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Zwergerl Magazin März/April 2020

Das Familienmagazin in der Metropolregion München

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s3-12_fsn_mar20_Layout-zm 21.02.<strong>2020</strong> 12:06 Seite 6<br />

Die Seite SECHS Kolumne<br />

Magdalena kann heute leider nicht kommen<br />

Es gibt Dinge, die entfalten ihre volle Dramatik erst, sobald<br />

man zur Elternfraktion gehört. Und selbst wenn man schon<br />

einige Zeit Kinder hat und denkt, man wäre nun gewappnet<br />

für alle Widrigkeiten, muss man feststellen: Man kennt<br />

doch nicht alles.<br />

Und so ist einer der ultimativen Härtetests, die man als<br />

Mutter oder Vater früher oder später überstehen muss, die<br />

Zugehörigkeit zu einer Eltern-WhatsApp-Gruppe. Was früher<br />

das „Cc an alle“ beim E-Mail-Schreiben war, sind heute<br />

Textnachrichten in Gruppen wie Elternbeirat oder Mamas Kita<br />

Spatzennest. Je nach Mitgliederzahl wird man dort im Minutentakt<br />

über aktuelle Entwicklungen informiert. Meistens sind<br />

es Nachrichten, die völlig uninteressant für die Mehrzahl<br />

der Leute sind. Aber es gehört zum Wesen der WhatsApp-<br />

Gruppe, dass die unsinnigsten Nachrichten immer an die<br />

größtmögliche Anzahl an Leuten gesendet werden.<br />

Ich dachte tatsächlich, ich bin dagegen immun. Wenn mir<br />

andere über den Horror erzählten, den es auslösen kann,<br />

ein Geschenk für die Kindergarten-Erzieher via WhatsApp<br />

abzusprechen, war ich froh, dass der Kelch bisher an mir<br />

vorübergegangen ist. Dann aber kam der Verteiler vom<br />

Sportverein. Und lehrte mich, dass es jeden treffen kann.<br />

Das Ziel der Gruppe erschien mir erst einmal plausibel:<br />

Wenn beispielsweise das Training ausfällt, wirst du schnell<br />

und unkompliziert informiert. Nur leider uferte die Kommunikation<br />

dann ein wenig aus. Deswegen weiß ich nun,<br />

welches Kind welche Größe trägt (von den Bestellungen<br />

der Trainingsanzüge), wer gerade krank ist (und mit welcher<br />

Krankheit) und warum Magdalena heute nicht kommen<br />

kann (Faschingsfeier im Hort).<br />

Es wird darüber diskutiert, wer schon welche Kinderkrankheiten<br />

hatte und wer gegen was genau geimpft ist (nach<br />

der Nachricht „Achtung, Paul hat leider seit gestern Windpocken!“),<br />

wer schon wie viele Gutscheine bei der Vereinsaktion<br />

vom Supermarkt gesammelt hat und welche<br />

Kleidungsstücke, Trinkflaschen oder sonstigen Gegenstände<br />

nach dem letzten Training vermisst werden. Wenn sich<br />

einer der Trainer krank meldet, wünschen erst mal 50 Menschen<br />

„gute Besserung“. Verabredungen werden über die<br />

Gruppe getätigt. Absagen fürs Training sowieso.<br />

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich mag den Sportverein,<br />

die Leute dort und ich mag auch WhatsApp. Ich<br />

schicke ja selbst viel zu viel dort herum. Aber manchmal<br />

verstehe ich nicht so ganz, wieso man immer alles an alle<br />

schreibt. Statt einfach nur dem Trainer. Muss ich wirklich<br />

100 andere Menschen wissen lassen, dass der Johannes<br />

jetzt leider schon die zweite Mittelohrentzündung innerhalb<br />

von sechs Wochen hat?<br />

Während ich noch darüber grüble, kommt von anderer<br />

Stelle die nächste Baustelle. In der Schule wird nämlich<br />

diskutiert, ob WhatsApp-Gruppen aus Datenschutzgründen<br />

überhaupt in Ordnung sind. Wir sollten uns doch bitte eine<br />

andere Form der Kommunikation suchen. Einer schlägt<br />

einen Messengerdienst vor, der besseren Datenschutz bietet.<br />

Betretene Gesichter in der Elternrunde: Keiner hat den<br />

installiert. „Dann bekommen wir ja gar nichts mehr mit!“,<br />

ruft eine Mutter. Die Frage ist natürlich, ob man auf 80<br />

Prozent der Nachrichten nicht sowieso verzichten kann.<br />

Tags darauf ploppt auf dem Handy eine Nachricht in der<br />

Sportvereinsgruppe auf: „Liebe Eltern, wir bitten euch, in<br />

Zukunft hier nur noch wirklich relevante Nachrichten auszutauschen.<br />

Mittlerweile haben nämlich so viele Eltern die<br />

Gruppe verlassen, dass sie nicht mitbekommen haben, dass<br />

vergangene Woche das Training ausgefallen ist.“<br />

Schade eigentlich, dass ich jetzt so viele Dinge gar nicht<br />

mehr erfahren werde, wenn es in der Gruppe tatsächlich<br />

nur noch ums Training geht. Denke ich mir so, während ich<br />

die E-Mail vom Elternbeirat zur nächsten Schulfeier fertig<br />

tippe. Und dann klicke ich auf „Cc an alle.“<br />

PS: Die Personen und Gruppen heißen in Wirklichkeit anders.<br />

Aber ihr wisst vermutlich, dass die Inhalte deswegen<br />

nicht weniger echt sind.<br />

Unsere Kolumnistin Petra wohnt mit ihrer Familie in Freising.<br />

Die Dreifach-Mama hat eine siebenjährige Tochter<br />

und zwei Jungs im Alter von zwei und fünf Jahren. Als<br />

freie Texterin und Redakteurin arbeitet sie unter anderem<br />

für eine Reihe von Familien-Portalen. Auch auf<br />

ihrem Blog allesinklein (allesinklein.com ) schreibt sie<br />

über vieles, was ihr im Leben als Mama so vor die Füße<br />

fällt. Und wenn sie nicht schreibt, steigt sie am liebsten<br />

auf einem Berg oder springt in den Schliersee, wo sie<br />

ihr kleines „Zweitzuhause“ hat.<br />

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