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Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

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dannhauer,<br />

Jahrgang 1983, stu<strong>die</strong>rte<br />

Politikwissenschaft<br />

an der Carl-von-Ossietzky-<br />

Universität Oldenburg<br />

und Geschichte an der<br />

Universität Bremen.<br />

Stu<strong>die</strong>nschwerpunkte<br />

waren politische Soziologie<br />

sowie <strong>die</strong> Geschichte<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts<br />

mit einem Fokus auf Politik-<br />

und Schifffahrtsgeschichte.<br />

Überraschenderweise war Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts<br />

der weltweit größte Handels- und Verarbeitungsplatz für Reis.<br />

Einen entscheidenden Beitrag dazu lieferte <strong>die</strong> Bremerhavener<br />

Schiffbauer- und Reederfamilie Rickmers, <strong>die</strong> Reis erst als Transportgut<br />

für sich entdeckte, 1872 eine Reismühle kaufte und<br />

Bremen in der Folge zu einem der wichtigsten Orte der internationalen<br />

Reisindustrie machte. Obwohl der Rohstoff in Amerika<br />

und Asien bezogen werden musste, war Norddeutschland <strong>die</strong><br />

<strong>zentrale</strong> Drehscheibe <strong>die</strong>ser Industrie.<br />

In einer globalisierungsgeschichtlichen Betrachtungsweise gelingt<br />

es, ökonomische, politische, technische und soziale Entwicklungen<br />

und Zusammenhänge zwischen Reisproduzenten und Reishändlern,<br />

der entstehenden Industrie und den Konsumenten aufzuzeigen.<br />

In <strong>die</strong>sem Buch werden Strukturen auf mehr als drei Kontinen-^"<br />

ten betrachtet, <strong>die</strong> sich deutsche Kaufleute und Reeder nutzbar<br />

machten, um sich im internationalen Reisgeschäft zu etablieren.<br />

Andreas Rickmers schuf ein Firmenimperium, das im wahrsten


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Deutsches<br />

Schiffahrtsmuseum


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Deutsche Maritime Stu<strong>die</strong>n<br />

Schriftenreihe des<br />

Deutschen Schiffahrtsmuseums, Bremerhaven<br />

Herausgegeben von Lars U. Scholl<br />

Band 1:<br />

Band 2:<br />

Band 3;<br />

Band 4:<br />

Band 5:<br />

Band 6:<br />

Band 7<br />

Hartmut Rübner<br />

Konzentration und Krise<br />

der deutschen Schiffahrt<br />

Maritime Wirtschaft und Politik im Kaiserreich,<br />

in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus<br />

Peter Doepgen<br />

Die Washingtoner Konferenz,<br />

das Deutsche Reich und <strong>die</strong> Reichsmarine<br />

Deutsche Marinepolitik 1921 <strong>bis</strong> 1935<br />

Stephan Cramer<br />

Riskanter segeln<br />

Innovative Sicherheitssysteme im 19. Jahrhundert<br />

und ihre unbeabsichtigten Folgen am Beispiel<br />

der nordwestdeutschen Segelschifffahrt<br />

Gerd Wegner<br />

in den rauhesten nördlichen Gegenden<br />

Naturkundliche Betrachtungen zur Förderung des<br />

Seehandels und des Walfangs im 18. Jahrhundert<br />

Lars U. Scholl & David M. Williams (eds.)<br />

Crisis and Transition<br />

Maritime Sectors in the North Sea Region<br />

1790-1940<br />

8* North Sea History Conference, Bremerhaven<br />

2005<br />

David J. Starkey, Jon Th. Thor,<br />

Ingo Heidbrink (eds.)<br />

A History of the North Atlantic Fisheries<br />

Voi. 1: From Early Times to the<br />

Mid-Nineteenth Century<br />

Hajo Neumann<br />

Vom Forschungsreaktor zum „Atomschiff“<br />

Отто H ahn<br />

Die Entwicklung von Kernenergieantrieben für<br />

<strong>die</strong> Handelsmarine in Deutschland<br />

Melanie Leonhard<br />

Die Unternehmerfamilie Rickmers 1834-1918<br />

Schiffbau, Schifffahrt, Handel<br />

Jörn Lindner<br />

Schifffahrt und Schiffhau<br />

in einer Hand<br />

Die Firmen der Familie Rickmers 1918-2000<br />

: Kai Kahler<br />

Zwischen Wirtschaftsförderung und<br />

Wirtschaftsbetrieb<br />

Hamburgs öffentlicher Hafenbetrieb im Wandel<br />

1910-1970: Von staatlicher Kaiverwaltung in den<br />

freien Wettbewerb<br />

Band 11:<br />

Band 12:<br />

im Widerstreit 1933 <strong>bis</strong> 1940/41<br />

Band 13:<br />

Band 14:<br />

Band 17:<br />

Judith Kestler<br />

Kriegsgefangenschaft und Weltreise<br />

Untersuchungen zur Biographie eines unfreiwilligen<br />

Teilnehmers am Zweiten Weltkrieg<br />

Stefan Kiekel<br />

Die deutsche Handelsschifffahrt<br />

im Nationalsozialismus<br />

Unternehmerinitiative und staatliche Regulierung<br />

Andrea Mehrländer<br />

Mit Kurs auf Charleston, S.C.<br />

Kapitän Heinrich Wieting und<br />

<strong>die</strong> deutsche Auswanderung nach South Carolina<br />

im 19. Jahrhundert<br />

Teil 1<br />

Andrea Mehrländer<br />

Mit Kurs auf Charleston, S.C.<br />

Kapitän Heinrich Wieting und<br />

<strong>die</strong> deutsche Auswanderung nach South Carolina<br />

im 19. Jahrhundert<br />

Teil 2<br />

Band 15: Katharina Jantzen<br />

Cod in Crisis?<br />

Quota Management and the Sustainability<br />

of the North Atlantic Fisheries, 1977-2007<br />

Band 16: Andreas Kunz/Lars U. Scholl (Hg.)<br />

Die deutsche Seeschifffahrt 1821-1989<br />

Ein Datenhandbuch<br />

Nicole Hegener/Lars U. Scholl (Hg.)<br />

Vom Anker zum Krähennest<br />

Nautische Bildwelten von der Renaissance<br />

<strong>bis</strong> zum Zeitalter der Fotografie<br />

Band 18: Melanie Sulzer<br />

Soziale Sicherungssysteme in der<br />

Seeschifffahrt<br />

Von der berufsständischen Armenfürsorge<br />

zur See-Sozialversicherung<br />

Band 19 David J. Starkey, Ingo Heidbrink (eds.)<br />

A History of the North Atlantic Fisheries<br />

Voi. 2: From the <strong>1850</strong>s to the Early<br />

Twentieth-First Century<br />

Band 20: Patrick Salmon<br />

Deadlock and Diversion<br />

Scandinavia in British Strategy during the<br />

Twilight War 1939-1940<br />

: Günther Oestmann<br />

Auf dem Weg zum „Deutschen Chronometer“<br />

Die Einführung von Präzisionszeitmessern<br />

bei der deutschen Handels- und Kriegsmarine<br />

<strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg


Sören <strong>Dannhauer</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Reishandel</strong><br />

<strong>1850</strong> <strong>bis</strong> <strong>1914</strong><br />

Die <strong>zentrale</strong> Rolle Bremens und der Familie Rickmers<br />

auf einem weltweiten Nahrungsmittelmarkt<br />

Verlag H. M. Hauschild GmbH, Bremen


Abbildung auf dem Umschlag:<br />

Fünfmastbark M a r ia R ic k m e r s (Rickmers-Familienarchiv)<br />

Firma Gebrüder Nielsen 1837 (Staatsarchiv Bremen, 10,B-AL-186-Bd. 2)<br />

Universität Bremen unter dem Titel „<strong>Deutscher</strong> <strong>Reishandel</strong> <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong>. Die <strong>zentrale</strong> Rolle Bremens<br />

und der Familie Rickmers auf einem weltweiten Nahrungsmittelmarkt“ als Dissertation vor.<br />

Erster Gutachter; Prof. Dr. Lars U. Scholl<br />

Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Franklin Kopitzsch<br />

Das Kolloquium fand am 12. September 2012 statt.


Inhalt<br />

Vorwort des Herausgebers ............................................................................................................... 9<br />

Danksagung ...................................................................................................................................... 11<br />

Einleitung ........................................................................................................................................ 13<br />

1. Fragestellung .............................................................................................................................. 13<br />

2. Forschungsstand und Literatur ................................................................................................ 16<br />

Quellenlage ................................................................................................................................ 16<br />

3. Methodischer A n satz................................................................................................................. 17<br />

4. Statistische Grundlagen............................................................................................................. 19<br />

5. Gliederung.................................................................................................................................. 20<br />

Kapitel I - Die Ausgangslage des deutschen <strong>Reishandel</strong>s um <strong>1850</strong> ...................................... 22<br />

1. Reisanbau und <strong>Reishandel</strong> in Nordamerika............................................................................ 22<br />

Der Beginn des amerikanischen Reisanbaus........................................................................... 22<br />

Arbeitskräfte für den Reisexport - Aufschwung der Sklavenwirtschaft.............................. 23<br />

Weltmarktbedeutung: Innovative Prozesse und Marktverbreiterung.................................... 24<br />

2. Europäer in Asien - Koloniale Entwicklungen und Anfänge im <strong>Reishandel</strong> mit Asien . . . 26<br />

Erste Kontakte und frühe Handelsbeschränkungen in Birma ............................................... 26<br />

<strong>Reishandel</strong> in Birma von der frühen Neuzeit <strong>bis</strong> ins 19. Jahrhundert.................................. 27<br />

Englische Intentionen ............................................................................................................... 27<br />

Handel und erste europäische Kontakte in S ia m .................................................................... 29<br />

3. Früher Ostin<strong>die</strong>n-und Asienhandel Bremens ........................................................................ 29<br />

4. Entwicklung des Mühlenhandwerks und der Reismüllerei................................................... 31<br />

Eine dampfgetriebene Reismühle in Flensburg...................................................................... 31<br />

Die Bremer Wirtschaftslage um <strong>1850</strong> ..................................................................................... 32<br />

Bremer Reismühlen................................................................................................................... 33<br />

5. Fazit .......................................................................................................................................... 34<br />

Kapitel II - Die Entwicklung des internationalen <strong>Reishandel</strong>s (1855-1877) ..................... 36<br />

1. Die Familie Rickmers; Schiffbauer, Reeder und Reismüller................................................. 36<br />

2. Reis - Eine kleine Kulturgeschichte ....................................................................................... 40<br />

Reis in Deutschland: Herkunft, Verbreitung, Anbau und Verwendung von Reis<br />

<strong>bis</strong> Mitte des 19. Jahrhunderts.................................................................................................. 40<br />

Geschichte eines deutschen Lebensmittels ............................................................................. 43<br />

3. Die Erschließung von Reisanbauflächen und Exportindustrien ........................................... 46<br />

Die Erschließung B irm as.......................................................................................................... 46<br />

Die asiatischen Anbaugebiete außerhalb Birm as.................................................................... 57<br />

Außerasiatische Anbaugebiete.................................................................................................. 61<br />

5


4. Der Handelsablauf, Handelsklassen und Reissorten, Rohstoffpreise .................................. 62<br />

Asiatischer Handel, Zwischenhandel <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Häfen und Vorbereitungen<br />

zur Verschiffung......................................................................................................................... 62<br />

Reissorten und Handelsklassen ................................................................................................ 67<br />

Jährlicher deutscher Reiskonsum und Rohstoffpreise........................................................... 71<br />

5. Deutsche in Asien ..................................................................................................................... 78<br />

Konsulatswesen ......................................................................................................................... 78<br />

6. Transportwesen und Kommunikation ..................................................................................... 88<br />

Abläufe und Neuerungen im Transportwesen........................................................................ 88<br />

Distanzen überbriicken - Neue Kommunikationswege......................................................... 99<br />

7. F a z it............................................................................................................................................ 102<br />

Kapitel III - Bremen als Zentrum des weltweiten Reisgeschäfts (1883-1890)................... 104<br />

1. Reismühlen und Reismüllerei ln Bremen ............................................................................... 104<br />

Andreas Rickmers’ Aufstieg als Reismüller .......................................................................... 104<br />

Die Reismühlen der Gebrüder Nielsen ................................................................................... 108<br />

Reisfuttermehl ........................................................................................................................... 109<br />

2. Die deutsche Reisstärkeindustrie.............................................................................................. 111<br />

Von der Stärkefabrik Salzuflen zu Hoffmann’s Stärkefabriken A G ...................................... 112<br />

Reisstärke: Vorteile, Herstellung und Verwendung................................................................ 115<br />

Zollbehandlung der Reisstärke ................................................................................................ 118<br />

Die Rickmers Reiswerke „Union“ Hannoversch M ünden...................................................... 121<br />

Die Reis werke O sterholz........................................................................................................... 124<br />

Marktübersättigungen und Konzentrationsbestrebungen....................................................... 127<br />

3. Transportwesen ......................................................................................................................... 134<br />

Die Weserkorrektion und der Bau eines neuen Hafens in Bremen ...................................... 134<br />

Die Gründung der DDG „Hansa“ ............................................................................................ 135<br />

4. Reismarktberichte ..................................................................................................................... 138<br />

Berichte über den weltweiten <strong>Reishandel</strong> ............................................................................... 138<br />

Bericht über den Reismarkt 1875 ............................................................................................ 139<br />

Bericht über den Reismarkt 1882 ............................................................................................ 144<br />

Bericht über den Reismarkt in London 1885 .......................................................................... 145<br />

Jahresberichte über den <strong>Reishandel</strong> 1889 und 1890 sowie <strong>die</strong> Statistik für <strong>die</strong><br />

Jahre 1891-1895 ....................................................................................................................... 150<br />

Zusammenfassende Bewertung der Statistiken über den internationalen <strong>Reishandel</strong><br />

zwischen 1870 und 1895 ........................................................................................................... 153<br />

5. Absatzgebiete.............................................................................................................................. 156<br />

Reisexporte der europäischen Reisindustrien ........................................................................ 156<br />

Neue Exportziele für asiatischen R e is ..................................................................................... 160<br />

6. Gründung der Rickmers Reismühlen, Rhederei und Schiffbau AG .................................... 161<br />

Wirtschaftliche Herausforderungen der Rickmers-Brüder ................................................... 162<br />

Die Rickmers Reismühlen, Rhederei und Schiffbau A G ....................................................... 164<br />

7. F a z it............................................................................................................................................. 166


Kapitel IV - Neue M arktstrukturen entstehen (1890-1901) ................................................. 168<br />

1. Marktverschiebungen und ein neues Investitionsverhalten in Deutschland ....................... 168<br />

Der Zollanschluss Hamburgs und Bremens mit seinen Folgen............................................. 168<br />

Die Rickmers AG und ihre Tochterunternehmen in Deutschland........................................ 171<br />

2. Neue Wege zu ausländischen Absatzmärkten ........................................................................ 173<br />

Die Zollpolitik gerät in den Fokus........................................................................................... 173<br />

Die Rickmers AG beteiligt sich an Mühlen in Österreich-Ungarn ...................................... 175<br />

Die „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft.......................................................................... 176<br />

Marktverschiebungen führen zu globalem Investitionsverhalten ........................................ 180<br />

3. Industrie-und Handelsausstellungen....................................................................................... 184<br />

Weltausstellungen seit 1851...................................................................................................... 184<br />

Die Nordwestdeutsche Gewerbe-, Industrie-, Handels-, Marine-, Hochseefischerei<br />

und Kunstausstellung 1890 in Bremen ................................................................................... 184<br />

4. Personelle Netzwerke im <strong>Reishandel</strong> ..................................................................................... 186<br />

Familientraditionen im deutschen <strong>Reishandel</strong>........................................................................ 187<br />

Persönliche Beziehungen und Netzwerke im internationalen <strong>Reishandel</strong>............................ 188<br />

Persönliche Beziehungen und Netzwerke im Umfeld der Bremer Reisindustrie ............... 190<br />

5. F a z it............................................................................................................................................ 193<br />

Kapitel V - Der deutsche <strong>Reishandel</strong> his zum Ersten Weltkrieg (1900-<strong>1914</strong>)................... 196<br />

1. Veränderung des Reismarktes in Asien ................................................................................... 196<br />

Die neue Bedeutung des innerasiatischen <strong>Reishandel</strong>s.......................................................... 196<br />

Asiatische Reismühlen konkurrieren mit europäischen Reismühlen .................................. 199<br />

Neue Konkurrenzsituationen im asiatischen Reisgeschäft ................................................... 202<br />

2. Die Reis- und Handels Aktiengesellschaft............................................................................... 205<br />

Ein neues Unternehmen der deutschen Reishändler.............................................................. 205<br />

Die Gründung der Reis- und Handels A G ............................................................................... 208<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung der Reis-und Handels AG ............................................... 212<br />

Eine Entwicklung mit Konflikten ........................................................................................... 217<br />

Konflikte im eigenen Haus und auf dem heimischen M ark t................................................. 219<br />

Die Affäre Andreas Rickmers .................................................................................................. 221<br />

3. Zolldiskussionen ....................................................................................................................... 226<br />

Anträge und Eingaben der Reis- und Handels AG ................................................................ 226<br />

Anträge und Eingaben der hamburgischen M ühlen................................................................ 229<br />

Politische Positionen im Konflikt über Veränderungen am Zollregulativ für Reismühlen<br />

und der Zollbehandlung von Reis in Deutschland.................................................................. 231<br />

4. Reisanbau als deutsche Kolonialaufgabe................................................................................. 233<br />

5. F a z it............................................................................................................................................ 235<br />

Kapitel VI - Die deutsche Reisindustrie im 20. Jahrhundert (nach <strong>1914</strong>) .......................... 238<br />

1. Die deutsche Reisindustrie während des Ersten Weltkriegs ................................................. 238<br />

Die Reis- und Handels AG verliert ihre Mühlen in Asien und E u ro p a................................ 238<br />

Die Reisindustrie in Deutschland ........................................................................................... 240


2. Der deutsche <strong>Reishandel</strong> nach 1918 ....................................................................................... 241<br />

Ein veränderter W eltmarkt........................................................................................................ 241<br />

Neue Mühlen und der <strong>Reishandel</strong> in Deutschland.................................................................. 242<br />

Schlussbetrachtung................................................................................. 245<br />

Quellenverzeichnis ........................................................................................................................... 251<br />

1. Ungedruckte Q uellen................................................................................................................... 251<br />

2. Gedruckte Q uellen..................................................................................................................... 253<br />

Tabellenverzeichnis......................................................................................................................... 254<br />

Literaturverzeichnis....................................................................................................................... 256<br />

Anmerkungen ..................................................................................................................................<br />

Personenregister............................................................................................................................... 280<br />

Summary: German Rice Trading from <strong>1850</strong> to <strong>1914</strong> ................................................................ 281


Vorwort des Herausgebers<br />

Die Anregung zu <strong>die</strong>ser Arbeit geht auf ein<br />

mehljähriges Forschungsprojekt am Deutschen<br />

Schiffahrtsmuseums (DSM) zurück, das im Hinblick<br />

auf das 175-jährige Jubiläum der Unternehmerfamilie<br />

Rickmers in den Jahren 2005 <strong>bis</strong><br />

2(Ю9 durchgeführt wurde. Zwei Dissertationen<br />

befassten sich mit der Unternehmensgeschichte<br />

von 1834 <strong>bis</strong> 1918 und von 1918 <strong>bis</strong> 2000.' Die<br />

Forschungsarbeiten von Melanie Leonhard und<br />

Jörn Lindner bildeten <strong>die</strong> Grundlage für <strong>die</strong> große<br />

Sonderausstellung im DSM, <strong>die</strong> in verkleinerter<br />

Form noch heute im Jahre <strong>2013</strong> auf dem<br />

Museumsschiff R ic k m e r R ic k m e r s in Hamburg<br />

zu sehen ist.<br />

Ein wesentlicher Aspekt, der zunächst unbearbeitet<br />

bleiben musste, betraf das Engagement<br />

von Rickmers im Reistransport von Indochina<br />

nach Bremen, <strong>die</strong> Bearbeitung von Reis in Bremen<br />

ab 1872 sowie durch den Erwerb einer<br />

Reismühle in Indochina wenige Jahre später.<br />

Reistransport und Reisveredelung waren für<br />

Deutschland <strong>bis</strong>her wissenschaftlich fast völlig<br />

unbeachtet geblieben. Für den Bremer <strong>Reishandel</strong><br />

gab es <strong>bis</strong>lang nur eine erste informative<br />

Skizze von Hartmut Roder und kleinere unternehmensgeschichtliche<br />

Beiträge.<br />

<strong>Dannhauer</strong>s Stu<strong>die</strong> ist ein Forschungsbeitrag<br />

zum weltweiten Nahrungsmittelmarkt und zur<br />

Konsumgeschichte. Die Verknüpfung nationaler<br />

und internationaler Wirtschaftsbeziehungen einerseits<br />

sowie <strong>die</strong> Vertiefung der vor allem von<br />

Hans-Jürgen Teuteberg, Günther Wiegelmann<br />

und Annerose Menninger betriebenen Analysen<br />

zur Geschichte der Ernährung und des Nahrungsmittelkonsums<br />

andererseits waren Ziele<br />

<strong>die</strong>ser Arbeit. Das Thema ist aber auch für <strong>die</strong><br />

Bremer Schifffahrts- und Wirtschaftsgeschichte<br />

von großer Bedeutung und fügt sich ein in <strong>die</strong><br />

1 Melanie Leonhard: Die Unternehmerfamilie Rickmers 1834-1918.<br />

Schiffbau, Schifffahrt, Handel. Bremen 2009 (= Deutsche Maritime<br />

Stu<strong>die</strong>n, Bd. 8), und Jöm Lindner: Schifffahrt und Schiffbau in einer<br />

