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Burschenschaftliche Blätter 2015 - 1

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<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

1/<strong>2015</strong><br />

130. Jahrgang ISSN 0341-5352 www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />

Nonkonformes Europa<br />

Die Alte Welt und ihre Zukunft – Ein Kontinent zwischen<br />

Niedergang und Renaissance.<br />

Mit Beiträgen von Martin Sellner, Carlos Wefers Verástegui,<br />

Johannes Konstantin Poensgen, Philip Stein, uvm.


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Impressum / Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong> <strong>Blätter</strong><br />

www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />

Zeitschrift für den deutschen Burschenschafter. Begründet im Januar 1887<br />

von G. H. Schneider (Germania Jena), 130. Jahrgang, Heft 1, 1. Quartal <strong>2015</strong><br />

Impressum<br />

Herausgeber: Vorsitzende Burschenschaft<br />

der Deutschen Burschenschaft<br />

Marburger Burschenschaft Germania<br />

Lutherstraße 3<br />

D-35037 Marburg/Lahn<br />

vorsdb@burschenschaft.de<br />

Verlag:<br />

Im Selbstverlag der Deutschen Burschenschaft.<br />

Schriftleiter, Anzeigen:<br />

Dirk Taphorn, M.A.<br />

(Normannia-Nibelungen Bielefeld)<br />

Postanschrift:<br />

Dirk Taphorn<br />

Postfach 32 02 07, D-01014 Dresden<br />

Telefon: +49 (0)351 16063872<br />

bbl-schriftleitung@burschenschaft.de<br />

BBl-Anschriftenverwaltung:<br />

C. F. Lindemann (Cruxia Leoben)<br />

Postanschrift:<br />

BBl-Anschriftenverwaltung<br />

Postfach 101232, D-20008 Hamburg<br />

bbl-anschriftenverwaltung@burschenschaft.de<br />

Gesamtherstellung und Vertrieb:<br />

Gieseking Print- und Verlagsservices GmbH<br />

Deckertstraße 30, 33617 Bielefeld<br />

Telefon +49 / (0)521 / 961496-55<br />

Telefax +49 / (0)521 / 98890439<br />

Erscheinungsweise:<br />

Viermal im Jahr<br />

Auflage: 7.000<br />

Bezugspreis:<br />

„Für Bezieher, die der Herausgeberin angehören, ist dieser<br />

im Verbandsbeitrag enthalten. Für Bezieher, die nicht<br />

der Herausgeberin angehören, jährlich 21 Euro zuzüglich<br />

MwSt. bei Lieferung frei Haus im Inland, 26 Euro zuzüglich<br />

MwSt. ins Ausland. Einzelhefte im Inland 6,50 Euro,<br />

zuzüglich MwSt., inkl. Porto und Verpackung. Auslands<br />

bezug 8,50 Euro zuzüglich MwSt. und Versandkosten. Bestellungen<br />

beim Schatzmeister. Adresse und Bestellformular<br />

am Ende des Heftes.“<br />

Blattlinie:<br />

Mit dem Namen des Verfassers versehene Beiträge<br />

stellen nicht immer die Meinung des Herausgebers, des<br />

Schriftleiters oder der Burschenschaft des Verfassers dar.<br />

Die Verantwortung für die in diesen Artikeln zum Ausdruck<br />

gebrachte Meinung trägt ausschließlich der Verfasser.<br />

Sie bedeutet in keinem Falle eine amt liche Stellung -<br />

nahme des Verbandes.<br />

Nachdruck:<br />

Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe („Burschen -<br />

schaftliche <strong>Blätter</strong>“, Jg., Heft, Seite, Verfasser) und mit<br />

Genehmigung des Schriftleiters gestattet.<br />

Beiträge:<br />

Wir erbitten die Zusendung aller Beiträge ausschließlich<br />

per E-Post in gängigen Digital-Formaten. Die Manuskript -<br />

richtlinien sind verbindlich und können bei der Schriftleitung<br />

angefordert werden. Handschrift liche Texte werden<br />

nicht berücksichtigt. Einsender von Bei trägen werden<br />

gebeten, sich vorher mit dem Schriftleiter in Verbindung<br />

zu setzen. Rezensionen dürfen maximal 3.000 Zeichen<br />

(inkl. Leerzeichen) umfassen. Ein Anspruch auf Abdruck<br />

von Manuskripten und zu einem bestimmten Termin<br />

besteht nicht. Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Bilder und Besprechungsexemplare wird keine Haftung<br />

übernommen. Bei einer Nichtveröffentlichung handelt<br />

es sich nicht um Zensur. Die Verfasser, auch von Leserbriefen,<br />

fügen ihrem Namen ihre Burschenschaft und das<br />

Jahr des Eintritts hinzu. Die Schriftleitung behält sich ausdrücklich<br />

Streichungen und Kürzungen vor.<br />

Redaktionsschluß:<br />

Siehe unter Mitteilungen der Schriftleitung.<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Mitteilungen der Schriftleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Martin Sellner: „Von Nouvelle Droite bis Front National“ . . . . . . . . . . . 4<br />

Moritz Schellenberg: „Ein Land am Scheideweg“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Johannes Konstantin Poensgen: „Grenzwacht PEGIDA“ . . . . . . . . . . . 8<br />

Carlos Dieter Wefer Verástegui: „Das Recht der Nationalismen“ . . . . . 11<br />

Philip Stein: „Aufstand der Kleinen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Alexander Markovics: „Vom Internet auf die Straße“ . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Armin Allmedinger: „Sonderweg Osteuropa“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Interview mit Adriano Scianca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Aus dem <strong>Burschenschaftliche</strong>n Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Jörg R. Mayer: „Warum ich Burschenschafter geworden bin“ . . . . . . . 22<br />

Interview mit Professor Menno Aden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Raphael Thiermann: „Kontrolierte Einwanderung in Gegenden der<br />

Besserverdienenden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

Nachrichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Essay: „Der Krieg und das Volk“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

Unsere Toten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong> Amtsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Die Schriftleitung informiert:<br />

Adreßänderungen für den Bezug der „<strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong>“<br />

richten Sie bitte immer an:<br />

bbl-anschriftenverwaltung@burschenschaft.de oder postalisch an:<br />

BBl-Anschriftenverwaltung, Postfach 101232, 20008 Hamburg<br />

Neues aus der BBl-Netzversion<br />

www.burschenschaftliche-blaetter.de<br />

www.facebook.com/DeutscheBurschenschaft<br />

2 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Mitteilungen der Schriftleitung<br />

Mitteilungen der Schriftleitung<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Sehr geehrte Herren Burschenschafter,<br />

liebe Leser,<br />

vergangenen Winter konfrontierte ich unseren<br />

Schriftleiter, Herrn Verbandsbruder Dirk<br />

Taphorn, mit der Idee, den zahlreichen, derzeit<br />

erstarkenden „nonkonformen Bewegungen“<br />

in Europa ein eigenes Themenheft,<br />

also eine Ausgabe unserer Burschenschaft -<br />

lichen <strong>Blätter</strong> zu widmen. Wenige Monate<br />

später halten Sie nun diese Ausgabe in den<br />

Händen, deren Schwerpunkt ich federführend<br />

planen, lektorieren und auch erstellen<br />

durfte. An dieser Stelle darf ich Ihnen bereits<br />

versprechen: Diese Ausgabe hat es in<br />

sich!<br />

Dem einen oder anderen unter Ihnen dürfte<br />

etwa das provokante Interview mit Casa<br />

Pound-Kultursprecher Adriano Scianca –<br />

immerhin geht es um Südtirol! – bitter aufstoßen.<br />

Doch wer wären wir als Deutsche<br />

Burschenschaft, als bedeutendster burschenschaftlicher<br />

Akademikerverband,<br />

wenn wir nicht auch Kontroversen zulassen<br />

würden? Sie können sich weiterhin auf eine<br />

tiefgehende, etwas andere Analyse der PE-<br />

GIDA-Bewegung freuen, einen historischen<br />

Blick auf die französische Rechte – die Nouvelle<br />

Droite – werfen oder die Entstehung<br />

der österreichischen Identitären Bewegung<br />

aus Sicht eines Mitbegründers verfolgen.<br />

Darüber hinaus stehen die politischen Situationen<br />

in Großbritannien, Spanien sowie<br />

Osteuropa im Fokus unserer Betrachtung.<br />

Es haben jeweils Personen zur Feder gegriffen,<br />

die durch längere Auslandsaufenthalte,<br />

Studienaustausch oder ethnische Abstammung<br />

einen besonderen Draht zum Thema<br />

haben. Konservative und rechte Bewegungen<br />

befinden sich derzeit im Aufwind. Werfen<br />

wir einen Blick über den Tellerrand und<br />

schauen, wer für uns Burschenschafter anschlußfähig<br />

ist.<br />

Gleichzeitig starten wir mit dieser ersten<br />

Ausgabe des Jahres <strong>2015</strong> in ein geschichtsträchtiges<br />

Jahr, das jedem unter uns, jedem<br />

Burschenschafter, das Herz höher schlagen<br />

läßt. Beeindruckende 200 Jahre burschenschaftliche<br />

Bewegung – ein Jubiläum, das<br />

seinesgleichen sucht! Dieses Jubiläum steht<br />

jedoch nicht nur für eine fortlaufende, couleurstudentische<br />

Tradition. Es steht auch, ja<br />

vor allem für einen zweihundertjährigen Freiheitskampf,<br />

an dessen Spitze wir Burschenschafter<br />

stets präsent waren. Daß wir dafür<br />

heute an einem gesellschaftlichen, politischen<br />

und medialen Pranger stehen, ist zwar<br />

grotesk, gar paradox, entbindet aber keinen<br />

Burschenschafter unserer Deutschen Burschenschaft<br />

von seiner Pflicht, für Ehre, Freiheit<br />

und Vaterland zu streiten. Sollte sich unser<br />

Verband weiterhin so entwickeln, wie er<br />

es derzeit tut, dann habe ich keinen Zweifel<br />

daran, daß die Fahne der Urburschenschaft<br />

auch in den kommenden 200 Jahren der<br />

Freiheit vorangehen wird!<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Freude mit<br />

dieser kontroversen Ausgabe!<br />

Philip Stein<br />

(Germania Marburg 2011)<br />

Stellv. Sprecher der Deutschen Burschenschaft<br />

Werte Herren Burschenschafter,<br />

zum Start in das Jubiläumsjahr <strong>2015</strong> suchen<br />

die <strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong> nach dem<br />

„nonkonformen Europa“ – nach anderen<br />

Vorstellungen und Ideen zu Politik und Gesellschaft<br />

auf dem alten Kontinent. Federführend<br />

hat Verbandsbruder Stein diesen<br />

Schwerpunkt bearbeitet und dafür junge<br />

Experten gewonnen.<br />

Daß die Jugend kontroverse Ansichten ins<br />

Spiel bringt und versucht, alte und ausgetretene<br />

Wege zu verlassen, ist nicht immer<br />

einfach und bequem. Aber bequem zu<br />

sein, kann nicht der Anspruch eines Burschenschafters<br />

sein – wie auch die vergangene<br />

Ausgabe zum Thema Sport verdeutlichen<br />

sollte. Als sich die burschenschaftliche<br />

Bewegung vor 200 Jahren gründete, war<br />

sie vor allem unangepaßt. Auch daran sollten<br />

wir denken, wenn wir uns und unsere<br />

Ideale dieses Jahr – zu Recht – ausgiebig<br />

feiern.<br />

Nur mit einem jungen Geist werden wir<br />

auch in Zukunft bestehen können. Nun aber<br />

wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre.<br />

Dirk Taphorn<br />

(Burschenschaft Normannia-Nibelungen<br />

zu Bielefeld 2003/04)<br />

Titelbild<br />

Eine Abwandlung des Motivs „Der Wanderer<br />

über dem Nebelmeer“ von Caspar<br />

David Friedrich durch den Künstler Ariald<br />

Fuhsaz.<br />

Nächste Schwerpunkte<br />

Ausgabe 2/<strong>2015</strong> widmet sich dem Thema<br />

„200 Jahre Burschenschaft“.<br />

Ausgabe 3/<strong>2015</strong> berichtet über den Burschentag<br />

<strong>2015</strong>.<br />

Redaktionsschluß<br />

Für die Ausgabe 2/<strong>2015</strong>: 22. April <strong>2015</strong><br />

Für die Ausgabe 3/<strong>2015</strong>: 15. Juli <strong>2015</strong><br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 3


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Von Nouvelle Droite bis Front National<br />

Schwerpunkt<br />

Von Martin Sellner<br />

Frankreich ist ein Land, in dem geistige<br />

Aufbrüche und Revolutionen fast schon<br />

eine paradoxe Tradition ausgebildet haben.<br />

Das trifft sowohl auf die Begründung<br />

der modernen Philosophie durch<br />

René Descartes zu, als auch auf den Beginn<br />

der Moderne mit der Französischen<br />

Revolution. Wie schaut es nun heute aus?<br />

Könnte von Frankreich aus wieder ein<br />

Impuls ausgehen, der ganz Europa erfaßt?<br />

Es ist vielleicht etwas vermessen, die „Neue<br />

Rechte“ hier zu nennen. Nach meiner Ansicht<br />

ist dieses Phänomen aber zu „unabgeschlossen“,<br />

um es überhaupt abzuhaken<br />

und irgendwo hinstellen zu können. Ja, es<br />

ist noch zu lebendig und dynamisch, um<br />

diese politische Strömung abschließend<br />

Er ist das Urgestein der intellektuellen französischen<br />

Rechten: Alain de Benoist. alaindebenoist.com<br />

bewerten zu können. Auf jeden Fall steht<br />

aber unbestritten fest, daß dieses Phänomen<br />

seinen Ursprung in Frankreich nahm,<br />

was – rein aus Erfahrung – vielleicht einen<br />

günstigen „Geburtsumstand“ für eine<br />

größere, geschichtliche Bedeutung darstellt.<br />

Diese Herkunft ist so unbestritten,<br />

daß die „Neue Rechte“ oft auch als Nouvelle<br />

Droite kursiert und untrennbar an Namen<br />

wie Alain de Benoist, Julien Freund,<br />

Pierre Vial und Guillaume Faye geknüpft ist.<br />

In diesem kurzen Abriß soll es nicht um die<br />

Frage der Rezeption der Nouvelle Droite in<br />

Deutschland, oder die Unterschiede zwischen<br />

ihr und der deutschen Neuen Rechten<br />

gehen. Zum besseren Verständnis des<br />

französischen Phänomens soll seine Entstehungsgeschichte<br />

anhand einiger Wegmarken<br />

geistig abgeschritten werden.<br />

Das rechte Lager in Frankreich<br />

Die Entwicklung von Frankreichs „rechtem<br />

Lager“ im 20. Jahrhundert weist einige Parallelen<br />

zu Deutschland auf. Die zahlreichen<br />

Einflüsse von Charles Maurras über Maurice<br />

Barrès bis hin zu „Renegaten“ wie Georges<br />

Sorel sind bekannt. Alle diese Denker haben<br />

die Rechte in ganz Europa geprägt.<br />

Bedeutend für Frankreich ist allerdings, daß<br />

das nationale Lager traditionell stark an einen<br />

Katholizismus und Royalismus gebunden<br />

ist. Das hat sich bis in die Songtexte<br />

patriotischer Rockbands niedergeschlagen.<br />

Gleichzeitig ist das, was in Frankreich als<br />

„Nation“ gilt, relativ umstritten und oft<br />

stark von Ideen der Aufklärung beeinflußt.<br />

Die französische „Willensnation“ mit ihrer<br />

zivilisatorischen fraternité (Brüderlichkeit),<br />

ihrem ius solis (Geburtsortprinzip) und inklusiven<br />

Staatsbürgerverständnis ist in der<br />

deutschen, rechten Ideengeschichte als<br />

fast schon sprichwörtlicher Antagonist, als<br />

„chemische Nation“, bekannt.<br />

Der Front National vertritt im Großen und<br />

Ganzen aus pragmatischen Gründen diesen<br />

Standpunkt. Die Tricolore und das emphatische<br />

Bekenntnis zum französischen<br />

Zentralstaat stellt die stärkste rechte Partei<br />

im gleichen Atemzug auch auf gewisse<br />

Weise in die aufklärerisch-universalistische<br />

Tradition Frankreichs. Fast alle Bewegungen,<br />

die einen ethnokulturellen Identitätsbegriff,<br />

eine identité charnelle, wie es in der<br />

entsprechenden Kreisen in Frankreich<br />

heißt, vertreten, waren und sind in Frankreich<br />

daher traditionellerweise regionalistisch,<br />

anti-etatistisch und anti-aufklärerisch<br />

eingestellt. Hier findet sich auch eine große<br />

Schnittmenge mit der katholischen Reaktion,<br />

was den starken Einfluß des Katholizismus<br />

und Traditionalismus in Frankreichs<br />

„ethno“-nationalem Lager erklären könnte.<br />

Wenn in Deutschland die Schaffung einer<br />

nationalen Einheit, gegen die „Kleinstaaterei“<br />

die Sache des populären Nationalismus<br />

und erklärtes Ziel aller Verfechter einer<br />

„Blutsnation“ war, ist in Frankreich paradoxerweise<br />

die Bindung an die Region bis hin<br />

zum Separatismus integraler Bestandteil eines<br />

„nationalen Lagers“, das sich gegen<br />

die universalistisch-aufklärerische Idee der<br />

zentralistischen Staatsnation richtet. Überhaupt<br />

kommt man mit dem Schlagwort<br />

„national“ nicht sehr weit, wenn es gilt, die<br />

unüberschaubare Vielfalt und seltsam verschlungene<br />

Entwicklung der rechten Zusammenhänge<br />

in Frankreich zu beschreiben.<br />

Selbst das Wort „rechts“ scheint sich<br />

hier rasch zu erschöpfen. In diesem, gerade<br />

für Außenstehende recht exotischem Sammelbecken<br />

– das auch für mich bei meinen<br />

Besuchen in Frankreich immer wieder neue<br />

Überraschungen bereit hielt – bildete sich<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg eine Strömung<br />

heraus, die wie keine andere an Einfluß<br />

und Bedeutung gewinnen sollte.<br />

Die Nouvelle Droite<br />

Diese Strömung war angetreten, um einen<br />

Strich zu ziehen, ideologische Abwege zu<br />

verlassen und sich die Weltanschauung des<br />

eigenen Lagers, kritisch neu zu erschließen.<br />

„Rechts“, im klassischen Sinne, wollte sie<br />

eigentlich niemals sein. Es ist daher auch<br />

kein Zufall, daß die Nouvelle Droite, also<br />

die „neue Rechte“, eher eine Feindbezeichnung<br />

war, die jener Strömung aufgedrückt<br />

wurde, die sich ab 1968 daran<br />

machte, die geistige Hegemonie dieses<br />

oben beschriebenen Lagers zu erobern. Im<br />

Wesentlichen kann man sie als einen intellektuellen<br />

Denkerzirkel beschreiben, der in<br />

Frankreich in den 70er Jahren wie aus dem<br />

Nichts auf der metapolitischen Bühne erschien.<br />

Und damit ist auch bereits ein zentraler<br />

Begriff für diese neue Strömung genannt:<br />

Metapolitik.<br />

Sie wurde von den Vertretern der Nouvelle<br />

Droite als ein politisch-revolutionäres Konzept<br />

des italienischen Marxisten Antonio<br />

Gramsci übernommen. Die eigene Intellektualität,<br />

der Abstand zu pragmatischer Parteipolitik<br />

und tagespolitischen Fragen<br />

wurde als bewußte Strategie verstanden.<br />

Man sah sich in einem Krieg der Ideen, in<br />

dem man durch die Herrschaft über die Begriffe<br />

die Debatten dominieren wollte. In<br />

diesem Krieg stand die Nouvelle Droite, sowohl<br />

gegen den herrschenden Liberalismus,<br />

gegen transatlantische und neokonservative<br />

Strömungen, als auch gegen den<br />

Marxismus verschiedenster Couleur. Ein radikaler<br />

Anti-Egalitarismus und Anti-Universalismus<br />

bildete den Kern dieser neuen<br />

Idee, die sich selbst eigentlich jenseits von<br />

rechts und links einordnete. Viele Aspekte<br />

einer „linken“ Kritik wurden aufgegriffen,<br />

während unter dem Begriff des „Totalitarismus“<br />

wesentliche Aspekte der rechten<br />

Ideologien verworfen wurden.<br />

Man grenzte sich inhaltlich scharf gegen Rassismus<br />

ab und prägte die Idee des Ethnopluralismus,<br />

in der die Vielfalt der Völker und<br />

Kulturen mit einem pluralistischen, nicht-universalistischen<br />

Wahrheitsverständnis vereint<br />

wurde. Friedrich Nietzsche und die Autoren<br />

der Konservativen Revolution wurden von<br />

den „Neuen Rechten“ gelesen. Oswald<br />

Spengler und Carl Schmitt waren die geistigen<br />

Paten dieser Denkströmung, die scho-<br />

4 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Jean-Marie Le Pen und seine Tochter Marine Le Pen dominieren den Front National (FN) seit seiner<br />

Gründung im Jahr 1972.<br />

Blandine Le Cain/flickr/CC<br />

nungslos mit Konservativen religiöser und<br />

nationaler Prägung ins Gericht gingen. Damit<br />

stand man auch in Frankreich zwischen<br />

den Fronten: auf der einen Seite waren die<br />

etablierten Ideologien und auf der anderen<br />

die alten Rechten, die hofften, in eine vermeintlich<br />

„heile Welt“ der Vergangenheit<br />

zurückflüchten zu können. „Man war für Europa<br />

und gegen den französischen Etatismus,<br />

für Griechenland und die alten Götter<br />

und gegen die abendländische und die katholische<br />

Tradition“, bringt es der deutsche<br />

Historiker Karlheinz Weißmann auf den<br />

Punkt. Dies beschreibt auch sehr schön die<br />

Ausrichtung der Nouvelle Droite, wie sie von<br />

Alain de Benoist mit der Zeitschrift Nouvelle<br />

École forciert wurde.<br />

Benoist selbst, der unumstrittene Kopf dieser<br />

Bewegung, hatte eine radikale, aktivistische<br />

Jugend hinter sich. Ebenso radikal<br />

und impulsiv wollte er nun mit einem neuen<br />

Denken und einem neuen Ansatz die Geistesgeschichte<br />

prägen. Guillaume Faye<br />

nennt sie rückblickend einen „Verband diverser<br />

Anti-Liberaler, die hofften, die gescheiterten<br />

Ideen des Petainismus, Neo-Faschismus,<br />

Katholischen Traditionalismus,<br />

Regionalismus, Kolonialismus und Poujadismus<br />

(eine in den 60er Jahren aus<br />

kleinbürgerlichen Kreisen erwachsene<br />

Strömung, die für die Besatzung Algeriens,<br />

gegen Steuern und allgemein recht<br />

populistisch für den „kleinen Mann“ eintrat.<br />

Jean-Marie le Pen erlebte in dieser Bewegung<br />

seine politische Premiere) abzu -<br />

lösen.“ In der von Studenten dominierten<br />

Organisation GRECE (Groupement de<br />

recherche et d’études pour la civilisation<br />

européenne) fand diese Strömung eine<br />

Zentrale und in der von Benoist gegründeten<br />

Zeitschrift éléments ein offizielles<br />

Organ.<br />

Das linksintellektuell dominierte Frankreich<br />

reagierte mit Faszination und Entsetzen auf<br />

diese junge, radikale, selbstbewußte Strömung,<br />

die gerade in ihrer Kritik an der jüdisch-christlichen<br />

Denktradition des Universalismus<br />

wesentliche Elemente der Postmoderne<br />

aufgriff. Hunderte Fernseh-, Radio-<br />

und Zeitungsbeiträge erschienen und<br />

rasch wurde diese Nouvelle École als Nouvelle<br />

Droite bezeichnet. Es handelt sich dabei<br />

also um einen Feindbegriff, der sich bis<br />

heute erhalten hat.<br />

Die Nouvelle Droite und der<br />

Front National<br />

Die Beziehung zwischen der Denkschule<br />

von Benoist und dem Front National (FN)<br />

Guillaume Faye (1949) war zusammen mit Alain de<br />

Benoist einer der führenden Köpfe der Nouvelle<br />

Droite. Claude Truong-Ngoc/wikimedia/CC<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

ist ein eigenes Kapitel für sich, das hier nur<br />

in groben Zügen beschrieben werden kann.<br />

Der radikale Rundumschlag der Nouvelle<br />

Droite richtete sich auch gegen den „Poujadismus“,<br />

den an wirtschaftlichen Themen<br />

orientierten, nationalen Populismus. Wenig<br />

reflektiert, plädierte die Partei in ihren Anfangsjahren<br />

gegen den „Sozialismus“ und<br />

die steuerlichen Belastungen des Mittelstandes,<br />

um im Zuge der Globalisierung vor<br />

allem für einen starken Staat und Protektionismus<br />

einzutreten. Ihre „Frankreich zuerst“-Politik<br />

bezieht sich grundsätzlich positiv<br />

auf die französische Nation, ohne allerdings<br />

genau zu klären, was das überhaupt<br />

sein soll. Zwar gegen Masseneinwanderung<br />

eingestellt, vertritt die Partei bis heute im<br />

Wesentlichen eine „law and order“-Position.<br />

Die Interessen Frankreichs und des<br />

„französischen Volkes“ sollen also mit einem<br />

starken Staat verteidigt werden. Der<br />

Front National ist damit klassisch, eurokritisch,<br />

populistisch, unreflektiert und paßt<br />

sich im typischen Pragmatismus ideologiebefreiter<br />

Tagespolitik den sich ändernden<br />

Umständen immer neu an.<br />

Die Nouvelle Droite mit ihrem selbstbewußten,<br />

ideologiekritischen Verständnis<br />

konnte das in keinster Weise ernst nehmen.<br />

Man sah die Partei, wie Guillaume Faye<br />

schreibt, als eine „Splittergruppe von Versagern“<br />

an. „Spießer, Papisten, Reaktionäre,<br />

Amerika-Unterstützer und Hurra-<br />

Patrioten“ würden darin eine Heimat finden.<br />

Tatsächlich war der Front National zur<br />

Hochzeit der Nouvelle Droite keinesfalls<br />

die dominierende und bedeutende Kraft,<br />

die sie heute darstellt.<br />

Im Wesentlichen kann man die neurechte<br />

Kritik an ihr, die auch heute nichts an Gültigkeit<br />

verloren hat, folgendermaßen zusammenfassen:<br />

Indem die Partei es versäumt,<br />

eine metapolitische Lageanalyse<br />

und eine dahingehende Strategie im<br />

Kampf der Ideen anzustrengen, verliert sie<br />

sich in kurzfristigen populistischen Wellen,<br />

die keine konstante und konsequente Linie<br />

verfolgen. Da sie die Frage nach der eigenen<br />

Identität nicht klar stellt, kämpft sie für<br />

eine diffuse „französische Bevölkerung“<br />

und ihre größtenteils wirtschaftlichen „Interessen“,<br />

ohne die Gefahr des großen ethnokulturellen<br />

Bevölkerungsaustauschs wirklich<br />

zu erkennen oder bekämpfen zu können.<br />

Auch der engstirnige eurokritische<br />

Kurs, der mit der EU die Idee Europas über<br />

Bord wirft, wurde von der Nouvelle Droite,<br />

die sich immer schon als „europäisch“ verstand,<br />

scharf kritisiert.<br />

Das Scheitern der Nouvelle<br />

Droite<br />

Trotz der beeindruckenden intellektuellen<br />

Schärfe und Weitsichtigkeit ist es um die<br />

Nouvelle Droite heute recht still geworden.<br />

GRECE oder die éléments sind nur noch<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 5


