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2016-3 REISE und PREISE

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DEM. REPUBLIK KONGO DIE

DEM. REPUBLIK KONGO DIE REPORTAGE Auf den riesigen Schubverbänden wird gegessen, gehandelt, geboren und gestorben (links). Übersichtliches Platzangebot an Bord (rechts) der Welt stehen, ist jedes Schiff, und sei es noch so langsam, verrostet und überladen, ein verlässliches Verkehrsmittel. Immer wieder weichen Molokai und Rigo riesigen Schubverbänden aus. Sie sind mehrere hundert Meter lang und 2.000 PS stark. Hoffnungslos überfüllt mit Mensch und Tier treiben diese schwimmenden Dörfer träge auf dem Fluss. Die Menschen kampieren auf den Holzstapeln. Bis zu 2.000 Passagiere finden auf einem einzigen Schiff Platz. Apathisch liegen sie in der feuchten Hitze. Es riecht nach Holzkohle, Schweiß und selbstgebranntem Schnaps. 30 Tage dauert die Fahrt von Kinshasa nach Kisangani, häufig auch länger. Auf den Schubverbänden haben sie komplette Städte eingerichtet mit Küchen, Ärzten, Polizei. An Bord werden Kinder geboren, sterben Menschen. Alles, was es sonst nicht im Kongo zu kaufen gibt: Hier ist es erhältlich. Vom Kugelschreiber bis zum Kondom. Von der Zahnbürste bis zur Socke. Dazwischen: Ziegen, Hühner, Schweine, die Saat für ein halbes Jahr. Gegen die Schubverbände auf dem Fluss wirkt unsere Piroge wie ein Ferrari. Sie machen fünf Kilometer pro Stunde, wir etwa 15. Doch immer wieder müssen wir am Ufer Halt machen, weil irgend jemand Geld von uns will. In einem Land voller Korruption betteln selbst die Polizisten. Bei Lekana springen zwei Männer mit Sturmgewehren und Tarnanzügen auf die »HB Bonobo«. Sie mustern unser Gepäck und blicken grimmig drein. Die Hafenvorsteher der Direction Générale de Migration bekommen so wenig Sold, dass sie sich es von den Kapitänen wiederholen. Und von den Passagieren. Besonders, wenn es Weiße sind. Eine gefühlte Ewigkeit verhandelt Molokai den Preis. Die Positionen sind verhärtet. 100 US-Dollar pro Weißem stehen gegen zehn. Am Ende einigen sich beide auf zehn Dollar und ein paar Zigaretten. Ein fairer Deal. Grollendes Gewitter über dem Fluss Als am Abend die Sonne untergeht, leuchtet der Himmel über dem Fluss kupferfarben. Wir dösen auf den Plastikstühlen, während das Licht weicht. Doch nicht allzu lange, denn in der Dämmerung wird der Kongo zur Tropenhölle. Als es dunkel ist, sind wir von den Moskitos leergesaugt. Dann kündigen sich grollende Gewitter an. Wie aus dem Nichts fegen aus allen Himmelsrichtungen Blitze heran. Für Sekundenbruchteile ist der Kongo beleuchtet wie eine Märchenlandschaft. Es bläst mit acht Windstärken. Auf dem Boot wird es ungemütlich. Der Regen prasselt waagrecht unters Dach. Die Abdeckung peitscht gegen die Stangen. Wir zittern, schweigen, beten. Doch nichts hilft. Der Holzboden steht unter Wasser. Binnen Minuten ist alles durchweicht. Es ist verboten, den Kongo bei Nacht zu befahren, weil es zu gefährlich ist. Doch niemand schert sich um das Verbot. Irgendwann allerdings winkt Molokai ab. Seit Stunden sitzt er vorne und starrt ins Dunkel. »Es geht nicht mehr. Ohne Mond ist es unmöglich, die Stämme zu sehen. Und wenn dich einer davon erwischt, rettet dich niemand mehr.