Hand. Die Firmen der Familie Rickmers 1918-2000. Bremen 2009<br />

(e Deutsche Maritime Stu<strong>die</strong>n, Bd. 9).<br />

Reihe der Nahrungsmittel von Kaffee, Tee und<br />

Wein, <strong>die</strong> für Bremens Stellung als Handelsstadt<br />

wichtig waren und noch sind. Somit hat <strong>die</strong> Aufarbeitung<br />

<strong>die</strong>ses Themas durch Sören <strong>Dannhauer</strong><br />

M.A. sowohl eine lokale und regionale als<br />

auch eine nationale und internationale Komponente.<br />

Sören <strong>Dannhauer</strong> hat u.a. <strong>die</strong> Anregungen<br />

von Jürgen Osterhammel, Sebastian Conrad, Andreas<br />

Eckert und Claudius Torp aus der neueren<br />

deutschen Forschung zur Globalisierungsgeschichte<br />

aufgenommen und <strong>die</strong>se weiterführende<br />

Perspektive konsequent beibehalten. Herausgekommen<br />

ist ein überzeugendes Beispiel für<br />

<strong>die</strong> Verflochtenheit von globalen und regionallokalen<br />

Wandlungsprozessen.<br />

Reis war seit Jahrhunderten in Europa bekannt.<br />

Aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts war das<br />

Nahrungsmittel in Deutschland aus einer begehrten<br />

Kolonialware zu einem selbstverständlichen<br />

Lebensmittel geworden, weil <strong>die</strong> nach<br />

Deutschland eingeführte Menge kontinuierlich<br />

zunahm. In Bremen wurde Reis ein Stapelartikel,<br />

als <strong>die</strong> Stadt zum größten Auswandererhafen<br />

Deutschlands wurde. Viele Schiffe steuerten den<br />

Süden der Vereinigten Staaten an und setzten ihre<br />

menschliche Fracht in South Carolina oder<br />

Georgia an Land. Die dort angebauten Produkte<br />

wurden als Rückfracht für Europa geladen. Nach<br />

Tabak und Baumwolle wurde Reis zum drittgrößten<br />

Stapelartikel Bremens. Die Reisindustrie<br />

in den USA prosperierte um <strong>1850</strong>. Bewässerungssysteme<br />

auf den Feldern und Verarbeitungsmaschinen<br />

in den Mühlen wurden stetig<br />

verbessert, <strong>die</strong> Erträge stiegen und mit ihnen<br />

auch <strong>die</strong> Exportmengen. Das Fundament der<br />

amerikanischen Reisplantagen bildeten <strong>die</strong><br />

schwarzen Sklaven. Diese Situation änderte sich<br />

mit dem Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs<br />

grundlegend. Innerhalb weniger Jahre<br />

wurden <strong>die</strong> USA vom wichtigsten Reislieferanten<br />

für Europa zu einem Reisimportland. Der<br />

Aufstieg Asiens zum Reislieferanten für <strong>die</strong> Welt<br />

begann. Erstaunlich ist, dass sich in der Folge-


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zeit deutsche Unternehmer in <strong>die</strong>sem - vorerst<br />

nicht mit Deutschland verbundenen - Markt<br />

nachhaltig etablieren sollten.<br />

Obwohl es um <strong>1850</strong> in In<strong>die</strong>n und Asien noch<br />

keine großen Produktionsüberschüsse an Reis<br />

gab und <strong>die</strong> britischen Häfen für Händler anderer<br />

europäischer Nationen durch <strong>die</strong> <strong>bis</strong> 1849<br />

gültigen britischen Navigationsgesetze kaum<br />

Handel zuließen, ergänzten einzelne Reisladungen<br />

<strong>die</strong> Versorgung aus Amerika. Auch deutsche<br />

Kapitäne wie <strong>die</strong> der Bremer Reedereien Wätjen<br />

& Co. oder Gloystein sammelten in <strong>die</strong>ser Zeit,<br />

kurz vor der rasanten Beschleunigung des internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong>s, erste Erfahrungen mit<br />

dem asiatischen Handelsraum. Mit der britischen<br />

Eroberung Birmas im Jahre 1852 änderten<br />

sich <strong>die</strong> Strukturen des globalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

grundsätzlich.<br />

In Bremen gab es zur Jahrhundertmitte mehrere<br />

Reismühlen. Als sich im Jahre 1872 in der Reismühle<br />

von Louis Ichon dringender Modemisierungsbedarf<br />

ergab, für den Ichon einen Investor<br />

suchte, beteiligte sich der Bremerhavener Schiffbauer<br />

und Reeder Rickmer Ciasen Rickmers an<br />

der Reismühle. Die Rickmers-Werft hatte<br />

Schwierigkeiten, ihre Schiffe auf dem freien<br />

Markt zu verkaufen. Deshalb stellte sie <strong>die</strong><br />

Schiffe in ihren eigenen Reederei<strong>die</strong>nst ein und<br />

transportierte immer regelmäßiger Reis. Dieser<br />

bot eine sichere Fracht, ein Gewinn konnte aber<br />

erst bei einem ebenso regelmäßigen Absatz des<br />

Reises in Bremen erzielt werden. Innerhalb weniger<br />

Jahre vergrößerte Rickmers <strong>die</strong> Kapazitäten<br />

der Firma Ichon & Rickmers. Andreas Rickmers<br />

nutzte <strong>die</strong> wirtschaftlichen Möglichkeiten<br />

der globalisierten Welt des späten 19. Jahrhunderts<br />

konsequent und wurde <strong>die</strong> prägende Gestalt<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s. Die Einfuhr,<br />

Verarbeitung und Ausfuhr von Reis erreichte in<br />

Bremen industrielle Maßstäbe. Die traditionellen<br />

europäischen Reisplätze in London und Liverpool<br />

waren 1888 von Bremen und Hamburg<br />

überholt.<br />

Bis zum Ersten Weltkrieg zeichneten sich in<br />

Deutschland drei grundsätzliche Entwicklungen<br />

ab.<br />

Erstens gab es in Deutschland ständige Konflikte<br />

zwischen den zollinländischen Reismühlen, fast<br />

ausschließlich der Rickmers’sehen Reis- und<br />

Handels AG zugehörig, und den Mühlen im<br />

Hamburger Freihafengebiet über <strong>die</strong> bestmögliche<br />

deutsche Zollpolitik im Interesse des deutschen<br />

Reisgewerbes.<br />

Zweitens bestätigte <strong>die</strong> Gründung der Reis- und<br />

Handels AG durch Andreas Rickmers, dass er<br />

und das Rickmers’sche Familienimperium <strong>die</strong><br />

entscheidenden Akteure des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

zwischen <strong>1850</strong> und <strong>1914</strong> waren.<br />

Drittens aber zeigte sich auch, dass Andreas<br />

Rickmers und alle anderen Großaktionäre <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG ausnutzten. Hohe Dividenden,<br />

Tantiemen und Gehälter wurden wichtiger<br />

genommen als nachhaltiges Wirtschaften.<br />

Mit dem Ersten Weltkrieg, der Stilllegung der<br />

Fabriken in Deutschland und der Enteignung der<br />

asiatischen Reismühlen brach <strong>die</strong> deutsche Reiswirtschaft<br />

zusammen.<br />

<strong>Dannhauer</strong>s Arbeit basiert auf dem Rickmers’sehen<br />

Firmenarchiv sowie auf Materialien<br />

aus zwölf anderen Archiven, insbesondere in<br />

Bremen und Hamburg. Hinzugezogen wurde <strong>die</strong><br />

einschlägige internationale Forschungsliteratur.<br />

Die Stu<strong>die</strong> schließt ein Desiderat der Bremer<br />

und deutschen Unternehmens- und Wirtschaftsgeschichte.<br />

Darüber hinaus wird ein wesentlicher<br />

Beitrag zur Nahrungsmittelgeschichte in<br />

Deutschland geleistet, <strong>die</strong> auch zollpolitische<br />

Aspekte umfasst, <strong>die</strong> sich aus den zollinländischen<br />

und zollausländischen Produktionsstätten<br />

in den beiden konkurrierenden Hansestädten<br />

Bremen und Hamburg ergeben. Erstmals liegt<br />

nun für den deutschen <strong>Reishandel</strong> von <strong>1850</strong> <strong>bis</strong><br />

<strong>1914</strong> eine <strong>bis</strong>lang vermisste Gesamtdarstellung<br />

vor.<br />

Prof. Dr. Lars U. Scholl<br />

Deutsches Schiffahrtsmuseum<br />

Bremerhaven/Universität Bremen


Danksagung<br />

Die vorliegende Arbeit ist im Jahr 2012 vom<br />

Promotionsausschuss Dr. phil. der Universität<br />

Bremen als Dissertation angenommen worden.<br />

Im Rahmen <strong>die</strong>ser Veröffentlichung wurden nur<br />

geringfügige Änderungen vorgenommen.<br />

Viele ungenannte Menschen haben durch kleine<br />

und große Hilfen zur Fertigstellung der Arbeit<br />

beigetragen. Ihnen allen möchte ich danken, dass<br />

sie sich Zeit für meine Fragen nahmen, Anregungen<br />

gaben, ihr Spezialwissen einbrachten<br />

oder einfach nur Motivation spendeten.<br />

Ein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater<br />

Prof. Dr. Lars U. Scholl, President of the International<br />

Maritime Economic History Association<br />

und vormaliger Direktor des Deutschen Schifffahrtsmuseums.<br />

Seine sachliche Kritik, Freiheit<br />

in der wissenschaftlichen Arbeit und seine andauernde<br />

Motivation haben mich <strong>bis</strong> zuletzt begleitet.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang gilt mein Dank<br />

auch dem Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven,<br />

durch dessen Stipendium <strong>die</strong> Arbeit<br />

entstehen und in <strong>die</strong>ser Schriftenreihe veröffentlicht<br />

werden konnte.<br />

Mein Dank gebührt zudem den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern der Archive und Museen, <strong>die</strong><br />

zum Gelingen der Arbeit beitrugen. Besonders<br />

seien <strong>die</strong> Archive der Handelskammern in Bremen<br />

und Hamburg sowie <strong>die</strong> Staatsarchive der<br />

beiden Hansestädte genannt. Besonders bedanke<br />

ich mich bei Frau Dr. Melanie Leonhard und<br />

Herrn Dr. Jörn Lindner, <strong>die</strong> wichtige Vorarbeit<br />

für <strong>die</strong>ses Werk leisteten, den Rickmers-Nachlass<br />

in Hamburg erschlossen und mir mit ihrem großen<br />

Wissensschatz immer freundlich und hilfreich<br />

zur Verfügung standen.<br />

Meinem Freund und Kollegen Alexander Tassis<br />

danke ich herzlich für seine treue Begleitung<br />

und seine vielfältigen Anregungen in unserer gemeinsamen<br />

Forschungszeit sowie für seine stete<br />

Bereitschaft zum Lektorat.<br />

Der letzte und wichtigste Dank gilt meinen Eltern<br />

und Geschwistern. Besonders genannt seien<br />

mein Vater, der sein Interesse an der Geschichte<br />

an mich weitergab und sein Wissen gerne teilte,<br />

sowie meine Schwester Swaantje, <strong>die</strong> während<br />

des Studiums und der Promotion durch ihre Korrekturen<br />

beharrlich an meinem Ausdruck feilte.<br />

Eure Wertschätzung war meine unermüdlichste<br />

Unterstützung!<br />

Sören <strong>Dannhauer</strong><br />

11


Einleitung<br />

Im Jahr 2009 wurden weltweit fast 640 Millionen<br />

Tonnen Reis geerntet.* Laut der Weltemährungsorganisation<br />

der Vereinten Nationen importierte<br />

<strong>die</strong> reisverarbeitende Industrie Deutschlands im<br />

selben Jahr gerade einmal 127.627 Tonnen rohen<br />

und geschälten Reis.^ In Deutschland wurde somit<br />

nur ein verschwindend kleiner Anteil von 0,0002<br />

Prozent der globalen Reisernte verarbeitet.<br />

Dies war aber nicht immer so. Ein einzelnes Unternehmen<br />

war dafür verantwortlich, dass Bremen<br />

im 19. Jahrhundert einer der bedeutendsten<br />

<strong>Reishandel</strong>splätze der Welt war. Die Rickmers-<br />

Reederei und <strong>die</strong> Familie Rickmers feierten im<br />

Jahr 2009 das 175-jährige Gründungsjubiläum<br />

der Rickmers-Werft durch Rickmer Glasen Rickmers<br />

im Jahr 1834. Aus <strong>die</strong>sem Anlass legten<br />

Melanie Leonhard und Jörn Lindner in Zusammenarbeit<br />

mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum<br />

Bremerhaven eine wissenschaftlich bearbeitete<br />

Firmengeschichte der Rickmers-Unternehmungen<br />

vor. Die Ergebnisse <strong>die</strong>ses Forschungsprojekts<br />

wurden im Jubiläumsjahr auch<br />

in einer großen Sonderausstellung im Deutschen<br />

Schiffahrtsmuseum präsentiert.<br />

Es stellte sich heraus, dass Reis eines der wichtigsten<br />

Handels- und Verarbeitungsgüter für <strong>die</strong><br />

im Schiffbau, der Reederei und später in der<br />

Reismüllerei sowie der Stärkefabrikation engagierte<br />

Untemehmerfamilie war. Obwohl <strong>die</strong> älteste<br />

dampfgetriebene Reismühle Deutschlands<br />

in Flensburg stand, war der massive Eintritt von<br />

Rickmer Glasen Rickmers und seines Sohnes<br />

Andreas in <strong>die</strong> Reismüllerei 1872 in Bremen der<br />

Beginn eines rasanten Wachstums des deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>s. In nur 15 Jahren machten <strong>die</strong> beiden<br />

Unternehmer Bremen zu dem weltgrößten<br />

und global vernetzten Markt- und Verarbeitungsplatz<br />

für Reis. Mit kleineren Einschränkungen<br />

konnte <strong>die</strong>se Marktstellung gehalten werden, <strong>bis</strong><br />

durch den Ersten Weltkrieg Handel und Verarbeitung<br />

aufgegeben werden mussten, weil <strong>die</strong><br />

deutsche Reisindustrie keinen Zugang mehr zu<br />

den asiatischen Erzeugerländern hatte.<br />

Trotz <strong>die</strong>ser Bedeutung des deutschen Handels<br />

für einen weltweiten Nahrungsmittelmarkt, dessen<br />

Volumen sich zudem im Untersuchungszeitraum<br />

von <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong> vervielfachte, gibt es <strong>bis</strong>her<br />

keine wissenschaftliche Betrachtung oder Untersuchung<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s. Diese<br />

Lücke soll mit der vorliegenden Arbeit gefüllt<br />

werden.<br />

1. Fragestellung<br />

Diese Arbeit wird der Frage nachgehen, wie Bremen<br />

unter der Führung eines regionalen Familienuntemehmens<br />

für etwa 15 Jahre zum weltgrößten<br />

<strong>Reishandel</strong>splatz werden konnte. Warum<br />

wurde Deutschland, das durch Weltmeere von<br />

den großen Reisanbauplätzen in Amerika und<br />

Asien getrennt war, zu einem der bedeutendsten<br />

Standorte der verarbeitenden Industrie? Und das,<br />

obwohl Deutschland keine Kolonialmacht mit<br />

direktem Einfluss in den wichtigsten Anbauoder<br />

Absatzgebieten war.<br />

Um zu einer Darstellung der Entwicklung des<br />

Handels mit Reis in Deutschland und durch<br />

Deutsche zu gelangen, werden verschiedene Prozesse<br />

analysiert, <strong>die</strong> direkt oder indirekt entscheidend<br />

zur Entstehung eines deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>s beitrugen. Dies ist zuallererst <strong>die</strong><br />

Geschichte der Rickmers-Unternehmen. Auf<br />

Grundlage der detaillierten Unternehmensgeschichte<br />

von Leonhard und Lindner werden<br />

Strukturen und Entscheidungen beleuchtet, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>zentrale</strong> Rolle des Reises für den familiären<br />

Firmenverbund begründeten, stützten und immer<br />

weiter ausbauten.<br />

Ergänzend zu den Ereignissen in Bremen ist zu<br />

beachten, welche weltwirtschaftlichen Veränderungen<br />

<strong>die</strong> Politik in England erlaubte. Reis wurde<br />

erst als Massengut gehandelt und in Deutschland<br />

verarbeitet, als er in ausreichender Menge<br />

zur Verfügung stand. Dazu trug <strong>die</strong> Liberalisierung<br />

des Welthandels durch das Ende der britischen<br />

Navigationsgesetze entscheidend bei. Zu-<br />

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dem muss <strong>die</strong> Kolonialpolitik Großbritanniens<br />

in den Erzeugerländern, besonders in Birma, beleuchtet<br />

werden. Erst <strong>die</strong> britische Eroberung<br />

Birmas und <strong>die</strong> nachfolgende, zielgerichtete Entwicklungspolitik<br />

schufen <strong>die</strong> politischen, wirtschaftlichen<br />

und sozialen Voraussetzungen sowie<br />

<strong>die</strong> Infrastruktur, <strong>die</strong> Birma innerhalb weniger<br />

Jahre zum weltgrößten Reisexporteur machten.<br />

Ergänzend ist zu fragen, wie sich <strong>die</strong> deutsche<br />

Reisindustrie im europäischen Konkurrenzkampf<br />

durchsetzen konnte, obwohl <strong>die</strong> englische Industrie<br />

doch den besseren Zugang zu den fernen<br />

Anbaugebieten hatte. Zugleich wurden in den<br />

Kolonien <strong>die</strong> Fundamente einer eigenen asiatischen<br />

Wirtschaft gelegt, <strong>die</strong> spätestens seit dem<br />

beginnenden 20. Jahrhundert <strong>die</strong> Vorrangstellung<br />

der deutschen Reisindustrie bedrohten.<br />

Eine wichtige Vorbedingung zur Etablierung einer<br />

im industriellen Maßstab verarbeitenden Industrie,<br />

<strong>die</strong> über <strong>die</strong> Grenzen von Kontinenten<br />

hinweg arbeitete, war eine entsprechende Verkehrsinfrastruktur.<br />

Die Entwicklung der Schifffahrt<br />

spielte dabei eine taktgebende Rolle, <strong>die</strong><br />

zu analysieren ist. Erst <strong>die</strong> technischen Fortschritte<br />

vom Holz- zum Eisenschiff, vom Segler<br />

zum Dampfer, vom Raddampfer <strong>bis</strong> hin zum<br />

Doppelexpansions-Schraubendampfer ermöglichten<br />

es, Reis in angemessener Zeit aus Asien<br />

nach Bremen zu bringen, ihn dort zu veredeln<br />

und danach weiter innerhalb Europas, ln <strong>die</strong> Karibik<br />

und <strong>bis</strong> nach Südamerika zu transportieren.<br />

Der technische Fortschritt schuf Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts auch an anderer Stelle <strong>die</strong> Voraussetzungen<br />

für <strong>die</strong> Industrielle Massenverarbeitung<br />

von Reis. Die erste dampfgetriebene Reismühle<br />

entstand 1837 in Flensburg und in den<br />

folgenden Jahrzehnten nahm <strong>die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

von Mühlen zu, weil <strong>die</strong> technischen Einrichtungen<br />

verbessert wurden. Auch <strong>die</strong> Großmühlen<br />

in Asien, <strong>die</strong> zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

in den Verladehäfen entstanden,<br />

erhielten europäische - meist deutsche - Mahlwerke<br />

und wurden von Ingenieuren aus Europa<br />

gewartet. Der Übergang von Kunst- zu Industriemühlen<br />

und der Technologietransfer prägten<br />

<strong>die</strong> globale Reisindustrie im Untersuchungszeitraum.<br />

Ein <strong>zentrale</strong>s Anliegen der Arbeit bleiben neben<br />

den internationalen Entwicklungen <strong>die</strong> Prozesse<br />

in Deutschland. Die deutsche Wirtschafts- und<br />

Zollpolitik ebnete der ökonomischen Entwicklung<br />

den Boden, auf dem <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

baute. Erst mit der Gewerbefreiheit und<br />

der Durchsetzung liberaler freihändlerischer<br />

Wirtschaftspolitik waren innerhalb Deutschlands<br />

<strong>die</strong> Grundbedingungen für <strong>die</strong> industrielle Verarbeitung<br />

einer Kolonialware geschaffen. Die<br />

Gründung des Deutschen Reichs war ein wichtiger<br />

Schritt, weil sich eine neue Zollpolitik mit<br />

der Bindung des Reiszolls an den Getreidezoll<br />

abzeichnete und <strong>die</strong> Frage des Zollanschlusses<br />

zu einer Stärkung Hamburgs als Mühlenstandort<br />

führte. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für <strong>die</strong><br />

ökonomische Einordnung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

ist <strong>die</strong> Kartellgeschichte, da es immer !<br />

stärker Marktverflechtungen zwischen Reishan- !<br />

del, Reismüllerei und Reisstärkeproduktion gab. |<br />

Außerdem wurde 1901 durch Andreas Rickmers ,<br />

mit der Reis- und Handels Aktiengesellschaft '<br />

ein Unternehmen gegründet, das über einige Jahre<br />

eine monopolähnliche Stellung auf dem deut- ‘<br />

sehen Reismarkt einnahm. Darüber hinaus bietet<br />

der Einbezug der Geschichte des deutschen Aktienrechts<br />

weitere Erklärungsansätze zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung des deutschen Reisgeschäfts.<br />

Die wirtschaftlichen Entwicklungen in den Ab- ;<br />

satzländem müssen mindestens ebenso sorgfältig<br />

in ihrer Bedeutung für den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

hinterfragt werden. Durch den Zolltarif von 1879<br />

endete in Deutschland <strong>die</strong> Phase des ausgeprägten<br />

Freihandels. Die meisten europäischen Länder<br />

führten Schutzzölle ein. Gerade <strong>die</strong> deutschen<br />

Nachbarländer, <strong>die</strong> Hauptabnehmer des<br />

in Bremen und Hamburg veredelten Reises in<br />

Europa, bauten eigene Reisindustrien auf und..<br />

schützten <strong>die</strong>se durch Einfuhrzölle. Zugleich entstanden<br />

in den asiatischen Anbauländern Industrien<br />

ohne Einfluss europäischer Firmen. Daher<br />

entwickelte <strong>die</strong> Familie Rickmers neue wirtschaftliche<br />

Konzepte, arbeitete mit Marktabspra-<br />

14


eben in Europa und Asien und beteiligte sich finanziell<br />

an Mühlen, <strong>die</strong> ihren eigenen Mühlen<br />

Konkurrenz machten. Besonders <strong>die</strong>se Entwicklungen<br />

außerhalb Deutschlands nahmen bestimmenden<br />

Einfluss auf Entscheidungen der Akteure<br />

der deutschen Reisindustrie.<br />

Deshalb soll <strong>die</strong> folgende Arbeit mit ihrer Fragestellung<br />

gerade auf Grund der verschiedenen<br />

Blickwinkel, aus denen der deutsche <strong>Reishandel</strong><br />

beleuchtet werden muss, unter einem globalgeschichtlichen<br />

Ansatz bearbeitet werden. Internationaler<br />

<strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> Familie Rickmers<br />

als wichtiger Protagonist sind ein Beispiel dafür,<br />

dass Globalisierung kein Konzept des 20. Jahrhunderts<br />

ist, sondern bereits ab <strong>1850</strong> eine dynamische<br />

Entwicklung mit vielen Eigenheiten und<br />

Folgen war. Der deutsche <strong>Reishandel</strong> <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong><br />

war von politischen, wirtschaftlichen, technischen<br />

und sozialen Zuständen und Veränderungen<br />

in Europa und Asien abhängig, hat sich<br />

dennoch sehr positiv entwickelt und zeigt so<br />

stellvertretend <strong>die</strong> bereits im 19. Jahrhundert<br />

vorhandene wirtschaftliche Globalisierung auf.<br />

Die wis.senschaftliche Betrachtung des deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>s ist eine Weiterführang und Ergänzung<br />

wirtschaftsgeschichtlicher und nahrungsmittelgeschichtlicher<br />

Arbeiten mit eigenständiger<br />

Bedeutung. Bereits vor etwa 40 Jahren haben<br />

Hans-Jürgen Teuteberg und Günter Wiegelmann<br />

eine große volkskundliche Stu<strong>die</strong> zum Wandel<br />

der Nahrungsgewohnheiten während der Industrialisierung<br />

vorgelegt.^ Die Stu<strong>die</strong> nahm auch<br />

den Reiskonsum und seinen Wandel von der exquisiten<br />

Kolonialware zum günstigen Massenartikel<br />

in Deutschland in den Blick. Mit neuer<br />

Perspektive wird hier nun <strong>die</strong> ökonomische und<br />

über den deutschen Bezug weit hinausgehende<br />

Seite des damals aufgezeigten Konsumwandels<br />

beleuchtet. Des Weiteren geriet in den jüngst<br />

vergangenen Jahren <strong>die</strong> historische Entwicklung<br />

des Handels und Konsums einzelner Nahrungsmittel<br />

häufig in den Fokus von Historikern. Ob<br />

Kaffee“*, Schokolade\ Bier^ oder Coca-Cola’,<br />

alle Stu<strong>die</strong>n verwiesen auf <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Komplexität der Nahrungsmittelbranche, indem<br />

sie versuchten, Handel und Konsum in einem<br />

umfassenden Blickwinkel zu betrachten, der<br />

nicht durch nationale Grenzen beschränkt wird.<br />

Eine Arbeit über Reis findet sich in <strong>die</strong>ser Reihe<br />

<strong>bis</strong>her jedoch nicht.<br />

Bremen wird im 19. Jahrhundert berechtigterweise<br />

als einer der damals wichtigsten deutschen<br />

Plätze für Kolonialwaren und den internationalen<br />

Handel bezeichnet. Noch heute ruht das bremisch-hanseatische<br />

Selbstverständnis zu einem<br />

guten Teil auf <strong>die</strong>ser vormaligen ökonomischen<br />

Weltgeltung der bremischen Kaufmannschaft.<br />

Trotzdem gibt es seit der Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

nur eine erstaunlich kleine Zahl moderner<br />

wirtschaftshistoriographischer Arbeiten über<br />

Bremen im 19. Jahrhundert.® Die hier vorgelegte<br />

Arbeit ist trotz aller globalen Betrachtungsweisen<br />

auch eine Bremensie, <strong>die</strong> beiträgt, ebenjenen<br />

Missstand der hiesigen Wirtschaftsgeschichtsschreibung<br />

zu beheben. Zudem war Reis einer<br />

der bedeutendsten Bremer Stapelartikel zu Beginn<br />

des letzten Jahrhunderts. Während andere<br />

Stapelartikel wie Kaffee’ und Baumwolle“*durch<br />

einzelne Stu<strong>die</strong>n intensiv erforscht wurden, gab<br />

es über Reis allenfalls zaghafte Ansätze zu einer<br />

aktuelleren und umfassenden Bearbeitung. Trotz<br />

des nun betonten lokalen Bezugsrahmens liegen<br />

in der Bearbeitung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

und in der zu Tage tretenden überragenden Bedeutung<br />

des Rickmers’sehen Familienimperiums<br />

auch Chancen für <strong>die</strong> gesamtdeutsche Wirtschaftsgeschichte.<br />

