Jahresbericht 2015
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EVER GREENS<br />
Die Mokassins der anderen.<br />
Rede zum Neuen Kulturgesetz<br />
Brigitte Foppa<br />
Nell’estate <strong>2015</strong> è<br />
stata approvata la nuova<br />
legge sulla cultura. Non è una<br />
cattiva legge, ma si sarebbe potuto<br />
fare di meglio, dare un’altra direzione,<br />
riconoscere ufficialmente l’incontro<br />
e l’incrocio tra le diverse culture<br />
in questa terra, senza per questo<br />
perdersi e rinunciare alla propria<br />
cultura. Solo quando siamo<br />
stranieri/e capiamo davvero<br />
chi siamo.<br />
Das neue Kulturgesetz ist kein schlechtes<br />
Gesetz. Aber es ist nur ein „cambio<br />
di stagione“, den man zu Winter- oder<br />
Sommerbeginn im Kleiderschrank macht.<br />
Der Kleiderschrank bleibt aber immer<br />
derselbe für dieselben Leute mit demselben<br />
Stil. Da hätte man etwas anderes<br />
machen können.<br />
Eine Neuausrichtung hätte nicht geschadet,<br />
aber man hat es vorgezogen, bei<br />
der formellen Trennung der Kulturen zu<br />
bleiben.<br />
Dabei bestehen Verflechtungen, die<br />
unsere Kultur bereichern können. Dass<br />
dabei das jeweils Eigene nicht verschwindet<br />
oder verloren geht, ist eine große<br />
Herausforderung in unserem Land.<br />
Mit der Abschaffung<br />
des 1958 eingesetzten<br />
gemischten Beirates<br />
hat man sogar<br />
einen Schritt zurück<br />
gemacht. Denn der<br />
Beirat stand dafür,<br />
dass es in diesem Land<br />
auch mehrsprachige<br />
Projekte und Vereine<br />
gibt, die die Kulturen<br />
überschreiten und sich nicht<br />
unbedingt von vorneherein an<br />
eines der drei Kästchen, die dieses Land<br />
immer wieder anbietet, wenden müssen.<br />
Der Beweis, dass es in unserem Land<br />
nicht nur Spaghetti und Speckknödel<br />
gibt - um Debeljak und Kaser zugleich zu<br />
zitieren.<br />
Wir hätten in unserer Kulturwelt alle Gelegenheit,<br />
die Grenzen zu „den Anderen“<br />
zu überschreiten: einmal ein Theaterstück,<br />
das in der „anderen Sprache“<br />
verfasst ist, besuchen, das Frühstück auf<br />
der „anderen Seite“ der Talfer einnehmen,<br />
die Nachrichten in der „anderen RAI“<br />
schauen, mit den Kindern die Bücher in<br />
der „anderen Bibliothek“ holen. Selten<br />
nutzen wir das.<br />
Es gibt den Grundsatz der Indianer, der<br />
sagt, dass man die Kultur des anderen<br />
erst kennt, wenn man drei Monate in<br />
dessen Mokassins gewandelt hat.<br />
In den letzten Jahren bin ich zwei Mal irgendwo<br />
mitmarschiert. Marschieren, was<br />
mir ja gar nicht liegt, heißt im Gleichschritt<br />
mit anderen gehen, den eigenen<br />
Rhythmus aufgeben, es ist also noch viel<br />
mehr als „in Mokassins wandeln“. Vor<br />
einigen Jahren, als das große Alpinitreffen<br />
in Bozen war, bin ich beim Festumzug<br />
durch die ganze Stadt mitmarschiert.<br />
Wie anders habe ich da „meine“ Stadt<br />
Bozen kennen gelernt! Was für eine ausgelassene<br />
Feststimmung, wie zutiefst ita-<br />
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