflichtete, den<br />
Sonderrechten (fueros) der jeweiligen<br />
Landstände (diputaciones generales) in den<br />
drei baskischen Provinzen Álava, Vizcaya<br />
und Guipúzcoa sowie dem Königreich Navarra<br />
den Garaus zu machen. Mit derselben<br />
Hartnäckigkeit, mit der die Stände sich zu<br />
behaupten versuchten, verteidigten sie<br />
aber auch Einheit und Charakter der spanischen<br />
Monarchie. Sonderrechte, ohne in<br />
die Monarchie eingefügt zu sein – kam keinem<br />
dieser Edelleute in den Sinn.<br />
1833 führten ein Streit in der Thronfolge sowie<br />
unversöhnliche Gegensätze zwischen<br />
Anhängern des ancien régime und jenen<br />
des Liberalismus zum Bürgerkrieg. Dabei<br />
hieß es nicht: „Spanier gegen Basken“,<br />
sondern Parteiung gegen Parteiung, Legitimisten<br />
gegen Liberale, Carlistas gegen Cristinos.<br />
Ganz Spanien war gespalten, nur<br />
hielten und organisierten sich die legitimistischen<br />
Karlisten in den baskischen Provinzen<br />
sowie Navarra besser als anderswo und<br />
fanden dort auch mehr Rückhalt. Unter dem<br />
Eindruck der militärischen Niederlage von<br />
1876 gegenüber dem „liberalen Spanien“<br />
sowie veränderten sozialen und wirtschaftlichen<br />
Bedingungen entwuchs dem baskischen<br />
Karlismus der nationalistische Sproß:<br />
Aus der Enttäuschung, Gott, Vaterland und<br />
„König“, d.h. die legitime Dynastie, nicht<br />
mehr in ihre alten Rechte eingesetzt zu sehen,<br />
sowie gewissen historischen Reminiszenzen,<br />
wie den Sonderrechten und der<br />
„allgemeinen edlen Abstammung aller Basken“<br />
(hidalguía universal), ward der Traum<br />
eines urwüchsigen baskischen Volkes herausgezaubert.<br />
Der neue baskische<br />
Nationalismus<br />
Dieser Nationalismus der Baskischen Volkspartei<br />
(PNV) war seiner Abkunft nach klerikal<br />
und antimodern. Folglich stellten ihn Erfahrungen<br />
mit der modernen und antiklerikalen<br />
Zweiten Spanischen Republik<br />
(1931–1939) vor ein Dilemma: Er befürwortete<br />
sie, insoweit sie seinen Autonomiebestrebungen<br />
nachkam, verabscheute sie<br />
aber dennoch wegen ihres Antiklerikalismus.<br />
Der Putsch General Francos vom 18.<br />
Juli 1936, der sich zum Ziel nahm, dem radikalen<br />
republikanischen Treiben ein Ende<br />
zu setzen, beschleunigte den inneren Bruch<br />
der PNV: Während der ältere Bruder des<br />
Nationalismus, der immer noch lebendige<br />
Karlismus in Álava und Navarra wieder einmal<br />
für Gott, Vaterland und Sonderrechte<br />
aufstand, und Franco in seinem Kampf gegen<br />
die verhaßte Republik nach Kräften unterstützte,<br />
wurden die Ereignisse des Sommers<br />
1936 der PNV zur definitiven Feuer-<br />
Die Katalanen protestieren leidenschaftlich und entschlossen für die Unabhängigkeit ihrer Nation. Wann kommt das offizielle Referendum?<br />
Merche Pérez/flickr/CC<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 11
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Schwerpunkt<br />
Eine katalanische Kundgebung am 10. Juli 2010 in Barcelona unter dem Motto: „Wir sind eine Nation. Wir entscheiden!“<br />
amadalvarez/wikimedia/CC<br />
probe. Die Republik, obzwar links, modern<br />
und antiklerikal, versprach Autonomie im<br />
Sinne des demokratischen Selbstbestimmungsrechts<br />
der Völker. Franco erhob sich<br />
zwar im Namen des spanischen Nationalismus<br />
und Zentralismus, sein Putsch aber<br />
wurde von der Kirchenhierarchie schnell<br />
zum „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“<br />
deklariert. Zudem brachte der Kampf gegen<br />
die Republik die Hoffnung, die legitimistische<br />
Linie der Bourbonen doch noch<br />
„restaurieren“ zu können. Kurzum, die PNV<br />
brach entzwei, ein Teil ging offen zu den<br />
Karlisten über, der andere hielt es bis zum<br />
Schluß mit der Republik.<br />
Während der Franco-Dikatur (1936–1975)<br />
diversifizierten sich die Trägergruppen des<br />
baskischen Nationalismus. Die PNV, teils im<br />
Exil, teils im Untergrund, stand bald nicht<br />
mehr allein da. Im Kampf gegen Franco waren<br />
dem baskischen Nationalismus neue<br />
Generationen erstanden, die betont links<br />
waren und sich durch rein nationalistische<br />
Zielsetzungen von ihren reaktionären Vettern<br />
und Vätern (Karlisten und alte PNV) unterschieden.<br />
Dazu gehörte die Terrororganisation<br />
ETA.<br />
Das Verhältnis der PNV zum spanischen Nationalstaat<br />
ist bis heute ein zwiespältiges geblieben.<br />
In diesem Zusammenhang spricht<br />
der baskische Historiker Santiago de Pablo<br />
von einem „patriotischen Pendel“: Je nachdem,<br />
wer gerade am Ruder ist, strebt die<br />
PNV bald nach mehr Autonomie, bald<br />
nimmt sie mehr Kurs auf die Unabhängigkeit.<br />
Trotzdem arbeitet alles in der PNV bewußt<br />
oder unbewußt auf die Unabhängigkeit<br />
hin. Den linken radikalen Gruppierungen<br />
hingegen ist vollkommen klar, daß ihr<br />
Ziel nur die Unabhängigkeit sein kann. Objektive<br />
Gründe für die Unabhängigkeit gibt<br />
es nicht, auch sind Basken nicht „rein“, also<br />
ohne spanischen oder sonstigen „fremden“<br />
Einschlag geblieben. Die heutigen „Basken“<br />
sind in ihrer Mehrzahl ein rezentes vielschlägiges<br />
Mischmasch, eine „De-facto-Nation“,<br />
die auch staatsrechtlich Nation zu sein anstrebt.<br />
Als Gründe für die Unabhängigkeit<br />
können die Nationalisten nur angeben, daß<br />
es eben der „baskischen Gesellschaft“ bzw.<br />
der „Basken“ Wille sei, von Spanien loszukommen.<br />
Der Weg der Katalanen<br />
Einfacher stellt sich der Fall für die Katalanen<br />
dar. Auch sie haben nie einen Nationalstaat<br />
besessen. Katalonien war gegen<br />
Ende des 15. Jahrhunderts Bestandteil der<br />
föderativen Krone Aragoniens, eine aus<br />
feudalen Überresten (Grafschaften, Unterkönigreichen,<br />
Landständen und eigenständigen<br />
Territorien usw.) zusammengesetzte<br />
Monarchie, zu der auch einige Mittelmeerinseln,<br />
Teile Italiens sowie Südfrankreichs<br />
gehörten. Und mit Aragonien fügte sich<br />
auch Katalonien in die spanische Monarchie<br />
ein. Alle „katalanischen“ Aufstände bis<br />
ins 18. Jahrhundert hinein waren lediglich<br />
ein Aufbegehren eines mehr oder minder<br />
großen Teils der dortigen Oligarchien gegen<br />
die erstarkende Königsmacht. Erst die<br />
wirtschaftliche Modernisierung Kataloniens<br />
im „liberalen“ 19. Jahrhundert und die kulturelle<br />
und politische Selbstbesinnung auf<br />
die eigenen „Wurzeln“ (Renaixença) führten<br />
zur Ausdifferenzierung eines katalanischen<br />
Nationalbewußtseins, das erst spät<br />
anti-spanisch ausartete.<br />
Im Unterschied zum baskischen, war der katalanische<br />
Nationalismus viel „moderner“<br />
ausgerichtet. Es lag in seiner Dialektik, sich<br />
von seinen bürgerlichen Positionen aus immer<br />
weiter nach links, bis hin zum Anarchismus<br />
zu verschieben. Während der baskische<br />
Nationalismus der PNV noch um 1930<br />
die verlorene „Gemeinschaft“ idealisierte,<br />
standen die Katalanen ideologisch bereits<br />
inmitten der individualistischen „Wirtschaftsgesellschaft“.<br />
Jenes radikaldemokratische<br />
Ferment hat der katalanische Nationalismus<br />
in seine Erbmasse mit aufgesogen.<br />
Als in den ersten Jahrzehnten des<br />
Franco-Regimes die katalanische Sprache<br />
und Kultur unterdrückt waren, war die ideologische<br />
Fusion von Demokratismus und<br />
Katalanismus bereits vollzogen. Im kollektiven<br />
Bewußtsein der meisten demokratisch<br />
gesinnten Spanier wurden der Kampf gegen<br />
Franco und für Katalanentum (aber<br />
auch für das „baskische Volk“) und „Demokratie“<br />
zu einer festen Gleichung hochstilisiert,<br />
während der überzogene spanische<br />
Nationalismus der Franco-Anhänger das<br />
Prestige der spanischen Nationalidee überhaupt,<br />
bis in die Gegenwart hinein, zerstörte.<br />
Der spanische Nationalstaat als<br />
einzige Lösung<br />
Das Intermezzo des Franco-Regimes hat<br />
den Niedergang Spaniens nicht aufgehalten,<br />
es war selbst nur ein weiteres Symptom<br />
desselben. Mit Einzug der Demokratie haben<br />
dann die allgemeine Kurzsichtigkeit,<br />
der Zynismus und Opportunismus der kulturellen,<br />
sozialen und ökonomischen Eliten<br />
sowie die persönliche Unzulänglichkeit aller<br />
politischen Führer, denjenigen Verfallsprozeß<br />
sanktioniert, dessen Wurzeln zwischen<br />
dem 17. und dem 18 Jahrhundert liegen,<br />
der das 19. Jahrhundert zu einem blutigen<br />
12 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Chaos gemacht, und das 20. und auch noch<br />
das 21. Jahrhundert mit einer unsäglichen<br />
Korruption belastet hat.<br />
Der „moderne“ spanische Zentralstaat, wie<br />
ihn die Liberalen ab 1833 errichten wollten,<br />
war weder in der Lage, ein neues nationales<br />
Zusammenleben herzustellen, noch das<br />
Gros der Bevölkerung zu nationalisieren.<br />
Sein Mißkredit, sein Versagen und sein<br />
schlußendlicher Zerfall förderten das Aufkommen<br />
von alternativen Nationalismen,<br />
die bodenständiger oder zumindest zugkräftiger<br />
waren als die spanische Nationalidee.<br />
Aber auch diese Nationalismen sind<br />
genau so falsch und verdorben wie ihr<br />
Feindbild. Anschaulich wird das erst im Vergleich<br />
mit dem alten Österreich-Ungarn.<br />
Mit der Charakterisierung der dortigen Nationalismen,<br />
wie sie der Soziologe Gustav<br />
Ratzenhofer um 1900 angestellt hat, verfügen<br />
wir über allgemeine Einsichten, die<br />
auch heute ihre Vollgültigkeit bewahren:<br />
„Mit dem Verfalle der Sittlichkeit wendet<br />
sich das Sozialinteresse immer engeren Sozialverbänden<br />
zu; das Individualinteresse<br />
hebt gleichsam aus den Objekten menschlichen<br />
Interesses diejenigen heraus, mit<br />
welchen es persönliche Vorteile verfechten<br />
kann. Alle sozialen Angelegenheiten erhalten<br />
einen leidenschaftlichen Charakter, als<br />
wenn sich die Menschen für die Nation,<br />
den Stamm oder die Klasse aufopfern wollten;<br />
dies ist jedoch nur Schein; die Menschen<br />
ziehen nur den betreffenden Sozialverband<br />
für ihre Interessen in Mitleidenschaft.“<br />
[…] Je mehr den Menschen das Individualinteresse<br />
regiert, desto wahrscheinlicher<br />
ist, daß er 1. den zugehörigen Verband<br />
nur als Mittel für seine individuellen<br />
Zwecke mißbraucht; 2. seine Beziehungen<br />
auf immer engere Gemeinschaftskreise beschränkt,<br />
die größeren und weiteren, weil<br />
nicht direkt nützlich, aufgibt oder endlich 3.<br />
sich ganz und gewissenlos auf die eigenen<br />
Interessen zurückzieht.“ – Das alles paßt<br />
haargenau auf den Katalanismus und seine<br />
Wortführer.<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Genauso, wie die Liebe vieler Katalanen zu<br />
ihrer Sprache und Kultur oftmals eine neurotische<br />
– oder einfach nur fingiert – ist, so<br />
wirkt sich ihre sprichwörtliche echte Liebe<br />
zum Geld mal in Kleingeistigkeit, mal in<br />
Größenwahn aus. Dazu gehört auch das liederliche<br />
„ökonomische Argument“, also<br />
wenn es darum geht, „objektiv“ zu beweisen,<br />
daß Katalonien als der „bessere“ Teil<br />
von Spanien – und deshalb eben<br />
„Nichtspanien“ – ohne Spanien besser dastünde.<br />
Daß man das, und vieles mehr, den<br />
katalanischen Nationalisten durchgehen<br />
läßt, ist nur ein weiteres Zeugnis für die<br />
Fahnenflüchtigkeit, Inkompetenz und Korruption<br />
aller spanischen Regierungen seit<br />
Wiedereinführung der Demokratie.<br />
Unser Autor Carlos Dieter Wefers Verástegui, Jahrgang 1979,<br />
studierte bis 2010 Geschichte, Romanistik und Europäische Studien<br />
(Máster en Estudios de la Unión Europea) in Salamanca<br />
und Köln. Seit seinem Masterabschluß im September 2010 arbeitet<br />
er als Mitarbeiter im Außendienst (Sektion Telemarketing)<br />
beim spanischen Unternehmen Santa Lucía S.A. Companía de Seguros.<br />
Verástegui spricht vier Sprachen und ist seit einigen Jahren<br />
auch als freier Autor im konservativen Milieu tätig.<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 13
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Aufstand der Kleinen<br />
Ein Gespenst geht um in Europa: In vielen<br />
Staaten streben Regionen, die sich von<br />
der Zentralregierung benachteiligt<br />
fühlen, nach Unabhängigkeit. Nach dem<br />
Referendum in Schottland steht in Katalonien<br />
ein ähnlicher Kampf bevor.<br />
Der europäische Separatismus ist ein erstaunliches<br />
Phänomen. Während sich die<br />
rechten und linken politischen Lager in<br />
Deutschland spinnefeind sind, arbeiten Separatisten<br />
jedweder politischer Couleur europaweit<br />
mühelos zusammen. Im deutlichen<br />
Kontrast zu linken Strömungen in der<br />
Bundesrepublik Deutschland tritt anderswo<br />
bei zahlreichen links-, gar grünorientierten<br />
Bewegungen und Parteien ein deutlicher<br />
nationaler Einschlag zutage, der sich auf<br />
den örtlichen Regionalismus und das inhärente<br />
Bekenntnis zum eigenen Volk und<br />
dessen Geschichte sowie Tradition bezieht.<br />
So etwa in Spanien, wo der rechte katalanische<br />
Regierungschef Artur Mas mit der<br />
linksrepublikanischen Partei Esquerra Republicana<br />
de Catalunya (ERC) zusammenarbeit,<br />
um die Sezession Kataloniens voranzutreiben.<br />
Auch der ehemalige schottische<br />
Ministerpräsident Alex Salmond und seine<br />
Scottish National Party (SNP) sind links der<br />
politischen Mitte einzuordnen.<br />
David Cameron vs. Alex Salmond: Wird Schottland nach dem gescheiterten Referendum<br />
jemals unabhängig?<br />
Surian Soosay/flickr/CC<br />
Dieser Beitrag erschien erstmals in der<br />
Ausgabe 11/2014 des Magazins Compact<br />
und wird hier mit freundlicher Genehmigung<br />
des Verlags veröffentlicht.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
compact-online.de<br />
In Flandern und Süd-Tirol dominieren hingegen<br />
konservative und rechte Kräfte die Sezessionsbewegungen.<br />
Dieses Synergiepotenzial<br />
macht den Regionalismus zu einer<br />
Bewegung, die Europa durcheinanderwirbeln<br />
kann. Auch wenn Mitte September das<br />
Sezessionsreferendum in Schottland scheiterte,<br />
hatte schon das bloße Stattfinden der<br />
Volksabstimmung Ausstrahlungskraft auf<br />
den ganzen Kontinent. Die im Finish des Urnengangs<br />
von David Cameron gemachten<br />
Autonomiezugeständnisse an Salmond und<br />
seine Landsleute sind eine deutliche Ermunterung<br />
für die Separatisten auch in anderen<br />
EU-Staaten. Stefan Zelger von der Süd-Tiroler<br />
Freiheit äußerte etwa: „Auch wenn das<br />
Ergebnis im ersten Moment enttäuscht, so<br />
bleibt die Tatsache, daß ein reiches Volk im<br />
Herzen Europas selbst über seine Zukunft<br />
entscheiden durfte.“<br />
Besonders in Spanien wurde der Ausgang<br />
der schottischen Wahl mit Argusaugen beobachtet.<br />
Die katalanische Sezessionsbewegung,<br />
die am Wahltag mit Hunderten<br />
Yes-Unterstützern in Edinburgh vertreten<br />
war, erlebt derzeit eine rasante und bemerkenswerte<br />
Entwicklung. Hunderttausende<br />
gelb-rote<br />
Esteladas, die symbolträchtige<br />
Fahne<br />
der katalanischen<br />
Unabhängigkeit,<br />
ziehen als gigantisches<br />
Farbenmeer<br />
seit einigen Jahren<br />
durch die Straßen<br />
Barcelonas. Es ist<br />
eine beeindruckende<br />
Machtdemonstration<br />
der<br />
Regionalregierung,<br />
die mit den immer<br />
wiederkehrenden<br />
Demonstrationen<br />
Druck auf die spanische<br />
Zentralregierung<br />
will.<br />
ausüben<br />
Premier Mas, der nach sechs Jahren als Oppositionsführer<br />
im katalanischen Parlament<br />
nunmehr seit vier Jahren als Regierungschef<br />
die Fäden zieht, brachte 2013 eine<br />
bemerkenswerte Resolution in das regionale<br />
Parlament ein „Das Volk von Katalonien<br />
[...] ist in politischer und rechtlicher<br />
Hinsicht ein souveränes Subjekt“, heißt es<br />
in der „Souveränitätserklärung“, für die<br />
neben dem konservativen Parteibündnis<br />
von Artur Mas, Convergència i Unió (CiU),<br />
auch die linksrepublikanische ERC, die<br />
Ökosozialisten der Iniciativa per Catalunya<br />
Verd (ICV) und die radikale linke Separa -<br />
tionspartei Candidatura d’Unitat Popular<br />
(CUP) gestimmt hatten.<br />
Seither hat sich einiges getan. Für den<br />
9. November 2014 ist in Katalonien ein Unabhängigkeitsreferendum<br />
geplant. Doch<br />
während die schottische Volks abstimmung<br />
von Großbritannien offiziell genehmigt<br />
wurde, stellt die spanische Zentralregierung<br />
unter Ministerpräsident Mariano Rajoy<br />
sich quer. Sie hält das Referendum für verfassungswidrig<br />
und kündigte an, notfalls<br />
auch auf militärische Mittel zurückzugreifen,<br />
um eine Sezession der Katalanen zu unterbinden.<br />
Im März 2014 erklärte das spanische<br />
Verfassungsgericht das geplante Referendum<br />
überdies für offiziell verfassungswidrig<br />
und auch das spanische Parlament<br />
lehnte es im April 2014 mit deutlicher<br />
Mehrheit ab. „Das Parlament kann ein Gesetz<br />
ablehnen, aber es kann nicht den Willen<br />
des katala nischen Volkes aufhalten“,<br />
entgegnete Mas selbstsicher. Ob der Urnengang<br />
im November tatsächlich stattfindet,<br />
bleibt ungewiß.<br />
Für die zahlreichen Sezessionsbewegungen<br />
bedeutet die zunehmende Verarmung Europas,<br />
die damit einhergehende Unzufriedenheit<br />
vieler Bürger sowie der immer deutlicher<br />
zu Tage tretende Zentralismus der Europäischen<br />
Union eine Chance, die eigenen<br />
Bestrebungen erfolgreich voranzutreiben.<br />
Viele separationswillige Regierungen haben<br />
unterdes erkannt, daß sie auf wirtschaftliche<br />
Themen setzen müssen. Ob Katalonien, Venetien<br />
oder Flandern, die jeweiligen Regionen<br />
zählen durchweg zu den starken, gar<br />
stärksten wirtschaftlichen Standorten ihrer<br />
Staaten. Der Unmut, allzu oft Zahlmeister<br />
schwächerer Regionen zu sein, mit denen es<br />
darüber hinaus meist kein historisches oder<br />
kulturelles Zugehörigkeitsgefühl besteht,<br />
verleiht den Separatisten Rückenwind. Im<br />
Gegensatz zu Süd-Tirol, das eine weitgehende<br />
steuerliche Autonomie besitzt,<br />
fließen von Venetien jährlich etwa 21 Milliarden<br />
Steuereinnahmen nach Rom.<br />
Philip Stein<br />
(Germania Marburg 2011)<br />
Schwerpunkt<br />
14 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
Vom Internet auf die Straße<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Von Alexander Markovics<br />
Als am 17. Mai 2014 rund 300 junge<br />
Menschen aus ganz Europa in Wien gegen<br />
die Überfremdung und Islamisierung<br />
Österreichs und unseres Kontinents auf<br />
die Straße gingen, fand ein bis dahin<br />
nicht für möglich gehaltener „Tabubruch“<br />
(Jungle World) statt. Trotz linksextremer<br />
Hetze im Vorfeld der Demonstration<br />
und rund 400 zum Teil gewalttätigen<br />
Gegendemonstranten konnte unter<br />
dem Motto „Festung Europa – macht<br />
die Grenzen dicht!“ ein machtvolles Signal<br />
gegen die europäische Asylindustrie<br />
und die sie unterstützende Politik in<br />
Österreich gesetzt werden. Doch wie gelang<br />
einer erst zwei Jahre existierenden<br />
Jugendbewegung dieser Durchbruch,<br />
der ein Monat lang die österreichischen<br />
Medien beschäftigte? Ein identitärer Burschenschafter<br />
berichtet.<br />
beschäftigt – genau so lautete das Signal<br />
an all jene Österreicher, die aus Unzu -<br />
friedenheit alle paar Jahre FPÖ wählen<br />
gehen, aber nicht auf die Straße<br />
gehen. Auch in Österreich muß etwas passieren!<br />
Doch wie konnte es überhaupt so weit<br />
kommen? Warum hat diese Demonstration<br />
in Österreich stattgefunden, aber nicht in<br />
der Bundesrepublik Deutschland? Wieso<br />