Ältere Firmengeschichten und<br />

Chroniken von Außenhandelsfirmen sind zwar<br />

vorhanden, bleiben aber dennoch häufig lokal<br />

orientiert und verschenken somit multinationale<br />

Analyserahmen." Dabei bietet gerade <strong>die</strong> Geschichte<br />

solcher über <strong>die</strong> Grenzen Bremens orientierten<br />

Unternehmungen <strong>die</strong> Möglichkeit, den<br />

begrenzten regionalen und nationalen Bezugsrahmen<br />

zu verlassen und auf <strong>die</strong> Füße einer modernen<br />

Wirtschaftsgeschichte zu stellen.<br />

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2. Forschungsstand und Literatur,<br />

Quellenlage<br />

Forschungsstand und Literatur<br />

Aktuelle Arbeiten über den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

liegen nicht vor. Die einzige Ausnahme bildet<br />

ein knapper Artikel von Hartmut Roder aus dem<br />

Jahr 2001.'^ Es gibt verschiedene Festschriften<br />

der Rickmers AG und der Reis- und Handels<br />

AG. Eifrigster Verfasser <strong>die</strong>ser Werke war Friedrich<br />

Prüser, ehemahger Leiter des Bremer Staatsarchivs,<br />

der 1931 das erste Mal zur Geschichte<br />

der Reis- und Handels AG veröffentlichte und<br />

auch zu späteren Jubiläen noch über den <strong>Reishandel</strong><br />

in Bremen schrieb.'^ Die Berichte Prüsers<br />

geben zwar eine Fülle an Details über den bremischen<br />

<strong>Reishandel</strong> preis, lassen aber bei kritischer<br />

Betrachtung fast alle Brüche, Konflikte<br />

und Debatten aus, <strong>die</strong> zwischen den Akteuren<br />

oder durch <strong>die</strong> Marktentwicklung entstanden.<br />

Damit entsprechen <strong>die</strong>se Arbeiten nicht den<br />

Ansprüchen einer nicht-hagiographischen, analytischen<br />

Unternehmensgeschichte. Abgesehen<br />

davon endete eine über 40 Jahre verteilte wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit dem<br />

<strong>Reishandel</strong> in Deutschland in den 1930er Jahren.<br />

Den Anfang einer Reihe wirtschaftsgeographischer<br />

Arbeiten über Reis machte 1891 Alwin<br />

Орре!.“*Informationen über <strong>die</strong> Reisanbauländer,<br />

<strong>die</strong> Transportwege, <strong>die</strong> Nährstoffgehalte des<br />

Reises und <strong>die</strong> größten Abnehmer der verarbeiteten<br />

Ernten werden dort ebenso genannt wie<br />

bei Hermann Schuhmacher'^ 1917 und Paul<br />

Blankenburg'^ 1933. Informationen über <strong>die</strong> Geschichte<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s sind in <strong>die</strong>sen<br />

Arbeiten nur am Rande enthalten. Ihr Wert<br />

liegt in der Benennung der Zusammenhänge von<br />

geographischen und agrarischen Gegebenheiten<br />

des Reisanbaus und den daraus resultierenden<br />

Eigenschaften eines internationalen <strong>Reishandel</strong>s.<br />

In der englischsprachigen Literatur finden sich<br />

keine ausdrücklich auf den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

Bezug nehmenden Monographien. Dennoch sind<br />

<strong>die</strong> Werke von Cheng Siok Hwa'^ und James<br />

William Grant'® von großem Wert für <strong>die</strong>se Arló<br />

beit, weil sie <strong>die</strong> Reisindustrie auf der Produktionsseite<br />

beleuchten und auf Grund des hohen<br />

Stellenwertes von Birma als Reisanbauland auch<br />

etliches über <strong>die</strong> Verbindungen zum deutschen<br />

Reismarkt beinhalten. Zudem bietet Grant viele<br />

Statistiken wie zum Beispiel <strong>die</strong> Zahl der Mühlen<br />

in Birma inklusive der Nationalitäten der Betreiber<br />

an, was trotz der noch zu problematisierenden<br />

empirischen Grundlage <strong>die</strong>ser Arbeit von<br />

nicht zu unterschätzendem Wert ist. Die Stu<strong>die</strong><br />

von Siok Hwa ist <strong>die</strong> <strong>bis</strong> heute ausführlichste<br />

Bearbeitung der überragenden Bedeutung des<br />

Reisanbaus und -exports für Birma in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts und dadurch ein<br />

Grundlagenwerk für <strong>die</strong>se Arbeit. Aktuelle Bücher<br />

über Birma und Siam ergänzen den wirtschaftshistorischen<br />

Wissensstand über <strong>die</strong> asiatischen<br />

Reisanbauländer'®, was sich für <strong>die</strong> bremische<br />

Wirtschaftsgeschichte leider nicht<br />

konstatieren lässt. Obwohl Bremen als Hansestadt<br />

eine eng mit außenwirtschaftlichen Unternehmungen<br />

verbundene Geschichte hat, gibt es<br />

nur sehr wenige aktuelle Arbeiten über Bremens<br />

Wirtschaftsgeschichte und keine, <strong>die</strong> den <strong>Reishandel</strong><br />

streift. Georg Fuhse^" und Friedrich Rauers^'<br />

wiesen schon vor 1930 darauf hin, dass<br />

Reis der drittgrößte Stapelartikel der Handelsstadt<br />

Bremen war, behandelten ihn aber nur in<br />

wenigen Zeilen und damit keinesfalls erschöpfend.<br />

Quellenlage<br />

Da <strong>die</strong> Familie Rickmers der überragende Akteur<br />

der deutschen Reisindustrie war, sei es im Ankauf,<br />

im Reistransport, bei der Veredelung in<br />

Mühlen oder in der Stärkeproduktion, ist das<br />

Rickmers-Familienarchiv in Hamburg von besonderer<br />

Bedeutung für <strong>die</strong>se Arbeit. Von großem<br />

Wert sind dort enthaltene Briefe, <strong>die</strong> nicht<br />

selten private Motivationen für wirtschaftliche<br />

Entscheidungen aufzeigen. Des Weiteren finden<br />

sich auch in anderen Archiven immer wieder<br />

Bestände, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie hinweisen.<br />

In Berlin sind im Bundesarchiv sowie im Ge-


heimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz<br />

vereinzelt Akten zu finden, <strong>die</strong> den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> betreffen. Dabei geht es häufig um<br />

konsularische Angelegenheiten, <strong>die</strong> in einigen<br />

Fällen auch spannende Einblicke in das Auftreten<br />

der Familie Rickmers auf den asiatischen Märkten<br />

geben.<br />

ln den Archiven der Städte, in denen es eine<br />

nennenswerte Reisindustrie gab, finden sich Bestände<br />

unterschiedlicher Qualität und Menge.<br />

Das Bremer Staatsarchiv verwahrt einen größeren<br />

Bestand an Handelsregisterakten, betreffend<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG. Darin sind <strong>die</strong> jährlichen<br />

Geschäftsabschlüsse sowie Protokolle der<br />

Generalversammlungen enthalten; Informationen<br />

über interne Betriebsabläufe und Entscheidungen<br />

finden sich dort nicht. Vereinzelt jedoch lassen<br />

sich Konflikte, beispielsweise zwischen Kleinund<br />

Großaktionären, durch <strong>die</strong> Handelsregisterakten<br />

verfolgen. Leider gibt es keinen nennenswerten<br />

Bestand über <strong>die</strong> Bremer Reismühlen vor<br />

deren Zusammenschluss in der Reis- und Handels<br />

AG. Das Archiv der Handelskammer Bremen<br />

besitzt Akten, <strong>die</strong> detailliert Auskunft über<br />

<strong>die</strong> Enteignungsprozesse der asiatischen Mühlen<br />

ab <strong>1914</strong> geben und - interessant, aber nicht von<br />

Belang für <strong>die</strong>se Arbeit - über den Wiederaufbau<br />

der deutschen Reisindustrie nach 1918 berichten.<br />

In Osterholz-Scharmbeck und Flensburg finden<br />

sich in den Stadtarchiven kleinere Bestände zu<br />

den dortigen Reismühlen beziehungsweise der<br />

Reisstärkeproduktion. Ihren besonderen Wert haben<br />

<strong>die</strong>se Akten in Flensburg darin, dass sie über<br />

<strong>die</strong> nicht zögerliche Art, wie <strong>die</strong> Familie Rickmers<br />

ihren Einfluss in der Reis- und Handels<br />

AG vergrößerte, berichten. In Osterholz-Scharmbeck<br />

zeigt <strong>die</strong> Sammlung zur örtlichen Reisstärkefabrik<br />

als Besonderheit auf, dass mit unterschiedlichem<br />

Erfolg <strong>die</strong> Wertschöpfungskette<br />

des Reises wirklich weit ausgereizt wurde und<br />

für jeden im Veredelungsprozess entstehenden<br />

Abfall eine gewinnbringende Weiterverarbeitung<br />

angestrebt wurde.<br />

Die Bestände im Staatsarchiv Hamburg sowie<br />

des Archivs der Handelskammer Hamburg sind<br />

unverzichtbar. Besonders im letztgenannten Archiv<br />

finden sich viele Eingaben, Gutachten und<br />

Anträge, <strong>die</strong> sich auf Fragen der Verzollung,<br />

aber auch den Widerstreit zwischen der Reisund<br />

Handels AG einerseits und deren Konkurrenzmühlen<br />

im Hamburger Freihafen und Zollinland<br />

andererseits, beziehen. Diese Widersprüche<br />

in Fragen des Auftretens deutscher Reismüller<br />

auf dem Weltmarkt sowie in Diskussionen<br />

um <strong>die</strong> Zollbehandlung von Reis in Deutschland<br />

werden in der oben genannten, überschaubaren<br />

Literatur über den <strong>Reishandel</strong> in Deutschland<br />

allerhöchstens in Nebensätzen versteckt angedeutet.<br />

Erst <strong>die</strong> Ergänzung der Literatur durch<br />

Archivalien ermöglicht es, <strong>die</strong> Geschichte des<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong>s kritisch, und vor allem<br />

wissenschaftlicher als in den vorhandenen Festschriften,<br />

zu bearbeiten.<br />

3. Methodischer Ansatz<br />

Als Analyserahmen wird ein globalisierungsgeschichtlicher<br />

Ansatz gewählt. So können <strong>die</strong> Entwicklungen<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s ohne enge<br />

räumliche Grenzen nachgezeichnet und <strong>die</strong><br />

Grenzen des bremischen, deutschen und europäischen<br />

Fokus wenigstens ansatzweise überwunden<br />

werden. Eine solche räumliche Begrenzung<br />

würde dem Thema nicht gerecht. Dennoch<br />

soll durch <strong>die</strong> immer wiederkehrende Rückbindung<br />

des internationalen Handels an <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers und <strong>die</strong> Ereignisse in Bremen und<br />

Hamburg neben der Makroperspektive großer<br />

Entwicklungsstränge auch eine Mikroperspektive<br />

geboten werden.<br />

Durch <strong>die</strong> Darstellung vieler verschiedener Einflüsse<br />

wird gezeigt, dass sich <strong>die</strong> Geschichte des<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong>s nicht zufällig so entwickelte,<br />

wie sie von uns heute in ihrer Gesamtheit<br />

wahrgenommen wird. Vielmehr entstand <strong>die</strong> Geschichte<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s als Folge einer<br />

Vielzahl verschiedener Ereignisse. Die Protagonisten<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s und andere<br />

Akteure haben sowohl bewusst als auch unbewusst<br />

- in Deutschland sowie in Europa und der<br />

Welt - Entscheidungen getroffen, durch <strong>die</strong> sich<br />

der <strong>Reishandel</strong> in Deutschland veränderte. Der<br />

17


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18<br />

globalisierungsgeschichtliche Forschungsansatz<br />

soll in der Analyse möglichst viele Anknüpfungspunkte<br />

des Netzes historischer Ereignisse,<br />

<strong>die</strong> mit dem deutschen <strong>Reishandel</strong> verbunden<br />

sind, berücksichtigen. Eine einseitige Betrachtung<br />

des Themas wird so verhindert, denn <strong>die</strong><br />

Geschichte der deutschen Reisindustrie und des<br />

<strong>Reishandel</strong>s im 19. Jahrhundert erklärt sich nicht<br />

allein aus der deutschen Geschichte.<br />

Globalisierungsgeschichte ist kein stechend klar<br />

umrissener geschichtswissenschaftlicher Ansatz.<br />

Über <strong>die</strong> Frage, wann <strong>die</strong> Globalisierung einsetzte,<br />

gibt es verschiedene Meinungen.“ Diese<br />

divergieren von den klassischen Reichen in Italien<br />

und Griechenland^^, über das Hochmittelalter<br />

mit der einsetzenden europäischen Expansion<br />

um 1500 als symbolisches Anfangsdatum oder<br />

über <strong>die</strong> einsetzende Moderne um 1750^'*. Weiter<br />

werden der Beginn der Großindustrialisierung<br />

nach <strong>1850</strong>^^ und das Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

als Startpunkt einer dicht vernetzten Welt<br />

genannt. Die verschiedenen Vertreter der Globalisierungsgeschichte<br />

verbindet, dass sie nach<br />

Anzeichen von Vernetzungen suchen. Daher geht<br />

es immer um Routen, über <strong>die</strong> Menschen verschiedener<br />

Regionen in Kontakt traten, und um<br />

Interaktion. Interaktion kann dabei den Austausch<br />

von Waren, Informationen und Technologien<br />

bedeuten. Es meint weiter den Austausch<br />

von Nahrungsmitteln und Migration, <strong>die</strong> einen<br />

sozialen und kulturellen Austausch mit sich<br />

bringt. Darüber hinaus sind Konzepte kultureller<br />

Nachahmung als Folge von Interaktionen aber<br />

auch <strong>die</strong> Bildung von sozialen und materiellen<br />

Ungleichheiten wiederkehrende Anzeichen von<br />

sich verdichtenden Vernetzungen.<br />

Die Unterschiede im Verständnis von Globalisierungsgeschichte<br />

machen <strong>die</strong>se als theoretischen<br />

Ansatz für Historiker nicht unbrauchbar.<br />

Vielmehr bietet <strong>die</strong>ser Ansatz <strong>die</strong> Chance, verschiedene<br />

geschichtswissenschaftliche Traditionen<br />

miteinander zu verbinden, je nachdem, welcher<br />

Blickwinkel für das Verständnis einer in<br />

den Blick genommenen Vernetzung von Bedeutung<br />

ist. Globalisierungsgeschichte ist nach Sebastian<br />

Konrad und Andreas Eckert keine „Me­<br />

1<br />

tatheorie, sondern eher eine Perspektive, <strong>die</strong> dazu<br />

beitragen kann, Prozesse in einem umfassenderen<br />

Kontext zu situieren und den methodologischen<br />

Nationalismus der Geschichtswissenschaft<br />

zu unterminieren“.^®Diese Vorzüge einer Geschichtsschreibung<br />

mit einem Bewusstsein für<br />

globale Zusammenhänge fassen sie folgendermaßen<br />

zusammen:<br />

„In der Wirtschaftsgeschichte sind neben <strong>die</strong><br />

traditionellen Fragen nach Preiskonvergenz<br />

und Arbeitsmärkten auch Untersuchungen getreten,<br />

<strong>die</strong> einzelne Waren zwischen ihren<br />

Produktions- und Konsumptionsstätten verfolgen.<br />

Auf <strong>die</strong>se Weise sind sie in der Lage,<br />

sowohl <strong>die</strong> soziale und kulturelle Einbettung<br />

ökonomischer Prozesse deutlich zu machen,<br />

als auch <strong>die</strong> häufig selektiven, netzwerkartigen<br />

Wege der Zirkulation nachzuzeichnen.“^’<br />

Gerade für den <strong>Reishandel</strong> stimmt bei <strong>die</strong>sem<br />

Ansatz <strong>die</strong> Erkenntnis, dass - unter zum Teil<br />

asymmetrischen Bedingungen - auch andere Regionen<br />

der Welt zur Vernetzung beigetragen haben.^*<br />

Denn auch wenn viele Entwicklungen in<br />

den asiatischen Anbauländem durch <strong>die</strong> Kolonialmächte<br />

angeschoben wurden, entwickelten<br />

<strong>die</strong> asiatischen Länder doch eigene Dynamiken.'<br />

<strong>die</strong> auf den deutschen <strong>Reishandel</strong> rückwirkten<br />

und ihn so beeinflussten.<br />

In der Globalisierung des 19. Jahrhunderts sieht<br />

Cornelius Torp für <strong>die</strong> deutsche Wirtschaft klare<br />

Gewinner und Verlierer. Als ökonomische Herausforderung<br />

eines weitgehend freien, weltweiten<br />

Warenverkehrs, so seine These, führte <strong>die</strong><br />

Globalisierung zu protektionistischer Wirtschaftspolitik.<br />

Während der Außenhandel und<br />

<strong>die</strong> Schifffahrt von einer weltweiten Vernetzung<br />

profitierten, gehörte <strong>die</strong> kartellierte Industrie zu<br />

den Verlierern. Nur multinationale Unternehmen<br />

konnten ihre Verluste durch Gewinne an anderen<br />

Orten ausgleichen.“ Dies ist eine spannende Erkenntnis<br />

für <strong>die</strong> vorliegende Arbeit, da der deutsche<br />

<strong>Reishandel</strong> eng mit Außenhandel, mit<br />

Schifffahrt und auch mit kartellierten Industrien<br />

verbunden war. Die Unternehmen der Familie<br />

Rickmers umfassten einerseits eine Werft und<br />

eine Reederei, <strong>die</strong> im Außenhandel und der


Schifffahrt tätig waren. Dazu kamen andererseits<br />

Reismühlen und eine Reisstärkefabrik, deren<br />

Einkaufsmärkte in Asien durch Marktabsprachen<br />

gekennzeichnet und deren europäische Märkte<br />

durch Mengen- und Preisabsprachen kontingentiert<br />

waren. Zugleich beteiligte sich <strong>die</strong> Rickmers<br />

Rhederei, Reismühlen und Schiffbau A.G.^° an<br />

Reismühlen im europäischen Ausland, in Birma<br />

und in Siam. Welches Thema würde sich also<br />

besser eignen, um <strong>die</strong> Thesen der Theoretiker<br />

der Globalisierungsgeschichte zu überprüfen, als<br />

der deutsche <strong>Reishandel</strong> <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong>?<br />

