Elevate Festival Magazine – Issue 2
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Auch Nnimmo Bassey von der nigerianischen Umweltorganisation<br />
Homef berichtet aus seiner Heimat über Klimaveränderungen, die zu<br />
Wanderungsbewegungen führen, und plädiert dafür, Auswirkungen<br />
des Klimawandels als Fluchtgrund innerhalb der UNHCR-Konvention<br />
anzuerkennen. Doch so einfach sei der Kausalzusammenhang nicht<br />
herzustellen, warnt Patrick Sakdapolrak von der Universität Wien.<br />
Man laufe dabei Gefahr, andere Ursachen aus den Augen zu verlieren.<br />
Da sei etwa nicht nur die Ungleichheit zwischen Süd und Nord, sondern<br />
auch die Ungleichheit innerhalb der Länder des globalen Südens.<br />
Wie in Kalifornien gibt es auch dort Menschen, denen es leichter fällt,<br />
Klimawandeleffekte zu kompensieren, und andere, die existenziell<br />
davon bedroht sind. Außerdem gibt es komplexe Wechselwirkungen<br />
zwischen verschiedenen Ursachen, die letztlich Migration auslösen.<br />
Diese Wechselwirkungen werden auch in Basseys Erzählungen deutlich:<br />
Da sei zum einen die Wasserknappheit durch das Austrocknen<br />
des Tschad-Sees, der seit den 1960er Jahren auf ein Zehntel seiner<br />
Fläche geschrumpft sei, mit drastischen Auswirkungen auf Fischerei,<br />
Weide- und Landwirtschaft. Das habe eine Binnenwanderung Richtung<br />
Süden ausgelöst, die in gewalttätige Konflikte münde. Der zweite<br />
Schwerpunkt liege an der Atlantikküste, wo die Dorfgemeinschaften<br />
durch den Anstieg des Meeresspiegels und die Erosion der Küste Land<br />
verlören. Wird der Zugang zu Wasser und Land durch den Klimawandel<br />
erschwert, betrifft das automatisch die Nahrungsproduktion<br />
und andere ökonomische Tätigkeiten. Menschen werden dann, so<br />
meint Bassey, immer nach Orten suchen, wo sie ihre Existenz sichern<br />
können und ihnen ein Leben in Würde möglich ist.<br />
In vielen Konfliktgebieten, wie etwa Afghanistan oder Syrien, verschärfe<br />
Wassermangel die Situation oder sei einer der Auslöser für die<br />
Konflikte gewesen. Dazu kommen Phänomene wie Landgrabbing oder<br />
eine Verarmung der Böden durch industrielle Landwirtschaft, die den<br />
Zugang zu Land immer prekärer machen.<br />
Was bedeutet das nun für die Länder des globalen Nordens? Auch<br />
wenn es sinnvoll sein kann, Klimawandel in bestimmten Fällen als<br />
Fluchtgrund anzuerkennen, wird es oft schwierig sein, einen eindeutigen<br />
Kausalzusammenhang herzustellen. Viel eher verschärft der<br />
Klimawandel bestehende Nord-Süd-Konflikte und die ohnehin schon<br />
schädlichen Auswirkungen der imperialen Lebensweise, was bedeutet,<br />
dass der Reichtum der Länder des globalen Nordens auf Kosten<br />
anderer erwirtschaftet wird. Die Bekämpfung von Fluchtursachen, die<br />
gerade von der österreichischen Bundesregierung, aber auch EU-weit<br />
ständig als Lösung angepriesen wird, müsste dann etwa verstärkte Aktivitäten<br />
gegen den Klimawandel oder auch faire Handelsbeziehungen<br />
umfassen. Klar ist, dass diesen Herausforderungen nur auf globaler<br />
Ebene begegnet werden kann und dass die reichen Länder Europas<br />
dabei Verantwortung übernehmen müssen.<br />
Auch die Fluchtgeschichten, die die Organisation Earthlink für ihre<br />
Kampagne „Fluchtgrund“ gesammelt hat, legen solche Zusammenhänge<br />
nahe, zum Beispiel in Bangladesch:<br />
„Im ersten Halbjahr 2017 sind 855.000 Menschen in Bangladesch<br />
vor Klima und Krieg geflüchtet. Das Land liegt in einer Zone, die oft<br />
von Erdbeben heimgesucht wird. Außerdem kommt es während der<br />
Monsunzeit zwischen Juni und Oktober zu zahlreichen Überschwemmungen.<br />
Vor allem im Süden des Landes bilden sich Tsunamis und<br />
Taifune. Aufgrund des Klimawandels werden ganze Völker dazu<br />
getrieben und gezwungen, auszuwandern. Der steigende Meeresspiegel,<br />
die Wasserknappheit, Ernährungsunsicherheit und die daraus<br />
resultierenden Kämpfe verstärken sich gegenseitig.“<br />
Nnimmo Bassey<br />
Nnimmo Bassey<br />
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