schaffte die Identitäre Bewegung in Österreich<br />
jenen titelgebenden Sprung vom Internet<br />
auf die Straße? Gerade im Angesicht<br />
der in der Bundesrepublik Deutschland<br />
stattfindenden Montagsspaziergänge der<br />
Bürgerbewegung PEGIDA, möchte ich in<br />
diesem Beitrag über die Anfänge der patriotischen<br />
Zivilgesellschaft in Österreich<br />
schreiben.<br />
Als im Februar 2012 die erste identitäre<br />
Gruppe in Wien, W.I.R (Wiens identitäre<br />
Richtung), entstand, konzentrierten wir uns<br />
neben kulturellen Aktivitäten, die den<br />
Österreichern vor allem wieder die eigene<br />
Kultur und Tradition vor Augen führen sollten,<br />
auf Aufklärungsarbeit in den großen<br />
Einkaufsstraßen Österreichs. Regelmäßig<br />
verteilten wir Flugblätter über katastrophale<br />
demographische Situation in Wien<br />
und die damit einhergehende Überfremdung<br />
und Islamisierung unserer Stadt. Internetgraphiken,<br />
die eine Verbindung zwischen<br />
popkulturell bekannten Motiven und<br />
patriotischen Botschaften herstellten, wurden<br />
mittels Aufklebern in die Straßen Wiens<br />
getragen.<br />
Von Anfang an waren wir also eine „Bewegung<br />
zum Anfassen“ – sei es bei Flugblattaktionen<br />
in den wichtigsten Straßen Wiens<br />
oder unseren kulturellen Stadtspaziergängen.<br />
Doch blieb es nicht ausschließlich bei<br />
diesen Aktivitäten: Im Herbst desselben<br />
Jahres bildete sich eine aktivistische<br />
Gruppe in Wien. Als unter dem Titel „Zertanz<br />
die Toleranz“ schließlich eine multikulturelle<br />
Propagandaveranstaltung der Wiener<br />
Caritas gestört wurde, steigerte sich<br />
Die Identitäre Bewegung trägt ihre Ideen am 17. Mai 2014 erstmalig auf die Straße. Verbandsbruder und Autor Markovics marschiert in erster Reihe.<br />
Privat<br />
Zunächst gilt es mit einem – wenngleich<br />
positiven – Vorurteil aufzuräumen. Auch in<br />
Österreich, das von vielen bundesdeutschen<br />
Verbandsbrüdern bekanntlich als<br />
das Land betrachtet wird, wo aus patriotischer<br />
Sicht Milch und Honig fließen, war<br />
dies die erste zahlreich besuchte und heimatbewußte<br />
Demonstration seit Jahrzehnten.<br />
Patriotismus ist demonstrierbar – auch<br />
wenn er sich mit wesentlichen Themen wie<br />
Masseneinwanderung und Islamisierung<br />
Identitärer Aktivismus – von den<br />
Anfängen bis zum Durchbruch<br />
auch in Wien das Interesse an dem neuen<br />
Wort „identitär“, das zum Erstaunen der<br />
damaligen Journalisten nichts mit dem Nationalsozialismus,<br />
Grenzrevisionsdebatten<br />
oder dem Leugnen von Vernichtungslagern<br />
zu tun hatte, sondern sich lediglich für den<br />
Erhalt unserer ethno-kulturellen Identität,<br />
und somit gegen Islamisierung und Überfremdung<br />
einsetzte. Neben dem alltäglichen<br />
Aktivismus kamen schließlich auch<br />
nächtliche Aktionen hinzu: Straßenschilder<br />
am Rande Wiens wurden mit „Istanbul?“<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 15
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
dem Eindruck der Ankündigung linker Gegenproteste<br />
eine Demo absagte, ergriffen<br />
wir die Gelegenheit und taten, was getan<br />
werden mußte.<br />
Das Lambda, unser gewähltes Symbol,<br />
wurde plötzlich – überwiegend durch die<br />
Berichterstattung der Medien – zu einem<br />
Symbol, über das sich viele Leute Gedanken<br />
machten. Wir Identitären wurden auf<br />
einen Schlag bekannt und hatten somit<br />
auch die Möglichkeit, ein patriotisches Bewußtsein<br />
im bisher lethargisch-apolitischen<br />
Teil der Österreicher zu bilden. Ab dem folgenden<br />
Stammtisch stiegen die Besucherzahlen<br />
sowie Spenden rapide an. Bisher<br />
apolitische Jugendliche stießen zu uns, was<br />
uns als Identitäre Bewegung wiederum in<br />
die Lage versetzte, größere, regelmäßigere<br />
und auch örtlich breiter angelegte Aktionen<br />
durchzuführen. Der nächste Schritt bestand<br />
schließlich darin, unsere Botschaft stärker<br />
als bisher auf die Straße zu tragen und die<br />
Asyllobby direkt dort anzugreifen, wo sie<br />
ihren Sitz hat. Auf meine Initiative hin fand<br />
Schwerpunkt<br />
im Winter 2013 unsere erste Kundgebung<br />
in Wien statt, auf der wir kurz nach der<br />
Flüchtlingstragödie vor Lampedusa gegen<br />
den EU-Kommissar Morten Kjaerum protestierten.<br />
Dieser hatte die Österreicher nach<br />
der Lampedusa-Katastrophe dazu aufgefordert,<br />
endlich einzusehen, „daß Österreich<br />
ein Einwanderungsland ist.“ Der diffusen<br />
Interessengemeinschaft für Masseneinwanderung<br />
und Islamisierung wurde ein<br />
Name gegeben. Hierauf folgte schließlich,<br />
auf Initiative des Wiener Landesleiters Martin<br />
Sellner, unsere erste Demonstration im<br />
Mai 2014. Die Identitäre Bewegung kam<br />
durch dieses Ereignis endgültig vom Internet<br />
auf die Straße. Unlängst protestierte<br />
überdies die steirische Landesgruppe<br />
durch Transparentaktionen unter dem Titel<br />
„Asylwahn stoppen!“ und „Wehr Dich! Es<br />
ist Dein Land!“ gegen die dezentrale Unterbringung<br />
von Wirtschaftsflüchtlingen in<br />
kleinen Gemeinden und dem damit verbundenen<br />
Asylwahn. Was dem Kommunismus<br />
die Produktionsquoten waren, sind<br />
dem Liberalismus die Flüchtlingsquoten.<br />
Eine Aktionsform, die zahlreiche Nachahmer<br />
in den Landesgruppen von Kärnten bis<br />
nach Traiskirchen in Niederösterreich gefunden<br />
hat.<br />
Vom virtuellen Raum auf den<br />
Asphalt<br />
Wie war das möglich? Geht man nun also der<br />
Frage nach, wie dieser Sprung vom virtuellen<br />
Raum in das Bewußtsein eines nicht unbeträchtlichen<br />
Teils der Österreicher möglich<br />
war, so stößt man auf mehrere Faktoren:<br />
1) Innerlich gefestigte und disziplinierte Aktivistengruppen.<br />
Durch regelmäßigen Aktivismus,<br />
vom einfachen Flugblattverteilen<br />
über das Aufhängen von Transparenten,<br />
aber auch die Bildung einer festen Gemeinschaft<br />
durch gemeinsame Aktivitäten, auch<br />
im ideologischen Sinne, konnte eine<br />
Gruppe eingefleischter Aktivisten gebildet<br />
Die Identitären sind international vernetzt. Regelmäßige Seminare und Schulungen auf europäischer Ebene gehören zum Programm.<br />
Privat<br />
überklebt, aus einem Dutzend junger Menschen<br />
bildete sich eine Gruppe eingefleischter<br />
Aktivisten. Als schließlich etwa<br />
zeitgleich auch in anderen wichtigen Städten<br />
Österreichs, wie Graz und Salzburg,<br />
identitäre Gruppen entstanden, begannen<br />
wir gemeinsam etwas Größeres zu planen.<br />
Wirtschaftsflüchtlinge und Linksextreme,<br />
also eben jene Asyllobby, von der am Anfang<br />
die Rede war, besetzten nach der Räumung<br />
ihres „Refugee Camps“ die Votivkirche<br />
in Wien. Die Wut in den patriotischen<br />
Kreisen Österreichs stieg, doch der Staat<br />
sah dem Treiben – wie so oft – machtlos zu.<br />
Auf einer Heimfahrt von Schnellroda – Aktivisten<br />
hatten das Institut für Staatspolitik<br />
um Götz Kubitschek und Erik Lehnert besucht<br />
– wurde schließlich vom Leiter der<br />
steirischen Landesgruppe, Patrick Lenart,<br />
die Idee geboren, die Kirche ebenfalls zu<br />
besetzen. Am Morgen des 10. Februars<br />
2013 besuchten acht Identitäre aus Wien<br />
und Graz den internationalen Gottesdienst<br />
in der Votivkirche. Nach dessen Ende<br />
ließen wir uns, darauf eingestellt auch notfalls<br />
länger zu bleiben, im rechten Seitenschiff<br />
der Kirche nieder. Als schließlich der<br />
damalige Flüchtlingsbetreuer, ein gewisser<br />
Klaus Schwerdtner von der Caritas, uns zum<br />
Verlassen der Kirche aufforderte, schallte<br />
ihm ein lautes „Die Besetzung ist hiermit<br />
besetzt!“ entgegen. In kürzester Zeit wurde<br />
über das Internet und insbesondere Facebook<br />
unser Protest gegen den Mißbrauch<br />
der Kirche und die österreichische Asylindustrie<br />
durch die Medien bekannt. Wir nahmen<br />
die Bühne in Besitz, welche uns bereitet<br />
wurde und sprachen den Zorn der<br />
schweigenden Mehrheit aus. Aber nicht, indem<br />
wir ihn in diffusen Forderungen verhallen<br />
ließen, sondern nutzten die Gelegenheit<br />
zu einem Generalangriff auf jene augenscheinlich,<br />
und dennoch verleugnete<br />
Verbindung von Antifa, Wirtschaftsflüchtlingen,<br />
Schlepperkriminalität und hoher Politik.<br />
Wo andere nur die Faust im Hosensack<br />
zusammenballten, oder etwa die FPÖ unter<br />
werden. Die ständige Ausweitung der<br />
Komfortzone des Einzelnen in der Gruppe<br />
bereitet ihn auf größere und riskantere Aktionen<br />
vor. Denn:<br />
2) Ohne zuvor einfache Aktionen gemacht<br />
zu haben, sind größere nicht möglich. Bei<br />
einer Aktion, etwa unserer Gegenbesetzung<br />
der Votivkirche, muß man sich auf seinen<br />
Nebenmann hundertprozentig verlassen<br />
können – erst recht auf einer Demonstration.<br />
Das vorherige Überprüfen neuer<br />
Leute, ob man sich auch in weniger extremen<br />
Situationen wie beim Flugblattverteilen<br />
auf sie verlassen kann – schon unsere<br />
ersten Verteilaktionen wurden von der Antifa<br />
angegriffen –, läßt diese Stück für Stück<br />
wachsen. Nur wer bei so einem Zwischenfall<br />
gelassen reagiert, kann auch bei Aktionen<br />
wie in der Votivkirche oder etwa an vorderster<br />
Front in einem Demonstrationszug<br />
mitmachen.<br />
16 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Das schwarze Lambda auf gelbem Grund ist das Markenzeichen einer jungen, aktiven Bewegung geworden.<br />
Privat<br />
3) Diese erfordern schließlich eine ausgeklügelte<br />
und minutiöse Planung im Vorfeld.<br />
Nur wenn man alle Eventualitäten einkalkuliert,<br />
Notfallpläne für einen möglichen Abbruch<br />
im Gepäck hat und auf eine Änderung<br />
der Umstände flexibel reagieren kann,<br />
wird die Aktion von Erfolg gekrönt sein. Die<br />
Bühne die man selbst betritt, muß gut gewählt<br />
sein, die Aktivisten müssen wissen,<br />
auf welche möglichen Risiken sie sich einlassen.<br />
Eine gute Planung entscheidet über<br />
den Unterschied zwischen Erfolg und<br />
Mißerfolg einer Aktion.<br />
4) Der wichtigste Punkt ist schließlich die<br />
Bereitschaft zum Aktivismus selbst. Es mag<br />
gut und wichtig sein, die politischen Probleme<br />
unserer Zeit zu analysieren, und<br />
ohne eine gute Theorie ist auch keine Praxis<br />
möglich. Jedoch kann es ohne Praxis<br />
auch keinen Erfolg der Theorie, also einen<br />
Bewußtseinswandel im Volk geben. Nur<br />
wenn man die Probleme, die man sieht,<br />
auch in der Öffentlichkeit benennt und<br />
diese anderen Leuten in Form von Flugblättern<br />
bewußt macht, kann man das revolutionäre<br />
Bewußtsein des Volkes verändern.<br />
Dazu ist es nötig, das Heft des Handelns<br />
in die Hand zu nehmen – beginnend<br />
mit einer Flugblattaktion, über Transparente<br />
bis hin zur Demonstration. Eine Sache,<br />
die am Anfang auch schon mit fünf<br />
Mann oder einem Dutzend Leute möglich<br />
ist – entscheidend ist vor allem der Wille,<br />
etwas zu tun.<br />
Durch das schrittweise Hinausgehen auf<br />
die Straße war der Identitären Bewegung<br />
Österreich dieser Erfolg möglich. Ich<br />
hoffe, daß auch in der Bundesrepublik<br />
Deutschland diese Schritte unter -<br />
nommen werden, damit sich auch dort<br />
eine aktivistische Avantgarde heraus -<br />
kristallisiert, um etwa in Zukunft ent -<br />
stehenden Bürgerbewegungen im Sinne<br />
einer patriotischen Zivilgesellschaft, einer<br />
Front der Patrioten, eine Richtung geben<br />
zu können.<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 17
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Sonderweg Osteuropa<br />
Schwerpunkt<br />
Es hat sich in den vergangen Jahren nicht<br />
nur im Westen und der Mitte unseres<br />
Kontinents viel getan. So gab es auch in<br />
Osteuropa – und hier sei nicht nur die aktuell<br />
oft erwähnte Ukraine gemeint – interessante<br />
und vielseitige Entwicklungen.<br />
Gibt es einen Sonderweg Osteuropas?<br />
Besonders in Ungarn gab es seit 2009 weitreichende<br />
politische Veränderungen. Die<br />
konservativ-bürgerliche Partei Fidesz wurde<br />
zweimal in Folge bei den Parlamentswahlen<br />
mit Abstand stärkste Kraft und dominiert<br />
seither die ungarische Politik. Der Parteivorsitzende<br />
Viktor Orbán minimierte durch<br />
den anhaltenden Siegeszug seiner Partei<br />
den Einfluß sozialdemokratischer und postkommunistischer<br />
Parteien auf die ungarische<br />
Politik. Neben einer Stärkung des heimischen<br />
Patriotismus wurden durch Orbán<br />
viele Reformen angestoßen, die vor allem<br />
in Brüssel Kritik auslösten. So gab es neben<br />
einer überarbeiteten und sehr patriotischen<br />
neuen Version der Verfassung immer wieder<br />
Streit wegen Gesetzesänderungen, die<br />
gegen das EU-Recht verstoßen würden.<br />
Dies nahm die linke Opposition in den letzten<br />
Monaten immer wieder zum Anlaß, Orbán<br />
zu kritisieren und so im Windschatten<br />
der EU gegen eine Regierung auf die<br />
Straße zu gehen, die nach wie vor sehr<br />
großen Zuspruch innerhalb des Volkes genießt.<br />
Politisch aktive Leute vor Ort berichten,<br />
daß dieses Oppositions- und Demonstrationsbündnis<br />
eigentlich nur durch die<br />
gemeinsame Ablehnung der Person Orbáns<br />
zusammengehalten wird.<br />
Neben Fidesz hat sich in Ungarn außerdem<br />
die deutlich radikalere rechte Jobbik-Partei<br />
etabliert, die vom dem erst 36 Jahre alten<br />
Gábor Vona mitgegründet und geleitet<br />
wird. Jobbik ist seit ihrer Gründung im Jahr<br />
2003 zu einer Partei aufgestiegen, die sich<br />
jenseits der 20-Prozent-Marke etablieren<br />
und hinter Fidesz sowie einem politischen<br />
Linksblock als ernstzunehmende Kraft festsetzen<br />
konnte. Interessant ist auch ihre bis<br />
heute enge Verbundenheit zu den Universitäten<br />
des Landes. Einst als national-patriotische<br />
Hochschulgruppe entstanden, ist<br />
Jobbik laut einer Umfrage aus dem Jahr<br />
2014 die beliebteste Partei unter der Studentenschaft<br />
des Landes und dominierend<br />
in deren Vertretungen. Jobbik selbst versteht<br />
sich als eine „werteorientierte, konservative,<br />
aber radikal agierende, christliche<br />
und patriotische“ Partei. Die mittlerweile<br />
drittstärkste ungarische Partei erfährt<br />
aus dem Ausland immer wieder Kritik, weil<br />
ihre Ziele und Symbolik stark an die faschistischen<br />
ungarischen Pfeilkreuzler erinnere.<br />
Im Gegensatz zu anderen etablierten rechten<br />
Parteien überrascht Jobbik immer wieder<br />
durch sehr spezielle Aussagen. So bezeichnete<br />
etwa der Jobbik-Abgeordnete<br />
Márton Gyöngyösi den französischen Front<br />
National, den niederländischen Politiker<br />
und Islamkritiker Geert Wilders, die österreichische<br />
FPÖ sowie den flämischen<br />
Vlaams Belang in einem Interview mit der<br />
Budapest Times als „Zionisten“ und warf ihnen<br />
vor, durch ihren Haß auf den Islam zu<br />
verkennen, wer der wahre Feind sei: Liberalismus<br />
und Zionismus. Besagte rechte Parteien<br />
meiden den Kontakt zu Jobbik.<br />
Auch in Ländern wie Rumänien oder der<br />
Slowakei kann man eine Stärkung von patriotischen<br />
und/oder nonkonformen Gruppen<br />
ausmachen. In Rumänien ist neben der<br />
„Großrumänischen Partei“ auch die junge<br />
aktivistische Partei „Neue Rechte“ (Noua<br />
Dreapta) mit ihren aktuellen und modernen<br />
Veranstaltungen auf einem Erfolgsweg. Erste<br />
kommunale Wahlergebnisse machen<br />
dies deutlich. Was jedoch auch bis heute<br />
ein Problem bei einer Kooperation der patriotischen<br />
Kräfte darstellt, sind die andauernden<br />
Grenzstreitigkeiten zwischen Ungarn<br />
und Rumänien. Hier kommen immer<br />
wieder – vor allem unter Rechten – Forderungen<br />
nach Gebietsrückgaben auf, was<br />
eine Zusammenarbeit aus internationaler<br />
Sicht erschwert.<br />
In der Slowakei kann man neben einer konservativ-katholisch<br />
geprägten Grundstimmung<br />
auch mit der „Slowakischen Nationalpartei“<br />
(SNS) eine Kraft ausmachen, die<br />
sich den Werten und Traditionen des Landes<br />
verbunden fühlt. Positiv ist hier zu nennen,<br />
daß die SNS in freundschaftlichem, kooperativen<br />
Kontakt mit den österreichischen<br />
Freiheitlichen steht. Zwar scheiterte<br />
bei der letzten Europa-Wahl der Einzug ins<br />
Europaparlament knapp, doch ist auch in<br />
der Slowakei aus patriotischer Sicht eine<br />
positive Grundstimmung zu erkennen. Die<br />
katholische Kirche des Landes unterstütze<br />
etwa die patriotischen Kräfte bei ihrem Referendum<br />
gegen die Einführung beziehungsweise<br />
Gleichstellung der Homo-Ehe<br />
und zeigte somit auf, daß Patriotismus und<br />
Kirche durchaus eine Einheit bilden können.<br />
Jedoch gibt es mit „Demo für alle“<br />
auch in Deutschland eine ähnliche Organisation,<br />
die für christliche Werte und die<br />
traditionelle Familie auf die Straße geht.<br />
Neben Stuttgart – die grün-rote Landes -<br />
regierung plante eine umfassende<br />
„Reformierung“ der Erziehung – waren<br />
diese auch in anderen Städten organisiert<br />
worden.<br />
Abschließend läßt sich sagen, daß die<br />
Skepsis gegenüber der EU, ihren Repräsentanten<br />
und der von ihnen ausgehenden<br />
Bürokratie, auch in Osteuropa wächst.<br />
Wenn man das Auftreten oder Engagement<br />
in jenen Ländern vergleicht, ist diese<br />
durchaus „handfester“ oder auch radikaler<br />
als jene Kritik, die von Parteien wie der<br />
Alternative für Deutschland (AfD) geübt<br />
wird. Osteuropa steht definitiv vor<br />
einer interessanten Entwicklung, die man<br />
aus deutscher Sicht zukünftig verfolgen<br />
sollte.<br />
Der „Friedensmarsch“ am 29. März 2014 versammelte zehntausende Unterstützer des Fidesz-Vorsitzenden<br />
Viktor Orbán.<br />
Derzsi Elekes Andor/wikimedia/CC<br />
Armin Allmedinger<br />
(Rheinfranken Marburg 2012)<br />
18 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
„Südtirol ist italienisches Territorium.“<br />
CasaPound<br />
Die neofaschistische Bewegung CasaPound (CPI) ist in der deutschen Rechten bereits<br />
seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema. Mit über 50 rechtsalternativen Jugendzentren<br />
und besetzten Häusern in ganz Italien, eigenen Kneipen, Restaurants, Buch- und Klamottenläden,<br />
Tonstudios sowie Kunstgalerien haben sich die selbsternannten „Faschisten<br />
des 3. Jahrtausends“ eine beeindruckende Welt erschaffen, von der Rechte in ganz<br />
Europa nur träumen können. Die italienischen Neofaschisten, deren Name auf den USamerikanischen<br />
Dichter Ezra Pound zurückgeht, haben im Dezember 2003 mit der Besetzung<br />
eines sechsstöckigen Hauses in einem Migrantenviertel Roms den Grundstein<br />
für ihren heutigen Erfolg gelegt. Ursprünglich ging es den jungen Aktivisten vornehmlich<br />
darum, notleidenden römischen Familien eine Alternative zu bieten. Die Via Napoleone<br />
III 8 in Rom dient seit ihrer Besetzung vor elf Jahren daher als sozialer Wohnraum<br />
für jene Familien. Hinzugekommen sind Schulungsräume, ein Tonstudio und viel Platz<br />
für die Vorbereitung jener politischen Aktionen, für die CPI berühmt geworden ist. Es<br />
sind überwiegend die Mißstände von damals, die CPI auch heute noch kritisiert. Schlagwörter<br />
wie Kapitalismus, Zinswucher, Lohndrückerei und Massenkonsum sind es, die von<br />
den Aktivisten immer wieder mit ihren spektakulären politischen Aktionen kritisch thematisiert<br />
werden. Offensiv verkaufen sich die Italiener dabei sowohl als überzeugte und<br />
militante Faschisten als auch als sozial engagierte und fortschrittliche Aktivisten. Es ist<br />
also die authentische Verquickung von faschistischem Stil und sozialem Engagement,<br />