Um <strong>die</strong> Perspektivenvielfalt, <strong>die</strong> Globalisierungsgeschichte<br />

anbietet, nutzbar zu machen, wird<br />

<strong>die</strong>se Arbeit immer wieder auf Indikatoren von<br />

Globalisierung Bezug nehmen. Die wichtigsten<br />

Kategorien^' bilden dabei:<br />

- Politische Entscheidungen, <strong>die</strong> zur Erschließung<br />

der Welt führten, durch <strong>die</strong> Welt jenseits<br />

der nationalen Grenzen beeinflusst waren und<br />

auch über <strong>die</strong> eigenen Grenzen hinaus bewegten.<br />

- Gesellschaftliche Veränderungen, zu denen in<br />

erster Linie Migrationsbewegungen^^ zählen.<br />

Migration rückte Reis erst in den Fokus deutscher<br />

Kaufleute und Reeder und war Grundvoraussetzung<br />

für <strong>die</strong> Erschließung Birmas<br />

zum größten Reisproduzenten der Welt.<br />

- Technische Entwicklungen, <strong>die</strong> den Verkehr<br />

und <strong>die</strong> Industrie grandlegend veränderten und<br />

Voraussetzung für Handel und Verarbeitung<br />

von Reis in industriellen Maßstäben waren.<br />

- Kommunikation, was sowohl auf Kommunikationsmittel<br />

und Wege zielt als auch Grundlagen<br />

des Handels durch Übereinkünfte von<br />

Maßen und Gewichten darin eingeschlossen<br />

sind.<br />

- Marktverschiebungen, <strong>die</strong> anzeigen, wie sich<br />

Konsum- und Produktionsmärkte durch <strong>die</strong><br />

weltweiten Einflüsse, denen sie ausgesetzt<br />

sind, verändern und über Regionen, Länder<br />

und Kontinente hinweg verlagern.<br />

4. Statistische Grundlagen<br />

An Zahlen über <strong>die</strong> Reiseinfuhren und Reisausfuhren<br />

der anbauenden sowie der konsumierenden<br />

und verarbeitenden Länder mangelt es nicht.<br />

Den Statistischen Jahrbüchern für das Deutsche<br />

Reich, <strong>die</strong> seit 1880 veröffentlicht wurden, sind<br />

beispielsweise Großhandelspreise für Reis zu<br />

entnehmen. Ebenso enthalten sie Zahlen über<br />

Ein- und Ausfuhrmengen seit 1859. Für Bremen<br />

gibt es örtliche Statistiken über den Reisumschlag,<br />

<strong>die</strong> 1848 einsetzen. In vielen Veröffentlichungen<br />

sind weitere Zahlen zu finden. In der<br />

Literatur bei Oppel, Schuhmacher und Blankenburg<br />

ebenso wie in den Quellen des Staatsarchivs<br />

Hamburg und der Handelskammer Hamburg, an<br />

Hand derer sich <strong>die</strong> Konflikte ab 1890 zwischen<br />

den zollinländischen und zollausländischen<br />

Mühlen beziehungsweise den zur Reis- und Handels<br />

AG gehörenden Mühlen einerseits und den<br />

unabhängigen Mühlen andererseits nachverfolgen<br />

lassen.<br />

Aus den Quellen und der Literatur ergibt sich<br />

eine Flut an Daten. Dadurch wird <strong>die</strong>s aber keine<br />

statistische Arbeit und fragt daher umso mehr<br />

nach Zusammenhängen. Denn alle genannten<br />

Zahlen müssen mit Vorsicht behandelt werden.<br />

Reis wurde in einer Vielzahl von Gewichtsmaßen<br />

und Bearbeitungszuständen erfasst. Dazu kamen<br />

verschiedene Hohlmaße, <strong>die</strong> alle in Gewichtsmaße<br />

umzurechnen sind, je nach Station der<br />

Handelskette aber trotz gleicher Bezeichnung<br />

verschiedene Mengen bedeuteten. Daraus ergibt<br />

sich, dass Zahlen über Reisproduktionen, -preise<br />

und -handel oft problematisch sind. Preise wurden<br />

zudem in den unterschiedlichsten Währungen<br />

erfasst und Vergleiche werden nicht nur<br />

durch Umrechnungsprobleme, sondern auch<br />

durch <strong>die</strong> Dauer des Untersuchungszeitraums<br />

erschwert.<br />

Die Zusammenfassung der unterschiedlichsten<br />

Gewichts- und Preisangaben war oft „nur durch<br />

schwieriges Vergleichen, durch zurückgehen auf<br />

Bevölkerungszahl, Lebensstandard, Ertrag, Import<br />

und Export möglich. Es ist ganz selbstverständlich,<br />

daß manche Zahl nur Annäherangs-<br />

19


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Bi<br />

wert haben kann“, stellte Blankenburg schon<br />

1933 zu Recht fest.^^ Selbst für Bremen gilt,<br />

dass ein Pfund erst ab 1857 ganz genau einem<br />

Gewicht von 500 Gramm entsprach.^<br />

Vergleiche oder Aneinanderreihungen verschiedener<br />

Statistiken sind kaum möglich, da bei Angaben<br />

über Im- oder Exporte oft nicht zwischen<br />

Rohreis, geschältem Reis oder Cargoreis, eine<br />

Mischung aus beidem, unterschieden wurde.<br />

Beim Schälen von Reis konnte <strong>bis</strong> zu einem<br />

Viertel an Gewichtsabnahme durch den Verlust<br />

von Hülle und Spelze sowie der Politur der Reiskörner<br />

entstehen. Des Weiteren entstanden bei<br />

dem Transport von Reis durch Feuchtigkeitsverlust<br />

Gewichtsschwankungen, <strong>die</strong> schon zu Unterschieden<br />

der Ein- und Ausfuhrmengen führten.<br />

Verdorbene Ladungen ließen <strong>die</strong> Einfuhr in<br />

Europa im Vergleich zur asiatischen Ausfuhr<br />

weiter schrumpfen. Allein der Befall des geernteten<br />

Reises soll zu Verlusten <strong>bis</strong> zu 8,5 Prozent<br />

der Exporte geführt haben. Das führte zu Verlusten<br />

von <strong>bis</strong> zu 1 Million Pfund Sterling jährlich.^*<br />

Des Weiteren ist in der deutschsprachigen<br />

Literatur oft nicht sicher, ob bei tons von englischen<br />

Tonnen zu 1.016 Kilogramm oder von<br />

metrischen Tonnen gesprochen wurde.<br />

Valide Erkenntnisse können trotz der gebotenen<br />

statistischen Grundlagen gewonnen werden.<br />

Denn auch ohne den Anspruch einer umfassenden<br />

statistischen Erfassung des gesamten weltweiten<br />

<strong>Reishandel</strong>s zwischen <strong>1850</strong> und <strong>1914</strong><br />

sind genügend verlässliche Zahlen vorhanden,<br />

um Tendenzen und Entwicklungen zu erkennen<br />

und zu belegen. Da Birma das bedeutendste Anbauland<br />

für den international gehandelten Reis<br />

war, kommt wiederum der Veröffentlichung<br />

Grants von 1932 ein besonderer Stellenwert zu.<br />

Darin werden Zahlen veröffentlicht, <strong>die</strong> <strong>bis</strong> in<br />

das Jahr 1840 und damit in <strong>die</strong> vorkoloniale Zeit<br />

zurückreichen.*®<br />

5. Gliederung<br />

In sechs Abschnitte gegliedert wird <strong>die</strong> Geschichte<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s dargestellt.<br />

Jedem Abschnitt ist grundsätzlich eine bestimmte<br />

1<br />

Zeitspanne zugeordnet. Die Auswahl der Zeiträume<br />

bezieht sich auf inhaltliche Brüche, nach<br />

denen neue Entwicklungen für den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> bestimmend wurden. Innerhalb der<br />

Kapitel gibt es eine thematische Gliederung. Einzelne<br />

Themenblöcke verlassen <strong>die</strong> Chronologie<br />

ihres Kapitels. Rückgriffe und Ausblicke zu einem<br />

Thema sollen in solchen Fällen eine Redundanz<br />

von Inhalten über mehrere Kapitel hinweg<br />

vermeiden.<br />

Das erste Kapitel nimmt <strong>die</strong> Voraussetzungen<br />

zur rasanten Entwicklung der deutschen Reisindustrie<br />

nach <strong>1850</strong> in den Blick. Reis war als<br />

Handelsgut und Nahrungsmittel bereits bekannt.<br />

Handelsrouten, wirtschaftliche und politische<br />

Bedingungen des deutschen <strong>Reishandel</strong>s zur<br />

Mitte des 20. Jahrhunderts werden betrachtet<br />

und es wird aufgezeigt, dass Bremer Kapitäne<br />

erste Erfahrung im asiatischen <strong>Reishandel</strong> sammelten.<br />

Im zweiten Kapitel werden <strong>die</strong> Jahre von <strong>1850</strong><br />

<strong>bis</strong> 1870 analysiert. In <strong>die</strong>sem Zeitraum machte<br />

<strong>die</strong> Familie Rickmers <strong>die</strong> Reisfahrt zum hauptsächlichen<br />

Geschäft ihrer Reederei und etablierte<br />

sich in der deutschen Reismüllerei. Zugleich begann<br />

<strong>die</strong> Ära der Dampfschifffahrt auch in<br />

Deutschland und der internationale Seeverkehr<br />

wandelte sich. Mittelfristig stellte <strong>die</strong>se Entwicklung<br />

auch <strong>die</strong> Rickmers’sche Segelschiffreederei<br />

vor große Herausforderungen. Neben der Gründung<br />

des Deutschen Reichs 1871 ist <strong>die</strong> Eröffnung<br />

des Suezkanals 1869 ein Signum für <strong>die</strong><br />

Zäsur um 1870.<br />

Der Zollanschluss Bremens 1888 markiert das<br />

Ende des dritten Kapitels. Einerseits gelang Bremen<br />

von 1885 <strong>bis</strong> 1888 der Aufstieg zum weltweit<br />

größten <strong>Reishandel</strong>splatz. Als <strong>die</strong>s soeben<br />

erreicht war, zeichnete sich <strong>die</strong> Ablösung Bremens<br />

als größter Umschlagplatz durch Hamburg<br />

bereits ab. Die Reismüllerei wurde professionalisiert<br />

und industrialisiert und mit der Reisstärkefabrikation<br />

entstand ein neuer Industriezweig,<br />

der eng mit dem deutschen <strong>Reishandel</strong> verbunden<br />

war.<br />

Das vierte Kapitel zeigt auf, wie sich der europäische<br />

und der internationale Reismarkt <strong>bis</strong><br />

20


1900 merklich veränderten. In Europa entstanden<br />

auch außerhalb Englands und Deutschlands<br />

Reisindustrien, <strong>die</strong> teilweise durch nationale<br />

Schutzzölle geschützt wurden. Marktabsprachen<br />

gab es zwischen den deutschen Käufern und den<br />

englischen Verladern in Birma ebenso, wie in<br />

Europa unter den Reisstärkeproduzenten Absprachen<br />

getroffen wurden. Trotz großer Konkurrenz<br />

und eines Überangebots an Reisstärke<br />

versuchten <strong>die</strong> Stärkefabrikanten auf <strong>die</strong>sem Weg<br />

ihre Gewinne zu sichern. Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund<br />

mehrten sich <strong>die</strong> Klagen der Reismüller über <strong>die</strong><br />

deutsche Zollpolitik und heftige Konflikte zwischen<br />

zollinländischen und zollausländischen<br />

Mühlen entstanden. Die Eamilie Rickmers diversifizierte<br />

das Familienunternehmen weiter.<br />

Mit dem Kauf einer Mühle in Bangkok begann<br />

sie damit, direkt in den Anbauländem Reis zu<br />

veredeln. Damit gelang zwar ein Ausbau der<br />

Marktposition, zugleich wurde <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

des Werft- und Reedereigeschäfts vom Reis zementiert<br />

und Konflikte mit den englischen Verladern,<br />

<strong>die</strong> in der Folge auch <strong>die</strong> deutsche Reismüllerei<br />

beeinflussen sollten, nahmen ihren Anfang.<br />

Die Gründung der Reis- und Handels AG durch<br />

Andreas Rickmers 1901 leitet das fünfte Kapitel<br />

ein. Die Reis- und Handels AG erreichte in<br />

Deutschland eine monopolartige Stellung auf<br />

dem Reismarkt und entwickelte sich trotz Überkapazitäten<br />

und Betriebsstilllegungen so gut,<br />

dass jährlich Dividenden <strong>bis</strong> zu zehn Prozent<br />

ausgezahlt wurden. Den Einfluss auf den europäischen<br />

Markt sicherte sich Andreas Rickmers<br />

durch <strong>die</strong> Beteiligungen an Reismühlen in Österreich-Ungarn.<br />

Zudem wurden mehrere Reismühlen<br />

in Birma gekauft und durch eine Tochtergesellschaft<br />

betrieben. Die Abhängigkeiten zwischen<br />

der Rickmers AG und der Reis- und<br />

Handels AG waren so groß, dass Letztere in einer<br />

Affäre um Andreas Rickmers fast in den Konkurs<br />

ging. Die Konflikte der deutschen Mühlen bei<br />

den Versuchen, <strong>die</strong> künftige Zollpolitik des Deutschen<br />

Reichs bezüglich Reis zu beeinflussen,<br />

waren prägender Bestandteil der deutschen Reisindustrie<br />

von der Jahrhundertwende <strong>bis</strong> zum Ersten<br />

Weltkrieg. Neben all den Entwicklungen in<br />

Europa veränderte sich der Markt in Asien erheblich.<br />

In den Reishäfen entstanden eigene Industrien,<br />

Singapur und Hongkong wurden zu<br />

wichtigen Umschlagplätzen für Reis. Der europäische<br />

Markt für Reis wurde vom asiatischen<br />

Markt überflügelt.<br />

Im sechsten und letzten Kapitel wird ein Ausblick<br />

auf den völligen Stillstand des deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>s mit Beginn des Ersten Weltkrieges<br />

gegeben. Die wichtigen asiatischen Besitzungen<br />

gingen verloren und in den europäischen Betrieben<br />

wurden entweder andere Güter als Reis verarbeitet<br />

oder sie wurden stillgelegt. Abschließend<br />

wird in einem knappen Ausblick der Neuaufbau<br />

einer deutschen Reisindustrie nach 1918 beleuchtet.<br />

21


Kapitel I<br />

Die Ausgangslage des deutschen <strong>Reishandel</strong>s um <strong>1850</strong><br />

1. Reisanbau und <strong>Reishandel</strong><br />

in Nordamerika<br />

“Planting, milling, and marketing were the major<br />

functional components of the American rice industry<br />

[...]. The interrelationship between these<br />

components defines the dynamics of the rice industry.”^^<br />

Wann genau in Nordamerika mit dem Anbau<br />

von Reis begonnen wurde, lässt sich nicht mehr<br />

exakt feststellen. Manche Historiker sprechen<br />

davon, dass seit dem frühen 17. Jahrhundert Reis<br />

in Amerika angebaut wurde, andere wiederum<br />

legen den Beginn auf das Jahr 1694.^* Sicher<br />

wurde Reis aber erst durch europäische Siedler<br />

angebaut und vor allem durch <strong>die</strong> Arbeit afrikanischer<br />

Sklaven ermöglicht.^* Die Küstengebiete<br />

South Carolinas und Georgias wurden urbar gemacht<br />

und Felder eingedeicht. Dort eignete sich<br />

einerseits das Klima gut zum Reisbau, andererseits<br />

musste verhindert werden, dass <strong>die</strong> Felder<br />

vom Salzwasser überspült und somit unfruchtbar<br />

wurden.<br />

Der Beginn des amerikanischen Reisanbaus<br />

Die schlüssigsten Angaben zu der Frage, seit<br />

wann in South Carolina Reis gepflanzt wurde,<br />

macht Henry Dethloff, indem er direkt auf verschiedene<br />

Quellen verweist. Ein Flugblatt von<br />

1666 wies künftige Siedler daraufhin, dass sich<br />

South Carolina gut zum Anbau von Reis eigne.<br />

Ein weiteres Dokument von 1677 belegt, dass<br />

<strong>die</strong> Großgrundbesitzer in Charleston nach geeigneten<br />

Reissamen suchten. Nach einem Bericht<br />

aus dem 18. sowie zwei weiteren aus dem frühen<br />

19. Jahrhundert wurde zwischen 1688 und 1693<br />

mit dem Reisanbau begonnen. Die Einführung<br />

eines geeigneten und ertragreichen Reissamens<br />

aus Madagaskar war zu Beginn des 18. Jahrhunderts<br />

offensichtlich erfolgreich umgesetzt. Ob<br />

der Reis nun gezielt eingeführt wurde oder das<br />

Schiff mit den Reissamen zufällig durch einen<br />

Sturm in den Hafen von Charleston getrieben<br />

wurde, ist nicht mehr eindeutig zu klären.“*®Das<br />

öffentliche Interesse am Reisanbau dokumentiert<br />

aber nicht nur <strong>die</strong> Quelle von 1677, sondern<br />

auch eine Urkunde von 1715. Nach <strong>die</strong>ser bekam<br />

der Kapitän John Thurber durch das Abgeordnetenhaus<br />

von South Carolina einen Betrag von<br />

100 £ als Anerkennung dafür zugesprochen, dass<br />

er den ersten Reis aus Madagaskar nach South<br />

Carolina eingeführt hatte. Ein weiterer Beleg dafür,<br />

dass im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert<br />

in South Carolina der Grundstein für eine<br />

Reisindustrie gelegt war, ist ein Patent von<br />

1691, das eine innovative Reisschälvorrichtung<br />

schützen sollte.“"<br />

In den folgenden Jahrzehnten wuchs der amerikanische<br />

<strong>Reishandel</strong> rasant. 1709 wurden 1,5<br />

Millionen Pfund, 1726 bereits 10 Millionen-<br />

Pfund und kurz vor der amerikanischen Unabhängigkeit<br />

1770 über 83 Millionen Pfund Reis<br />

exportiert.“*^ Nach der britischen Navigationsakte<br />

von 1660 war der Export bestimmter Artikel verboten<br />

und in einem Gesetzeszusatz von 1704<br />

wurde ein Exportverbot für Reis ausdrücklich<br />

genannt. Trotzdem gab es direkte Exporte zu<br />

den Kari<strong>bis</strong>chen Inseln, nach Portugal und sogar<br />

nach Bremen. 1755 liefen sieben Schiffe aus<br />

South Carolina Bremen direkt an, im Jahr darauf<br />

sogar acht Schiffe. Zu den Ladungen dürfte sicher<br />

auch Reis gehört haben.^^-“*“*Erst 1731 hob<br />

das Parlament den <strong>die</strong> Reisausfuhr verbietenden<br />

Gesetzeszusatz wieder auf und der bestehende<br />

Handel wurde legalisiert. Die Schifffahrtsgesetze<br />

beschränkten den Handel nicht nur, sondern stimulierten<br />

und kanalisierten ihn zugleich auch.<br />

Die Vorgabe, dass nur auf Schiffen, <strong>die</strong> in Großbritannien<br />

gebaut und bereedert waren, Handel<br />

mit den Kolonien stattfinden durfte, wurde in<br />

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der Praxis weit ausgelegt. Oft wurden <strong>die</strong> Schiffe<br />

von amerikanischen Händlern mit eigenem Kapital<br />

auf heimischen Werften geordert und von<br />

<strong>die</strong>sen auch bereedert. Einzig ein Geschäftspartner<br />

in England gab dann der Form halber seinen<br />

Namen, damit der Handel den Gesetzen entsprach.<br />

Der britische und der amerikanische<br />

Schiffbau wurden gefördert und <strong>die</strong> britische<br />

Seemacht durch <strong>die</strong> Navigationsgesetze gestärkt.<br />

Zugleich löste sich mit der militärischen Durchsetzung<br />

der britischen Interessen am Handel<br />

langfristig auch das Problem der Piraterie, welche<br />

<strong>die</strong> Geschäfte der für den Reisexport wichtigsten<br />

Hafenstadt Charleston bedrohte.<br />

Da nur mit England direkt gehandelt werden<br />

durfte, entstand dort, besonders in London und<br />

LiveipooP’, eine erste europäische Reisindustrie.<br />

Die beiden Städte wurden zur Drehscheibe für<br />

den europäischen <strong>Reishandel</strong> und reexportierten<br />

den amerikanischen Reis nach Skandinavien,<br />

Holland und Deutschland.'*^<br />

Der Transport auf den Segelschiffen war alternativlos.<br />

Trotzdem waren <strong>die</strong> Schiffstransporte<br />

immer wieder mit wirtschaftlichen Risiken verbunden.<br />

Über 80 Jahre nach der amerikanischen<br />

Unabhängigkeit und dem bereits fest etablierten<br />

Direkthandel zwischen Charleston und dem europäischen<br />

Festland musste beispielsweise der<br />

Bremer Kapitän Heinrich Wieting seinem Reeder<br />

noch Mitte des 19. Jahrhunderts berichten, dass<br />

<strong>die</strong> Reise zwar gut verlaufen sei, <strong>die</strong> Reisladung<br />

aber mit so vielen Käfern und Würmern durchsetzt<br />

sei, dass ein reibungsloser Verkauf in Frage<br />

stünde.“’ Wirtschaftlich fiel es nicht ins Gewicht,<br />

doch für <strong>die</strong> Besatzungen der Segelschiffe war<br />

Reis nicht nur Transportgut, sondern auch oft<br />

Verpflegung.'*®<br />

Arbeitskräfte für den Reisexport -<br />

Aufschwung der Sklavenwirtschaft<br />

Damit große Mengen Reis exportiert werden<br />

konnten, musste vor allem in den Anbaugebieten<br />

South Carolina und Georgia erst einmal der wirtschaftlich<br />

lohnende Reisanbau auf großen Plantagen<br />

eingeführt werden. Land wurde gezielt urbar<br />

gemacht und für <strong>die</strong> Kultivierung der neuen<br />

Nutzflächen mussten Arbeitskräfte gefunden<br />

werden.<br />

Belegt ist, dass ein Einwanderungsagent aus der<br />

Schweiz in seiner alten Heimat damit warb, dass<br />

jede Familie kostenlos 50 Morgen'*^ Land zum<br />

Reisanbau erhielt und für jedes Kind eine zusätzliche<br />

Prämie von 20 £ bekam.’®Das an South<br />

Carolina grenzende Georgia wurde ebenfalls zu<br />

einem Anbaugebiet für Reis. Georgia sollte ursprünglich<br />

eine weiße Siedlerkolonie werden<br />

und verbot durch ein Gesetz von 1735 Sklaverei<br />

und Sklavenarbeit. Stattdessen sollten weiße Vertragsarbeiter<br />

<strong>die</strong> Arbeiten übernehmen, <strong>die</strong> in<br />

South Carolina von Sklaven ausgeführt wurden.<br />

Dieses Vorhaben scheiterte: “Many of those indentured<br />

fled into South Carolina and further<br />

northward to escape the laborious work of clearing<br />

and cultivating land for production.”’* Das<br />

Sklavereiverbot wurde umgangen, indem vorgegeben<br />

wurde, dass <strong>die</strong> aus South Carolina kommenden<br />

Sklaven Vertragsarbeiter seien. Eine von<br />

117 Landbesitzern in Georgia Unterzeichnete Petition<br />

machte 1738 ausdrücklich das Verbot der<br />

Sklaverei für <strong>die</strong> ungenügende Entwicklung der<br />

Kolonie verantwortlich. 1750 wurde der Negro<br />

Act schließlich außer Kraft gesetzt.”<br />

Bis 1700 bestand <strong>die</strong> Bevölkerung in South Carolina<br />

mehrheitlich aus weißen Siedlern. In den<br />

folgenden Jahren änderte sich <strong>die</strong>s aber rasant.<br />

In Georgia verzögerte sich <strong>die</strong>selbe Entwicklung<br />

durch den Negro Act von 1735, nahm dann aber<br />

<strong>die</strong> gleiche Richtung: 1750 lebten dort noch etwa<br />

viermal so viele Weiße wie Sklaven, um 1776<br />

hatten sich <strong>die</strong> Bevölkerungsgruppen zahlenmäßig<br />

angeglichen.” Vor der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung<br />

waren damit alle Voraussetzungen<br />

für eine erfolgreiche Reisindustrie geschaffen:<br />

“Whatever their origins, the basic<br />

structures and system of labor for producing and<br />

marketing rice were in place by the close of the<br />

colonial era.”’'*<br />

Nach der gewonnenen Unabhängigkeit der ehemaligen<br />

englischen Kolonie wurde durch zwei<br />

Gesetze von 1778 und 1780 eine große Fläche<br />

Reisland in Georgia beschlagnahmt. Die Ent-<br />

23


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Wicklung der Reisplantagen in den nachfolgenden<br />

