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Titelthema: 100 Jahre im Zeichen des Salamanders

HerpetoramaHerpetoramaHerpetoramaChinesische Riesensalamander– zu Millionen in Zuchtfarmen,in der Natur fast ausgestorbenGrößter Schwanzlurch und zugleichgrößtes Amphibium der Welt ist derurtümliche Chinesische Riesensalamander,Andrias davidianus. Währendadulte Exemplare schon mit derfür diese Art durchaus üblichen Gesamtlängevon 1 m und 10 kg Gewichtimposante Gestalten sind, finden sichin der älteren Literatur auch Berichteüber 180 cm lange Tiere mit Gewichtenvon über 60 kg.Die Riesensalamander entwickeltensich vor mehr als 170 Millionen Jahrenals eine erdgeschichtlich sehr alteDer Chinesische Riesensalamander ist ein lebendes Fossil Foto: B. TapleyAmphibienlinie, deren kleine FamilieCryptobranchidae nur aus dreirezenten (heute noch lebenden) Artenbesteht. Dazu gehört neben demChinesischen Riesensalamander undseiner Schwesterart, dem JapanischenRiesensalamander (A. japonicus), auchdie einzige Art einer weiteren Gattung:der amerikanische Schlammteufel oderHellbender (Cryptobranchus alleganiensis).Zudem sind mehrere fossileArten beschrieben; die bekanntestedavon ist die vom Zürcher Arzt undNaturforscher Johann Jacob Scheuchzerentdeckte und später nach ihmbenannte Art Andrias scheuchzeri.Scheuchzer hatte das berühmte Fossil,in dem er das Skelett eines in derSintflut ertrunkenen Menschen zu erkennenglaubte, schon 1726 als „Homodiluvii testis“ beschrieben – „der dieSündflut bezeugende Mensch“.Um den Erhaltungszustand der beidennoch lebenden Andrias-Arten in freierNatur ist es sehr schlecht bestellt, obwohlsie streng geschützt sind und eininternationaler Handel durch das WashingtonerArtenschutzübereinkommen(Anhang I) verboten ist. Speziell derChinesische Riesensalamander stehtin der Natur kurz vor dem Aussterben,wie zwei aktuelle Publikationen nunverdeutlichen (Yan et al. 2018; Turveyet al. 2018). Die Untersuchungen belegten,dass in den kühlen, sauberen Fließgewässernder ursprünglichen Verbreitungsgebietebestenfalls noch wenigeEinzelexemplare dieser in China alsSpeise beliebten Delikatesse überlebthaben. Turvey et al. (2018) hatten zuvorim Auftrag der Zoological Societyof London (ZSL) vier Jahre lang an fast100 Orten, wo die Art einst vorkam,nach überlebenden Tieren gesucht.Den Forschern gelangen lediglich anvier Stellen Nachweise von insgesamt24 Riesensalamandern, bei denen essich aber auch um ausgewilderte Tieregehandelt haben könnte.Hauptgrund für den katastrophalenZusammenbruch der wildlebendenBestände ist neben Habitatzerstörungund -verschmutzung vor allem die inChina weit verbreitete Wilderei, dasmassenweise Abfangen in der Naturund die jahrzehntelange Übernutzungder Art durch den Menschen. Währendes früher verpönt war, die von dereinheimischen Bevölkerung auch als„Babyfische“ bezeichneten Amphibienzu essen (weil sie Laute abgeben können,die an Säuglingsschreie erinnern),gelten sie heute in China als beliebteLuxusspeise, die zudem auch noch inder traditionellen chinesischen Medizingenutzt wird. Selbst kleine Exemplaremit nur 2 kg Gewicht werden mithohen Preisen von umgerechnet 1.500US-Dollar gehandelt (Yan et al. 2018).Da Chinesische Riesensalamander inder freien Natur daher so gut wieausgestorben sind, werden sie heutein großen Zuchtfarmen nachgezüchtet.Und während der Fang und Handelfreilebender Riesensalamander auchin China streng verboten ist, unterstütztdas Landwirtschaftsministeriumdie massenhafte Nachzuchtund den Verkauf dieserTiere zu Speise- undHeilzwecken. Alleinin der zentralchinesischenProvinzShaanxi lebtenin Zuchtfarmenim Jahr 2011 2,6Millionen Riesensalamander.ZugleichwurdenDie Amphibien imXXL-Format leben vorallem in kalten, klarenFließgewässernFoto: R. Murphyund werden nachgezogeneTiere auch in großem Stil wiederausgewildert, um erloscheneBestände in der Natur erneut anzusiedelnoder um überlebende Restpopulationenzu stützen. Doch gutgedacht ist nicht gleich gut gemacht,denn ausgerechnet diese Schutzmaßnahmenkönnten der seltenen Art nunendgültig zum Verhängnis werden.Zumindest schaden die gut gemeintenSchutzbemühungen nach Meinung derForscher eher, als dass sie nützen (Yanet al. 2018), denn wie DNA-Vergleichevon Tieren aus verschiedenenGewässersystemenzeigten, verbergen sich unterdem Namen Andrias davidianuswohl mindestens fünf eigenständige,kryptische Arten,vielleicht sogar bis zu acht.Da die strikt aquatischenRiesensalamander nichtan Land gehen, habensich im Laufe derJahrmillionenin denFlusssystemender verschiedenenRegionenZentral-, Südwest-und SüdchinasgetrennteLinien entwickelt,die vermutlich eigeneArten darstellen. Exemplareaus diesen genetischlange voneinander isolierten Reliktpopulationenwerden nun aber in Zuchtfarmenzusammengesetzt, wo sie sichwild miteinander vermischen – undspäter teilweise wieder in der Naturausgesetzt werden, seit 2008 mehr als72.000 Tiere (Yan et al. 2018). Auchwenn nur ein Bruchteil der ausgewildertenTiere überlebt, wovon mannach den spärlichen Funden ausgehenmuss, ist die genetische Einzigartigkeitder ursprünglichen Verwandtschaftslinien,die sich auf die Bedingungen inihren Flusssystemen angepasst haben,und damit der Fortbestand dieser Taxabedroht. Die vermeintlichen Schutzmaßnahmender chinesischen Regierungentpuppen sich als Bumerangund gefährden zusätzlich die einzigartigenRiesen.Wichtig ist es nach Meinung der Forschernun, die bisherige Strategie zuändern und zumindest die verschiedenenArten getrennt voneinander zuhalten und nachzuzüchten, um späternur die an die natürlichen Lebensräumeangepassten Verwandtschaftslinienwieder ansiedeln zu können. Einweiteres Problem dieser Nachzuchtenbesteht aber auch in möglicherweiseverschleppten Krankheitserregern wieRanavirus, die aus den Zuchtfarmen indie Natur gelangen könnten.Axel KwetLiteraturTurvey, S.T., S. Chen, B. Tapley, G. Wei, F. Xieet al. (2018): Imminent extinction in the wildof the world’s largest amphibian. – CurrentBiology 28, R592–R594.Yan, F., J. Lü, B. Zhang, Z. Yuan, H. Zhao etal. (2018): The Chinese giant salamanderexemplifies the hidden extinction of crypticspecies. – Current Biology 28, R590–R592.89

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