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GLOBAL PERSPECTIVES | KOMMUNIKATION GLOBAL - 01 | 2009

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KINOTIPP<br />

Film erzählt Erfolgsstory Liberias<br />

Von Marie-Helene Rousseau in New York<br />

Über ein Jahrzehnt war Liberia fast ununterbrochen im Bürgerkrieg versunken, da träumte die Sozialarbeiterin Leymah Gbowee<br />

davon, wie sie Frauen um sich sammelte, um für Frieden zu beten. 2003 machte sie ihren Traum in der St. Peters-Kirche von<br />

Monrovia wahr. Aus dem Gebetstreffen wurde eine landesweite Bewegung, die nicht nur ein Ende des Krieges, sondern auch eine<br />

Frau ins höchste Staatsamt brachte.<br />

Der Dokumentarfilm 'Pray the Devil Back<br />

to Hell' zeichnet den Weg der mutigen<br />

Gründerinnen des Frauennetzwerks für<br />

den Frieden (WIPNET) nach. Gedreht<br />

wurde er von Gini Reticker und produziert<br />

von Abigail Disney und jetzt beim<br />

renommierten New Yorker Tribeca-<br />

Filmfestival als bester Dokumentar-<br />

Featurefilm ausgezeichnet.<br />

In den ersten Szenen des Films umreißt<br />

Leymah Gbowee die vielfältigen Konflikte,<br />

die dem Krieg zugrunde lagen: Die<br />

weite Spanne zwischen Arm und Reich,<br />

der Hass zwischen den verschiedenen<br />

Volksgruppen des Landes und der Kampf<br />

um die natürlichen Ressourcen Liberias –<br />

"Macht, Geld, Ethnie und Gier", wie sie<br />

zusammenfassend kommentiert.<br />

Unterlegt wird diese Analyse mit harschen<br />

Bildern: Leichen, die durch die<br />

Straßen geschleift werden, Kinder mit<br />

Waffen, Massenbegräbnisse, dazu der<br />

Soundtrack ständigen Schießens. Die<br />

www.praythedevilbacktohell.com/v2 | Bild: Pewee Flomoku<br />

porträtierten Frauen bringen die unterschiedlichsten<br />

Hintergründe mit in die Friedensbewegung – es kommen Journalistinnen und Marktfrauen, Christinnen und Musliminnen.<br />

So wurde WIPNET nicht nur zu einer Kraft für den Frieden, sondern auch ein Symbol der Einheit in einem Land mit rund<br />

16 verschiedenen Religionen und Volksgruppen.<br />

"Ob Muslimin oder Christin – wir standen zusammen", erinnert sich Asatu Bah Kenneth, heute stellvertretende Polizeichefin des<br />

Landes, bei einer Vorführung des Films bei den Vereinten Nationen. "Wir suchten aus beiden Religionsgruppen Gebetsführerinnen<br />

aus. Wir hätten jederzeit umkommen können, es ist aber meines Wissens in der ganzen Zeit niemand von unserer Gruppe getötet<br />

worden." Bah Kenneth zufolge wurden die Frauen damals für verrückt gehalten. "Aber ich bin gläubig, und wenn du an Gott<br />

glaubst, kann der Glaube Berge versetzen. Es gab keine Diskriminierung innerhalb der Gruppe, weil wir alle den Frieden wollten."<br />

Der Film zeigt, wie unnachgiebig die Frauen waren. Die Friedensgesprächen 2003 in Ghana zogen sich endlos hin, weil die Delegierten<br />

sie praktisch als Erholungsurlaub betrachteten. Die Frauen machten ihrem Unmut Luft, indem sie das Konferenzzentrum<br />

mit einer Menschenkette abriegelten. Kein Delegierter sollte mehr hinaus dürfen bis es Fortschritte gab. Die Polizei war machtlos<br />

gegen diese Form des Protests, schließlich schlossen sich sogar Beamte den Frauen an, gaben ihnen taktische Hinweise, etwa<br />

wenn Verhandlungsteilnehmer sich durch die Fenster davonmachen wollten.<br />

Der Eifer der Bewegung erlahmte auch nicht nach Ende der Gespräche und dem Exil des bisherigen Machthabers Charles Taylor.<br />

Der Film zeigt, wie Frauen, unzufrieden mit der Effizienz der UN-geführten Friedenstruppe, die Entwaffnung der Rebellen selbst<br />

in die Hand nahmen. "Die Friedenstruppe fand keine Ansprechpartner mit Befehlsgewalt vor", berichtet Asatu Bah Kenneth, "sie<br />

wusste nicht, was sie machen sollte. Also übernahmen wir Frauen die Führung."<br />

Natürlich waren mit dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs nicht alle Probleme Liberias automatisch gelöst. Nach 2007 konstatierte<br />

die Hilfsagentur 'ActionAid', das Vergewaltigungen immer noch gang und gäbe sind. "Unsere Präsidentin will über zwischengeschlechtliche<br />

Gewalt schon früh in der Schule aufklären lassen", sagt Kenneth. "Ich glaube, das könnte etwas bewirken."<br />

Das Familien- und Entwicklungsministerium arbeite an einem Programm zur Stärkung der Rolle der Frau, und ihre eigene Polizei<br />

werde zu 13 Prozent von Frauen gestellt.<br />

Im Bürgerkrieg griffen die Frauen zu gewaltlosen Mitteln wie Sexverweigerung und Demonstrationen. "Die Rolle der Frauen im<br />

Krieg blieb immer unsichtbar", sagt die Produzentin der Dokumentation, Abigail Disney. "Und zweifelsohne sind wir zu lange<br />

nicht in den Friedensprozess eingebunden worden – speziell heutzutage, wo die meisten Kriegsopfer Zivilisten sind und Frauen<br />

ganz gezielt ins Visier genommen werden, um die Bevölkerung zu terrorisieren. Die Botschaft des Films ist die Hoffnung, dass<br />

das Gute über das Böse siegen kann und normale Menschen Außerordentliches bewirken können."<br />

IPS |<strong>KOMMUNIKATION</strong> <strong>GLOBAL</strong> �<br />

30 <strong>KOMMUNIKATION</strong> <strong>GLOBAL</strong> | JANUAR <strong>2009</strong>

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