Jahren hing vor allem davon ab, wie fähig<br />

<strong>die</strong> Besitzer Sklavenarbeit einsetzten. 1820 bestand<br />

<strong>die</strong> Bevölkerung in den reisanbauenden<br />

Regionen Georgias zu 70 Prozent aus Sklaven.”<br />

Eine Stu<strong>die</strong> von 1974 sieht den Erfolg des Reisanbaus<br />

durch Sklaven aber nicht nur durch <strong>die</strong><br />

Ausbeutung der Arbeitskraft, sondern auch durch<br />

einen Kulturtransfer von Afrika nach Amerika.<br />

“Africans brought to America much of the technology<br />

for cultivating and milling rice, as well<br />

as the familiarity with rice as food.”” Der Einsatz<br />

von Sklaven war für <strong>die</strong> Reisbauem zudem günstig,<br />

weil der Reis zugleich als äußerst preiswertes<br />

Nahrungsmittel für <strong>die</strong> große Zahl der Sklaven<br />

<strong>die</strong>nen konnte. Um <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit weiter<br />

zu erhöhen, wurden <strong>die</strong> Arbeiter nicht in Arbeitskolonnen<br />

aufgeteilt, <strong>die</strong> von morgens <strong>bis</strong><br />

abends arbeiteten, sondern einzelnen Aufgabenbereichen<br />

zugewiesen. So entstand eine Spezialisierung.<br />

Die Arbeit wurde schneller von befähigten<br />

Sklaven erledigt und <strong>die</strong>se konnten <strong>die</strong><br />

freie Tageszeit nutzen, um sich durch handwerkliche<br />

Arbeiten finanziellen Zuver<strong>die</strong>nst und damit<br />

einen etwas angenehmeren Lebensstandard<br />

zu schaffen.”<br />

Neben der Ausbeutung von Sklaven waren <strong>die</strong><br />

technischen Entwicklungen beim Anbau und der<br />

Verarbeitung entscheidend für <strong>die</strong> überragende<br />

wirtschaftliche Bedeutung des Reises in Amerika.<br />

Eine der wichtigsten Innovationen war um<br />

1750 <strong>die</strong> Einführung einer von der Tide regulierten<br />

Bewässerungsmethode der Reisfelder. Ein<br />

Pflanzer machte es sich zu Nutze, dass <strong>die</strong> Pegel<br />

der Flüsse mit steigender Flut angehoben wurden,<br />

und ließ durch entsprechende Tore Süßwasser<br />

in angelegte Bewässerungskanäle drücken.<br />

Durch ein System von Kanälen und Schleusen<br />

wurde das Süßwasser anschließend zu den Feldern<br />

gelenkt und dort gehalten, sobald der Wasserspiegel<br />

der Flüsse wieder sank. Zugleich hielten<br />

Gatter das schädliche Salzwasser von den<br />

Feldern fern.^*<br />

Weltmarktbedeutung:<br />

Innovative Prozesse und Marktverbreiterung<br />

Da Reisanbau arbeits- und kapitalintensiver war<br />

als der Anbau der örtlichen Konkurrenzgüter Zucker<br />

und Baumwolle, waren <strong>die</strong> technischen Innovationen<br />

entscheidend. Im Vergleich mit Zucker-<br />

und Baumwollplantagen waren Reisplantagen<br />

besser gemanagt, <strong>die</strong> Arbeitsprozesse<br />

spezialisierter und erbrachten insgesamt höhere<br />

Gewinne. Zudem fing <strong>die</strong> Technisierung der Arbeitsabläufe<br />

das Importverbot von Sklaven seit<br />

1808 auf. Die Fortpflanzung der Sklaven reichte<br />

den weißen Farmern, um ihren Bedarf an Arbeitskräften<br />

decken zu kötmen.” Die technischen<br />

Fortschritte in der Bearbeitung des geernteten<br />

Reises zeigen eine Reihe von Patenten, <strong>die</strong> zwischen<br />

1808 und 1830 angemeldet wurden, wie<br />

beispielsweise ein Patent über eine dampfgetriebene<br />

Reisschäleinrichtung. Die technischen Innovationen<br />

in der Reismüllerei waren weltweit<br />

führend und machten den Reisexport zu einem<br />

der wichtigsten amerikanischen Geschäftsfelder.“<br />

Der Bremer Kapitän Heinrich Wieting fasste<br />

<strong>die</strong> überragende wirtschaftliche Stellung von<br />

amerikanischem Reis 1851 treffend zusammen,'<br />

als er seinem Reeder davon berichtete, dass noch<br />

nie zuvor so viel Reis in Charleston verschilft<br />

worden sei und <strong>die</strong>s sicher auch in Zukunft ein<br />

gutes Geschäft abgebe.*'<br />

Der Weltmarkt für Reis wurde auf mehreren Wegen<br />

erschlossen. Einerseits durch den Verkauf<br />

von Reis in den örtlichen Häfen. Andererseits<br />

wurde der Reis aber meist in den Anbaugebieten<br />

von Kommissionären aufgekauft, <strong>die</strong> für Handelshäuser<br />

in Boston, Philadelphia oder New<br />

York arbeiteten. Von dort wurde dann ganz<br />

Europa als Absatzmarkt erschlossen.*^ Somit<br />

brachten nicht nur Kapitäne wie Wieting Reis<br />

als Rückfracht in den Auswandererschiffen nach<br />

Charleston, sondern auch viele andere Nordamerikafahrer<br />

Reis in <strong>die</strong> Hansestadt. Allein der direkte<br />

Reisimport von Charleston nach Bremen<br />

übertraf schon 1851 2.000 Tonnen.“<br />

Zur Stärkung der eigenen Marktposition versuchten<br />

<strong>die</strong> amerikanischen Bauern und Reis-


handler, sich von den engen wirtschaftlichen Beziehungen<br />

mit der englischen Reisindustrie zu<br />

lösen und unabhängiger zu werden. Belegt wird<br />

<strong>die</strong>s durch ein Schreiben der „Agricultural Society<br />

of South Carolina“, also einer landwirtschaftlichen<br />

Vereinigung. Dieses Schreiben erreichte<br />

durch <strong>die</strong> Vermittlung des „Comittee on<br />

Foreign Rice Mills“ im Januar 1828 das Bremer<br />

Kollegium der Äldermänner, das Vorgängergremium<br />

der Handelskammer. Der Brief warb um<br />

neue Akteure im <strong>Reishandel</strong> mit Europa, weil<br />

<strong>die</strong> englischen Reismüller eine zu große Konkurrenz<br />

für <strong>die</strong> amerikanischen Händler waren:<br />

“As the trade is now carried on by the proprietors<br />

of the Englisch Mills, they can afford to sell<br />

fresh beat Rice at 25 to 30 per cent under that<br />

beat in Carolina.” ^ Des Weiteren heißt es dort,<br />

dass der in Amerika geschälte Reis nach dem<br />

Transport nach Europa unvorteilhaft aussehe und<br />

mit dem in England geschälten Reis nicht konkurrieren<br />

könne. Daher widmet sich das Schreiben<br />

auf den folgenden zwei Seiten den Möglichkeiten<br />

der Reismüllerei auf dem europäischen<br />

Kontinent und wirbt darum, sich der<br />

Einfuhr von Rohreis zu widmen und der Reismüllerei<br />

zuzuwenden: “[...] but as the Rough<br />

grain at one fourth part of the price of Market<br />

Rice, affords to those who beat it out, a profit of<br />

25 to 30 per cent.”“<br />

Urn Kaufleute zu gewinnen, <strong>die</strong> keine Erfahrungen<br />

im Reisgeschäft haben, wurde im Eolgenden<br />

Reis in seinen Eigenschaften und Handelskomponenten<br />

vorgestellt. „Rough Rice“ oder ungeschälter<br />

Rohreis war das Ausgangsprodukt. Der<br />

an den Endkunden zu verkaufende Reis wurde<br />

als „Market Rice“ oder „Rice of Commerce“<br />

vorgestellt und „Small Rice“ meinte den ebenfalls<br />

noch absetzbaren Bruchreis. Außerdem wurden<br />

noch „Rice Flour“, das als Futtermittel verwendbare<br />

Reismehl, und zuletzt <strong>die</strong> für Verpackungszwecke<br />

nutzbare Spreu „Chaff* erläutert.<br />

Des Weiteren stellten <strong>die</strong> Verfasser eine Profitrechnung<br />

auf und unterstrichen <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

eines Gewinns von 30 Prozent bei eigener Verarbeitung<br />

von Rohreis.“<br />

Anschließend gab es eine kurze Einführung in<br />

<strong>die</strong> Techniken und teehnischen Anforderungen<br />

der Reismüllerei. Dass es für einen Laien gar<br />

nicht so einfach war, ohne Vorkenntnisse eine<br />

Reismühle zu betreiben, wurde dabei nicht außer<br />

Acht gelassen:<br />

“The Society are aware that no foreigner or<br />

stranger, who at present is ignorant of the<br />

process of preparing Rice for market, can undertake<br />

to eonduct it, until he has acquired,<br />

by inspection, and some experience, the necessary<br />

knowledge, as well of the machinery<br />

as of the grain itself. [...] In these [more than<br />

60 private Rice Mills of South Carolina], information<br />

can readily be procured, by bringing<br />

suitable certificates of good character.<br />

And, as the Society believes, that to some<br />

who might wish to acquire a knowledge of<br />

this art, in order to carry it into other States<br />

and Countries, it may be an object of consideration<br />

to lessen their expenses while here<br />

[...] it would state, that intelligent practical<br />

farmers or mechanics [...] will be well treated,<br />

and [...] acquire all the necessary knowledge<br />

of the machinery to enable them to erect Rice<br />

Mills, on the most perfeet and economical<br />

principles.”“<br />

Die landwirtschaftliehe Vereinigung in South<br />

Carolina mühte sich aktiv um neue europäische<br />

Reismüller, <strong>die</strong> das Monopol der Engländer im<br />

Handel nach Europa brechen sollten. Dafür waren<br />

<strong>die</strong> amerikanischen Reismüller bereit, ihr<br />

technisches Wissen zu teilen und willigen Kaufleuten<br />

und Unternehmern aus Bremen sogar <strong>die</strong><br />

notwendige Lehrzeit in amerikanischen Reismühlen<br />

finanziell zu erleichtern. Der amerikanische<br />

Reisabsatz hatte also bereits 1828 einen<br />

so großen Umfang angenommen, dass mehr als<br />

60 private Reismüller sich einig waren und zu<br />

ihrem geschäftlichen Vorteil aktiv naeh neuen<br />

europäischen Abnehmern und Wettbewerbern<br />

suchten.<br />

Die Aufforderung zur Gründung einer Reismühle<br />

fand 1828 noch kein Gehör in Bremen. Wie später<br />

gezeigt wird, waren <strong>die</strong> wirtschaftliehen und<br />

technischen Vorbedingungen an der Weser wohl<br />

noch nicht weit genug fortgeschritten. Aber 60<br />

25


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Jahre später überflügelte <strong>die</strong> Bremer Industrie<br />

eindrucksvoll <strong>die</strong> englische Reismüllerei auf dem<br />

europäischen Markt und sollte zu einem Weltmarktführer<br />

werden.<br />

2. Europäer in Asien - Koloniale Entwicklungen<br />

und Anfänge im <strong>Reishandel</strong> mit Asien<br />

Birma war für Europa in der zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts das wichtigste Reisanbaugebiet,<br />

weil von dort der größte Teil des in den Mühlen<br />

Londons, Liverpools und Bremens verarbeiteten<br />

Reises stammte. Doch <strong>die</strong> ersten Kontakte von<br />

Europäern mit Birma gab es deutlich früher.<br />

Stück für Stück wurden Entwicklungen angestoßen<br />

und Voraussetzungen geschaffen, <strong>die</strong> Birma<br />

nach der schrittweisen britischen Annektion<br />

zwischen 1826 und 1886 <strong>bis</strong> zum Beginn des<br />

20. Jahrhunderts eine überragende Bedeutung<br />

im internationalen <strong>Reishandel</strong> einbrachte. Siam<br />

war für Europa der zweitgrößte Markt für den<br />

Einkauf asiatischen Reises. Dass Siam für <strong>die</strong><br />

europäische Industrie nie <strong>die</strong> Bedeutung Birmas<br />

erreichen konnte, zeichnete sich bereits früh ab.<br />

In vielen weiteren Gebieten Asiens wurde Reis<br />

angebaut, da sie für den europäischen <strong>Reishandel</strong><br />

jedoch keine besondere Bedeutung erlangten,<br />

werden sie hier außen vor gelassen.®*<br />

Erste Kontakte und frühe<br />

Handelsbeschränkungen in Birma<br />

Wie <strong>die</strong>se frühen europäischen Annäherungen<br />

aussahen, zeigt der Bericht des Engländers William<br />

Hunter, nach eigenem Bekunden Doktor<br />

und Wundarzt, der 1782 das Königreich Pegu<br />

im Auftrag der East India Company, der englischen<br />

Ostin<strong>die</strong>n-Gesellschaft, bereiste. Das Königreich<br />

Pegu - genau genommen bereits Mitte<br />

des 18. Jahrhunderts durch Eroberung zum Königreich<br />

Ava geworden - war ein Teil des späteren<br />

Birmas und bezeichnete Gebiete um dessen<br />

Hauptstadt Rangun. Hunter fasste in seinem<br />

1785 in England und zwei Jahre später in Hamburg<br />

auf Deutsch veröffentlichten Reisebericht<br />

Informationen über <strong>die</strong> Kultur, <strong>die</strong> Regierungs­<br />

26<br />

1<br />

form, <strong>die</strong> Einwohner und <strong>die</strong> Wirtschaft zusammen.®^<br />

Im Vorbericht wird vom Übersetzer darauf<br />

hingewiesen, dass es <strong>bis</strong> zu Hunters Reise nur<br />

wenige Berichte aus der Region gegeben habe.<br />

Neben der Anpreisung des Buches wird damit<br />

besonders das Ansinnen Hunters selber unterstrichen;<br />

„Daß der Handel nach Pegu <strong>bis</strong>her noch kein<br />

Gegenstand größerer Aufmerksamkeit geworden<br />

ist rühret nicht sowohl von seiner Unbeträchtlichkeit<br />

her, sondern ist vielmehr [...]<br />

verschiednen zufälligen Umständen zuzuschreiben.<br />

Ich hoffe den unparteiischen Leser<br />

zu überzeugen, daß es nicht nur der Mühe<br />

wert, sondern auch sehr thunlich ist, <strong>die</strong>se<br />

Hindernisse aus dem Weg zu räumen und unsre<br />

Handelsgeschäfte mit Pegu auf einen festen<br />

Fuß zu setzen [...] um große Nazionalvortheile<br />

daraus zu ziehen.“’'<br />

Wie klein der europäische Einfluss <strong>bis</strong> dahin<br />

war, zeigt eine Anekdote Hunters über <strong>die</strong> Eroberung<br />

Pegus durch das Königreich Ava. Eine<br />

französische Fregatte habe im Hafen der Hauptstadt<br />

gelegen und sich den Eroberern widersetzt.<br />

Daraufhin seien alle Offiziere hingerichtet und<br />

<strong>die</strong> übrige Besatzung versklavt worden.” Europäer<br />

waren Mitte des 18. Jahrhunderts in Birma<br />

schon präsent, einen Einfluss, wie sie ihn 75 <strong>bis</strong><br />

100 Jahre später erreichten, hatten sie aber noch<br />

lange nicht. Unter dem Herrscher Badon Min<br />

(1782-1819) öffnete sich Birma trotzdem Fremden<br />

und vor allem dem Handel. Armenier, Perser<br />

und Muslime waren anfangs allerdings eher Handelspartner<br />

als Europäer.<br />

Der Ablauf des Handels war streng vorgegeben.<br />

Der Fluss zum Hafen von Rangun durfte nur mit<br />

einem Lotsen befahren werden. Sobald der Ankerplatz<br />

erreicht war, mussten <strong>die</strong> Kanonen.<br />

Musketen und das Steuerruder an Land gebracht<br />

werden. Der Kapitän hatte sich mit einer Liste<br />

der gesamten Fracht beim Gouverneur zu melden,<br />

um den Einfuhrzoll von 12,5 Prozent abzuführen.<br />

Zehn Prozent Einfuhrzoll erhielt der König,<br />

<strong>die</strong> anderen 2,5 Prozent gingen an den Gouverneur<br />

und seine Verwaltungsbeamten.” Der<br />

für den Handel zuständige Beamte war sogar oft


selber ein Ausländer - laut Hunter 1782 ein Armenier.<br />

Ebenso strikt waren <strong>die</strong> Vorgaben beim<br />

Verlassen des Hafens. Beamte des Gouverneurs<br />

gingen an Bord, um jeglichen Schleichhandel<br />

zu unterbinden, und ein Lotse musste <strong>die</strong> Flussfahrt<br />

begleiten. „Wer aber ohne [des zuständigen<br />

Beamten] Befehl sich unterstünde, ein Schiff<br />

auszulootsen, würde hart bestraft werden.<br />

Wichtigstes Exportgut <strong>bis</strong> Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

war Teakholz, das sich hervorragend<br />

zum Schiffbau eignete.<br />

<strong>Reishandel</strong> in Birma von der frühen Neuzeit<br />

<strong>bis</strong> ins 19. Jahrhundert<br />

Reis wurde bereits Anfang des 16. Jahrhunderts<br />

von Pegu exportiert und laut eines portugiesischen<br />

Berichts nach Sumatra und Malakka verschifft.’’<br />

Zudem handelten in der ersten Hälfte<br />

des 17. Jahrhunderts Portugiesen mit Reis und<br />

Sklaven in der Hafenstadt Arakan. Diese war <strong>bis</strong><br />

1785 unabhängig und verschiffte, ausgenommen<br />

<strong>die</strong> Zeit von Missernten, Reis. Mit der Eroberung<br />

Arakans durch Birma 1785 galten für <strong>die</strong> Hafenstadt<br />

jedoch <strong>die</strong> gleichen Handelsbeschränkungen,<br />

wie sie für das Gebiet des ehemaligen<br />

Königreichs Pegu um <strong>die</strong> Hafenstadt Rangun<br />

bestanden. Um den Reichtum des Landes zu<br />

schützen, wurden mit einer restriktiven Handelspolitik<br />

unter anderem Gummi, kostbare Metalle<br />

und Reis vom Export ausgeschlossen. Einzig<br />

mit Oberbirma wurde je nach Menge der Ernte<br />

unregelmäßig Reis gehandelt. In Jahren mit guten<br />

Ernten ließ man den überschüssigen Reis<br />

auf den Feldern verrotten statt ihn zu exportieren.<br />

Die Handelsbeschränkungen sowie <strong>die</strong> beschriebene<br />

Behandlung der europäischen Überseekaufleute<br />

führten dazu, dass nur wenige europäische<br />

Schiffe Birma anliefen und asiatischer Reis kaum<br />

nach Europa kommen konnte.’*<br />

Diese Verhältnis.se änderten sich erst zu Gunsten<br />

der europäischen Händler, als Birma schrittweise<br />

zu einer Kolonie wurde. 1826 eroberten Engländer<br />

<strong>die</strong> birmanischen Küstengebiete Arakan<br />

und Tenasserim, <strong>die</strong> nordöstlich und südwestlich<br />

des Gebiets um <strong>die</strong> Stadt Rangun liegen. Sehr<br />

bald, um 1830, begann <strong>die</strong> Geschichte Arakans<br />

als Anbaugebiet für Exportreis. Wenige Jahre<br />

später begann auch <strong>die</strong> deutsch-birmanische Geschichte.<br />

Aus Kalkutta kommend traf der deutsche<br />

Naturforscher Johann Wilhelm Helfer im<br />

Februar 1837 zusammen mit seiner Frau Pauline<br />

in Moulmein, das im Gebiet von Tenasserim<br />

liegt, ein.” Helfers Frau, in zweiter Ehe zur Gräfin<br />

Nostitz-Rieneck geworden, veröffentlichte<br />

ihre Erinnerungen an <strong>die</strong> Reise in Birma allerdings<br />

erst 1873. Trotzdem dürften Berichte über<br />

Birma durch <strong>die</strong> britische Erobemng gepaart mit<br />

der Anwesenheit <strong>Deutscher</strong> sowie deren Berichte<br />

in <strong>die</strong> Heimat dazu geführt haben, dass Birma<br />

in Deutschland nicht länger den exotischen Status<br />

hatte, der sich noch in der Beschreibung Hunters<br />

von 1785 ausdrückte. In der Folge waren<br />

Deutsche <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg nach Engländern<br />

sogar <strong>die</strong> zweitgrößte europäische Bevölkerungsgruppe<br />

in Birma.”<br />

Der zweite Britisch-Birmanische Krieg 1852<br />

schaffte <strong>die</strong> endgültigen Voraussetzungen für einen<br />

geregelten Handel mit Birma. Durch <strong>die</strong><br />

Eingliederung des Gebiets um <strong>die</strong> Stadt Rangun<br />

wurden <strong>die</strong> gesamten Küstengebiete Birmas von<br />

Engländern beherrscht und verwaltet. Passend<br />

hierzu berichtete der schon im Zusammenhang<br />

mit dem amerikanischen <strong>Reishandel</strong> genannte<br />

Bremer Kapitän Wieting in einem Brief beiläufig<br />

davon, dass bereits 1852 ein Bremer Schiff Reis<br />

aus Akyab” , einer im Norden Birmas liegenden<br />

Küstenstadt, nach Bremen gebracht hatte.*“<br />

Englische Intentionen<br />

1862 wurden <strong>die</strong> von Engländern beherrschten<br />

Gebiete offiziell als Lower Burma bezeichnet,<br />

ein eigenes Verwaltungsgebiet am Rand vom indischen<br />

Teil des britischen Weltreichs. Ob in der<br />

Reis- oder in der Holzindustrie, es verwundert<br />

kaum, dass englische Firmen eine beherrschende<br />

Stellung in der Wirtschaft Birmas erlangten. Dass<br />

Birma im Interesse des englischen <strong>Reishandel</strong>s<br />

und der Veredelungsindustrie gezielt zu einer<br />

großen britischen Reisplantage ausgebaut werden<br />

sollte, lässt sich aus den Anfängen der Er-<br />

27


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oberung und politischen Eingliederang aber nicht<br />

erkennen.<br />

Für <strong>die</strong> Reismühlen in London und Liverpool<br />

zeigt sich vielmehr deutlich, dass sie auf den<br />

amerikanischen Rohstoffmarkt abgestimmt waren.<br />

1840 gab es je eine Reismühle in London<br />

und in Liverpool. Da schon 1812 ein Zoll von<br />

vier Dollar je Fass auf in Amerika gemahlenem<br />

Reis abzugeben, roher und ungeschälter Reis<br />

hingegen abgabenfrei war, kann von einer bereits<br />

bestehenden und auf den prosperierenden amerikanischen<br />

Reismarkt ausgerichteten englischen<br />

Reisindustrie ausgegangen werden. Der Reis aus<br />

den Vereinigten Staaten war erwünscht und zugleich<br />

sollten <strong>die</strong> englischen Mühlen vor der<br />

Konkurrenz in Amerika geschützt werden. Zudem<br />

eignete sich Birma Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

noch nicht sonderlich für Getreideanbau,<br />

wie eine Beschreibung Siok-Flwas des Zustands<br />

der 1852 eroberten Gebiete zeigt:<br />

“There were only a few scattered hamlets<br />

practicing shifting paddy cultivation in small<br />

clearings in the jungle and agriculture was<br />

mainly for subsistence purposes. Along the<br />

coast, salt-boiling, fishing and pottery-making<br />

were important occupations and there was a<br />

thriving export trade in dried and salted fish.”®'<br />

Der zweite Britisch-Birmanische Krieg 1852<br />

fällt in einen Zeitraum mit der Aufhebung der<br />

englischen Komzölle 1846 und der daraus resultierenden<br />

Aufhebung der Navigationsakte<br />

1849. Zwei Impulse, <strong>die</strong> in Europa den Beginn<br />

einer Epoche des Freihandels markierten.®^ Der<br />

nun für alle Europäer freie Handel mit britischen<br />

Kolonien und der allgemeine Anstieg des internationalen<br />

Handelsvolumens begünstigten auch<br />

den Handel mit Birma. Ein Gesamtkonzept für<br />

den Umfang der britischen Eroberungen spricht<br />

Wende der Kolonialisierung dennoch ab.®®<br />

Andererseits stand das Fehlen enger staatlicher<br />

Vorgaben einer guten wirtschaftlichen Entwicklung<br />

der Kolonien nicht entgegen.®“ Für Birma<br />

sei es Hauptziel der Kolonialherren gewesen,<br />

möglichst genügend Staatseinnahmen zur Finanzierung<br />

der Verwaltungskosten zu generieren.<br />

Dafür musste es erst einmal genügend landbe­<br />

sitzende Bauern geben.®® Entsprechende Bemühungen<br />

zur Ansiedlung von Bauern und der Urbarmachung<br />

und Kultivierung von Ackerland<br />

wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

unternommen.<br />

Dem leicht widersprechend argumentierte Glade,<br />

dass mit der Aufhebung der Navigationsakte <strong>die</strong><br />

amerikanische Wirtschaft dem Einfluss Englands<br />

immer weiter entglitten sei und sie deswegen<br />

beim Anbau von Reis, Kaffee und Zucker von<br />

der ostindischen beziehungsweise asiatischen<br />

Produktion überholt werden sollte.®® Nach dem<br />

Verlust der amerikanischen Kolonien suchte sich<br />

<strong>die</strong> englische Wirtschaft also neue Einfluss- und<br />

Absatzgebiete - auch um bestehende Industrien<br />

wie <strong>die</strong> Reismühlen in London und Liverpool<br />

nicht zu gefährden. Die Aussage Glades ist jedoch<br />

nicht so überzeugend, dass sie <strong>die</strong> Argu<br />

mentation von Wende, nach der es kein Gesamtkonzept<br />

für <strong>die</strong> Entwicklung der englischen Kolonialwelt<br />

gegeben habe, widerlegt. Es lassen<br />

sich auch keine Beweise für einen Generalplan<br />

zur Schaffung einer neuen kolonialen reisanbauenden<br />

Landwirtschaft in Birma finden.<br />

Zudem muss besonders hervorgehoben werden,<br />

dass <strong>die</strong> Erschließung eines britischen Weltreichs’<br />

nicht auf <strong>die</strong> Einflüsse und Verbindungen aus<br />

London zu reduzieren ist. Vielmehr haben viele<br />

verschiedene, auch nicht-britische Einflüsse <strong>die</strong><br />

britische Kolonialwelt geprägt und sind daher<br />

ein wichtiger Bestandteil zum Verständnis ihrer<br />

selbst.<br />

“Nor was the British World sealed off from<br />

the rest of the globe. Far from being exclusively<br />

British, many of the networks we study<br />

overlapped and intersected with other types<br />

of network, including those embedded in a<br />

wider ‘Atlantic World’, as well as in other<br />

western European (the French especially) and<br />

extra-European (Ottoman, Chinese and Russian)<br />

empires. If we are to understand how<br />

consumer, investor and merchant networks<br />

functioned in the colonies, they need to be<br />

placed in this wider international context.”®’<br />

Insgesamt war <strong>die</strong> britische Politik in den großen<br />

Reisanbaugebieten des späten 19. Jahrhunderts<br />

28


und besonders in Birma - seien es Infrastrukturmaßnahmen,<br />

Migration und Ansiedlung von<br />

Bauern oder Bemühungen gegen <strong>die</strong> Verarmung<br />

der Reisbauem - aber ein sehr wichtiger Bestandteil<br />

zur Entstehung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s.<br />

Handel und erste europäische Kontakte<br />

in Siam<br />

Siam, das den heutigen Staaten Thailand, Kambtxlscha<br />

und Laos sowie Teilen von Malaysia,<br />

Birma und Vietnam entsprach, öffnete sich Europäern<br />

im 18. und 19. Jahrhundert weit weniger<br />

als Birma. Stattdessen orientierte sich der siamesische<br />

Handel nach Osten. Aus China gab es<br />

eine starke Reisnachfrage und da der Handel mit<br />

Reis im Gegensatz zum benachbarten Birma nur<br />

in Zeiten von Missernten verboten war, entstand<br />

ein reger Handel. Zudem gab es eine chinesische<br />

Gemeinde in Siam, <strong>die</strong> 1735 bereits 20.000 Menschen<br />

zählte. Chinesen verheirateten sich mit<br />

den lokalen Eliten und zwei von ihnen gelangten<br />

sogar <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Position des Phrakhlang, was<br />