die CPI in Italien so erfolgreich macht.<br />
Adriano Scianca ist Kultursprecher der<br />
neofaschistischen italienischen Casa<br />
Pound-Bewegung, die in der deutschen<br />
Rechten bereits seit einigen Jahren kontrovers<br />
diskutiert wird. Besonders die<br />
„Südtirol-Frage“ führt immer wieder zu<br />
Auseinandersetzungen mit deutschen<br />
Aktivisten. In unserem Interview steht<br />
Scianca Frage und Antwort, ohne dabei<br />
ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ein<br />
kontroverses Interview!<br />
BBl: Herr Scianca, die provokante Gretchenfrage<br />
zuerst: Gehört Südtirol zu Italien<br />
oder zu Deutschland?<br />
Scianca: Südtirol, oder auch Alto Adige, ist<br />
italie nisches Territorium. Dort leben auch<br />
italienische Staatsbürger mit deutscher<br />
Muttersprache.<br />
BBl: Damit haben Sie sich ziemlich eindeutig<br />
positioniert. Ist das auch die offizielle<br />
Position von CasaPound? Oder würden<br />
Sie sagen, das Thema Südtirol ist<br />
auch in Ihren Reihen umstritten?<br />
Scianca: Die offizielle Positionen von Casa-<br />
Pound Italien (CPI) zu Südtirol entspricht<br />
der, die ich bereits oben geäußert habe: Es<br />
handelt sich um italienisches Territorium, in<br />
dem auch italienische Staatsbürger mit<br />
deutscher Muttersprache leben. Innerhalb<br />
von CPI ist das beileibe kein umstrittenes<br />
Thema ‒ unsere Position ist klar.<br />
BBl: 2011 organisierte CasaPound<br />
einen provokanten Protestmarsch<br />
durch Bozen, der auch überregional<br />
Beachtung fand. Viele führende Köpfe<br />
Ihrer Bewegung, u.a. Gianluca Iannone,<br />
waren vertreten. Was ist das Ziel solcher<br />
Aktionen?<br />
Das Casa Pound-Hauptquartier in der römischen Via Napoleone III ist nicht nur politischer Veranstaltungsort,<br />
sondern auch die Heimat vieler hilfsbedürftiger Familien.<br />
Barbicone/wikimedia/CC<br />
Scianca: Es handelte sich nicht um einen<br />
„provokativen“ Protest: Unser Demonstrationszug<br />
präsentierte sich mit einem zweisprachigen<br />
Transparent, auf Italienisch und<br />
auf Deutsch, mit der Aufschrift: „Ja zum Zusammenleben/zur<br />
Gemeinschaft, nein zur<br />
Arroganz“. Diese Kundgebung entstand in<br />
Reaktion auf die Unterzeichnung einer Vereinbarung<br />
durch den damaligen italienischen<br />
Kulturminister Sandro Bondi (ehemalige<br />
Berlusconi-Partei Popolo della Libertà)<br />
mit der SVP zur Demontage faschistischer<br />
Denkmäler in Bozen. Diese Denkmäler aber<br />
repräsentieren einen Teil unserer Geschichte<br />
und das vergossene Blut tausender<br />
italienischer Soldaten. Uns gefiel der<br />
Gedanke nicht, daß sie für ein paar<br />
Wählerstimmen mehr im italienischen<br />
Parlament und zur Aufrechterhaltung der<br />
damaligen Regierung abgerissen werden<br />
sollten.<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 19
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Schwerpunkt<br />
Für Freund und Feind gut erkennbar: Hier regieren die „Faschisten des 3. Jahrtausends“.<br />
Jose Antonio/wikimedia/CC<br />
Es handelte sich also um eine Demonstration,<br />
die sich zuerst gegen die italienische<br />
Regierung wandte. Die Aktivisten von CPI<br />
in Bozen haben keine Probleme mit der<br />
deutschsprachigen Gemeinschaft. Unsere<br />
Feinde sind nicht die Deutschen, die Österreicher<br />
oder die Südtiroler, sondern ein politisches<br />
und wirtschaftliches System, daß<br />
sowohl uns als auch sie erdrückt. Trotzdem<br />
lassen wir es nicht zu, daß man unsere Geschichte<br />
und unsere Identität niedertrampelt.<br />
BBl: Sagen Sie mir, wieso soll Südtirol<br />
Teil des italienischen Staates bleiben?<br />
Was ist mit dem Selbstbestimmungsrecht<br />
der Völker, das besonders von nationalen<br />
Menschen immer wieder verteidigt<br />
wird?<br />
Scianca: Das Prinzip des Selbstbestimmungsrechtes<br />
der Völker wurde vom USamerikanischen<br />
Präsidenten Woodrow Wilson<br />
anläßlich des Versailler Vertrages aufgestellt.<br />
Das geschah also in einem internationalistischen<br />
und Deutschland äußerst<br />
feindlich gesinntem Kontext. Deshalb<br />
scheint es mir kein guter Präzedenzfall für<br />
deutsche Patrioten zu sein. Ich glaube persönlich,<br />
daß die italienischen Staatsbürger<br />
deutscher Muttersprache unter der<br />
Führung des italienischen Staates die Möglichkeit<br />
haben und haben müssen, ihre eigene<br />
Kultur neben der der Nation, in der<br />
sie leben, zu pflegen.<br />
Das findet bereits im Rahmen einer Autonomie<br />
statt, die es in diesem großen Umfang<br />
kaum in anderen Regionen Europas<br />
gibt. Aber wenn Italien heute diese Grenzen<br />
hat, dann ist das die Folge eines gewonnenen<br />
Krieges und des Opfergangs<br />
von tausenden Soldaten. Ich denke, daß<br />
die Verteidigung dieses Opfergangs für einen<br />
Nationalisten ein höheres Prinzip sein<br />
sollte als ein vages „Recht auf Selbstbestimmung“.<br />
Selbstverständlich glaube ich<br />
auch, daß diese Streitereien im Hinblick auf<br />
ein wirklich freies, souveränes und vereintes<br />
Europa, daß wir alle wollen, zweitrangig<br />
sind. Ich hoffe, die Italiener und die Deutschen<br />
können gemeinsam gegen den wahren<br />
Feind, den beide Völker haben, kämpfen.<br />
BBl: Damals wie heute existieren in<br />
Österreich viele Freiheitskämpfer, die für<br />
die Autonomie Südtirols streiten. Was<br />
denken Sie darüber?<br />
Scianca: Sie haben meine absolute Hochachtung.<br />
Ich habe nicht gegen das österreichische<br />
oder deutsche Volk, im Gegenteil,<br />
beide haben meine tiefe Sympathie.<br />
Wer auch immer, egal, in welchem Teil der<br />
Welt, für die Freiheit kämpft, hat meine<br />
Hochachtung.<br />
BBl: Sie sind der Kultursprecher von<br />
CasaPound und bezeichnen sich selbst als<br />
überzeugten Faschisten. Wie viele Ihrer<br />
vergangenen Aktionen gezeigt haben,<br />
verstehen Sie es, faschistische Theorie<br />
und Praxis zusammenzuführen. Wäre es,<br />
wenn Sie den Faschismus wirklich wiederbeleben<br />
wollen, nicht folgerichtig, mit<br />
den rechten Kräften Österreichs zu kooperieren?<br />
Ein neuer Eurofaschismus mit<br />
Südtirol als symbolischem Startpunkt.<br />
Wäre das nichts?<br />
Scianca: Ich glaube, alle europäischen Nationalisten<br />
sollten zusammenarbeiten. Wir<br />
haben bei CPI übrigens häufig österreichische<br />
oder deutsche Gäste, die uns besuchen,<br />
weil sie sich für unser politisches Modell<br />
interessieren. Ebenso würdigen wir die<br />
politische und metapolitische Realität in<br />
Deutschland und Österreich. Ich persönlich<br />
liebe Deutschland und ich wurde von vielen<br />
deutschen Autoren geprägt, zuerst von<br />
Nietzsche, der ein unabdingbarer Autor<br />
bleibt. Daß die Nationalisten beider Länder<br />
zusammenarbeiten können, ist einer meiner<br />
grundlegenden Wünsche. Aber man muß<br />
sich aus beiden Perspektiven respektieren.<br />
Es ist schwierig, mit jemanden zusammenzuarbeiten,<br />
der dir zwischenzeitlich sagt: „Wir<br />
sind Freunde, aber ein Teil deines Hauses<br />
gehört mir.“ Es ist notwendig, in die Zukunft<br />
und auf die Herausforderungen der<br />
Gegenwart zu schauen, ohne aufgrund von<br />
Problemen der Vergangenheit blockiert zu<br />
werden.<br />
BBl: Ein nicht unerheblicher Teil der deutschen<br />
Rechten verweigert aufgrund der<br />
Südtirol-Problematik eine Zusammenarbeit<br />
mit Ihnen. Ist es nicht Zeit, diese<br />
Streitigkeiten beizulegen und die Kräfte<br />
zu bündeln?<br />
Scianca: CPI arbeitet mit jeder politischen<br />
Kraft zusammen, die mit ihr reden will.<br />
Wenn jemand Probleme mit CPI oder den<br />
Italienern hat, wird eine Zusammenarbeit<br />
offenkundig unmöglich. Der Streit um Südtirol<br />
war kein Problem, als Italien und<br />
Deutschland gemeinsam in einem Weltkrieg<br />
verbunden waren, die deutsche<br />
Führungsrolle in dieser Epoche hat allen<br />
verdeutlicht, daß diese Frage abgeschlossen<br />
ist. Mir erscheint es surreal, daß Südtirol<br />
heute ein unüberwindbares Problem<br />
darstellen soll. Auch die Franzosen und die<br />
Deutschen sind zwei große Völker: Wollen<br />
wir etwa, daß sie sich die ganze Zeit bekriegen<br />
und über Elsaß-Lothringen streiten?<br />
20 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Schwerpunkt<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Popkultur trifft Faschismus. CPI-Kopf Gianluca Iannone und seine Mannen sind für extravagante Auftritte bekannt. Die Jugend spricht es an.<br />
grigioscuro/flickr/CC<br />
Oder wollen wir, daß sie gemeinsame Front<br />
gegen ein wirtschaftliches und politisches<br />
System machen, daß beide Völker unterdrückt?<br />
Ich glaube deshalb, daß die Beziehungen<br />
zwischen CPI und den deutschen<br />
Nationalisten noch stärker und stabiler<br />
werden sollten. Wenn aber jemand,<br />
wenn er über den Imperialismus, der<br />
die Völker vernichtet, die Italiener in Bozen<br />
im Kopf hat, dann wird jeder Dialog<br />
unmöglich.<br />
BBl: Herr Scianca, vielen Dank für das<br />
Gespräch!<br />
Das Interview führte Philip Stein. Aus<br />
dem Italienischen wurde es von Johannes<br />
Schüller übersetzt. Eine gekürzte<br />
Version des Interviews sowie die beiliegende<br />
Infobox erschienen 2014 in der<br />
österreichischen Zur Zeit.<br />
zurzeit.at<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 21
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
Warum ich Burschenschafter geworden bin<br />
Von Jörg R. Mayer<br />
Der nachfolgende Artikel, den ich auf<br />
Einladung des Jugendmagazins VICE<br />
verfasst habe, ist am 10. Februar als<br />
Gastbeitrag in der deutschen Ausgabe<br />
erschienen, nachdem uns bereits vor<br />
dem Wiener Akademikerball ein Kamera-Team<br />
drei Tage lang begleitet<br />
hatte. VICE ist mittlerweile eine feste<br />
Größe in der internationalen Medienwelt<br />
mit einer starken Ausstrahlung auf<br />
die Jugendkultur und einem Themenspektrum,<br />
das vornehmlich um Sex,<br />
Drugs & Rock'n'Roll kreist, aber gleichfalls<br />
intelligente und hintergründige Reportagen<br />
beinhaltet. Von Anfang an<br />
stand fest, daß auch die Gegner des<br />
Wiener Akademikerballs einen Beitrag<br />
schreiben werden, was seitens der linksextremen<br />
Initiative „NoWKR“, mittlerweile<br />
umbenannt in „Offensive gegen<br />
Österreich“, auch geschehen ist.<br />
Darin wird zwar der Versuch gemacht,<br />
meine liebe Burschenschaft Teutonia zu<br />
dämonisieren, tatsächlich aber jene<br />
Wut, jener Haß und vor allem jener Ärger<br />
offenbart, den mein Gastbeitrag in<br />
VICE in den Kreisen der Antifa hervorgerufen<br />
hat. Gut so. Denn währenddessen<br />
erreichten mich täglich Nachrichten<br />
von Lesern, die mit der burschenschaftlichen<br />
Bewegung meist nicht das Geringste<br />
gemein haben, manchmal sogar<br />
bekennende Linke sind, und trotzdem<br />
schrieben, sie hätten nun zum ersten<br />
Mal einen Burschenschafter auch als<br />
Menschen „wie du und ich“, als einen<br />
Studenten mit denselben Höhen und<br />
Tiefen des Lebens, wie sie selbst sie erleben,<br />
ansehen können, und nicht als<br />
eine Bestie, die im Keller kleine Kinder<br />
frißt.<br />
Darum möchte ich an dieser Stelle gern<br />
der Zuversicht Ausdruck verleihen, daß<br />
nach den vielen medialen Verrissen der<br />
letzten Jahre die Burschenschaft sicher<br />
bald wieder stärker in die Gesellschaft<br />
ausstrahlen und das Zerrbild, das von<br />
uns gezeichnet wurde, korrigieren kann.<br />
Viele Menschen denken burschenschaftlich,<br />
distanzieren sich aber von uns, weil<br />
sie der Dämonisierung glauben. Wenn<br />
sie überwunden sein wird, haben wir<br />
schon gewonnen! Ich danke dem Schriftleiter<br />
unserer <strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong><br />
für den Abdruck des folgenden Gastbeitrags,<br />
auch wenn er stilistisch dem<br />
Jugendmagazins VICE angepasst ist und<br />
nicht einer akademischen Verbandszeitschrift.<br />
Doch mag hier das Goethe-Wort<br />
gelten: Und wenn's euch Ernst ist, was<br />
zu sagen, ist's nötig, Worten nachzujagen?<br />
Ende Jänner fand in Wien wieder einmal<br />
der Akademikerball statt. Wie jedes Jahr<br />
war der Ball auch dieses Jahr extrem umstritten<br />
und führte zu heftigen Gegendemonstrationen.<br />
Was in der Beschäftigung<br />
mit der Veranstaltung oft fehlte, war ein<br />
Bericht aus der Sicht eines Burschenschafters.<br />
Deshalb haben wir uns entschieden,<br />
nicht nur von der Demo zu berichten<br />
und selbst den Ball zu besuchen,<br />
sondern auch diesen Gastbeitrag eines<br />
Teutonia-Mitglieds zu veröffentlichen,<br />
damit ihr euch selbst ein Bild machen<br />
könnt—auch darüber, dass der Punkt,<br />
dass Burschenschaften trotz allem immer<br />
wieder ein Zufluchtsort für Rechtsextreme<br />
ist, in dem gesamten Text nicht behandelt<br />
wird.<br />
Ich heiße Jörg, bin 27 und komme aus der<br />
Gegend von Wels, Oberösterreich. Mein<br />
Leben ist wahrscheinlich total durchschnittlich<br />
– ganz nette Eltern, Schule klappte<br />
auch irgendwie und an einer Geisteskrankheit<br />
scheine ich nicht zu leiden, abgesehen<br />
von ein wenig Melancholie. So weit, so gut.<br />
Nach der Matura hat es mich wie die meisten<br />
nach Wien verschlagen, in diese Stadt<br />
voller Kultur und Vielfalt, die einem am Anfang<br />
so unglaublich groß vorkommt. Eine<br />
tolle Stadt eigentlich. Man kann sich in sie<br />
verlieben. Hier gibt es zwar auch soziale<br />
Brennpunkte wie daheim in Wels, aber so<br />
verschlafen ist es hier nicht.<br />
Trotzdem habe ich – wie viele, die irgendwie<br />
vom Land kommen – eine Weile gebraucht,<br />
um mich zu akklimatisieren. Man<br />
studiert ein wenig vor sich hin, Philosophie<br />
war es bei mir, geht mit Freunden fort,<br />
schaut Fernsehserien, oder tut einfach gar<br />
nichts. Ein komisches Zeitalter: man ist erwachsen,<br />
man genießt seine Freiheit, aber<br />
so richtig verantwortlich ist man noch nicht,<br />
und leisten kann man sich erst recht nichts.<br />
Mittlerweile studiere ich Jus. Der Ernst des<br />
Lebens hat mich eingeholt. Der 30er rückt<br />
näher und damit auch das schlechte Gewissen,<br />
noch meilenweit von einem „seriösen"<br />
Leben entfernt zu sein.<br />
Warum wollen wir überhaupt seriös leben?<br />
Vielleicht, weil es irgendwann ein unerträglicher<br />
Zustand wird, alle anderen zu sehen,<br />
wie sie ihre Schäfchen ins Trockene bringen,<br />
und wie man selbst—der Revoluzzer,<br />
der Aussteiger, der Querulant—übrig<br />
bleibt. Vielleicht aber auch, weil man sich<br />
so wie ich verliebt hat und plötzlich daran<br />
denkt, auch einmal eine Familie gründen zu<br />
wollen.<br />
Man hält sich mit Nebenjobs über Wasser,<br />
versucht seine Miete und die Überzugszinsen<br />
auf dem Bankkonto zu zahlen und irgendwie<br />
auch sein Studium abzuschließen.<br />
Die Eltern unterstützen einen auch noch, es<br />
geht sich schon alles aus. Man hat auch<br />
noch genug Freizeit, um damit etwas anzufangen.<br />
Manche verwenden sie, um neue<br />
vegane Rezepte auszuprobieren. Andere<br />
singen im Uni-Chor. Ich hab eine etwas seltsame<br />
Art, meine Freizeit zu verbringen: Ich<br />
bin Burschenschafter.<br />
Eine Burschenschaft ist überschaubar,<br />
zeitbeständig, „entschleunigt“. Sie<br />
bietet einen Rahmen, in dem man<br />
von Mensch zu Mensch im Guten wirken<br />
kann.<br />
Wie wird man das, warum wird man das?<br />
Wahrscheinlich ist es so wie mit allem im<br />
Leben: durch Zufall. Man trifft jemanden,<br />
der selbst bei einer Burschenschaft ist, lernt<br />
ihn kennen und schätzen, geht irgendwann<br />
zu einer Veranstaltung mit und ist dann entweder<br />
verwirrt, schockiert, fasziniert oder<br />
begeistert. Oder alles zugleich. (So wie es<br />
bei mir war.) Man kann hundert Bücher<br />
über Japan lesen und hat immer noch keine<br />
Ahnung, wie sich die japanische Kultur anfühlt.<br />
Genauso ist es bei einer Burschenschaft.<br />
Vielleicht hat jede ihre ganz eigene Art,<br />
vielleicht würde ich mich auch nur hier<br />
wohlfühlen, im Kreise meiner Burschenschaft<br />
Teutonia. Kann gut sein. Wegen der<br />
großartigen Menschen, die ich dort kennenlernen<br />
durfte. Wegen der Erfahrungen,<br />
die ich machen durfte. Wegen der Erlebnisse,<br />
an die ich mich mein Leben lang erinnern<br />
werde. Und nicht zuletzt auch wegen<br />
der Geisteshaltung bei Teutonia, Strenge<br />
und Härte gegenüber einem selbst, aber<br />
Freundschaft und Güte gegenüber seinen<br />
Farbenbrüdern zu leben.<br />
Vielleicht sind Burschenschaften ein Mikrokosmos.<br />
Aber die Welt ist ja unglaublich<br />
groß geworden, haltlos, schnelllebig. Eine<br />
Burschenschaft ist überschaubar, zeitbeständig,<br />
„entschleunigt“. Sie bietet einen<br />
Rahmen, in dem man von Mensch zu<br />
Mensch im Guten wirken kann. Es ist etwas<br />
ganz anderes, tatsächlich und spürbar zu<br />
22 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
wirken, als abstrakte Weltverbesserungsideen<br />
vor sich herzutragen. Es ist die kleine,<br />
aber ausgeführte Tat, die einen Unterschied<br />
macht auf der Welt, es sind nicht die<br />
großen geschwungenen Reden.<br />
Man wirft uns vieles vor – es ist so viel dabei,<br />
dass man fast gar nicht auf alles eingehen<br />
kann. Wir seien ewiggestrig, zum Beispiel.<br />
Gut, vielleicht stimmt das ein bisschen.<br />
Ich will das gar nicht abstreiten: Wir<br />
sind etwas aus der Zeit gefallen. Vielleicht<br />
sind wir Menschen, die eben nicht mitkommen,<br />
wenn jede Woche eine neue Mode<br />
ausbricht, der man nachlaufen soll. Wir nehmen<br />
uns die Freiheit, nach unserem eigenen<br />
Willen zu leben.<br />
Man wirft uns Sexismus vor. Da weiß ich<br />
beim besten Willen nicht, warum. Natürlich,<br />
ich bin kein Feminist. Ich bin auch kein Maskulinist,<br />
falls es dieses Wort gibt. Es ist mir<br />
einfach egal, welches Geschlecht mein Gegenüber<br />
hat, und ich sehe keinen Grund,<br />
daran Vorrechte, Quoten oder Diskriminierung<br />
zu binden. Wir sind alles Menschen<br />
und danach sollten wir beurteilt werden.<br />
Wenn es dem Feminismus um solche<br />
Gleichberechtigung geht, ist daran nichts<br />
falsch. Ich frage mich nur, warum er dann<br />
Feminismus und nicht Humanismus heißt.<br />
Kein Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />
so rebellisch, so staatskritisch, so<br />
freiheitsversessen wie die Deutsche Burschenschaft.<br />
Man wirft uns Rassismus vor. Was soll man<br />
dazu überhaupt sagen? Wann haben Burschenschafter<br />
Asylantenheime angezündet,<br />
Einwanderer verprügelt oder zu rassistischen<br />
Gehässigkeiten aufgestachelt? Wie<br />
kommen wir dazu, dass uns solche Dinge<br />
vorgehalten werden, zu denen wir nicht das<br />
Geringste beigetragen haben? Oder liegt<br />
es allein in dem Umstand, dass die Deutsche<br />
Burschenschaft sich eben als Verein<br />
von vornehmlich deutschen Studenten betrachtet,<br />
so wie es auch viele andere Verbände<br />
mit anderen Prinzipien gibt? Dann<br />
möchte ich gerne wissen, wem es nur irgendetwas<br />
helfen soll, wenn wir uns wie andere<br />
halt in einen internationalen Studentenverein<br />
umwandeln. Wem ist damit geholfen?<br />
Unsere Kritiker beschäftigen sich<br />
mit solchen Albernheiten, während wirkliche<br />
rassistische Verfolgung in der Welt an<br />
der Tagesordnung ist. Das ist Heuchelei<br />
und Gutmenschentum per definitionem.<br />
Man wirft uns vor, wir seien reaktionär. Kein<br />
Vorwurf tut so weh wie dieser. Denn kein<br />
Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />
so rebellisch, so staatskritisch, so freiheitsversessen<br />
wie die Deutsche Burschenschaft.<br />
Uns haben Kaiser verboten und<br />
