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Wolf, Luchs & Co. – Ein Bestimmungs schlüssel für Carnivoren anhand der Halswirbel<br />
71<br />
Die anderen Wirbelsäulenbereiche können<br />
in ihrer Wirbelanzahl selbst intraspezifisch<br />
stark voneinander abweichen. So<br />
besitzen Haushunde 12 bis 14 Brustwirbel<br />
und sechs bis sieben Lendenwirbel. Besonders<br />
auffallend ist der Unterschied jedoch<br />
interspezifisch (Herre & Röhrs 1990).<br />
Eine Veränderung der Wirbelzahl bei<br />
Haustieren ist mit gezielter Züchtung von<br />
Tieren mit erhöhter Wirbelanzahl zu erklären.<br />
Doch auch bei Wildformen ist die<br />
Anzahl der Thorakal-, Lumbal- und Caudalwirbel<br />
variabel (Nickel et al. 1954; Herre<br />
& Röhrs 1990).<br />
Eine Studie aus dem Jahr 2005 belegt,<br />
dass die Wirbelanzahl schon früh in<br />
der Entwicklung der Säugetiere festgelegt<br />
wurde. Die Wirbelformel könnte allerdings<br />
spezifisch für verschiedene Abstammungslinien<br />
sein. Einen Hinweis hierauf fanden<br />
die Autoren bei der Anzahl der Thorakolumbalwirbel,<br />
die bei den Carnivoren im<br />
Regelfall 20 beträgt, während es bei den<br />
meisten anderen plazentalen Säugetieren<br />
19 sind. Eine weitere Ausnahme bilden einige<br />
hominoide Affenarten (Hylobatidae<br />
und Pongidae), die 17 oder 18 Wirbel im<br />
Thorakolumbarbereich besitzen (Narita &<br />
Kuratani 2005).<br />
Die bei Säugetieren konstante Anzahl<br />
von sieben Halswirbeln ist auf eine<br />
Kombination der an der Entwicklung<br />
der Wirbelsäule beteiligten Hox-Gene<br />
und der Entwicklung des Nervensystems<br />
zurückzuführen (Galis 1999). Er postuliert,<br />
dass eine Abweichung von der festgelegten<br />
Anzahl bei Säugetieren ein erhöhtes<br />
Risiko für die Ausbildung von neuronalen<br />
Problemen, Totgeburten und „early childhood<br />
cancer“ birgt.<br />
Bei aller intra- und interspezifischer Variation<br />
und den Veränderungen der Wirbelform<br />
im Verlauf der Wirbelsäule liegt<br />
dennoch jedem Wirbel der gleiche Bauplan<br />
zu Grunde. Sie gehören zu den Ossa<br />
brevia, den kompakten, kurzen Knochen.<br />
Die ausfüllende Substantia spongiosa wird<br />
von der Substantia compacta ummantelt<br />
(König & Liebich 2001). Sie besitzen keine<br />
einheitliche Markhöhle (Michel et al.<br />
1986).<br />
Ein Wirbel kann grob in drei Bereiche<br />
unterteilt werden: den Körper, den darüber<br />
liegenden Neuralbogen und die Fortsätze.<br />
Der Wirbelkörper (Corpus vertebrae, Abb.<br />
2; 3) ist mehr oder weniger zylindrisch bis<br />
dreiseitig-prismatisch geformt und bildet<br />
den Grundstock des Wirbels. Darauf<br />
aufbauend bildet der Wirbelbogen (Arcus<br />
vertebrae, Abb. 2; 15) einen Durchlass für<br />
das Rückenmark. Wirbelfortsätze (Processus<br />
vertebrae, Abb. 2; 9 – 14) bilden Ansatzpunkte<br />
für Muskulatur und Sehnen und<br />
sind, je nach Wirbelposition, unterschiedlich<br />
ausgeprägt (Nickel et al. 1954).<br />
Wie von Nickel et al. (1954) und bei König<br />
& Liebich (2001) beschrieben bilden<br />
jeweils die Facies articulares craniales bzw.<br />
Wirbel – anatomische Synonyme aus Medizin, Tiermedizin, Paläontologie und Zoologie<br />
Verwendeter Begriff<br />
Synonym<br />
Arcus vertebrae<br />
Arcus neuralis / Neuralbogen<br />
Facies articulares craniales Caput vertebrae<br />
Foramen intervertebrale<br />
For. intervertebrale laterale<br />
Foramen vertebrale<br />
Foramen vertebrae<br />
Proccessus articulares cran./caud. Prä-bzw. Postzygapophyse<br />
Processus spinalis<br />
Processus spinosus<br />
Substantia compacta<br />
Substantia corticalis / Corticalis<br />
<strong>Naturhistorica</strong> Berichte der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover <strong>152</strong> · 2010