etwa mit einem Außen- und Finanzminister<br />

gleichzusetzen war.*® 1782 wurde Bangkok am<br />

Chao Phraya-Fluss, der neben dem Mekong und<br />

dem Saluen der wichtigste Fluss Thailands ist,<br />

gegründet, ln <strong>die</strong>ser Zeit reichte der siamesische<br />

Einflussbereich so weit nach Norden, Süden und<br />

Osten wie nie zuvor und der Außenhandel stieg<br />

stark an. Enge Kontakte nach China gab es bereits<br />

im 18. Jahrhundert und Siam wurde ein bevorzugter<br />

Reislieferant für China. Motor des<br />

Wachstums war <strong>die</strong> chinesische Immigration.<br />

Von jährlich 7.000 Immigranten in den 1820er<br />

Jahren stiegen <strong>die</strong> Einwanderungszahlen auf<br />

Jährlich 14.000 um 1870. Trotz der Rückkehr<br />

vieler Arbeitsmigranten lebten um <strong>1850</strong> circa<br />

300.000 Chinesen dauerhaft in Siam und waren<br />

<strong>die</strong> Hauptträger einer modernen Marktwirtschaft<br />

geworden.*’ Schon als 1820 <strong>die</strong> ersten Europäer<br />

nach Bangkok kamen, war der Einfluss der Chinesen<br />

nicht zu übersehen:<br />

"By the time Europeans visited the new capital<br />

in the 1820s, they found the river crammed with<br />

junks. They estimated that the Chinese formed<br />

the majority of the city population, which may<br />

have reflected their prominence if not their true<br />

proportion.”’“<br />

Von 1760 <strong>bis</strong> 1860 kam es zu einer gesellschaftlichen<br />

und wirtschaftlichen Transformation. Siam<br />

wurde zu einem Vielvölkerstaat, in dem Chinesen<br />

gesellschaftlich bedeutende Positionen erlangten.<br />

Die Gesellschaft lebte nicht länger von<br />

Sklavenarbeit, sondern es entwickelte sich eine<br />

Wirtschaftsgesellschaft. Bauern in der Region<br />

des Chao Phraya-Deltas versorgten <strong>die</strong> wachsende<br />

nicht-agrarische Bevölkerung und bauten<br />

Reis für den Export nach China an.<br />

Eine Zäsur des chinesischen Einflusses auf den<br />

Handel Siams gab es 1842 mit dem englischen<br />

Sieg im Ersten Opiumkrieg. Als Folge brach der<br />

chinesisch-siamesische Handel zusammen. 1855<br />

lud der König von Siam den Gouverneur der<br />

britischen Kronkolonie Hongkong zu Vertragsverhandlungen<br />

ein. Der daraus entstandene Bowring-Vertrag<br />

schaffte <strong>die</strong> letzten Reste königlicher<br />

Monopole ab, garantierte exterritoriale<br />

Rechte für britische Bürger, verschaffte den Briten<br />

ein Regierungsmonopol für den Import und<br />

Verkauf von Opium und setzte <strong>die</strong> Abgaben<br />

westlicher Schiffe mit denen chinesischer Schiffe<br />

gleich.’' Um <strong>die</strong> staatliche Souveränität zu bewahren,<br />

öffnete Siam sich vollständig dem Westen.<br />

Die Ende des 18. Jahrhunderts einsetzende<br />

Modernisierung des Landes sowie der Bowring-<br />

Vertrag beförderten den Handel mit Europa -<br />

dass China der wichtigste Handelspartner war,<br />

änderte sich jedoch nicht. Erst 1858 erreichte<br />

das erste direkt aus Siam kommende Schiff Bremen.<br />

Mit Siam als Ziel verließ sogar erst 1871<br />

ein Segler Bremen.’^<br />

3. Früher Ostin<strong>die</strong>n- und Asienhandel<br />

Bremens<br />

Direkte Handelskontakte zwischen Bremen und<br />

den ostindischen sowie asiatischen Ländern gab<br />

es vor 1780 nicht. Wirtschaftliche, geografische<br />

und kulturelle Erfahrungen aus Übersee gelangten<br />

trotzdem seit der Neuzeit aus erster Hand<br />

29


nach Bremen. In Diensten der europäischen Handelskompanien,<br />

besonders der Vereinigten Ostindischen<br />

Kompanie der Niederlande, erreichte<br />

eine ganze Zahl an Deutschen - unter ihnen auch<br />

Bremer Bürger- Südafrika, In<strong>die</strong>n und Asien.^^<br />

Der Bremer Kaufmann Carl Philipp Cassel war<br />

der Erste, der seine im holländischen Dienst gewonnenen<br />

Erfahrungen für eigenes Unternehmertum<br />

nutzbar machte. Cassel, 1744 in Magdeburg<br />

geboren, fuhr bereits mit nur elf Jahren<br />

zur See und war schon im Alter von 25 Jahren<br />

Kapitän der niederländischen Ostin<strong>die</strong>nkompanie.<br />

Bereits vier Jahre später ließ er sich in Bremen<br />

nieder und erwarb 1774 als reicher Mann<br />

das Bürgerrecht und <strong>die</strong> Handlungsfreiheit. Bald<br />

darauf verwirklichte er seine Pläne, eigene Schiffe<br />

nach In<strong>die</strong>n und China zu schicken. 1781 erhielt<br />

Cassel zusätzlich das Emdener Bürgerrecht<br />

und gründete dort eine Aktiengesellschaft, <strong>die</strong><br />

vom preußischen Freihafen aus einen neuen<br />

Markt erschloss. Im Februar wurde D er Präsident<br />

VON Bremen oder in Kurzform Der Präsident<br />

nach Ostin<strong>die</strong>n geschickt. Es folgte <strong>die</strong><br />

Asia im November desselben Jahres und im Dezember<br />

1783 mit der Prinz Friedrich W ilhelm<br />

VON PREUSSEN ein letztes Schiff der Aktiengesellschaft.<br />

Obwohl es keine großen Verluste und<br />

umfangreiche Ladungen gab, blieben <strong>die</strong> erhofften<br />

wirtschaftlichen Erfolge der Reisen aus. Nach<br />

einer zweiten Reise der Prinz Friedrich Wilhelm<br />

VON PREUSSEN wurde das erste Kapitel<br />

Bremer Kaufmannschaft in Ostin<strong>die</strong>n beendet.®'*<br />

Ob Reis schon zu den gehandelten Waren gehörte,<br />

ist nicht mehr nachzuvollziehen, möglich<br />

ist es aber.®^ Entscheidend ist, dass Carl Philipp<br />

Cassel der erste Bremer Kaufmann war, der in<br />

Ostin<strong>die</strong>n und Asien Geschäfte machte, und damit<br />

den Grundstein für einen Handel legte, dessen<br />

wichtigstes Gut ab der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

der Reis wurde.<br />

Für einen dauerhaften Handel fehlte es jedoch<br />

an Infrastruktur in Ostin<strong>die</strong>n und Asien. Weder<br />

konnten Bremer Kaufleute ohne andere europäische<br />

Zwischenhändler Ladung einkaufen<br />

noch konnten sie - und das war das viel gravierendere<br />

Problem - dort Exportgüter absetzen.<br />

Für <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit waren Hinfrachten<br />

aber dringend notwendig. Es fehlte an Handelsniederlassungen<br />

Bremer Kaufleute, <strong>die</strong> Einkauf<br />

und Verkauf der Frachten regelten, und tatsächlich<br />

löste sich <strong>die</strong>se Schwierigkeit erst mit den<br />

ersten hanseatischen Handelsniederlassungen.*<br />

Wie dünn <strong>die</strong>se aber noch Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

gesät waren, zeigt eine Statistik der<br />

Bremer Weser-Zeitung, nach der es 1846 227<br />

hanseatische Handelsniederlassungen weltweit<br />

gab, von denen aber nur sieben in Ostin<strong>die</strong>n und<br />

Asien angesiedelt waren.®® Ein weiteres Problem<br />

waren <strong>die</strong> politischen Handelsbeschränkungen<br />

wie <strong>die</strong> schon angesprochene Navigationsakte.<br />

Nach einem Vertrag der Hansestädte Hamburg.<br />

Lübeck und Bremen mit England von 1827 durften<br />

hanseatische Schiffe Waren in englische<br />

Überseehäfen einführen und waren bei der Bemessung<br />

von Zöllen anderen Nationen gleichgestellt.<br />

Gegenüber englischen Schiffen waren<br />

sie aber durch Differentialzölle benachteiligt und<br />

der englische Handel entsprechend bevorteilt.*<br />

Erst 1841 wurde mit einem Zusatzvertrag <strong>die</strong><br />

britische Navigationsakte weiter zurückgedrängt<br />

und <strong>die</strong>se Benachteiligung aufgehoben. Alle Waren,<br />

<strong>die</strong> englische Schiffe in <strong>die</strong> Kolonien einführten,<br />

durften nun auch hanseatische Schiffe<br />

ohne höhere Abgaben einführen. Zudem wurden<br />

alle Kolonialwaren auf hanseatischen Schiffen<br />

für nicht-englische Häfen genauso besteuert wie<br />

<strong>die</strong> Waren englischer Exporteure auf Schiffen<br />

unter englischer Flagge.®®<br />

Mit dem Zusatzvertrag von 1841 kam es zu einem<br />

leichten Handelsaufschwung mit Ostin<strong>die</strong>n<br />

und Asien. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde<br />

immer offensichtlicher, dass <strong>die</strong> englische Navigationsakte<br />

so weit korrigiert und auch vom<br />

Handel ignoriert war, dass sie freien Handel<br />

kaum noch beschränkte. Schon 1845 wurden<br />

nach Lührs bereits 80 Prozent des bremischen<br />

Reises direkt aus Übersee importiert."® Der größte<br />

Teil davon dürfte noch aus Nordamerika gekommen<br />

sein. Die Entwicklung, <strong>die</strong> wenige Jahre<br />

später Birma zum größten Reisexporteur der<br />

Welt machte, war aber unaufhaltsam angestoßen.<br />

T"<br />

30


Der Wert des in Bremen eingeführten Reises<br />

schwankte zwischen 1824 und 1838 beträchtlich<br />

von etwa 125.000 <strong>bis</strong> über 220.000 Reichstalem.'®'<br />

Die Einfuhr aus Ostin<strong>die</strong>n hatte 1848<br />

auch nur einen Wert von knapp 110.000 Reichslalem,<br />

sechs Jahre später lag er schon bei etwa<br />

400.000 Reichstalem und 1856 war er auf<br />

1.860.513 Reichstaler geschnellt.'“ Ebenso lässt<br />

sich <strong>die</strong>.se Entwicklung an Schifffahrtszahlen<br />

deutlich machen: Noch 1836 gab es von der Weser<br />

keinen direkten Verkehr zu den ostindischen<br />

Reishäfen. 1846 kamen zwei Schiffe an, aber<br />

keines wurde direkt zu den Reishäfen expe<strong>die</strong>rt.<br />

1856 kamen 39 Schiffe an und 13 gingen ab.<br />

1866 waren es dann bei zehn abgehenden Schiffen<br />

schon 69 Schiffe, <strong>die</strong> Bremen direkt<br />

anliefen.'“ Zudem weist Glade darauf hin, dass<br />

viele bremische Reisschiffe in der Statistik nicht<br />

auftauchen, weil sie <strong>die</strong> Verladehäfen in Ostin<strong>die</strong>n<br />

mit dem Ziel Englischer Kanal verließen.<br />

So konnten <strong>die</strong> Kaufleute besser auf <strong>die</strong> europäische<br />

Nachfrage reagieren und legten den Zielhafen<br />

erst fest, wenn das Schiff den Kanal erreicht<br />

hatte.<br />

4. Entwicklung des Mühlenhandwerks und<br />

der Reismüllerei<br />

Zur Verarbeitung des in Europa ankommenden<br />

Reises bedurfte es spezieller Mühlen. Das Mühlenhandwerk<br />

entwickelte sich über einen Zeitraum<br />

von 100 Jahren so, dass zur Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts in Europa und Amerika von einer<br />

Mühlenindustrie gesprochen werden kann. Der<br />

erste Schritt war <strong>die</strong> Entwicklung von Kunstmühlen.<br />

Diese hatten einen mehrgeschossigen<br />

Aufbau und nutzten Wasserkraft zur Bewegung<br />

der Mühleinrichtungen. Der entscheidende Unterschied<br />

zu älteren Mühlen war der Grad der<br />

Automatisiening. Es wurde wenig Handarbeit<br />

benötigt und durch <strong>die</strong> Nutzung von Förderwerken<br />

war ein fast unterbrechungsloser Mahlvorgang<br />

möglich. Die Verarbeitungsmengen einer<br />

einzelnen Mühle stiegen rapide an. In Amerika<br />

w urde <strong>die</strong> Entwicklung von Kunstmühlen angestoßen<br />

und in England perfektioniert. Dabei führte<br />

<strong>die</strong> industrielle Revolution auch in der Müllerei<br />

zu einschneidenden Veränderungen. Eiserne<br />

Mahlgestänge und Zahnkränze ermöglichten<br />

bessere Übersetzungen und damit höhere Drehzahlen<br />

der Mahlsteine, was wiederum eine Produktivitätssteigerung<br />

brachte. Die wichtigste<br />

Neuerung aber war <strong>die</strong> Nutzung von Dampfkraft.<br />

Die erste dampfgetriebene Mühle wurde<br />

1784 in London gebaut. Durch Dampfmaschinen<br />

stand den Mühlen eine sehr starke, vor allem<br />

aber gleichmäßige und von Wind und Wasser<br />

unabhängige Antriebskraft zur Verfügung. Damit<br />

waren Mühlen nicht mehr an bestimmte<br />

Standorte gebunden, sondern wurden zu Fabriken,<br />

deren Standorte nach logistischen und anderen<br />

wirtschaftlichen Aspekten ausgesucht wurden.<br />

In der deutschen Müllerei wurden erst knapp 40<br />

Jahre später, um 1820, <strong>die</strong> ersten Großmühlen<br />

in Berlin und Magdeburg gebaut.'“ Die erste<br />

dampfgetriebene Mühle in Bremen gründete<br />

1826 Johann Henrich Buschmann, allerdings<br />

blieb ihm ein langfristiger Erfolg noch verwehrt<br />

und er stellte <strong>die</strong> Müllerei wieder ein. 1837 folgte<br />

in Bremen durch Christoph Poppe, einem Zimmermeister,<br />

<strong>die</strong> Einrichtung der zweiten Bremer<br />

Dampfmühle und 1839 errichtete Carl Ferdinand<br />

Nielsen <strong>die</strong> dritte dampfgetriebene Mühle in Bremen.'®^<br />

Mit der Etablierung von Dampfkraft zum<br />

Betrieb der Industriemühlen wurde eine wichtige<br />

Voraussetzung zur Entstehung der deutschen<br />

Reismüllerei geschaffen.<br />

Eine dampfgetriebene Reismühle<br />

in Flensburg<br />

Die älteste deutsche Reismühle gründete 1833<br />

der Flensburger Bürgermeister Hans Thomsen<br />

Fries.'®* Über <strong>die</strong> dort verarbeiteten Reissorten,<br />

Bezugshäfen, Quantitäten und Absatzgebiete ist<br />

nicht viel bekannt. Gut dokumentiert ist aber <strong>die</strong><br />

Entwicklung des 1809 gegründeten Handelshauses<br />

H. C. Kallsen, deren Familiengeschichte hier<br />

kurz aufgerollt wird, um zu zeigen, dass der Einstieg<br />

in <strong>die</strong> Reismüllerei nicht zufällig ist, sondern<br />

einem Ereignismuster folgt, wie es auch<br />

31


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bei den später gegründeten Bremer Reismühlen<br />

zu sehen sein wird.<br />

1720 ließ sich <strong>die</strong> erste Generation der Familie<br />

Kallsen in Flensburg nieder und betrieb eine<br />

Schnapsbrennerei. In der zweiten Generation begann<br />

mit Jürgen Kallsen ein sozialer und wirtschaftlicher<br />

Aufstieg. Aus der Schnapsdestille<br />

wurde eine Branntweinbrennerei und Jürgen<br />

Kallsen war zugleich Reeder. Eine Branntweinbrennerei<br />

und eine Reederei scheinen als gemeinsames<br />

Geschäftsfeld sehr sinnvoll, denn<br />

Kallsen konnte so im Küstenverkehr Rohrzucker<br />

aus Dänisch-Westin<strong>die</strong>n von den nahen dänischen<br />

Häfen zur weiteren Verarbeitung in <strong>die</strong><br />

familieneigene Brennerei transportieren. In der<br />

dritten Generation wurde <strong>die</strong> Alkoholherstellung<br />

aufgegeben. Lorentz Kallsen war Weißbrotbäcker<br />

und Obermeister der Bäckerinnung Flensburg.<br />

Er war zwar nicht mehr alleiniger Reeder,<br />

war als Partenreeder aber immer noch in der<br />

Schifffahrt engagiert. In der vierten Generation<br />

wandten sich <strong>die</strong> Kallsens dann der Müllerei zu.<br />

Hinrich Christian Kallsen, 1787 geboren, übernahm<br />

als Bäcker 1805 mit nur 18 Jahren den<br />

Betrieb seines Vaters. Ebenso wie <strong>die</strong>ser war er<br />

auch als Partenreeder aktiv. Und das nicht nur<br />

in Küstenfahrt, sondern im transatlantischen Verkehr.<br />

Er erkannte, dass Rum und Zucker aus<br />

Westin<strong>die</strong>n nicht länger als alleinige Ladung<br />

ausreichten, um <strong>die</strong> Reederei gewinnbringend<br />

zu betreiben. Daher ließ er in South Carolina<br />

Reis laden. Mit der Frage des Absatzes konfrontiert,<br />

kaufte Hinrich Christian Kallsen am 1. Oktober<br />

1858 <strong>die</strong> von Hans Thomsen Fries 25 Jahre<br />

zuvor gegründete Reismühle, erwarb weitere<br />

Grundstücke, vergrößerte <strong>die</strong> Mühle und modernisierte<br />

<strong>die</strong> technischen Einrichtungen. Wirtschaftliche<br />

Überlegungen eines Reeders zur Sicherung<br />

der Verarbeitung und des Absatzes von<br />

Ladungsgut waren der Auslöser, dass <strong>die</strong> Flensburger<br />

Reismühle so instand gesetzt wurde, dass<br />

sie größere Reislieferungen verarbeiten konnte.<br />

Neben dem Reis aus Amerika ließ Kallsen bald<br />

auch Reis aus Ostin<strong>die</strong>n kommen und folgte so<br />

der Verschiebung der bedeutsamsten Anbaugebiete<br />

von Amerika nach Asien.“®<br />

32<br />

Die Bremer Wirtschaftslage um <strong>1850</strong><br />

1<br />

Die Wirtschaft in Bremen befand sich Mitte des<br />

19. Jahrhunderts in einem Spannungsfeld zwischen<br />

noch bestehenden alten Zunftordnungen,<br />

wirtschaftsliberalen Ideen, <strong>die</strong> sich seit der napoleonischen<br />

