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Taxi Times Berlin - Juni 2017

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WETTBEWERB AUSSER

WETTBEWERB AUSSER KONTROLLE, TEIL 2 Einen Nebensatz einer vierseitigen Geschichte verbieten zu lassen, ändert nichts am Kern unseres Artikels: Ein Netzwerk steuert gezielt Taxikunden in den Mietwagensektor. Am 25. Mai war die Taxi-Times-Welt nicht wie sonst: Im Morgengrauen rückten in Berlin Lieferwagen aus, um die April-Ausgabe 2017 wieder einzusammeln. Wer die Taxi Times Berlin sonst an die Adressen lieferte, wo sie für Interessierte ausgelegt wird, der fuhr nun den umgekehrten Weg, um sie dem Schredder zuzuführen. Was war passiert? Unsere treuen Leserinnen und Leser wissen, dass wir in der Berliner April-Ausgabe auf den Seiten 6 bis 8 unter dem Titel „Außer Kontrolle“ ein Netzwerk beleuchteten, in dem mit System Taxikunden in Mietwagen gesteuert werden. Auf Seite 9 stellten wir dieses Netzwerk nochmals auszugsweise bildlich dar, wobei wir zeigten, welche Akteure darin eine zentrale Rolle spielen. Die Beiträge waren sorgsam recherchiert und bilden die Realität ab. Nur wenige Tage nach dem Erscheinen der April-Ausgabe wurde der Taxi Times Verlag mit drei nahezu wortgleichen Anwaltsschreiben konfrontiert. Im Auftrag der im Beitrag genannten Herren Mertyüz, Luksch und Müller forderten die Anwälte umfangreiche Gegendarstellungen und die Abgabe diverser Unterlassungserklärungen. Interessant war, dass im Beitrag eine enge Zusammenarbeit dieser Herren gar nicht direkt angesprochen worden war. Alle drei ließen sich vom selben Anwalt vertreten, die Schriftstücke waren – bis auf die Namen der Betroffenen – nahezu identisch. Sitzen sie im selben Boot? Wenn aus dieser Ecke jetzt behauptet wird, wir würden lügen, wirkt das wie der Reflex eines Ertappten. Die Reaktion der Sich-zur-Wehr- Setzenden könnte als weiterer Beleg für die Stichhaltigkeit unserer sonstigen Darstellungen interpretiert werden. Während Mertyüz seine Ansprüche nicht mehr weiterverfolgte, reduzierten Luksch und Müller ihre Ansprüche auf einen Nebensatz. Am 24.05.17 erging der Beschluss des Landgerichts, dass wir eine bestimmte in der Regionalausgabe Taxi Times Berlin 02-2017 vom April 2017 veröffentlichte Behauptung ab sofort so nicht mehr darstellen dürfen. Daraufhin mussten sämtliche noch ausliegende Exemplare der Ausgabe unverzüglich eingesammelt und geschreddert werden. Unser Anwalt schloss die Angelegenheit mit folgendem Schreiben an die Gegenseite ab: „Wir stellen fest, dass Ihr Mandant seine zunächst weitreichenden Ansprüche nunmehr auf die Unterlassung lediglich einer einzigen Aussage im Nebensatz beschränkt hat und allein diese zum Gegenstand seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Berlin gemacht hat. Obgleich meine Mandantin davon ausgeht, dass es sich hier nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt, erscheint es rein pragmatisch gesehen nicht lohnenswert, zu dieser einen im Nebensatz enthaltenen Aussage einen Rechtsstreit zu führen.“ Wir werden selbstverständlich weiter verfolgen, wie sich das von uns beschriebene Netzwerk entwickelt. Die Reaktionen der Betroffenen, aber auch der Leserinnen und Leser, haben uns gezeigt, dass wir an den richtigen, für unsere Leserschaft wichtigen Themen dran sind. tt ERFOLGREICHE KONTAKTAUFNAHME DURCH TAXI24 Im Herbst 2016 gründeten diverse Taxizentralen aus Europa und Kanada in Paris die Initiative „Taxis4smartCities“. Zu den Gründungsmitgliedern zählte auch Taxi Berlin (TZB). Bei der Vertragsunterzeichnung ließ sich TZB-Geschäftsführer Hermann Waldner von seinen damaligen Mitarbeitern Luksch und Müller in Paris vertreten. Im Frühjahr 2017 trafen sich nun Vertreter der Taxis4smart– Cities-Initiative, unter anderem der Wiener Zentrale 31300 und der Genfer Taxizentrale zu weiteren Gesprächen in Berlin. Gastgeber war nicht etwa die TZB, sondern Taxi24, die von der Gruppe als neues Mitglied aufgenommen wurde. Auf den von Taxi24 dazu veröffentlichten Fotos sind Luksch und Müller zu sehen. Somit liegt der Verdacht nahe, dass beide auf diesen Fotos das Unternehmen Taxi24 repräsentieren. Vielleicht waren beide bei den Fototerminen aber auch rein zufällig anwesend und durften einfach so mit auf das Foto … FOTO: Facebook FOTO: pixabay.com 12 JUNI / 2017 TAXI