« Rigo steuert das Boot jetzt nach rechts, an Land. Wir machen an einem kleinen Kai fest. Was es heißt, ein Zelt im Regen aufzubauen: Jeder kennt das. Was es heißt, ein Zelt in einem Tropengewitter aufzubauen: Man will es besser nicht wissen. Es sind europäische Zelte. Sie sollen wasserdicht sein. Ein schlechter Witz. Alles ist nass, als wir in die Schlafsäcke kriechen. Molokai zahlt einen Obulus an den Dorfältesten, der wild gestikulierend draußen steht. Wie viel? Molokai gibt es nicht preis. Flussgeheimnis. Noch vor Sonnenaufgang hat sich der Sturm gelegt. Im Morgenlicht sieht der Kongo freundlicher aus. Am Ufer dampfen jetzt die Feuer vor den Strohhütten. Rigo kocht Tee, spießt gegrillte Kochbananen auf ein Messer und hält sie uns hin. Als die Sonne über die Urwaldriesen steigt, passiert die »HS Bonobo« die Mündung des Kwa, des größten Zuflusses des Kongo. Hier gibt es extreme Strömungen. Das Boot wird durchgeschüttelt wie eine Nuss-Schale auf hoher See. Einmal schwappt eine mannshohe Welle über die Planken: Wieder stehen wir bis zu den Knien im Wasser. Dann sind wir aus dem Gröbsten raus. Nach mehr als 30 Stunden nähern wir uns Tshumbiri. Ein Ort ohne Straßen, Autos, Strom und Gesetze. Über wackelige Planken balancieren wir an Land. Wir haben es geschafft, dieses Ungetüm von Fluss zu bezwingen und sind überglücklich. Wer den Kongo befahren hat, den lässt der Fluss nicht mehr los. Und der trägt Bilder in sich, die nicht verblassen. Der bis zu 13 Kilometer breite Strom ist länger als das gesamte Straßennetz des Landes 56 REISE & PREISE 3-2016

INFO Kongo Fläche: 2.344.858 qkm Einwohner: 79 Mio. Hauptstadt: Kinshasa (11,5 Mio ) Religion: 80 % Christen, 10 % Muslime Zeitverschiebung: –1 bis + 1 Std., je nach Region Netz: 220 Volt EiNREisE Das Visum ist bei der Bridge Corporation zu beantragen (030- 80920322, www.bridge.corpora tion.com, € 149 für 1 Monat). Der Reisepass muss noch mind. 6 Monate über das Ausreisedatum hinaus gültig sein. gElD Währung ist der Kongo-Franc (CDF). € 1 = 1 CDF (Stand 6/2016). gEsuNDHEiT Gelbfieberimpfung erforderlich und Malaria-Prophylaxe ratsam, außerdem Impfschutz gegen Polio, Tetanus, Hepatitis, Diphtherie und Keuchhusten. BEsTE REisEZEiT Der Großteil des Kongos hat tropisches Klima, deutlich kühler ist der gebirgige Osten. Beste Reisezeit ist die Trockenzeit, nördlich des Äquators Dezember bis Februar, südlich von April bis Oktober. sPRaCHE Mit der Amtssprache Französisch kommt man sehr gut durch. Fürs Smartphone: QR-App downloaden, Code abfotografieren und Info-PDF aufs Handy herunterladen. REisE-oRgaNisaTioN Zwar ist es möglich, die Demokratische Republik Kongo individuell zu bereisen, empfehlenswert ist dies aber keinesfalls. Die Sicherheit durch einen Reiseveranstalter ist definitiv vorzuziehen. Wer eine organisierte Tour bucht, für den ist das Risiko, entführt oder ausgeraubt zu werden, relativ überschaubar. Eine Kongo-Flusstour wird von verschiedenen Veranstaltern angeboten: Bei Diamir Erlebnisreisen (0351- 312077, http://diamir.de) ist u. a. eine 15-tägige Gruppenreise ab € 4.150 buchbar. Inklusive: Fernflug, Besuch von Kinshasa, der Bonobo-Schutzstation Lola ya Bonobo, 3-tägige Bootsfahrt auf dem Kongo, Bonobo-Beobachtung in Malebo. Der britische Veranstalter Undiscovered Destinations (0044-191-296- 2674, www.undiscovered-destina tions.com) bietet Touren auf dem Fluss an, z. B. 29 Tage von Mbandaka über Lisala nach Kisangani (ab/bis Kinshasa, € 5.505). Wild Frontiers (0044-20-7736- 3968, www.wildfrontierstravel. com) startet am 4.9.2016 die abenteuerliche 30-tägige Kleingruppenreise »In the Footsteps of Stanley«. Sechs bis zwölf Teilnehmer begeben sich auf die Spuren von Joseph Conrads »Herz der Finsternis« von Kisangani nach Kinshasa. Die Reise kostet inkl. Vollpension € 8.498. Wer sich an einen kongolesischen Anbieter wenden möchte: Einer der wenigen