„Führer“ auflösen lassen. Denken die linksradikalen<br />
Gruppierungen, die uns attackieren,<br />
wirklich, wir würden uns von ihnen einschüchtern<br />
oder unterdrücken lassen? Wir<br />
haben schon ganz andere Zeiten überstanden.<br />
Soweit käme es noch.<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Am liebsten wirft man uns Nähe zum Nationalsozialismus<br />
vor. Das geht so weit, dass<br />
uns unterstellt wird, wir würden den Holocaust<br />
toll finden oder leugnen. So als ob es<br />
nicht komplett widersprüchlich wäre, etwas<br />
toll zu finden, dessen Existenz man leugnet,<br />
oder etwas zu leugnen, das man doch toll<br />
findet. Aber wahrscheinlich ist dies einfach<br />
nur ein weiterer Fall von Godwin's Law, das<br />
ja besagt, dass mit zunehmend aufgeheizter<br />
Stimmung in einer Debatte irgendwann<br />
zwangsläufig ein Nazi-Vergleich fällt. Und<br />
die Debatte über Burschenschaften ist ja<br />
wirklich schon am hinterletzten Niveau angelangt.<br />
Wie auch immer: Ich verstehe<br />
nicht, warum man das unsagbare Leid, das<br />
die europäischen Juden im letzten Jahrhundert<br />
durchmachen mussten, ein ums<br />
andere Mal für so billige tagespolitische<br />
Propaganda missbraucht. Wer wirklich mitempfindet,<br />
kann dafür kein Verständnis aufbringen.<br />
Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />
Und ja, Mensurfechten ist ein bisschen verrückt.<br />
Na und?<br />
Man wirft uns auch noch vor, Mensuren zu<br />
fechten. Offenbar sind manche mit ihrem<br />
eigenen Leben so unausgelastet, dass sie<br />
sich ernsthaft ständig darüber Gedanken<br />
machen müssen, was andere in ihrer Freizeit<br />
tun. Und ich verstehe wirklich nicht,<br />
warum man an einer völlig traditionellen<br />
sportlichen Betätigung so viel Anstoß findet<br />
– es wird ja auch geboxt, sogar im Fernsehen,<br />
und das ist jedem egal. Übrigens:<br />
Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />
Eishockey, Rugby, Schifahren, Formel 1,<br />
Paragleiten sind alles gefährliche Sportarten,<br />
bei denen auch Schlimmes passieren<br />
kann.<br />
Das gehört zum Sport! Beim Mensurfechten<br />
ist es nichts anderes. Wer das nicht versteht<br />
und irgendwelche abstrusen Theorien<br />
entwickelt, dem kann ich nicht helfen. Ich<br />
persönlich finde das akademische Schlägerfechten<br />
einen ganz faszinierenden<br />
Sport, und wenn jemand wissen will, warum<br />
man sich das antut, kann ich nur sagen: weil<br />
es ein Abenteuer ist. Ich kann doch nicht 90<br />
Jahre auf diesem Planeten rumbringen und<br />
dabei nie irgendetwas Neues, Ungewohntes,<br />
Verrücktes ausprobieren. Ja, Mensur ist<br />
ein bissl verrückt. Na und?<br />
Ich möchte manchmal einfach fragen: Was<br />
stört euch an uns? Was verdammt tun wir<br />
euch denn? Und was können wir tun, damit<br />
ihr ertragen könnt, dass wir auch da sind?<br />
Oder seid ihr erst zufrieden, wenn wir alle<br />
nicht mehr da sind? Wenn ihr uns weggemacht<br />
habt? Warum lasst ihr mich nicht einfach<br />
mein Leben nach meinen Wünschen<br />
leben? Ich akzeptiere eure Lebensvorstellungen<br />
doch auch. Soll doch jeder, wie er<br />
oder sie mag. Ich finde, sein eigenes Leben<br />
gelingend und sinnvoll zu gestaltend, ist<br />
Aufgabe genug. Man sollte nicht meinen,<br />
anderen vorschreiben zu dürfen, wie sie gefälligst<br />
zu leben haben.<br />
„Vielleicht sind Burschenschaften ein Mikrokosmos. Aber die Welt ist ja unglaublich groß geworden, haltlos,<br />
schnelllebig. Eine Burschenschaft ist überschaubar, zeitbeständig, ,entschleunigt’. Sie bietet einen Rahmen,<br />
in dem man von Mensch zu Mensch im Guten wirken kann.“<br />
Schon gar nicht, wenn man einfach keine<br />
Ahnung hat. Es werden von unseren Kritikern<br />
Dinge konstruiert, die einfach bar jeder<br />
Grundlage sind. Meist nach dem Prinzip:<br />
Der ist in einer Burschenschaft, wo es<br />
mal einen gab, der einen Freund hatte, der<br />
dort und dort fotografiert wurde und so<br />
weiter. Nach diesem Prinzip findet man<br />
noch bei jedem Bürger irgendwelche Verknüpfungen<br />
zu irgendwelchen Verrückten,<br />
Radikalen und Häfenbrüdern. Wollen wir in<br />
so einer Schnüffelgesellschaft leben, wo jeder<br />
Angst haben muss, dass ihm Nähe zu ir-<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 23
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
gendetwas Verbotenem konstruiert wird?<br />
Ich nicht. Wo führt uns das denn hin?<br />
Ich habe nichts dagegen, wenn man für<br />
seine Überzeugung auf die Straße geht.<br />
Auch wenn ich nicht verstehe, warum man<br />
immer nur gegen etwas auf die Straße geht<br />
und nie für etwas. Der Akademikerball, gegen<br />
den es ständig geht—was ist das so<br />
furchtbar Schlimmes? Ein Ball ist ein Ball ist<br />
ein Ball ist ein Ball ist ein Ball. Es ist eine Privatveranstaltung,<br />
seit wann ist Politik so allumfassend<br />
wichtig geworden im Leben<br />
der Menschen, dass sie jede Privatsphäre<br />
zur politischen Öffentlichkeit erklären? Das<br />
ist nichts anderes mehr als 1984 auf freiwilliger<br />
Basis.<br />
Meine Ballabende fühlen sich eigentlich immer<br />
so an wie bei Harry Potter und der Feuerkelch<br />
. Früher war ich wahlweise Ron oder<br />
Harry, mittlerweile schwelge ich ein bisschen<br />
wie Neville.<br />
Wisst ihr, woraus der Ball für uns junge Burschenschafter,<br />
die ihr jeden Mittwoch auf<br />
der Unirampe beschimpft, besteht? Aus einer<br />
stundenlangen Nervosität, sich hoffentlich<br />
bei der Eröffnung nicht völlig zu vertanzen,<br />
gefolgt von den paar Bier, die man<br />
sich als Student gerade so leisten kann.<br />
Meine Ballabende fühlen sich eigentlich immer<br />
so an wie bei Harry Potter und der<br />
Feuerkelch. Früher war ich wahlweise<br />
Ron oder Harry, mittlerweile schwelge ich<br />
ein bisschen wie Neville. Gott sei Dank,<br />
andernfalls wären Bälle wirklich unerträglich.<br />
Es wird behauptet, der Akademikerball sei<br />
ein Vernetzungstreffen Rechtsextremer. Ist<br />
euch überhaupt bewusst, dass ihr, wenn ihr<br />
uns am Bummel anschreit, praktisch die<br />
Hälfte aller aktiven Burschenschafter,<br />
Landsmannschafter, Corpsstudenten und<br />
so weiter vor euch habt? Wir sind ein paar<br />
Dutzend Studenten, diese Stadt hat 2 Millionen<br />
Einwohner. Wie kommt ihr dazu,<br />
euch gerade uns als Feindbild auszusuchen?<br />
Wie kommt ihr dazu, euch einzubilden,<br />
wir würden irgendwelche Machtpositionen<br />
innehaben? Beim Akademikerball<br />
treffen sich rund 1.000 Leute, das soll ein<br />
Vernetzungstreffen sein? Ich verrate euch<br />
jetzt den Witz des Jahres: Die brauchen<br />
sich nicht vernetzen, die kennen sich alle<br />
schon. Wir sind nämlich nicht mehr.<br />
Wir haben in diesem rotschwarzen Land genau<br />
nichts zu sagen, an keiner Uni, in keinem<br />
Ministerium, nirgends. Wie kommt<br />
man bitte auf die abstruse Idee, vor einer<br />
so total marginalisierten Minderheit wie uns<br />
auch nur die geringste Angst zu haben? Wir<br />
dürfen doch nicht einmal mehr einen Saal<br />
für eine Podiumsdiskussion mieten. Wisst<br />
ihr, was wir sind? Lauter halbverrückte Idealisten,<br />
die ihre Berufschancen opfern und<br />
sich öffentlich beschimpfen lassen, nur um<br />
Burschenschafter sein zu können. Und<br />
warum nehmen wir<br />
das auf uns? Weil es<br />
wunderschön ist,<br />
Burschenschafter zu<br />
sein, weil es erfüllend<br />
ist, weil es<br />
sinn- und freundschaftsstiftend<br />
ist.<br />
Weil es die beste<br />
Entscheidung ist,<br />
die man im Leben<br />
treffen kann. Und<br />
weil das jemand,<br />
der noch nie ein<br />
Burschenband getragen<br />
hat, einfach<br />
nicht begreifen<br />
kann.<br />
Was wäre, wenn der<br />
Akademikerball<br />
nicht mehr stattfinden<br />
kann? Habt ihr<br />
dann den Kapitalismus<br />
besiegt? Oder<br />
das Flüchtlingselend beseitigt? Oder das<br />
Bildungssystem reformiert? Wie kommt ihr<br />
denn bitte auf die Idee, wir wären überhaupt<br />
die richtigen Adressaten für eure Anliegen?<br />
Demonstriert vor dem Bundeskanzleramt,<br />
lasst euch von der ÖH einen Bus<br />
nach Frankfurt zahlen und demonstriert vor<br />
der Europäischen Zentralbank, oder fahrt<br />
nach Brüssel und demonstriert vor den<br />
Bürotürmen der Europäischen Kommission.<br />
Dort werden nämlich die Entscheidungen<br />
getroffen. Am Akademikerball werde im<br />
besten Fall nur ich meiner Freundin<br />
tollpatschig auf die Füße steigen. Das ist<br />
zwar ärgerlich, aber immer noch nicht verboten.<br />
Ich kann eure Anliegen nicht verwirklichen.<br />
Ich bin kein geheimer Machthaber, sondern<br />
nur irgendein Student, der versucht sein Leben<br />
auf die Reihe zu bekommen. Was erwartet<br />
ihr? Dass ich Hitlerbilder in meinem<br />
Zimmer aufstelle? Ich könnte mir einreden,<br />
ich hielte euch nur für verblendet, aber ihr<br />
hättet ein gutes Herz und so weiter. Aber<br />
ich finde, das ist Blödsinn. Ihr wisst genau,<br />
was ihr tut. Es ist eine Freizeitbeschäftigung<br />
für euch. Wenn ihr wirklich etwas verändern<br />
wolltet, würdet ihr es nämlich tun.<br />
Ihr habt keine Ahnung von der Welt, euer<br />
Tellerrand ist eure schicke WG und euer<br />
Horizont reicht bis zum Küsschen im Kaffeehaus.<br />
Stattdessen liefert ihr so fadenscheinige<br />
Statements wie: Was sind schon ein paar<br />
zerstörte Fenstergläser in der Innenstadt<br />
gegen das Leid der Flüchtlinge allerorts?<br />
Nein wirklich, mit dem Zertrümmern<br />
von Glas helft ihr den Flüchtlingen ungemein<br />
– schön dass ihr euer Verhalten<br />
mit ihrem Leid rechtfertigt. Als ich neulich<br />
euer Refugees-Welcome-Transparent sah,<br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
Der Autor, Verbandsbruder Mayer (Teutonia Wien), fühlt sich den burschenschaftlichen<br />
Traditionen verpflichtet.<br />
ist mir eingefallen, wie damals beim<br />
Flüchtlingsprotest in der Votivkirche irgendwann<br />
die Forderung nach freiem<br />
WLAN in Asylheimen aufkam. Für mich<br />
sagt das alles über die österreichische<br />
Linke.<br />
Ihr habt keine Ahnung von der Welt, euer<br />
Tellerrand ist eure schicke WG und euer<br />
Horizont reicht bis zum Küsschen im Kaffeehaus.<br />
Ihr seid nicht mondän und weltoffen,<br />
ihr seid beschränkt und unglaublich befangen<br />
in eurer eigenen kleinen Lebenswelt<br />
mit ihren eigenen Regeln und 1.-Welt-Problemen.<br />
Wer an WLAN in Asylunterkünften auch nur<br />
einen Gedanken verschwendet, hat keinen<br />
blassen Schimmer davon, wie es in solchen<br />
Unterkünften ausschaut und was diese<br />
Menschen wirklich brauchen: eine Perspektive,<br />
endlich Sicherheit, die Möglichkeit zu<br />
arbeiten, psychische Betreuung und<br />
schnelle Verfahren. Was sie nicht brauchen,<br />
sind eure Anti-Burschenschafter-Demos –<br />
weder auf der Unirampe noch in der Wiener<br />
Innenstadt.<br />
Ob ihr begreift, dass Geld nicht auf den<br />
Bäumen wächst und dass man die Probleme<br />
der Welt nicht mit lautem Parolen-<br />
Geschrei löst, sondern nur mit knochenharter<br />
Arbeit, dem kühlen Rechenstift und<br />
offenen, sachlichen, demokratischen Debatten,<br />
oder ob ihr weiter meint, die Weisheit<br />
gepachtet zu haben und euch nie<br />
selbst reflektieren zu müssen, ist mir eigentlich<br />
egal.<br />
Vielleicht habt ihr ja Recht, und ich vollkommen<br />
Unrecht. Mag sein, man kann es nie<br />
genau wissen. Das ist auch der Grund,<br />
warum ich nie auf die Idee käme, Gewalt<br />
gegen euch anzuwenden.<br />
24 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Dritter Akademikerball in der Wiener Hofburg<br />
Die Wiener Korporationen<br />
weichen nicht!<br />
Die Szenen, die sich jährlich am letzten<br />
Freitag im Jänner in Wien abspielen, könnten<br />
kontrastreicher nicht sein. In der Hofburg<br />
ein nobler Ball in den Prunksälen, bei<br />
dem Korporierte und deren Freunde eine<br />
rauschende Ballnacht nach Wiener Tradition<br />
erleben. Draußen rund 2.500 Polizisten,<br />
die diesen Ball durch ihren Einsatz ermöglichen.<br />
Irgendwo in der Stadt Straßenschlachten,<br />
Haß und Gewalt. Medien, die<br />
so tun, als seien diejenigen das Problem,<br />
die einen Ball feiern und nicht jene, die<br />
Wien verwüsten wollen.<br />
Im Grunde spannt sich alles bereits Anfang<br />
Jänner und vielleicht noch viel früher an.<br />
Angestiftet durch eine Österreichische<br />
Hochschülerschaft (ÖH), die ständig gegen<br />
Korporationen agitiert, und durch grünlinke<br />
Politiker, die Korporationen<br />
grundsätzlich aus der Öffentlichkeit verbannen<br />
wollen, sammeln sich die Gegendemonstranten<br />
bereits Wochen im Voraus. Einerseits<br />
ist das bestimmt ein legitimer Protest<br />
gegen was auch immer, andererseits<br />
einzig und allein die Lust an Gewalt, an<br />
Straßenkampf und am Kampf gegen die<br />
Korporationen. Da werden Korporationshäuser<br />
nicht nur beschmiert und zum Angriffsziel<br />
erklärt, sondern auch mutwillig beschädigt<br />
und Scheiben eingeschlagen. Jeder<br />
weiß, was für einen öffentlichen Aufschrei<br />
es geben würde, wenn es nicht Korporationen,<br />
sondern irgend eine andere<br />
Vereinigung treffen würde. Daß man uns<br />
damit öffentlich ächten will, ist klar. Es ist<br />
nur nicht besonders zielführend, wenn sich<br />
unter denen, die uns ächten wollen, Gewaltverherrlicher<br />
und Linksextremisten befinden.<br />
Besonders hervorgetan hat sich bei diesem<br />
Treiben wiederholt das linke Bündnis<br />
„NoWKR“. Dessen Sprecher ließ noch am<br />
Tag vor dem Ball verlauten: „Es ist legitim,<br />
sich nicht ans Gesetz zu halten“ und man<br />
wolle Ballbesucher „nicht mit Handschuhen<br />
anfassen“. Mehr noch, angesichts der<br />
Dramatik der Flüchtlingskatastrophe seien<br />
auch Linksextreme aus halb Europa, so<br />
etwa aus Osteuropa, die die Polizei schwer<br />
bewaffnet an der Grenze abfangen mußte.<br />
Von den Demo-Veranstaltern hat sich bis<br />
dato niemand von diesen Linksextremisten<br />
distanzieren müssen. Wenn es um die<br />
so genannte „gute Sache“ geht, ist wohl<br />
jede Gewaltanwendung recht.<br />
FPÖ-Bundesparteiobmann Waffenbruder Heinz-Christian Strache (Wiener pennale Burschenschaft Vandalia) und Verbandsbruder Udo Guggenbichler (Albia Wien,<br />
Arminia Graz) bei der Eröffnung des Wiener Akademikerballs.<br />
ein paar eingeschlagene Schaufenster in<br />
der Wiener Innenstadt „das geringere Problem“.<br />
So oder so ähnlich kann man natürlich<br />
jede Gewaltanwendung rechtfertigen.<br />
Der Polizei wurde es schließlich zu bunt<br />
und sie untersagt dem Bündnis die Demonstration,<br />
als sich dieses nicht von der<br />
Gewaltanwendung distanzieren wollte.<br />
Die Straßenschlachten, die sich andere<br />
Demonstranten lieferten, standen den<br />
Ankündigungen von „NoWKR“ aber in<br />
nichts nach. Und unter den 4.000 bis 6.000<br />
Gegendemonstranten waren natürlich<br />
Als Ballbesucher selbst bekommt man von<br />
den straßenschlacht-artigen Szenen, die<br />
sich irgendwo in Wien abspielen, kaum etwas<br />
mit. Es sei denn, man hat das Pech<br />
und gerät auf dem Weg zur Hofburg in<br />
den linken Mob. Oder der Taxifahrer wählt<br />
die „falsche“ Route. Oder man ist einfach<br />
nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Ansonsten<br />
riegeln 2.500 Polizisten die gesamte<br />
Innenstadt ab. Vor der Hofburg stehen<br />
gleich mehrere Absperrzäune. Ballbesucher<br />
werden mittels Polizei zur Hofburg<br />
eskortiert. Und die Korporationshäuser<br />
müssen rund um die Uhr bewacht werden.<br />
Sicherlich, es gibt Ballgäste, die angesichts<br />
einer derartigen Situation Angst verspüren.<br />
Ein Großteil der Ballgäste dürfte<br />
das alles aber eher als eine Aufwertung<br />
wahrnehmen und sich fragen, wie es sein<br />
kann, daß man uns so wichtig nimmt und<br />
so viel in uns hineininterpretiert. Als Ballteilnehmer<br />
hat man sowieso keine Zeit,<br />
sich mit dem zu beschäftigen, was<br />
draußen in der Stadt bei Schnee und Re-<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 25
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
gen abspielt – man genießt diesen rauschenden<br />
Ball.<br />
Da erwartet einen vorerst der Einzug der<br />
Debütantinnen und Debütanten, die ihren<br />
Eröffnungstanz samt Rechtswalzer hinlegen.<br />
Der Einzug der WKR-Chargierten und der<br />
Ansprache des Bundesparteiobmannes der<br />
FPÖ, Heinz-Christian-Strache, der<br />
erneut zur Wahrung des Rechtes auf<br />
Versammlungs- und Meinungsfreiheit,<br />
auch gegen linke Chaoten und Extre misten,<br />
ermahnte. Dann Tanz, unterhaltsame Gespräche,<br />
Erlebnisse und Emotionen.<br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
sondern den Feinden die Stirn zu bieten.<br />
Das Bewußtsein, sich keinem Zeitgeist und<br />
keiner Öffentlichkeit zu unterwerfen. Die<br />
Gewissheit, wie vor 200 Jahren für Werte<br />
einzutreten, die nie an Aktualität verlieren<br />
und die vielleicht heute zeitgemäßer als je<br />
zuvor sind. Es ist und bleibt wichtig, nicht<br />
Ehrengäste. Die Einlage einer Schützenkompanie<br />
und Musikkapelle aus Südtirol,<br />
die ein besonderes Zeichen der Verbundenheit<br />
zum südlichen Tirol waren. Dann<br />
Operngesang und Tänzer. Die Festrede zu<br />
650 Jahre Studieren in Wien, bei welcher<br />
einmal mehr die Rolle hervorgehoben<br />
wurde, die in diesen 650 Jahren auch die<br />
Wiener Korporationen gespielt haben. Die<br />
Abgesehen von persönlichen Emotionen<br />
und Erlebnissen nimmt jeder Ballbesucher<br />
auch etwas ganz anderes für sich mit: Das<br />
sind nicht nur diese Erinnerungen an eine<br />
gesellige Veranstaltung, wo Freunde getroffen<br />
und Freundschaften geschlossen<br />
werden. Das ist etwas ganz anderes, nämlich<br />
das Bewußtsein, nicht zu weichen, nur<br />
weil linke Gegner das von einem so wollen,<br />
zu weichen und weiterhin für eine Sache<br />
zu kämpfen – das ist das, was man von einem<br />
Akademikerball mitnimmt. Da sind die<br />
paar tausend Gegendemonstranten<br />
nicht Hindernis, sondern zusätz liche Motivation.<br />
Michael Demanega<br />
(Teutonia Wien)<br />
26 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Impressionen vom Wiener Akademikerball<br />
Blick auf die Ehrengäste<br />
und Chargen-Abordnungen<br />
der Bünde (oben) sowie der<br />
Einzug der WKR-Chargierten<br />
(links).<br />
Am 3. Wiener Akademikerball<br />
nahm auch eine Schützenkompanie<br />
aus Südtirol<br />
teil (unten).<br />
Die Wiener Hofburg diente abermals als prachtvoller<br />
Veranstaltungsort für den 3. Wiener Akademikerball.<br />
Nagesh Kamath/flickr.com/CC<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 27
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
„Hat sich der Mob ausgetobt?“<br />
So fragte eine Wiener Zeitung in der Überschrift<br />
ihres Artikels einen Tag nach dem 3.<br />
Akademikerball (vormals WKR-Ball), „Heuer<br />
keine Eskalation beim Akademikerball“, titelte<br />
eine andere. In der Tat waren am 30.<br />
Januar <strong>2015</strong> deutlich weniger Proteste um<br />
die Hofburg festzustellen, als im vergangenen<br />
Jahr.<br />
Zwar schrieb Die Tagespresse tags zuvor,<br />
es habe sich ein 23-jähriger Dschihadist<br />
eine Karte für den Ball beschafft und<br />
wünschte spöttisch „Allahs Walzer!“ Doch<br />
ist niemandem eine solche Figur in den feierlichen<br />
Festsälen der Hofburg aufgefallen.<br />
Vermutlich wollte man im Vorfeld möglichst<br />
vielen Ballgästen mit dem Gotteskrieger<br />
Angst einjagen. Dazu reimt sich die Presse<br />
ja manches zusammen – daher wohl Unwort<br />
des Jahres.<br />
Neben einem Bündnis, genannt „NoWKR“,<br />
waren von weiteren Gruppen Demos durch<br />