Zeit Bremens immer stärker entwickelt<br />

hatten, und der Tatsache, dass Bremen<br />

seit 1854 komplett von Zollvereinsländern umschlossen<br />

war. Gerade <strong>die</strong>s erschwerte den Absatz<br />

Bremer Fabrikerzeugnisse erheblich, obwohl<br />

in Bremen wenigstens bei allen Schifffahrtsabgaben<br />

<strong>die</strong> Schiffe aus Zollvereinsländern den<br />

heimatlichen Schiffen gleichgestellt wurden.<br />

Auch Arbeitskräfte, für eine große Industrie unabkömmlich,<br />

waren in Bremen nicht unbegrenzt<br />

vorhanden. Zudem war das Lohnniveau von Arbeitern<br />

in Bremen recht hoch, was Bremen zu<br />

einem unattraktiven Standort für Industrielle<br />

machte. Außenhandel und Schifffahrt hatten<br />

sich seit dem beginnenden Jahrhundert denncKh<br />

prächtig entwickelt. Während der Kontinentalsperre<br />

hatte von 1807-1811 kein einziges Schiff<br />

aus Amerika, Ost- oder Westin<strong>die</strong>n Bremen erreicht<br />

und <strong>die</strong> Bremer Handelsflotte war praktisch<br />

beschäftigungslos.'" Mit dem Ende def<br />

Kontinentalsperre änderte sich <strong>die</strong>s jedoch rasch.<br />

Der Handel mit Nordamerika stieg rasant an und<br />

wuchs, unterstützt durch einen Handelsvertrag<br />

1827, nicht nur im Volumen, sondern wurde immer<br />

mehr durch bremische Schiffe abgewickelt.<br />

Im Schatten <strong>die</strong>ses wirtschaftlichen Aufschwungs<br />

entwickelte sich auch das verarbeitende<br />

Gewerbe in Bremen.<br />

Die Entwicklungsmöglichkeiten für Industriebetriebe<br />

waren auf den ersten Blick schlecht.<br />

Entscheidend war aber, dass <strong>die</strong> restriktive Gewerbeordnung<br />

hinterfragt wurde und <strong>die</strong> Einführung<br />

der Gewerbefreiheit in Bremen ab <strong>1850</strong><br />

eines der wichtigsten politischen Themen war.<br />

Die Bürgerschaftsdeputation, <strong>die</strong> 1858 eingerichtet<br />

wurde, um eine Empfehlung in der Frage<br />

der Gewerbefreiheit zu erarbeiten, war mit zwölf<br />

Mitgliedern eine sehr große und unterstreicht<br />

damit <strong>die</strong> Bedeutung, <strong>die</strong> dem Thema zugemessen<br />

wurde."^ Die Deputation sprach sich letztlich


für <strong>die</strong> Gewerbefreiheit aus und nachdem der<br />

Senat <strong>die</strong> alte Gewerbeordnung in den vorangegangenen<br />

Jahren bereits regelmäßig durch Ausnahmegenehmigungen<br />

außer Kraft gesetzt hatte,<br />

wurde <strong>die</strong> Gewerbefreiheit 1861 gesetzlich eingeführt.<br />

Damit hatten sich in Bremen liberale<br />

Wirt.schaftsinteressen durchgesetzt und eine entsprechend<br />

liberale Wirtschaftspolitik war für <strong>die</strong><br />

kommenden Jahre zu erwarten."'' Daher war in<br />

naher Zukunft nicht mit dem Anschluss Bremens<br />

an den Zollverein zu rechnen. Dies begründet,<br />

warum <strong>die</strong> Veredelung von Reis in Bremen ein<br />

lohnendes Geschäft zu werden versprach und<br />

Bremen sich neben Liverpool zu dem europäischen<br />

Platz für Reisimporte, -Veredelung und<br />

-exporte entwickeln konnte: Der aus Übersee<br />

eingeführte Reis konnte in Bremen veredelt werden<br />

und <strong>die</strong> Reismüller mussten sich kaum mit<br />

den Nachteilen des Absatzes der Bremer Industrie<br />

in den Zollvereinsländem auseinandersetzen,<br />

weil ein großer Teil der Ware nach der Bearbeitung<br />

wieder exportiert wurde und somit gar nicht<br />

von den Zollbehörden erfasst wurde.<br />

Bremer Reismühlen<br />

ln ein Klima zunehmend liberaler Wirtschaftspolitik<br />

fallen <strong>die</strong> Anfänge der bremischen Reisindustrie.<br />

Die Ersten, <strong>die</strong> sich in Bremen der<br />

Reismüllerei zuwandten, waren <strong>die</strong> Brüder Anton<br />

und Carl Friedrich Nielsen. Der ältere Carl<br />

Friedrich übernahm sehr jung das Versandgeschäft<br />

und den Tabakhandel seines Vaters, wech-<br />

.selte jedoch bald das Geschäftsfeld und kaufte<br />

eine Kalkbrennerei. 1837 schloss er der Kalkbrennerei<br />

eine Zementmühle an, <strong>die</strong> zwei Jahre<br />

später nicht länger mit einem Mühlenpferd, sondern<br />

mit Dampfkraft angetrieben wurde. Zugleich<br />

richtete er eine Getreidemühle ein, auch<br />

wenn <strong>die</strong> Erzeugnisse - aus dem Mehl wurde<br />

vor allem Schiffsbrot gebacken - auf Grand der<br />

noch bestehenden Gewerbeordnung nur für den<br />

Export verkauft werden durften. Gemeinsam mit<br />

dem inzwischen in das Geschäft eingetretenen<br />

Bmder Anton begann Nielsen 1841 als weiteres,<br />

später jedoch wieder aufgegebenes Geschäftsfeld,<br />

Bretter für Zigarrenkisten zuzuschneiden.<br />

Das wichtigere Ereignis des Jahres 1841 waren<br />

aber <strong>die</strong> ersten Versuche der Brüder Nielsen,<br />

Reis zu schälen und zu polieren."* Vorerst wurde<br />

<strong>die</strong> Reisveredelung von der Firma Gebrüder<br />

Nielsen nicht betrieben, weil sie sich ab 1845<br />

erfolgreich auf <strong>die</strong> Herstellung von Zucker konzentrierte.<br />

Anton Nielsen aber Heß sich 1855<br />

vom Senat eine dampfgetriebene Reismühle genehmigen<br />

und machte sich in der Neustadt, gegenüber<br />

dem am Bremer Stephani-Ufer liegenden<br />

Stammhaus, alleine in der Reismüllerei selbständig.<br />

Doch nur sieben Jahre später, 1862,<br />

widmete sich das Stammhaus der Brüder Nielsen<br />

auch der Reisverarbeitung und gemeinsam waren<br />

<strong>die</strong> beiden Nielsen-Mühlen <strong>die</strong> vorerst wichtigsten<br />

Wettbewerber der jungen Bremer Reisindustrie."’'<br />

Eine weitere Bremer Reismühle, <strong>die</strong> ihre große<br />

Bedeutung aber erst nach einigen Besitzerwechseln<br />

Anfang der 1870er Jahre erhalten sollte,<br />

geht ebenfalls auf das Jahr 1837 zurück. Dort<br />

wurde eine Mühle im nordwestlich von Bremen<br />

gelegenen St. Magnus an der Lesum gegründet,<br />

<strong>die</strong> ihr Weizenmehl erfolgreich in Bremen absetzte.<br />

Das führte dazu, dass sich ihr Besitzer,<br />

der bereits genannte Bremer Dampfmühlenpionier<br />

Johann Henrich Buschmann, nach Bremen<br />

orientierte und in der Neustadt ein Grundstück<br />

erwarb, um direkt am bekannten Absatzmarkt<br />

zusätzlich in <strong>die</strong> Reismüllerei einzusteigen."**<br />

Aber statt <strong>die</strong>se Pläne zu verwirklichen, verkaufte<br />

er das Grundstück an Friedrich Konitzky. Dieser<br />

mühte sich um eine Senatsgenehmigung zum<br />

Mahlen von Reis und begann nach erfolgter Erlaubnis<br />

im Dezember 1858 mit der Reisveredelung.<br />

Weniger als zwei Jahre später wechselte<br />

<strong>die</strong> Mühle wiederum den Besitzer. Der Franzose<br />

Louis Eduard Ichon, der seit 1843 das Bremer<br />

Bürgerrecht besaß und als Unternehmer sowie<br />

zeitweise als Schiffsmakler in der Dampfschifffahrt<br />

und im Auswandererverkehr aktiv war, wurde<br />

auch noch zum Getreide- und Reismüller.<br />

Seit 1858 gab es in Bremen also zwei und ab<br />

1862 sogar drei Reismühlen, <strong>die</strong> erfolgreich den<br />

Aufschwung des internationalen <strong>Reishandel</strong>s für<br />

33


ihre Zwecke nutzten. Zugleich aber stieg <strong>die</strong><br />

Nachfrage nach Reis aus Bremen und <strong>die</strong> Hansestadt<br />

wurde zu einem wichtigen europäischen<br />

Handelsplatz für das Korn aus Amerika und<br />

Asien. Obwohl es für den Handel von Reis in<br />

das Bremer Umland keine verlässlichen Zahlen<br />

gibt, lässt sich bereits für <strong>die</strong> Jahre 1836 <strong>bis</strong><br />

1842 festhalten, dass <strong>die</strong> Reisexporte ins direkte<br />

Umland nach Hannover, Osnabrück und Wildeshausen<br />

weniger als 14 Prozent ausmachten.<br />

Der Export des veredelten Reises war das größere<br />

Geschäftsfeld des entstehenden Bremer<br />

<strong>Reishandel</strong>s. „Das abwechselnde Hervortreten<br />

von Kleinkaufleuten und Handwerkern, also in<br />

keinem Fall ursprünglichen Großunternehmern“<br />

machte <strong>die</strong> aus der Dampfmüllerei hervorgehende<br />

Reisverarbeitung zu einem wichtigen Industriezweig<br />

in Bremen.Den nächsten wichtigen<br />

Entwicklungsschritt mit bedeutender Dynamik<br />

erfuhr <strong>die</strong>se Industrie, als sich am 1. Juli 1872<br />

Rickmer Glasen Rickmers (1807-1886) mit einer<br />

Einlage von 112.000 Mark an der Firma Ichon<br />

& Co. beteiligte.<br />

5. Fazit<br />

Auf vielfältige Weise wurden <strong>bis</strong> Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts <strong>die</strong> Voraussetzungen für <strong>die</strong> europäische<br />

und besonders <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

geschaffen. Die deutsche und <strong>die</strong> englische Reismüllerei<br />

verband <strong>die</strong> Tatsache, dass sie sich in<br />

keinem rein regionalen oder nur nationalen Rahmen<br />

entwickelten, sondern verschiedene Ereignisse<br />

auf vier Kontinenten <strong>die</strong> Ausgangslage<br />

schufen, auf der sich der deutsche <strong>Reishandel</strong><br />

entwickeln konnte.<br />

Besondere Bedeutung erlangten politische Entscheidungen.<br />

In London und Liverpool entstanden<br />

<strong>die</strong> ersten großen Reismühlen in Europa,<br />

weil <strong>die</strong> englischen Navigationsgesetze den<br />

Großteil der amerikanischen Reisexporte nach<br />

England kanalisierten. Mit der Abschaffung der<br />

Navigationsgesetze wurde 1849 der Beginn einer<br />

Freihandelsära eingeläutet, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Benachteiligung<br />

Bremer Schiffe in den britischen Häfen in<br />

Asien beendete und damit wirtschaftlichen Wettbewerb<br />

in den sich gerade entwickelnden Reishäfen<br />

ermöglichte. Gleichzeitig setzen sich in<br />

Bremen wirtschaftsliberale Vorstellungen durch<br />

und boten bremischen Unternehmern <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>die</strong> Chancen der veränderten englischen<br />

Handelspolitik zu nutzen. In Bremen ebnete <strong>die</strong><br />

endgültige Einführung der Gewerbefreiheit den<br />

Weg für ein industrialisiertes Reisverarbeitungsgewerbe.<br />

Die Eroberung der Küstengebiete Birmas war<br />

für den dort entstehenden Reisanbau ebenso bedeutsam<br />

wie <strong>die</strong> zwangsweise Öffnung Siam^<br />

für europäische Händler. In Asien eröffneten sich<br />

neue Handelsmöglichkeiten und <strong>die</strong> dort entstehende<br />

Landwirtschaft wurde binnen kurzer Zeit<br />

der wichtigste Lieferant der deutschen Reismiülerei.<br />

Migrationsströme waren ein weiterer bedeutsamer<br />

Punkt für den entstehenden Welthandel mit<br />

Reis. Nachdem der Reisanbau mit weißen Vertragsarbeitern<br />

gescheitert war, konnte Reisanbau<br />

nur durch <strong>die</strong> Arbeit afrikanischer Sklaven wirtschaftlich<br />

umgesetzt werden. Diese erzwungene<br />

Arbeitsmigration profitierte zudem vom kulturellen<br />

Wissen der Sklaven, <strong>die</strong> Fähigkeiten im<br />

Reisanbau aus Afrika in <strong>die</strong> Plantagen-Wirtschaft<br />

einbrachten. Nach der britischen Eroberung Birmas<br />

waren Migranten aus In<strong>die</strong>n und China<br />

Hauptträger der Kultivierung von Reisfeldern,<br />

ln Siam gab es ebenfalls eine nennenswerte Zahl<br />

von Einwanderern, <strong>die</strong> besonders im asiatischen<br />

Handel wichtige Stellungen erlangten. Zudem<br />

ist <strong>die</strong> Situation Siams um <strong>1850</strong> ein wichtiger<br />

Hinweis darauf, dass sich der Handel mit Reis<br />

nicht nur auf einen europäischen Fokus konzentrierte,<br />

sondern tatsächlich auch im asiatischen<br />

Umfeld von Bedeutung war. Die Geschichte des<br />

<strong>Reishandel</strong>s ist eine globalisierte Geschichte,<br />

<strong>die</strong> nicht auf eine eurozentristische Sichtweise<br />

verengt werden kann - auch wenn <strong>die</strong> für den<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong> natürlich im Vordergrund<br />

stehen muss.<br />

Wurde der Reis mit Schiffen von Asien oder<br />

Amerika nach Europa transportiert, kam es<br />

durchaus noch vor, dass <strong>die</strong> Ladung auf der Reise<br />

verdarb, und trotzdem wurde Reis immer mehr<br />

34


als lohnende Rückfracht der Auswandererschiffe<br />

nach Amerika wahrgenommen. Des Weiteren<br />

nickten <strong>die</strong> asiatischen Reishäfen gleichsam näher<br />

an Europa, weil sie regelmäßiger angelaufen<br />

^surden und wirtschaftliches Engagement dort<br />

besser umgesetzt werden konnte.<br />

Zuletzt waren Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige<br />

technologische Voraussetzungen für den<br />

deut.schen <strong>Reishandel</strong> geschaffen. Die Nutzung<br />

der Dampfkraft in der Müllerei hatte den Kanal<br />

übersprungen und wurde auch in Deutschland<br />

llächendeckend eingesetzt. Erst jetzt konnte Reis<br />

im industriellen Stil verarbeitet werden. Darüber<br />

hinaus zeichnete sich <strong>die</strong> Durchsetzung von<br />

Dampfern in der Schifffahrt ab, was Transportzciten<br />

kürzer und verlässlicher machte. Zudem<br />

zeigen verschiedene Patente, wie in der Reis-<br />

\erarbeitung und durch Bewässerungsmethoden<br />

im Anbau <strong>die</strong> Emteerträge und <strong>die</strong> verwertbaren<br />

.Mengen nach der Veredelung anstiegen. Reisanbau<br />

und -Verarbeitung wurden immer mehr<br />

zu einem lohnenden Geschäft.


Kapitel II<br />

Die Entwicklung des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

(1855-1877)<br />

1. Die Familie Rickmers: Schiffbauer, Reeder<br />

und Reismiiller<br />

Die englische Kontinentalsperre im Konflikt mit<br />

Napoleon führte dazu, dass Helgoland im September<br />

1807 durch <strong>die</strong> britische Besetzung zur<br />

Kolonie des Vereinigten Königreichs von Großbritannien<br />

und Irland wurde. Das brachte es mit<br />

sich, dass <strong>die</strong> Bewohner Helgolands zu englischen<br />

Staatsbürgern wurden. Da der Schiffsverkehr<br />

fast vollständig zum Erliegen kam, wurde<br />

der Lotse und Fischer Peter Andreas Rickmers<br />

(1782-1873) im Nebenerwerb zum Schmuggler.<br />

Der Schmuggel auf der Route von Helgoland<br />

nach Bremen gehörte zu den einträglichsten Geschäften<br />

jener Zeit, und soweit es Bremen noch<br />

möglich war, das Hinterland mit Kolonialwaren<br />

zu versorgen, hatten <strong>die</strong>se zuvor <strong>die</strong> Hansestadt<br />

über den Schleichhandel mit Helgoland erreicht.Als<br />

Kolonialwaren bezeichnete man<br />

Tabak, Baumwolle, Zucker und auch Reis. Obwohl<br />

<strong>die</strong>se Tatsache keinen Zusammenhang mit<br />

dem späteren Einstieg der Familie in <strong>die</strong> Reismüllerei<br />

hat, hing an <strong>die</strong>ser Stelle der wirtschaftliche<br />

Erfolg der Familie Rickmers erstmals mit<br />

Reis als einer der möglichen geschmuggelten<br />

Kolonialwaren zusammen. Im verbotenen Küstenhandel<br />

mit englischen Kolonialwaren von<br />

Helgoland nach Bremen war Peter Andreas Rickmers<br />

so erfolgreich, dass er <strong>die</strong> Mittel hatte, seinen<br />

am 6. Januar 1807 geborenen Sohn Rickmer<br />

Glasen Rickmers 1815 auf dem Festland zur<br />

Schule zu schicken. In Hooksiel, einem Sielhafen<br />

im Jeverland, begann Rickmer Glasen Rickmers<br />

seine Schulausbildung, <strong>die</strong> er später dann doch<br />

auf der Helgoländer Dorfschule beendete. 1824<br />

begann er eine dreijährige Ausbildung zum<br />

Schiffbauer bei einem Helgoländer Schiffbaumeister.<br />

Zur Vertiefung seiner Kenntnisse heuerte<br />

Rickmer Glasen Rickmers als Schiffszimmermann<br />

an und fuhr <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Karibik und nach<br />

Rio de Janeiro, wo er mehrere Monate auf einer<br />

Werft seine Fähigkeiten erweiterte. Nach seiner<br />

Rückkehr 1828 überbrückte er den Winter bei<br />

einem Schiffbauer auf St. Pauli nahe Hamburg,<br />

bevor er zu einer zweiten Reise aufbrach, <strong>die</strong><br />

erst 1830 wieder auf Helgoland endete.<br />

Nach seiner Rückkehr wollte sich Rickmer Glasen<br />

Rickmers mit Margaretha Reimers, kurz Etha<br />

gerufen, vermählen. Beide Familien lehnten <strong>die</strong>s<br />

jedoch ab. Die Eltern waren zerstritten, weil der<br />

Vater der Braut als Rechtsberater der Besatzer<br />

aus England arbeitete, Peter Andreas Rickmers<br />

<strong>die</strong> britische Besatzung aber ablehnte. Um <strong>die</strong>sen<br />

Konflikt zu umgehen, heirateten <strong>die</strong> Brautleute<br />

am 14. August 1831 heimlich und ohne den Segen<br />

der Eltern auf dem Festland in Esens. Nach<br />

einer kurzzeitigen Rückkehr nach Helgoland siedelte<br />

das Paar 1832 endgültig in das kurz zuvor<br />

gegründete Bremerhaven über.*^^<br />

Im frühen 19. Jahrhundert wurde es Schiffen zunehmend<br />

unmöglich, den Hafen von Bremen zu<br />

erreichen. Die Weser war versandet und Handelsschiffe<br />

mussten ihre Waren im zu Oldenburg<br />

gehörenden Hafen von Brake oder noch weiter<br />

weseraufwärts ln kleinere Kähne oder auf Karren<br />

umladen. Dies schwächte <strong>die</strong> Position Bremens<br />

als Handelsstadt beträchtlich. Zudem wurde der<br />

Handel durch <strong>die</strong> oldenburgischen Weserzölle<br />

erschwert. Ein erster Schritt zur Lösung <strong>die</strong>ser<br />

Missstände aus Bremer Sicht war, dass Johann<br />

Smidt im Mai 1820 auf dem Verhandlungsweg<br />

<strong>die</strong> Aufhebung der Oldenburger Zölle erreichte.<br />

Das war den Bremern aber nicht genug. Um Anschluss<br />

an den Welthandel zu erlangen, der mit<br />

der wirtschaftlichen Erschließung Mittel- und<br />

Südamerikas sowie Asiens deutlich dynamischer<br />

wurde, wurde über einen eigenen Hafen an der<br />

Wesermündung nachgedacht. Daher wurde in<br />

der Folge mit England und Hannover über <strong>die</strong><br />

36


Abtretung eines Gebiets an der Geestemündung<br />

verhandelt. Im April 1827 schließlich gelang<br />

<strong>die</strong>ses Ansinnen mit der Unterzeichnung eines<br />

Staatsvertrages. Durch einen Flächentausch an<br />

anderer Stelle wurde eine 25 ha große Fläche an<br />

Bremen übertragen, das <strong>bis</strong> auf <strong>die</strong> militärische<br />

Oberhoheit volle Hoheitsrechte für das Gebiet<br />

von Hannover erhielt. Der Bau eines Hafens begann<br />

umgehend und selbiger konnte im September<br />

1830 eröffnet werden. Im selben Jahr erst<br />

stimmten Senat und Bürgerschaft in Bremen für<br />

einen detaillierten Plan zur Wohnbebauung und<br />

.Ansiedlung in Bremerhaven. Somit gehörte<br />

Rickmer Glasen Rickmers zu den ersten Bürgern<br />

Bremerhavens und zählte zu einer Reihe von<br />

.Abenteurern“, weil sich dort niederzulassen bedeutete,<br />

..ein Risiko einzugehen und <strong>die</strong> eigene Existenz<br />

aufs Spiel zu setzen, denn der junge Hafenort<br />

hatte zu <strong>die</strong>ser Zeit das Stadium eines<br />

Experiments noch nicht durchlaufen. Gerade<br />

in den ersten Jahren nach Eröffnung des Hafens<br />

bestand angesichts der massiven Kritik<br />

an der neuen Anlage keine zwingende Notwendigkeit,<br />

<strong>die</strong> Zukunft des Ortes optimistisch<br />

zu beurteilen.“'“<br />

Bei der Schiffswerft von Cornelius Jantzen Cornelius.<br />

der ersten Bremerhavener Werft, fand<br />

Rickmer Cla.sen Rickmers eine Anstellung als<br />

Meisterknecht und konnte dort mit seiner Frau<br />

wohnen. Neben dem Bau von Weserkähnen für<br />

Cornelius durfte er, wenn <strong>die</strong> Werft nicht voll<br />

ausgelastet war, auf eigene Rechnung Schiffe<br />

bauen. Noch 1832 legte er den ersten eigenen<br />

Bau, eine 18 Fuß'^^ lange Schaluppe, auf Kiel.<br />

Sein erstes .selbst gebautes Schiff war also ein<br />

etwa fünfeinhalb Meter langes, einmastiges Segelboot.<br />

Neben der Arbeit bei Cornelius und den<br />

eigenen ersten Bauten ver<strong>die</strong>nte sich Rickmer<br />

Cla.sen Rickmers sein Geld mit Lotsenfahrten<br />

im Weserraum und der gesamten Deutschen<br />

Bucht <strong>bis</strong> Helgoland und unregelmäßig, aber ertragreich,<br />

mit der Bergung von Strandgut havarierter<br />

Schiffe. Dabei war er so erfolgreich, dass<br />

er 18.34 ein eigenes Grundstück pachten, darauf<br />

ein Haus bauen und bei Cornelius kündigen<br />

konnte. Zugleich gründete Rickmer Ciasen Rickmers<br />

seine eigene Werft, was recht einfach war,<br />

da der Schiffbau nicht zunftständisch beschränkt<br />

war. Dabei fiel seine Betriebsgründung in eine<br />

Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs der gesamten<br />

Weserregion, <strong>die</strong> besonders von der zunehmenden<br />

Auswanderung über Bremen profitierte.<br />

Entsprechend schnell bekam er Aufträge<br />

und baute Segelschiffe um, so dass <strong>die</strong> Reeder<br />

Zwischendeckspassagiere nach Übersee, vor allem<br />

Nordamerika bringen konnten. Im folgenden<br />

Jahr, 1835, wurde Rickmer Ciasen Rickmers<br />

zum Bremer Bürger, indem er vor einer Kommission<br />

des Bremer Senats den Bürgereid ablegte.<br />

Im selben Jahr wurde als zweites Kind<br />

und erster Sohn Andreas Ciasen Rickmers geboren.<br />

Gemeinsam machten Vater und Sohn<br />

Rickmers in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

Bremen in nur wenigen Jahren zu einem<br />

der wichtigsten Handelsplätze für Reis weltweit.<br />

Um 1840 war Rickmer Ciasen Rickmers im<br />

Schiffbau so etabliert, dass er sich hauptsächlich<br />

auf Schiffsneubauten konzentrieren konnte und<br />

das Reparaturgeschäft nebensächlich wurde. Des<br />

Weiteren wurde auf dem Werftgelände eine<br />

Schmiede eingerichtet, in der <strong>die</strong> benötigten Eisenteile<br />

der Schiffe selbst hergestellt wurden.<br />

Außerdem errichtete Rickmer Clasen Rickmers<br />

zeitgleich zwei Dampfkessel, so dass ein weiterer<br />

Schritt zu einer modernen, technisierten Werft<br />

gemacht wurde. Folgerichtig lieferte <strong>die</strong> Rickmers-Werft<br />

1843 ihr erstes Vollschiff, ein 520<br />

BRT großes, rahgetakeltes Dreimast-Schiff an<br />

<strong>die</strong> Bremer Südsee-Compagnie ab. An der Südsee-Compagnie,<br />

<strong>die</strong> Walfang betrieb, hielt Rickmer<br />

Clasen Rickmers einige Anteile. Daneben<br />

beteiligte er sich wirtschaftlich außerhalb des<br />

Schiffbaus seit 1842 am Reedereigeschäft, indem<br />

er gemeinsam mit dem Kaufmann Jacob Heinrich<br />

Christian Winkler sowie dem Handelshaus<br />

Blasius & Imhoff zwei Schiffe erwarb, <strong>die</strong> im<br />

Auswandererverkehr nach Amerika, besonders<br />

nach Texas eingesetzt wurden. Bis <strong>1850</strong> beteiligte<br />

er sich an sechs verschiedenen Schiffen,<br />

<strong>bis</strong> er mit dem 1847 gebauten und im Folgejahr<br />

in Dienst gestellten Zweimast-Segler B a s s e r -


І Ш<br />

MANN erstmals ein Schiff ohne Geschäftspartner<br />

besaß und bereederte.'^® An einem Schiff nur<br />

Anteile, sogenannte Parten zu halten, war ein<br />

übliches Verfahren. So konnte das wirtschaftliche<br />

Risiko, das trotz guter Entwicklung der Schifffahrt<br />

durch Havarien und Untergänge immer bestand,<br />

geteilt werden. Noch 1881, als in Bremen<br />

mit der Deutschen Dampfschifffahrts-Gesellschaft<br />

„Hansa“‘^®<strong>die</strong> zweite große Dampfergesellschaft<br />

nach dem Norddeutschen Lloyd’^’' gegründet<br />

wurde, gab es in Bremen 233 Segelschiffe,<br />

<strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> große Zahl von 157<br />

