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Beschaffung aktuell 06.2022

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» FERTIGUNGSTECHNIK Gespräch mit Fertigungsplattform, Produzent und Anwender „Was wir uns nicht leisten können, sind schwarze Schafe im Netzwerk“ Laserhub bringt auf seiner gleichnamigen Fertigungsplattform Einkäuferinnen und Einkäufer mit Produktionsunternehmen zusammen. Wie sehen die Prozesse innerhalb des Portals aus und was sind die Vor- und Nachteile? Ein Gespräch mit allen drei Parteien – den Plattform-Experten Christoph Rößner, Nicoletta Caporaletti und Anton Tsuji von Laserhub, dem Anwender Torge Andresen vom Sondermaschinenbauer Anthon sowie Tristan Frerichs vom Lohnfertiger Baumgarten – bot spannende Einblicke. Beschaffung aktuell: Wie stark sind bzw. waren Anthon und Baumgarten von den Engpässen während der Pandemie betroffen? Torge Andresen: Die Situation auf den Beschaffungsmärkten wurde für Anthon im vergangenen Jahr äußerst schwierig. Das ist mitunter ein Grund, weshalb die Zusammenarbeit mit Laserhub zustande gekommen ist. Zum einen war die Belieferung mit Material problematisch. Hinzu kam, dass wir in der Konstruktion viel geändert haben, sodass mehr Blechteile benötigt wurden. Das hat sich gebissen: Kein Material auf dem Markt aber mehr benötigte Teile. Mit La- serhub wurde das wesentlich einfacher. Bisher hatten wir bei der Beschaffung über die Plattform keine Probleme. Tristan Frerichs: Aus Produzentensicht kann ich den Schritt nachvollziehen. Auch wir bei Baumgarten merken, dass viel Bewegung im Markt ist. Das heißt, Rund 100 Produzenten wurden von der Fertigungsplattform sorgfältig ausgewählt und auditiert. Das soll Liefertreue und Qualität sicherstellen. Bild: Laserhub 40 Beschaffung aktuell » 06 | 2022