die Innenstadt angekündigt. Die sind auch<br />
am Ballabend herumgezogen. Die befürchteten<br />
heftigen Krawalle rund um die Hofburg,<br />
wie im Vorjahr, blieben jedoch aus.<br />
Obwohl die Demonstranten wieder mit<br />
Sprüchen wie „Nazis raus aus dem Parlament“<br />
und „FPÖ-Akademikerball blockieren“,<br />
reichlich und unüberhörbar präsent<br />
waren, kam es nicht zu den letztjährigen widerwärtigen<br />
Zwischenfällen. Schon im Vorfeld<br />
warnte die Polizei, sie werde heuer verstärkt<br />
um Deeskalation bemüht sein: „Wir<br />
werden mit allen Mitteln verhindern, dass<br />
es zu Ausschreitungen kommt“, so ein<br />
Sprecher. Die Ordnungshüter berichteten<br />
von 2.000, laut einer anderen Zeitungen<br />
von 3.000 Demonstranten. 2014 waren<br />
noch 8.000. Sie waren selbst mit einer<br />
Stärke von beachtlichen 2.500 Beamten im<br />
Einsatz. Ein Polizist sei dabei von einem<br />
Böller verletzt worden, 54 Gegner habe<br />
man festgenommen, so der Kurier.<br />
Die Lageberuhigung hat vermutlich im<br />
wesentlichen zwei Gründe. Einmal ist<br />
wohl die Strategie der Exekutive aufge -<br />
gangen. Die bestand in einer starken<br />
Präsenz, einer sehr weiträumigen Absperrung<br />
der Hofburg und in der Kontrolle<br />
von anreisenden Demonstranten. So sind<br />
Busse mit verdächtigen Personen aus München<br />
und aus Tschechien(!) an der Grenze<br />
zurückgeschickt worden. Die Fahrgäste hatten<br />
Schlagringe, Messer, Pyrotechnik und<br />
Sturmhauben an Bord. Bemerkenswert sind<br />
die Anreisenden aus dem nordöstlichen<br />
Nachbarland – gehen der „sozialistischen<br />
SA“ (Strache, FPÖ) die Mitstreiter in Österreich<br />
aus?<br />
Der zweite Grund liegt wohl darin, daß sich<br />
die Ballgäste auf die Situation eingestellt<br />
haben. So reisten zahlreiche Besucher sehr<br />
viel früher an. Viele machten vom Angebot<br />
eines reichhaltigen Buffets seitens der Hofburg<br />
in den Ballräumlichkeiten schon ab<br />
18:00 Uhr gebrauch. Angereist wurde auch<br />
oft in Gruppen mit großen Bussen. Ein Hotel<br />
hatte tatsächlich seine Gäste in mehreren<br />
Taxen mit Polizeischutz ausgestattet.<br />
Vorne und hinten mit Blaulicht abgesichert,<br />
sei die Karawane so über rote Ampeln zur<br />
Hofburg begleitet worden, berichtete mir<br />
der Eisenachbeauftragte, Verbandsbruder<br />
Laun.<br />
Der dritte Akademikerball konnte dieses<br />
Jahr wieder ohne Verspätung beginnen<br />
und in gewohnt festlicher Form ablaufen.<br />
Auch schien die Zahl der Ballbesucher<br />
leicht gestiegen zu sein. Wenn wir das fortsetzen<br />
können, kommen wir wie der Opernball<br />
hoffentlich bald aus der Schußlinie heraus.<br />
Sie sollten dieses Spitzenereignis der<br />
Wiener Verbindungen für den 29. Jänner<br />
2016 einplanen, wenn es wieder korrekt<br />
heißt „Alles Walzer“!<br />
Wolfgang Gäbler<br />
(Cheruscia Dresden, Vandalia Hamburg,<br />
Salamandria Dresden)<br />
28 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
„Unsere westliche Gesellschaft ist zu verstört<br />
und zu feige!“<br />
Professor Menno Aden beim 25. Herrschaftsfreien Dialog im Danubensalon<br />
Sonntag, 18. Januar <strong>2015</strong>, vormittags ab<br />
11.00 Uhr: Der Altherrenverband der<br />
Münchener Burschenschaft Danubia hatte<br />
am Reichsgründungstag zum<br />
25. Herrschaftsfreien Dialog im Danuben-<br />
Salon eingeladen. Gast war der ehemalige<br />
Präsident des Oberkirchenrates der<br />
Evangelisch-Lutherischen Landeskirche<br />
Mecklenburgs, Professor Dr. Menno<br />
Aden. Er diskutierte mit den Teilnehmern<br />
das aktuelle Thema „Islam und Islamismus<br />
auf dem Vormarsch: Was bleibt vom Christentum<br />
in Deutschland und Europa?“.<br />
Im Interview mit den <strong>Burschenschaftliche</strong>n<br />
<strong>Blätter</strong>n ging Professor Aden auf<br />
wesent liche Gesichtspunkte der beim<br />
25. Herrschaftsfreien Dialog erörterten Fragen<br />
ein.<br />
BBl: Herr Professor Aden: Die islamistischen<br />
Anschläge von Paris und Kopenhagen<br />
und die Befürchtung, daß sie nur der<br />
Auftakt einer Terror-Serie sein könnten,<br />
beherrschen zur Zeit deutschland- und<br />
europaweit die öffentliche Diskussion.<br />
Was signalisieren Ihnen diese Gewaltakte<br />
und ihre Folgen?<br />
Aden: Die Gewaltakte von Paris und Kopenhagen<br />
sind offensichtlich Handlungen<br />
von muslimischen Fanatikern, welche, gestützt<br />
auf bestimmte Lesarten des Koran,<br />
ein besonders gottgefälliges Werk zu<br />
tun glauben, wenn sie die wirkliche<br />
oder angebliche Beleidigung des Pro -<br />
pheten in dieser Weise rächen. Vor Ver -<br />
brechen dieser Art kann man sich kaum<br />
schützen, sie werden wohl immer wieder<br />
vorkommen.<br />
Terrorakte kommen näher an<br />
uns Deutsche heran<br />
Allerdings handelt es sich nicht um Einzelfälle,<br />
und es sieht so aus, als ob diese Terroranschläge<br />
nicht nur häufiger werden,<br />
sondern auch immer näher an uns Deutsche<br />
heran kommen. Damit erinnern sie uns<br />
an die Gewaltausbrüche der 1968er, welche<br />
mit relativ friedlichen, dann immer gewalttätiger<br />
werdenden Demonstrationen<br />
begannen und schließlich in Morde der<br />
RAF mündeten.<br />
Wir dürfen über diese Vorgänge also nicht<br />
zur Tagesordnung übergehen, wie es nach<br />
dem Abklingen des ersten Entsetzens offenbar<br />
bereits geschieht. Es ist daher bezeichnend,<br />
daß uns nun von allen Seiten,<br />
auch vom Papst, entgegenschallt, man<br />
dürfe den Propheten Mohammed halt nicht<br />
beleidigen. Das ist zwar richtig, es zeigt<br />
aber doch, daß unsere westliche Gesellschaft<br />
zu verstört oder zu feige ist, das Problem<br />
wirklich ins Auge zu nehmen. Stattdessen<br />
beginnen wir damit, uns selbst zu<br />
bezichtigen und uns für diese Beleidigungen<br />
zu entschuldigen, womit die ohnehin<br />
bedrohte Meinungsfreiheit weiter geschwächt<br />
wird.<br />
Die Gewalttaten und ihre Folgen signalisieren<br />
mir – um direkt auf die Frage zu antworten<br />
– daß unsere westliche Gesellschaft<br />
nicht wirklich bereit ist, das Problem des<br />
Eindringens von Menschen, die in unsere<br />
Kultur nicht oder nur schwer integrierbar<br />
sind, anzugehen. Unsere mutlose, feige<br />
Gesellschaft – manche haben sie auch als<br />
dekadent bezeichnet – geht hier wie so oft<br />
den Weg des geringsten Widerstandes. Sie<br />
glaubt, mit einigen entschuldigenden Gebärden<br />
das Problem aus der Welt geschafft<br />
zu haben und denkt damit sei Frieden.<br />
Doch das ist ein Trugschluß.<br />
BBl: Deutschland sei kein klassisches Einwanderungsland.<br />
Das verkündeten die<br />
Vertreter – parteiübergreifend – aus den<br />
Führungsetagen der Bundesrepublik<br />
Deutschland und von Österreich jahrzehntelang<br />
dem gläubigen Wahlvolk.<br />
Auch Helmut Schmidt warnte eindringlich<br />
vor überhöhter Einwanderung: „Das ertragen<br />
die Gesellschaften nicht. Dann<br />
entartet die Gesellschaft“, sagte er wörtlich<br />
(Frankfurter Rundschau vom 12. September<br />
1992). Doch die politische Klasse<br />
bei uns und in Europa ist dem Rat von<br />
Schmidt nicht gefolgt. Was bedeutet das<br />
für unser Land heute?<br />
Aden: Hier haben wir dasselbe Phänomen<br />
wie gerade erwähnt: Schlichte Feigheit, die<br />
sich als Weltoffenheit ausgibt. Deutschland<br />
ist ein Land mit einer der höchsten Bevölkerungsdichte.<br />
Trotz einer guten wirtschaftlichen<br />
Konjunktur haben wir weiterhin rund<br />
fünf Prozent Arbeitslose. Es ist also völlig<br />
abwegig, Deutschland als Einwanderungsland<br />
zu bezeichnen. Indem wir diesen Unsinn<br />
ausschreien, nehmen wir zu derselben<br />
Zeit kritiklos hin, daß die USA, Kanada<br />
und Australien, wo auf rund 30.000.000<br />
Quadratkilometern, also einem Viertel<br />
der Erdoberfläche, nicht einmal fünf Prozent<br />
der Weltbevölkerung hausen, ihre<br />
Tore für Einwanderer praktisch geschlossen<br />
haben.<br />
Seit fünfzig Jahren weg -<br />
geschaut: Entfremdung von<br />
unserer Kultur<br />
In der Mitte Europas, eng mit allen umliegenden<br />
Staaten verbunden, darf es uns<br />
Deutschen aber natürlich nicht in den Sinn<br />
kommen, uns gegen Ausländer gänzlich zu<br />
schließen. In vielen Fällen haben wir<br />
tatsächlich ein vertretbares Interesse an der<br />
Zuwanderung von qualifizierten Menschen<br />
oder auch Wanderarbeitern. Was in<br />
Deutschland aber seit 50 Jahren geschieht,<br />
ist ein völlig unverantwortliches Wegschauen<br />
gegenüber einer noch zwar nicht<br />
eingetretenen, aber täglich in unserem<br />
Straßenbild deutlicher werdenden Einfremdung<br />
unserer Kultur.<br />
BBl: Beschwichtigend wird von führenden<br />
Multikulti-Propagandisten immer<br />
wieder behauptet, daß der gewalttätige<br />
Islamismus mit dem – eigentlich fried -<br />
lichen – Islam nichts zu tun habe. Andererseits<br />
dokumentieren viele Quellen im<br />
Koran, der Grundlage des Glaubens dieser<br />
Religion, das Gegenteil. Sie erwähnten<br />
es ja eingangs. Warum wird das so<br />
Offenkundige von einem Großteil der politischen<br />
Elite in Deutschland übersehen,<br />
ja geleugnet?<br />
Aden: Von keiner Religion kann man sagen,<br />
daß sie nur friedlich sei. Die christliche Religion<br />
hat eine unglaublich blutige und grausame<br />
Vergangenheit. Man sollte allerdings<br />
genauer sagen: die katholische Ausprägung<br />
dieser Religion, welche in den Albigenserkriegen<br />
des 13. Jahrhunderts, der<br />
Bartholomäus-Nacht von 1572 in Frankreich<br />
und der namentlich in Spanien wütenden<br />
Inquisition im Namen Christi Verbrechen<br />
begangen hat, an welche der Islam<br />
bei weitem nicht heran reicht.<br />
BBl: Was wollen Sie damit sagen?<br />
Aden: Ich glaube, daß wir es hier mit einem<br />
Entwicklungsproblem zu tun haben. Die<br />
brutalen, zum Mord an Un- oder Andersgläubigen<br />
aufrufenden Suren des Koran (es<br />
gibt davon eine ganze Reihe), sollten in<br />
ihrem geschichtlichen Kontext verstanden<br />
werden. Sie stammen aus einer Zeit, als<br />
Mohammed und seine Nachfolger, die den<br />
Koran ja erst nach Mohammeds Tod schriftlich<br />
fixieren ließen, unter erheblichem inneren<br />
und äußeren Druck stand, um seine<br />
junge Lehre und Gemeinde zu verteidigen.<br />
Man wird diese Mordaufrufe bedauern,<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 29
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
kann sie aber – insbesondere wenn man die<br />
damalige Zeit bedenkt und die Schuld, welche<br />
Christen auf sich geladen haben – in<br />
einem milderen Licht sehen.<br />
Was man aber nicht verstehen und auch<br />
nicht dulden kann, ist, daß heutige Muslime<br />
– zwar nicht deren Mehrheit, aber doch<br />
eine offenbar zunehmende Minderheit –<br />
den geschichtlichen Kontext dieser Gewaltaufrufe<br />
nicht erkennt, sondern in der Annahme,<br />
daß es sich bei dem Koran um unmittelbar<br />
verbindliches Gottesgebot handelt,<br />
mit solchen Sprüchen Gewalttätigkeiten<br />
aller Art rechtfertigen. Die in Afrika zwischen<br />
Christen und Muslimen ausgetragenen<br />
ständigen mörderischen Kleinkriege<br />
nehmen wir dabei kaum zur Kenntnis.<br />
Was wir dem Islam abfordern müssen, was<br />
wir ihm allerdings auch wünschen möchten,<br />
ist, daß er eine Reformation bei sich zuläßt,<br />
die ihn dahin belehren wird, daß der Koran<br />
ein zeitgebundenes Glaubensdokument ist,<br />
von welchem viele seiner anstößigen Aussagen<br />
der seither eingetretenen Entwicklung<br />
der Menschheitsgeschichte angepaßt<br />
werden müssen.<br />
BBl: Auf der einen Seite ein kraftvoller<br />
Vormarsch des Islam, auf der anderen<br />
Seite ein schwaches Christentum. Selbst<br />
der naheliegende Auftrag zur Missionierung<br />
gegenüber fremdgläubigen Migranten<br />
wird seitens der christlichen Kirchen<br />
bei uns in geradezu unfassbarer Form<br />
vernachlässigt. Herr Professor Aden:<br />
Warum werden eher leer stehende Gotteshäuser<br />
an zivile Nutzer verkauft anstatt<br />
christlich missioniert?<br />
Aden: Bei allem im Einzelfall verständlichen<br />
Unmut, ja sogar Zorn über das, was in den<br />
Kirchen (nicht) geschieht, müssen wir folgendes<br />
sehen: Katholiken neigen mit ihrem<br />
traditionellen Kirchenverständnis dazu, die<br />
Kirche an ihrer Statt glauben zu lassen.<br />
„Herr, siehe nicht auf unserem Unglauben,<br />
sondern sieh auf den Glauben der Kirche“ –<br />
so wird im großen Kirchengebet in der<br />
Messe gebetet. So geht es aber nicht. Die<br />
Kirche kann nur so gläubig sein, wie die<br />
Menschen. Viele Gründe haben dazu geführt,<br />
daß die Glaubensbereitschaft des<br />
modernen Menschen offenbar abnimmt, jedenfalls<br />
dann, wenn wir von dem herkömmlichen<br />
in uralte Dogmen und Mythen eingepackten<br />
christlichen Glauben sprechen.<br />
Verfallsgrund unserer Kirchen:<br />
Das Fehlen aktiver Seelsorge<br />
Gravierend ist auch: Der völlige Wegfall<br />
jeglicher aktiver Seelsorge, bei der man<br />
Menschen aufsucht, und zwar auch die, die<br />
nicht mehr zur Kirche gehören, ist wohl der<br />
Hauptgrund für den offensichtlichen Verfall<br />
der christlichen Kirchen und des herkömmlichen<br />
Kirchenglaubens.<br />
BBl: Sie beklagen den „Verlust von Einfachheit“<br />
im derzeitigen Christentum,<br />
was zu der Frage führt: Was ist die<br />
Grundfrage jeder Religion und wie müsste<br />
sie heute neu gestellt werden?<br />
Aden: Die meisten, der das Christentum<br />
bis heute prägenden mythologischen und<br />
theologischen Figuren stammen aus der –<br />
wenn man sich so ausdrücken darf –<br />
Kampfzeit der jungen Kirche. Das war die<br />
Zeit, als nach dem Abschluss des Kanons<br />
des neuen Testamentes die christliche Religion<br />
sich gegen zahlreiche, Dutzende<br />
Jahrhunderte von Abspaltungen (Stichwort<br />
Moses) durchsetzen mußte um ihren<br />
Weg in die Geschichte zu gehen. Ich<br />
glaube, daß die meisten, etwa im apostolischen<br />
Glaubensbekenntnis weiterhin mit<br />
geschleppten theologischen Figuren, dem<br />
Glauben an Jesus als den Boten Gottes,<br />
eher abträglich sind. Sie sind ein interessantes<br />
Betätigungsfeld für Theologen.<br />
Den Menschen ist aber weder im Leben,<br />
noch im Sterben damit gedient, daß man<br />
die Trinität erklärt oder Maria als eine<br />
Jungfrau im physischen Sinne ausgibt. Ich<br />
habe in meinem Buch Apostolisches<br />
Glaubensbekenntnis versucht darzulegen,<br />
daß Christen heute die Aufgabe haben,<br />
das traditionelle Glaubensgut abzubauen,<br />
am Ende ganz aufzugeben um den<br />
einfachen Menschen Jesus wieder zu erkennen.<br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
BBl: Wir stehen heute oftmals vor der<br />
Frage: Was ist das Eigene und was ist –<br />
im religiösen Sinne – das Fremde. Wie<br />
verknüpfen wir die beiden Fragen zugunsten<br />
einer Zukunft des Eigenen, ohne das<br />
Fremde abzuwerten?<br />
Aden: Diese Frage rührt wohl an das entscheidende<br />
Problem nicht nur des Christentums,<br />
sondern an jede Religion. Die<br />
Einzigartigkeit wird am besten dadurch gesichert,<br />
daß man das Fremde nicht wahrnimmt,<br />
so sind zum Beispiel Ameri kaner<br />
und Franzosen wohl deswegen viel bessere<br />
Patrioten als wir Deutschen, weil diese in<br />
viel geringerem Maße ins Ausland reisen<br />
und in ihrer großen Mehrzahl nichts anderes<br />
kennen als ihr eigenes Land. Und das<br />
halten sie natürlich für das Beste, wie ein<br />
Kind die eigene Familie für die bei weitem<br />
beste hält, bis die Begegnung mit anderen<br />
Familien die Blicke schärft.<br />
Das eigene einer jeweiligen Religion ist oftmals<br />
gar nichts Eigenes, sondern besteht<br />
vielleicht nur darin, daß man die jeweiligen<br />
Werte der anderen Religion nicht zur<br />
Kenntnis nimmt. Wir befinden uns im Zeitalter<br />
des Internet und der Globalisierung. Wir<br />
sind – ich sage es bewußt – vom Heiligen<br />
Geist aufgefordert, weniger das Eigene an<br />
unserer Religion zu sehen, sondern das Gemeinsame.<br />
Dieses Gemeinsame sehe ich in<br />
der Verantwortung des Menschen für sein<br />
eigenes Leben, für welches er nach seinem<br />
Tode Rechenschaft ablegen muss, wie auch<br />
in der Verantwortung für seinen Mitmenschen<br />
oder die Welt als ganze.<br />
Im Grunde wußte doch schon die griechische<br />
Antike, daß – unbeschadet der verschiedenartigen<br />
Götternamen – letztlich<br />
eine einheitliche Gottheit über der Welt<br />
waltet. Dieser Gedanke scheint heute weltweit<br />
allgemein zu werden. Das Eigene des<br />
Christentums besteht darin, daß Gott sich<br />
in Jesus Christus gezeigt hat, das Gemeinsame<br />
aber der Religionen besteht dann<br />
darin, daß Gott sich den Menschen überhaupt<br />
zeigt.<br />
BBl: Vielen Dank für das Gespräch.<br />
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<strong>Blätter</strong>n ...<br />
kostet weniger, als Sie denken!<br />
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Sprechen Sie uns an – die Schriftleitung<br />
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aktuellen Mediadaten zu.<br />
bbl-schriftleitung@burschen<br />
schaft.de<br />
30 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Salamandria ehrt Friedrich Ludwig Jahn<br />
Die zu tiefster „DDR“-Zeit 1966 in Dresden<br />
geheim gegründete Burschenschaft Salamandria,<br />
die 2014 zur Probe in unseren<br />
Verband aufgenommen wurde, beging Anfang<br />
Dezember ihren 48. Gründungstag.<br />
Der veranstaltende Bundesbruder hatte<br />
Freyburg in Sachsen-Anhalt, nahe Naumburg,<br />
für die Feier ausgesucht. Aus diesen<br />
Anlaß hatten sich alle Bundesbrüder und<br />
zahlreiche Gäste eingefunden.<br />
In Freyburg hatte Friedrich Ludwig Jahn<br />
lange Zeit gewohnt, als er nach seiner Haftentlassung<br />
einen Wohnsitz in einer Stadt<br />
wähnen mußte, in der es keine Universität<br />
und kein Gymnasium gab. Freyburg führt<br />
heute den Zusatz der „Wein- und Jahnstadt“<br />
in der Ortsbezeichnung. Im Programm<br />
der Gründungsfeierlichkeiten war<br />
neben Naumburg auch der Besuch in<br />
Jahn’s Wohnhaus vorgesehen. Das ist<br />
heute ein empfehlenswertes Museum.<br />
Darin werden seine Person und sein Wirken<br />
gewürdigt. Schwerpunktmäßig geht es dabei<br />
um die Turnbewegung, die auch das<br />
Museum unterhält, doch ist sein Wirken für<br />
die Einrichtung der Burschenschaft<br />
keinesfalls ausgespart. Für Burschenschafter<br />
ein stets lohnendes Ausflugsziel, zumal<br />
an der Unstrut eine sehr trinkbarer Wein<br />
wächst.<br />
Im ehemaligen Garten vor dem Haus hat<br />
Jahn im Jahre 1936 auch seine letzte Ruhestätte<br />
gefunden, nachdem er vorher schon<br />
einmal umgebettet wurde. So lag es nahe,<br />
daß die Salamandria die Gelegenheit<br />
nutzte, um am Grab eine Ehrung vorzunehmen.<br />
Nach einer Ansprache wurde ein<br />
Salamandria ehrt „Turnvater“ Jahn als einen der Ideengeber der Burschenschaft an seinem Grab in Freyburg.<br />
Kranz niedergelegt. Einleitend erklang das<br />
Jahn gewidmete Lied „Wenn alle untreu<br />
werden“, das Burschenschafterlied schloß<br />
die würdige Ehrung ab.<br />
Anwesend war auch der Bürgermeister von<br />
Freyburg, der die Burschen begrüßte. In<br />
seiner Ansprache vor der Ehrung sprach er<br />
vor allem über die angestrebte Ernennung<br />
der Region Saale- und Unstruttal zum Weltkulturerbe.<br />
Über den Antrag wird die UNE-<br />
SCO Mitte <strong>2015</strong> entschieden. Begründet<br />
wurde der Antrag mit der Einzigartigkeit<br />
und Zahl von Monumenten des Hochmittelalters<br />
in der Region. So heißt es: „Keine<br />
zweite Landschaft weist auf so engem<br />
Raum eine derart hohe Dichte an qualitativ<br />
