Spectrum_02_2022
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UNIPOLITIK
Text Alyna Reading
Foto OFI / OBI
Bildung als Menschenrecht
In der Schweiz können nicht alle studieren, die dies gerne möchten. Ein
Abend im Centre Fries am 15. März sollte dafür sensibilisieren: The long
road from exile to studies.
und Sabine Zurschmitten von Perspektiven
– Studium. Sie alle beschäftigen sich mit der
Frage, wie Geflüchteten in der Schweiz der
Zugang zum Studium ermöglicht werden
soll. Für Sabine Zurschmitten steht fest:
«Wir sind eine diverse Gesellschaft und es
wird Zeit, dass die Hochschulen dies widerspiegeln.»
Diskussionsrunde im Centre Fries am 15. März
er Studierendenverband Orientierung,
D Bildung, Integration (OBI) berät Geflüchtete,
die gerne studieren möchten. Die
Freiwilligen helfen den potenziellen Studierenden
die Anmeldung an der Universität
Freiburg und den Einstieg ins Studium
zu navigieren. Diplome müssen geprüft
werden, Dokumente zusammengetragen,
Sprachkenntnisse erworben und Zulassungsprüfungen
geschrieben. Amandine
Bernel studiert Rechtswissenschaften an
der Universität Freiburg und engagiert sich
bei OBI. Gemeinsam mit anderen Komiteemitgliedern
hat sie einen Filmabend im
Centre Fries mit anschliessender Diskussionsrunde
organisiert: «Wir müssen die
Schwierigkeiten aufzeigen, um Lösungen
zu finden.»
Hürdenlauf zum Studium
Der Verband Schweizer Studierendenschaften
gründete 2016 das Projekt Perspektiven
– Studium, um zwischen Geflüchteten und
Bildungsinstitutionen in der Schweiz zu
vermitteln und einen Zugang zur Universität
zu ermöglichen. Perspektiven – Studium
bietet unterschiedliche Ressourcen und ein
schweizweites Netzwerk, zu dem auch OBI
gehört. Unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus
sollen Menschen den Zugang
zu (Weiter-)Bildung erhalten und sich in die
Gesellschaft einbringen.
Diese Forderungen treffen auf diverse Hindernisse.
OBI hat in ihrem Film mit fünf Geflüchteten
gesprochen, die entweder studieren
oder versuchen Zutritt zum Studium zu
erlangen. Sie erzählen von schwerverständlichen
E-Mails, von langen Wartezeiten, nur
um zu erfahren, dass ein Diplom trotzdem
nicht angenommen wurde. Es mangelt an
Information und Unterstützung. Das Studium
kostet für Geflüchtete mehr als für
Schweizer Bürger*innen. Eine geflüchtete
Person beschreibt den Stress vor der ersten
Prüfung, weil die Sprache und das Format so
fremd waren. Eine junge Frau erklärt, man
habe ihr vom Studium abgeraten, sie solle
sich lieber in die Arbeitswelt integrieren.
Diversität an der Uni?
Nach dem Film eröffneten die Spectrum
Moderator*innen die Diskussionsrunde.
Anwesend waren Moses Mekonnen, Vertreter
im Schweizer Flüchtlingsparlament
und Aktivist bei NCBI (National Coalition
Building Institute), Adiba Qasim, irakische
Journalistin und Studentin, Stéphanie Voser
vom Projekt «Selektivität aufgrund der
sozialen Herkunft» der Universität Freiburg
Adiba Qasim studiert an der Universität
Genf Internationale Beziehungen. Nachdem
sie aus dem Nordirak in die Schweiz
geflüchtet war, hatte sie zuerst vergeblich
versucht an der Universität Freiburg zu
studieren. In Genf konnte sie die Passerelle
Horizon académique absolvieren. Dieses Projekt
ist auf die Bedürfnisse von Asylsuchenden
und Migrant*innen zugeschnitten und
erlaubt ihnen ins Studium einzusteigen.
An der Universität Freiburg gibt es keinen
einheitlichen Zugang für Geflüchtete. Die
Zulassungsbedingungen variieren von Fakultät
zu Fakultät. Jeder Fall wird einzeln
bearbeitet. Eine ähnliche Passerelle wie in
Genf aufzubauen wäre möglich, ist jedoch
mit Kosten verbunden.
Kampf um Bildung
Moses Mekonnen verwies im Gespräch auf
Artikel 26 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung:
«Der Hochschulunterricht muss
allen gleichermaßen entsprechend ihren
Fähigkeiten offenstehen.» Diese Forderung
erfüllt heutzutage weder die Schweiz noch
die Universität Freiburg. In der Diskussionsrunde
wird klar, dass für viele Geflüchtete
ihre Herkunft ein Hindernis beim Zugang
zur Universität darstellt. «Ich musste viel
kämpfen, um das Studium zu erreichen»,
meint Moses Mekonnen, der in seiner Heimat
bereits eine Ausbildung als Pädagoge
und Psychologe abgeschlossen hatte, die er
in der Schweiz nochmals von Grund auf beginnen
musste. Nur mit viel Durchsetzungsvermögen
gelangen Geflüchtete in den Vorlesungssaal,
obwohl der Zugang zu Bildung
ein Menschenrecht ist. Das muss sich ändern.
Mit OBI gibt es bereits Strukturen, die
sich ausbauen liessen. Es wäre schön, würde
auch die Uni Freiburg eines Tages unsere diverse
Gesellschaft widerspiegeln. P
10 spectrum 04.22