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

linken Politikwissenschaftlern oder rechten<br />

Intellektuellen ein Begriff. Der kühne<br />

Ansatz, über journalistische und denke -<br />

rische Tätigkeit, die medialen Debatten<br />

von ganz Frankreich und Europa verändern<br />

zu wollen, scheiterte. Nach einem Zenit<br />

im Jahr 1979, der tatsächlich zu einer<br />

massiven Beeinflussung des französischen<br />

Geisteslebens, zu Querverbindungen mit<br />

linken Intellektuellen bis hin zu einem<br />

Eintritt einiger GRECE-Mitglieder in die<br />

Redaktion des Figaro führte, verlor die<br />

Strömung immer weiter an Einfluß und<br />

Boden.<br />

Guillaume Faye, einer der wesentlichen<br />

„Motoren“ und Impulsgeber der französischen<br />

„Neuen Rechten“ hat in seinem Buch<br />

Archäofuturismus dieses Scheitern genau<br />

analysiert. Wesentliche Elemente sind für<br />

ihn die versponnene Intellektualität, die bis<br />

zu einer apolitischen Eitelkeit führte, die<br />

Unfähigkeit, konkrete politische Fragen anzusprechen,<br />

die Gefallsucht gegenüber<br />

dem linken Feuilleton, die in einem Distanzierungswahn<br />

mündete, sowie die Blindheit<br />

für geopolitische Fragen.<br />

Vor allem sieht Faye in gewissen radikalen<br />

Ausprägungen der Universalismus-Kritik<br />

der Nouvelle Droite einen gewissen ethnomasochistischen<br />

Zug, der die Gefahr und<br />

Bedrohung der Islamisierung und Masseneinwanderung<br />

verkannte. Die wahre Bedrohung,<br />

so immer wieder Alain de Benoist,<br />

sei der eigene Liberalismus: Die Errichtung<br />

eines Fast-Food-Restaurants sei<br />

demnach viel bedrohlicher als der Bau einer<br />

Moschee.<br />

Der Ethnopluralismus wurde so mehr und<br />

mehr zu einem multikulturellen Kommunitarismus<br />

umgedeutet, der die Verteidigung<br />

der ethnokulturellen Identität und<br />

Integrität Europas außeracht ließ. In einem<br />

affektgeladenen Anti-Amerikanismus<br />

wurde alles und jeder, der irgendwie gegen<br />

die Hegemonie der USA auftrat, automatisch<br />

als Verbündeter angesehen. Faye<br />

sieht darin auch und vor allem einen Verrat<br />

an der breiten Masse an patriotischen<br />

Franzosen, die die Nouvelle Droite als<br />

Avantgarde eigentlich hätte ansprechen<br />

und anleiten sollen. Er betont, daß das<br />

„Publikum der Nouvelle Droite von unserer<br />

Dritte Welt-Solidarität und unseren<br />

pro-islamischen Ideen“ vergrault wurde.<br />

Diese Ideen seien „ideologisch für sie absolut<br />

unverständlich“ gewesen. Man habe<br />

sie „als Ausdruck eines ‚bourgeoisen‘<br />

Denkens“ angesehen, „das gleichgültig<br />

gegenüber den Problemen der Einwanderung<br />

war oder sogar mit den nicht-jakobinischen<br />

Linken flirtete“. Sukzessive übernahm<br />

der Front National dieses Publikum<br />

und führte es als populistische Massenpartei<br />

auf einen Weg, der alles andere als<br />

jene Wende war, die die Nouvelle Droite<br />

ursprünglich im Sinn hatte.<br />

Marion Maréchal-Le Pen, die Enkelin des<br />

FN-Urgesteins Jean-Marie Le Pen, ist nicht nur<br />

politisch ein echter Hingucker.<br />

Gauthier Bouchet/wikimedia/CC<br />

Im Jahr 1998, so konstatierte damals Faye,<br />

belief sich der einzige Einfluß des Kreises<br />

um GRECE auf das persönliche Wirken jener<br />

Aussteiger, die zum Front National gewechselt<br />

waren. Er sieht ihren wesentlichen<br />

Einfluß darin, einen anti-amerikanischen,<br />

anti-transatlantischen Kurs in ihr gefestigt<br />

zu haben.<br />

Die Identitären als Erben der<br />

Nouvelle Droite?<br />

Fayes Analyse, und keiner könnte es besser<br />

wissen als er, ist meiner Ansicht nach größtenteils<br />

richtig. Die Nouvelle Droite hatte<br />

sich in intellektueller Eitelkeit so sehr auf die<br />

eigenen ideengeschichtlichen Erkenntnisse<br />

versteift, daß sie echte Metapolitik und Strategie<br />

aus den Augen verlor. Ihre oft krasse,<br />

antichristliche Stoßrichtung, die sie aus der<br />

Erkenntnis der judäo-christlichen Genealogie<br />

des liberalen und marxistischen Egalitarismus<br />

zog, verschreckte viele katholische<br />

Traditionalisten. Ihre arrogante Haltung gegenüber<br />

der mühsamen Parteiarbeit und damit<br />

dem notwendigen „populistischen“<br />

Treiben der patriotischen Massen verunmöglichte<br />

eine Zusammenarbeit.<br />

Schwerpunkt<br />

Tatsächlich, so hält Faye fest, vollzieht sich<br />

ein metapolitischer Kampf der Ideen niemals<br />

im „leeren Raum“ akademischer Debatten<br />

und gelehrter Journale, sondern<br />

braucht als Träger und Partner immer eine<br />

politische Partei und aktive Massenbewegung.<br />

Genau die hatte sich die Nouvelle<br />

Droite über ihren eitlen Intellektualismus,<br />

dessen Grund auch eine gewisse Gefallsucht<br />

gegenüber linksintellektuellen Kreisen<br />

war, vergrault.<br />

Welche Rolle kann heute die Identitäre Bewegung<br />

oder die französische Generation<br />

Identitaire (GI), die sich positiv auf die Neue<br />

Rechte beziehen, spielen? Es fehlt hier die<br />

Zeit, intensiv auf die Entwicklung dieser Jugendbewegung<br />

einzugehen, die vor einigen<br />

Jahren mit einem viralen Video und der<br />

Besetzung einer Moschee in Poitiers europaweit<br />

auf sich aufmerksam machte.<br />

Der heidnisch, volksbezogene Geist, das<br />

klare Bekenntnis zu Europa, die Ablehnung<br />

des französischen Staatsnationalismus und<br />

ein positiver Bezug auf die antike Tradition<br />

der Völker Europas waren wesentliche Elemente<br />

des Milieus, aus dem die GI als aktive<br />

Bewegung hervortrat. Wenn ihre führenden<br />

Köpfe auch oft Studenten und Intellektuelle<br />

sind, unterscheidet sich die GI aber wesentlich<br />

von der Nouvelle Droite. Als metapoli -<br />

tische Bewegung geht es ihr vor allem um<br />

Aktionen, die die mediale Schweigespirale<br />

durchbrechen und die Massen begeistern.<br />

Auf der Leseliste ihrer Aktivisten stehen<br />

eher die Bücher von Domi nique Venner und<br />

Faye als die Essay von Benoist oder Gramscis<br />

Gefängnisbriefe.<br />

Esoterische Idiosynkrasien, Sektierertum,<br />

intellektuelle „Radikalität“ und andere<br />

subkulturelle Gewächse wurden in einem<br />

jahrelangen „Reinigungsprozeß“ aus der<br />

Bewegung entfernt. Wesentlicher Erfolg<br />

ist, daß nun Christen und Heiden, erklärte<br />

Regionalisten und „Frankreich-Patrioten“,<br />

Islamkritiker und „Nationale“, Pfadfinder<br />

und Hooligans, Studenten und Arbeiter<br />

gemeinsam in einer Bewegung arbeiten,<br />

die sich auf ein identitäres Minimum geeinigt<br />

hat.<br />

Unser Autor Martin Sellner, Jahrgang 1989, studiert Philosophie<br />

(BA) sowie Rechtswissenschaften in Wien. Er ist Leiter der dortigen<br />

Identitären Bewegung (IB) und wird von vielen Kritikern<br />

sowie Sympathisanten gleichzeitig auch als einer der führenden<br />

Köpfe der gesamten österreichischen IB wahrgenommen. Sellner<br />

publizierte zuletzt in der rechtskonservativen Zeitschrift Sezession<br />

zu seinem persönlichen Idol, dem Philosophen Martin Heidegger.<br />

6 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Ein Land am Scheideweg<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Die Briten stecken im Jahr <strong>2015</strong> in einer<br />

Identitätskrise. Während das Erbe des<br />

einstigen Weltreiches allgegenwärtig<br />

scheint, ist das heutige Großbritannien<br />

mit sich selbst beschäftigt. Spätestens<br />

seit der Bankenkrise rächt sich die Deindustrialisierung<br />

und die Hinwendung zum<br />

Bankensektor und angesichts von tagelangen<br />

Unruhen (riots) in englischen<br />

Großstädten 2010 wird die gefährliche<br />

Einfalt der multikulturellen Gesellschaft<br />

sichtbar.<br />

Parlamentarisch fügt sich ein Bild, das man<br />

auch aus anderen europäischen Ländern<br />

kennt, stellenweise aber auch dem der USA<br />

ähnelt: Durch das Mehrheitswahlrecht kristallisiert<br />

sich ein Zweiparteiensystem heraus.<br />

Seit 1945 stellen entweder die konservativen<br />

Tories oder die sozialdemokratische<br />

Labour Party die Regierung. Die Liberal<br />

Democrats erzielten bei den Unterhauswahlen<br />

2010 zwar 23 Prozent der Stimmen,<br />

erreichten aber nur ca. 9 Prozent der Mandate.<br />

England wählt tendenziell konservativ,<br />

Wales und Schottland linksliberal. Die<br />

Nordiren wählen je nach Volksgruppe die<br />

irisch-republikanische Sinn Fein oder unionistische<br />

Parteien. Die nationalistische BNP<br />

hält mittlerweile nur noch eine Anzahl von<br />

kommunalen Mandaten.<br />

Das gewohnte Parteiensystem wird jedoch<br />

seit einigen Jahren durch UKIP erschüttert.<br />

Die EU-skeptische Partei setzt sich unter<br />

ihrem redegewandten Anführer Nigel Farage<br />

für den Austritt aus der EU, eine geregelte<br />

Einwanderung und mehr innere Sicherheit<br />

ein. Weitere Themen sind ein einfacheres<br />

Steuersystem, die Betonung der<br />

britischen Identität und eine Kontroverse<br />

über den sogenannten Klimawandel. UKIP<br />

verfügt neben vielen kommunalen Mandaten<br />

über zwei Sitze im Unterhaus und wird<br />

diese Zahl bei den Unterhauswahlen in diesem<br />

Jahr Umfragen zu Folge ausbauen<br />

können. Bei der Europawahl erreichten die<br />

EU-Gegner 28 Prozent und wurden somit<br />

stärkste Kraft.<br />

Daneben existieren außerparlamentarische<br />

Gruppen wie die English Defence League<br />

(EDL) oder Britain First. Diese Organisationen<br />

machen vor allem durch Demonstrationen,<br />

Flugblätter und politische Schockaktionen,<br />

die anschließend im Internet verbreitet<br />

werden, auf sich aufmerksam. Ihre<br />

Bemühungen richten sich gegen die Masseneinwanderung<br />

von Nichteuropäern<br />

nach Großbritannien und die befürchtete<br />

Islamisierung. Besonders in sozialen Netzwerken<br />

sind solche Bewegungen erfolgreich,<br />

so gefällt zum Beispiel Britain First<br />

650.000 und die EDL immerhin 180.000<br />

Facebook-Nutzern. Zum Vergleich: Die<br />

Labour Party zählt auf ihrer Seite nur 210.00<br />

„Gefällt mir“-Angaben.<br />

Die britische Jugend unterscheidet sich in<br />

ihrem Lebensstil wenig von ihrem deutschen<br />

Pendant. Eine UNICEF-Studie aus<br />

dem Jahr 2011 ergab, daß britische Heranwachsende<br />

besonders konsumfixiert seien.<br />

Das erklären die Forscher mit dem Vorhandensein<br />

einer ausgeprägten Ellenbogengesellschaft.<br />

Aus dieser Betrachtung stechen<br />

die Jugendlichen in Schottland heraus:<br />

Beim Unabhängigkeitsreferendum 2014<br />

votierte die Mehrzahl der 16–25-Jährigen<br />

für eine Abspaltung Schottlands und setzten<br />

so ein Zeichen für ein Europa der Regionen.<br />

Extrem hohe Studiengebühren - insbesondere<br />

bei den Eliteuniversitäten Cambridge<br />

und Oxford – sorgen dafür, daß junge Akademiker<br />

hoch verschuldet ins Berufsleben<br />

starten. Entsprechend teuer wird auch ein<br />

Überschreiten der Regelstudienzeit. Neben<br />

dem Anspruch, möglichst schnell das Studium<br />

zu beenden, erzeugt zusätzlich die eigene<br />

materielle Erwartungshaltung einen<br />

ökonomischen Druck, der wenig Zeit für<br />

außeruniversitäres Engagement oder gar<br />

Politik bietet. Gleichzeitig werden pseudowissenschaftliche<br />

Disziplinen wie „kritisches<br />

Weißsein“ oder „Feminismus Studien“<br />

großzügig gefördert.<br />

Politische Veränderungen in Großbritannien<br />

sind nötiger denn je. Umbrüche nehmen<br />

ihren Anfang stets in der Jugend, die<br />

sich zur Zeit noch auf Sinnsuche befindet.<br />

Sollte die britische und besonders die akademische<br />

Jugend diesen Sinn in einer<br />

Rückbesinnung auf die Werte finden, auf<br />

denen einst ein Weltreich gegründet werden<br />

konnte, ergreift sie damit die einzige<br />

Chance, in einem sich schließenden Zeitfenster<br />

ihre Heimat von der vorherrschenden<br />

Lethargie zu befreien. Nur wenn Großbritanniens<br />

Jugend aus dem Teufelskreis<br />

aus Materialismus und kultureller Selbstverleugnung<br />

ausbricht, könnten sich politische<br />

Veränderungen ihre Bahn brechen. Großbritannien<br />

steht am Scheideweg, das<br />

England in 30 Jahren wird ein grundlegend<br />

anderes sein. Das Kommende zu gestalten,<br />

ist Aufgabe der politischen Akteure und<br />

der Jugend, die eine Zukunft zu verlieren<br />

hat.<br />

Moritz Schellenberg<br />

(Germania Hamburg <strong>2015</strong>)<br />

Nigel Farage und seine UKIP haben das britische Parteiensystem erschüttert. Führt er die Briten aus der EU?<br />

Euro Realist Newsletter/flickr/CC<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 7


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Grenzwacht PEGIDA<br />

Schwerpunkt<br />

Von Johannes Konstantin Poensgen<br />

Das Jahr 2014 war vieles, doch sicher<br />

nicht langweilig. Ukraine-Krieg, Wahlerfolge<br />

zahlreicher EU-Gegner, Islamischer<br />

Staat und, als Weihnachtsgeschenk, auch<br />

noch PEGIDA. Diese Aufzählung ist keineswegs<br />

willkürlich. In der „Lügenpresse“,<br />

dem Wort oder Unwort des Jahres,<br />

wittert man inzwischen eine Achse<br />

des Bösen, die von Präsident Putin über<br />

Marine le Pen und Lutz Bachmann zu Abu<br />

Bakr al-Bagdadi reicht. Was macht PE-<br />

GIDA aus? Eine Analyse.<br />

Der Mainstream, jenes Lager von CSU bis<br />

Grüne und von der Welt bis zur taz, ist von<br />

diffusen Abstiegsängsten erfüllt. Parteien<br />

und Medien fürchten den Verlust der eigenen,<br />

prädestinierten Stellung. Bedauerlicherweise<br />

müssen wir diese Ängste ernst<br />

nehmen. Denn die Reaktionen auf PEGIDA<br />

haben den latenten Bürgerkrieg auf eine<br />

neue Stufe gehoben. Wem diese Formulierung<br />

zu hart erscheint, der denke einmal<br />

über die folgerichtige Fortentwicklung der<br />

bisherigen Maßnahmen nach. Angefangen<br />

mit der Diffamierung der Bewegung in der<br />

gesamten „Systempresse“, über die Weigerung<br />

PEGIDA vor Terroranschlägen zu<br />

schützen, die Duldung des schwerkriminellen<br />

Treibens der Leipziger Antifa, bis zum<br />

Verbot der LEGIDA-Demonstration am<br />

9. Februar <strong>2015</strong> durch staatliche Behörden<br />

– die Repression eskalierte beständig!<br />

Doch wer kämpft hier gegen wen? Diese<br />

Frage erschöpft sich nicht in Studien über<br />

den sozialen Hintergrund von Demonstrationsteilnehmern.<br />

In Deutschland ist mit einiger<br />

Verspätung ein Kampf entbrannt, der in<br />

vielen unserer europäischen Nachbarländern<br />

bereits seit einem Jahrzehnt tobt. Dieser<br />

Kampf ist an keiner einzelnen Streitfrage<br />

wirklich festzumachen. Je weiter er<br />

voranschreitet, desto deutlicher schälen<br />

sich zwei Lager heraus, die mehr als grob<br />

mit „rechts“ und „links“ bezeichnet werden.<br />

Es gibt aber nicht nur einen, sondern<br />

eine ganze Reihe von Punkten, die in unterschiedlichsten<br />

Themenbereichen beide Lager<br />

trennen. Euro, EU, Einwanderung, Islamisierung,<br />

Familienpolitik, Bildungswesen,<br />

Volksabstimmungen – doch nichts davon<br />

taugt als binäres Unterscheidungsmerkmal.<br />

Jeder dieser Punkte trennt jedoch zwei Lager,<br />

die beide für sich in Anspruch nehmen,<br />

Volk und Demokratie zu vertreten.<br />

Die herrschende „Linke“ untermauert ihren<br />

Anspruch die Allgemeinheit zu vertreten<br />

dadurch, daß sie die herrschenden Parteien<br />

sowie die als seriös eingestuften Medien<br />

kartelliert. Die politische „Rechte“ bezieht<br />

ihren Anspruch darauf, eine „schweigende<br />

Mehrheit“ zu vertreten, durch die Organisation<br />

von Alternativmedien, vor allem aber<br />

von Graswurzelbewegungen, die sich gerade<br />

dadurch auszeichnen, trotz des medialen<br />

Gegenwindes erfolgreich zu sein. PE-<br />

GIDA und Konsorten sind deshalb ein doppelter<br />

Schlag gegen das herrschende System.<br />

Denn daß eine Handvoll Privatleute<br />

Woche für Woche Demonstrationen auf die<br />

Beine stellten, die an Zahlenstärke mit denen<br />

gleichzogen, die von der Gegenseite<br />

mit weit größeren Mitteln organisiert wurden,<br />

hat deren Anspruch „die Bevölkerung“<br />

zu repräsentieren, deutlich geschmälert,<br />

gar öffentlich bloßgestellt. Besonders<br />

zentral ist jedoch der von PEGIDA<br />

etablierte Begriff der „Lügenpresse“. Denn<br />

durch ihn wird den großen Leitmedien genau<br />

das abgesprochen, was sie überhaupt<br />

so wirkmächtig macht: „die Seriosität“.<br />

Die „Systempresse“<br />

als Herrschaftsinstrument<br />

Letzten Endes kommt die Macht immer aus<br />

den Gewehrläufen. Doch ein politisches System<br />

funktioniert wesentlich reibungsfreier,<br />

wenn das Volk die jeweilige Herrschaft als<br />

legitim betrachtet. In demokratischen Staaten,<br />

die sich die Ideologie der Herrschaftslosigkeit<br />

auf die Fahne geschrieben haben,<br />

ist die Presse sogar das wichtigste Herrschaftsinstrument.<br />

Im Verlauf des letzten<br />

Jahrhunderts bildete sich in jedem Land<br />

der sogenannten „freien Welt“ eine inzestuöse<br />

„Systempresse“ heraus, die in allen<br />

wichtigen Fragen einer Meinung ist und<br />

vom überwältigenden Teil des Volkes als<br />

seriös eingestuft wird. Eine „Systempresse“<br />

westlich-demokratischer Prägung ist das<br />

Monopol eines Milieus auf die als seriös<br />

geltende veröffentlichte Meinung. Sie ist<br />

wesentlich gefährlicher als jedes staatlich<br />

gelenkte Pressemonopol, weil sie die Zensur<br />

verschleiert. An die Stelle des für alle<br />

Umbrüche entzünden sich zumeist an einem Funken. Rund 70 Verbandsbrüder schürten die Flammen von PEGIDA.<br />

Enrico Schneider/PixelWunder<br />

8 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Die Farben der Urburschenschaft bereicherten bisher so ziemlich jede PEGIDA-Veranstaltung.<br />

Die DB mittendrin!<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

denen aus PEGIDA bekämpft wird. Die gegenwärtige<br />

Auseinandersetzung findet unter<br />

dem Schatten eines sich anbahnenden<br />

ethnischen Konfliktes statt. Aber es handelt<br />

sich (noch) nicht um einen Kampf zwischen<br />

Völkern oder Religionen. Ist es also ein<br />

weltanschaulicher Konflikt? Damit kommt<br />

man der Sache näher, trifft sie aber doch<br />

nicht ganz. Auf beiden Seiten stehen<br />

„breite Bündnisse“. PEGIDA und Konsorten<br />

reichen vom versprengten „rechten<br />

Rand“ bis in die bei Soziologen ebenso gefürchtete<br />

Mitte der Gesellschaft. Daß die<br />

„Ritter der Weltoffenheit“ heute für die Homosexuellen<br />

und morgen für die Moslems<br />

in den Kampf ziehen, ist inzwischen auch<br />

ein älterer Witz. Der Begriff der Weltanschauung<br />

erlaubt eine Annäherung insoweit,<br />

als auf beiden Seiten Schlagworte und<br />

Programme herumschwirren, auf die man<br />

sich bei Bedarf beruft. Die herrschende<br />

Linke versucht die sie herausfordernde<br />

Rechte mit dem Vorwurf zu treffen, sie sei<br />

nur von diffusen Ängsten getrieben. Diesen<br />

Vorwurf könnte man jederzeit in die andere<br />

Richtung zurückschleudern. Er trifft auf<br />

beide Seiten zu.<br />

sichtbaren Propagandaministeriums tritt<br />

das Milieu der Meinungsmacher. Ein Klüngel,<br />

der sich durch die bevorzugte Aufnahme<br />

weltanschaulich verwandter Nachwuchsjournalisten<br />

selbst reproduziert. Dieses<br />

Milieu, in seinem Aufbau der politischen<br />

Kaste der Parteienoligarchie nicht<br />

unähnlich, ist die schärfste Waffe des „linken“<br />

Lagers. Mehr als jede andere Institution<br />

formt die Presse die öffentliche Meinung.<br />

Was aber kein Mediensystem produzieren<br />

kann, ist Wirklichkeit. Vielmehr produziert<br />

die „Systempresse“ Wahrheiten. So<br />

schrieb Oswald Spengler etwa: „Drei Wochen<br />

Pressearbeit, und alle Welt hat die<br />

Wahrheit erkannt. Ihre Gründe sind so<br />

lange unwiderleglich, als Geld vorhanden<br />

ist, sie ununterbrochen zu wiederholen.“<br />

Aber Wirklichkeit? Was das eigentlich ist,<br />

wissen wir gar nicht so recht. Es ist deshalb<br />

leicht, sich in seinen Wahrheiten einzurichten,<br />

solange um uns herum die Welt funktioniert.<br />

Und solange diese Wahrheiten<br />

Deutungsmuster für das bereitstellen, was<br />

um einen herum geschieht, gibt es für den<br />

durchschnittlichen Bürger keinen Grund,<br />

daran zu zweifeln.<br />

Nur was, wenn die Wirklichkeit außer Kontrolle<br />

gerät? Wenn die gültigen Deutungsmuster<br />

mit jedem verstreichenden Jahr absurder<br />

werden? „Das große Experiment<br />

vom neuen, globalisierten, jederzeit austauschbaren<br />

Menschen ohne Heimat ist unseren<br />

Politikern über den Kopf gewachsen.“<br />

Dieser Satz aus der Rede Götz Kubitscheks<br />

auf der PEGIDA-Kundgebung von 9.<br />

Februar <strong>2015</strong> beschreibt nicht nur den Anlaß,<br />

sondern auch die tiefere Stoßrichtung,<br />

die dem Protest gegen das polit-mediale<br />

Establishment in ganz Europa innewohnt.<br />

Der Vorwurf lautet: Ihr habt die Lage nicht<br />

mehr im Griff! Und zwar nicht nur hier oder<br />

dort. Euch entgleitet die Gesamtsituation.<br />

Anstatt das in Ordnung zu bringen, tischt<br />

ihr uns ein Märchen nach dem anderen auf.<br />

Mit dem Schlagwort „Lügenpresse“ ist PE-<br />

GIDA ein brillanter Streich gelungen. Aus<br />

einer Bewegung, die sich ursprünglich nur<br />

der Islamisierung des Abendlandes entgegenstellen<br />

wollte, wurde ein Mißtrauensvotum<br />

gegen den Teil des herrschen Systems,<br />

der bisher bei allem Unmut über die journalistische<br />

Zunft praktisch unangreifbar war.<br />

Weit stärker noch als die Politiker der etablierten<br />

Parteien, waren die Journalisten<br />

der Leitmedien als Kaste durch die kartellierten<br />

Strukturen ihres Gewerbes gesichert.<br />

Durch die Verschlagwortung zur „Lügenpresse“<br />

sind diese Strukturen greifbar<br />

und damit angreifbar geworden. Deshalb<br />

bellen die getroffenen Hunde der „Lügenpresse“<br />

über diese Bezeichnung ihrer<br />

selbst in einer neuen Lautstärke und Tonhöhe.<br />

Das mediale Trommelfeuer zwischen<br />

Dezember und Januar übertraf alles, was<br />

die Bundesrepublik seit Jahren in dieser<br />

Hinsicht erlebt hatte.<br />

Das „Eigene“ von links und<br />

rechts<br />

Was unterscheidet im Kern zwei Lager, die<br />

sich auf der Oberfläche in einer Vielzahl von<br />

Punkten streiten? Auch wenn die Demonstrationen<br />

sich dem Namen nach gegen die<br />

Islamisierung des Abendlandes richten, stehen<br />

doch auf der anderen Seite der Polizeiabsperrungen<br />

fast ausschließlich Deutsche.<br />

Noch mehr Deutsche findet man in den<br />

Parteibüros und Redaktionsstuben, den<br />

Gewerkschaftshäusern und Kirchen, von<br />

Kann man den Konflikt auf die „Verteidigung<br />

des Eigenen“ (Martin Lichtmesz) und<br />

eine dem gegenüberstehende „Verachtung<br />

des Eigenen“ (Frank Lisson) herunterbrechen?<br />

Wenn man unter dem „Eigenen“<br />

nur Deutschland, Europa oder das Abendland<br />

verstünde, so hätte man es damit wohl<br />

getroffen. Aber auch die andere Seite hat<br />

ein „Eigenes“, und die hysterische Reaktion<br />

auf PEGIDA scheint sich nicht zuletzt<br />

aus der Angst vor dem Verlust dieses „Eigenen“<br />

zu speisen. Das „Eigene“ des „linken“<br />

Lagers ist keine Einheit. Dieses „Eigene“<br />

reicht von den klischeehaften Reggae-Nächten<br />

linker Jugendlicher bis zum<br />

Weltbürgertum des Jetsets. Bürgerliche<br />

Mittelschicht und Parteifunktionäre, orientalische<br />

Migranten und Homosexuelle, Eurokraten<br />

und autonome Randalierer teilen<br />

sich weniger eine Lebenswelt, als daß sie<br />

eine unter sich aufteilen. Der Teilungsschlüssel<br />

ist ein gesellschaftlicher Grundkonsens,<br />

den zu definieren völlig sinnlos<br />

wäre, da er nie aus mehr als ein paar<br />

Schlagworten bestand. „Demokratie“, „Toleranz“<br />

oder „Soziale Marktwirtschaft“, anhand<br />

solcher Leitlinien kann man irgendwie<br />

miteinander oder besser nebeneinander leben.<br />

Freilich gehörten auch hier nie alle<br />

dazu. Nationalisten oder streng gläubige<br />

Christen müssen draußen bleiben, gar vehement<br />

bekämpft werden.<br />

Der Kampf zweier Welten<br />

An dieser Stelle beginnen sich die Verhältnisse<br />

zu verschieben. Damit sind wir wieder<br />

bei der außer Kontrolle geratenen Wirklichkeit.<br />

Die Initialzündung für PEGIDA waren<br />

die Krawalle, die auf deutschem Boden zwischen<br />

Kurden und den Sympathisanten des<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 9


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Schwerpunkt<br />

Nachdem viele glaubten, PEGIDA sei tot, folgte die Überraschung. Rund 10.000 Spaziergänger vor der Frauenkriche in Dresden.<br />

Islamischen Staates ausbrachen. Aber dies<br />

erklärt kaum den rasanten Anstieg, den PE-<br />

GIDA innerhalb kürzester Zeit verbuchen<br />

konnte. Es zeichnet sich ab, daß der Platz in<br />

der geteilten Lebenswelt enger wird und<br />

daß jene breite, aber schlecht organisierte<br />

Gruppe, die man als bürgerliche Mittelschicht<br />

bezeichnet, dabei den kürzeren ziehen<br />

wird. Unter den Problemfeldern, auf<br />

denen sie das Nachsehen hat, stechen zwei<br />

heraus:<br />

Zunächst wäre da die Masseneinwanderung.<br />

Mit der neuesten Asylantenflut zeigte<br />

sich einmal mehr, daß ein entgrenztes Menschenrechtsverständnis<br />

in diesem Land<br />

wichtiger ist, als die Lebenswelt der eigenen<br />

Landsleute. Eines der beachtlichsten<br />

Phänomene, die man kurz vor dem Auftreten<br />

von PEGIDA in Deutschland beobachten<br />

konnte, war die Unterbringung von Asylanten<br />

in den besseren Wohngegenden.<br />

Damit hat die Politik eine unausgesprochene<br />

Vereinbarung verletzt. Die Masseneinwanderung<br />

erfolgte bis dahin so,<br />

daß die Negativfolgen weitestgehend auf<br />

die deutsche Unterschicht beschränkt blieben.<br />

Unter dem jüngsten Andrang war dieses<br />

Prinzip nicht zu halten und es zeigte<br />

sich, daß viele Leute nicht mehr so weltoffen<br />

und tolerant sind, wenn die Zigeuner<br />

ins eigene Viertel kommen. Die „Eurorettung“<br />

hat bereits in Gestalt der Alternative<br />

für Deutschland (AfD) eine beachtliche Gegenreaktion<br />

hervorgerufen. Hier ist es nicht<br />

direkt die Lebenswelt der Mittelschicht die<br />

angegriffen wird, aber die Angst vor dem<br />

Verlust der eigenen Ersparnisse und die<br />

Unverschämtheit einer „Eurorettung“ machen<br />

immer größeren Teilen des Volkes<br />

klar, daß sie Bürger zweiter Klasse sind, deren<br />

Interessen hinter denen der Banken<br />

und den Lebenslügen der Europafanatiker<br />

zurückstehen müssen. Vor diesem Hintergrund<br />

ist PEGIDA Aktion und Symptom zugleich.<br />

PEGIDA ist einmal ein Schlag gegen<br />

die Schweigespirale der Bundesrepublik.<br />

Zum anderen zeigt aber die bloße Existenz<br />

einer solchen erzdemokratischen Bewegung<br />

an, in welchem Maße das durchgehend<br />

FDGO-kompatible Bürgertum aus<br />

dieser Republik hinausgedrängt wird.<br />

Es klafft inzwischen ein Riß durch Deutschland<br />

und teilt jene, die sich im herrschenden<br />

System eingerichtet haben oder gar davon<br />

profitieren, von denen, denen immer unverhohlener<br />

gezeigt wird, daß für sie keine<br />

Platz ist. Daß sie in der schönen neuen Welt<br />

nur stören. Die Fronten verhärten sich zusehends,<br />

da beide Seiten nach und nach merken,<br />

daß der Gesellschaftsentwurf der Gegenseite<br />

ihre Lebenswelt zerstören würde.<br />

Bleiben die Deutschen eine Nation, oder<br />

soll auf deutschem Boden ein buntes Völkergemisch<br />

siedeln? Bleibt Deutschland<br />

souverän oder geht es in der EU auf? Aber<br />

auch welches Familienbild und welche Geschlechterrollen<br />

gelten als normal und sind<br />

damit normativ? Keine dieser Fragen kann<br />

durch das pluralistische „soll doch jeder machen<br />

was er will“ beantwortet werden.<br />

Beide Seiten werden um ihre Welt kämpfen,<br />

sie können gar nicht anders.<br />

Und was wird aus PEGIDA? Demonstrationen<br />

sind ein Rammbock im öffentlichen<br />

Diskurs. Als solcher Rammbock hat PEGIDA<br />

ein dickes Loch in die Schweigespirale der<br />

politischen Korrektheit gestoßen. Die Demonstranten<br />

werden wieder nach Hause<br />

gehen. Aber die nächste Protestwelle<br />

kommt so sicher wie das Amen in der Kirche.<br />

Um das zu verhindern, müßte die Politik<br />

jenen Deutschen, die Deutsche seine<br />

und bleiben wollen, mehr bieten als Be -<br />

leidigungen und eine düstere Zukunft.<br />

Das könnte sie vielleicht, aber sie will es<br />

nicht.<br />

Unser Autor Johannes Konstantin Poensgen, Jahrgang 1992,<br />

studierte zwei Semester Jura in Bayreuth, wechselte danach zum<br />

Studium der Politikwissenschaft und Geschichte nach Trier. Seit<br />

2013 ist er Autor des Jugendmagazins Blaue Narzisse, wo er im<br />

Herbst 2014 ebenfalls ein Praktikum absolvierte. Poensgen<br />

schreibt dort vor allem zur Außenpolitik und zu politischen Theorie.<br />

10 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Das Recht der Nationalismen<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Von Carlos Dieter Wefers Verástegui<br />