herausragenden Monumenten und Elementen<br />
der Kulturlandschaft aus der Zeit<br />
zwischen 1000 und 1300 auf.“ In der Kernzone<br />
sind 13 aufgelistet – zum Beispiel der<br />
Naumburger Dom, Schloss Neuenburg,<br />
Stadtkirche und Altstadt Freyburg, Kloster<br />
Schulpforte, die Rudelsburg, Burg Saaleck<br />
oder die Weinberge. Nach dem das Gründungstagtreffen<br />
in jeder Hinsicht in<br />
betont herzlicher Gastlichkeit durchgeführt<br />
werden konnte, wünscht Salamandria<br />
viel Erfolg für den Antrag bei der<br />
UNESCO.<br />
Wolfgang Gäbler<br />
(Cheruscia Dresden, Vandalia Hamburg,<br />
Salamandria Dresden)<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 31
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
„Kontrollierte Einwanderung“ in Gegenden der<br />
Besserverdienenden?<br />
Eine Situationsbeschreibung aus Hamburg von Raphael Thiermann<br />
Es war wieder einmal ein typischer Wahlkampf<br />
in Hamburg: man überbot sich im<br />
Rahmen von Materialschlachten mit inhaltslosen<br />
Parolen. Den Beinen der FDP-<br />
Spitzenkandidatin wurde mehr Interesse<br />
entgegengebracht als der Frage, welche<br />
Inhalte die „neue“ FDP eigentlich vertritt.<br />
Wer nun auf den Plakaten „Hamburg<br />
weiter vorn“ oder „Mehr tun für<br />
Wirtschaft und Wissenschaft“ forderte,<br />
dürfte den meisten Wählern bereits kurz<br />
nach der Wahl nicht mehr in Erinnerung<br />
gewesen sein.<br />
Die etablierten Parteien scheuen sich, wie<br />
virtuos von Angela Merkel vorgemacht, vor<br />
inhaltlichen Positionierungen. Der Sieg der<br />
SPD unter Olaf Scholz schien ohnehin ausgemacht.<br />
Kein Wunder, ist die CDU in dem<br />
nördlichsten Stadtstaat doch noch konturloser<br />
als im Rest der Republik. Einmal Stellung<br />
beziehen? Fehlanzeige! Dabei hätte es<br />
ein Thema gegeben, welches zahlreichen<br />
normalen Bürgern durchaus auf den Nägeln<br />
brennt: die zunehmende Flüchtlingsproblematik,<br />
mit all ihren unangenehmen<br />
Begleiterscheinungen. Aber dieses Thema<br />
faßt die Politik nicht mit der Kneifzange an.<br />
Dabei finden sich selbst in den Hamburger<br />
Leitmedien zunehmend Meldungen über<br />
wachsende Kriminalität, Wohnraumverknappung<br />
und steigende Mieten sowie<br />
sonstige unangenehme Begleiterscheinungen<br />
der als „Bereicherung“ bezeichneten<br />
Zuwanderung. Selbst die sonst eher „senatshörige“<br />
Hamburger Morgenpost berichtete<br />
von einem skandalösen Fall: In der<br />
berüchtigten Feuerbergstraße, Unterbringungsort<br />
minderjähriger „Flüchtlinge“,<br />
kam es zu einer Messerattacke auf einen<br />
Betreuer. In den Polizeiberichten tauchte<br />
dieser Vorfall zunächst nicht auf, wurde<br />
aber dennoch später vom Hamburger<br />
Abendblatt veröffentlicht. Der Vorwurf,<br />
die Sozialbehörde würde solche Vorfälle<br />
vertuschen wollen, stand im Raum.<br />
Aussagen des ansässigen Kinder- und<br />
Jugendnotdienstes erhärteten den Verdacht.<br />
Die von Gutmenschen-Ideologie infizierte<br />
Hamburger Politik kann offensichtlich keine<br />
Rücksicht mehr auf ihre Klientel nehmen.<br />
So plante der Hamburger Senat beispielsweise<br />
an der Sophienterrasse im Herzen<br />
des Hamburger Nobelviertels Harvestehude<br />
die Umwandlung des ehemaligen<br />
Kreiswehrersatzamtes in eine Flüchtlingsunterkunft.<br />
Die Aufregung bei den Anwohnern<br />
war groß, obgleich die Wohlbetuchten<br />
in der Vergangenheit mit über 70 Prozent<br />
einwanderungsfreundliche Parteien<br />
wie Grüne, SPD und Die Linke gewählt hatten.<br />
Anwohner erhoben Klage gegen die<br />
geplante Unterkunft und bekamen in einem<br />
Eilantrag Recht. Das Verwaltungsgericht<br />
Hamburg stoppte den Umbau des Gebäudes.<br />
Begründung: Das Gebiet an der Sophienterrasse<br />
ist als besonders geschütztes<br />
Wohngebiet auszuweisen.<br />
Nicht in meiner Nachbarschaft<br />
...?<br />
Auf ihrem Flugblatt heißt die Hamburger Burschenschaft Germania Flüchtlinge auch in Wohlstandsvierteln<br />
Willkommen.<br />
Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten,<br />
die zahlreichen Flüchtlingslobbys aus<br />
dem gleichen politischen Umfeld waren<br />
entsetzt. Schützenhilfe gab es dann aber<br />
von unerwarteter Seite: Die Hamburger<br />
Burschenschaft Germania startete in der<br />
32 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Plaktat am Haus der Hamburger Burschenschaft Germania.<br />
Nacht vom 11. auf den 12. Februar eine<br />
Kampagne zum Thema „Refugees Welcome<br />
in Wohlstandsvierteln“. Zu diesem<br />
Zwecke klebten unsere aktiven Mitglieder<br />
Plakate und verteilten Flugblätter in Harvestehude<br />
rund um die Sophienterrasse.<br />
Darin hieß es: „Refugees Welcome in<br />
Harvestehude, in der Schanze, in Eppendorf!<br />
Die gutsituierten Porsche-Fahrer sollten mal etwas Platz machen...<br />
… Und in all den anderen Vierteln, in denen<br />
diejenigen gutsituierten Wohlstandsgrünen<br />
leben, die am lautesten aufschreien, wenn<br />
Nicht-so-gut-Verdiener nur die leiseste Kritik<br />
an der völlig ungesteuerten Zuwanderung<br />
äußern.“ Und weiter: „Wer Bleiberecht<br />
für alle fordert, sollte selber einmal erfahren,<br />
was das in der Realität bedeutet.<br />
Die Anwohner der Feuerbergstraße, die<br />
täglich von kriminellen ,Flüchtlings’-kindern<br />
aus dem dortigen Heim terrorisiert werden,<br />
sowie die Polizei und die Sozialarbeiter in<br />
den Heimen haben diese Erfahrungen<br />
schon machen dürfen.“<br />
Aus unserer Sicht ist es nicht hinnehmbar,<br />
daß ein Flüchtlingsheim in Harvestehude,<br />
ein Wohngebiet mit mehrheitlich wohlhabenden<br />
Bewohnern, angeblich nicht „gebietsverträglich“<br />
sein soll, während das<br />
Problem der Unterbringung<br />
in ohnehin<br />
überlasteten<br />
Stadtteilen wie Billstedt<br />
aber kein Problem<br />
zu sein<br />
scheint. Als Reaktion<br />
darauf erhielten<br />
wir Post eines<br />
linken Journalisten,<br />
der uns unterstellte,<br />
wir würden pauschal<br />
gegen alle<br />
Asylsuchenden<br />
Stimmung machen.<br />
Dazu erkläre ich:<br />
„Wir unterscheiden<br />
in unserer Aktion<br />
deutlich zwischen<br />
Asylsuchenden, die<br />
tatsächlich vor Krieg und Verfolgung flüchten<br />
müssen und somit ein unbestreitbares<br />
Recht auf Asyl haben, und denen, die lediglich<br />
aus wirtschaftlichen Gründen ihre<br />
Heimat verlassen und versuchen, hier als<br />
‚Asyl suchende‘ ein Bleiberecht zu erwirken.<br />
Letztgenannte Gruppe diskreditiert mit<br />
ihrem Gebaren in letzter Konsequenz auch<br />
Menschen, die aufgrund von Verfolgung einen<br />
tatsächlichen Anspruch auf Asyl<br />
haben.“<br />
Letztendlich führte der Streit um das geplante<br />
Flüchtlingsheim zu keinem unerwarteten<br />
Wahlergebnis in Hamburg. Die<br />
SPD darf die nächsten fünf Jahre wohl mit<br />
den Grünen regieren, damit wird der unkontrollierte<br />
Zustrom von illegalen Flüchtlingen<br />
wahrscheinlich weiter geduldet<br />
werden. Die Hamburger Burschenschaft<br />
Germania begrüßt das Wahlergebnis daher<br />
auf ihre Art: Seit dem Tag nach der<br />
Wahl prangt am Balkon ihres Hauses in<br />
der Sierichstraße im Hamburger Stadtteil<br />
Winterhude ein großes Transparent<br />
mit der eindeutig zweideutigen Aufschrift:<br />
„REFUGEES WELCOME IN WOHL-<br />
STANDSVIERTELN – Wer Zuwanderung<br />
will, der soll auch Platz machen!“ Ob die<br />
linksgrünen Wohlstandsbürger das ver -<br />
stehen?<br />
Raphael Thiermann<br />
(Germania Hamburg 2011, Raczeks Breslau<br />
zu Bonn 2013)<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 33
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Ein Bund stellt sich vor:<br />
Burschenschaft Normannia-Nibelungen<br />
zu Bielefeld<br />
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
In diesem Jahr feiert unser Bund sein 110-<br />
jähriges Bestehen! Es gibt viele Bünder mit<br />
einer sehr viel längeren Tradition, aber<br />
wohl kaum solche mit einer so wechselvollen<br />
Geschichte, wie sie unser Bund vorweist.<br />
Schon die Gründung war ungewöhnlich:<br />
In der damals schon bedeutenden Industriestadt<br />
Riesa an der Elbe eröffnete<br />
1904 das „Technikum Riesa“ seinen Lehrbetrieb<br />
mit den Schwerpunkten Elektrotechnik<br />
und Schiffs- und Schiffsmaschinenbau.<br />
Ein Großteil der ersten Studenten<br />
wechselte von Mittweida nach Riesa, um<br />
dort das Studium fortzusetzen. Offensichtlich<br />
gab es damals in Skandinavien kaum<br />
Möglichkeiten für ein solches Studium,<br />
weshalb ein Großteil der Studenten an den<br />
mitteldeutschen Ingenieurschulen aus<br />
Skandinavien stammte, so auch in Riesa. So<br />
wundert es nicht, daß am 15. Mai 1905 vier<br />
Studenten mit vier verschiedenen Nationalitäten<br />
(ein Deutscher, ein Däne, ein<br />
Schwede und ein Finne) den „Fechtclub<br />
Normannia“ gründeten. Sein Wahlspruch<br />
lautete: „Einigkeit macht stark!“ Dieses Ereignis<br />
gilt als unser Gründungsdatum. Die<br />
Aktivitas wuchs schnell, und bereits 1909<br />
wurde der Altherrenverband gegründet. Es<br />
gab in Riesa insgesamt drei Verbindungen,<br />
und es herrschte reger Fechtbetrieb. Trotzdem<br />
wurden die ersten Säbelpartien erst<br />
1911 in der am anderen Elbufer gelegenen<br />
Röderau geschlagen. Nachfolgende Mensurtage<br />
fanden ausnahmslos in Mittweida<br />
statt. Größtes farbenstudentisches Ereignis<br />
in Riesa war der jährlich stattfindende gemeinsame<br />
„Kaiserkommers“. Doch die<br />
Freude in Riesa währte nicht lange. Mit<br />
Ausbruch des I. Weltkrieges schloß das<br />
Technikum seine Pforten, weil fast alle Studenten<br />
entweder zum Wehrdienst eingezogen<br />
wurden oder sich dafür freiwillig meldeten.<br />
15 Aktive und 26 Alte Herren zählte<br />
der Bund damals. Nach Kriegsende öffnete<br />
das Technikum nicht wieder.<br />
Von Riesa nach Neustrelitz<br />
Nach Beendigung des Krieges setzten einige<br />
ehemalige Normannen ihr Studium an<br />
der Ingenieurschule in Neustrelitz fort. Das<br />
zuständige Ministerium und die Direktion<br />
des Technikums genehmigten die Gründung<br />
am neuen Standort, verlangten aber<br />
einen Zusatz zum Namen „Normannia“.<br />
Fechtclub wollte man nicht wieder heißen,<br />
und so hieß der Bund nun Fechtsportverein<br />
„FSV Normannia“. Burschenschaften wurden<br />
zur damaligen Zeit nicht genehmigt,<br />
und so nannte man sich erst ab 1920 stillschweigend<br />
„Burschenschaft Normannia“.<br />
Im Juli 1919 feierte man den offiziellen<br />
Konstituierungskommers. 1920 wurden<br />
wieder Mensuren geschlagen, und da die<br />
Strelitzer Normannen als ausgezeichnete<br />
Fechter galten, nannte man sie respektvoll<br />
auch „Säbel-Normannen“. 1929 fielen einige<br />
Bundesbrüder durch ihre frischen<br />
„Schmisse“ auf. Dies führte zu Verfahren<br />
wegen Verstoßes gegen den „Zweikampf<br />
mit tödlichen Waffen“. Fünf Bundesbrüder<br />
wurden daraufhin zu einer „nicht entehrenden<br />
Festungshaft mit täglichem Ausgang“<br />
verurteilt. Bald drohte aber wieder das<br />
„Aus“. 1935 begann in Strelitz das Verbot<br />
studentischer Verbindungen. Für unseren<br />
Bund wurde dies am 1. November 1935<br />
wirksam. Nach der Zwangsauflösung blieb<br />
jedoch der Kontakt unter den Bundesbrüdern<br />
erhalten, die in „alle Winde“ zerstreut<br />
waren und entweder in der Wehrmacht<br />
dienten oder als Ingenieure in der Rüstungsindustrie<br />
eingesetzt wurden.<br />
Unser Bundesbruder Armin Leistner spürte<br />
nach dem II. Weltkrieg viele seiner früheren<br />
Bundesbrüder in beiden Teilen Deutschlands<br />
wieder auf und gründete mit ihnen<br />
den AHV der „Burschenschaft Normannia<br />
zu Hamburg“. Leistner war Mitbegründer<br />
des BDIC und deren Vorsitzender des LV<br />
Nord. Wichtigstes Ziel des AHV Hamburg<br />
war die „Wiedergeburt“ einer Aktivitas,<br />
doch blieben die Bemühungen lange ohne<br />
Erfolg. Bbr. Leistner schlug übrigens 1953<br />
im Alter von 46 Jahren seine letzte Mensur,<br />
um das Fechten in den BDIC-Bündern wieder<br />
populär zu machen.<br />
Gründung der<br />
Nibelungen<br />
An der nach dem<br />
Krieg wieder eröffneten<br />
Ingenieurschule<br />
in<br />
Lage/Lippe gründeten<br />
am 7. November<br />
1946 sieben<br />
ehemalige Kriegsteilnehmer<br />
die<br />
„Freie christliche<br />
Studentenvereinigung“.<br />
Da solche<br />
Gründungen durch<br />
die Militärregierungen<br />
zu genehmigen<br />
waren, mußte abermals<br />
auf eine Bezeichnung<br />
als Burschenschaft<br />
verzichtet werden. Ab 1951<br />
nannte sich der Bund nun „Freie christliche<br />
Burschenschaft Nibelungen“ und hatte immerhin<br />
schon 36 Alte Herren. Die „Nibelungen“<br />
waren seit 1952 Mitgliedskorporation<br />
des BDIC. Dessen erster Generalkonvent<br />
fand am 24./25. Mai 1952 auf der Festung<br />
Ehrenbreitstein bei Koblenz statt. Hier trafen<br />
auch die Mitglieder des AHV Normannia<br />
zu Hamburg und der Freien Christlichen<br />
Burschenschaft Nibelungen zusammen und<br />
fielen sich gegenseitig durch gleiche Farben,<br />
gleichen Zirkel und gleiche Mützen<br />
auf. Kein Wunder: Ein AHV ohne Aktivitas<br />
und ein junger Bund mit starker Aktivitas,<br />
aber noch kleinem AHV, fanden erstes Interesse<br />
aneinander. Anläßlich des 6. Stiftungsfestes<br />
1952 der „Nibelungen“ konnten<br />
diese einige Alte Herren der „Normannia“<br />
als Gäste begrüßen, in längeren Gesprächen<br />
fiel zum ersten Mal das Wort „Fusion“<br />
und sie mündeten Anfang 1953 in<br />
konkrete Fusionsverhandlungen. Im September<br />
des gleichen Jahres richtete der<br />
AHV Normannia dann ein offizielles Fusionsgesuch<br />
an die „Nibelungen“, und ein<br />
gemeinsamer AHC und ein feierlicher Festkommers<br />
besiegelten dann die gemeinsame<br />
Zukunft. Der neue Name war „Christliche<br />
Burschenschaft Normannia-Nibelungen“,<br />
der gemeinsame Wahlspruch der der<br />
„Nibelungen“: Per aspera ad astra. Das<br />
neue Wappen war ein Doppelwapppen<br />
beider Ursprungsbünder. Die ersten Mensuren<br />
des neuen Bundes wurden 1954 geschlagen.<br />
Natürlich blieb das Zusammenwachsen<br />
zweier Bünder mit so unterschiedlicher Ge-<br />
Das Wandbild ziert den Thekenraum im Bielefelder Verbindungshaus in der<br />
Schloßhofstraße 96.<br />
34 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
schichte nicht völlig problemlos. Die Bezeichnung<br />
„Christlich“ gab immer wieder<br />
Anlaß zu lebhaften Diskussionen mit den alten<br />
Normannen, und auch „ideologoisch“<br />
wuchs man erst mühsam, aber schluß endlich<br />
doch sehr, sehr erfolgreich zusammen.<br />
Das kleine Städtchen Lage mit seinen rund<br />
10.000 Einwohnern und der im nord- und<br />
nordwestdeutschen Raum hoch renommierten<br />
Ingenieurschule für Maschinenbau,<br />
Elektrotechnik, sowie Hoch- und Tiefbau<br />
war mit seinen ca. 1.000 Studenten ein Paradies<br />
für das Farbenstudententum. 26 Korporationen<br />
hatten so stattliche Mitgliederzahlen,<br />
daß manche sogar temporäre Aufnahmestops<br />
verfügen mußten, weil die Versammlungsräume<br />
aus allen Nähten platzten.<br />
Doch leider neigte sich die Ära Lage<br />
dem Ende zu. In Bielefeld eröffnete 1958<br />
eine neue stataliche Ingenieurschule ihre<br />
Pforten, gegen die die private, aber staatlich<br />
anerkannte Ingenieurschule Lage nur<br />
noch wenig Chanchen hatte; ihr Ende kündigte<br />
sich an.<br />
Bielefeld als neue Heimat<br />
1987 stellten wir dann als erste Burschenschaft<br />
mit Ingenieur- bzw Fachhochschulhintergrund<br />
mit sehr starker Unterstützung<br />
der VAB Bielefeld den Antrag auf Vollmitgliedschaft<br />
in der DB. Dieser Antrag wurde<br />
abgelehnt. Wir waren für den damaligen<br />
Rechtsausschuß wohl nicht „fein“ und „intellektuell“<br />
genug...<br />
Aber wir waren, wiederum mit der VAB Bielefeld,<br />
hartnäckig und stellten 1988 zum<br />
Burschentag in Landau erneut einen Antrag<br />
auf Aufnahme. Er wurde angenommen –<br />
und sind seitdem sind wir treues Mitglied<br />
der Deutschen Burschenschaft!<br />
Da unser erstes Haus einen sehr hohen Erhaltungsaufwand<br />
erforderte und verkehrstechnisch<br />
sehr ungünstig zur Universität<br />
lag, gingen wir auf die Suche nach einer<br />
neuen Immobilie, die bis heute unser „Zuhause“<br />
ist.<br />
Möglich wurde der Kauf aber erst durch die<br />
VAB Bielefeld. Diese hatte seit vielen Jahren<br />
einen „Sparstrumpf“ angelegt, mit dem<br />
man, falls sich an der Uni Bielefeld eine Burschenschaft<br />
etablieren sollte, beim Erwerb<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
eines Hauses helfen wollte. Wir waren dann<br />
die Glücklichen, die den Hauskauf ohne<br />
diese Hilfe nicht hätten realisieren können.<br />
Nach wie vor sind wir die einzige Burschenschaft<br />
in Bielefeld und hoffen auf ein noch<br />
langes „vivat, crescat, floreat“ Normannia-<br />
Nibelungen.<br />
Willi Flöttmann<br />
(Normannia-Nibelungen Bielefeld 1956)<br />
www.normannia-nibelungen.de<br />
Also beschloß der AHV des Bundes einen<br />
neuen Studienort zu suchen, wobei natürlich<br />
Bielefeld erste Wahl war. Es wurden erste<br />
Gespräche mit Bielefelder Studenten<br />
aufgenommen und ihnen unser Bund vorgestellt.<br />
Diese führte zu einigen Reformen,<br />
die überfällig waren: Die Bezeichnung<br />
„Christlich“ entfiel im Namen, und der<br />
neue Wahlspruch hieß „Gott, Ehre, Freiheit,<br />
Vaterland“. Am 11. April 1959 konnten<br />
wir dann mit einer gelungenen Konstituierungskneipe<br />
in Bielefeld unsere „Wiedergeburt“<br />
am vierten Standort feiern. Hinderlich<br />
war die permanente Suche nach immer<br />
neuen Versammlungsräumlichkeiten<br />
für den Bund, die wir meist in Nebenräumen<br />
von Gaststätten fanden. Durch einen<br />
glücklichen Umstand konnten wir dann<br />
1970 ein zwar marodes, aber doch gut gelegenes<br />
Anwesen ersteigern, daß mit sehr<br />
viel Eigenleistungen zu einem Verbindungshaus<br />
mit etlichen Studentenbuden<br />
und einer schicken Konstanten hergerichtet<br />
wurde.<br />
1975 kam es zu einer ersten, sich später als<br />
segensreich entwickelnden Kontaktaufnahme<br />
mit der VAB Bielefeld, die im ersten<br />
Schritt zum Beitritt in die Deutsche Ingenieur-Burschenschaft<br />
(DIB) führte. Unsere<br />
Mitgliedschaft im BDIC gaben wir dafür auf.<br />
1979 übernahmen wir den Vorsitz der DIB.<br />
Schon 1972 öffneten wir uns zur 1969 gegründeten<br />
Universität Bielefeld. Zahlreiche<br />
Studenten waren bereits unserem Bund<br />
beigetreten und der Gedanke, zur „Hochschul-Burschenschaft“<br />
zu mutieren, verstärkte<br />
sich.<br />
90 Jahre Waffenring<br />
Paderborn<br />
Im Sommer des Jahres 1925 suchte ein<br />
junger Gerichtsreferendar in Paderborn<br />
Kontakt zu gleichgesinnten Waffenstudenten<br />
und fand diesen bei zwei jungen<br />
Kandidaten der Agrar- und der Ingenieurwissenschaften.<br />
Er brachte diese jungen<br />
Studenten mit den wenigen damals<br />
in Paderborn lebenden alten Waffenstudenten<br />
zusammen.<br />
Hieraus entwickelte sich bald eine regelmäßig<br />
tagende Stammtischrunde, die<br />
sich den Namen Waffenring gab. Der<br />
Zusammenhalt zwischen den jungen<br />
und den alten Mitgliedern beschränkte<br />
sich dabei nicht nur auf Stammtischabende,<br />
sondern man gestaltete auch<br />
die Freizeit miteinander. Der „Waffenring-Stammtisch<br />
Paderborn“ war geboren.<br />
Die Mitglieder rekrutierten sich zunächst<br />
nur aus den vier alten Farben tragenden<br />
und schlagenden Verbänden. Erst später<br />
stießen auch Mitglieder der nicht<br />
Farben tragenden, aber Satisfaktion gebenden<br />
Korporationen hinzu. Etliche<br />
Mitglieder hatten nie gefochten; der<br />
Name Waffenring blieb aber bis heute<br />
