Aufrufe
vor 1 Jahr

Beschaffung aktuell 03.2023

  • Text
  • Nachhaltigkeit
  • Finanzierung
  • Whistleblowing
  • Digitalisierung
  • Lieferketten
  • Lieferanten
  • Einkauf
  • Beschaffung

» MANAGEMENT Prof. Dr.

» MANAGEMENT Prof. Dr. Michael Schröder, DHBW CAS „Die globalen Lieferketten müssen neu justiert werden“ Bewährte Beschaffungskonzepte sind in den vergangen Jahren an ihre Grenzen gekommen . Prof. Dr. Michael Schröder, Wissenschaftlicher Leiter am DHBW CAS im Masterstudiengang Supply Chain Management, Logistics, Production, erklärt aus wissenschaftlicher Sicht, welche Ansätze Unternehmen verfolgen können, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Wie schätzen Sie die Situation der Lieferketten ein? Prof. Dr. Michael Schröder: Wir haben eine historisch einmalige Ballung schlechter Ereignisse erlebt. Mehrere Faktoren stellten den globalen Welthandel vor eine echte Herausforderung. Die globalen Lieferketten müssen daher neu justiert werden. Professor Dr. Michael Schröder lehrt seit 2009 an der Dualen Hochschule Baden- Württemberg (DHBW) Mannheim und ist Wissenschaftlicher Leiter am DHBW CAS. Er war Mitgründer des Logistiknetzwerkes Baden-Württemberg (LogBW) und war zwölf Jahre Regionalgruppensprecher Rhein/Neckar der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Bild: DHBW CAS Welche Justierungen sehen Sie denn von Seiten der Unternehmen, die umgesetzt werden können, um diese Herausforderung der gestörten Lieferketten anzugehen? Schröder: Die erste Option – gleichzeitig aber das dickste Brett – besteht in der Standortwahl. Unternehmen müssen zwar ohnehin permanent Standorte hinterfragen. Allerdings ist es ein schwieriges Unterfangen, ein Werk in China abzubauen und es in Deutschland bzw. Europa aufzubauen. Vereinzelt wird dies auch schon unternommen, jedoch ist es absolut unrealistisch, dass eine Produktion kurzfristig aus beispielsweise China nach Europa, geschweige denn nach Deutschland heimgeholt werden kann. Allein die Proteste aus der Gesellschaft hinsichtlich der Bauvorhaben für Fabriken, aber auch die Komplexität und Länge der Baufeststellungsverfahren würden diesem Vorhaben direkt einen Riegel vorschieben. Als zweite Option können Unternehmen – sogar kurzfristig – die Transportrouten verändern. Beispielsweise kann ein Unternehmen, das sich die Waren per Containerschiff aus Asien nach Rotterdam anliefern lässt, einen Teil dieser Waren per Flugzeug oder – denkt man an mögliche Routen der „Neuen Seidenstraße“ per Bahn oder sogar per Lkw transportieren lassen. Eine weitere Nuance hierbei wäre ein Single oder Multiple Sourcing im Frachteneinkauf, konkret: die Hinzunahme einer oder mehrerer weiterer Transporteure, die alternative Routen fahren. Hierbei sind jedoch die Transportkosten zu beachten, die dadurch 36 Beschaffung aktuell » 03 | 2023

potenziell steigen, denn im Einkauf gelten die klassischen Skaleneffekte: Der Stückpreis sinkt mit der Menge, die nun aber aufgesplittet werden würde. Als dritte Option sollten Unternehmen ihre grundsätzliche Sourcing-Strategie neu überdenken und permanent die Systematisierung von Material und Waren überdenken. Was sind Engpassteile, was die Hebelprodukte? Habe ich strategische Produkte, habe ich unkritische Teile? Falls ein Material falsch kategorisiert ist, muss die Einkaufsstrategie eben anpasst werden, beispielsweise hierfür das klassische Multiple Sourcing anwenden. Das heißt, dass sich Einkäufer absichern und über mehrere Lieferanten Waren beziehen, anstatt die einfache, aber günstigere Strategie des Single Sourcing mit nur einem Lieferanten anzuwenden. insbesondere, indem wieder wie früher Sicherheitsbestände aufgebaut werden, die dafür sorgen, die Volatilität der Nachfrage aufzufangen. Es wird dazu führen, dass mehr Läger – und damit Fläche – benötigt werden, wodurch zwar die Kapitalbindung wächst, die Industrie jedoch weiter produzieren und der Handel weiterhin verkaufen kann. Also wird es eine Abkehr von Just-intime- Konzepten geben? TREFFEN SIE UNS Fastener Fair Global 2023 Halle 3, Stand 2144 Schröder: Just-in-time-Konzepte sind für die Abnehmer eine zurecht bequeme Lösung, in der Produkte bestandslos angeliefert wurden, genau dann, wenn sie benötigt werden. Das hat jahrzehntelang reibungslos funktioniert, muss nun aber punktuell hinterfragt werden. Es gibt auch in diesem Bereich immer wieder wechselnde Zyklen bei wirtschaftlichen Trends. Nun treten wir ein in eine neue Phase, und Bestände werden höchstwahrscheinlich global wieder steigen. Dementsprechend hätten viele Unternehmen diese Beschaffungsprobleme auch rechtzeitig mit anderen Stra - tegien eindämmen können? Schröder: Wenn die Unternehmen ihren Einkauf immer wieder hinterfragt hätten, hätte es sehr wahrscheinlich in weniger Fällen diese Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Waren gegeben. Wenn ein Unternehmen beispielsweise in Fernost einen günstigen Lieferanten hat, muss es einfach möglich sein, dass es über diesen nur noch 80 Prozent anstatt 100 Prozent der Waren bezieht, und dann wiederum 20 Prozent der Waren von einem deutschen oder europäischen Lieferanten annimmt, der vielleicht teurer, aber dafür regional, also näher ist. Ich denke, dass die Lieferkette neu strukturiert wird, indem grundsätzlich Bestände steigen, um sich als Unternehmen abzusichern, und IHR PARTNER FÜR ZEICHNUNGS- UND SONDER TEILE Seit über 150 Jahren beliefern wir die Industrie mit hochqualitativen Verbindungselementen. Neben unserem breiten Angebot an Normteilen, technischen Sortimenten, Werkzeugen und chemischen Produkten stellen kundenspezifische Zeichnungs- und Sonderteile einen besonderen Schwerpunkt dar. Unser erfahrenes Techniker- Team freut sich darauf, Sie mit maßgeschneiderten Verbindungslösungen bei Ihrem Projekt zu unterstützen. ERFAHRENES TECHNIKERTEAM BREITES TECHNOLOGIE- PORTFOLIO Interessiert? Kontaktieren Sie uns Ferdinand Gross GmbH & Co. KG MAXIMALE QUALITÄT UND VERSORGUNGSSICHERHEIT WELTWEITES SOURCING Daimlerstr. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen www.schrauben-gross.de Beschaffung aktuell » 03 | 2023 37

Beschaffung Aktuell