GLOBAL PERSPECTIVES | KOMMUNIKATION GLOBAL - 01 | 2009
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Großmütter kämpfen gegen Aids in Swasiland<br />
DIE WELT ANDERS SEHEN<br />
Mbabane/New York – Das kleine Königreich Swasiland ist das Land mit der weltweit höchsten Aids-Infektionsrate. Fast 40 Prozent<br />
der Bevölkerung sind HIV-positiv. Der Rest lebt in ständiger Gefahr, sich mit dem Tod bringenden Virus anzustecken. Ein<br />
neuer Dokumentarfilm nimmt die Großmütter in den Blick, die als letzte die durch Aids zerfallende Gesellschaft zusammenhalten.<br />
Auf dem diesjährigen New Yorker Margaret-Meade-Festival für Film und Video vom 14. bis 16. November feierte 'Today the<br />
Hawk Takes One Chick' (Heute nimmt der Falke sich ein Küken) Premiere. In dem Film folgt Regisseurin Jane Gillooly dem Alltag<br />
dreier Großmütter in der ostswasischen Region Lubombo, wo 38,5 Prozent der Menschen HIV-infiziert sind.<br />
Eine der drei 'Gogos', wie die Großmütter im südlichen Afrika genannt werden, ist die Krankenschwester Thandiwe Mathujwa.<br />
Sie besucht täglich Familien, um Aidspatienten zu betreuen und Aufklärung zu leisten. Maria Shongwe wiederum versucht unter<br />
größten Schwierigkeiten, ihre zehn Enkel durchzubringen, die ihr die an der Immunschwächekrankheit verstorbenen Kinder hinterlassen<br />
haben. Albertina Skhosana, die ebenfalls für ihre Enkel sorgen muss, fragt sich, ob ihre Kinder noch am Leben wären,<br />
hätte sie sie vor fünf Jahren besser über Aids Bescheid gewusst.<br />
"Was passiert, wenn die Gogo einmal nicht mehr lebt?" ist eine der<br />
entscheidenden Fragen im Film. Es geht aber bei weitem nicht nur<br />
um dem Überlebenskampf der Gogos sondern die Geschichte einer<br />
ganzen Kultur und Gesellschaft, die alles zu verlieren droht, was<br />
bisher von einer Generation zur nächsten weitergegeben wurde.<br />
Wie sehr aber die Gesellschaft Swasilands zu zerfallen droht, wird<br />
beim Besuch einer Familie deutlich, die nur noch aus Kindern besteht.<br />
Thandiwe ist die einzige Erwachsene, mit der sie zu tun haben.<br />
Die Krankenschwester weist darauf hin, dass Aidswaisen das<br />
Wissen um die kulturellen Traditionen verlieren und folglich auch<br />
nicht weitergeben können. Die Gogos erscheinen als letzte Trägerinnen<br />
einer bedrohten Kultur. "Uns steht eine andere Welt bevor, in<br />
der Kinder das tun, wonach ihnen ist, weil nie jemand auf sie aufgepasst<br />
hat", so Thandiwe.<br />
© www.janegillooly.com<br />
Nach einem Bericht der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation<br />
FAO gab es 2007 69.000 Aidswaisen in dem eine Million<br />
Einwohner zählenden Land. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO geht davon aus, dass sich die Infiziertenrate 2<strong>01</strong>0 bei 36<br />
Prozent einpendelt. Bis dahin wird das Land ein Viertel seiner Bevölkerung an Aids verloren haben.<br />
Der Film zeigt mit Ausnahme der Nahrungsmittelhilfe, wie sie von US-Entwicklungsbehörde USAID und Welternährungsprogramm<br />
(WFP) geleistet wird, wenig, was die internationale Gemeinschaft tut, um Swasiland zu helfen. Aufklärungs- und Präventivmaßnahmen<br />
scheinen eher Sache kleiner lokaler Initiativen zu sein. So ist Krankenschwester Thandiwe diejenige, die mit<br />
Frauen über Aids und Kondome redet.<br />