Mit der simulierten Volksbefragung der<br />

Katalanen vom 9. November 2014 ist das<br />

Problem der nicht-spanischen Nationalismen<br />

erneut einer deutschen Öffentlichkeit<br />

ins Bewußtsein gerückt. Die Deutschen<br />

haben längst begriffen, daß es in<br />

Spanien Nationen gibt, die für ihre Unabhängigkeit<br />

kämpfen. Nur läßt der Deutschen<br />

Wissen darüber meist zu wünschen<br />

übrig.<br />

Sympathiegefühle, unkritisch rezipierte Allgemeinplätze<br />

wie „das urwüchsige Volk der<br />

Basken“ oder „die fleißigen Katalanen“ anstelle<br />

von fundierter Sachkenntnis sowie<br />

Fehlinformationen, die den deutschen Medien<br />

mundfertig von den Propagandaleuten<br />

des katalanischen Nationalismus, wie<br />

Bayern-Trainer Josep „Pep“ Guardiola, geliefert<br />

werden, verhindern die sachliche<br />

Auseinandersetzung mit dem Phänomen<br />

der Spanien abholden Nationalismen. Aufklärungsarbeit<br />

zu leisten, ist schwer. Vor allem<br />

dann, wenn sich dazu noch Wunschvorstellungen<br />

gesellen, die wohl auch einer<br />

gewissen Schadenfreude nicht entbehren<br />

mögen.<br />

Seit über 200 Jahren ist die spanische Gesellschaft<br />

mit ihrer Selbstzersetzung beschäftigt.<br />

1815, als Spanien noch ein Überseereich<br />

war, gab es keinen baskischen und<br />

katalanischen Nationalismus. Die Mär, daß<br />

die „Katalanen“ im Zuge des spanischen<br />

Erbfolgekrieges (1700–1714) erobert, „Katalonien“<br />

von Spanien annektiert worden<br />

seien, war damals undenkbar. Diejenigen<br />

katalanischen Eliten, Adel, Klerus, hohes<br />

Bürgertum, die den Habsburger Karl (später<br />

Kaiser Karl VI.) unterstützt hatten, hielten<br />

bis zu ihrem Weg ins Exil (1713/15) und<br />

darüber hinaus genau so zu Spanien, wie es<br />

1815 die vom bourbonischen Zentralismus<br />

und Absolutismus vereinnahmten Katalanengenerationen<br />

taten. Gerade derselbe<br />

Absolutismus und Zentralismus war<br />

es auch, der sich in den ersten Jahrzehnten<br />

des 19. Jahrhunderts verpflichtete, den<br />

Sonderrechten (fueros) der jeweiligen<br />

Landstände (diputaciones generales) in den<br />

drei baskischen Provinzen Álava, Vizcaya<br />

und Guipúzcoa sowie dem Königreich Navarra<br />

den Garaus zu machen. Mit derselben<br />

Hartnäckigkeit, mit der die Stände sich zu<br />

behaupten versuchten, verteidigten sie<br />

aber auch Einheit und Charakter der spanischen<br />

Monarchie. Sonderrechte, ohne in<br />

die Monarchie eingefügt zu sein – kam keinem<br />

dieser Edelleute in den Sinn.<br />

1833 führten ein Streit in der Thronfolge sowie<br />

unversöhnliche Gegensätze zwischen<br />

Anhängern des ancien régime und jenen<br />

des Liberalismus zum Bürgerkrieg. Dabei<br />

hieß es nicht: „Spanier gegen Basken“,<br />

sondern Parteiung gegen Parteiung, Legitimisten<br />

gegen Liberale, Carlistas gegen Cristinos.<br />

Ganz Spanien war gespalten, nur<br />

hielten und organisierten sich die legitimistischen<br />

Karlisten in den baskischen Provinzen<br />

sowie Navarra besser als anderswo und<br />

fanden dort auch mehr Rückhalt. Unter dem<br />

Eindruck der militärischen Niederlage von<br />

1876 gegenüber dem „liberalen Spanien“<br />

sowie veränderten sozialen und wirtschaftlichen<br />

Bedingungen entwuchs dem baskischen<br />

Karlismus der nationalistische Sproß:<br />

Aus der Enttäuschung, Gott, Vaterland und<br />

„König“, d.h. die legitime Dynastie, nicht<br />

mehr in ihre alten Rechte eingesetzt zu sehen,<br />

sowie gewissen historischen Reminiszenzen,<br />

wie den Sonderrechten und der<br />

„allgemeinen edlen Abstammung aller Basken“<br />

(hidalguía universal), ward der Traum<br />

eines urwüchsigen baskischen Volkes herausgezaubert.<br />

Der neue baskische<br />

Nationalismus<br />

Dieser Nationalismus der Baskischen Volkspartei<br />

(PNV) war seiner Abkunft nach klerikal<br />

und antimodern. Folglich stellten ihn Erfahrungen<br />

mit der modernen und antiklerikalen<br />

Zweiten Spanischen Republik<br />

(1931–1939) vor ein Dilemma: Er befürwortete<br />

sie, insoweit sie seinen Autonomiebestrebungen<br />

nachkam, verabscheute sie<br />

aber dennoch wegen ihres Antiklerikalismus.<br />

Der Putsch General Francos vom 18.<br />

Juli 1936, der sich zum Ziel nahm, dem radikalen<br />

republikanischen Treiben ein Ende<br />

zu setzen, beschleunigte den inneren Bruch<br />

der PNV: Während der ältere Bruder des<br />

Nationalismus, der immer noch lebendige<br />

Karlismus in Álava und Navarra wieder einmal<br />

für Gott, Vaterland und Sonderrechte<br />

aufstand, und Franco in seinem Kampf gegen<br />

die verhaßte Republik nach Kräften unterstützte,<br />

wurden die Ereignisse des Sommers<br />

1936 der PNV zur definitiven Feuer-<br />

Die Katalanen protestieren leidenschaftlich und entschlossen für die Unabhängigkeit ihrer Nation. Wann kommt das offizielle Referendum?<br />

Merche Pérez/flickr/CC<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 11


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Schwerpunkt<br />

Eine katalanische Kundgebung am 10. Juli 2010 in Barcelona unter dem Motto: „Wir sind eine Nation. Wir entscheiden!“<br />

amadalvarez/wikimedia/CC<br />

probe. Die Republik, obzwar links, modern<br />

und antiklerikal, versprach Autonomie im<br />

Sinne des demokratischen Selbstbestimmungsrechts<br />

der Völker. Franco erhob sich<br />

zwar im Namen des spanischen Nationalismus<br />

und Zentralismus, sein Putsch aber<br />

wurde von der Kirchenhierarchie schnell<br />

zum „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“<br />

deklariert. Zudem brachte der Kampf gegen<br />

die Republik die Hoffnung, die legitimistische<br />

Linie der Bourbonen doch noch<br />

„restaurieren“ zu können. Kurzum, die PNV<br />

brach entzwei, ein Teil ging offen zu den<br />

Karlisten über, der andere hielt es bis zum<br />

Schluß mit der Republik.<br />

Während der Franco-Dikatur (1936–1975)<br />

diversifizierten sich die Trägergruppen des<br />

baskischen Nationalismus. Die PNV, teils im<br />

Exil, teils im Untergrund, stand bald nicht<br />

mehr allein da. Im Kampf gegen Franco waren<br />

dem baskischen Nationalismus neue<br />

Generationen erstanden, die betont links<br />

waren und sich durch rein nationalistische<br />

Zielsetzungen von ihren reaktionären Vettern<br />

und Vätern (Karlisten und alte PNV) unterschieden.<br />

Dazu gehörte die Terrororganisation<br />

ETA.<br />

Das Verhältnis der PNV zum spanischen Nationalstaat<br />

ist bis heute ein zwiespältiges geblieben.<br />

In diesem Zusammenhang spricht<br />

der baskische Historiker Santiago de Pablo<br />

von einem „patriotischen Pendel“: Je nachdem,<br />

wer gerade am Ruder ist, strebt die<br />

PNV bald nach mehr Autonomie, bald<br />

nimmt sie mehr Kurs auf die Unabhängigkeit.<br />

Trotzdem arbeitet alles in der PNV bewußt<br />

oder unbewußt auf die Unabhängigkeit<br />

hin. Den linken radikalen Gruppierungen<br />

hingegen ist vollkommen klar, daß ihr<br />

Ziel nur die Unabhängigkeit sein kann. Objektive<br />

Gründe für die Unabhängigkeit gibt<br />

es nicht, auch sind Basken nicht „rein“, also<br />

ohne spanischen oder sonstigen „fremden“<br />

Einschlag geblieben. Die heutigen „Basken“<br />

sind in ihrer Mehrzahl ein rezentes vielschlägiges<br />

Mischmasch, eine „De-facto-Nation“,<br />

die auch staatsrechtlich Nation zu sein anstrebt.<br />

Als Gründe für die Unabhängigkeit<br />

können die Nationalisten nur angeben, daß<br />

es eben der „baskischen Gesellschaft“ bzw.<br />

der „Basken“ Wille sei, von Spanien loszukommen.<br />

Der Weg der Katalanen<br />

Einfacher stellt sich der Fall für die Katalanen<br />

dar. Auch sie haben nie einen Nationalstaat<br />

besessen. Katalonien war gegen<br />

Ende des 15. Jahrhunderts Bestandteil der<br />

föderativen Krone Aragoniens, eine aus<br />

feudalen Überresten (Grafschaften, Unterkönigreichen,<br />

Landständen und eigenständigen<br />

Territorien usw.) zusammengesetzte<br />

Monarchie, zu der auch einige Mittelmeerinseln,<br />

Teile Italiens sowie Südfrankreichs<br />

gehörten. Und mit Aragonien fügte sich<br />

auch Katalonien in die spanische Monarchie<br />

ein. Alle „katalanischen“ Aufstände bis<br />

ins 18. Jahrhundert hinein waren lediglich<br />

ein Aufbegehren eines mehr oder minder<br />

großen Teils der dortigen Oligarchien gegen<br />

die erstarkende Königsmacht. Erst die<br />

wirtschaftliche Modernisierung Kataloniens<br />

im „liberalen“ 19. Jahrhundert und die kulturelle<br />

und politische Selbstbesinnung auf<br />

die eigenen „Wurzeln“ (Renaixença) führten<br />

zur Ausdifferenzierung eines katalanischen<br />

Nationalbewußtseins, das erst spät<br />

anti-spanisch ausartete.<br />

Im Unterschied zum baskischen, war der katalanische<br />

Nationalismus viel „moderner“<br />

ausgerichtet. Es lag in seiner Dialektik, sich<br />

von seinen bürgerlichen Positionen aus immer<br />

weiter nach links, bis hin zum Anarchismus<br />

zu verschieben. Während der baskische<br />

Nationalismus der PNV noch um 1930<br />

die verlorene „Gemeinschaft“ idealisierte,<br />

standen die Katalanen ideologisch bereits<br />

inmitten der individualistischen „Wirtschaftsgesellschaft“.<br />

Jenes radikaldemokratische<br />

Ferment hat der katalanische Nationalismus<br />

in seine Erbmasse mit aufgesogen.<br />

Als in den ersten Jahrzehnten des<br />

Franco-Regimes die katalanische Sprache<br />

und Kultur unterdrückt waren, war die ideologische<br />

Fusion von Demokratismus und<br />

Katalanismus bereits vollzogen. Im kollektiven<br />

Bewußtsein der meisten demokratisch<br />

gesinnten Spanier wurden der Kampf gegen<br />

Franco und für Katalanentum (aber<br />

auch für das „baskische Volk“) und „Demokratie“<br />

zu einer festen Gleichung hochstilisiert,<br />

während der überzogene spanische<br />

Nationalismus der Franco-Anhänger das<br />

Prestige der spanischen Nationalidee überhaupt,<br />

bis in die Gegenwart hinein, zerstörte.<br />

Der spanische Nationalstaat als<br />

einzige Lösung<br />

Das Intermezzo des Franco-Regimes hat<br />

den Niedergang Spaniens nicht aufgehalten,<br />

es war selbst nur ein weiteres Symptom<br />

desselben. Mit Einzug der Demokratie haben<br />

dann die allgemeine Kurzsichtigkeit,<br />

der Zynismus und Opportunismus der kulturellen,<br />

sozialen und ökonomischen Eliten<br />

sowie die persönliche Unzulänglichkeit aller<br />

politischen Führer, denjenigen Verfallsprozeß<br />

sanktioniert, dessen Wurzeln zwischen<br />

dem 17. und dem 18 Jahrhundert liegen,<br />

der das 19. Jahrhundert zu einem blutigen<br />

12 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Chaos gemacht, und das 20. und auch noch<br />

das 21. Jahrhundert mit einer unsäglichen<br />

Korruption belastet hat.<br />

Der „moderne“ spanische Zentralstaat, wie<br />

ihn die Liberalen ab 1833 errichten wollten,<br />

war weder in der Lage, ein neues nationales<br />

Zusammenleben herzustellen, noch das<br />

Gros der Bevölkerung zu nationalisieren.<br />

Sein Mißkredit, sein Versagen und sein<br />

schlußendlicher Zerfall förderten das Aufkommen<br />

von alternativen Nationalismen,<br />

die bodenständiger oder zumindest zugkräftiger<br />

waren als die spanische Nationalidee.<br />

Aber auch diese Nationalismen sind<br />

genau so falsch und verdorben wie ihr<br />

Feindbild. Anschaulich wird das erst im Vergleich<br />

mit dem alten Österreich-Ungarn.<br />

Mit der Charakterisierung der dortigen Nationalismen,<br />

wie sie der Soziologe Gustav<br />

Ratzenhofer um 1900 angestellt hat, verfügen<br />

wir über allgemeine Einsichten, die<br />

auch heute ihre Vollgültigkeit bewahren:<br />

„Mit dem Verfalle der Sittlichkeit wendet<br />

sich das Sozialinteresse immer engeren Sozialverbänden<br />

zu; das Individualinteresse<br />

hebt gleichsam aus den Objekten menschlichen<br />

Interesses diejenigen heraus, mit<br />

welchen es persönliche Vorteile verfechten<br />

kann. Alle sozialen Angelegenheiten erhalten<br />

einen leidenschaftlichen Charakter, als<br />

wenn sich die Menschen für die Nation,<br />

den Stamm oder die Klasse aufopfern wollten;<br />

dies ist jedoch nur Schein; die Menschen<br />

ziehen nur den betreffenden Sozialverband<br />

für ihre Interessen in Mitleidenschaft.“<br />

[…] Je mehr den Menschen das Individualinteresse<br />

regiert, desto wahrscheinlicher<br />

ist, daß er 1. den zugehörigen Verband<br />

nur als Mittel für seine individuellen<br />

Zwecke mißbraucht; 2. seine Beziehungen<br />

auf immer engere Gemeinschaftskreise beschränkt,<br />

die größeren und weiteren, weil<br />

nicht direkt nützlich, aufgibt oder endlich 3.<br />

sich ganz und gewissenlos auf die eigenen<br />

Interessen zurückzieht.“ – Das alles paßt<br />

haargenau auf den Katalanismus und seine<br />

Wortführer.<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Genauso, wie die Liebe vieler Katalanen zu<br />

ihrer Sprache und Kultur oftmals eine neurotische<br />

– oder einfach nur fingiert – ist, so<br />

wirkt sich ihre sprichwörtliche echte Liebe<br />

zum Geld mal in Kleingeistigkeit, mal in<br />

Größenwahn aus. Dazu gehört auch das liederliche<br />

„ökonomische Argument“, also<br />

wenn es darum geht, „objektiv“ zu beweisen,<br />

daß Katalonien als der „bessere“ Teil<br />

von Spanien – und deshalb eben<br />

„Nichtspanien“ – ohne Spanien besser dastünde.<br />

Daß man das, und vieles mehr, den<br />

katalanischen Nationalisten durchgehen<br />

läßt, ist nur ein weiteres Zeugnis für die<br />

Fahnenflüchtigkeit, Inkompetenz und Korruption<br />

aller spanischen Regierungen seit<br />

Wiedereinführung der Demokratie.<br />

Unser Autor Carlos Dieter Wefers Verástegui, Jahrgang 1979,<br />

studierte bis 2010 Geschichte, Romanistik und Europäische Studien<br />

(Máster en Estudios de la Unión Europea) in Salamanca<br />

und Köln. Seit seinem Masterabschluß im September 2010 arbeitet<br />

er als Mitarbeiter im Außendienst (Sektion Telemarketing)<br />

beim spanischen Unternehmen Santa Lucía S.A. Companía de Seguros.<br />

Verástegui spricht vier Sprachen und ist seit einigen Jahren<br />

auch als freier Autor im konservativen Milieu tätig.<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 13


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Aufstand der Kleinen<br />

Ein Gespenst geht um in Europa: In vielen<br />

Staaten streben Regionen, die sich von<br />

der Zentralregierung benachteiligt<br />

fühlen, nach Unabhängigkeit. Nach dem<br />

Referendum in Schottland steht in Katalonien<br />

ein ähnlicher Kampf bevor.<br />

Der europäische Separatismus ist ein erstaunliches<br />

Phänomen. Während sich die<br />

rechten und linken politischen Lager in<br />

Deutschland spinnefeind sind, arbeiten Separatisten<br />

jedweder politischer Couleur europaweit<br />

mühelos zusammen. Im deutlichen<br />

Kontrast zu linken Strömungen in der<br />

Bundesrepublik Deutschland tritt anderswo<br />

bei zahlreichen links-, gar grünorientierten<br />

Bewegungen und Parteien ein deutlicher<br />

nationaler Einschlag zutage, der sich auf<br />

den örtlichen Regionalismus und das inhärente<br />

Bekenntnis zum eigenen Volk und<br />

dessen Geschichte sowie Tradition bezieht.<br />

So etwa in Spanien, wo der rechte katalanische<br />

Regierungschef Artur Mas mit der<br />

linksrepublikanischen Partei Esquerra Republicana<br />

de Catalunya (ERC) zusammenarbeit,<br />

um die Sezession Kataloniens voranzutreiben.<br />

Auch der ehemalige schottische<br />

Ministerpräsident Alex Salmond und seine<br />

Scottish National Party (SNP) sind links der<br />

politischen Mitte einzuordnen.<br />

David Cameron vs. Alex Salmond: Wird Schottland nach dem gescheiterten Referendum<br />

jemals unabhängig?<br />

Surian Soosay/flickr/CC<br />

Dieser Beitrag erschien erstmals in der<br />

Ausgabe 11/2014 des Magazins Compact<br />

und wird hier mit freundlicher Genehmigung<br />

des Verlags veröffentlicht.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

compact-online.de<br />

In Flandern und Süd-Tirol dominieren hingegen<br />

konservative und rechte Kräfte die Sezessionsbewegungen.<br />

Dieses Synergiepotenzial<br />

macht den Regionalismus zu einer<br />

Bewegung, die Europa durcheinanderwirbeln<br />

kann. Auch wenn Mitte September das<br />

Sezessionsreferendum in Schottland scheiterte,<br />

hatte schon das bloße Stattfinden der<br />

Volksabstimmung Ausstrahlungskraft auf<br />

den ganzen Kontinent. Die im Finish des Urnengangs<br />

von David Cameron gemachten<br />

Autonomiezugeständnisse an Salmond und<br />

seine Landsleute sind eine deutliche Ermunterung<br />

für die Separatisten auch in anderen<br />

EU-Staaten. Stefan Zelger von der Süd-Tiroler<br />

Freiheit äußerte etwa: „Auch wenn das<br />

Ergebnis im ersten Moment enttäuscht, so<br />

bleibt die Tatsache, daß ein reiches Volk im<br />

Herzen Europas selbst über seine Zukunft<br />

entscheiden durfte.“<br />

Besonders in Spanien wurde der Ausgang<br />

der schottischen Wahl mit Argusaugen beobachtet.<br />

Die katalanische Sezessionsbewegung,<br />

die am Wahltag mit Hunderten<br />

Yes-Unterstützern in Edinburgh vertreten<br />

war, erlebt derzeit eine rasante und bemerkenswerte<br />

Entwicklung. Hunderttausende<br />

gelb-rote<br />

Esteladas, die symbolträchtige<br />

Fahne<br />

der katalanischen<br />

Unabhängigkeit,<br />

ziehen als gigantisches<br />

Farbenmeer<br />

seit einigen Jahren<br />

durch die Straßen<br />

Barcelonas. Es ist<br />

eine beeindruckende<br />

Machtdemonstration<br />

der<br />

Regionalregierung,<br />

die mit den immer<br />

wiederkehrenden<br />

Demonstrationen<br />

Druck auf die spanische<br />

Zentralregierung<br />

will.<br />

ausüben<br />

Premier Mas, der nach sechs Jahren als Oppositionsführer<br />

im katalanischen Parlament<br />

nunmehr seit vier Jahren als Regierungschef<br />

die Fäden zieht, brachte 2013 eine<br />

bemerkenswerte Resolution in das regionale<br />

Parlament ein „Das Volk von Katalonien<br />

[...] ist in politischer und rechtlicher<br />

Hinsicht ein souveränes Subjekt“, heißt es<br />

in der „Souveränitätserklärung“, für die<br />

neben dem konservativen Parteibündnis<br />

von Artur Mas, Convergència i Unió (CiU),<br />

auch die linksrepublikanische ERC, die<br />

Ökosozialisten der Iniciativa per Catalunya<br />

Verd (ICV) und die radikale linke Separa -<br />

tionspartei Candidatura d’Unitat Popular<br />

(CUP) gestimmt hatten.<br />

Seither hat sich einiges getan. Für den<br />

9. November 2014 ist in Katalonien ein Unabhängigkeitsreferendum<br />

geplant. Doch<br />

während die schottische Volks abstimmung<br />

von Großbritannien offiziell genehmigt<br />

wurde, stellt die spanische Zentralregierung<br />

unter Ministerpräsident Mariano Rajoy<br />

sich quer. Sie hält das Referendum für verfassungswidrig<br />

und kündigte an, notfalls<br />

auch auf militärische Mittel zurückzugreifen,<br />

um eine Sezession der Katalanen zu unterbinden.<br />

Im März 2014 erklärte das spanische<br />

Verfassungsgericht das geplante Referendum<br />

überdies für offiziell verfassungswidrig<br />

und auch das spanische Parlament<br />

lehnte es im April 2014 mit deutlicher<br />

Mehrheit ab. „Das Parlament kann ein Gesetz<br />

ablehnen, aber es kann nicht den Willen<br />

des katala nischen Volkes aufhalten“,<br />

entgegnete Mas selbstsicher. Ob der Urnengang<br />

im November tatsächlich stattfindet,<br />

bleibt ungewiß.<br />

Für die zahlreichen Sezessionsbewegungen<br />

bedeutet die zunehmende Verarmung Europas,<br />

die damit einhergehende Unzufriedenheit<br />

vieler Bürger sowie der immer deutlicher<br />

zu Tage tretende Zentralismus der Europäischen<br />

Union eine Chance, die eigenen<br />

Bestrebungen erfolgreich voranzutreiben.<br />

Viele separationswillige Regierungen haben<br />

unterdes erkannt, daß sie auf wirtschaftliche<br />

Themen setzen müssen. Ob Katalonien, Venetien<br />

oder Flandern, die jeweiligen Regionen<br />

zählen durchweg zu den starken, gar<br />

stärksten wirtschaftlichen Standorten ihrer<br />

Staaten. Der Unmut, allzu oft Zahlmeister<br />

schwächerer Regionen zu sein, mit denen es<br />

darüber hinaus meist kein historisches oder<br />

kulturelles Zugehörigkeitsgefühl besteht,<br />

verleiht den Separatisten Rückenwind. Im<br />

Gegensatz zu Süd-Tirol, das eine weitgehende<br />

steuerliche Autonomie besitzt,<br />

fließen von Venetien jährlich etwa 21 Milliarden<br />

Steuereinnahmen nach Rom.<br />

Philip Stein<br />

(Germania Marburg 2011)<br />

Schwerpunkt<br />

14 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

Vom Internet auf die Straße<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Von Alexander Markovics<br />

Als am 17. Mai 2014 rund 300 junge<br />

Menschen aus ganz Europa in Wien gegen<br />

die Überfremdung und Islamisierung<br />

Österreichs und unseres Kontinents auf<br />

die Straße gingen, fand ein bis dahin<br />

nicht für möglich gehaltener „Tabubruch“<br />

(Jungle World) statt. Trotz linksextremer<br />

Hetze im Vorfeld der Demonstration<br />

und rund 400 zum Teil gewalttätigen<br />

Gegendemonstranten konnte unter<br />

dem Motto „Festung Europa – macht<br />

die Grenzen dicht!“ ein machtvolles Signal<br />

gegen die europäische Asylindustrie<br />

und die sie unterstützende Politik in<br />

Österreich gesetzt werden. Doch wie gelang<br />

einer erst zwei Jahre existierenden<br />

Jugendbewegung dieser Durchbruch,<br />

der ein Monat lang die österreichischen<br />

Medien beschäftigte? Ein identitärer Burschenschafter<br />

berichtet.<br />

beschäftigt – genau so lautete das Signal<br />

an all jene Österreicher, die aus Unzu -<br />

friedenheit alle paar Jahre FPÖ wählen<br />

gehen, aber nicht auf die Straße<br />

gehen. Auch in Österreich muß etwas passieren!<br />

Doch wie konnte es überhaupt so weit<br />

kommen? Warum hat diese Demonstration<br />

in Österreich stattgefunden, aber nicht in<br />

der Bundesrepublik Deutschland? Wieso<br />

schaffte die Identitäre Bewegung in Österreich<br />

jenen titelgebenden Sprung vom Internet<br />

auf die Straße? Gerade im Angesicht<br />

der in der Bundesrepublik Deutschland<br />

stattfindenden Montagsspaziergänge der<br />

Bürgerbewegung PEGIDA, möchte ich in<br />

diesem Beitrag über die Anfänge der patriotischen<br />

Zivilgesellschaft in Österreich<br />

schreiben.<br />

Als im Februar 2012 die erste identitäre<br />

Gruppe in Wien, W.I.R (Wiens identitäre<br />

Richtung), entstand, konzentrierten wir uns<br />

neben kulturellen Aktivitäten, die den<br />

Österreichern vor allem wieder die eigene<br />

Kultur und Tradition vor Augen führen sollten,<br />

auf Aufklärungsarbeit in den großen<br />

Einkaufsstraßen Österreichs. Regelmäßig<br />

verteilten wir Flugblätter über katastrophale<br />

demographische Situation in Wien<br />

und die damit einhergehende Überfremdung<br />

und Islamisierung unserer Stadt. Internetgraphiken,<br />

die eine Verbindung zwischen<br />

popkulturell bekannten Motiven und<br />

patriotischen Botschaften herstellten, wurden<br />

mittels Aufklebern in die Straßen Wiens<br />

getragen.<br />

Von Anfang an waren wir also eine „Bewegung<br />

zum Anfassen“ – sei es bei Flugblattaktionen<br />

in den wichtigsten Straßen Wiens<br />

oder unseren kulturellen Stadtspaziergängen.<br />

Doch blieb es nicht ausschließlich bei<br />

diesen Aktivitäten: Im Herbst desselben<br />

Jahres bildete sich eine aktivistische<br />

Gruppe in Wien. Als unter dem Titel „Zertanz<br />

die Toleranz“ schließlich eine multikulturelle<br />

Propagandaveranstaltung der Wiener<br />

Caritas gestört wurde, steigerte sich<br />

Die Identitäre Bewegung trägt ihre Ideen am 17. Mai 2014 erstmalig auf die Straße. Verbandsbruder und Autor Markovics marschiert in erster Reihe.<br />

Privat<br />

Zunächst gilt es mit einem – wenngleich<br />

positiven – Vorurteil aufzuräumen. Auch in<br />

Österreich, das von vielen bundesdeutschen<br />

Verbandsbrüdern bekanntlich als<br />

das Land betrachtet wird, wo aus patriotischer<br />

Sicht Milch und Honig fließen, war<br />

dies die erste zahlreich besuchte und heimatbewußte<br />

Demonstration seit Jahrzehnten.<br />

Patriotismus ist demonstrierbar – auch<br />

wenn er sich mit wesentlichen Themen wie<br />

Masseneinwanderung und Islamisierung<br />

Identitärer Aktivismus – von den<br />

Anfängen bis zum Durchbruch<br />

auch in Wien das Interesse an dem neuen<br />

Wort „identitär“, das zum Erstaunen der<br />

damaligen Journalisten nichts mit dem Nationalsozialismus,<br />

Grenzrevisionsdebatten<br />

oder dem Leugnen von Vernichtungslagern<br />

zu tun hatte, sondern sich lediglich für den<br />

Erhalt unserer ethno-kulturellen Identität,<br />

und somit gegen Islamisierung und Überfremdung<br />

einsetzte. Neben dem alltäglichen<br />

Aktivismus kamen schließlich auch<br />

nächtliche Aktionen hinzu: Straßenschilder<br />

am Rande Wiens wurden mit „Istanbul?“<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 15


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

dem Eindruck der Ankündigung linker Gegenproteste<br />

eine Demo absagte, ergriffen<br />

wir die Gelegenheit und taten, was getan<br />

werden mußte.<br />

Das Lambda, unser gewähltes Symbol,<br />

wurde plötzlich – überwiegend durch die<br />

Berichterstattung der Medien – zu einem<br />

Symbol, über das sich viele Leute Gedanken<br />

machten. Wir Identitären wurden auf<br />

einen Schlag bekannt und hatten somit<br />

auch die Möglichkeit, ein patriotisches Bewußtsein<br />

im bisher lethargisch-apolitischen<br />

Teil der Österreicher zu bilden. Ab dem folgenden<br />

Stammtisch stiegen die Besucherzahlen<br />

sowie Spenden rapide an. Bisher<br />

apolitische Jugendliche stießen zu uns, was<br />

uns als Identitäre Bewegung wiederum in<br />

die Lage versetzte, größere, regelmäßigere<br />

und auch örtlich breiter angelegte Aktionen<br />

durchzuführen. Der nächste Schritt bestand<br />

schließlich darin, unsere Botschaft stärker<br />

als bisher auf die Straße zu tragen und die<br />

Asyllobby direkt dort anzugreifen, wo sie<br />

ihren Sitz hat. Auf meine Initiative hin fand<br />

Schwerpunkt<br />

im Winter 2013 unsere erste Kundgebung<br />

in Wien statt, auf der wir kurz nach der<br />

Flüchtlingstragödie vor Lampedusa gegen<br />

den EU-Kommissar Morten Kjaerum protestierten.<br />

Dieser hatte die Österreicher nach<br />

der Lampedusa-Katastrophe dazu aufgefordert,<br />

endlich einzusehen, „daß Österreich<br />

ein Einwanderungsland ist.“ Der diffusen<br />

Interessengemeinschaft für Masseneinwanderung<br />

und Islamisierung wurde ein<br />

Name gegeben. Hierauf folgte schließlich,<br />

auf Initiative des Wiener Landesleiters Martin<br />

Sellner, unsere erste Demonstration im<br />

Mai 2014. Die Identitäre Bewegung kam<br />

durch dieses Ereignis endgültig vom Internet<br />

auf die Straße. Unlängst protestierte<br />

überdies die steirische Landesgruppe<br />

durch Transparentaktionen unter dem Titel<br />

„Asylwahn stoppen!“ und „Wehr Dich! Es<br />

ist Dein Land!“ gegen die dezentrale Unterbringung<br />

von Wirtschaftsflüchtlingen in<br />

kleinen Gemeinden und dem damit verbundenen<br />

Asylwahn. Was dem Kommunismus<br />

die Produktionsquoten waren, sind<br />

dem Liberalismus die Flüchtlingsquoten.<br />

Eine Aktionsform, die zahlreiche Nachahmer<br />

in den Landesgruppen von Kärnten bis<br />

nach Traiskirchen in Niederösterreich gefunden<br />

hat.<br />

Vom virtuellen Raum auf den<br />

Asphalt<br />

Wie war das möglich? Geht man nun also der<br />

Frage nach, wie dieser Sprung vom virtuellen<br />

Raum in das Bewußtsein eines nicht unbeträchtlichen<br />

Teils der Österreicher möglich<br />

war, so stößt man auf mehrere Faktoren:<br />

1) Innerlich gefestigte und disziplinierte Aktivistengruppen.<br />

Durch regelmäßigen Aktivismus,<br />

vom einfachen Flugblattverteilen<br />

über das Aufhängen von Transparenten,<br />

aber auch die Bildung einer festen Gemeinschaft<br />

durch gemeinsame Aktivitäten, auch<br />

im ideologischen Sinne, konnte eine<br />

Gruppe eingefleischter Aktivisten gebildet<br />

Die Identitären sind international vernetzt. Regelmäßige Seminare und Schulungen auf europäischer Ebene gehören zum Programm.<br />

