Unsere Auswahl

Aufrufe
vor 2 Jahren

Projektreise 03/2021

  • Text
  • Caritas
  • Menschen
  • Afghanistan
  • Albanien
  • Flucht
  • Hilfe
  • Frauen
  • Frieden
  • Pakistan

Projektreise

Diözese St. Pölten „Ich habe mein Zuhause mit meiner Frau und meinen zwei Kindern verlassen müssen, da wir nicht mehr sicher sind in Afghanistan. Wir sind jetzt an der pakistanischen Grenze und diese Grenze ist geschlossen. Was sollen wir tun? Bitte helfen Sie uns!” Eine von vielen Stimmen aus Afghanistan Nr. 03 September 2021 Magazin der Caritas-Auslandshilfe mit aktuellen Informationen aus unseren Schwerpunktländern Albanien, Pakistan und Senegal Caritas St. Pölten Aktuell Erscheinungsort St. Pölten Vertreibung. Flucht. Hilfe. Gewaltsame Krisen und ihre Folgen Es kam nicht ganz unerwartet … aber dass es dann doch so schnell ging, war überraschend. Mitte August übernahmen die Taliban nach zwanzigjähriger Pause wieder die Macht in Afghanistan. Innerhalb weniger Tage ist das eingetreten, wovor viele gewarnt hatten, aber bestenfalls in einigen Monaten erwartet wurde. Derzeit kann nicht abgeschätzt werden, wie sich die weitere Entwicklung darstellen wird. Vieles spricht dafür, dass es zu einem längeren Konflikt innerhalb Afghanistans kommen wird. Fix ist, dass eine Dürre das Land heimsucht und etwa die Hälfte der rund 38 Millionen Einwohner des Landes akut von Hunger und Trinkwasserknappheit bedroht ist. Caritas-Präsident Michael Landau hat daher kürzlich aus gegebenem Anlass einen vier Forderungen umfassenden humanitären Aktionsplan präsentiert: 1 | Verstärkung der Hilfe für Binnenflüchtlinge und in den Nachbarländern. „Die Situation in Afghanistan und in den Nachbarländern verlangt die Unterstützung Österreichs. Nothilfe zur akuten Deckung von Bedürfnissen einerseits und Betreuung von Menschen auf der Flucht andererseits sind jetzt unbedingt gefordert.“ 2 | Gemeinsames Vorgehen aller EU- Länder bei Asyl. „Am Ende des Tages kann es keine österreichische, keine französische oder ungarische Lösung, sondern nur eine europäische Lösung in der Flüchtlings- und Migrationsfrage geben. Wer einen Antrag auf Asyl stellt, muss Zugang zu einem fairen Verfahren haben. Das ist nicht verhandelbar und muss in Form des EU-Pakts konkret umgesetzt werden. Wir brauchen legale und sichere Zugangsmöglichkeiten zu Schutz und zwar überall und sofort.“ 3 | Beteiligung der Bundesregierung an humanitären Aufnahmeprogrammen. „Mit Resettlement-Programmen wurden bereits positive Erfahrungen gemacht. Vor diesem Hintergrund und nochmal dringlicher aufgrund der aktuellen Situation in Afghanistan sollte das auch für die aktuelle Bundesregierung möglich sein. Und wann, wenn nicht jetzt?“ 4 | Keine Abschiebungen. „Österreich ist ein Rechtsstaat und hat sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention als auch die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Beide verbieten es, jemanden abzuschieben, wenn im Herkunftsland Tod, Folter oder unmenschliche Behandlung drohen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: „Lasset uns diese Forderungen gemeinsam durchsetzen!“ Autor: Andreas Zinggl Am Wort Andreas Zinggl Programmmanager Pakistan Caritas der Diözese St. Pölten Die Bilder sitzen tief. Trauben von Menschen klammern sich an die Außenseite eines Flugzeugs. Manche lassen nicht mehr aus, bis sie aus großer Höhe herabstürzen. Bilder von den dramatischen Szenen am Flughafen von Kabul, als die letzten NATO-Soldaten Afghanistan verlassen haben. Was muss alles passiert sein, damit es dazu kommt? Wieviel Angst muss jemand in sich tragen, um so etwas zu tun? Zahlreiche Hilferufe sind auch an die Caritas in Österreich ergangen. Hilferufe etwa mit der Bitte, alles zu tun, um auf eine Evakuierungsliste zu kommen. Selbst wenn es der Caritas gelungen wäre, jemanden auf eine solche Liste zu setzen, es hätte bedeutet, dass jemand anderer zurückbleiben hätte müssen. Bei vielen Hilferufen ging es um die Bitte, sich um Angehörige zu kümmern – meistens Frauen und Kinder, die sich irgendwo in Afghanistan versteckt hielten oder am Landweg zu flüchten versuchten. Es waren Hilferufe, denen wir meistens nur ohnmächtig gegenüberstehen konnten. Und es sind Hilferufe vor allem von all jenen Menschen, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten für Demokratie, Menschenrechte, eine funktionierende Justiz, für Frauenrechte, für ein besseres Bildungssystem, für ein Gesundheitswesen, zusammenfassend für Gerechtigkeit eingesetzt haben. Es kann als große Ungerechtigkeit bezeichnet werden, wenn diesen Menschen jetzt nicht geholfen wird. Wenn wir dann in diesem Zusammenhang hören, Österreich könne niemandem Asyl gewähren, weil in der Vergangenheit eh schon wer Asyl bekommen hat und dies ein falsches Signal wäre, und wenn wir hören, dass man in so einer Situation noch immer an Abschiebungen denkt, meine ich, ist den Fundamentalisten der Welt genau das gelungen, wovor sich manche in Europa schützen wollen: dem Verlust europäischer Werte, der Missachtung von Menschenrechten, der Geringschätzung christlicher Nächstenliebe.

© 2020 by Yumpu