erhalten. In der Zeit des Nationalsozialismus<br />
bis zum Kriegsende wurden die<br />
Treffen seltener und kamen bald ganz<br />
zum Erliegen. Erst in den späten 40er<br />
Jahren trafen sich Kriegsheimkehrer und<br />
zugereiste Korporationsangehörige wieder<br />
regelmäßig.<br />
Die Gästebücher dieser Jahre belegen<br />
die noch heute praktizierten Aktivitäten:<br />
neben den monatlichen Stammtischabenden<br />
mit zum Teil sehr interessanten<br />
Referaten der Mitglieder über „Gott und<br />
die Welt“ finden zahlreiche Damenveranstaltungen<br />
und Ausflüge in die Natur<br />
statt oder auch zu Theaterbesuchen und<br />
Besichtigungen.<br />
In Fortsetzung seiner Tradition feiert der<br />
intercorporative Waffenring Paderborn<br />
im Sommer dieses Jahres also seinen<br />
90. Geburtstag und hofft auf ein weiteres<br />
Blühen, Wachsen und Gedeihen.<br />
Hierzu ist jedes in und um Paderborn<br />
herum lebende Verbandsmitglied herzlich<br />
willkommen.<br />
Der Stammtisch finden üblicherweise an<br />
jeden letzten Mittwoch des Monats<br />
statt.<br />
Peter Böttger, Vorsitzender<br />
(Corps Frisia Braunschweig im WSC)<br />
www.waffenring-paderborn.de<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 35
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Burschenschaftsdenkmal soll saniert werden<br />
Das Burschenschaftsdenkmal vor dem<br />
Hauptgebäude der Universität Jena soll<br />
noch in diesem Jahr restauriert werden.<br />
Das derzeit mit einer Fotoplane verhüllte<br />
Burschenschaftsdenkmal ist durch Witterung,<br />
Abgase und Farbanschläge stark geschädigt.<br />
Laut Experten ist das gesamte<br />
Marmorgefüge inzwischen instabil. Die Kosten<br />
für die Restaurierung des 1883 vom<br />
Weimarer Künstler Adolf Donndorf geschaffenen<br />
Denkmals liegen nach Angaben<br />
der Stadt Jena bei etwa 50.000 Euro, die<br />
Ausschreibungen für die Restaurierungsarbeiten<br />
laufen bereits. Weitere 50.000 Euro<br />
seien zudem nötig, um die historische Marmorskulptur<br />
mit einer Glashaube zu schützen,<br />
teilte die Stadt mit. Dafür hat Oberbürgermeister<br />
Albrecht Schröter (SPD) nicht<br />
nur die Jenaer um Spenden gebeten, sondern<br />
er hofft auch auf Unterstützung von<br />
den Burschenschaften. Dazu wurde ein<br />
Spendenkonto eingerichtet, teilte Evelyn<br />
Halm, die bei Jenakultur für die Verwaltung<br />
und Pflege der Denkmale zuständig ist, mit.<br />
Nachrichten<br />
Spendenkonto Burschenschaftsdenkmal:<br />
Sparkasse Jena-Saale-Holzland<br />
Kontonummer: 18038115<br />
BLZ: 83053030<br />
IBAN: DE88 8305 3030 0018 0381 15<br />
BIC: HELADEF1JEN<br />
Das Burschenschaftsdenkmal.<br />
Burschenschafter in der<br />
Bürgerschaft<br />
Dr. Alexander Wolf / alternative-hamburg.de<br />
Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl<br />
am 15. Februar <strong>2015</strong> schaffte die Alternative<br />
für Deutschland (AfD) erstmals<br />
den Sprung ins Parlament. Auf der<br />
Landesliste erhielt die AfD insgesamt<br />
214.833 Stimmen (6,1 Prozent) und<br />
entsendet zukünftig acht Abgeordnete<br />
in die Bürgerschaft – der Rechtsanwalt<br />
und Verbandsbruder Dr. Alexander<br />
Wolf (Danubia München) wird einer<br />
davon sein. Die SPD um den Ersten<br />
Bürgermeister Olaf Scholz verpaßte<br />
mit 58 Sitzen die erneute absolute<br />
Mehrheit (61 Sitze) knapp und wird<br />
zukünftig die Hansestadt mit den<br />
Grünen regieren. Die Wahlbeteiligung<br />
lag bei 56,5 Prozent (2009: 56,9 Prozent).<br />
Das Hamburger Rathaus ist der Sitz der Bürgerschaft<br />
(Parlament) und des Senats (Landesregierung)<br />
der Freien und Hansestadt Hamburg.<br />
Daniel Schwen/Wikimedia/CC<br />
36 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Essay<br />
Der Krieg und das Volk<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Der Krieg hat eigene Regeln. In einem Konfliktfall<br />
gelten zwischen beiden beteiligten<br />
Parteien bilaterale Abkommen mittels<br />
Selbstverpflichtungen, wobei heutzutage<br />
von dem Grundsatz ausgegangen wird,<br />
daß nur Staaten als offizielle Vertragspartner<br />
gelten. Dies begünstigt den Status quo<br />
und benachteiligt neue Bewegungen, die<br />
dann als „Terroristen“ oder „radikale, gewaltbereite<br />
Extremisten“ von bisher bestehenden<br />
Organisationsformen tituliert werden.<br />
Aber was macht einen Staat nun zu einem<br />
Staat und was ist demgegenüber Terrorismus?<br />
Nach der Drei-Elemente-Theorie verfügt<br />
ein Staat über ein Staatsgebiet, ein<br />
Staatsvolk und eine Staatsgewalt. Der akademischen<br />
Ansicht nach strebt ein Terrorist<br />
nicht danach, einen Staat zu errichten. Hiervon<br />
unterscheidet er sich vom Freischärlertum,<br />
welches das Ziel hat, einen Staat zu<br />
begründen. Historisch für Deutschland sind<br />
beispielsweise für ein solches Freischärlertum<br />
die Freiwilligenverbände im Kampf gegen<br />
Napoleon 1813, die Kämpfer der Märzrevolution<br />
1848/49 und die Freikorps nach<br />
dem Ersten Weltkrieg, also historisch jene<br />
Gruppen, auf die sich Burschenschaften berufen.<br />
So das Selbstbild und die juristische<br />
Betrachtung. Anders das Bild von Politik<br />
und Medien. Hier gibt es keine idealisierten<br />
Freischärler, nur Terroristen – außer man ist<br />
gerade selbst Unterstützer dieser Freischärler.<br />
Daher sind im Konflikt in Syrien die Kurden<br />
Freischärler und der Islamische Staat<br />
(IS) Terroristen, also die Kurden die Guten<br />
und der IS die Bösen. Aber was macht eine<br />
Gruppe gut oder böse? Sind es Gewalt -<br />
Während der Besetzung des Iraks wurden Insassen<br />
des Abu-Ghuraib- Gefängnisses vom US-amerikanischen<br />
Wachpersonal mißhandelt, vergewaltigt und<br />
gefoltert – oft bis zum Tod.<br />
akte, die Ansichten über die Behandlung<br />
der „Anderen“, der Standpunkt zur Demokratie?<br />
Ein Atombombenabwurf verursacht<br />
mehr Tote als das Niederbrennen einer<br />
Kleinstadt. Berichte über die Behandlung<br />
von Gefangenen in Guantanamo oder Abu<br />
Ghuraib dokumentieren genauso Folter,<br />
wie die Behandlung der amerikanischen<br />
Gefangenen durch die Nordvietnamesen.<br />
Trotzdem sind die Amerikaner die Guten.<br />
Bleibt also die Demokratie. Wie wir alle wissen,<br />
ist die republikanische, parlamentarische<br />
Demokratie die beste Staatsform die<br />
es je gab und die es je geben wird. Menschen,<br />
die nicht in einer solchen Demokratie<br />
leben oder sie erstreben sind dumm.<br />
Daher waren die Deutschen vor 1945<br />
dumm, ungebildet und menschenverachtend.<br />
Erst die Amerikaner haben uns die<br />
Weißheit und Erleuchtung gebracht. Endlich<br />
durften wir diese Weißheit mit Löffeln<br />
fressen. So jedenfalls erzählen es Schule<br />
und Medien, und da heute die Generation,<br />
die die Zeit vor 1945 erlebt hat, rar wird,<br />
glaubt man diese Geschichten nur zu gern,<br />
ja man schmückt sie sogar mit neuen „Erkenntnissen“<br />
aus.<br />
Krieg für die Freiheit?<br />
Daher auch das deutsche Verständnis über<br />
Krieg: Nie wieder Krieg! Friede-Freude-Eierkuchen.<br />
Nur leider sind nicht alle Menschen<br />
auf der Welt zu dieser glorreichen Erkenntnis<br />
der Beliebigkeit und grenzenlosen<br />
Toleranz gekommen, sondern haben noch<br />
Ideale. Ideale, für die sie bereit sind zu<br />
kämpfen und sogar zu sterben. Das versteht<br />
der „Neue Mensch“ in der westlichen<br />
Welt natürlich nicht, für ihn gilt nur sein Verständnis<br />
von Menschenrechten und Staatsauffassung.<br />
Er tituliert es dann „Toleranz“<br />
gebenüber Anderen, meint aber in Wirklichkeit<br />
nur Toleranz für die, die genauso<br />
denken, wie er. Dementsprechend fehlt jedes<br />
Verständnis dafür, wie Leute den Islamischen<br />
Staat, ein nationalsozialistisches<br />
Deutschland oder ein bolschewistisches<br />
Rußland stützen konnten. Es ist die Auffassung,<br />
daß Freiheit nur die Freiheit des Einzelnen<br />
ist und die Negierung der Freiheit<br />
der Masse. Leider ist eine solche Auffassung<br />
auch schon in den Köpfen mancher<br />
Burschenschafter verankert. Freiheit meint<br />
eben nicht nur die Freiheit eines einzelnen<br />
Individuums in Deutschland sich frei entfalten<br />
zu können, sondern auch die Freiheit<br />
des gesamten deutschen Volkes. Das waren<br />
auch die Gründe, wieso man historisch<br />
gesehen als Burschenschafter zur Waffe gegriffen<br />
hat und die Speerspitze der Freiheit<br />
gebildet hat, auch wenn man dafür in Kauf<br />
nehmen mußte, die Freiheit des Einzelnen<br />
zugunsten einer übergeordneten Freiheit<br />
zu beschränken. Und genau ein solches<br />
Denken macht das Soldatentum aus. Man<br />
schränkt die Freiheit des einzelnen Soldaten<br />
ein, zu entscheiden, ob und wo er<br />
kämpfen, siegen oder fallen wird, weil er einem<br />
übergeordneten Ziel, für die Freiheit<br />
des Volkes dient. Folgt er nicht diesem<br />
Ideal, kann stellt er sich außerhalb seines<br />
Volkes. Auch im zivilen Leben stellt sich<br />
eine solche Frage, handelt man nur aus<br />
egoistischen Motiven oder nützt das, was<br />
man tut, auch der Mehrheit?<br />
Eine solche Mehrheit zu repräsentien ist die<br />
Aufgabe des Staates. Hierbei ist nicht revalant<br />
die quantitaive Mehrheit, also aller<br />
Bewohner des Staatsgebietes, sondern die<br />
qualitative Mehrheit, also die Mehrheit derer,<br />
die für den Staat stehen. Die besten<br />
Beispiele hierfür sind Sparta und das ursprüngliche<br />
Rom, zwei Staaten, deren Bürger<br />
über eine Mehrheit von Nicht-Bürgern<br />
herrschten. Konsequenterweise zogen sie<br />
auch nur ihre eigenen Bürger zum vollwertigen<br />
Militärdienst heran, da nur diese ihre<br />
Idee eines Staates vertreten konnten. Unterworfene,<br />
aber akzeptierte Völker taten<br />
hierbei nur flankierende Kriegsdienste. Den<br />
Unterschied hierzu bilden Söldner, die keinen<br />
unmittelbaren Bezug zu dem Land haben<br />
müssen, für das sie kämpfe, sondern<br />
für die das Soldatensein ein Beruf ist. Fragt<br />
man heute einen deutschen Soldaten nach<br />
seiner Motivation, wird er oft zweites betonen,<br />
da ersteres als verwerflich gilt und er<br />
mit dienstlichen Konsequenzen zu rechnen<br />
hat. Daher steht erste Gruppe für das Volk<br />
und zweite Gruppe für die Regierung. Söldner<br />
können dementsprechend problemlos<br />
auch gegen das von dem Staat der Idee<br />
nach zu repräsentierende Volk und für im<br />
Volk unpopoläre Kriege eingesetzt werden.<br />
Jedoch bergen Söldner für die Regierung<br />
die Gefahr, daß sich die Söldner gegen sie<br />
wendet, wenn sie nicht entsprechend entlohnt<br />
werden. Für Rom und viele mittelalterliche<br />
Fürsten war dies der Untergang.<br />
Entscheidene Kriegsfaktoren<br />
Wie führt man einen Krieg aus? Hier ist zu<br />
unterscheiden, welches Ziel man verfolgt:<br />
Brutale Kriege mit vielen Opfern unter der<br />
Zivilbevölkerung ereignen sich zumeist,<br />
wenn man eine expansive Politik betreibt,<br />
weniger zivile Opfer ereignen sich, wenn<br />
die zivile Gruppe als Teil der Eigenen gesehen<br />
wird. Am Russischen Bürgerkrieg kann<br />
man ersteres gut ablesen. Er mußte entsprechend<br />
blutig und mit Terror geführt<br />
werden, weil beide Seiten keinen entsprechenden<br />
Rückhalt beim Volk hatten und<br />
sich erst „ihr Volk“ bilden mußten. Vergewaltigungen,<br />
Massenhinrichtungen und<br />
Verbannungen sind daher nicht als Neben-<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 37
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
erscheinungen zu verstehen, sondern als<br />
unumgängliche militärische Machtmittel.<br />
Die deutschen Einigungskriege des 19.<br />
Jahrhunderts sind ein gutes Beispiel für die<br />
Schonung der Zivilbevölkerung, die man in<br />
seinen künftigen Staat zu integrieren<br />
wünschte.<br />
Mischt man aber beide Faktoren, muß der<br />
Krieg langfristig scheitern. Die Sowjetunion<br />
scheiterte in Afghanistan, die USA im Irak.<br />
Beides aus dem Grund, weil man die Zivilbevölkerung<br />
zu sehr schonte, aber expansive<br />
Politik betrieb. Auch scheiterte der Vietnamkrieg<br />
für den Süden und die USA,<br />
weil man genau das Gegenteil tat, man<br />
produzierte massenhaft zivile Opfer, wollte<br />
aber defensiv agieren. Man sieht also, daß<br />
Kriege nicht nach dem Prinzip der Schonung<br />
der Zivilbevölkerung funktionieren –<br />
wie es uns eine ominöse „Weltgemeinschaft“<br />
à la UN suggerieren möchte – sondern<br />
nach den Zielen zu unterscheiden<br />
sind. Ein Moralkodex kann daher nicht allumfassend<br />
gelten, da nicht für jede Seite<br />
die Erreichung ihrer Ziele mit Schonung der<br />
Zivilbevölkerung möglich ist. Auch wenn<br />
ein Amerika, daß die Indianer ausrottete,<br />
dies von ihnen nicht genehmen Kriegsparteien<br />
verlangt, ohne sich selbst daran zu<br />
halten. Auch kann eine andere Kriegspartei<br />
nicht dafür bestraft werden, ein Krieg nach<br />
seinen Maßstäben, und nicht nach den<br />
Maßstäben der Gegner geführt zu haben.<br />
Ein Krieg ist eine bilaterale Angelegenheit,<br />
beide Seiten verhalten sich ähnlich der anderen.<br />
Tritt eine dritte Seite im Krieg auf,<br />
muß dieser Krieg nicht zwangsläufg nach<br />
den gleichen Maßstäben wie der andere<br />
geführt werden. Hierfür ist der Zweite Weltkrieg<br />
das beste Beispiel. Während man im<br />
Westen die Zivilbevölkerung schonte und<br />
Kriegsgefangene nach der Haager Landkriegsordnung<br />
behandelte, mußte im<br />
Osten der Krieg auf dem Rücken der Zivilbevölkerung<br />
ausgetragen werden und<br />
Kriegsgefangene wie Verbrecher behandelt<br />
werden, weil beide Seiten expansiv<br />
agierten, also nach ihrer Doktrin logisch<br />
vorgingen.<br />
Daher waren die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse<br />
eine Farce, weil dem Verhalten<br />
im Krieg zufolge nur die Sowjetunion<br />
berechtigt war, expansiv zu urteilen.<br />
Die Westmächte handelten nur in selbstherrlicher<br />
und infamer Siegerjustiz. Daher<br />
auch die Nachkriegszeit, die Sowjets mußten<br />
logischerweise eine Zeit Terror und<br />
Verwüstung in Deutschland verbreiten,<br />
aber reichten dann dem deutschen Volk<br />
die Hand mit den Worten: „Die Vergangenheit<br />
ist vergessen, laßt uns neu beginnen.“<br />
Für die Westallierten galt jedoch der<br />
Vorsatz: „Wir schonen euch, aber die Vergangenheit<br />
werden wir euch ewig vorwerfen!“<br />
Die ähnliche Idee, die der Versailler<br />
Vertrag hatte: den Gegner auf ewig<br />
niederhalten und ihn zur Rache zu zwingen,<br />
da er täglich an die Schmach erinnert<br />
wird.<br />
Der dritte Weg scheitert<br />
Und wie behandelt man die Träger des<br />
Krieges im eigenen Land? Auch hier gibt<br />
es zwei verschiedene Ansätze: Vertrauen<br />
und Mißtrauen. Für die Idee des Vertrauens<br />
kann man die deutsche Kriegsführung<br />
im Zweiten Weltkrieg heranziehen. Man<br />
unterhielt eine möglichst kleine Gestapo<br />
um Widerstände im eigenen Volk zu erkennen<br />
und versuchte politische Gegner<br />
umzuerziehen. Nicht-Integrationsmögliche<br />
wurden hingegen isoliert und entfernt.<br />
Der Galgenbaum – Zeitgenössische Darstellung von Kriegsgräueln während des Dreißigjährigen Krieges des<br />
französischen Zeichners Jacques Callot (1632).<br />
Dadurch war der Rückhalt beim Volk gegeben,<br />
aber es waren auch Attentate wie<br />
das vom 20. Juli 1944 auf den deutschen<br />
Reichskanzler möglich. Der Preis hierfür<br />
war die konsequente Konzentration auf<br />
die eigene Gruppe und die lückenlose<br />
Versorgung mit Konsumgütern. Anders<br />
machte es die Sowjetunion. Von Anfang<br />
an war der Staat auf einen totalen Krieg<br />
ausgerichtet, die Versogung mit Konsumgütern<br />
war immer der Kriegswirtschaft untergeordnet.<br />
Der Staat konnte die Rüstung<br />
und Modernisierung des Landes somit maxieren,<br />
mußte aber im Gegenzug einen<br />
hohen Aufwand zur Kontrolle des eigenen<br />
Volkes aufwenden: das Prinzip des<br />
Mißtrauens. Man mußte Soldaten und Zivilisten,<br />
die sich ohne ausdrücklichen Befehl<br />
zeitweise in Feindesland aufgehalten hatten,<br />
als Diversanten ansehen und auch<br />
massenhaft Erschiessungen und Deportationen<br />
durchführen, um die Ordnung aufrecht<br />
zu halten. Beide Ideen funktionieren.<br />
Die USA jedoch versucht einen dritten<br />
Weg, das Volk konsequent zu überwachen,<br />
ihm Mißtrauen gegenüber zu hegen,<br />
und die Produktion zu maximieren, das<br />
Volk aber auch mit Konsumgütern zu überfluten.<br />
Volkswirtschaftlich gesehen muß<br />
dies zum Wirtschaftskollaps führen. Dann<br />
kann auch kein Krieg mehr geführt werden.<br />
Zusammenfassend kann man sagen, daß<br />
es nicht um die Frage geht, ob Kriege geführt<br />
werden, sondern wie. Denn daß<br />
Kriege geführt werden, haben die letzten<br />
Jahre gezeigt und es liegt auch in der<br />
menschlichen Natur. Es gibt Menschen mit<br />
Idealen, nur nicht alle Ideale sind miteinander<br />
zu vereinbaren. Daher gibt es<br />
Kriege. Aber ein Krieg wird gegen Organisationsformen<br />
geführt, nicht gegen einen<br />
Terrorismus. Ein solcher ist nicht möglich,<br />
dies ist nur ein Kampf gegen Luftschlößer.<br />
Der Konflikt um den Islam in Europa ist daher<br />
nicht als Terrorismus anzusehen, sondern<br />
als Teil eines Freischärlertums – zwischen<br />
den Leuten, die Europa in einer traditionellen<br />
Form erhalten wollen und den<br />
„Erneuerern“, die sich neben vielen anderen<br />
Ideen auch dem des Islamismus bedienen.<br />
Für beide Seite ist die Auffassung soldatisch<br />
zu denken und zu handeln gegeben,<br />
nur eine dritte Gruppe sieht dies<br />
nicht so, die Gruppe der „Träumer von<br />
einer besseren Welt ohne Krieg“.<br />
Umso mehr die Konflikte zunehmen, umso<br />
mehr reden sie von weltweiten Idealen.<br />
Im Endeffekt erreichen sie das Gegenteil:<br />
die hochgerüsteten Staaten ver -<br />
suchen den Krieg zu vermeiden, um ihr<br />
Volk zu schonen, die abgerüsteten Staaten<br />
provozieren mit ihrer Haltung den Krieg.<br />
Daher ist ein wehrhaftes Volk der beste<br />
Garant für den Frieden. Und auch die<br />
Bereitschaft die Interessen seines Volkes<br />
mit der Waffe zu schützen, ist ein gutes<br />
Ideal.<br />
Gerrit Winterboer<br />
(Cheruscia Dresden 2006)<br />
Essay<br />
38 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Nachrichten<br />
Anregung zu neuen Mensurklingen<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Die Fechtklinge des Paukanten ist mindestens<br />
genauso wichtig wie das Können und<br />
das Geschick selbst. In meiner Aktivzeit gab<br />
es für Österreich und die südliche Bundesrepublik<br />
einen namhaften Klingenhersteller,<br />
den alle Verbindungen kannten und der<br />
qualitativ hochwertige Klingen für den<br />
Pauk- und Mensurbetrieb anfertigte. Dieser<br />
Schmied trat jedoch vor wenigen Jahren<br />
seinen wohlverdienten Ruhestand an, wodurch<br />
es zu Engpässen kam.<br />
Dies führte dazu, dass viele metallverarbeitende<br />
Betriebe begannen Pauk- und Mensurklingen<br />
auf eigene Faust zu konstruieren<br />
und herzustellen, ohne jedoch die relevanten<br />
Anforderungen für eine Klinge genauer<br />
zu kennen. Dadurch entstand ein Wildwuchs<br />
an Klingen, der durch verschiedenste<br />
Querschnittsformen, Längen, Schliffe<br />
und vor allem Ausgangsmaterialien gekennzeichnet<br />
waren. Es kam vor, dass Paukklingen<br />
bereits nach wenigen Paukstunden<br />
sprichwörtlich zerbröselten oder dass Mensurklingen<br />
nach wenigen Gängen unbrauchbar<br />
wurden.<br />
Sollte die Klinge materialtechnisch versagen,<br />
ist dies zwar finanziell relevant, schlimmer<br />
ist jedoch die erhöhte und unberechenbare<br />