Privat<br />

überklebt, aus einem Dutzend junger Menschen<br />

bildete sich eine Gruppe eingefleischter<br />

Aktivisten. Als schließlich etwa<br />

zeitgleich auch in anderen wichtigen Städten<br />

Österreichs, wie Graz und Salzburg,<br />

identitäre Gruppen entstanden, begannen<br />

wir gemeinsam etwas Größeres zu planen.<br />

Wirtschaftsflüchtlinge und Linksextreme,<br />

also eben jene Asyllobby, von der am Anfang<br />

die Rede war, besetzten nach der Räumung<br />

ihres „Refugee Camps“ die Votivkirche<br />

in Wien. Die Wut in den patriotischen<br />

Kreisen Österreichs stieg, doch der Staat<br />

sah dem Treiben – wie so oft – machtlos zu.<br />

Auf einer Heimfahrt von Schnellroda – Aktivisten<br />

hatten das Institut für Staatspolitik<br />

um Götz Kubitschek und Erik Lehnert besucht<br />

– wurde schließlich vom Leiter der<br />

steirischen Landesgruppe, Patrick Lenart,<br />

die Idee geboren, die Kirche ebenfalls zu<br />

besetzen. Am Morgen des 10. Februars<br />

2013 besuchten acht Identitäre aus Wien<br />

und Graz den internationalen Gottesdienst<br />

in der Votivkirche. Nach dessen Ende<br />

ließen wir uns, darauf eingestellt auch notfalls<br />

länger zu bleiben, im rechten Seitenschiff<br />

der Kirche nieder. Als schließlich der<br />

damalige Flüchtlingsbetreuer, ein gewisser<br />

Klaus Schwerdtner von der Caritas, uns zum<br />

Verlassen der Kirche aufforderte, schallte<br />

ihm ein lautes „Die Besetzung ist hiermit<br />

besetzt!“ entgegen. In kürzester Zeit wurde<br />

über das Internet und insbesondere Facebook<br />

unser Protest gegen den Mißbrauch<br />

der Kirche und die österreichische Asylindustrie<br />

durch die Medien bekannt. Wir nahmen<br />

die Bühne in Besitz, welche uns bereitet<br />

wurde und sprachen den Zorn der<br />

schweigenden Mehrheit aus. Aber nicht, indem<br />

wir ihn in diffusen Forderungen verhallen<br />

ließen, sondern nutzten die Gelegenheit<br />

zu einem Generalangriff auf jene augenscheinlich,<br />

und dennoch verleugnete<br />

Verbindung von Antifa, Wirtschaftsflüchtlingen,<br />

Schlepperkriminalität und hoher Politik.<br />

Wo andere nur die Faust im Hosensack<br />

zusammenballten, oder etwa die FPÖ unter<br />

werden. Die ständige Ausweitung der<br />

Komfortzone des Einzelnen in der Gruppe<br />

bereitet ihn auf größere und riskantere Aktionen<br />

vor. Denn:<br />

2) Ohne zuvor einfache Aktionen gemacht<br />

zu haben, sind größere nicht möglich. Bei<br />

einer Aktion, etwa unserer Gegenbesetzung<br />

der Votivkirche, muß man sich auf seinen<br />

Nebenmann hundertprozentig verlassen<br />

können – erst recht auf einer Demonstration.<br />

Das vorherige Überprüfen neuer<br />

Leute, ob man sich auch in weniger extremen<br />

Situationen wie beim Flugblattverteilen<br />

auf sie verlassen kann – schon unsere<br />

ersten Verteilaktionen wurden von der Antifa<br />

angegriffen –, läßt diese Stück für Stück<br />

wachsen. Nur wer bei so einem Zwischenfall<br />

gelassen reagiert, kann auch bei Aktionen<br />

wie in der Votivkirche oder etwa an vorderster<br />

Front in einem Demonstrationszug<br />

mitmachen.<br />

16 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Das schwarze Lambda auf gelbem Grund ist das Markenzeichen einer jungen, aktiven Bewegung geworden.<br />

Privat<br />

3) Diese erfordern schließlich eine ausgeklügelte<br />

und minutiöse Planung im Vorfeld.<br />

Nur wenn man alle Eventualitäten einkalkuliert,<br />

Notfallpläne für einen möglichen Abbruch<br />

im Gepäck hat und auf eine Änderung<br />

der Umstände flexibel reagieren kann,<br />

wird die Aktion von Erfolg gekrönt sein. Die<br />

Bühne die man selbst betritt, muß gut gewählt<br />

sein, die Aktivisten müssen wissen,<br />

auf welche möglichen Risiken sie sich einlassen.<br />

Eine gute Planung entscheidet über<br />

den Unterschied zwischen Erfolg und<br />

Mißerfolg einer Aktion.<br />

4) Der wichtigste Punkt ist schließlich die<br />

Bereitschaft zum Aktivismus selbst. Es mag<br />

gut und wichtig sein, die politischen Probleme<br />

unserer Zeit zu analysieren, und<br />

ohne eine gute Theorie ist auch keine Praxis<br />

möglich. Jedoch kann es ohne Praxis<br />

auch keinen Erfolg der Theorie, also einen<br />

Bewußtseinswandel im Volk geben. Nur<br />

wenn man die Probleme, die man sieht,<br />

auch in der Öffentlichkeit benennt und<br />

diese anderen Leuten in Form von Flugblättern<br />

bewußt macht, kann man das revolutionäre<br />

Bewußtsein des Volkes verändern.<br />

Dazu ist es nötig, das Heft des Handelns<br />

in die Hand zu nehmen – beginnend<br />

mit einer Flugblattaktion, über Transparente<br />

bis hin zur Demonstration. Eine Sache,<br />

die am Anfang auch schon mit fünf<br />

Mann oder einem Dutzend Leute möglich<br />

ist – entscheidend ist vor allem der Wille,<br />

etwas zu tun.<br />

Durch das schrittweise Hinausgehen auf<br />

die Straße war der Identitären Bewegung<br />

Österreich dieser Erfolg möglich. Ich<br />

hoffe, daß auch in der Bundesrepublik<br />

Deutschland diese Schritte unter -<br />

nommen werden, damit sich auch dort<br />

eine aktivistische Avantgarde heraus -<br />

kristallisiert, um etwa in Zukunft ent -<br />

stehenden Bürgerbewegungen im Sinne<br />

einer patriotischen Zivilgesellschaft, einer<br />

Front der Patrioten, eine Richtung geben<br />

zu können.<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 17


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Sonderweg Osteuropa<br />

Schwerpunkt<br />

Es hat sich in den vergangen Jahren nicht<br />

nur im Westen und der Mitte unseres<br />

Kontinents viel getan. So gab es auch in<br />

Osteuropa – und hier sei nicht nur die aktuell<br />

oft erwähnte Ukraine gemeint – interessante<br />

und vielseitige Entwicklungen.<br />

Gibt es einen Sonderweg Osteuropas?<br />

Besonders in Ungarn gab es seit 2009 weitreichende<br />

politische Veränderungen. Die<br />

konservativ-bürgerliche Partei Fidesz wurde<br />

zweimal in Folge bei den Parlamentswahlen<br />

mit Abstand stärkste Kraft und dominiert<br />

seither die ungarische Politik. Der Parteivorsitzende<br />

Viktor Orbán minimierte durch<br />

den anhaltenden Siegeszug seiner Partei<br />

den Einfluß sozialdemokratischer und postkommunistischer<br />

Parteien auf die ungarische<br />

Politik. Neben einer Stärkung des heimischen<br />

Patriotismus wurden durch Orbán<br />

viele Reformen angestoßen, die vor allem<br />

in Brüssel Kritik auslösten. So gab es neben<br />

einer überarbeiteten und sehr patriotischen<br />

neuen Version der Verfassung immer wieder<br />

Streit wegen Gesetzesänderungen, die<br />

gegen das EU-Recht verstoßen würden.<br />

Dies nahm die linke Opposition in den letzten<br />

Monaten immer wieder zum Anlaß, Orbán<br />

zu kritisieren und so im Windschatten<br />

der EU gegen eine Regierung auf die<br />

Straße zu gehen, die nach wie vor sehr<br />

großen Zuspruch innerhalb des Volkes genießt.<br />

Politisch aktive Leute vor Ort berichten,<br />

daß dieses Oppositions- und Demonstrationsbündnis<br />

eigentlich nur durch die<br />

gemeinsame Ablehnung der Person Orbáns<br />

zusammengehalten wird.<br />

Neben Fidesz hat sich in Ungarn außerdem<br />

die deutlich radikalere rechte Jobbik-Partei<br />

etabliert, die vom dem erst 36 Jahre alten<br />

Gábor Vona mitgegründet und geleitet<br />

wird. Jobbik ist seit ihrer Gründung im Jahr<br />

2003 zu einer Partei aufgestiegen, die sich<br />

jenseits der 20-Prozent-Marke etablieren<br />

und hinter Fidesz sowie einem politischen<br />

Linksblock als ernstzunehmende Kraft festsetzen<br />

konnte. Interessant ist auch ihre bis<br />

heute enge Verbundenheit zu den Universitäten<br />

des Landes. Einst als national-patriotische<br />

Hochschulgruppe entstanden, ist<br />

Jobbik laut einer Umfrage aus dem Jahr<br />

2014 die beliebteste Partei unter der Studentenschaft<br />

des Landes und dominierend<br />

in deren Vertretungen. Jobbik selbst versteht<br />

sich als eine „werteorientierte, konservative,<br />

aber radikal agierende, christliche<br />

und patriotische“ Partei. Die mittlerweile<br />

drittstärkste ungarische Partei erfährt<br />

aus dem Ausland immer wieder Kritik, weil<br />

ihre Ziele und Symbolik stark an die faschistischen<br />

ungarischen Pfeilkreuzler erinnere.<br />

Im Gegensatz zu anderen etablierten rechten<br />

Parteien überrascht Jobbik immer wieder<br />

durch sehr spezielle Aussagen. So bezeichnete<br />

etwa der Jobbik-Abgeordnete<br />

Márton Gyöngyösi den französischen Front<br />

National, den niederländischen Politiker<br />

und Islamkritiker Geert Wilders, die österreichische<br />

FPÖ sowie den flämischen<br />

Vlaams Belang in einem Interview mit der<br />

Budapest Times als „Zionisten“ und warf ihnen<br />

vor, durch ihren Haß auf den Islam zu<br />

verkennen, wer der wahre Feind sei: Liberalismus<br />

und Zionismus. Besagte rechte Parteien<br />

meiden den Kontakt zu Jobbik.<br />

Auch in Ländern wie Rumänien oder der<br />

Slowakei kann man eine Stärkung von patriotischen<br />

und/oder nonkonformen Gruppen<br />

ausmachen. In Rumänien ist neben der<br />

„Großrumänischen Partei“ auch die junge<br />

aktivistische Partei „Neue Rechte“ (Noua<br />

Dreapta) mit ihren aktuellen und modernen<br />

Veranstaltungen auf einem Erfolgsweg. Erste<br />

kommunale Wahlergebnisse machen<br />

dies deutlich. Was jedoch auch bis heute<br />

ein Problem bei einer Kooperation der patriotischen<br />

Kräfte darstellt, sind die andauernden<br />

Grenzstreitigkeiten zwischen Ungarn<br />

und Rumänien. Hier kommen immer<br />

wieder – vor allem unter Rechten – Forderungen<br />

nach Gebietsrückgaben auf, was<br />

eine Zusammenarbeit aus internationaler<br />

Sicht erschwert.<br />

In der Slowakei kann man neben einer konservativ-katholisch<br />

geprägten Grundstimmung<br />

auch mit der „Slowakischen Nationalpartei“<br />

(SNS) eine Kraft ausmachen, die<br />

sich den Werten und Traditionen des Landes<br />

verbunden fühlt. Positiv ist hier zu nennen,<br />

daß die SNS in freundschaftlichem, kooperativen<br />

Kontakt mit den österreichischen<br />

Freiheitlichen steht. Zwar scheiterte<br />

bei der letzten Europa-Wahl der Einzug ins<br />

Europaparlament knapp, doch ist auch in<br />

der Slowakei aus patriotischer Sicht eine<br />

positive Grundstimmung zu erkennen. Die<br />

katholische Kirche des Landes unterstütze<br />

etwa die patriotischen Kräfte bei ihrem Referendum<br />

gegen die Einführung beziehungsweise<br />

Gleichstellung der Homo-Ehe<br />

und zeigte somit auf, daß Patriotismus und<br />

Kirche durchaus eine Einheit bilden können.<br />

Jedoch gibt es mit „Demo für alle“<br />

auch in Deutschland eine ähnliche Organisation,<br />

die für christliche Werte und die<br />

traditionelle Familie auf die Straße geht.<br />

Neben Stuttgart – die grün-rote Landes -<br />

regierung plante eine umfassende<br />

„Reformierung“ der Erziehung – waren<br />

diese auch in anderen Städten organisiert<br />

worden.<br />

Abschließend läßt sich sagen, daß die<br />

Skepsis gegenüber der EU, ihren Repräsentanten<br />

und der von ihnen ausgehenden<br />

Bürokratie, auch in Osteuropa wächst.<br />

Wenn man das Auftreten oder Engagement<br />

in jenen Ländern vergleicht, ist diese<br />

durchaus „handfester“ oder auch radikaler<br />

als jene Kritik, die von Parteien wie der<br />

Alternative für Deutschland (AfD) geübt<br />

wird. Osteuropa steht definitiv vor<br />

einer interessanten Entwicklung, die man<br />

aus deutscher Sicht zukünftig verfolgen<br />

sollte.<br />

Der „Friedensmarsch“ am 29. März 2014 versammelte zehntausende Unterstützer des Fidesz-Vorsitzenden<br />

Viktor Orbán.<br />

Derzsi Elekes Andor/wikimedia/CC<br />

Armin Allmedinger<br />

(Rheinfranken Marburg 2012)<br />

18 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

„Südtirol ist italienisches Territorium.“<br />

CasaPound<br />

Die neofaschistische Bewegung CasaPound (CPI) ist in der deutschen Rechten bereits<br />

seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema. Mit über 50 rechtsalternativen Jugendzentren<br />

und besetzten Häusern in ganz Italien, eigenen Kneipen, Restaurants, Buch- und Klamottenläden,<br />

Tonstudios sowie Kunstgalerien haben sich die selbsternannten „Faschisten<br />

des 3. Jahrtausends“ eine beeindruckende Welt erschaffen, von der Rechte in ganz<br />

Europa nur träumen können. Die italienischen Neofaschisten, deren Name auf den USamerikanischen<br />

Dichter Ezra Pound zurückgeht, haben im Dezember 2003 mit der Besetzung<br />

eines sechsstöckigen Hauses in einem Migrantenviertel Roms den Grundstein<br />

für ihren heutigen Erfolg gelegt. Ursprünglich ging es den jungen Aktivisten vornehmlich<br />

darum, notleidenden römischen Familien eine Alternative zu bieten. Die Via Napoleone<br />

III 8 in Rom dient seit ihrer Besetzung vor elf Jahren daher als sozialer Wohnraum<br />

für jene Familien. Hinzugekommen sind Schulungsräume, ein Tonstudio und viel Platz<br />

für die Vorbereitung jener politischen Aktionen, für die CPI berühmt geworden ist. Es<br />

sind überwiegend die Mißstände von damals, die CPI auch heute noch kritisiert. Schlagwörter<br />

wie Kapitalismus, Zinswucher, Lohndrückerei und Massenkonsum sind es, die von<br />

den Aktivisten immer wieder mit ihren spektakulären politischen Aktionen kritisch thematisiert<br />

werden. Offensiv verkaufen sich die Italiener dabei sowohl als überzeugte und<br />

militante Faschisten als auch als sozial engagierte und fortschrittliche Aktivisten. Es ist<br />

also die authentische Verquickung von faschistischem Stil und sozialem Engagement,<br />

die CPI in Italien so erfolgreich macht.<br />

Adriano Scianca ist Kultursprecher der<br />

neofaschistischen italienischen Casa<br />

Pound-Bewegung, die in der deutschen<br />

Rechten bereits seit einigen Jahren kontrovers<br />

diskutiert wird. Besonders die<br />

„Südtirol-Frage“ führt immer wieder zu<br />

Auseinandersetzungen mit deutschen<br />

Aktivisten. In unserem Interview steht<br />

Scianca Frage und Antwort, ohne dabei<br />

ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ein<br />

kontroverses Interview!<br />

BBl: Herr Scianca, die provokante Gretchenfrage<br />

zuerst: Gehört Südtirol zu Italien<br />

oder zu Deutschland?<br />

Scianca: Südtirol, oder auch Alto Adige, ist<br />

italie nisches Territorium. Dort leben auch<br />

italienische Staatsbürger mit deutscher<br />

Muttersprache.<br />

BBl: Damit haben Sie sich ziemlich eindeutig<br />

positioniert. Ist das auch die offizielle<br />

Position von CasaPound? Oder würden<br />

Sie sagen, das Thema Südtirol ist<br />

auch in Ihren Reihen umstritten?<br />

Scianca: Die offizielle Positionen von Casa-<br />

Pound Italien (CPI) zu Südtirol entspricht<br />

der, die ich bereits oben geäußert habe: Es<br />

handelt sich um italienisches Territorium, in<br />

dem auch italienische Staatsbürger mit<br />

deutscher Muttersprache leben. Innerhalb<br />

von CPI ist das beileibe kein umstrittenes<br />

Thema ‒ unsere Position ist klar.<br />

BBl: 2011 organisierte CasaPound<br />

einen provokanten Protestmarsch<br />

durch Bozen, der auch überregional<br />

Beachtung fand. Viele führende Köpfe<br />

Ihrer Bewegung, u.a. Gianluca Iannone,<br />

waren vertreten. Was ist das Ziel solcher<br />

Aktionen?<br />

Das Casa Pound-Hauptquartier in der römischen Via Napoleone III ist nicht nur politischer Veranstaltungsort,<br />

sondern auch die Heimat vieler hilfsbedürftiger Familien.<br />

Barbicone/wikimedia/CC<br />

Scianca: Es handelte sich nicht um einen<br />

„provokativen“ Protest: Unser Demonstrationszug<br />

präsentierte sich mit einem zweisprachigen<br />

Transparent, auf Italienisch und<br />

auf Deutsch, mit der Aufschrift: „Ja zum Zusammenleben/zur<br />

Gemeinschaft, nein zur<br />

Arroganz“. Diese Kundgebung entstand in<br />

Reaktion auf die Unterzeichnung einer Vereinbarung<br />

durch den damaligen italienischen<br />

Kulturminister Sandro Bondi (ehemalige<br />

Berlusconi-Partei Popolo della Libertà)<br />

mit der SVP zur Demontage faschistischer<br />

Denkmäler in Bozen. Diese Denkmäler aber<br />

repräsentieren einen Teil unserer Geschichte<br />

und das vergossene Blut tausender<br />

italienischer Soldaten. Uns gefiel der<br />

Gedanke nicht, daß sie für ein paar<br />

Wählerstimmen mehr im italienischen<br />

Parlament und zur Aufrechterhaltung der<br />

damaligen Regierung abgerissen werden<br />

sollten.<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 19


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Schwerpunkt<br />

Für Freund und Feind gut erkennbar: Hier regieren die „Faschisten des 3. Jahrtausends“.<br />

Jose Antonio/wikimedia/CC<br />

Es handelte sich also um eine Demonstration,<br />

die sich zuerst gegen die italienische<br />

Regierung wandte. Die Aktivisten von CPI<br />

in Bozen haben keine Probleme mit der<br />

deutschsprachigen Gemeinschaft. Unsere<br />

Feinde sind nicht die Deutschen, die Österreicher<br />

oder die Südtiroler, sondern ein politisches<br />

und wirtschaftliches System, daß<br />

sowohl uns als auch sie erdrückt. Trotzdem<br />

lassen wir es nicht zu, daß man unsere Geschichte<br />

und unsere Identität niedertrampelt.<br />

BBl: Sagen Sie mir, wieso soll Südtirol<br />

Teil des italienischen Staates bleiben?<br />

Was ist mit dem Selbstbestimmungsrecht<br />

der Völker, das besonders von nationalen<br />

Menschen immer wieder verteidigt<br />

wird?<br />

Scianca: Das Prinzip des Selbstbestimmungsrechtes<br />

der Völker wurde vom USamerikanischen<br />

Präsidenten Woodrow Wilson<br />

anläßlich des Versailler Vertrages aufgestellt.<br />

Das geschah also in einem internationalistischen<br />

und Deutschland äußerst<br />

feindlich gesinntem Kontext. Deshalb<br />

scheint es mir kein guter Präzedenzfall für<br />

deutsche Patrioten zu sein. Ich glaube persönlich,<br />

daß die italienischen Staatsbürger<br />

deutscher Muttersprache unter der<br />

Führung des italienischen Staates die Möglichkeit<br />

haben und haben müssen, ihre eigene<br />

Kultur neben der der Nation, in der<br />

sie leben, zu pflegen.<br />

Das findet bereits im Rahmen einer Autonomie<br />

statt, die es in diesem großen Umfang<br />

kaum in anderen Regionen Europas<br />

gibt. Aber wenn Italien heute diese Grenzen<br />

hat, dann ist das die Folge eines gewonnenen<br />

Krieges und des Opfergangs<br />

von tausenden Soldaten. Ich denke, daß<br />

die Verteidigung dieses Opfergangs für einen<br />

Nationalisten ein höheres Prinzip sein<br />

sollte als ein vages „Recht auf Selbstbestimmung“.<br />

Selbstverständlich glaube ich<br />

auch, daß diese Streitereien im Hinblick auf<br />

ein wirklich freies, souveränes und vereintes<br />

Europa, daß wir alle wollen, zweitrangig<br />

sind. Ich hoffe, die Italiener und die Deutschen<br />

können gemeinsam gegen den wahren<br />

Feind, den beide Völker haben, kämpfen.<br />

BBl: Damals wie heute existieren in<br />

Österreich viele Freiheitskämpfer, die für<br />

die Autonomie Südtirols streiten. Was<br />

denken Sie darüber?<br />

Scianca: Sie haben meine absolute Hochachtung.<br />

Ich habe nicht gegen das österreichische<br />

oder deutsche Volk, im Gegenteil,<br />

beide haben meine tiefe Sympathie.<br />

Wer auch immer, egal, in welchem Teil der<br />

Welt, für die Freiheit kämpft, hat meine<br />

Hochachtung.<br />

BBl: Sie sind der Kultursprecher von<br />

CasaPound und bezeichnen sich selbst als<br />

überzeugten Faschisten. Wie viele Ihrer<br />

vergangenen Aktionen gezeigt haben,<br />

verstehen Sie es, faschistische Theorie<br />

und Praxis zusammenzuführen. Wäre es,<br />

wenn Sie den Faschismus wirklich wiederbeleben<br />

wollen, nicht folgerichtig, mit<br />

den rechten Kräften Österreichs zu kooperieren?<br />

Ein neuer Eurofaschismus mit<br />

Südtirol als symbolischem Startpunkt.<br />

Wäre das nichts?<br />

Scianca: Ich glaube, alle europäischen Nationalisten<br />

sollten zusammenarbeiten. Wir<br />

haben bei CPI übrigens häufig österreichische<br />

oder deutsche Gäste, die uns besuchen,<br />

weil sie sich für unser politisches Modell<br />

interessieren. Ebenso würdigen wir die<br />

politische und metapolitische Realität in<br />

Deutschland und Österreich. Ich persönlich<br />

liebe Deutschland und ich wurde von vielen<br />

deutschen Autoren geprägt, zuerst von<br />

Nietzsche, der ein unabdingbarer Autor<br />

bleibt. Daß die Nationalisten beider Länder<br />

zusammenarbeiten können, ist einer meiner<br />

grundlegenden Wünsche. Aber man muß<br />

sich aus beiden Perspektiven respektieren.<br />

Es ist schwierig, mit jemanden zusammenzuarbeiten,<br />

der dir zwischenzeitlich sagt: „Wir<br />

sind Freunde, aber ein Teil deines Hauses<br />

gehört mir.“ Es ist notwendig, in die Zukunft<br />

und auf die Herausforderungen der<br />

Gegenwart zu schauen, ohne aufgrund von<br />

Problemen der Vergangenheit blockiert zu<br />

werden.<br />

BBl: Ein nicht unerheblicher Teil der deutschen<br />

Rechten verweigert aufgrund der<br />

Südtirol-Problematik eine Zusammenarbeit<br />

mit Ihnen. Ist es nicht Zeit, diese<br />

Streitigkeiten beizulegen und die Kräfte<br />

zu bündeln?<br />

Scianca: CPI arbeitet mit jeder politischen<br />

Kraft zusammen, die mit ihr reden will.<br />

Wenn jemand Probleme mit CPI oder den<br />

Italienern hat, wird eine Zusammenarbeit<br />

offenkundig unmöglich. Der Streit um Südtirol<br />

war kein Problem, als Italien und<br />

Deutschland gemeinsam in einem Weltkrieg<br />

verbunden waren, die deutsche<br />

Führungsrolle in dieser Epoche hat allen<br />

verdeutlicht, daß diese Frage abgeschlossen<br />

ist. Mir erscheint es surreal, daß Südtirol<br />

heute ein unüberwindbares Problem<br />

darstellen soll. Auch die Franzosen und die<br />

Deutschen sind zwei große Völker: Wollen<br />

wir etwa, daß sie sich die ganze Zeit bekriegen<br />

und über Elsaß-Lothringen streiten?<br />

20 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Schwerpunkt<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Popkultur trifft Faschismus. CPI-Kopf Gianluca Iannone und seine Mannen sind für extravagante Auftritte bekannt. Die Jugend spricht es an.<br />