verlässlichen ist Go Congo in Kinshasa (00243-81- 1837010, www.gocongo.com). uNTERkuNFT Die Hotelinfrastruktur ist sehr schlecht. In den größeren Städten wie Kinshasa, Kisangani und Goma gibt es einige Hotels, die für Weiße sicher sind. kinshasa: Gut, günstig und vor allem sicher ist das »Hotel Pour vous« im Zentrum (22 Avenue du Tchad, 00243-81-9521- 333, www.hotelpour vous.com, EZ/DZ ab € 88). Kleines Restaurant im Hof. EssEN & TRiNkEN In den großen Städten gibt es eine Vielzahl von Restaurants. Zu den besten gehört das Restaurant »Le Cercle Gourmand« in Kinshasa beim Golf-Club (mediterrane und afrikanische Gerichte, Hauptgericht ab US$ 20). Auf dem Land isst man meist in kleinen Hütten an der Straße, z. B. Pondu, fein geschnittene, gekochte Maniokblätter, die in Palmöl angebraten werden. Oft kommt Pondu auch als Beilage zu Fleisch (großer Teller ab US$ 1). An Flüssen wird auch Fisch gegessen, meist scharf gewürzt. iM laND uNTERwEgs Wer in Kinshasa mit dem Taxi fahren will, der bucht dies aus Sicherheitsgründen am besten nur im Hotel oder am Flughafen für US$ 5–10 für eine einfache Fahrt oder US$ 15 pro Stunde. Einzige wirklich funktionierende Verkehrsader von West nach Ost ist der Fluss, es ist aber nicht empfehlenswert, den Fluss als Tourist individuell zu bereisen. Alternative ist das Flugzeug, z. B. die Compagnie Africaine d'Aviation (www.caacongo.com) und Air Tropiques (www.airtropiques.com). akTiViTÄTEN kinshasa und umgebung: In der Auffangstation Lola ya Bonobo Das kosTET DER Flug Wer in den Kongo will, entscheidet sich am besten für Brussels Airlines (ab € 606) oder für Ethiopian Airlines (ab € 616). Dritte Option ist Kenia Airways (ab € 701). Alle anderen Fluggesellschaften sind zu lange unterwegs. Flug ab € 606 Preisvergleich von 50 Portalen World-of-Flights.de (»Paradies für Bonobos«) wird verwaisten Menschenaffen und solchen, die auf Märkten verkauft oder in Privathaushalten gehalten wurden, geholfen. Viele werden später wieder ausgewildert. In ihren riesigen, artgerechten Gehegen auf 52 Hektar Primärwald können sie aus nächster Nähe beobachtet werden (www.lolayabonobo.org, Eintritt US$ 10). Lohnend ist auch ein Besuch des Musée National de Kinshasa (Avenue 24 du Novembre, Eintritt US$ 5). kisangani: Hier sollte man sich die Fischer an den Wagenia-Fällen ansehen. siCHERHEiT Informieren Sie sich vor eine Reise in die D.R. Kongo über die aktuelle Sicherheitslage auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes (www.auswaertiges-amt.de). Derzeit gilt eine Teilreisewarnung in einige der östlichen und nordöstlichen Landesteile. Individualreisenden wird geraten, sich in die Deutschenliste der Deutschen Botschaft Kinshasa einzutragen (http://elefand.diplo.de). Bis zum November finden verschiedene Wahlen statt, daher sollte man in Kinshasa Menschenansammlungen meiden. REisEFÜHRER »Congo – Democratic Republic, Republic«, Bradt Travel Guide 2012, € 17,95. einfach einfache Mittelklasse gehobene Mittelklasse anspruchsvoll INFO.REISE-PREISE.DE – Direktlinks zu allen Hotelempfehlungen und Tipps. Meta-Preisvergleiche für Flüge, Mietwagen etc. NEBENkosTEN Das kostet der Urlaub Mindestausgaben bei einfachen bis mittleren Ansprüchen inkl. ½ Doppelzimmer Tagesetat us$ 100 Preise pro DZ einfach us$ 30–50 mittel us$ 50–100 gehoben ab us$ 100 Frühstück ab us$ 3 Lunch/Snack us$ 3–10 Dinner us$ 10–30 Softdrink us$ 0,50–3 Saft us$ 0,50–3 Bier us$ 2–5 Mietwagen (mit Fahrer) ab us$ 120/Tag Airporttransfer us$ 50 REISE & PREISE 3-2016 57

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