Verletzungsgefahr durch minderwertige<br />
Mensurklingen. Eines der Hauptprobleme<br />
war eine zu weiche Klinge, die<br />
sich entlang ihrer Achse verdrehte. Falsche<br />
Härtemedien, Oberflächenentkohlung und<br />
schlecht gewählte Glühzeiten verschlimmerten<br />
oftmals das Problem. Der fehlende<br />
Bezug der Hersteller zum akademischen<br />
Fechten wurde augenscheinlich.<br />
Um unnötige, schwere Verletzungen in Zukunft<br />
zu vermeiden, den Klingenwildwuchs<br />
einzudämmen, sowie dem Unparteiischen<br />
seine Klingeninspektion zu erleichtern, sollten<br />
in Zukunft die Klingen ganz genau spezifiziert<br />
werden und mit einer Art DB-Siegel<br />
„Zugelassen für Mensuren“ gekennzeichnet<br />
werden. Die DB müsste einen genauen<br />
Anforderungskatalog (Abmaße, Härte,<br />
Schliff, Querschnitt, Gewicht) für qualitativ<br />
hochwertige Mensurklingen entwerfen und<br />
gemeinsam mit einem Hersteller umsetzen.<br />
Natürlich sollen die namhaften Couleurhändler<br />
eingebunden werden.<br />
Natürlich hat jeder Studienort und jeder<br />
Comment bezüglich der Klingen seine Eigenheiten.<br />
Trotzdem sollte man damit beginnen,<br />
die Klingen gewichtsmäßig einzuteilen:<br />
Innerhalb der DB soll es in Zukunft<br />
einheitlich vier genau definierte Gewichtsklassen<br />
(0-1-2-3) geben. Auch durch einen<br />
einheitlichen Querschnitt, ist das Schleifen<br />
verschiedener Winkel (30°-45°-60°) zukünftig<br />
möglich.<br />
Wenn die DB es schafft, sich auf definierte<br />
Klingen zu einigen, könnte das Risiko komplizierter<br />
Schmisse zumindest stark reduziert<br />
werden. Es muss im Sinne jeder schlagenden<br />
Verbindung sein, seinen Paukanten<br />
bestmöglich vor vermeidbaren Verletzungen<br />
zu schützen – dazu zählt vor allem<br />
hochwertiges und qualitatives Klingenmaterial.<br />
Armin Krenn (Burschenschaft Wiking zu<br />
Mödling)<br />
Zur Person:<br />
Armin Krenn, Alter Herr der Burschenschaft<br />
Wiking zu Mödling und Student<br />
der Werkstoffwissenschaft/Metallurgie<br />
an der Montanuniversität Leoben, beschäftigt<br />
sich seit einiger Zeit mit der<br />
Herstellung, Optimierung und dem Verkauf<br />
von Klingen für den akademischen<br />
Fechtbedarf.<br />
Anfragen und weitere Informationen<br />
unter :<br />
armin.krenn@stud.unileoben.ac.at<br />
oder +43 660 6529406<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 39
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Rezensionen<br />
„Die Ausländer“<br />
Mit „Die Ausländer. Warum es immer<br />
mehr werden“ erscheint die fünfte Ausgabe<br />
der „Anstoß“-Schriftenreihe des Jugendmagazins<br />
Blaue Narzisse. BN-Mitbegründer<br />
Felix Menzel greift hier ein vermeintlich<br />
klassisches Thema „rechter“ Autoren<br />
auf. Er wagt es jedoch Perspektiven<br />
einzunehmen, die gerade im konservativen<br />
oder rechten Spektrum oftmals vernachlässigt<br />
werden. Menzel beschäftigt<br />
sich nicht vorrangig mit Existenzängsten<br />
oder prangert die Auswirkungen von Migration<br />
an. Vielmehr stellt er die Frage<br />
nach den Ursachen der weltweit expandierenden<br />
Migrationsströme und dem Umgang<br />
mit diesen. Durchweg beschäftigt<br />
sich Menzel auch mit anderen Autoren<br />
oder Migrationsforschern aus unterschiedlichen<br />
Bereichen. Ganz gleich, ob er deren<br />
Thesen oder Prognosen unterstützt oder<br />
ablehnt, unterstreicht er seine Haltung<br />
stets mit Zahlen und Fakten. Genau dieser<br />
Ansatz macht das Büchlein zu keinem politischen<br />
Pamphlet, sondern führt dem Leser<br />
die Ausmaße der Migrationsproblematik<br />
vor Augen. Menzel betreibt hier keine<br />
Panikmache, aber belegt, daß Europa<br />
selbst bei den optimistischsten Prognosen<br />
nicht nur wirtschaftspolitisch vor einer seiner<br />
größten Herausforderungen steht.<br />
Und daß die Lösung nicht die Forderung<br />
nach einer „Festung Europa“ sein kann,<br />
die ihre Verantwortung in der Weltpolitik<br />
von sich weist. Ob Flüchtlingsbewegungen<br />
oder Wirtschaftsmigration – die<br />
Gründe hierfür sind global und haben –<br />
auch – europäische Ursprünge. Wer eine<br />
Lösung für sie finden möchte, kommt nicht<br />
umher, sie auch aus einer weltpolitischen<br />
Perspektive zu betrachten.<br />
Menzel hinterfragt gar die westliche Interpretation<br />
der Menschenrechte und stellt<br />
diesen das Konzept eines „menschlichen<br />
Minimums“ entgegen. Ob dieser sehr<br />
theoretische Ansatz realpolitisch umsetzbar<br />
und hinsichtlich seines Problemlösungsansatzes<br />
überhaupt praktikabel ist, darf diskutiert<br />
werden. Aber es sind eben jene Thesen,<br />
mit denen das Buch dazu anregt, migrationspolitische<br />
Normen und Strukturen<br />
und auch die Ansätze des Autors zu hinterfragen.<br />
Rezensionen<br />
Der umfangreichste Teil ist konkreten Problemfeldern<br />
gewidmet, die nicht zuletzt<br />
auch gerne von Einwanderungsbefürwortern<br />
thematisiert werden. Ob „Fachkräftemangel“<br />
oder „Überalterung“ – Menzel negiert<br />
keines dieser Probleme. Aber er argumentiert,<br />
warum diese Probleme nicht<br />
durch Einwanderung gelöst werden können.<br />
Die Lösungsansätze der Migra -<br />
tionsbefürworter führten hingegen, neben<br />
wenigen Ausnahmen, vielmehr zur Verschlechterung<br />
der Lage aller Parteien.<br />
Es wird deutlich, daß die Migration nicht<br />
mit einfachen Lösungen zu behandeln ist.<br />
Dies wird anhand verschiedener Ansätze<br />
deutlich, welche Menzel präsentiert. Auch<br />
wenn seine Lösungsansätze teilweise zu<br />
abstrakt erscheinen und nicht immer konsequent<br />
genug wirken. Doch es ist auch<br />
nicht die Absicht Menzels, ein minuziös<br />
geplantes politisches Programm zu präsentieren.<br />
Vielmehr wird das Büchlein „Die<br />
Ausländer“ dem Anspruch der BN-Schriftenreihe<br />
gerecht und liefert Denkanstöße.<br />
Denkanstöße, die im hier behandelten Politikfeld<br />
gerade im konservativen Spektrum<br />
notwendig sein dürften.<br />
Marcel Grauf (Germania Marburg 2010)<br />
Menno Aden:<br />
„Deutsche Fürsten auf<br />
fremden Thronen“<br />
Dem ein oder anderen Jura-Studenten eher<br />
durch seine rechtswissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
bekannt, beschäftigt sich der<br />
Wirtschaftsjurist Menno Aden auch mit historischen<br />
Themen. Sein jüngstes Werk,<br />
„Deutsche Fürsten auf Fremden Thronen –<br />
Das europäische Netzwerk des Hochadels<br />
bis 1914“, beschäftigt sich mit der Bedeutung<br />
des deutschen Hochadels in den Herrscherhäusern<br />
Europas.<br />
Adens zentrale These lautet: Zu Anbruch des<br />
20. Jahrhunderts saßen auf nahezu allen<br />
wichtigen Thronen Monarchen deutscher<br />
Fürstenhäuser. So regierten 1914 zum Beispiel<br />
die Häuser Holstein-Gottdorf in Rußland,<br />
Sachsen-Coburgs in Großbritannien<br />
oder Oldenburgs in Dänemark. Die hohe<br />
Zahl Adeliger deutscher Abstammung im<br />
Ausland erklärt sich aus dem „Prinzip der<br />
Ebenbürtigkeit“: Ein Mitglied des Hochadels<br />
konnte nur heiraten, wenn der Partner<br />
einer als gleichrangig betrachteten Familie<br />
angehörte. Deutschland war aufgrund seiner<br />
Zersplitterung in Kleinstaaten mit eigenen<br />
Fürstentümern besonders geeignet, angemessene<br />
Heiratskandidaten zu stellen.<br />
Durch die Reformation konnte außerdem sowohl<br />
in katholische wie reformierte Herrscherhäuser<br />
eingeheiratet werden.<br />
Durch Familienbande und ein enges Geflecht<br />
gegenseitiger Beziehungen war der<br />
Menno Aden: Deutsche Fürsten auf<br />
Fremden Thronen – Das europäische<br />
Netzwerk des Hochadels bis 1914.<br />
Verlag Druffel & Vowinckel, gebunden,<br />
256 Seiten. ISBN-13: 978-<br />
3806112412<br />
Europäische, und mehrheitlich deutsche<br />
geprägte Hochadel, um die Jahrhundertwende<br />
zu dem diplomatischen und politischem<br />
Netzwerk auf dem Kontinent geworden.<br />
Den heraufdämmernden Weltkrieg<br />
konnte es dennoch nicht verhindern. Im<br />
Gegenteil verleitete der aufkommende Nationalismus<br />
europäische Monarchen deutsche<br />
Herkunft dazu, ihr Deutschtum zu verleugnen,<br />
um so den vermeintlichen Makel<br />
ihrer Abstammung zu kompensieren. Die<br />
Umbenennung des Hauses Sachsen-Coburg<br />
in Windsor 1917 folgt dann dieser<br />
Entwicklung, die einer Deeskalation auf internationalem<br />
Parkett sicher nicht half.<br />
Das Buch ist in zwei Teile strukturiert. Den<br />
ersten Abschnitt nimmt eine Darstellung<br />
der Situation und Geschichte des Hochadels<br />
bis 1914 ein und erklärt Funktionsweise<br />
und Regeln dieser abgeschlossenen<br />
Gemeinschaft. Im Weiteren erläutert Aden<br />
chronologisch die Entwicklung der Thronhäuser<br />
jeweils in den einzelnen Ländern<br />
und auf den „vergessenen Thronen“ wie<br />
Polen, Korsika oder Kurland. Den Anhang<br />
bilden Tabellen über die Staatsformen und<br />
jeweiligen Herrscherhäuser Europas.<br />
Der Leser merkt Aden den Juristen an,<br />
wenn er zum Beispiel unter Rückgriff auf die<br />
„lex salica“ erläutert, warum das Erbrecht<br />
für einen Thron ausschließlich über erstgeborene<br />
Söhne und dann über andere<br />
männliche Verwandte des Inhabers weitergibt.<br />
Insgesamt ist das Buch ein solides<br />
Grundlagenwerk europäischer Geschichte.<br />
Die wechselvolle Geschichte der Dynastien<br />
wird nicht heruntergespult, sondern durch<br />
viele Einlassungen, Abbildungen und Erläuterungen<br />
im historistischen Kontext geschildert.<br />
Moritz Schellenberg (Hamburger Burschenschaft<br />
Germania 2014)<br />
40 Heft 1 - <strong>2015</strong>
Rezensionen / Unsere Toten<br />
Das Vermächtnis des<br />
Richters Herbert Pautz<br />
Wieso sollte man die Familienchronik einer<br />
Person lesen, mit der man weder in irgendeiner<br />
Beziehung steht, noch daß es sich um<br />
eine historisch bedeutsame Persönlichkeit<br />
handelt?<br />
Zumindest in diesem Fall lautet die Antwort:<br />
weil man nicht nur als Außenstehender<br />
Einblicke in die Geschichte der Familie<br />
sowie in die Gedankenwelt des Herbert<br />
Pautz bekommt, sondern vor allem, weil<br />
hier die politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts<br />
aus Sicht eines einfachen Bürgers<br />
geschildert werden.<br />
„Ein Augenzeuge ist so wertvoll, wie zehn<br />
Berichte aus zweiter Hand“, sagte der römische<br />
Dichter Titus Maccius Plautus einst.<br />
Der Augenzeuge Herbert Pautz berichtet<br />
klar und ehrlich – heute würde man wohl an<br />
einigen Stellen sagen „politisch-unkorrekt“.<br />
Lobt er doch rückblickend auf seine<br />
Jugend die Pracht des alten deutschen Kaiserreiches<br />
und offenbart, daß die 20er Jahren<br />
vor allem eines nicht waren für die meisten<br />
Deutschen – golden. Positiv in jener<br />
Zeit hebt er jedoch seine Studienzeit hervor.<br />
So war der angehende Jurist Pautz bei<br />
der Berliner Burschenschaft Sigambria<br />
Charlottenburg sowie später bei Rhenannia<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Halle aktiv. „Seine Ehre hatte der Burschenschafter<br />
damals noch mit der Waffe zu verteidigen“,<br />
schreibt Pautz, „und Ehre – mit<br />
der Waffe verteidigt – wiegt schwer. Wer<br />
das nicht wollte, brauchte ja nicht eintreten.“<br />
Insbesondere vermittelt die Beschreibung<br />
der Zwischenkriegsjahre einiges über<br />
die politische Situation der damaligen Zeit.<br />
Seine Kriegserlebnisse und die Vertreibung<br />
seiner Familie aus den Ostgebieben werden<br />
anschließend ebenso beschrieben sowie<br />
politische Vorkommnisse und Veränderungen<br />
kommentiert: „In Österreich, einem<br />
der Kernländer des alten deutschen Reiches,<br />
hat man den 'österreichischen Menschen'<br />
erfunden, als ob die Österreicher<br />
nicht ebenso gut Deutsche wären wie wir.“<br />
Insgesamt ist „Das Vermächtnis des Richters<br />
Herbert Pautz“ angenehm-amüsant zu<br />
lesen. Nicht nur, weil der Rezensionist einige<br />
bekannte Orte darin wiederfand. Für<br />
den außenstehenden Leser können einzelne<br />
Passagen etwas langatmig wirken, so<br />
wird der Familienstammbaum doch sehr<br />
Detail-verliebt aufgeschlüsselt und kommentiert.<br />
Dennoch bleibt diese sympathische<br />
Chronik im Gedächtnis, vermittelt sie<br />
doch manchmal den Eindruck, man säße<br />
bei Großvater Pautz auf dem Schoß und<br />
bekommt die Geschichte lebendig vermittelt.<br />
✟<br />
Dieter Kaul (Germania Marburg), Studiendirektor a.D., verstorben in Remscheid am 24. Dezember 2010<br />
Unsere Toten<br />
Martin Dippel (Germania Marburg), Pfarrer a.D., verstorben in Kassel am 22. Januar 2011<br />
Gerd Sümenicht (Germania Marburg), Studiendirektor a.D., verstorben in Hannover am 6. Dezember 2011<br />
Günter Schmidt VI (Germania Marburg), Studienrat a.D., verstorben in Marburg am 9 Dezember 2011<br />
Dr. rer.pol. Hans-Joachim Lorenz (Hansea Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Diplom-Betriebswirt, verstorben in Hue,<br />
Vietnam, am 28. Oktober 2013<br />
Udo Themar (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Rechtsanwalt u. Notar a.D., verstorben zu Ahrensburg<br />
am 3. November 2014<br />
Dr. med. Dr. med. dent Herbert Stoppelhaar (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), praktischer Arzt,<br />
verstorben in Wolfsburg-Vorsfelde am 18. November 2014<br />
Johann Peter Meyer (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Realschulrektor a.D., verstorben zu<br />
Scheeßel am 18. Februar <strong>2015</strong><br />
Dipl.-Ing. Rainer Overlack (Libertas Brünn zu Aachen), verstorben in Bottrop am 23. Februar <strong>2015</strong><br />
Dipl.-Volkswirt Hartmut Pratschke (Suditia München 1964), Geschäftsführer, verstorben in Taino/Italien am 11. Februar <strong>2015</strong><br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 41
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
Termine<br />
<strong>Blätter</strong><br />
Neue Werbemöglichkeit<br />
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Termine / Anschriften<br />
Melden Sie Ihre<br />
Veranstaltungen<br />
bitte frühzeitig der<br />
Schriftleitung.<br />
Kurzfristige Veranstaltungshinweise, Zimmerangebote oder sonstige<br />
Bundeswerbung können nun auch auf der Internetseite der<br />
Blauen Narzisse präsentiert werden.<br />
Bei Interesse wenden Sie sich bitte direkt an die Schriftleitung.<br />
blauenarzisse.de<br />
7.–10. Mai <strong>2015</strong><br />
110. Stiftungsfest der Burschenschaft<br />
Normannia-Nibelungen zu Bielefeld.<br />
Um Anmeldung wird gebeten<br />
28.–31. Mai <strong>2015</strong><br />
Burschentag in Eisenach. Das Programm<br />
entnehmen Sie bitte der gesondert erfolgten<br />
Einladung.<br />
Stammtisch der VAB Starnberg<br />
Der VAB-Stammtisch findet von nun an jeden<br />
zweiten Freitag im Monat, ab 19 Uhr im<br />
„Gasthaus in der Au“, Josef-Jägerhuber-<br />
Straße 15 in 82319 Starnberg statt.<br />
Peter Rochell (Arminia Hannover)<br />
Anschriften der <strong>Burschenschaftliche</strong>n Amtsstellen<br />
1. Deutsche Burschschaft<br />
Vertreten durch die Vorsitzende Burschenschaft,<br />
siehe unter Herausgeber im Impressum.<br />
Verbandsobmann für Hochschul- und allgemeine Politik<br />
Patrick Koerner (Brixia Innsbruck),<br />
Innstrasse 18, A-6020 Innsbruck<br />
Telefon: +43 (0)650 3245591,<br />
E-Post: politik@burschenschaft.de<br />
Verbandsobmann für Nachwuchswerbung und Sport<br />
Fritz Hoewer (Germania Köln),<br />
Bayenthalgürtel 3, D-50968 Köln,<br />
Telefon: +49 (0)157 38836135,<br />
E-Post: nachwuchs@burschenschaft.de<br />
Beisitzer im Verbandsrat<br />
Dr. Wilhelm Haase (Saxo-Silesia Freiburg),<br />
Detmolder Straße 52 a, 33813 Oerlinghausen,<br />
Telefon: +49 (0)5202 5230,<br />
E-Post: beisitzer@burschenschaft.de<br />
Beisitzer im Verbandsrat<br />
Daniel Stock (Stauffia München),<br />
c/o Münchener Burschenschaft Stauffia,<br />
Stollbergstraße 16, D-80539 München,<br />
E-Post: beisitzer@burschenschaft.de<br />
Schatzmeister<br />
Volker-Ralf Lange (ABB Raczeks Bonn),<br />
Drachenfelsstraße 35, D-53757 Sankt Augustin<br />
Telefon: +49 (0)171 7799000<br />
E-Post: schatzmeister@burschenschaft.de<br />
Konto<br />
Deutsche Burschenschaft,<br />
Raiffeisenbank Sankt Augustin,<br />
IBAN: DE48 3706 9707 1007 0190 13,<br />
BIC: GENODED1SAM<br />
Vorsitzender des Rechtsausschusses<br />
der Deutschen Burschenschaft<br />
Christian Balzer (Rheinfranken Marburg),<br />
Barmer Straße 4, D-40545 Düsseldorf,<br />
Telefon: +49 (0)176 22365876,<br />
E-Post: rechtsausschuss@burschenschaft.de<br />
Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Walter Tributsch (Teutonia Wien),<br />
Landstraßer Hauptstraße 4, A-1030 Wien,<br />
Telefon: +43 (0)676 7379745,<br />
E-Post: presse@burschenschaft.de<br />
2. Verband der Vereinigungen Alter Burschenschafter<br />
(VVAB)<br />
Vorort des VVAB: Vereinigung Alter Burschenschafter<br />
Oberösterreich zu Linz<br />
Vorsitzender: Arch. Dipl.-Ing. Paul-Ernst Huppert (Suevia<br />
Innsbruck, Arminia Czernowitz zu Linz),<br />
Tel. +43 (0)664 5528515,<br />
Kassenwart: Mag. Wolfgang Rochowanski (Oberöster -<br />
reicher Germanen zu Wien), Tel. +43 (0)650 7222332,<br />
Kanzleiadresse: Rechtsanwälte Klicnik Lang,<br />
Taubenmarkt 1 / Domgasse 22, A-4020 Linz<br />
Über die E-Post-Adresse obmann@burschenschafter<br />
turm.at werden alle Amtsträger des Vorortes parallel erreicht.<br />
3. Bund Chilenischer Burschenschaften (BCB)<br />
B! Vulkania zu Valdivia<br />
Los Manzanos 040, CL-5110665 – Valdivia, CHILE<br />
info@bcb.cl<br />
4. <strong>Burschenschaftliche</strong>r Verein für nationale<br />
Minderheiten<br />
Vorsitzender: Dr. Bruno Burchhart (Olympia Wien),<br />
A-9184 St. Jakob i. Ros. 130, Tel.: +43 (0)664 9163853,<br />
E-Post: minderheiten@burschenschaft.de<br />
5. Burschenschaftsdenkmalverein in Eisenach<br />
Vorsitzender: Dr. Marc Natusch (Cheruscia Dresden,<br />
Rheinfranken Marburg), Leiblweg 12, D-70192 Stuttgart,<br />
Tel. +49 / (0)711 82086679, Fax +49 (0)711 82086683,<br />
E-Post: post@marc-natusch.de<br />
6. Denkmalerhaltungsverein Eisenach e.V.<br />
Thomas Mayer-Steudte (Normannia Heidelberg),<br />
Auf dem Hundshövel 6, D-46446 Emmerich am Rhein,<br />
Telefon: +49 (0)172 2093255,<br />
E-Post: thomas.mayer-steudte@t-online.de<br />
7. Sonstige burschenschaftliche Amtsstellen<br />
Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung<br />
e.V.<br />
Vorsitzender: Dr. Klaus Oldenhage (Norddeutsche und<br />
Niedersachsen, Germania Trier), Bismarckstr. 9–11,<br />
D-56068 Koblenz, Tel. +49 (0)261 36256,<br />
E-Post: k.oldenhage@online.de<br />
1. Stellvertretender Vorsitzender und Schatzmeister:<br />
Hans-Jürgen Schlicher (Alemannia München, Germania Trier)<br />
Am Zieglerberg 10, D-92331 Lupburg-Degerndorf,<br />
Tel. +49 (0)9492 6168, Fax +49 / (0)9492 7449,<br />
E-Post: hans-juergen.schlicher@gmx.de,<br />
Bankverbindung: Gesellschaft für burschenschaftliche<br />
Geschichtsforschung e.V., BW-Bank Stuttgart,<br />
Konto-Nr.: 4 320 061, BLZ: 600 501 01,<br />
IBAN: DE37 6005 0101 0004 3200 61, BIC: SOLADEST600<br />
2. Stellvertretender Vorsitzender und Schriftenempfänger:<br />
Dr. Frank Grobe M.A. (Teutonia Aachen),<br />
Dotzheimer Straße 56, 65197 Wiesbaden,<br />
Tel.: +49 (0)176 20123495,<br />
E-Post: frank.grobe@gmx.de<br />
8. Archiv und Bücherei der Deutschen Burschenschaft<br />
PD. Dr. Dr. Harald Lönnecker (Normannia-Leipzig zu Marburg,<br />
Normannia Leipzig, Germania Kassel, Ghibellinia zu<br />
Prag in Saarbrücken EM, S! Normannia-Danzig Braunschweig<br />
EM)<br />
Bundesarchiv, Potsdamer Straße 1, D-56075 Koblenz,<br />
Tel. +49 (0)172 4255965,<br />
E-Post: archiv@burschenschaft.de<br />
42 Heft 1 - <strong>2015</strong>
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 43
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