grigioscuro/flickr/CC<br />

Oder wollen wir, daß sie gemeinsame Front<br />

gegen ein wirtschaftliches und politisches<br />

System machen, daß beide Völker unterdrückt?<br />

Ich glaube deshalb, daß die Beziehungen<br />

zwischen CPI und den deutschen<br />

Nationalisten noch stärker und stabiler<br />

werden sollten. Wenn aber jemand,<br />

wenn er über den Imperialismus, der<br />

die Völker vernichtet, die Italiener in Bozen<br />

im Kopf hat, dann wird jeder Dialog<br />

unmöglich.<br />

BBl: Herr Scianca, vielen Dank für das<br />

Gespräch!<br />

Das Interview führte Philip Stein. Aus<br />

dem Italienischen wurde es von Johannes<br />

Schüller übersetzt. Eine gekürzte<br />

Version des Interviews sowie die beiliegende<br />

Infobox erschienen 2014 in der<br />

österreichischen Zur Zeit.<br />

zurzeit.at<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 21


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

Warum ich Burschenschafter geworden bin<br />

Von Jörg R. Mayer<br />

Der nachfolgende Artikel, den ich auf<br />

Einladung des Jugendmagazins VICE<br />

verfasst habe, ist am 10. Februar als<br />

Gastbeitrag in der deutschen Ausgabe<br />

erschienen, nachdem uns bereits vor<br />

dem Wiener Akademikerball ein Kamera-Team<br />

drei Tage lang begleitet<br />

hatte. VICE ist mittlerweile eine feste<br />

Größe in der internationalen Medienwelt<br />

mit einer starken Ausstrahlung auf<br />

die Jugendkultur und einem Themenspektrum,<br />

das vornehmlich um Sex,<br />

Drugs & Rock'n'Roll kreist, aber gleichfalls<br />

intelligente und hintergründige Reportagen<br />

beinhaltet. Von Anfang an<br />

stand fest, daß auch die Gegner des<br />

Wiener Akademikerballs einen Beitrag<br />

schreiben werden, was seitens der linksextremen<br />

Initiative „NoWKR“, mittlerweile<br />

umbenannt in „Offensive gegen<br />

Österreich“, auch geschehen ist.<br />

Darin wird zwar der Versuch gemacht,<br />

meine liebe Burschenschaft Teutonia zu<br />

dämonisieren, tatsächlich aber jene<br />

Wut, jener Haß und vor allem jener Ärger<br />

offenbart, den mein Gastbeitrag in<br />

VICE in den Kreisen der Antifa hervorgerufen<br />

hat. Gut so. Denn währenddessen<br />

erreichten mich täglich Nachrichten<br />

von Lesern, die mit der burschenschaftlichen<br />

Bewegung meist nicht das Geringste<br />

gemein haben, manchmal sogar<br />

bekennende Linke sind, und trotzdem<br />

schrieben, sie hätten nun zum ersten<br />

Mal einen Burschenschafter auch als<br />

Menschen „wie du und ich“, als einen<br />

Studenten mit denselben Höhen und<br />

Tiefen des Lebens, wie sie selbst sie erleben,<br />

ansehen können, und nicht als<br />

eine Bestie, die im Keller kleine Kinder<br />

frißt.<br />

Darum möchte ich an dieser Stelle gern<br />

der Zuversicht Ausdruck verleihen, daß<br />

nach den vielen medialen Verrissen der<br />

letzten Jahre die Burschenschaft sicher<br />

bald wieder stärker in die Gesellschaft<br />

ausstrahlen und das Zerrbild, das von<br />

uns gezeichnet wurde, korrigieren kann.<br />

Viele Menschen denken burschenschaftlich,<br />

distanzieren sich aber von uns, weil<br />

sie der Dämonisierung glauben. Wenn<br />

sie überwunden sein wird, haben wir<br />

schon gewonnen! Ich danke dem Schriftleiter<br />

unserer <strong>Burschenschaftliche</strong>n <strong>Blätter</strong><br />

für den Abdruck des folgenden Gastbeitrags,<br />

auch wenn er stilistisch dem<br />

Jugendmagazins VICE angepasst ist und<br />

nicht einer akademischen Verbandszeitschrift.<br />

Doch mag hier das Goethe-Wort<br />

gelten: Und wenn's euch Ernst ist, was<br />

zu sagen, ist's nötig, Worten nachzujagen?<br />

Ende Jänner fand in Wien wieder einmal<br />

der Akademikerball statt. Wie jedes Jahr<br />

war der Ball auch dieses Jahr extrem umstritten<br />

und führte zu heftigen Gegendemonstrationen.<br />

Was in der Beschäftigung<br />

mit der Veranstaltung oft fehlte, war ein<br />

Bericht aus der Sicht eines Burschenschafters.<br />

Deshalb haben wir uns entschieden,<br />

nicht nur von der Demo zu berichten<br />

und selbst den Ball zu besuchen,<br />

sondern auch diesen Gastbeitrag eines<br />

Teutonia-Mitglieds zu veröffentlichen,<br />

damit ihr euch selbst ein Bild machen<br />

könnt—auch darüber, dass der Punkt,<br />

dass Burschenschaften trotz allem immer<br />

wieder ein Zufluchtsort für Rechtsextreme<br />

ist, in dem gesamten Text nicht behandelt<br />

wird.<br />

Ich heiße Jörg, bin 27 und komme aus der<br />

Gegend von Wels, Oberösterreich. Mein<br />

Leben ist wahrscheinlich total durchschnittlich<br />

– ganz nette Eltern, Schule klappte<br />

auch irgendwie und an einer Geisteskrankheit<br />

scheine ich nicht zu leiden, abgesehen<br />

von ein wenig Melancholie. So weit, so gut.<br />

Nach der Matura hat es mich wie die meisten<br />

nach Wien verschlagen, in diese Stadt<br />

voller Kultur und Vielfalt, die einem am Anfang<br />

so unglaublich groß vorkommt. Eine<br />

tolle Stadt eigentlich. Man kann sich in sie<br />

verlieben. Hier gibt es zwar auch soziale<br />

Brennpunkte wie daheim in Wels, aber so<br />

verschlafen ist es hier nicht.<br />

Trotzdem habe ich – wie viele, die irgendwie<br />

vom Land kommen – eine Weile gebraucht,<br />

um mich zu akklimatisieren. Man<br />

studiert ein wenig vor sich hin, Philosophie<br />

war es bei mir, geht mit Freunden fort,<br />

schaut Fernsehserien, oder tut einfach gar<br />

nichts. Ein komisches Zeitalter: man ist erwachsen,<br />

man genießt seine Freiheit, aber<br />

so richtig verantwortlich ist man noch nicht,<br />

und leisten kann man sich erst recht nichts.<br />

Mittlerweile studiere ich Jus. Der Ernst des<br />

Lebens hat mich eingeholt. Der 30er rückt<br />

näher und damit auch das schlechte Gewissen,<br />

noch meilenweit von einem „seriösen"<br />

Leben entfernt zu sein.<br />

Warum wollen wir überhaupt seriös leben?<br />

Vielleicht, weil es irgendwann ein unerträglicher<br />

Zustand wird, alle anderen zu sehen,<br />

wie sie ihre Schäfchen ins Trockene bringen,<br />

und wie man selbst—der Revoluzzer,<br />

der Aussteiger, der Querulant—übrig<br />

bleibt. Vielleicht aber auch, weil man sich<br />

so wie ich verliebt hat und plötzlich daran<br />

denkt, auch einmal eine Familie gründen zu<br />

wollen.<br />

Man hält sich mit Nebenjobs über Wasser,<br />

versucht seine Miete und die Überzugszinsen<br />

auf dem Bankkonto zu zahlen und irgendwie<br />

auch sein Studium abzuschließen.<br />

Die Eltern unterstützen einen auch noch, es<br />

geht sich schon alles aus. Man hat auch<br />

noch genug Freizeit, um damit etwas anzufangen.<br />

Manche verwenden sie, um neue<br />

vegane Rezepte auszuprobieren. Andere<br />

singen im Uni-Chor. Ich hab eine etwas seltsame<br />

Art, meine Freizeit zu verbringen: Ich<br />

bin Burschenschafter.<br />

Eine Burschenschaft ist überschaubar,<br />

zeitbeständig, „entschleunigt“. Sie<br />

bietet einen Rahmen, in dem man<br />

von Mensch zu Mensch im Guten wirken<br />

kann.<br />

Wie wird man das, warum wird man das?<br />

Wahrscheinlich ist es so wie mit allem im<br />

Leben: durch Zufall. Man trifft jemanden,<br />

der selbst bei einer Burschenschaft ist, lernt<br />

ihn kennen und schätzen, geht irgendwann<br />

zu einer Veranstaltung mit und ist dann entweder<br />

verwirrt, schockiert, fasziniert oder<br />

begeistert. Oder alles zugleich. (So wie es<br />

bei mir war.) Man kann hundert Bücher<br />

über Japan lesen und hat immer noch keine<br />

Ahnung, wie sich die japanische Kultur anfühlt.<br />

Genauso ist es bei einer Burschenschaft.<br />

Vielleicht hat jede ihre ganz eigene Art,<br />

vielleicht würde ich mich auch nur hier<br />

wohlfühlen, im Kreise meiner Burschenschaft<br />

Teutonia. Kann gut sein. Wegen der<br />

großartigen Menschen, die ich dort kennenlernen<br />

durfte. Wegen der Erfahrungen,<br />

die ich machen durfte. Wegen der Erlebnisse,<br />

an die ich mich mein Leben lang erinnern<br />

werde. Und nicht zuletzt auch wegen<br />

der Geisteshaltung bei Teutonia, Strenge<br />

und Härte gegenüber einem selbst, aber<br />

Freundschaft und Güte gegenüber seinen<br />

Farbenbrüdern zu leben.<br />

Vielleicht sind Burschenschaften ein Mikrokosmos.<br />

Aber die Welt ist ja unglaublich<br />

groß geworden, haltlos, schnelllebig. Eine<br />

Burschenschaft ist überschaubar, zeitbeständig,<br />

„entschleunigt“. Sie bietet einen<br />

Rahmen, in dem man von Mensch zu<br />

Mensch im Guten wirken kann. Es ist etwas<br />

ganz anderes, tatsächlich und spürbar zu<br />

22 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

wirken, als abstrakte Weltverbesserungsideen<br />

vor sich herzutragen. Es ist die kleine,<br />

aber ausgeführte Tat, die einen Unterschied<br />

macht auf der Welt, es sind nicht die<br />

großen geschwungenen Reden.<br />

Man wirft uns vieles vor – es ist so viel dabei,<br />

dass man fast gar nicht auf alles eingehen<br />

kann. Wir seien ewiggestrig, zum Beispiel.<br />

Gut, vielleicht stimmt das ein bisschen.<br />

Ich will das gar nicht abstreiten: Wir<br />

sind etwas aus der Zeit gefallen. Vielleicht<br />

sind wir Menschen, die eben nicht mitkommen,<br />

wenn jede Woche eine neue Mode<br />

ausbricht, der man nachlaufen soll. Wir nehmen<br />

uns die Freiheit, nach unserem eigenen<br />

Willen zu leben.<br />

Man wirft uns Sexismus vor. Da weiß ich<br />

beim besten Willen nicht, warum. Natürlich,<br />

ich bin kein Feminist. Ich bin auch kein Maskulinist,<br />

falls es dieses Wort gibt. Es ist mir<br />

einfach egal, welches Geschlecht mein Gegenüber<br />

hat, und ich sehe keinen Grund,<br />

daran Vorrechte, Quoten oder Diskriminierung<br />

zu binden. Wir sind alles Menschen<br />

und danach sollten wir beurteilt werden.<br />

Wenn es dem Feminismus um solche<br />

Gleichberechtigung geht, ist daran nichts<br />

falsch. Ich frage mich nur, warum er dann<br />

Feminismus und nicht Humanismus heißt.<br />

Kein Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />

so rebellisch, so staatskritisch, so<br />

freiheitsversessen wie die Deutsche Burschenschaft.<br />

Man wirft uns Rassismus vor. Was soll man<br />

dazu überhaupt sagen? Wann haben Burschenschafter<br />

Asylantenheime angezündet,<br />

Einwanderer verprügelt oder zu rassistischen<br />

Gehässigkeiten aufgestachelt? Wie<br />

kommen wir dazu, dass uns solche Dinge<br />

vorgehalten werden, zu denen wir nicht das<br />

Geringste beigetragen haben? Oder liegt<br />

es allein in dem Umstand, dass die Deutsche<br />

Burschenschaft sich eben als Verein<br />

von vornehmlich deutschen Studenten betrachtet,<br />

so wie es auch viele andere Verbände<br />

mit anderen Prinzipien gibt? Dann<br />

möchte ich gerne wissen, wem es nur irgendetwas<br />

helfen soll, wenn wir uns wie andere<br />

halt in einen internationalen Studentenverein<br />

umwandeln. Wem ist damit geholfen?<br />

Unsere Kritiker beschäftigen sich<br />

mit solchen Albernheiten, während wirkliche<br />

rassistische Verfolgung in der Welt an<br />

der Tagesordnung ist. Das ist Heuchelei<br />

und Gutmenschentum per definitionem.<br />

Man wirft uns vor, wir seien reaktionär. Kein<br />

Vorwurf tut so weh wie dieser. Denn kein<br />

Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />

so rebellisch, so staatskritisch, so freiheitsversessen<br />

wie die Deutsche Burschenschaft.<br />

Uns haben Kaiser verboten und<br />

„Führer“ auflösen lassen. Denken die linksradikalen<br />

Gruppierungen, die uns attackieren,<br />

wirklich, wir würden uns von ihnen einschüchtern<br />

oder unterdrücken lassen? Wir<br />

haben schon ganz andere Zeiten überstanden.<br />

Soweit käme es noch.<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Am liebsten wirft man uns Nähe zum Nationalsozialismus<br />

vor. Das geht so weit, dass<br />

uns unterstellt wird, wir würden den Holocaust<br />

toll finden oder leugnen. So als ob es<br />

nicht komplett widersprüchlich wäre, etwas<br />

toll zu finden, dessen Existenz man leugnet,<br />

oder etwas zu leugnen, das man doch toll<br />

findet. Aber wahrscheinlich ist dies einfach<br />

nur ein weiterer Fall von Godwin's Law, das<br />

ja besagt, dass mit zunehmend aufgeheizter<br />

Stimmung in einer Debatte irgendwann<br />

zwangsläufig ein Nazi-Vergleich fällt. Und<br />

die Debatte über Burschenschaften ist ja<br />

wirklich schon am hinterletzten Niveau angelangt.<br />

Wie auch immer: Ich verstehe<br />

nicht, warum man das unsagbare Leid, das<br />

die europäischen Juden im letzten Jahrhundert<br />

durchmachen mussten, ein ums<br />

andere Mal für so billige tagespolitische<br />

Propaganda missbraucht. Wer wirklich mitempfindet,<br />

kann dafür kein Verständnis aufbringen.<br />

Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />

Und ja, Mensurfechten ist ein bisschen verrückt.<br />

Na und?<br />

Man wirft uns auch noch vor, Mensuren zu<br />

fechten. Offenbar sind manche mit ihrem<br />

eigenen Leben so unausgelastet, dass sie<br />

sich ernsthaft ständig darüber Gedanken<br />

machen müssen, was andere in ihrer Freizeit<br />

tun. Und ich verstehe wirklich nicht,<br />

warum man an einer völlig traditionellen<br />

sportlichen Betätigung so viel Anstoß findet<br />

– es wird ja auch geboxt, sogar im Fernsehen,<br />

und das ist jedem egal. Übrigens:<br />

Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />

Eishockey, Rugby, Schifahren, Formel 1,<br />

Paragleiten sind alles gefährliche Sportarten,<br />

bei denen auch Schlimmes passieren<br />

kann.<br />

Das gehört zum Sport! Beim Mensurfechten<br />

ist es nichts anderes. Wer das nicht versteht<br />

und irgendwelche abstrusen Theorien<br />

entwickelt, dem kann ich nicht helfen. Ich<br />

persönlich finde das akademische Schlägerfechten<br />

einen ganz faszinierenden<br />

Sport, und wenn jemand wissen will, warum<br />

man sich das antut, kann ich nur sagen: weil<br />

es ein Abenteuer ist. Ich kann doch nicht 90<br />

Jahre auf diesem Planeten rumbringen und<br />

dabei nie irgendetwas Neues, Ungewohntes,<br />

Verrücktes ausprobieren. Ja, Mensur ist<br />

ein bissl verrückt. Na und?<br />

Ich möchte manchmal einfach fragen: Was<br />

stört euch an uns? Was verdammt tun wir<br />

euch denn? Und was können wir tun, damit<br />

ihr ertragen könnt, dass wir auch da sind?<br />

Oder seid ihr erst zufrieden, wenn wir alle<br />

nicht mehr da sind? Wenn ihr uns weggemacht<br />

habt? Warum lasst ihr mich nicht einfach<br />

mein Leben nach meinen Wünschen<br />

leben? Ich akzeptiere eure Lebensvorstellungen<br />

doch auch. Soll doch jeder, wie er<br />

oder sie mag. Ich finde, sein eigenes Leben<br />

gelingend und sinnvoll zu gestaltend, ist<br />

Aufgabe genug. Man sollte nicht meinen,<br />

anderen vorschreiben zu dürfen, wie sie gefälligst<br />

zu leben haben.<br />

„Vielleicht sind Burschenschaften ein Mikrokosmos. Aber die Welt ist ja unglaublich groß geworden, haltlos,<br />

schnelllebig. Eine Burschenschaft ist überschaubar, zeitbeständig, ,entschleunigt’. Sie bietet einen Rahmen,<br />

in dem man von Mensch zu Mensch im Guten wirken kann.“<br />

Schon gar nicht, wenn man einfach keine<br />

Ahnung hat. Es werden von unseren Kritikern<br />

Dinge konstruiert, die einfach bar jeder<br />

Grundlage sind. Meist nach dem Prinzip:<br />

Der ist in einer Burschenschaft, wo es<br />

mal einen gab, der einen Freund hatte, der<br />

dort und dort fotografiert wurde und so<br />

weiter. Nach diesem Prinzip findet man<br />

noch bei jedem Bürger irgendwelche Verknüpfungen<br />

zu irgendwelchen Verrückten,<br />

Radikalen und Häfenbrüdern. Wollen wir in<br />

so einer Schnüffelgesellschaft leben, wo jeder<br />

Angst haben muss, dass ihm Nähe zu ir-<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 23


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

gendetwas Verbotenem konstruiert wird?<br />

Ich nicht. Wo führt uns das denn hin?<br />

Ich habe nichts dagegen, wenn man für<br />

seine Überzeugung auf die Straße geht.<br />

Auch wenn ich nicht verstehe, warum man<br />

immer nur gegen etwas auf die Straße geht<br />

und nie für etwas. Der Akademikerball, gegen<br />

den es ständig geht—was ist das so<br />

furchtbar Schlimmes? Ein Ball ist ein Ball ist<br />

ein Ball ist ein Ball ist ein Ball. Es ist eine Privatveranstaltung,<br />

seit wann ist Politik so allumfassend<br />

wichtig geworden im Leben<br />

der Menschen, dass sie jede Privatsphäre<br />

zur politischen Öffentlichkeit erklären? Das<br />

ist nichts anderes mehr als 1984 auf freiwilliger<br />

Basis.<br />

Meine Ballabende fühlen sich eigentlich immer<br />

so an wie bei Harry Potter und der Feuerkelch<br />

. Früher war ich wahlweise Ron oder<br />

Harry, mittlerweile schwelge ich ein bisschen<br />

wie Neville.<br />

Wisst ihr, woraus der Ball für uns junge Burschenschafter,<br />

die ihr jeden Mittwoch auf<br />

der Unirampe beschimpft, besteht? Aus einer<br />

stundenlangen Nervosität, sich hoffentlich<br />

bei der Eröffnung nicht völlig zu vertanzen,<br />

gefolgt von den paar Bier, die man<br />

sich als Student gerade so leisten kann.<br />

Meine Ballabende fühlen sich eigentlich immer<br />

so an wie bei Harry Potter und der<br />

Feuerkelch. Früher war ich wahlweise<br />

Ron oder Harry, mittlerweile schwelge ich<br />

ein bisschen wie Neville. Gott sei Dank,<br />

andernfalls wären Bälle wirklich unerträglich.<br />

Es wird behauptet, der Akademikerball sei<br />

ein Vernetzungstreffen Rechtsextremer. Ist<br />

euch überhaupt bewusst, dass ihr, wenn ihr<br />

uns am Bummel anschreit, praktisch die<br />

Hälfte aller aktiven Burschenschafter,<br />

Landsmannschafter, Corpsstudenten und<br />

so weiter vor euch habt? Wir sind ein paar<br />

Dutzend Studenten, diese Stadt hat 2 Millionen<br />

Einwohner. Wie kommt ihr dazu,<br />

euch gerade uns als Feindbild auszusuchen?<br />

Wie kommt ihr dazu, euch einzubilden,<br />

wir würden irgendwelche Machtpositionen<br />

innehaben? Beim Akademikerball<br />

treffen sich rund 1.000 Leute, das soll ein<br />

Vernetzungstreffen sein? Ich verrate euch<br />

jetzt den Witz des Jahres: Die brauchen<br />

sich nicht vernetzen, die kennen sich alle<br />

schon. Wir sind nämlich nicht mehr.<br />

Wir haben in diesem rotschwarzen Land genau<br />

nichts zu sagen, an keiner Uni, in keinem<br />

Ministerium, nirgends. Wie kommt<br />

man bitte auf die abstruse Idee, vor einer<br />

so total marginalisierten Minderheit wie uns<br />

auch nur die geringste Angst zu haben? Wir<br />

dürfen doch nicht einmal mehr einen Saal<br />

für eine Podiumsdiskussion mieten. Wisst<br />

ihr, was wir sind? Lauter halbverrückte Idealisten,<br />

die ihre Berufschancen opfern und<br />

sich öffentlich beschimpfen lassen, nur um<br />

Burschenschafter sein zu können. Und<br />

warum nehmen wir<br />

das auf uns? Weil es<br />

wunderschön ist,<br />

Burschenschafter zu<br />

sein, weil es erfüllend<br />

ist, weil es<br />

sinn- und freundschaftsstiftend<br />

ist.<br />

Weil es die beste<br />

Entscheidung ist,<br />

die man im Leben<br />

treffen kann. Und<br />

weil das jemand,<br />

der noch nie ein<br />

Burschenband getragen<br />

hat, einfach<br />

nicht begreifen<br />

kann.<br />

Was wäre, wenn der<br />

Akademikerball<br />

nicht mehr stattfinden<br />

kann? Habt ihr<br />

dann den Kapitalismus<br />

besiegt? Oder<br />

das Flüchtlingselend beseitigt? Oder das<br />

Bildungssystem reformiert? Wie kommt ihr<br />

denn bitte auf die Idee, wir wären überhaupt<br />

die richtigen Adressaten für eure Anliegen?<br />

Demonstriert vor dem Bundeskanzleramt,<br />

lasst euch von der ÖH einen Bus<br />

nach Frankfurt zahlen und demonstriert vor<br />

der Europäischen Zentralbank, oder fahrt<br />

nach Brüssel und demonstriert vor den<br />

Bürotürmen der Europäischen Kommission.<br />

Dort werden nämlich die Entscheidungen<br />

getroffen. Am Akademikerball werde im<br />

besten Fall nur ich meiner Freundin<br />

tollpatschig auf die Füße steigen. Das ist<br />

zwar ärgerlich, aber immer noch nicht verboten.<br />

Ich kann eure Anliegen nicht verwirklichen.<br />

Ich bin kein geheimer Machthaber, sondern<br />

nur irgendein Student, der versucht sein Leben<br />

auf die Reihe zu bekommen. Was erwartet<br />

ihr? Dass ich Hitlerbilder in meinem<br />

Zimmer aufstelle? Ich könnte mir einreden,<br />

ich hielte euch nur für verblendet, aber ihr<br />

hättet ein gutes Herz und so weiter. Aber<br />

ich finde, das ist Blödsinn. Ihr wisst genau,<br />

was ihr tut. Es ist eine Freizeitbeschäftigung<br />

für euch. Wenn ihr wirklich etwas verändern<br />

wolltet, würdet ihr es nämlich tun.<br />

Ihr habt keine Ahnung von der Welt, euer<br />

Tellerrand ist eure schicke WG und euer<br />

Horizont reicht bis zum Küsschen im Kaffeehaus.<br />

Stattdessen liefert ihr so fadenscheinige<br />

Statements wie: Was sind schon ein paar<br />

zerstörte Fenstergläser in der Innenstadt<br />

gegen das Leid der Flüchtlinge allerorts?<br />

Nein wirklich, mit dem Zertrümmern<br />

von Glas helft ihr den Flüchtlingen ungemein<br />

– schön dass ihr euer Verhalten<br />

mit ihrem Leid rechtfertigt. Als ich neulich<br />

euer Refugees-Welcome-Transparent sah,<br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

Der Autor, Verbandsbruder Mayer (Teutonia Wien), fühlt sich den burschenschaftlichen<br />

Traditionen verpflichtet.<br />

ist mir eingefallen, wie damals beim<br />

Flüchtlingsprotest in der Votivkirche irgendwann<br />

die Forderung nach freiem<br />

WLAN in Asylheimen aufkam. Für mich<br />

sagt das alles über die österreichische<br />

Linke.<br />

Ihr habt keine Ahnung von der Welt, euer<br />

Tellerrand ist eure schicke WG und euer<br />

Horizont reicht bis zum Küsschen im Kaffeehaus.<br />

Ihr seid nicht mondän und weltoffen,<br />

ihr seid beschränkt und unglaublich befangen<br />

in eurer eigenen kleinen Lebenswelt<br />

mit ihren eigenen Regeln und 1.-Welt-Problemen.<br />

Wer an WLAN in Asylunterkünften auch nur<br />

einen Gedanken verschwendet, hat keinen<br />

blassen Schimmer davon, wie es in solchen<br />

Unterkünften ausschaut und was diese<br />

Menschen wirklich brauchen: eine Perspektive,<br />

endlich Sicherheit, die Möglichkeit zu<br />

arbeiten, psychische Betreuung und<br />

schnelle Verfahren. Was sie nicht brauchen,<br />

sind eure Anti-Burschenschafter-Demos –<br />

weder auf der Unirampe noch in der Wiener<br />

Innenstadt.<br />

Ob ihr begreift, dass Geld nicht auf den<br />

Bäumen wächst und dass man die Probleme<br />

der Welt nicht mit lautem Parolen-<br />

Geschrei löst, sondern nur mit knochenharter<br />

Arbeit, dem kühlen Rechenstift und<br />

offenen, sachlichen, demokratischen Debatten,<br />

oder ob ihr weiter meint, die Weisheit<br />

gepachtet zu haben und euch nie<br />

selbst reflektieren zu müssen, ist mir eigentlich<br />

egal.<br />

Vielleicht habt ihr ja Recht, und ich vollkommen<br />

Unrecht. Mag sein, man kann es nie<br />

genau wissen. Das ist auch der Grund,<br />

warum ich nie auf die Idee käme, Gewalt<br />

gegen euch anzuwenden.<br />

24 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Dritter Akademikerball in der Wiener Hofburg<br />

Die Wiener Korporationen<br />

weichen nicht!<br />

Die Szenen, die sich jährlich am letzten<br />

Freitag im Jänner in Wien abspielen, könnten<br />

kontrastreicher nicht sein. In der Hofburg<br />

ein nobler Ball in den Prunksälen, bei<br />

dem Korporierte und deren Freunde eine<br />

rauschende Ballnacht nach Wiener Tradition<br />

erleben. Draußen rund 2.500 Polizisten,<br />

die diesen Ball durch ihren Einsatz ermöglichen.<br />

Irgendwo in der Stadt Straßenschlachten,<br />

Haß und Gewalt. Medien, die<br />

so tun, als seien diejenigen das Problem,<br />

die einen Ball feiern und nicht jene, die<br />

Wien verwüsten wollen.<br />

Im Grunde spannt sich alles bereits Anfang<br />

Jänner und vielleicht noch viel früher an.<br />

Angestiftet durch eine Österreichische<br />

Hochschülerschaft (ÖH), die ständig gegen<br />

Korporationen agitiert, und durch grünlinke<br />

Politiker, die Korporationen<br />

grundsätzlich aus der Öffentlichkeit verbannen<br />

wollen, sammeln sich die Gegendemonstranten<br />

bereits Wochen im Voraus. Einerseits<br />

ist das bestimmt ein legitimer Protest<br />

gegen was auch immer, andererseits<br />

einzig und allein die Lust an Gewalt, an<br />

Straßenkampf und am Kampf gegen die<br />

Korporationen. Da werden Korporationshäuser<br />

nicht nur beschmiert und zum Angriffsziel<br />

erklärt, sondern auch mutwillig beschädigt<br />

und Scheiben eingeschlagen. Jeder<br />

weiß, was für einen öffentlichen Aufschrei<br />

es geben würde, wenn es nicht Korporationen,<br />

sondern irgend eine andere<br />

Vereinigung treffen würde. Daß man uns<br />

damit öffentlich ächten will, ist klar. Es ist<br />

nur nicht besonders zielführend, wenn sich<br />

unter denen, die uns ächten wollen, Gewaltverherrlicher<br />

und Linksextremisten befinden.<br />

Besonders hervorgetan hat sich bei diesem<br />

Treiben wiederholt das linke Bündnis<br />

„NoWKR“. Dessen Sprecher ließ noch am<br />

Tag vor dem Ball verlauten: „Es ist legitim,<br />

sich nicht ans Gesetz zu halten“ und man<br />

wolle Ballbesucher „nicht mit Handschuhen<br />

anfassen“. Mehr noch, angesichts der<br />

Dramatik der Flüchtlingskatastrophe seien<br />

auch Linksextreme aus halb Europa, so<br />

etwa aus Osteuropa, die die Polizei schwer<br />

bewaffnet an der Grenze abfangen mußte.<br />

Von den Demo-Veranstaltern hat sich bis<br />

dato niemand von diesen Linksextremisten<br />

distanzieren müssen. Wenn es um die<br />

so genannte „gute Sache“ geht, ist wohl<br />

jede Gewaltanwendung recht.<br />

FPÖ-Bundesparteiobmann Waffenbruder Heinz-Christian Strache (Wiener pennale Burschenschaft Vandalia) und Verbandsbruder Udo Guggenbichler (Albia Wien,<br />

Arminia Graz) bei der Eröffnung des Wiener Akademikerballs.<br />

ein paar eingeschlagene Schaufenster in<br />

der Wiener Innenstadt „das geringere Problem“.<br />

So oder so ähnlich kann man natürlich<br />

jede Gewaltanwendung rechtfertigen.<br />

Der Polizei wurde es schließlich zu bunt<br />

und sie untersagt dem Bündnis die Demonstration,<br />

als sich dieses nicht von der<br />

Gewaltanwendung distanzieren wollte.<br />

Die Straßenschlachten, die sich andere<br />

Demonstranten lieferten, standen den<br />

Ankündigungen von „NoWKR“ aber in<br />

nichts nach. Und unter den 4.000 bis 6.000<br />

Gegendemonstranten waren natürlich<br />

Als Ballbesucher selbst bekommt man von<br />

den straßenschlacht-artigen Szenen, die<br />

sich irgendwo in Wien abspielen, kaum etwas<br />

mit. Es sei denn, man hat das Pech<br />

und gerät auf dem Weg zur Hofburg in<br />

den linken Mob. Oder der Taxifahrer wählt<br />

die „falsche“ Route. Oder man ist einfach<br />

nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Ansonsten<br />

riegeln 2.500 Polizisten die gesamte<br />

Innenstadt ab. Vor der Hofburg stehen<br />

gleich mehrere Absperrzäune. Ballbesucher<br />

werden mittels Polizei zur Hofburg<br />

eskortiert. Und die Korporationshäuser<br />

müssen rund um die Uhr bewacht werden.<br />

Sicherlich, es gibt Ballgäste, die angesichts<br />

einer derartigen Situation Angst verspüren.<br />

Ein Großteil der Ballgäste dürfte<br />

das alles aber eher als eine Aufwertung<br />

wahrnehmen und sich fragen, wie es sein<br />

kann, daß man uns so wichtig nimmt und<br />

so viel in uns hineininterpretiert. Als Ballteilnehmer<br />

hat man sowieso keine Zeit,<br />

sich mit dem zu beschäftigen, was<br />

draußen in der Stadt bei Schnee und Re-<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 25


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

gen abspielt – man genießt diesen rauschenden<br />

Ball.<br />

Da erwartet einen vorerst der Einzug der<br />

Debütantinnen und Debütanten, die ihren<br />

Eröffnungstanz samt Rechtswalzer hinlegen.<br />

Der Einzug der WKR-Chargierten und der<br />

Ansprache des Bundesparteiobmannes der<br />

FPÖ, Heinz-Christian-Strache, der<br />

erneut zur Wahrung des Rechtes auf<br />

Versammlungs- und Meinungsfreiheit,<br />

auch gegen linke Chaoten und Extre misten,<br />

ermahnte. Dann Tanz, unterhaltsame Gespräche,<br />

Erlebnisse und Emotionen.<br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

sondern den Feinden die Stirn zu bieten.<br />

Das Bewußtsein, sich keinem Zeitgeist und<br />

keiner Öffentlichkeit zu unterwerfen. Die<br />

Gewissheit, wie vor 200 Jahren für Werte<br />

einzutreten, die nie an Aktualität verlieren<br />

und die vielleicht heute zeitgemäßer als je<br />

zuvor sind. Es ist und bleibt wichtig, nicht<br />

Ehrengäste. Die Einlage einer Schützenkompanie<br />

und Musikkapelle aus Südtirol,<br />

die ein besonderes Zeichen der Verbundenheit<br />

zum südlichen Tirol waren. Dann<br />

Operngesang und Tänzer. Die Festrede zu<br />

650 Jahre Studieren in Wien, bei welcher<br />

einmal mehr die Rolle hervorgehoben<br />

wurde, die in diesen 650 Jahren auch die<br />

Wiener Korporationen gespielt haben. Die<br />

Abgesehen von persönlichen Emotionen<br />

und Erlebnissen nimmt jeder Ballbesucher<br />

auch etwas ganz anderes für sich mit: Das<br />

sind nicht nur diese Erinnerungen an eine<br />

gesellige Veranstaltung, wo Freunde getroffen<br />

und Freundschaften geschlossen<br />

werden. Das ist etwas ganz anderes, nämlich<br />

das Bewußtsein, nicht zu weichen, nur<br />

weil linke Gegner das von einem so wollen,<br />

zu weichen und weiterhin für eine Sache<br />

zu kämpfen – das ist das, was man von einem<br />

Akademikerball mitnimmt. Da sind die<br />

paar tausend Gegendemonstranten<br />

nicht Hindernis, sondern zusätz liche Motivation.<br />

Michael Demanega<br />

(Teutonia Wien)<br />

26 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Impressionen vom Wiener Akademikerball<br />

Blick auf die Ehrengäste<br />

und Chargen-Abordnungen<br />

der Bünde (oben) sowie der<br />

Einzug der WKR-Chargierten<br />

(links).<br />

Am 3. Wiener Akademikerball<br />

nahm auch eine Schützenkompanie<br />

aus Südtirol<br />

teil (unten).<br />

Die Wiener Hofburg diente abermals als prachtvoller<br />

Veranstaltungsort für den 3. Wiener Akademikerball.<br />

Nagesh Kamath/flickr.com/CC<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 27