Lagerbestände, die vor zwei Jahren noch verboten waren, sind heute erwünscht. Christoph Rößner: Und jetzt ist, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, noch einmal mehr Dynamik in die Lage gekommen, die vielen Unternehmen die verlässliche Beschaffung von Teilen erschwert. Wie kann die Plattform Laserhub hier helfen? Rößner: Laserhub übernimmt zwei Themen. Zum einen das Anfrage- und Bestellwesen: Anwender laden ihre CAD- Zeichnungen hoch, wir prüfen die Bauteile auf Produzierbarkeit und geben basierend auf den Parametern sofort einen Preis aus. Innerhalb von wenigen Schritten haben unsere Kunden einen verbindlichen Liefertermin und können direkt online bestellen. Wir kalkulieren an dieser Stelle unabhängig vom Produzenten: Bauteil X darf Summe Y kosten, weil wir die Produktion entsprechend analysieren. Das passiert auf Simulationsbasis und mit immer mehr künstlicher Intelligenz. Im Anschluss, das ist das zweite Thema, suchen wir für das Bauteil aus unserem Lieferanten-Pool den am besten geeigneten Produzenten heraus. Das ist ein zweiter Algorithmus, der teils schon während der Kalkulation greift. Dabei prüfen wir, wie viele Lieferanten mit dem Material und dem Liefertermin zur Verfügung stehen. Und wer bekommt den Zuschlag? Rößner: Das Matching findet statt, nachdem der Auftrag erteilt wurde. Hier greifen verschiedene Ausschlusskriterien: Kann der Lieferant diese Lieferzeiten einhalten? Hat er das Material auf Lager oder kann er es in der Zeit beschaffen? Auch die regionale Nähe und weitere Faktoren wie Reklamationsquote und Liefertermintreue nehmen Einfluss. Darauf basierend wird der passende Lieferant dem Auftrag zugewiesen. Dieser hat ein bestimmtes Zeitfenster, um den Auftrag anzunehmen. Macht er das, kann der Auftrag digital übernommen werden. Wenn nicht, kaskadiert das System weiter zum nächsten geeigneten Lieferanten. Wir stellen den Preis in beide Richtungen – Kunde und Produzent. Bei letzterem kaufen wir auf Zielkosten ein. Das heißt, Laserhub kauft die Teile von den Produzenten und verkauft sie an die Plattformnutzer? Rößner: Korrekt. Wir sind Vertragspartner des Kunden und des Lieferanten. In Richtung Kunde stehen wir entsprechend für Produkt- und Prozessqualität ein und in Richtung Lieferant, dass er pünktlich sein Geld überwiesen bekommt. Herr Andresen, wie sieht der Workflow auf Ihrer Seite aus? Wie tätigen Sie Bestellungen bei Laserhub? Andresen: In unserer Arbeitsvorbereitung wird festgelegt, welche Bauteile beschafft werden müssen. Deshalb ist sie in diesem Fall auch für den Einkauf zuständig. Da ist der direkte Austausch mit den Lieferanten gewünscht. Das ist unüblich, aber wir haben in der Arbeitsvorbereitung das technische Verständnis für die Teile und wissen, wie sie gefertigt werden müssen. Wir laden die Datei in das Portal Die drei Unternehmen Die Laserhub GmbH ist ein B2B-Start-up aus Stuttgart, das eine herstellerübergreifende Beschaffungsplattform für individuelle Metallteile entwickelt hat. Die Plattform deckt dabei Aufträge für die Bereiche Laserschneiden, Biegen, Rohrlaserschneiden, Schweißen und CNC-Drehen ab und beliefert Kunden aus Deutschland, Österreich und Frankreich. Die Anthon GmbH ist ein mittelständischer Maschinenbauer mit Sitz in Flensburg. Das Unternehmen arbeitet mit verschiedenen Industriezweigen, darunter die Plattenherstellung, die Möbel- und die Holzwerkstoffindustrie ebenso wie die Baustoffindustrie. Neben einzelnen Maschinen verantwortet Anthon auch komplette Fertigungsstraßen inklusive Softwarelösung. Baumgarten GmbH & Co. KG ist ein 1907 gegründetes mittelständisches Maschinenbau- und Metallbearbeitungs - unternehmen. Mithilfe einer hohen Fertigungstiefe und der 50 Mitarbeiter werden alle Maschinen/Blechteile am Sitz in Porta Westfalica hergestellt. Das Familienunternehmen verfügt über ein vielfältiges Portfolio aus nationalen und internationalen Kunden. und bekommen sofort Preis und Liefertermin. Vielleicht hätten wir es woanders zu einem anderen Preis bekommen. Aber die Zeit, die wir dadurch einsparen, ist in dem Moment wesentlich wertvoller. Der Workflow ist für uns abgeschlossen, wenn ich auf Bestellen klicke. Etwa vier Wochen später haben wir die Teile auf dem Hof. Herr Frerichs, wie stellt sich der Prozess bei Ihnen dar? Frerichs: Wir bekommen einen Auftrag per Mail zur Prüfung zugewiesen. Dann können wir entscheiden, ob wir diesen zu den genannten Konditionen und Fertigungsparametern fertigen können. Die Daten schauen wir uns davor an, um bei großen Aufträgen entsprechend zu kalkulieren. Generell versuchen wir den Aufwand aber möglichst gering zu halten. Wir erhalten gut aufbereitete Zeichnungen und müssen nicht extra mit der Arbeitsvorbereitung des Kunden telefonieren. Die Daten werden über einen XML-Import direkt von der Plattform gezogen und der Auftrag wird automatisch bei uns im ERP-System ange- Beschaffung aktuell » 06 | 2022 41

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