RECHT WER AUSSTEIGT, VERLIERT Diese Weisheit trifft immer noch zu und bezieht sich auf unschöne Vorkommnisse im Straßenverkehr. FOTO: Facebook FOTO: pixabay.com Sie wollen eine Dame aufnehmen, die nach einer Taxe winkt. Neben ihr steht ein großer Koffer. Da der Ladevorgang bei Ihnen i mmer recht schnell geht, nehmen Sie in Kauf, dass Sie kurz auf dem Radfahrschutzstreifen stehen. Gerade als Sie aussteigen wollen, um der Dame das Gepäck abzunehmen, kommt von hinten ein Radfahrer angebraust. Da Ihr Fahrzeug auf dem Schutzstreifen steht, kann er nicht weiterfahren und muss einen Bogen um Ihr Fahrzeug machen. Noch im Vorbeifahren haut der Radfahrer zwei Mal mit der flachen Hand auf Ihre Kofferraumklappe. Sie ärgern sich, laden schnell das Gepäck ein und geben Gas, damit Sie es mit Ihrem Fahrgast pünktlich zum Flughafen schaffen. BLOSS NICHT PROVOZIEREN LASSEN Durch zügige Fahrweise gelingt es, Zeit gut zu machen. Wenig später sehen Sie den Radfahrer an der Ampel stehen. Sie rufen ihm zu, dass er nicht auf Ihrem Taxi herumzuprügeln habe. Der Radfahrer grinst nur. Dieses Grinsen quittieren Sie mit dem „Scheibenwischer“, um ihm mitzuteilen, was Sie von ihm halten. Einen „Stinkefinger“ schicken Sie hinterher. Dies bleibt nicht ohne Reaktion, denn der Radfahrer spuckt auf die Windschutzscheibe des Taxis. Während die Spucke langsam an der Scheibe herabläuft, reißen Sie die Tür auf und stürmen in Richtung des Radfahrers, um diesen „zur Rede zu stellen“. Es gibt ein kurzes Handgemenge, in dessen Verlauf Sie den Radfahrer schubsen. Er stürzt zu Boden und verstaucht sich die Hand. Währenddessen hat Ihr Fahrgast bereits die Polizei gerufen, die dann auch wenig später eintrifft. Ihr Fahrgast stellt sich als Zeugin zur Verfügung und sagt den Polizisten, dass Sie dem Radfahrer „Scheibenwischer“ und „Stinkefinger“ gezeigt und ihn umgeschubst haben. Der Radfahrer bestätigt das. Sie versuchen den Polizisten zu erklären, dass Sie zum Laden kurz auf dem Schutzstreifen standen, der Radfahrer vorbeigeradelt kam und dabei zwei Mal kräftig auf die Kofferraumklappe Ihres Fahrzeugs haute. Sie berichten den Polizisten auch, dass der Radfahrer Ihr Taxi angespuckt hat. Die Polizeibeamten hören sich Ihre Version der Geschichte mit großem Interesse an. Zuvor hatte man Sie darüber belehrt, dass Sie in Verdacht stehen, mindestens zwei Straftaten begangen zu haben, und zwar einmal eine Beleidigung und zum anderen eine Körperverletzung. Zugegeben, mein Beispiel ist schon recht heftig, aber Auseinandersetzungen mit Radfahrern nehmen zu, und wenn eine solche Auseinandersetzung derart eskaliert, ist „Feuer unterm Dach“. Die Polizeibeamten werden eine Anzeige schreiben – der Radfahrer hat zuvor gegenüber den Polizeibeamten erklärt, dass er Strafanzeige gegen Sie erstatten und auch Strafantrag stellen möchte. Dann wird die Amtsanwaltschaft Berlin durch die Polizei von dem Vorfall informiert. Eine Amtsanwältin oder ein Amtsanwalt schaut sich in der Akte an, was die Polizeibeamten zu Papier gebracht haben, und liest, was Ihr Fahrgast und der Radfahrer ausgesagt haben. Nach dieser „Aktenlage“ wird die Amtsanwältin oder der Amtsanwalt in der Regel einen Antrag an das zuständige Amtsgericht Tiergarten stellen und beantragen, Ihnen die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen (111a StPO). In 111a StPO steht: „Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Fahrerlaubnis entzogen werden wird (§69 des Strafgesetzbuches), so kann der Richter den Beschuldigten durch Beschluss die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen.“ SCHWEIGEN IST (GEGENÜBER DER POLIZEI) GOLD Die Richterin oder der Richter wird – wie üblich – diesem Antrag folgen und den Beschluss erlassen. Das Gericht wird dies mit Ihrer charakterlichen Ungeeignetheit begründen, Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, da Sie ja beleidigt und geschubst haben. Ist ein solcher „111 a-Beschluss“ erst einmal ergangen, wird er in aller Regel bis zur Gerichtsverhandlung nicht mehr aufgehoben. Bis dahin stehen Sie ohne Fahrerlaubnis da. Auch bei diesem „Super-GAU“ gibt es für den Rechtsanwalt Ansätze, zumindest das Schlimmste – die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis – abzuwenden, wenn es gelingt, die Amtsanwältin oder den Amtsanwalt davon zu überzeugen, den Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu stellen. Hierzu sind Aktenkenntnis und Fingerspitzengefühl gefragt. Äußerst hilfreich ist es, wenn Sie gegenüber der Polizei überhaupt keine Angaben zur Sache gemacht haben, sondern die Angelegenheit an den kundigen Anwalt geben. dh Einen kühlen Kopf, nicht nur in der heißen Sommerzeit, sondern auch in sonst allen stressigen und brenzligen Situationen wünscht Ihnen Ihr Rechtsanwalt Daniel Herbst TAXI JUNI/ 2017 13

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