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

„Hat sich der Mob ausgetobt?“<br />

So fragte eine Wiener Zeitung in der Überschrift<br />

ihres Artikels einen Tag nach dem 3.<br />

Akademikerball (vormals WKR-Ball), „Heuer<br />

keine Eskalation beim Akademikerball“, titelte<br />

eine andere. In der Tat waren am 30.<br />

Januar <strong>2015</strong> deutlich weniger Proteste um<br />

die Hofburg festzustellen, als im vergangenen<br />

Jahr.<br />

Zwar schrieb Die Tagespresse tags zuvor,<br />

es habe sich ein 23-jähriger Dschihadist<br />

eine Karte für den Ball beschafft und<br />

wünschte spöttisch „Allahs Walzer!“ Doch<br />

ist niemandem eine solche Figur in den feierlichen<br />

Festsälen der Hofburg aufgefallen.<br />

Vermutlich wollte man im Vorfeld möglichst<br />

vielen Ballgästen mit dem Gotteskrieger<br />

Angst einjagen. Dazu reimt sich die Presse<br />

ja manches zusammen – daher wohl Unwort<br />

des Jahres.<br />

Neben einem Bündnis, genannt „NoWKR“,<br />

waren von weiteren Gruppen Demos durch<br />

die Innenstadt angekündigt. Die sind auch<br />

am Ballabend herumgezogen. Die befürchteten<br />

heftigen Krawalle rund um die Hofburg,<br />

wie im Vorjahr, blieben jedoch aus.<br />

Obwohl die Demonstranten wieder mit<br />

Sprüchen wie „Nazis raus aus dem Parlament“<br />

und „FPÖ-Akademikerball blockieren“,<br />

reichlich und unüberhörbar präsent<br />

waren, kam es nicht zu den letztjährigen widerwärtigen<br />

Zwischenfällen. Schon im Vorfeld<br />

warnte die Polizei, sie werde heuer verstärkt<br />

um Deeskalation bemüht sein: „Wir<br />

werden mit allen Mitteln verhindern, dass<br />

es zu Ausschreitungen kommt“, so ein<br />

Sprecher. Die Ordnungshüter berichteten<br />

von 2.000, laut einer anderen Zeitungen<br />

von 3.000 Demonstranten. 2014 waren<br />

noch 8.000. Sie waren selbst mit einer<br />

Stärke von beachtlichen 2.500 Beamten im<br />

Einsatz. Ein Polizist sei dabei von einem<br />

Böller verletzt worden, 54 Gegner habe<br />

man festgenommen, so der Kurier.<br />

Die Lageberuhigung hat vermutlich im<br />

wesentlichen zwei Gründe. Einmal ist<br />

wohl die Strategie der Exekutive aufge -<br />

gangen. Die bestand in einer starken<br />

Präsenz, einer sehr weiträumigen Absperrung<br />

der Hofburg und in der Kontrolle<br />

von anreisenden Demonstranten. So sind<br />

Busse mit verdächtigen Personen aus München<br />

und aus Tschechien(!) an der Grenze<br />

zurückgeschickt worden. Die Fahrgäste hatten<br />

Schlagringe, Messer, Pyrotechnik und<br />

Sturmhauben an Bord. Bemerkenswert sind<br />

die Anreisenden aus dem nordöstlichen<br />

Nachbarland – gehen der „sozialistischen<br />

SA“ (Strache, FPÖ) die Mitstreiter in Österreich<br />

aus?<br />

Der zweite Grund liegt wohl darin, daß sich<br />

die Ballgäste auf die Situation eingestellt<br />

haben. So reisten zahlreiche Besucher sehr<br />

viel früher an. Viele machten vom Angebot<br />

eines reichhaltigen Buffets seitens der Hofburg<br />

in den Ballräumlichkeiten schon ab<br />

18:00 Uhr gebrauch. Angereist wurde auch<br />

oft in Gruppen mit großen Bussen. Ein Hotel<br />

hatte tatsächlich seine Gäste in mehreren<br />

Taxen mit Polizeischutz ausgestattet.<br />

Vorne und hinten mit Blaulicht abgesichert,<br />

sei die Karawane so über rote Ampeln zur<br />

Hofburg begleitet worden, berichtete mir<br />

der Eisenachbeauftragte, Verbandsbruder<br />

Laun.<br />

Der dritte Akademikerball konnte dieses<br />

Jahr wieder ohne Verspätung beginnen<br />

und in gewohnt festlicher Form ablaufen.<br />

Auch schien die Zahl der Ballbesucher<br />

leicht gestiegen zu sein. Wenn wir das fortsetzen<br />

können, kommen wir wie der Opernball<br />

hoffentlich bald aus der Schußlinie heraus.<br />

Sie sollten dieses Spitzenereignis der<br />

Wiener Verbindungen für den 29. Jänner<br />

2016 einplanen, wenn es wieder korrekt<br />

heißt „Alles Walzer“!<br />

Wolfgang Gäbler<br />

(Cheruscia Dresden, Vandalia Hamburg,<br />

Salamandria Dresden)<br />

28 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

„Unsere westliche Gesellschaft ist zu verstört<br />

und zu feige!“<br />

Professor Menno Aden beim 25. Herrschaftsfreien Dialog im Danubensalon<br />

Sonntag, 18. Januar <strong>2015</strong>, vormittags ab<br />

11.00 Uhr: Der Altherrenverband der<br />

Münchener Burschenschaft Danubia hatte<br />

am Reichsgründungstag zum<br />

25. Herrschaftsfreien Dialog im Danuben-<br />

Salon eingeladen. Gast war der ehemalige<br />

Präsident des Oberkirchenrates der<br />

Evangelisch-Lutherischen Landeskirche<br />

Mecklenburgs, Professor Dr. Menno<br />

Aden. Er diskutierte mit den Teilnehmern<br />

das aktuelle Thema „Islam und Islamismus<br />

auf dem Vormarsch: Was bleibt vom Christentum<br />

in Deutschland und Europa?“.<br />

Im Interview mit den <strong>Burschenschaftliche</strong>n<br />

<strong>Blätter</strong>n ging Professor Aden auf<br />

wesent liche Gesichtspunkte der beim<br />

25. Herrschaftsfreien Dialog erörterten Fragen<br />

ein.<br />

BBl: Herr Professor Aden: Die islamistischen<br />

Anschläge von Paris und Kopenhagen<br />

und die Befürchtung, daß sie nur der<br />

Auftakt einer Terror-Serie sein könnten,<br />

beherrschen zur Zeit deutschland- und<br />

europaweit die öffentliche Diskussion.<br />

Was signalisieren Ihnen diese Gewaltakte<br />

und ihre Folgen?<br />

Aden: Die Gewaltakte von Paris und Kopenhagen<br />

sind offensichtlich Handlungen<br />

von muslimischen Fanatikern, welche, gestützt<br />

auf bestimmte Lesarten des Koran,<br />

ein besonders gottgefälliges Werk zu<br />

tun glauben, wenn sie die wirkliche<br />

oder angebliche Beleidigung des Pro -<br />

pheten in dieser Weise rächen. Vor Ver -<br />

brechen dieser Art kann man sich kaum<br />

schützen, sie werden wohl immer wieder<br />

vorkommen.<br />

Terrorakte kommen näher an<br />

uns Deutsche heran<br />

Allerdings handelt es sich nicht um Einzelfälle,<br />

und es sieht so aus, als ob diese Terroranschläge<br />

nicht nur häufiger werden,<br />

sondern auch immer näher an uns Deutsche<br />

heran kommen. Damit erinnern sie uns<br />

an die Gewaltausbrüche der 1968er, welche<br />

mit relativ friedlichen, dann immer gewalttätiger<br />

werdenden Demonstrationen<br />

begannen und schließlich in Morde der<br />

RAF mündeten.<br />

Wir dürfen über diese Vorgänge also nicht<br />

zur Tagesordnung übergehen, wie es nach<br />

dem Abklingen des ersten Entsetzens offenbar<br />

bereits geschieht. Es ist daher bezeichnend,<br />

daß uns nun von allen Seiten,<br />

auch vom Papst, entgegenschallt, man<br />

dürfe den Propheten Mohammed halt nicht<br />

beleidigen. Das ist zwar richtig, es zeigt<br />

aber doch, daß unsere westliche Gesellschaft<br />

zu verstört oder zu feige ist, das Problem<br />

wirklich ins Auge zu nehmen. Stattdessen<br />

beginnen wir damit, uns selbst zu<br />

bezichtigen und uns für diese Beleidigungen<br />

zu entschuldigen, womit die ohnehin<br />

bedrohte Meinungsfreiheit weiter geschwächt<br />

wird.<br />

Die Gewalttaten und ihre Folgen signalisieren<br />

mir – um direkt auf die Frage zu antworten<br />

– daß unsere westliche Gesellschaft<br />

nicht wirklich bereit ist, das Problem des<br />

Eindringens von Menschen, die in unsere<br />

Kultur nicht oder nur schwer integrierbar<br />

sind, anzugehen. Unsere mutlose, feige<br />

Gesellschaft – manche haben sie auch als<br />

dekadent bezeichnet – geht hier wie so oft<br />

den Weg des geringsten Widerstandes. Sie<br />

glaubt, mit einigen entschuldigenden Gebärden<br />

das Problem aus der Welt geschafft<br />

zu haben und denkt damit sei Frieden.<br />

Doch das ist ein Trugschluß.<br />

BBl: Deutschland sei kein klassisches Einwanderungsland.<br />

Das verkündeten die<br />

Vertreter – parteiübergreifend – aus den<br />

Führungsetagen der Bundesrepublik<br />

Deutschland und von Österreich jahrzehntelang<br />

dem gläubigen Wahlvolk.<br />

Auch Helmut Schmidt warnte eindringlich<br />

vor überhöhter Einwanderung: „Das ertragen<br />

die Gesellschaften nicht. Dann<br />

entartet die Gesellschaft“, sagte er wörtlich<br />

(Frankfurter Rundschau vom 12. September<br />

1992). Doch die politische Klasse<br />

bei uns und in Europa ist dem Rat von<br />

Schmidt nicht gefolgt. Was bedeutet das<br />

für unser Land heute?<br />

Aden: Hier haben wir dasselbe Phänomen<br />

wie gerade erwähnt: Schlichte Feigheit, die<br />

sich als Weltoffenheit ausgibt. Deutschland<br />

ist ein Land mit einer der höchsten Bevölkerungsdichte.<br />

Trotz einer guten wirtschaftlichen<br />

Konjunktur haben wir weiterhin rund<br />

fünf Prozent Arbeitslose. Es ist also völlig<br />

abwegig, Deutschland als Einwanderungsland<br />

zu bezeichnen. Indem wir diesen Unsinn<br />

ausschreien, nehmen wir zu derselben<br />

Zeit kritiklos hin, daß die USA, Kanada<br />

und Australien, wo auf rund 30.000.000<br />

Quadratkilometern, also einem Viertel<br />

der Erdoberfläche, nicht einmal fünf Prozent<br />

der Weltbevölkerung hausen, ihre<br />

Tore für Einwanderer praktisch geschlossen<br />

haben.<br />

Seit fünfzig Jahren weg -<br />

geschaut: Entfremdung von<br />

unserer Kultur<br />

In der Mitte Europas, eng mit allen umliegenden<br />

Staaten verbunden, darf es uns<br />

Deutschen aber natürlich nicht in den Sinn<br />

kommen, uns gegen Ausländer gänzlich zu<br />

schließen. In vielen Fällen haben wir<br />

tatsächlich ein vertretbares Interesse an der<br />

Zuwanderung von qualifizierten Menschen<br />

oder auch Wanderarbeitern. Was in<br />

Deutschland aber seit 50 Jahren geschieht,<br />

ist ein völlig unverantwortliches Wegschauen<br />

gegenüber einer noch zwar nicht<br />

eingetretenen, aber täglich in unserem<br />

Straßenbild deutlicher werdenden Einfremdung<br />

unserer Kultur.<br />

BBl: Beschwichtigend wird von führenden<br />

Multikulti-Propagandisten immer<br />

wieder behauptet, daß der gewalttätige<br />

Islamismus mit dem – eigentlich fried -<br />

lichen – Islam nichts zu tun habe. Andererseits<br />

dokumentieren viele Quellen im<br />

Koran, der Grundlage des Glaubens dieser<br />

Religion, das Gegenteil. Sie erwähnten<br />

es ja eingangs. Warum wird das so<br />

Offenkundige von einem Großteil der politischen<br />

Elite in Deutschland übersehen,<br />

ja geleugnet?<br />

Aden: Von keiner Religion kann man sagen,<br />

daß sie nur friedlich sei. Die christliche Religion<br />

hat eine unglaublich blutige und grausame<br />

Vergangenheit. Man sollte allerdings<br />

genauer sagen: die katholische Ausprägung<br />

dieser Religion, welche in den Albigenserkriegen<br />

des 13. Jahrhunderts, der<br />

Bartholomäus-Nacht von 1572 in Frankreich<br />

und der namentlich in Spanien wütenden<br />

Inquisition im Namen Christi Verbrechen<br />

begangen hat, an welche der Islam<br />

bei weitem nicht heran reicht.<br />

BBl: Was wollen Sie damit sagen?<br />

Aden: Ich glaube, daß wir es hier mit einem<br />

Entwicklungsproblem zu tun haben. Die<br />

brutalen, zum Mord an Un- oder Andersgläubigen<br />

aufrufenden Suren des Koran (es<br />

gibt davon eine ganze Reihe), sollten in<br />

ihrem geschichtlichen Kontext verstanden<br />

werden. Sie stammen aus einer Zeit, als<br />

Mohammed und seine Nachfolger, die den<br />

Koran ja erst nach Mohammeds Tod schriftlich<br />

fixieren ließen, unter erheblichem inneren<br />

und äußeren Druck stand, um seine<br />

junge Lehre und Gemeinde zu verteidigen.<br />

Man wird diese Mordaufrufe bedauern,<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 29


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

kann sie aber – insbesondere wenn man die<br />

damalige Zeit bedenkt und die Schuld, welche<br />

Christen auf sich geladen haben – in<br />

einem milderen Licht sehen.<br />

Was man aber nicht verstehen und auch<br />

nicht dulden kann, ist, daß heutige Muslime<br />

– zwar nicht deren Mehrheit, aber doch<br />

eine offenbar zunehmende Minderheit –<br />

den geschichtlichen Kontext dieser Gewaltaufrufe<br />

nicht erkennt, sondern in der Annahme,<br />

daß es sich bei dem Koran um unmittelbar<br />

verbindliches Gottesgebot handelt,<br />

mit solchen Sprüchen Gewalttätigkeiten<br />

aller Art rechtfertigen. Die in Afrika zwischen<br />

Christen und Muslimen ausgetragenen<br />

ständigen mörderischen Kleinkriege<br />

nehmen wir dabei kaum zur Kenntnis.<br />

Was wir dem Islam abfordern müssen, was<br />

wir ihm allerdings auch wünschen möchten,<br />

ist, daß er eine Reformation bei sich zuläßt,<br />

die ihn dahin belehren wird, daß der Koran<br />

ein zeitgebundenes Glaubensdokument ist,<br />

von welchem viele seiner anstößigen Aussagen<br />

der seither eingetretenen Entwicklung<br />

der Menschheitsgeschichte angepaßt<br />

werden müssen.<br />

BBl: Auf der einen Seite ein kraftvoller<br />

Vormarsch des Islam, auf der anderen<br />

Seite ein schwaches Christentum. Selbst<br />

der naheliegende Auftrag zur Missionierung<br />

gegenüber fremdgläubigen Migranten<br />

wird seitens der christlichen Kirchen<br />

bei uns in geradezu unfassbarer Form<br />

vernachlässigt. Herr Professor Aden:<br />

Warum werden eher leer stehende Gotteshäuser<br />

an zivile Nutzer verkauft anstatt<br />

christlich missioniert?<br />

Aden: Bei allem im Einzelfall verständlichen<br />

Unmut, ja sogar Zorn über das, was in den<br />

Kirchen (nicht) geschieht, müssen wir folgendes<br />

sehen: Katholiken neigen mit ihrem<br />

traditionellen Kirchenverständnis dazu, die<br />

Kirche an ihrer Statt glauben zu lassen.<br />

„Herr, siehe nicht auf unserem Unglauben,<br />

sondern sieh auf den Glauben der Kirche“ –<br />

so wird im großen Kirchengebet in der<br />

Messe gebetet. So geht es aber nicht. Die<br />

Kirche kann nur so gläubig sein, wie die<br />

Menschen. Viele Gründe haben dazu geführt,<br />

daß die Glaubensbereitschaft des<br />

modernen Menschen offenbar abnimmt, jedenfalls<br />

dann, wenn wir von dem herkömmlichen<br />

in uralte Dogmen und Mythen eingepackten<br />

christlichen Glauben sprechen.<br />

Verfallsgrund unserer Kirchen:<br />

Das Fehlen aktiver Seelsorge<br />

Gravierend ist auch: Der völlige Wegfall<br />

jeglicher aktiver Seelsorge, bei der man<br />

Menschen aufsucht, und zwar auch die, die<br />

nicht mehr zur Kirche gehören, ist wohl der<br />

Hauptgrund für den offensichtlichen Verfall<br />

der christlichen Kirchen und des herkömmlichen<br />

Kirchenglaubens.<br />

BBl: Sie beklagen den „Verlust von Einfachheit“<br />

im derzeitigen Christentum,<br />

was zu der Frage führt: Was ist die<br />

Grundfrage jeder Religion und wie müsste<br />

sie heute neu gestellt werden?<br />

Aden: Die meisten, der das Christentum<br />

bis heute prägenden mythologischen und<br />

theologischen Figuren stammen aus der –<br />

wenn man sich so ausdrücken darf –<br />

Kampfzeit der jungen Kirche. Das war die<br />

Zeit, als nach dem Abschluss des Kanons<br />

des neuen Testamentes die christliche Religion<br />

sich gegen zahlreiche, Dutzende<br />

Jahrhunderte von Abspaltungen (Stichwort<br />

Moses) durchsetzen mußte um ihren<br />

Weg in die Geschichte zu gehen. Ich<br />

glaube, daß die meisten, etwa im apostolischen<br />

Glaubensbekenntnis weiterhin mit<br />

geschleppten theologischen Figuren, dem<br />

Glauben an Jesus als den Boten Gottes,<br />

eher abträglich sind. Sie sind ein interessantes<br />

Betätigungsfeld für Theologen.<br />

Den Menschen ist aber weder im Leben,<br />

noch im Sterben damit gedient, daß man<br />

die Trinität erklärt oder Maria als eine<br />

Jungfrau im physischen Sinne ausgibt. Ich<br />

habe in meinem Buch Apostolisches<br />

Glaubensbekenntnis versucht darzulegen,<br />

daß Christen heute die Aufgabe haben,<br />

das traditionelle Glaubensgut abzubauen,<br />

am Ende ganz aufzugeben um den<br />

einfachen Menschen Jesus wieder zu erkennen.<br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

BBl: Wir stehen heute oftmals vor der<br />

Frage: Was ist das Eigene und was ist –<br />

im religiösen Sinne – das Fremde. Wie<br />

verknüpfen wir die beiden Fragen zugunsten<br />

einer Zukunft des Eigenen, ohne das<br />

Fremde abzuwerten?<br />

Aden: Diese Frage rührt wohl an das entscheidende<br />

Problem nicht nur des Christentums,<br />

sondern an jede Religion. Die<br />

Einzigartigkeit wird am besten dadurch gesichert,<br />

daß man das Fremde nicht wahrnimmt,<br />

so sind zum Beispiel Ameri kaner<br />

und Franzosen wohl deswegen viel bessere<br />

Patrioten als wir Deutschen, weil diese in<br />

viel geringerem Maße ins Ausland reisen<br />

und in ihrer großen Mehrzahl nichts anderes<br />

kennen als ihr eigenes Land. Und das<br />

halten sie natürlich für das Beste, wie ein<br />

Kind die eigene Familie für die bei weitem<br />

beste hält, bis die Begegnung mit anderen<br />

Familien die Blicke schärft.<br />

Das eigene einer jeweiligen Religion ist oftmals<br />

gar nichts Eigenes, sondern besteht<br />

vielleicht nur darin, daß man die jeweiligen<br />

Werte der anderen Religion nicht zur<br />

Kenntnis nimmt. Wir befinden uns im Zeitalter<br />

des Internet und der Globalisierung. Wir<br />

sind – ich sage es bewußt – vom Heiligen<br />

Geist aufgefordert, weniger das Eigene an<br />

unserer Religion zu sehen, sondern das Gemeinsame.<br />

Dieses Gemeinsame sehe ich in<br />

der Verantwortung des Menschen für sein<br />

eigenes Leben, für welches er nach seinem<br />

Tode Rechenschaft ablegen muss, wie auch<br />

in der Verantwortung für seinen Mitmenschen<br />

oder die Welt als ganze.<br />

Im Grunde wußte doch schon die griechische<br />

Antike, daß – unbeschadet der verschiedenartigen<br />

Götternamen – letztlich<br />

eine einheitliche Gottheit über der Welt<br />

waltet. Dieser Gedanke scheint heute weltweit<br />

allgemein zu werden. Das Eigene des<br />

Christentums besteht darin, daß Gott sich<br />

in Jesus Christus gezeigt hat, das Gemeinsame<br />

aber der Religionen besteht dann<br />

darin, daß Gott sich den Menschen überhaupt<br />

zeigt.<br />

BBl: Vielen Dank für das Gespräch.<br />

+++ Eine Anzeige in den <strong>Burschenschaftliche</strong>n<br />

<strong>Blätter</strong>n ...<br />

kostet weniger, als Sie denken!<br />

+++<br />

Sprechen Sie uns an – die Schriftleitung<br />

sendet Ihnen gerne die<br />

aktuellen Mediadaten zu.<br />

bbl-schriftleitung@burschen<br />

schaft.de<br />

30 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Salamandria ehrt Friedrich Ludwig Jahn<br />

Die zu tiefster „DDR“-Zeit 1966 in Dresden<br />

geheim gegründete Burschenschaft Salamandria,<br />

die 2014 zur Probe in unseren<br />

Verband aufgenommen wurde, beging Anfang<br />

Dezember ihren 48. Gründungstag.<br />

Der veranstaltende Bundesbruder hatte<br />

Freyburg in Sachsen-Anhalt, nahe Naumburg,<br />

für die Feier ausgesucht. Aus diesen<br />

Anlaß hatten sich alle Bundesbrüder und<br />

zahlreiche Gäste eingefunden.<br />

In Freyburg hatte Friedrich Ludwig Jahn<br />

lange Zeit gewohnt, als er nach seiner Haftentlassung<br />

einen Wohnsitz in einer Stadt<br />

wähnen mußte, in der es keine Universität<br />

und kein Gymnasium gab. Freyburg führt<br />

heute den Zusatz der „Wein- und Jahnstadt“<br />

in der Ortsbezeichnung. Im Programm<br />

der Gründungsfeierlichkeiten war<br />

neben Naumburg auch der Besuch in<br />

Jahn’s Wohnhaus vorgesehen. Das ist<br />

heute ein empfehlenswertes Museum.<br />

Darin werden seine Person und sein Wirken<br />

gewürdigt. Schwerpunktmäßig geht es dabei<br />

um die Turnbewegung, die auch das<br />

Museum unterhält, doch ist sein Wirken für<br />

die Einrichtung der Burschenschaft<br />

keinesfalls ausgespart. Für Burschenschafter<br />

ein stets lohnendes Ausflugsziel, zumal<br />

an der Unstrut eine sehr trinkbarer Wein<br />

wächst.<br />

Im ehemaligen Garten vor dem Haus hat<br />

Jahn im Jahre 1936 auch seine letzte Ruhestätte<br />

gefunden, nachdem er vorher schon<br />

einmal umgebettet wurde. So lag es nahe,<br />

daß die Salamandria die Gelegenheit<br />

nutzte, um am Grab eine Ehrung vorzunehmen.<br />

Nach einer Ansprache wurde ein<br />

Salamandria ehrt „Turnvater“ Jahn als einen der Ideengeber der Burschenschaft an seinem Grab in Freyburg.<br />

Kranz niedergelegt. Einleitend erklang das<br />

Jahn gewidmete Lied „Wenn alle untreu<br />

werden“, das Burschenschafterlied schloß<br />

die würdige Ehrung ab.<br />

Anwesend war auch der Bürgermeister von<br />

Freyburg, der die Burschen begrüßte. In<br />

seiner Ansprache vor der Ehrung sprach er<br />

vor allem über die angestrebte Ernennung<br />

der Region Saale- und Unstruttal zum Weltkulturerbe.<br />

Über den Antrag wird die UNE-<br />

SCO Mitte <strong>2015</strong> entschieden. Begründet<br />

wurde der Antrag mit der Einzigartigkeit<br />

und Zahl von Monumenten des Hochmittelalters<br />

in der Region. So heißt es: „Keine<br />

zweite Landschaft weist auf so engem<br />

Raum eine derart hohe Dichte an qualitativ<br />

herausragenden Monumenten und Elementen<br />

der Kulturlandschaft aus der Zeit<br />

zwischen 1000 und 1300 auf.“ In der Kernzone<br />

sind 13 aufgelistet – zum Beispiel der<br />

Naumburger Dom, Schloss Neuenburg,<br />

Stadtkirche und Altstadt Freyburg, Kloster<br />

Schulpforte, die Rudelsburg, Burg Saaleck<br />

oder die Weinberge. Nach dem das Gründungstagtreffen<br />

in jeder Hinsicht in<br />

betont herzlicher Gastlichkeit durchgeführt<br />

werden konnte, wünscht Salamandria<br />

viel Erfolg für den Antrag bei der<br />

UNESCO.<br />

Wolfgang Gäbler<br />

(Cheruscia Dresden, Vandalia Hamburg,<br />

Salamandria Dresden)<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 31


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

„Kontrollierte Einwanderung“ in Gegenden der<br />

Besserverdienenden?<br />

Eine Situationsbeschreibung aus Hamburg von Raphael Thiermann<br />

Es war wieder einmal ein typischer Wahlkampf<br />

in Hamburg: man überbot sich im<br />

Rahmen von Materialschlachten mit inhaltslosen<br />

Parolen. Den Beinen der FDP-<br />

Spitzenkandidatin wurde mehr Interesse<br />

entgegengebracht als der Frage, welche<br />

Inhalte die „neue“ FDP eigentlich vertritt.<br />

Wer nun auf den Plakaten „Hamburg<br />

weiter vorn“ oder „Mehr tun für<br />

Wirtschaft und Wissenschaft“ forderte,<br />

dürfte den meisten Wählern bereits kurz<br />

nach der Wahl nicht mehr in Erinnerung<br />

gewesen sein.<br />

Die etablierten Parteien scheuen sich, wie<br />

virtuos von Angela Merkel vorgemacht, vor<br />

inhaltlichen Positionierungen. Der Sieg der<br />

SPD unter Olaf Scholz schien ohnehin ausgemacht.<br />

Kein Wunder, ist die CDU in dem<br />

nördlichsten Stadtstaat doch noch konturloser<br />

als im Rest der Republik. Einmal Stellung<br />

beziehen? Fehlanzeige! Dabei hätte es<br />

ein Thema gegeben, welches zahlreichen<br />

normalen Bürgern durchaus auf den Nägeln<br />

brennt: die zunehmende Flüchtlingsproblematik,<br />

mit all ihren unangenehmen<br />

Begleiterscheinungen. Aber dieses Thema<br />

faßt die Politik nicht mit der Kneifzange an.<br />

Dabei finden sich selbst in den Hamburger<br />

Leitmedien zunehmend Meldungen über<br />

wachsende Kriminalität, Wohnraumverknappung<br />

und steigende Mieten sowie<br />

sonstige unangenehme Begleiterscheinungen<br />

der als „Bereicherung“ bezeichneten<br />

Zuwanderung. Selbst die sonst eher „senatshörige“<br />

Hamburger Morgenpost berichtete<br />

von einem skandalösen Fall: In der<br />

berüchtigten Feuerbergstraße, Unterbringungsort<br />

minderjähriger „Flüchtlinge“,<br />

kam es zu einer Messerattacke auf einen<br />

Betreuer. In den Polizeiberichten tauchte<br />

dieser Vorfall zunächst nicht auf, wurde<br />

aber dennoch später vom Hamburger<br />

Abendblatt veröffentlicht. Der Vorwurf,<br />

die Sozialbehörde würde solche Vorfälle<br />

vertuschen wollen, stand im Raum.<br />

Aussagen des ansässigen Kinder- und<br />

Jugendnotdienstes erhärteten den Verdacht.<br />

Die von Gutmenschen-Ideologie infizierte<br />

Hamburger Politik kann offensichtlich keine<br />

Rücksicht mehr auf ihre Klientel nehmen.<br />

So plante der Hamburger Senat beispielsweise<br />

an der Sophienterrasse im Herzen<br />

des Hamburger Nobelviertels Harvestehude<br />

die Umwandlung des ehemaligen<br />

Kreiswehrersatzamtes in eine Flüchtlingsunterkunft.<br />

Die Aufregung bei den Anwohnern<br />

war groß, obgleich die Wohlbetuchten<br />

in der Vergangenheit mit über 70 Prozent<br />

einwanderungsfreundliche Parteien<br />

wie Grüne, SPD und Die Linke gewählt hatten.<br />

Anwohner erhoben Klage gegen die<br />

geplante Unterkunft und bekamen in einem<br />

Eilantrag Recht. Das Verwaltungsgericht<br />

Hamburg stoppte den Umbau des Gebäudes.<br />

Begründung: Das Gebiet an der Sophienterrasse<br />

ist als besonders geschütztes<br />

Wohngebiet auszuweisen.<br />

Nicht in meiner Nachbarschaft<br />

...?<br />

Auf ihrem Flugblatt heißt die Hamburger Burschenschaft Germania Flüchtlinge auch in Wohlstandsvierteln<br />

Willkommen.<br />

Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten,<br />

die zahlreichen Flüchtlingslobbys aus<br />

dem gleichen politischen Umfeld waren<br />

entsetzt. Schützenhilfe gab es dann aber<br />

von unerwarteter Seite: Die Hamburger<br />

Burschenschaft Germania startete in der<br />

32 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Plaktat am Haus der Hamburger Burschenschaft Germania.<br />

Nacht vom 11. auf den 12. Februar eine<br />

Kampagne zum Thema „Refugees Welcome<br />

in Wohlstandsvierteln“. Zu diesem<br />

Zwecke klebten unsere aktiven Mitglieder<br />

Plakate und verteilten Flugblätter in Harvestehude<br />

rund um die Sophienterrasse.<br />

Darin hieß es: „Refugees Welcome in<br />

Harvestehude, in der Schanze, in Eppendorf!<br />

Die gutsituierten Porsche-Fahrer sollten mal etwas Platz machen...<br />

… Und in all den anderen Vierteln, in denen<br />

diejenigen gutsituierten Wohlstandsgrünen<br />

leben, die am lautesten aufschreien, wenn<br />

Nicht-so-gut-Verdiener nur die leiseste Kritik<br />

an der völlig ungesteuerten Zuwanderung<br />

äußern.“ Und weiter: „Wer Bleiberecht<br />

für alle fordert, sollte selber einmal erfahren,<br />

was das in der Realität bedeutet.<br />

Die Anwohner der Feuerbergstraße, die<br />

täglich von kriminellen ,Flüchtlings’-kindern<br />

aus dem dortigen Heim terrorisiert werden,<br />

sowie die Polizei und die Sozialarbeiter in<br />

den Heimen haben diese Erfahrungen<br />

schon machen dürfen.“<br />

Aus unserer Sicht ist es nicht hinnehmbar,<br />

daß ein Flüchtlingsheim in Harvestehude,<br />

ein Wohngebiet mit mehrheitlich wohlhabenden<br />

Bewohnern, angeblich nicht „gebietsverträglich“<br />

sein soll, während das<br />

Problem der Unterbringung<br />

in ohnehin<br />

überlasteten<br />

Stadtteilen wie Billstedt<br />

aber kein Problem<br />

zu sein<br />

scheint. Als Reaktion<br />

darauf erhielten<br />

wir Post eines<br />

linken Journalisten,<br />

der uns unterstellte,<br />

wir würden pauschal<br />

gegen alle<br />

Asylsuchenden<br />

Stimmung machen.<br />

Dazu erkläre ich:<br />

„Wir unterscheiden<br />

in unserer Aktion<br />

deutlich zwischen<br />

Asylsuchenden, die<br />

tatsächlich vor Krieg und Verfolgung flüchten<br />

müssen und somit ein unbestreitbares<br />

Recht auf Asyl haben, und denen, die lediglich<br />

aus wirtschaftlichen Gründen ihre<br />

Heimat verlassen und versuchen, hier als<br />

‚Asyl suchende‘ ein Bleiberecht zu erwirken.<br />

Letztgenannte Gruppe diskreditiert mit<br />

ihrem Gebaren in letzter Konsequenz auch<br />

Menschen, die aufgrund von Verfolgung einen<br />

tatsächlichen Anspruch auf Asyl<br />

haben.“<br />

Letztendlich führte der Streit um das geplante<br />

Flüchtlingsheim zu keinem unerwarteten<br />

Wahlergebnis in Hamburg. Die<br />

SPD darf die nächsten fünf Jahre wohl mit<br />

den Grünen regieren, damit wird der unkontrollierte<br />

Zustrom von illegalen Flüchtlingen<br />

wahrscheinlich weiter geduldet<br />

werden. Die Hamburger Burschenschaft<br />

Germania begrüßt das Wahlergebnis daher<br />

auf ihre Art: Seit dem Tag nach der<br />

Wahl prangt am Balkon ihres Hauses in<br />

der Sierichstraße im Hamburger Stadtteil<br />

Winterhude ein großes Transparent<br />

mit der eindeutig zweideutigen Aufschrift:<br />

„REFUGEES WELCOME IN WOHL-<br />

STANDSVIERTELN – Wer Zuwanderung<br />

will, der soll auch Platz machen!“ Ob die<br />

linksgrünen Wohlstandsbürger das ver -<br />

stehen?<br />

Raphael Thiermann<br />

(Germania Hamburg 2011, Raczeks Breslau<br />

zu Bonn 2013)<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 33


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Ein Bund stellt sich vor:<br />