Die Regierung hat zwar einige Initiativen gegen Aids ins Leben gerufen, doch erreicht hat sie deutlich zu wenig. 1999 erklärte<br />
König Mswati III. die Epidemie zu einer nationalen Krise. Doch die finanziellen Ressourcen im Kampf gegen ihre Ausbreitung der<br />
Krankheit reichen bei weitem nicht aus. Nach einem Regierungsbericht stehen dafür nur 0,25 Prozent des Haushaltsbudgets zur<br />
Verfügung. Auch die staatliche Altersversorgung reicht nicht aus, um zumindest den Gogos weiterzuhelfen. Was an Renten gezahlt<br />
werde, seien Peanuts, berichtet Thandiwe. Und so kennzeichnet die Angst um die Zukunft Swasilands den Film. Thandiwe<br />
spricht einmal in einem Gesundheitszentrum der Region zu wenigen Zuhörern über Aids und die Folgen für die Kinder: "Wenn sie<br />
nicht gut auf sich aufpassen, wird Swasiland nicht mehr existieren", warnt sie. �<br />
Marokkaner gründet Menschenrechts-Netzwerk<br />
Casablanca – Mostafa Hannaoui hat ein ehrgeiziges Ziel: Der<br />
Marokkaner will 300 Millionen Menschen im arabischen Raum<br />
dazu ermuntern, für ihre Menschenrechte einzutreten. Dazu<br />
hat er ein einzigartiges Netzwerk ins Leben gerufen, das die<br />
Menschen in 24 arabischen Ländern über ihre Rechte aufklären<br />
soll und gegen staatliche Unterdrückung ankämpfen will.<br />
Immer noch gilt in vielen arabischen Ländern die Todesstrafe.<br />
Menschen werden unterdrückt, verfolgt und bespitzelt.<br />
Mit seinem 'Rights and People'-Projekt will Hannaoui die<br />
Bürger in der arabischen Welt über ihre Rechte aufklären<br />
und ihnen alle wichtigen Informationen zugänglich machen.<br />
Wie Hannaoui in einem IPS-Interview erläutert, gibt es in<br />
der gesamten arabischen Welt keine größere Organisation,<br />
die sich vehement für die Einhaltung der Menschenrechte<br />
einsetzt. Das grundlegendste Recht eines Menschen, das<br />
Recht auf Leben, werde kaum verteidigt, so der Menschenrechtsaktivist.<br />
"Material über die Todesstrafe und die Menschenrechte<br />
in arabischer Sprache ist kaum zu finden. Hier<br />
werden wir den Hebel ansetzen und alle Publikationen in<br />
Arabisch ins Internet stellen. Denn alle Bürger sollen die<br />
Möglichkeit erhalten, ihre Rechte wahrzunehmen und zu<br />
schützen."<br />
Hannaoui will auch kulturelle Denkmuster überprüfen.<br />
"Allzu oft werden Gerichtsurteile in der arabischen und asiatischen<br />
Welt mit der Scharia oder kulturellen Werten begründet.<br />
Hier muss eine komplette Neubewertung her. Diese<br />
Lehren sind mehrere hundert Jahre alt und entstammen den<br />
damaligen Begebenheiten."<br />
Wie der Menschenrechtler ausführt, basierten viele dieser<br />
Lehren auf der Annahme, dass die Welt eine Scheibe sei.<br />
"Heute aber sind wir auf einem ganz anderen Kenntnisstand.<br />
Deshalb braucht auch die arabische Welt eine moderne Scharia,<br />
die den heutigen Lebensumständen angepasst ist." Aufgabe<br />
der Mitarbeiter von Rights and People wird sein, religiöse,<br />
kulturelle und soziale Strukturen in der arabischen Welt<br />
zu studieren, Menschenrechtsverletzungen und ungerechtfertigte<br />
Gerichtsurteile zu dokumentieren sowie Missstände<br />
publik zu machen. "Wir erhoffen uns eine große Wirkungskraft,<br />
da wir professionell arbeiten und alle Informationen<br />
frei zugänglich veröffentlichen werden", so Hannaoui. �<br />
<strong>GLOBAL</strong> <strong>PERSPECTIVES</strong> | JANUARY <strong>2009</strong> 7