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Quality Engineering 01.2023

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IM FOKUS » KI Um zu

IM FOKUS » KI Um zu erklären, welchen Wert eine Predictive- Quality-Lösung wie Ares bietet, nennt er beispielhaft einen Anwendungsfall. Bei diesem geht es darum, ein bestimmtes Fehlerbild — konkret einen k-förmigen Kratzer – auf der Oberfläche eines metallischen Bauteiles hervorzusagen. Das System ist nicht nur dazu in der Lage. Es identifiziert zusätzlich auch die wichtigsten Einflussgrößen. Der Nutzer erhält also auch die Information, welche Parameter er ändern muss, um die anvisierte Qualität zu erhalten. „Man gewinnt auf Basis der Daten Prozesserkenntnisse, die man dann wieder einfließen lässt, sagt Ohlenforst. Wenn die Prozessexperten im Unternehmen sehen, dass diese Erkenntnisse mit den eigenen Erfahrungen übereinstimmen, gewinne man schon mal deren Vertrauen in die Predictive-Quality- Software, berichtet der Iconpro-Geschäftsführer. Das System könne aber noch mehr. Auf Basis des Modells, das man erhalten hat, lässt sich nun ein weiteres trainieren. „Das System hat ja jetzt gelernt, welche Einstellungen zu welchem Ergebnis führen“, so Ohlenforst. „Das neue Optimierungsmodell kann dann auch erkennen, wie diese geändert werden müssen.“ Ares gibt dem Anwender also Empfehlungen, wie seine Prozessparameter aussehen sollten, um die Qualität zu verbessern. Mit seiner Technologie ist Iconpro auch am Projekt Irlequm beteiligt, das 2021 vom WZL gestartet wur- »Der Wert von Predictive Quality liegt nicht in den Daten selbst, sondern in dem generierten Wissen, da dieses unmittelbar in die Entscheidung miteinfließt.« Max Ellerich, WZL, RWTH Aachen de. Dabei geht es darum, mit Hilfe von KI-Methoden wie Reinforcement Learning und Transfer Learning Qualitätsregelkreise in der Massivumformung zu entwickeln. Dort führen Instabilitäten durch externe Einflussgrößen sowie unbekannte Wirkzusammenhänge zwischen Prozessparametern oder Qualitätsmerkmalen von Produkten trotz vorhandener Prozessregelungen häufig zu Ausschuss. Den Ausschuss einer Fertigung zu reduzieren, sieht Ohlenforst auch als den größten Nutzen, den man durch Predictive Quality erzielen kann. Das betreffe sowohl die Serienproduktion als auch die Rampup-Phase. Daneben sorgen Predictive-Quality- Lösungen dafür, Prüfaufwände zu reduzieren. Außerdem bieten entsprechende Systeme bei Produkten mit einer hohen Wertschöpfungstiefe einen besonderen Vorteil. „Wenn auf dem Weg bis zum fertigen Produkt dank Predictive Quality klar wird, dass man Probleme mit der Qualität bekommt, lässt sich die weitere Wertschöpfung stoppen.“ Erfolg der KI hängt von der Datenmenge ab Seinen Nutzen entfaltet Predictive Quality vor allem in Fertigungsprozessen mit großen Losgrößen. Denn wie immer beim Einsatz von künstlicher Intelligenz ist der Erfolg davon abhängig, wie viele Daten zur Verfügung stehen. „Man braucht schon eine gewisse Das Aachener Start-up Gemineers hat mit seiner Predictive-Quality- Lösung die zerspanende Industrie im Visier. Bild: Fraunhofer IPT/Paperplane Productions 20 Quality Engineering » 01 | 2023

Bild: Iconpro Eine möglichst große und konsistente Datenmenge sei Voraussetzung für Predictive Quality, sagt Markus Ohlenforst. Grundmenge an Daten. Und die sollten möglichst konsistent sein“, so Ohlenforst. Schließlich sei eine Prognose nicht möglich, wenn die Teile, um die es geht, immer wieder verschieden sind. Wie groß die Datenmenge sein muss, hänge aber immer vom individuellen Fall ab. Das Potenzial von Predictive Quality will auch Gemineers nutzen. Das Startup ist eine Ausgründung des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnologie (IPT). Dort wurden auch die ersten Entwicklungen für die Software durchgeführt, die das Unternehmen nun anbietet. Das System, dessen Einsatzfeld die zerspanende Industrie ist, arbeitet mit einem digitalen Zwilling, um die Bauteilqualität noch während der Fertigung vorherzusagen. Der digitale Zwilling des gefertigten Bauteils kann mit dem vorab erstellten CAD-Modell abgeglichen werden, sodass sich Abweichungen zwischen Modell und Bauteil schnell erkennen lassen. Gleichzeitig erleichtert die Software auch die herkömmliche Qualitätssicherung, da der Blick zielgerichtet auf kritische Bauteilbereiche gelenkt werden kann. Den digitalen Zwilling des Bauteils erstellt die Software auf Basis der internen Daten der Produktionsmaschinen und – auf Wunsch – zusätzlicher Sensoren. Anhand dessen lassen sich dann verwertbare Informationen zur Qualität des Bauteils ableiten. Ein laut Gemineers Alleinstellungsmerkmal der Software liegt in den entwickelten Modellen. Diese bilden die Wechselwirkungen im Zerspanprozess ab – wie beispielsweise Positionsabweichungen der Maschine, Prozesskräfte, den Werkzeugverschleiß und die Bauteil-und Werkzeugabdrängung. Die aufbereiteten Informationen werden direkt in der Maschinensteuerung, auf einem Tablet oder anderen Geräten anhand des digitalen Zwillings dargestellt. Der Mensch trifft immer noch die Entscheidungen Mit dem Werkzeugbau der Firma Gedia Gebrüder Dingerkus habe Gemineers gerade einen Demonstrator gefertigt, berichtet Marcel Wilms, Mitgründer und Head of Business Development. „Unseren erstellten Digitalen Zwilling für die Nutzung von Predictive Quality haben wir mit einer klassischen optischen Messung verglichen. Der Kunde war sehr begeistert von den Ergebnissen und will weiter mit uns zusammenarbeiten.“ Iconpro-Chef Ohlenforst berichtet von einer wachsenden Nachfrage nach Predictive Quality. Der Nutzen der entsprechenden Lösungen sei sehr deutlich zu sehen, ein Business Case lasse sich einfach berechnen. Die Prozessexperten müssten auch keine Bedenken haben, die Kontrolle an die Software abzugeben. Er betont, dass trotz KI der Mensch immer die Entscheidungen trifft. Ohlenforst: „Das System schlägt die Prozesskorrektur nur vor. Deren Durchführung muss der dafür Verantwortliche freigeben.“ Digitaler Zwilling deckt Abweichungen auf Webhinweis Am Stand von Quality Engineering auf der Control 2022 hat Markus Ohlenforst im Interview über Voraussetzungen und Nutzen von Predictive Quality gesprochen und erklärt, wie sich künstliche Intelligenz sinnvoll einsetzen lässt. http://hier.pro/HnWFO Quality Engineering » 01 | 2023 21

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