Burschenschaft Normannia-Nibelungen<br />

zu Bielefeld<br />

Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

In diesem Jahr feiert unser Bund sein 110-<br />

jähriges Bestehen! Es gibt viele Bünder mit<br />

einer sehr viel längeren Tradition, aber<br />

wohl kaum solche mit einer so wechselvollen<br />

Geschichte, wie sie unser Bund vorweist.<br />

Schon die Gründung war ungewöhnlich:<br />

In der damals schon bedeutenden Industriestadt<br />

Riesa an der Elbe eröffnete<br />

1904 das „Technikum Riesa“ seinen Lehrbetrieb<br />

mit den Schwerpunkten Elektrotechnik<br />

und Schiffs- und Schiffsmaschinenbau.<br />

Ein Großteil der ersten Studenten<br />

wechselte von Mittweida nach Riesa, um<br />

dort das Studium fortzusetzen. Offensichtlich<br />

gab es damals in Skandinavien kaum<br />

Möglichkeiten für ein solches Studium,<br />

weshalb ein Großteil der Studenten an den<br />

mitteldeutschen Ingenieurschulen aus<br />

Skandinavien stammte, so auch in Riesa. So<br />

wundert es nicht, daß am 15. Mai 1905 vier<br />

Studenten mit vier verschiedenen Nationalitäten<br />

(ein Deutscher, ein Däne, ein<br />

Schwede und ein Finne) den „Fechtclub<br />

Normannia“ gründeten. Sein Wahlspruch<br />

lautete: „Einigkeit macht stark!“ Dieses Ereignis<br />

gilt als unser Gründungsdatum. Die<br />

Aktivitas wuchs schnell, und bereits 1909<br />

wurde der Altherrenverband gegründet. Es<br />

gab in Riesa insgesamt drei Verbindungen,<br />

und es herrschte reger Fechtbetrieb. Trotzdem<br />

wurden die ersten Säbelpartien erst<br />

1911 in der am anderen Elbufer gelegenen<br />

Röderau geschlagen. Nachfolgende Mensurtage<br />

fanden ausnahmslos in Mittweida<br />

statt. Größtes farbenstudentisches Ereignis<br />

in Riesa war der jährlich stattfindende gemeinsame<br />

„Kaiserkommers“. Doch die<br />

Freude in Riesa währte nicht lange. Mit<br />

Ausbruch des I. Weltkrieges schloß das<br />

Technikum seine Pforten, weil fast alle Studenten<br />

entweder zum Wehrdienst eingezogen<br />

wurden oder sich dafür freiwillig meldeten.<br />

15 Aktive und 26 Alte Herren zählte<br />

der Bund damals. Nach Kriegsende öffnete<br />

das Technikum nicht wieder.<br />

Von Riesa nach Neustrelitz<br />

Nach Beendigung des Krieges setzten einige<br />

ehemalige Normannen ihr Studium an<br />

der Ingenieurschule in Neustrelitz fort. Das<br />

zuständige Ministerium und die Direktion<br />

des Technikums genehmigten die Gründung<br />

am neuen Standort, verlangten aber<br />

einen Zusatz zum Namen „Normannia“.<br />

Fechtclub wollte man nicht wieder heißen,<br />

und so hieß der Bund nun Fechtsportverein<br />

„FSV Normannia“. Burschenschaften wurden<br />

zur damaligen Zeit nicht genehmigt,<br />

und so nannte man sich erst ab 1920 stillschweigend<br />

„Burschenschaft Normannia“.<br />

Im Juli 1919 feierte man den offiziellen<br />

Konstituierungskommers. 1920 wurden<br />

wieder Mensuren geschlagen, und da die<br />

Strelitzer Normannen als ausgezeichnete<br />

Fechter galten, nannte man sie respektvoll<br />

auch „Säbel-Normannen“. 1929 fielen einige<br />

Bundesbrüder durch ihre frischen<br />

„Schmisse“ auf. Dies führte zu Verfahren<br />

wegen Verstoßes gegen den „Zweikampf<br />

mit tödlichen Waffen“. Fünf Bundesbrüder<br />

wurden daraufhin zu einer „nicht entehrenden<br />

Festungshaft mit täglichem Ausgang“<br />

verurteilt. Bald drohte aber wieder das<br />

„Aus“. 1935 begann in Strelitz das Verbot<br />

studentischer Verbindungen. Für unseren<br />

Bund wurde dies am 1. November 1935<br />

wirksam. Nach der Zwangsauflösung blieb<br />

jedoch der Kontakt unter den Bundesbrüdern<br />

erhalten, die in „alle Winde“ zerstreut<br />

waren und entweder in der Wehrmacht<br />

dienten oder als Ingenieure in der Rüstungsindustrie<br />

eingesetzt wurden.<br />

Unser Bundesbruder Armin Leistner spürte<br />

nach dem II. Weltkrieg viele seiner früheren<br />

Bundesbrüder in beiden Teilen Deutschlands<br />

wieder auf und gründete mit ihnen<br />

den AHV der „Burschenschaft Normannia<br />

zu Hamburg“. Leistner war Mitbegründer<br />

des BDIC und deren Vorsitzender des LV<br />

Nord. Wichtigstes Ziel des AHV Hamburg<br />

war die „Wiedergeburt“ einer Aktivitas,<br />

doch blieben die Bemühungen lange ohne<br />

Erfolg. Bbr. Leistner schlug übrigens 1953<br />

im Alter von 46 Jahren seine letzte Mensur,<br />

um das Fechten in den BDIC-Bündern wieder<br />

populär zu machen.<br />

Gründung der<br />

Nibelungen<br />

An der nach dem<br />

Krieg wieder eröffneten<br />

Ingenieurschule<br />

in<br />

Lage/Lippe gründeten<br />

am 7. November<br />

1946 sieben<br />

ehemalige Kriegsteilnehmer<br />

die<br />

„Freie christliche<br />

Studentenvereinigung“.<br />

Da solche<br />

Gründungen durch<br />

die Militärregierungen<br />

zu genehmigen<br />

waren, mußte abermals<br />

auf eine Bezeichnung<br />

als Burschenschaft<br />

verzichtet werden. Ab 1951<br />

nannte sich der Bund nun „Freie christliche<br />

Burschenschaft Nibelungen“ und hatte immerhin<br />

schon 36 Alte Herren. Die „Nibelungen“<br />

waren seit 1952 Mitgliedskorporation<br />

des BDIC. Dessen erster Generalkonvent<br />

fand am 24./25. Mai 1952 auf der Festung<br />

Ehrenbreitstein bei Koblenz statt. Hier trafen<br />

auch die Mitglieder des AHV Normannia<br />

zu Hamburg und der Freien Christlichen<br />

Burschenschaft Nibelungen zusammen und<br />

fielen sich gegenseitig durch gleiche Farben,<br />

gleichen Zirkel und gleiche Mützen<br />

auf. Kein Wunder: Ein AHV ohne Aktivitas<br />

und ein junger Bund mit starker Aktivitas,<br />

aber noch kleinem AHV, fanden erstes Interesse<br />

aneinander. Anläßlich des 6. Stiftungsfestes<br />

1952 der „Nibelungen“ konnten<br />

diese einige Alte Herren der „Normannia“<br />

als Gäste begrüßen, in längeren Gesprächen<br />

fiel zum ersten Mal das Wort „Fusion“<br />

und sie mündeten Anfang 1953 in<br />

konkrete Fusionsverhandlungen. Im September<br />

des gleichen Jahres richtete der<br />

AHV Normannia dann ein offizielles Fusionsgesuch<br />

an die „Nibelungen“, und ein<br />

gemeinsamer AHC und ein feierlicher Festkommers<br />

besiegelten dann die gemeinsame<br />

Zukunft. Der neue Name war „Christliche<br />

Burschenschaft Normannia-Nibelungen“,<br />

der gemeinsame Wahlspruch der der<br />

„Nibelungen“: Per aspera ad astra. Das<br />

neue Wappen war ein Doppelwapppen<br />

beider Ursprungsbünder. Die ersten Mensuren<br />

des neuen Bundes wurden 1954 geschlagen.<br />

Natürlich blieb das Zusammenwachsen<br />

zweier Bünder mit so unterschiedlicher Ge-<br />

Das Wandbild ziert den Thekenraum im Bielefelder Verbindungshaus in der<br />

Schloßhofstraße 96.<br />

34 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />

schichte nicht völlig problemlos. Die Bezeichnung<br />

„Christlich“ gab immer wieder<br />

Anlaß zu lebhaften Diskussionen mit den alten<br />

Normannen, und auch „ideologoisch“<br />

wuchs man erst mühsam, aber schluß endlich<br />

doch sehr, sehr erfolgreich zusammen.<br />

Das kleine Städtchen Lage mit seinen rund<br />

10.000 Einwohnern und der im nord- und<br />

nordwestdeutschen Raum hoch renommierten<br />

Ingenieurschule für Maschinenbau,<br />

Elektrotechnik, sowie Hoch- und Tiefbau<br />

war mit seinen ca. 1.000 Studenten ein Paradies<br />

für das Farbenstudententum. 26 Korporationen<br />

hatten so stattliche Mitgliederzahlen,<br />

daß manche sogar temporäre Aufnahmestops<br />

verfügen mußten, weil die Versammlungsräume<br />

aus allen Nähten platzten.<br />

Doch leider neigte sich die Ära Lage<br />

dem Ende zu. In Bielefeld eröffnete 1958<br />

eine neue stataliche Ingenieurschule ihre<br />

Pforten, gegen die die private, aber staatlich<br />

anerkannte Ingenieurschule Lage nur<br />

noch wenig Chanchen hatte; ihr Ende kündigte<br />

sich an.<br />

Bielefeld als neue Heimat<br />

1987 stellten wir dann als erste Burschenschaft<br />

mit Ingenieur- bzw Fachhochschulhintergrund<br />

mit sehr starker Unterstützung<br />

der VAB Bielefeld den Antrag auf Vollmitgliedschaft<br />

in der DB. Dieser Antrag wurde<br />

abgelehnt. Wir waren für den damaligen<br />

Rechtsausschuß wohl nicht „fein“ und „intellektuell“<br />

genug...<br />

Aber wir waren, wiederum mit der VAB Bielefeld,<br />

hartnäckig und stellten 1988 zum<br />

Burschentag in Landau erneut einen Antrag<br />

auf Aufnahme. Er wurde angenommen –<br />

und sind seitdem sind wir treues Mitglied<br />

der Deutschen Burschenschaft!<br />

Da unser erstes Haus einen sehr hohen Erhaltungsaufwand<br />

erforderte und verkehrstechnisch<br />

sehr ungünstig zur Universität<br />

lag, gingen wir auf die Suche nach einer<br />

neuen Immobilie, die bis heute unser „Zuhause“<br />

ist.<br />

Möglich wurde der Kauf aber erst durch die<br />

VAB Bielefeld. Diese hatte seit vielen Jahren<br />

einen „Sparstrumpf“ angelegt, mit dem<br />

man, falls sich an der Uni Bielefeld eine Burschenschaft<br />

etablieren sollte, beim Erwerb<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

eines Hauses helfen wollte. Wir waren dann<br />

die Glücklichen, die den Hauskauf ohne<br />

diese Hilfe nicht hätten realisieren können.<br />

Nach wie vor sind wir die einzige Burschenschaft<br />

in Bielefeld und hoffen auf ein noch<br />

langes „vivat, crescat, floreat“ Normannia-<br />

Nibelungen.<br />

Willi Flöttmann<br />

(Normannia-Nibelungen Bielefeld 1956)<br />

www.normannia-nibelungen.de<br />

Also beschloß der AHV des Bundes einen<br />

neuen Studienort zu suchen, wobei natürlich<br />

Bielefeld erste Wahl war. Es wurden erste<br />

Gespräche mit Bielefelder Studenten<br />

aufgenommen und ihnen unser Bund vorgestellt.<br />

Diese führte zu einigen Reformen,<br />

die überfällig waren: Die Bezeichnung<br />

„Christlich“ entfiel im Namen, und der<br />

neue Wahlspruch hieß „Gott, Ehre, Freiheit,<br />

Vaterland“. Am 11. April 1959 konnten<br />

wir dann mit einer gelungenen Konstituierungskneipe<br />

in Bielefeld unsere „Wiedergeburt“<br />

am vierten Standort feiern. Hinderlich<br />

war die permanente Suche nach immer<br />

neuen Versammlungsräumlichkeiten<br />

für den Bund, die wir meist in Nebenräumen<br />

von Gaststätten fanden. Durch einen<br />

glücklichen Umstand konnten wir dann<br />

1970 ein zwar marodes, aber doch gut gelegenes<br />

Anwesen ersteigern, daß mit sehr<br />

viel Eigenleistungen zu einem Verbindungshaus<br />

mit etlichen Studentenbuden<br />

und einer schicken Konstanten hergerichtet<br />

wurde.<br />

1975 kam es zu einer ersten, sich später als<br />

segensreich entwickelnden Kontaktaufnahme<br />

mit der VAB Bielefeld, die im ersten<br />

Schritt zum Beitritt in die Deutsche Ingenieur-Burschenschaft<br />

(DIB) führte. Unsere<br />

Mitgliedschaft im BDIC gaben wir dafür auf.<br />

1979 übernahmen wir den Vorsitz der DIB.<br />

Schon 1972 öffneten wir uns zur 1969 gegründeten<br />

Universität Bielefeld. Zahlreiche<br />

Studenten waren bereits unserem Bund<br />

beigetreten und der Gedanke, zur „Hochschul-Burschenschaft“<br />

zu mutieren, verstärkte<br />

sich.<br />

90 Jahre Waffenring<br />

Paderborn<br />

Im Sommer des Jahres 1925 suchte ein<br />

junger Gerichtsreferendar in Paderborn<br />

Kontakt zu gleichgesinnten Waffenstudenten<br />

und fand diesen bei zwei jungen<br />

Kandidaten der Agrar- und der Ingenieurwissenschaften.<br />

Er brachte diese jungen<br />

Studenten mit den wenigen damals<br />

in Paderborn lebenden alten Waffenstudenten<br />

zusammen.<br />

Hieraus entwickelte sich bald eine regelmäßig<br />

tagende Stammtischrunde, die<br />

sich den Namen Waffenring gab. Der<br />

Zusammenhalt zwischen den jungen<br />

und den alten Mitgliedern beschränkte<br />

sich dabei nicht nur auf Stammtischabende,<br />

sondern man gestaltete auch<br />

die Freizeit miteinander. Der „Waffenring-Stammtisch<br />

Paderborn“ war geboren.<br />

Die Mitglieder rekrutierten sich zunächst<br />

nur aus den vier alten Farben tragenden<br />

und schlagenden Verbänden. Erst später<br />

stießen auch Mitglieder der nicht<br />

Farben tragenden, aber Satisfaktion gebenden<br />

Korporationen hinzu. Etliche<br />

Mitglieder hatten nie gefochten; der<br />

Name Waffenring blieb aber bis heute<br />

erhalten. In der Zeit des Nationalsozialismus<br />

bis zum Kriegsende wurden die<br />

Treffen seltener und kamen bald ganz<br />

zum Erliegen. Erst in den späten 40er<br />

Jahren trafen sich Kriegsheimkehrer und<br />

zugereiste Korporationsangehörige wieder<br />

regelmäßig.<br />

Die Gästebücher dieser Jahre belegen<br />

die noch heute praktizierten Aktivitäten:<br />

neben den monatlichen Stammtischabenden<br />

mit zum Teil sehr interessanten<br />

Referaten der Mitglieder über „Gott und<br />

die Welt“ finden zahlreiche Damenveranstaltungen<br />

und Ausflüge in die Natur<br />

statt oder auch zu Theaterbesuchen und<br />

Besichtigungen.<br />

In Fortsetzung seiner Tradition feiert der<br />

intercorporative Waffenring Paderborn<br />

im Sommer dieses Jahres also seinen<br />

90. Geburtstag und hofft auf ein weiteres<br />

Blühen, Wachsen und Gedeihen.<br />

Hierzu ist jedes in und um Paderborn<br />

herum lebende Verbandsmitglied herzlich<br />

willkommen.<br />

Der Stammtisch finden üblicherweise an<br />

jeden letzten Mittwoch des Monats<br />

statt.<br />

Peter Böttger, Vorsitzender<br />

(Corps Frisia Braunschweig im WSC)<br />

www.waffenring-paderborn.de<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 35


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Burschenschaftsdenkmal soll saniert werden<br />

Das Burschenschaftsdenkmal vor dem<br />

Hauptgebäude der Universität Jena soll<br />

noch in diesem Jahr restauriert werden.<br />

Das derzeit mit einer Fotoplane verhüllte<br />

Burschenschaftsdenkmal ist durch Witterung,<br />

Abgase und Farbanschläge stark geschädigt.<br />

Laut Experten ist das gesamte<br />

Marmorgefüge inzwischen instabil. Die Kosten<br />

für die Restaurierung des 1883 vom<br />

Weimarer Künstler Adolf Donndorf geschaffenen<br />

Denkmals liegen nach Angaben<br />

der Stadt Jena bei etwa 50.000 Euro, die<br />

Ausschreibungen für die Restaurierungsarbeiten<br />

laufen bereits. Weitere 50.000 Euro<br />

seien zudem nötig, um die historische Marmorskulptur<br />

mit einer Glashaube zu schützen,<br />

teilte die Stadt mit. Dafür hat Oberbürgermeister<br />

Albrecht Schröter (SPD) nicht<br />

nur die Jenaer um Spenden gebeten, sondern<br />

er hofft auch auf Unterstützung von<br />

den Burschenschaften. Dazu wurde ein<br />

Spendenkonto eingerichtet, teilte Evelyn<br />

Halm, die bei Jenakultur für die Verwaltung<br />

und Pflege der Denkmale zuständig ist, mit.<br />

Nachrichten<br />

Spendenkonto Burschenschaftsdenkmal:<br />

Sparkasse Jena-Saale-Holzland<br />

Kontonummer: 18038115<br />

BLZ: 83053030<br />

IBAN: DE88 8305 3030 0018 0381 15<br />

BIC: HELADEF1JEN<br />

Das Burschenschaftsdenkmal.<br />

Burschenschafter in der<br />

Bürgerschaft<br />

Dr. Alexander Wolf / alternative-hamburg.de<br />

Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl<br />

am 15. Februar <strong>2015</strong> schaffte die Alternative<br />

für Deutschland (AfD) erstmals<br />

den Sprung ins Parlament. Auf der<br />

Landesliste erhielt die AfD insgesamt<br />

214.833 Stimmen (6,1 Prozent) und<br />

entsendet zukünftig acht Abgeordnete<br />

in die Bürgerschaft – der Rechtsanwalt<br />

und Verbandsbruder Dr. Alexander<br />

Wolf (Danubia München) wird einer<br />

davon sein. Die SPD um den Ersten<br />

Bürgermeister Olaf Scholz verpaßte<br />

mit 58 Sitzen die erneute absolute<br />

Mehrheit (61 Sitze) knapp und wird<br />

zukünftig die Hansestadt mit den<br />

Grünen regieren. Die Wahlbeteiligung<br />

lag bei 56,5 Prozent (2009: 56,9 Prozent).<br />

Das Hamburger Rathaus ist der Sitz der Bürgerschaft<br />

(Parlament) und des Senats (Landesregierung)<br />

der Freien und Hansestadt Hamburg.<br />

Daniel Schwen/Wikimedia/CC<br />

36 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Essay<br />

Der Krieg und das Volk<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Der Krieg hat eigene Regeln. In einem Konfliktfall<br />

gelten zwischen beiden beteiligten<br />

Parteien bilaterale Abkommen mittels<br />

Selbstverpflichtungen, wobei heutzutage<br />

von dem Grundsatz ausgegangen wird,<br />

daß nur Staaten als offizielle Vertragspartner<br />

gelten. Dies begünstigt den Status quo<br />

und benachteiligt neue Bewegungen, die<br />

dann als „Terroristen“ oder „radikale, gewaltbereite<br />

Extremisten“ von bisher bestehenden<br />

Organisationsformen tituliert werden.<br />

Aber was macht einen Staat nun zu einem<br />

Staat und was ist demgegenüber Terrorismus?<br />

Nach der Drei-Elemente-Theorie verfügt<br />

ein Staat über ein Staatsgebiet, ein<br />

Staatsvolk und eine Staatsgewalt. Der akademischen<br />

Ansicht nach strebt ein Terrorist<br />

nicht danach, einen Staat zu errichten. Hiervon<br />

unterscheidet er sich vom Freischärlertum,<br />

welches das Ziel hat, einen Staat zu<br />

begründen. Historisch für Deutschland sind<br />

beispielsweise für ein solches Freischärlertum<br />

die Freiwilligenverbände im Kampf gegen<br />

Napoleon 1813, die Kämpfer der Märzrevolution<br />

1848/49 und die Freikorps nach<br />

dem Ersten Weltkrieg, also historisch jene<br />

Gruppen, auf die sich Burschenschaften berufen.<br />

So das Selbstbild und die juristische<br />

Betrachtung. Anders das Bild von Politik<br />

und Medien. Hier gibt es keine idealisierten<br />

Freischärler, nur Terroristen – außer man ist<br />

gerade selbst Unterstützer dieser Freischärler.<br />

Daher sind im Konflikt in Syrien die Kurden<br />

Freischärler und der Islamische Staat<br />

(IS) Terroristen, also die Kurden die Guten<br />

und der IS die Bösen. Aber was macht eine<br />

Gruppe gut oder böse? Sind es Gewalt -<br />

Während der Besetzung des Iraks wurden Insassen<br />

des Abu-Ghuraib- Gefängnisses vom US-amerikanischen<br />

Wachpersonal mißhandelt, vergewaltigt und<br />

gefoltert – oft bis zum Tod.<br />

akte, die Ansichten über die Behandlung<br />

der „Anderen“, der Standpunkt zur Demokratie?<br />

Ein Atombombenabwurf verursacht<br />

mehr Tote als das Niederbrennen einer<br />

Kleinstadt. Berichte über die Behandlung<br />

von Gefangenen in Guantanamo oder Abu<br />

Ghuraib dokumentieren genauso Folter,<br />

wie die Behandlung der amerikanischen<br />

Gefangenen durch die Nordvietnamesen.<br />

Trotzdem sind die Amerikaner die Guten.<br />

Bleibt also die Demokratie. Wie wir alle wissen,<br />

ist die republikanische, parlamentarische<br />

Demokratie die beste Staatsform die<br />

es je gab und die es je geben wird. Menschen,<br />

die nicht in einer solchen Demokratie<br />

leben oder sie erstreben sind dumm.<br />

Daher waren die Deutschen vor 1945<br />

dumm, ungebildet und menschenverachtend.<br />

Erst die Amerikaner haben uns die<br />

Weißheit und Erleuchtung gebracht. Endlich<br />

durften wir diese Weißheit mit Löffeln<br />

fressen. So jedenfalls erzählen es Schule<br />

und Medien, und da heute die Generation,<br />

die die Zeit vor 1945 erlebt hat, rar wird,<br />

glaubt man diese Geschichten nur zu gern,<br />

ja man schmückt sie sogar mit neuen „Erkenntnissen“<br />

aus.<br />

Krieg für die Freiheit?<br />

Daher auch das deutsche Verständnis über<br />

Krieg: Nie wieder Krieg! Friede-Freude-Eierkuchen.<br />

Nur leider sind nicht alle Menschen<br />

auf der Welt zu dieser glorreichen Erkenntnis<br />

der Beliebigkeit und grenzenlosen<br />

Toleranz gekommen, sondern haben noch<br />

Ideale. Ideale, für die sie bereit sind zu<br />

kämpfen und sogar zu sterben. Das versteht<br />

der „Neue Mensch“ in der westlichen<br />

Welt natürlich nicht, für ihn gilt nur sein Verständnis<br />

von Menschenrechten und Staatsauffassung.<br />

Er tituliert es dann „Toleranz“<br />

gebenüber Anderen, meint aber in Wirklichkeit<br />

nur Toleranz für die, die genauso<br />

denken, wie er. Dementsprechend fehlt jedes<br />

Verständnis dafür, wie Leute den Islamischen<br />

Staat, ein nationalsozialistisches<br />

Deutschland oder ein bolschewistisches<br />

Rußland stützen konnten. Es ist die Auffassung,<br />

daß Freiheit nur die Freiheit des Einzelnen<br />

ist und die Negierung der Freiheit<br />

der Masse. Leider ist eine solche Auffassung<br />

auch schon in den Köpfen mancher<br />

Burschenschafter verankert. Freiheit meint<br />

eben nicht nur die Freiheit eines einzelnen<br />

Individuums in Deutschland sich frei entfalten<br />

zu können, sondern auch die Freiheit<br />

des gesamten deutschen Volkes. Das waren<br />

auch die Gründe, wieso man historisch<br />

gesehen als Burschenschafter zur Waffe gegriffen<br />

hat und die Speerspitze der Freiheit<br />

gebildet hat, auch wenn man dafür in Kauf<br />

nehmen mußte, die Freiheit des Einzelnen<br />

zugunsten einer übergeordneten Freiheit<br />

zu beschränken. Und genau ein solches<br />

Denken macht das Soldatentum aus. Man<br />

schränkt die Freiheit des einzelnen Soldaten<br />

ein, zu entscheiden, ob und wo er<br />

kämpfen, siegen oder fallen wird, weil er einem<br />

übergeordneten Ziel, für die Freiheit<br />

des Volkes dient. Folgt er nicht diesem<br />

Ideal, kann stellt er sich außerhalb seines<br />

Volkes. Auch im zivilen Leben stellt sich<br />

eine solche Frage, handelt man nur aus<br />

egoistischen Motiven oder nützt das, was<br />

man tut, auch der Mehrheit?<br />

Eine solche Mehrheit zu repräsentien ist die<br />

Aufgabe des Staates. Hierbei ist nicht revalant<br />

die quantitaive Mehrheit, also aller<br />

Bewohner des Staatsgebietes, sondern die<br />

qualitative Mehrheit, also die Mehrheit derer,<br />

die für den Staat stehen. Die besten<br />

Beispiele hierfür sind Sparta und das ursprüngliche<br />

Rom, zwei Staaten, deren Bürger<br />

über eine Mehrheit von Nicht-Bürgern<br />

herrschten. Konsequenterweise zogen sie<br />

auch nur ihre eigenen Bürger zum vollwertigen<br />

Militärdienst heran, da nur diese ihre<br />

Idee eines Staates vertreten konnten. Unterworfene,<br />

aber akzeptierte Völker taten<br />

hierbei nur flankierende Kriegsdienste. Den<br />

Unterschied hierzu bilden Söldner, die keinen<br />

unmittelbaren Bezug zu dem Land haben<br />

müssen, für das sie kämpfe, sondern<br />

für die das Soldatensein ein Beruf ist. Fragt<br />

man heute einen deutschen Soldaten nach<br />

seiner Motivation, wird er oft zweites betonen,<br />

da ersteres als verwerflich gilt und er<br />

mit dienstlichen Konsequenzen zu rechnen<br />

hat. Daher steht erste Gruppe für das Volk<br />

und zweite Gruppe für die Regierung. Söldner<br />

können dementsprechend problemlos<br />

auch gegen das von dem Staat der Idee<br />

nach zu repräsentierende Volk und für im<br />

Volk unpopoläre Kriege eingesetzt werden.<br />

Jedoch bergen Söldner für die Regierung<br />

die Gefahr, daß sich die Söldner gegen sie<br />

wendet, wenn sie nicht entsprechend entlohnt<br />

werden. Für Rom und viele mittelalterliche<br />

Fürsten war dies der Untergang.<br />

Entscheidene Kriegsfaktoren<br />

Wie führt man einen Krieg aus? Hier ist zu<br />

unterscheiden, welches Ziel man verfolgt:<br />

Brutale Kriege mit vielen Opfern unter der<br />

Zivilbevölkerung ereignen sich zumeist,<br />

wenn man eine expansive Politik betreibt,<br />

weniger zivile Opfer ereignen sich, wenn<br />

die zivile Gruppe als Teil der Eigenen gesehen<br />

wird. Am Russischen Bürgerkrieg kann<br />

man ersteres gut ablesen. Er mußte entsprechend<br />

blutig und mit Terror geführt<br />

werden, weil beide Seiten keinen entsprechenden<br />

Rückhalt beim Volk hatten und<br />

sich erst „ihr Volk“ bilden mußten. Vergewaltigungen,<br />

Massenhinrichtungen und<br />

Verbannungen sind daher nicht als Neben-<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 37


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

erscheinungen zu verstehen, sondern als<br />

unumgängliche militärische Machtmittel.<br />

Die deutschen Einigungskriege des 19.<br />

Jahrhunderts sind ein gutes Beispiel für die<br />

Schonung der Zivilbevölkerung, die man in<br />

seinen künftigen Staat zu integrieren<br />

wünschte.<br />

Mischt man aber beide Faktoren, muß der<br />

Krieg langfristig scheitern. Die Sowjetunion<br />

scheiterte in Afghanistan, die USA im Irak.<br />

Beides aus dem Grund, weil man die Zivilbevölkerung<br />

zu sehr schonte, aber expansive<br />

Politik betrieb. Auch scheiterte der Vietnamkrieg<br />

für den Süden und die USA,<br />

weil man genau das Gegenteil tat, man<br />

produzierte massenhaft zivile Opfer, wollte<br />

aber defensiv agieren. Man sieht also, daß<br />

Kriege nicht nach dem Prinzip der Schonung<br />

der Zivilbevölkerung funktionieren –<br />

wie es uns eine ominöse „Weltgemeinschaft“<br />

à la UN suggerieren möchte – sondern<br />

nach den Zielen zu unterscheiden<br />

sind. Ein Moralkodex kann daher nicht allumfassend<br />

gelten, da nicht für jede Seite<br />

die Erreichung ihrer Ziele mit Schonung der<br />

Zivilbevölkerung möglich ist. Auch wenn<br />

ein Amerika, daß die Indianer ausrottete,<br />

dies von ihnen nicht genehmen Kriegsparteien<br />

verlangt, ohne sich selbst daran zu<br />

halten. Auch kann eine andere Kriegspartei<br />

nicht dafür bestraft werden, ein Krieg nach<br />

seinen Maßstäben, und nicht nach den<br />

Maßstäben der Gegner geführt zu haben.<br />

Ein Krieg ist eine bilaterale Angelegenheit,<br />

beide Seiten verhalten sich ähnlich der anderen.<br />

Tritt eine dritte Seite im Krieg auf,<br />

muß dieser Krieg nicht zwangsläufg nach<br />

den gleichen Maßstäben wie der andere<br />

geführt werden. Hierfür ist der Zweite Weltkrieg<br />

das beste Beispiel. Während man im<br />

Westen die Zivilbevölkerung schonte und<br />

Kriegsgefangene nach der Haager Landkriegsordnung<br />

behandelte, mußte im<br />

Osten der Krieg auf dem Rücken der Zivilbevölkerung<br />

ausgetragen werden und<br />

Kriegsgefangene wie Verbrecher behandelt<br />

werden, weil beide Seiten expansiv<br />

agierten, also nach ihrer Doktrin logisch<br />

vorgingen.<br />

Daher waren die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse<br />

eine Farce, weil dem Verhalten<br />

im Krieg zufolge nur die Sowjetunion<br />

berechtigt war, expansiv zu urteilen.<br />

Die Westmächte handelten nur in selbstherrlicher<br />

und infamer Siegerjustiz. Daher<br />

auch die Nachkriegszeit, die Sowjets mußten<br />

logischerweise eine Zeit Terror und<br />

Verwüstung in Deutschland verbreiten,<br />

aber reichten dann dem deutschen Volk<br />

die Hand mit den Worten: „Die Vergangenheit<br />

ist vergessen, laßt uns neu beginnen.“<br />

Für die Westallierten galt jedoch der<br />

Vorsatz: „Wir schonen euch, aber die Vergangenheit<br />

werden wir euch ewig vorwerfen!“<br />

Die ähnliche Idee, die der Versailler<br />

Vertrag hatte: den Gegner auf ewig<br />

niederhalten und ihn zur Rache zu zwingen,<br />

da er täglich an die Schmach erinnert<br />

wird.<br />

Der dritte Weg scheitert<br />

Und wie behandelt man die Träger des<br />

Krieges im eigenen Land? Auch hier gibt<br />

es zwei verschiedene Ansätze: Vertrauen<br />

und Mißtrauen. Für die Idee des Vertrauens<br />

kann man die deutsche Kriegsführung<br />

im Zweiten Weltkrieg heranziehen. Man<br />

unterhielt eine möglichst kleine Gestapo<br />

um Widerstände im eigenen Volk zu erkennen<br />

und versuchte politische Gegner<br />

umzuerziehen. Nicht-Integrationsmögliche<br />

wurden hingegen isoliert und entfernt.<br />

Der Galgenbaum – Zeitgenössische Darstellung von Kriegsgräueln während des Dreißigjährigen Krieges des<br />

französischen Zeichners Jacques Callot (1632).<br />

Dadurch war der Rückhalt beim Volk gegeben,<br />

aber es waren auch Attentate wie<br />

das vom 20. Juli 1944 auf den deutschen<br />

Reichskanzler möglich. Der Preis hierfür<br />

war die konsequente Konzentration auf<br />

die eigene Gruppe und die lückenlose<br />

Versorgung mit Konsumgütern. Anders<br />

machte es die Sowjetunion. Von Anfang<br />

an war der Staat auf einen totalen Krieg<br />

ausgerichtet, die Versogung mit Konsumgütern<br />

war immer der Kriegswirtschaft untergeordnet.<br />

Der Staat konnte die Rüstung<br />

und Modernisierung des Landes somit maxieren,<br />

mußte aber im Gegenzug einen<br />

hohen Aufwand zur Kontrolle des eigenen<br />

Volkes aufwenden: das Prinzip des<br />

Mißtrauens. Man mußte Soldaten und Zivilisten,<br />

die sich ohne ausdrücklichen Befehl<br />

zeitweise in Feindesland aufgehalten hatten,<br />

als Diversanten ansehen und auch<br />

massenhaft Erschiessungen und Deportationen<br />

durchführen, um die Ordnung aufrecht<br />

zu halten. Beide Ideen funktionieren.<br />

Die USA jedoch versucht einen dritten<br />

Weg, das Volk konsequent zu überwachen,<br />

ihm Mißtrauen gegenüber zu hegen,<br />

und die Produktion zu maximieren, das<br />

Volk aber auch mit Konsumgütern zu überfluten.<br />

Volkswirtschaftlich gesehen muß<br />

dies zum Wirtschaftskollaps führen. Dann<br />

kann auch kein Krieg mehr geführt werden.<br />

Zusammenfassend kann man sagen, daß<br />

es nicht um die Frage geht, ob Kriege geführt<br />

werden, sondern wie. Denn daß<br />

Kriege geführt werden, haben die letzten<br />

Jahre gezeigt und es liegt auch in der<br />

menschlichen Natur. Es gibt Menschen mit<br />

Idealen, nur nicht alle Ideale sind miteinander<br />

zu vereinbaren. Daher gibt es<br />

Kriege. Aber ein Krieg wird gegen Organisationsformen<br />

geführt, nicht gegen einen<br />

Terrorismus. Ein solcher ist nicht möglich,<br />

dies ist nur ein Kampf gegen Luftschlößer.<br />

Der Konflikt um den Islam in Europa ist daher<br />

nicht als Terrorismus anzusehen, sondern<br />

als Teil eines Freischärlertums – zwischen<br />

den Leuten, die Europa in einer traditionellen<br />

Form erhalten wollen und den<br />

„Erneuerern“, die sich neben vielen anderen<br />

Ideen auch dem des Islamismus bedienen.<br />

Für beide Seite ist die Auffassung soldatisch<br />

zu denken und zu handeln gegeben,<br />

nur eine dritte Gruppe sieht dies<br />

nicht so, die Gruppe der „Träumer von<br />

einer besseren Welt ohne Krieg“.<br />

Umso mehr die Konflikte zunehmen, umso<br />

mehr reden sie von weltweiten Idealen.<br />

Im Endeffekt erreichen sie das Gegenteil:<br />

die hochgerüsteten Staaten ver -<br />

suchen den Krieg zu vermeiden, um ihr<br />

Volk zu schonen, die abgerüsteten Staaten<br />

provozieren mit ihrer Haltung den Krieg.<br />

Daher ist ein wehrhaftes Volk der beste<br />

Garant für den Frieden. Und auch die<br />

Bereitschaft die Interessen seines Volkes<br />

mit der Waffe zu schützen, ist ein gutes<br />

Ideal.<br />

Gerrit Winterboer<br />

(Cheruscia Dresden 2006)<br />

Essay<br />

38 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Nachrichten<br />

Anregung zu neuen Mensurklingen<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Die Fechtklinge des Paukanten ist mindestens<br />

genauso wichtig wie das Können und<br />

das Geschick selbst. In meiner Aktivzeit gab<br />

es für Österreich und die südliche Bundesrepublik<br />

einen namhaften Klingenhersteller,<br />

den alle Verbindungen kannten und der<br />

qualitativ hochwertige Klingen für den<br />

Pauk- und Mensurbetrieb anfertigte. Dieser<br />

Schmied trat jedoch vor wenigen Jahren<br />

seinen wohlverdienten Ruhestand an, wodurch<br />

es zu Engpässen kam.<br />

Dies führte dazu, dass viele metallverarbeitende<br />

Betriebe begannen Pauk- und Mensurklingen<br />

auf eigene Faust zu konstruieren<br />

und herzustellen, ohne jedoch die relevanten<br />

Anforderungen für eine Klinge genauer<br />

zu kennen. Dadurch entstand ein Wildwuchs<br />

an Klingen, der durch verschiedenste<br />

Querschnittsformen, Längen, Schliffe<br />

und vor allem Ausgangsmaterialien gekennzeichnet<br />

waren. Es kam vor, dass Paukklingen<br />

bereits nach wenigen Paukstunden<br />

sprichwörtlich zerbröselten oder dass Mensurklingen<br />

nach wenigen Gängen unbrauchbar<br />

wurden.<br />

Sollte die Klinge materialtechnisch versagen,<br />

ist dies zwar finanziell relevant, schlimmer<br />

ist jedoch die erhöhte und unberechenbare<br />

Verletzungsgefahr durch minderwertige<br />

Mensurklingen. Eines der Hauptprobleme<br />

war eine zu weiche Klinge, die<br />

sich entlang ihrer Achse verdrehte. Falsche<br />

Härtemedien, Oberflächenentkohlung und<br />

schlecht gewählte Glühzeiten verschlimmerten<br />

oftmals das Problem. Der fehlende<br />

Bezug der Hersteller zum akademischen<br />

Fechten wurde augenscheinlich.<br />

Um unnötige, schwere Verletzungen in Zukunft<br />

zu vermeiden, den Klingenwildwuchs<br />

einzudämmen, sowie dem Unparteiischen<br />

seine Klingeninspektion zu erleichtern, sollten<br />

in Zukunft die Klingen ganz genau spezifiziert<br />

werden und mit einer Art DB-Siegel<br />

„Zugelassen für Mensuren“ gekennzeichnet<br />

werden. Die DB müsste einen genauen<br />

Anforderungskatalog (Abmaße, Härte,<br />

Schliff, Querschnitt, Gewicht) für qualitativ<br />

hochwertige Mensurklingen entwerfen und<br />

gemeinsam mit einem Hersteller umsetzen.<br />

Natürlich sollen die namhaften Couleurhändler<br />

eingebunden werden.<br />

Natürlich hat jeder Studienort und jeder<br />

Comment bezüglich der Klingen seine Eigenheiten.<br />

Trotzdem sollte man damit beginnen,<br />

die Klingen gewichtsmäßig einzuteilen:<br />

Innerhalb der DB soll es in Zukunft<br />

einheitlich vier genau definierte Gewichtsklassen<br />

(0-1-2-3) geben. Auch durch einen<br />

einheitlichen Querschnitt, ist das Schleifen<br />

verschiedener Winkel (30°-45°-60°) zukünftig<br />

möglich.<br />

Wenn die DB es schafft, sich auf definierte<br />

Klingen zu einigen, könnte das Risiko komplizierter<br />

Schmisse zumindest stark reduziert<br />

werden. Es muss im Sinne jeder schlagenden<br />

Verbindung sein, seinen Paukanten<br />

bestmöglich vor vermeidbaren Verletzungen<br />

zu schützen – dazu zählt vor allem<br />

hochwertiges und qualitatives Klingenmaterial.<br />

Armin Krenn (Burschenschaft Wiking zu<br />

Mödling)<br />

Zur Person:<br />

Armin Krenn, Alter Herr der Burschenschaft<br />

Wiking zu Mödling und Student<br />

der Werkstoffwissenschaft/Metallurgie<br />

an der Montanuniversität Leoben, beschäftigt<br />

sich seit einiger Zeit mit der<br />

Herstellung, Optimierung und dem Verkauf<br />

von Klingen für den akademischen<br />

Fechtbedarf.<br />

Anfragen und weitere Informationen<br />

unter :<br />

armin.krenn@stud.unileoben.ac.at<br />

oder +43 660 6529406<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 39


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Rezensionen<br />

„Die Ausländer“<br />

Mit „Die Ausländer. Warum es immer<br />

mehr werden“ erscheint die fünfte Ausgabe<br />

der „Anstoß“-Schriftenreihe des Jugendmagazins<br />

Blaue Narzisse. BN-Mitbegründer<br />

Felix Menzel greift hier ein vermeintlich<br />

klassisches Thema „rechter“ Autoren<br />

auf. Er wagt es jedoch Perspektiven<br />

einzunehmen, die gerade im konservativen<br />

oder rechten Spektrum oftmals vernachlässigt<br />

werden. Menzel beschäftigt<br />

sich nicht vorrangig mit Existenzängsten<br />

oder prangert die Auswirkungen von Migration<br />

an. Vielmehr stellt er die Frage<br />

nach den Ursachen der weltweit expandierenden<br />

Migrationsströme und dem Umgang<br />

mit diesen. Durchweg beschäftigt<br />

sich Menzel auch mit anderen Autoren<br />

oder Migrationsforschern aus unterschiedlichen<br />

Bereichen. Ganz gleich, ob er deren<br />

Thesen oder Prognosen unterstützt oder<br />

ablehnt, unterstreicht er seine Haltung<br />

stets mit Zahlen und Fakten. Genau dieser<br />

Ansatz macht das Büchlein zu keinem politischen<br />

Pamphlet, sondern führt dem Leser<br />

die Ausmaße der Migrationsproblematik<br />

vor Augen. Menzel betreibt hier keine<br />

Panikmache, aber belegt, daß Europa<br />

selbst bei den optimistischsten Prognosen<br />

nicht nur wirtschaftspolitisch vor einer seiner<br />

größten Herausforderungen steht.<br />

Und daß die Lösung nicht die Forderung<br />

nach einer „Festung Europa“ sein kann,<br />

die ihre Verantwortung in der Weltpolitik<br />

von sich weist. Ob Flüchtlingsbewegungen<br />

oder Wirtschaftsmigration – die<br />

Gründe hierfür sind global und haben –<br />

auch – europäische Ursprünge. Wer eine<br />

Lösung für sie finden möchte, kommt nicht<br />

umher, sie auch aus einer weltpolitischen<br />

Perspektive zu betrachten.<br />

Menzel hinterfragt gar die westliche Interpretation<br />

der Menschenrechte und stellt<br />

diesen das Konzept eines „menschlichen<br />

Minimums“ entgegen. Ob dieser sehr<br />

theoretische Ansatz realpolitisch umsetzbar<br />

und hinsichtlich seines Problemlösungsansatzes<br />

überhaupt praktikabel ist, darf diskutiert<br />

werden. Aber es sind eben jene Thesen,<br />

mit denen das Buch dazu anregt, migrationspolitische<br />

Normen und Strukturen<br />

und auch die Ansätze des Autors zu hinterfragen.<br />

Rezensionen<br />

Der umfangreichste Teil ist konkreten Problemfeldern<br />

gewidmet, die nicht zuletzt<br />

auch gerne von Einwanderungsbefürwortern<br />

thematisiert werden. Ob „Fachkräftemangel“<br />

oder „Überalterung“ – Menzel negiert<br />

keines dieser Probleme. Aber er argumentiert,<br />

warum diese Probleme nicht<br />

durch Einwanderung gelöst werden können.<br />

Die Lösungsansätze der Migra -<br />

tionsbefürworter führten hingegen, neben<br />

wenigen Ausnahmen, vielmehr zur Verschlechterung<br />

der Lage aller Parteien.<br />

Es wird deutlich, daß die Migration nicht<br />

mit einfachen Lösungen zu behandeln ist.<br />

Dies wird anhand verschiedener Ansätze<br />

deutlich, welche Menzel präsentiert. Auch<br />

wenn seine Lösungsansätze teilweise zu<br />

abstrakt erscheinen und nicht immer konsequent<br />

genug wirken. Doch es ist auch<br />

nicht die Absicht Menzels, ein minuziös<br />

geplantes politisches Programm zu präsentieren.<br />

Vielmehr wird das Büchlein „Die<br />

Ausländer“ dem Anspruch der BN-Schriftenreihe<br />

gerecht und liefert Denkanstöße.<br />

Denkanstöße, die im hier behandelten Politikfeld<br />

gerade im konservativen Spektrum<br />

notwendig sein dürften.<br />

Marcel Grauf (Germania Marburg 2010)<br />

Menno Aden:<br />

„Deutsche Fürsten auf<br />

fremden Thronen“<br />

Dem ein oder anderen Jura-Studenten eher<br />

durch seine rechtswissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />

bekannt, beschäftigt sich der<br />

Wirtschaftsjurist Menno Aden auch mit historischen<br />

Themen. Sein jüngstes Werk,<br />

„Deutsche Fürsten auf Fremden Thronen –<br />

Das europäische Netzwerk des Hochadels<br />

bis 1914“, beschäftigt sich mit der Bedeutung<br />

des deutschen Hochadels in den Herrscherhäusern<br />

Europas.<br />

Adens zentrale These lautet: Zu Anbruch des<br />

20. Jahrhunderts saßen auf nahezu allen<br />

wichtigen Thronen Monarchen deutscher<br />

Fürstenhäuser. So regierten 1914 zum Beispiel<br />

die Häuser Holstein-Gottdorf in Rußland,<br />

Sachsen-Coburgs in Großbritannien<br />

oder Oldenburgs in Dänemark. Die hohe<br />

Zahl Adeliger deutscher Abstammung im<br />

Ausland erklärt sich aus dem „Prinzip der<br />

Ebenbürtigkeit“: Ein Mitglied des Hochadels<br />

konnte nur heiraten, wenn der Partner<br />

einer als gleichrangig betrachteten Familie<br />

angehörte. Deutschland war aufgrund seiner<br />

Zersplitterung in Kleinstaaten mit eigenen<br />

Fürstentümern besonders geeignet, angemessene<br />

Heiratskandidaten zu stellen.<br />

Durch die Reformation konnte außerdem sowohl<br />

in katholische wie reformierte Herrscherhäuser<br />

eingeheiratet werden.<br />

Durch Familienbande und ein enges Geflecht<br />

gegenseitiger Beziehungen war der<br />

Menno Aden: Deutsche Fürsten auf<br />

Fremden Thronen – Das europäische<br />

Netzwerk des Hochadels bis 1914.<br />

Verlag Druffel & Vowinckel, gebunden,<br />

256 Seiten. ISBN-13: 978-<br />

3806112412<br />

Europäische, und mehrheitlich deutsche<br />

geprägte Hochadel, um die Jahrhundertwende<br />

zu dem diplomatischen und politischem<br />

Netzwerk auf dem Kontinent geworden.<br />

Den heraufdämmernden Weltkrieg<br />

konnte es dennoch nicht verhindern. Im<br />

Gegenteil verleitete der aufkommende Nationalismus<br />

europäische Monarchen deutsche<br />

Herkunft dazu, ihr Deutschtum zu verleugnen,<br />

um so den vermeintlichen Makel<br />

ihrer Abstammung zu kompensieren. Die<br />

Umbenennung des Hauses Sachsen-Coburg<br />

in Windsor 1917 folgt dann dieser<br />

Entwicklung, die einer Deeskalation auf internationalem<br />

Parkett sicher nicht half.<br />

Das Buch ist in zwei Teile strukturiert. Den<br />

ersten Abschnitt nimmt eine Darstellung<br />

der Situation und Geschichte des Hochadels<br />

bis 1914 ein und erklärt Funktionsweise<br />

und Regeln dieser abgeschlossenen<br />

Gemeinschaft. Im Weiteren erläutert Aden<br />

chronologisch die Entwicklung der Thronhäuser<br />

jeweils in den einzelnen Ländern<br />

und auf den „vergessenen Thronen“ wie<br />

Polen, Korsika oder Kurland. Den Anhang<br />

bilden Tabellen über die Staatsformen und<br />

jeweiligen Herrscherhäuser Europas.<br />

Der Leser merkt Aden den Juristen an,<br />

wenn er zum Beispiel unter Rückgriff auf die<br />

„lex salica“ erläutert, warum das Erbrecht<br />

für einen Thron ausschließlich über erstgeborene<br />

Söhne und dann über andere<br />

männliche Verwandte des Inhabers weitergibt.<br />

Insgesamt ist das Buch ein solides<br />

Grundlagenwerk europäischer Geschichte.<br />

Die wechselvolle Geschichte der Dynastien<br />

wird nicht heruntergespult, sondern durch<br />

viele Einlassungen, Abbildungen und Erläuterungen<br />

im historistischen Kontext geschildert.<br />

Moritz Schellenberg (Hamburger Burschenschaft<br />

Germania 2014)<br />

40 Heft 1 - <strong>2015</strong>


Rezensionen / Unsere Toten<br />

Das Vermächtnis des<br />

Richters Herbert Pautz<br />

Wieso sollte man die Familienchronik einer<br />

Person lesen, mit der man weder in irgendeiner<br />

Beziehung steht, noch daß es sich um<br />

eine historisch bedeutsame Persönlichkeit<br />

handelt?<br />

Zumindest in diesem Fall lautet die Antwort:<br />

weil man nicht nur als Außenstehender<br />

Einblicke in die Geschichte der Familie<br />

sowie in die Gedankenwelt des Herbert<br />

Pautz bekommt, sondern vor allem, weil<br />

hier die politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts<br />

aus Sicht eines einfachen Bürgers<br />

geschildert werden.<br />

„Ein Augenzeuge ist so wertvoll, wie zehn<br />

Berichte aus zweiter Hand“, sagte der römische<br />

Dichter Titus Maccius Plautus einst.<br />

Der Augenzeuge Herbert Pautz berichtet<br />

klar und ehrlich – heute würde man wohl an<br />

einigen Stellen sagen „politisch-unkorrekt“.<br />

Lobt er doch rückblickend auf seine<br />

Jugend die Pracht des alten deutschen Kaiserreiches<br />

und offenbart, daß die 20er Jahren<br />

vor allem eines nicht waren für die meisten<br />

Deutschen – golden. Positiv in jener<br />

Zeit hebt er jedoch seine Studienzeit hervor.<br />

So war der angehende Jurist Pautz bei<br />

der Berliner Burschenschaft Sigambria<br />

Charlottenburg sowie später bei Rhenannia<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Halle aktiv. „Seine Ehre hatte der Burschenschafter<br />

damals noch mit der Waffe zu verteidigen“,<br />

schreibt Pautz, „und Ehre – mit<br />

der Waffe verteidigt – wiegt schwer. Wer<br />

das nicht wollte, brauchte ja nicht eintreten.“<br />

Insbesondere vermittelt die Beschreibung<br />

der Zwischenkriegsjahre einiges über<br />

die politische Situation der damaligen Zeit.<br />

Seine Kriegserlebnisse und die Vertreibung<br />

seiner Familie aus den Ostgebieben werden<br />

anschließend ebenso beschrieben sowie<br />

politische Vorkommnisse und Veränderungen<br />

kommentiert: „In Österreich, einem<br />

der Kernländer des alten deutschen Reiches,<br />

hat man den 'österreichischen Menschen'<br />

erfunden, als ob die Österreicher<br />

nicht ebenso gut Deutsche wären wie wir.“<br />

Insgesamt ist „Das Vermächtnis des Richters<br />

Herbert Pautz“ angenehm-amüsant zu<br />

lesen. Nicht nur, weil der Rezensionist einige<br />

bekannte Orte darin wiederfand. Für<br />

den außenstehenden Leser können einzelne<br />

Passagen etwas langatmig wirken, so<br />

wird der Familienstammbaum doch sehr<br />

Detail-verliebt aufgeschlüsselt und kommentiert.<br />

Dennoch bleibt diese sympathische<br />

Chronik im Gedächtnis, vermittelt sie<br />

doch manchmal den Eindruck, man säße<br />

bei Großvater Pautz auf dem Schoß und<br />

bekommt die Geschichte lebendig vermittelt.<br />

✟<br />

Dieter Kaul (Germania Marburg), Studiendirektor a.D., verstorben in Remscheid am 24. Dezember 2010<br />

Unsere Toten<br />

Martin Dippel (Germania Marburg), Pfarrer a.D., verstorben in Kassel am 22. Januar 2011<br />

Gerd Sümenicht (Germania Marburg), Studiendirektor a.D., verstorben in Hannover am 6. Dezember 2011<br />

Günter Schmidt VI (Germania Marburg), Studienrat a.D., verstorben in Marburg am 9 Dezember 2011<br />

Dr. rer.pol. Hans-Joachim Lorenz (Hansea Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Diplom-Betriebswirt, verstorben in Hue,<br />

Vietnam, am 28. Oktober 2013<br />

Udo Themar (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Rechtsanwalt u. Notar a.D., verstorben zu Ahrensburg<br />

am 3. November 2014<br />

Dr. med. Dr. med. dent Herbert Stoppelhaar (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), praktischer Arzt,<br />

verstorben in Wolfsburg-Vorsfelde am 18. November 2014<br />

Johann Peter Meyer (Alemannia Straßburg zu Hamburg, Hansea-Alemannia Hamburg), Realschulrektor a.D., verstorben zu<br />

Scheeßel am 18. Februar <strong>2015</strong><br />

Dipl.-Ing. Rainer Overlack (Libertas Brünn zu Aachen), verstorben in Bottrop am 23. Februar <strong>2015</strong><br />

Dipl.-Volkswirt Hartmut Pratschke (Suditia München 1964), Geschäftsführer, verstorben in Taino/Italien am 11. Februar <strong>2015</strong><br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 41


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

Termine<br />

<strong>Blätter</strong><br />

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Melden Sie Ihre<br />

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Blauen Narzisse präsentiert werden.<br />

Bei Interesse wenden Sie sich bitte direkt an die Schriftleitung.<br />

blauenarzisse.de<br />

7.–10. Mai <strong>2015</strong><br />

110. Stiftungsfest der Burschenschaft<br />

Normannia-Nibelungen zu Bielefeld.<br />

Um Anmeldung wird gebeten<br />

28.–31. Mai <strong>2015</strong><br />

Burschentag in Eisenach. Das Programm<br />

entnehmen Sie bitte der gesondert erfolgten<br />

Einladung.<br />

Stammtisch der VAB Starnberg<br />

Der VAB-Stammtisch findet von nun an jeden<br />

zweiten Freitag im Monat, ab 19 Uhr im<br />

„Gasthaus in der Au“, Josef-Jägerhuber-<br />

Straße 15 in 82319 Starnberg statt.<br />

Peter Rochell (Arminia Hannover)<br />

Anschriften der <strong>Burschenschaftliche</strong>n Amtsstellen<br />

1. Deutsche Burschschaft<br />

Vertreten durch die Vorsitzende Burschenschaft,<br />

siehe unter Herausgeber im Impressum.<br />

Verbandsobmann für Hochschul- und allgemeine Politik<br />

Patrick Koerner (Brixia Innsbruck),<br />

Innstrasse 18, A-6020 Innsbruck<br />

Telefon: +43 (0)650 3245591,<br />

E-Post: politik@burschenschaft.de<br />

Verbandsobmann für Nachwuchswerbung und Sport<br />

Fritz Hoewer (Germania Köln),<br />

Bayenthalgürtel 3, D-50968 Köln,<br />

Telefon: +49 (0)157 38836135,<br />

E-Post: nachwuchs@burschenschaft.de<br />

Beisitzer im Verbandsrat<br />

Dr. Wilhelm Haase (Saxo-Silesia Freiburg),<br />

Detmolder Straße 52 a, 33813 Oerlinghausen,<br />

Telefon: +49 (0)5202 5230,<br />

E-Post: beisitzer@burschenschaft.de<br />

Beisitzer im Verbandsrat<br />

Daniel Stock (Stauffia München),<br />

c/o Münchener Burschenschaft Stauffia,<br />

Stollbergstraße 16, D-80539 München,<br />

E-Post: beisitzer@burschenschaft.de<br />

Schatzmeister<br />

Volker-Ralf Lange (ABB Raczeks Bonn),<br />

Drachenfelsstraße 35, D-53757 Sankt Augustin<br />

Telefon: +49 (0)171 7799000<br />

E-Post: schatzmeister@burschenschaft.de<br />

Konto<br />

Deutsche Burschenschaft,<br />

Raiffeisenbank Sankt Augustin,<br />

IBAN: DE48 3706 9707 1007 0190 13,<br />

BIC: GENODED1SAM<br />

Vorsitzender des Rechtsausschusses<br />

der Deutschen Burschenschaft<br />

Christian Balzer (Rheinfranken Marburg),<br />

Barmer Straße 4, D-40545 Düsseldorf,<br />

Telefon: +49 (0)176 22365876,<br />

E-Post: rechtsausschuss@burschenschaft.de<br />

Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Walter Tributsch (Teutonia Wien),<br />

Landstraßer Hauptstraße 4, A-1030 Wien,<br />

Telefon: +43 (0)676 7379745,<br />

E-Post: presse@burschenschaft.de<br />

2. Verband der Vereinigungen Alter Burschenschafter<br />

(VVAB)<br />

Vorort des VVAB: Vereinigung Alter Burschenschafter<br />

Oberösterreich zu Linz<br />

Vorsitzender: Arch. Dipl.-Ing. Paul-Ernst Huppert (Suevia<br />

Innsbruck, Arminia Czernowitz zu Linz),<br />

Tel. +43 (0)664 5528515,<br />

Kassenwart: Mag. Wolfgang Rochowanski (Oberöster -<br />

reicher Germanen zu Wien), Tel. +43 (0)650 7222332,<br />

Kanzleiadresse: Rechtsanwälte Klicnik Lang,<br />

Taubenmarkt 1 / Domgasse 22, A-4020 Linz<br />

Über die E-Post-Adresse obmann@burschenschafter<br />

turm.at werden alle Amtsträger des Vorortes parallel erreicht.<br />

3. Bund Chilenischer Burschenschaften (BCB)<br />

B! Vulkania zu Valdivia<br />

Los Manzanos 040, CL-5110665 – Valdivia, CHILE<br />

info@bcb.cl<br />

4. <strong>Burschenschaftliche</strong>r Verein für nationale<br />

Minderheiten<br />

Vorsitzender: Dr. Bruno Burchhart (Olympia Wien),<br />

A-9184 St. Jakob i. Ros. 130, Tel.: +43 (0)664 9163853,<br />

E-Post: minderheiten@burschenschaft.de<br />

5. Burschenschaftsdenkmalverein in Eisenach<br />

Vorsitzender: Dr. Marc Natusch (Cheruscia Dresden,<br />

Rheinfranken Marburg), Leiblweg 12, D-70192 Stuttgart,<br />

Tel. +49 / (0)711 82086679, Fax +49 (0)711 82086683,<br />

E-Post: post@marc-natusch.de<br />

6. Denkmalerhaltungsverein Eisenach e.V.<br />

Thomas Mayer-Steudte (Normannia Heidelberg),<br />

Auf dem Hundshövel 6, D-46446 Emmerich am Rhein,<br />

Telefon: +49 (0)172 2093255,<br />

E-Post: thomas.mayer-steudte@t-online.de<br />

7. Sonstige burschenschaftliche Amtsstellen<br />

Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung<br />

e.V.<br />

Vorsitzender: Dr. Klaus Oldenhage (Norddeutsche und<br />

Niedersachsen, Germania Trier), Bismarckstr. 9–11,<br />

D-56068 Koblenz, Tel. +49 (0)261 36256,<br />

E-Post: k.oldenhage@online.de<br />

1. Stellvertretender Vorsitzender und Schatzmeister:<br />

Hans-Jürgen Schlicher (Alemannia München, Germania Trier)<br />

Am Zieglerberg 10, D-92331 Lupburg-Degerndorf,<br />

Tel. +49 (0)9492 6168, Fax +49 / (0)9492 7449,<br />

E-Post: hans-juergen.schlicher@gmx.de,<br />

Bankverbindung: Gesellschaft für burschenschaftliche<br />

Geschichtsforschung e.V., BW-Bank Stuttgart,<br />

Konto-Nr.: 4 320 061, BLZ: 600 501 01,<br />

IBAN: DE37 6005 0101 0004 3200 61, BIC: SOLADEST600<br />

2. Stellvertretender Vorsitzender und Schriftenempfänger:<br />

Dr. Frank Grobe M.A. (Teutonia Aachen),<br />

Dotzheimer Straße 56, 65197 Wiesbaden,<br />

Tel.: +49 (0)176 20123495,<br />

E-Post: frank.grobe@gmx.de<br />

8. Archiv und Bücherei der Deutschen Burschenschaft<br />

PD. Dr. Dr. Harald Lönnecker (Normannia-Leipzig zu Marburg,<br />

Normannia Leipzig, Germania Kassel, Ghibellinia zu<br />

Prag in Saarbrücken EM, S! Normannia-Danzig Braunschweig<br />

EM)<br />

Bundesarchiv, Potsdamer Straße 1, D-56075 Koblenz,<br />

Tel. +49 (0)172 4255965,<br />

E-Post: archiv@burschenschaft.de<br />

42 Heft 1 - <strong>2015</strong>


<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 43


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