Reedereien aufteilten. Diese Reedereien waren<br />

oft Ein-Schiff-Unternehmen, deren Segler als<br />

Parten-Schiff mit mehreren Eignem betrieben<br />

wurde.<br />

Die große Bereitschaft Rickmer Glasen Rickmers’,<br />

sich auf verschiedenen Geschäftsfeldern<br />

zu betätigen, war wohl mehr ein Produkt wirtschaftlicher<br />

Zwänge als ein eigentliches Ziel.<br />

Um seine Schiffe wirtschaftlich betreiben zu<br />

können, kaufte er teilweise auch Ladung auf eigene<br />

Rechnung und natürlich zugleich auf eigenes<br />

Risiko. Während viele Partenreeder nur Anteile<br />

an einem Schiff besaßen und sich nicht selber<br />

als Reeder betätigten, war Rickmer Glasen<br />

Rickmers echter Kaufmannsreeder, der sowohl<br />

als Schiffseigner und -betreiber wie auch als<br />

Kaufmann auftrat.<br />

Eines der kaufmännischen Betätigungsfelder war<br />

dabei der Transport und Handel mit Eisenwaren<br />

für den Schiffs- und Schiffbaubedarf. Einerseits<br />

war <strong>die</strong> Rickmers-Werft durch eine größere Menge<br />

an vorrätigen Ankern und Ketten weniger konjunkturell<br />

schwankenden Preisen und Lieferzeiten<br />

ausgesetzt, und da es keine Zwischenhändler<br />

mehr gab, sanken <strong>die</strong> Einkaufspreise der Werft<br />

insgesamt. Andererseits waren <strong>die</strong> eigenen Schilfe<br />

durch den Transport der zur Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

meist noch aus England importierten<br />

Eisenwaren für den Schiffbau so gleich mit Fracht<br />

versehen und ausgelastet. Dieses Geschäftsfeld<br />

baute Rickmer Glasen Rickmers so weit aus, dass<br />

ihm 1863 <strong>die</strong> Generalvertretung der Birminghamer<br />

Firma „Elliots patent Sheating and Metal<br />

Gompany, Birmingham“ übertragen wurde.<br />

38<br />

Ein weiteres seiner diversen Betätigungsfelder<br />

fand Rickmer Glasen Rickmers als Gutachter<br />

von Schäden nach Havarien. Des Weiteren versuchte<br />

er sich, wenn auch ohne Erfolg, an Hafenbauprojekten,<br />

Ein Plan zum Bau eines Hafens<br />

auf Helgoland scheiterte ebenso wie eine Teilhabe<br />

an den Hafenerweiterungen in Bremerhaven.<br />

Die Rickmers-Werft wuchs in den <strong>1850</strong>er Jahren<br />

beständig, und <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> wirtschaftliche Diversifizierung<br />

erreichten Gewinne investierte<br />

Rickmer Glasen Rickmers in <strong>die</strong> Werft. Der<br />

Schiffbau blieb weiterhin sein Hauptanliegen<br />

und entwickelte sich nach dem Ende des Schleswig-Holsteinischen<br />

Kriegs 1848-1851 sehr gut.<br />

Der hervorragende Ruf der Rickmers-Werft zeigt<br />

sich daran, dass sie 1855 auf der Weltausstellung<br />

in Paris ein Modell der I d a Z ie g l e r ausstellen<br />

durfte, denn auf <strong>die</strong> Weltausstellungen wurden<br />

von den Handwerkskammern nur solvente Unternehmen<br />

mit einem sehr guten Ruf geschickt.'^<br />

Der deutsche Schiffbau war im Vergleich zum<br />

englischen sehr rückständig. Schon 1816 befuhr<br />

mit der D e f ia n c e ein englischer Dampfer den<br />

Rhein bei Köln und ebenso verkehrte ein britisches<br />

Dampfschiff zwischen Hamburg und Cuxhaven.<br />

Bei der Werft Johann Lange in Vegesack<br />

wurde zwar bereits 1833 ein Dampfschiff gebaut,<br />

das war aber <strong>die</strong> absolute Ausnahme. Erst Mitte<br />

des Jahrhunderts war für <strong>die</strong> Binnenschifffahrt<br />

der Schritt zur Dampfschifffahrt gelungen. Im<br />

Bau von seegängigen Schiffen waren <strong>die</strong> deutschen<br />

Werften weiterhin rückständig. Selbst als<br />

um 1860 gutes Schiffsholz knapper wurde, Eisenverstrebungen<br />

für Holzdampfer bereits üblich<br />

waren und in England der Übergang zum Eisen- ;<br />

Schiffbau längst abgeschlossen war, wurde im<br />

Weserraum noch größtenteils am Bau von hölzernen<br />

Segelschiffen festgehalten.<br />

Die I d a Z ie g l e r bekam auf der Pariser Weltausstellung<br />

besondere Beachtung, weil sie einen j<br />

neuen Schiffstyp darstellte.Mit ihrer neuartigen<br />

Rumpfform galt sie als der erste deutsche<br />

Klipper. Das Exponat der Rickmers-Werft erhielt<br />

als einziges deutsches Schiffsmodell <strong>die</strong> Auszeichnung<br />

einer Bronze-Medaille II. Klasse und


ein von Napoleon III. unterzeichnetes Diplom.<br />

..Durch <strong>die</strong> Verleihung des Preises wurde [Rickmer<br />

Cla.sen Rickmers’] persönliche Innovationsfáhigkeit<br />

belohnt und damit indirekt auch sein<br />

Schiffbaubetrieb für seine Leistungsfähigkeit<br />

ausgezeichnet.“'^^ Diese Leistungsfähigkeit zeigte<br />

sich auch in den Fahrten der I d a Z ffiG LER , <strong>die</strong><br />

1854 für kurze Zeit für Rickmer Ciasen Rickmers<br />

fuhr, bevor sie von ihren englischen und<br />

schweizerischen Auftraggebern übernommen<br />

wurde. Die ersten Reisen des Schiffs gingen<br />

nach In<strong>die</strong>n und es könnte durchaus sein, dass<br />

dabei auch Reis einmal zu ihren Ladungen gehörte.<br />

Später verkehrte <strong>die</strong> I d a Z ie g l e r regelmäßig<br />

zwischen England und Neuseeland. 1869<br />

wurde sie auf der Reede von Auckland bei einem<br />

Sturm zerstört. Bis dahin war das Schiff auf<br />

Grund seiner sehr schnellen Reisezeiten beliebt<br />

und gerühmt.'”<br />

Der Erfolg der Rickmers-Werft wurde aber nur<br />

zwei Jahre später durch <strong>die</strong> erste Weltwirtschaftskrise<br />

gebremst.'^ In deren Folge ging <strong>die</strong> Kaufkraft<br />

zurück und das Investitionsverhalten wurde<br />

vorsichtiger. Rickmer Ciasen Rickmers konnte<br />

keine Schiffe mehr verkaufen. Als Schiffbauer<br />

war ihm einerseits der Bau von Schiffen wichtig,<br />

und andererseits war sein Reedereigeschäft so<br />

erfolgreich, dass er weiterhin <strong>die</strong> Bauten, <strong>die</strong><br />

nicht verkauft werden konnten, in den eigenen<br />

Reedereibetrieb einstellte. Gab es eine spätere<br />

Möglichkeit, wurden <strong>die</strong> Schiffe, auch nachdem<br />

ме einige Zeit für <strong>die</strong> eigene Reederei in Fahrt<br />

waren, verkauft. So wuchs <strong>die</strong> Flotte der Rickmers-Schiffe<br />

<strong>bis</strong> 1864 immerhin auf sechs eigene<br />

.Schiffe mit zusammen 3.046 Bruttoregistertonnen.<br />

An weiteren sechs Schiffen war Rickmer<br />

Ciasen Rickmers als Partenreeder mit unterschiedlichen<br />

Parten von einem Sechstel <strong>bis</strong> hin<br />

zu 50 Prozent beteiligt. Obwohl nicht inten<strong>die</strong>rt,<br />

nahm das Reedereigeschäft des vielseitigen<br />

Rickmers-Untemehmens immer weiter zu.<br />

Der älteste Sohn Andreas Ciasen Rickmers trat<br />

nach nur kurzer Schulzeit schon früh in das väterliche<br />

Unternehmen ein und lernte wie der Vater<br />

<strong>die</strong> Schiffszimmerei. Im Gegensatz zu Rickmer<br />

Ciasen Rickmers kam er aber schon in frühen<br />

Jahren mit Dampfschiffen und aus Eisen gebauten<br />

Schiffen in Berührung. 1854 hielt sich<br />

Andreas Ciasen Rickmers zur Vertiefung seiner<br />

Kenntnisse im Schiffbau auf Werften in England<br />

und den Vereinigten Staaten auf Seine kaufmännischen<br />

Fähigkeiten, <strong>die</strong> wenige Jahre später<br />

entscheidenden Einfluss auf das Bremer Reismüllereigeschäft<br />

nehmen sollten, lernte er nur<br />

durch <strong>die</strong> eigenen Erfahrangen im väterlichen<br />

Geschäft. Doch obwohl er der Sohn des Besitzers<br />

und Firmengründers war, erhielt Andreas Ciasen<br />

Rickmers vorerst keinen eigenen Verantwortungsbereich<br />

oder Entscheidungsfreiheiten im<br />

patriarchalisch geführten Betrieb.<br />

Das änderte sich jedoch mit dem Einstieg in das<br />

Reisgeschäft. Von 1865 an konnte <strong>die</strong> Rickmers-<br />

Werft kein einziges Schiff mehr verkaufen. Rickmer<br />

Ciasen Rickmers lehnte Eisen als Baumaterial<br />

im Schiffbau vehement ab. So baute <strong>die</strong><br />

Rickmers-Werft weiterhin Segler mit Holzrümpfen<br />

und verlor damit auf dem zunehmend stärker<br />

umkämpften Markt für Schiffsneubauten deutlich<br />

an Wettbewerbsfähigkeit. Allein in der Größe<br />

der Schiffe war Holz ein limitierender Faktor,<br />

weil <strong>die</strong> Holzrümpfe nur knapp unter 100 Meter<br />

Länge gebaut werden konnten, um noch ausreichend<br />

stabil zu sein.'^* 1869 wurde in ganz<br />

Geestemünde kein einziges Schiff vom Stapel<br />

gelassen. Daraus resultierend stieg <strong>die</strong> Bedeutung<br />

des Reedereigeschäfts seit 1865 immer stärker<br />

an, da <strong>die</strong> Werft ohne <strong>die</strong> erfolgreiche Reederei<br />

nicht überlebt hätte.<br />

Der Einstieg in das Reisgeschäft entwickelte sich<br />

für <strong>die</strong> Rickmers-Reederei innerhalb weniger<br />

Jahre zu einem hochprofitablen Geschäft. Bereits<br />

1864 machte Reis aus Ostin<strong>die</strong>n 21 Prozent der<br />

Gesamteinfuhr Geestemündes aus.'"^ Nach Asien<br />

hingegen gab es kaum Ausfrachten. Damit <strong>die</strong><br />

Schiffe nicht nur in Ballast fuhren, <strong>die</strong> Fahrt also<br />

nur kostete und nichts einbrachte, wurde hauptsächlich<br />

Kohle für <strong>die</strong> Versorgung von Dampfschiffen<br />

zu Bunkerstationen gebracht. Darüber<br />

hinaus war <strong>die</strong> erste Bearbeitung des Reises in<br />

den asiatischen Verschiffungshäfen kostspielig,<br />

weil für den Betrieb der Reismühlen europäische<br />

Kohle mangels einheimischer eingeführt werden<br />

39


tímusste.'^*<br />

Daher waren <strong>die</strong> Reismühlen für <strong>die</strong><br />

Rickmers-Schiffe ein doppeltes Ziel: Einerseits<br />

wurde Kohle zu deren Betrieb dorthin ausgeführt,<br />

andererseits wurde dort Reis für den europäischen<br />

Import geladen. Gab es gerade keine<br />

Frachten, fuhren <strong>die</strong> Schiffe unter einem recht<br />

großen Maß an Eigenverantwortung der Kapitäne<br />

in der Trampschifffahrt an den indischen und<br />

asiatischen Küsten. Solange <strong>die</strong> Segler nicht in<br />

einem Hafen lagen oder nur in Ballast fuhren,<br />

konnte das Reedereigeschäft durch <strong>die</strong> geringen<br />

Unterhaltskosten der Segler genügend Gewinne<br />

einfahren. Die Koordination der im Reistransport<br />

eingesetzten Kapitäne und Schiffe oblag zunehmend<br />

Andreas Glasen Rickmers, der sich zu der<br />

entscheidenden Persönlichkeit im deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> entwickelte. Mit dem Einstieg der<br />

Familie Rickmers bei der Bremer Reismühle<br />

Ichon 1872 und dem gemeinsamen Betrieb der<br />

Reismühle unter der Geschäftsführung von Andreas<br />

Rickmers (1835-1924) begann der Aufstieg<br />

Bremens zu einem der bedeutendsten Plätze<br />

für den Handel und <strong>die</strong> Verarbeitung von Reis<br />

weltweit.<br />

2. Reis - Eine kleine Kulturgeschichte<br />

Reis, lateinisch oriza, ist biologisch betrachtet<br />

ein Süßgras, von dem es etwa 25 verschiedene<br />

Arten gibt. Die einzige Ausnahme davon bildet<br />

der Wildreis, auf den hier nicht näher eingegangen<br />

werden muss, da er für den deutschen sowie<br />

für den internationalen <strong>Reishandel</strong> keine Rolle<br />

spielte. Es gibt verschiedene Reissorten, insgesamt<br />

über 5.000, von denen heute mit etwa 1.400<br />

immer noch eine unüberschaubare Zahl kultiviert<br />

wird. Die wissenschaftliche Suche nach optimalen<br />

Züchtungen von Reis durch das International<br />

Rice Research Institute'“*®und vergleichbarer<br />

Einrichtungen mit dem Ziel, möglichst hohe Emteerträge<br />

zu erwirtschaften, erhöhte <strong>die</strong> Zahl der<br />

bekannten Berg-, Wasser- und Landreissorten<br />

und deren Unterarten sowie Reiszüchtungen auf<br />

über 80.000.'“" Neben Mais und Hirse ist Reis<br />

<strong>die</strong> wichtigste Getreidepflanze der Tropen und<br />

Subtropen und damit, sowohl heute als auch im<br />

40<br />

Untersuchungszeitraum <strong>die</strong>ser Arbeit, eines der<br />

wichtigsten Nahrungsmittel der Welt. Etwa ein<br />

Drittel der Menschheit ernährt sich von Reis.<br />

Reis in Deutschland: Herkunft, Verbreitung,<br />

Anbau und Verwendung von Reis <strong>bis</strong> Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts<br />

Heute wird davon ausgegangen, dass Reis als<br />

Nahrungsmittel bereits im 4. Jahrtausend v. Chr.<br />

in Thailand und im 3. Jahrtausend v. Chr. im<br />

Süden Chinas angebaut wurde.Nach Schuhmacher<br />

habe es 1917, also zum Ende des hier<br />

betrachteten Zeitraums, in der Wissenschaft <strong>die</strong><br />

ungelöste Frage gegeben, ob Reis aus In<strong>die</strong>n<br />

oder China stamme. Denn in In<strong>die</strong>n seien Vorkommen<br />

von wildem Reis ein Indiz, dass erdort<br />

als Erstes angebaut worden sei, in China habe<br />

es andererseits <strong>die</strong> ältesten Monokulturen gegeben.<br />

Unzweifelhaft ist Reis eine nicht nur sehr<br />

wichtige, sondern auch eine sehr alte Kulturpflanze.'“'^<br />

Die weitere Verbreitung als Nahrungsmittel<br />

nahm dann über Persien im frühen 1. Jahrtausend<br />

V. Chr. ihren Lauf. Über <strong>die</strong> Feldzüge<br />

Alexanders des Großen wurde er im 4. Jahrhundert<br />

V. Chr. in Griechenland bekannt und mit der'<br />

Ausdehnung des ara<strong>bis</strong>chen Herrschaftssystems<br />

in Nordafrika und Spanien im 8. Jahrhundert<br />

auch über <strong>die</strong> Iberische Halbinsel in Europa eingeführt.<br />

Im 17. Jahrhundert begann der Reisanbau<br />

in Nordamerika, und Reis war spätestens<br />

damit ein globales Nahrungsmittel geworden."*<br />

Ein Blick in Johann Heinrich Zedlers Universallexikon<br />

von 1742 zeigt, dass vieles vom heutigen<br />

Wissen über Reis vor über 250 Jahren -<br />

und damit auch schon lange vor Beginn des Untersuchungszeitraums<br />

um <strong>1850</strong>, dem Beginn des<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong>s in industriellen und globalen<br />

Maßstäben - bereits bekannt war. Europäische<br />

Anbauorte waren im 18. Jahrhundert<br />

demnach im deutschsprachigen Raum <strong>die</strong><br />

Schweiz und Franken im Gebiet um Bamberg<br />

sowie vor allem <strong>die</strong> Gegend um Mailand. Weiter<br />

wird darauf verwiesen, dass Reis vor allem außerhalb<br />

Europas angebaut wurde: „Der Reis ist<br />

heutiges Tages männiglich bekannt, wächset aber


ey uns nicht sonderlich, sondern wird meistens<br />

aus der Fremde gebracht [.. Direkt danach<br />

werden mit China, Japan, Sumatra, Ostin<strong>die</strong>n<br />

und Tonquin (Tonking, Nordvietnam) auch <strong>die</strong><br />

w ichtigsten Anbaugebiete genannt. In Hamburg,<br />

das spätestens mit dem Zollanschluss Bremens<br />

1888 zu einem der wichtigsten deutschen Umschlagplätze<br />

wurde, war neben italienischem,<br />

russischem und türkischem Reis auch schon Carolina-Reis<br />

bekannt.In der Verwendung<br />

war Reis nicht nur als menschliche Nahrung,<br />

sondern auch als Grundstoff für Tierfutter und<br />

vor allem als Grundlage alkoholischer Getränke<br />

bekannt:<br />

..In China bereiten sie davon einen Tranck,<br />

welchen man in Peru nachmachet und Acua<br />

nennt; in Japan einen Wein, Aracle genannt;<br />

und in Pegu ein starckes Wasser, welches unserem<br />

Aquavite kaum nachgiebet. Die Türcken<br />

haben einen Tranck, den sie Boza nennen,<br />

derselbe ist von Reis oder Hirse zubereitet,<br />

und hat einen Geschmack wie unser<br />

Bier, aber nicht so annehmlich.<br />

КЮJahre vor der Entstehung einer deutschen<br />

Reisindustrie gab es nur einen großen Unterschied<br />

in der deutschen Wahrnehmung von Reis.<br />

Dieser lag im medizinischen Nutzen. Mit der<br />

Verarbeitung im industriellen Maßstab Mitte des<br />

19. Jahrhunderts wurde Reis einzig als Nahrungsmittel<br />

mit verschiedenen Verarbeitungsmöglichkeiten<br />

wahrgenommen. Im 18. Jahrhundert<br />

wurden dem Reis noch medizinischer<br />

Nutzen und zugleich trotzdem auch gesundheitsschädigende<br />

Eigenschaften zugesprochen. Ohne<br />

den Widerspruch aufzulösen heißt es dort einerseits,<br />

dass Reis Verstopfung verursacht, dem Gesicht<br />

schade und Kopf, Magen sowie Nerven be-<br />

4'hwere. Des Weiteren verschlimmere Reis Augenleiden<br />

bei häufigem Genuß von „Sacqui“,<br />

also von Reiswein. Daher „treffe man ganz Japan<br />

voller Blinde an“.'^’ Andererseits wurden mit<br />

dem Verzehr von Reis auch viele gesundheitsfördernde<br />

Aspekte verbunden. So helfe Reis gegen<br />

Erbrechen, Blutspeien, Blutharnen, stärke<br />

<strong>die</strong> Konstitution ausgezehrter Menschen und sei<br />

ein gutes Abführmittel, wenn Kinder Knöpfe<br />

verschluckt hätten. Darüber hinaus könne Reis<br />

in Klistieren verabreicht als Arznei gegen <strong>die</strong><br />

Rote Ruhr eingesetzt werden und trage zur Genesung<br />

Lungensüchtiger bei. Frauen könnten<br />

das Getreide zudem nutzen, um Schrunden der<br />

Gebärmutter zu heilen, den Milchfluss zu stärken<br />

und des Weiteren um „Nasenbluten, und <strong>die</strong> goldenen<br />

Ader, und den überflüßigen Monatsfluß<br />

der Weiber“ zu stoppen.<br />

Im 19. Jahrhundert gab es dann aber ein deutlich<br />

seriöseres Wissen über den Reis, das gerade in<br />

der Frage seines Nutzens auf modernen naturwissenschaftlichen<br />

Analysen beruhte. Bereits in<br />

Krünitz’s ökonomisch-technologischer Encyklopä<strong>die</strong><br />

von 1813 gab der Autor des Artikels Reiß<br />

[siclj nicht nur in weniger barocker und sachlicherer<br />

Sprache das Wissen wieder, welches bereits<br />

in Zedlers Universallexikon den Deutschen<br />

zugänglich war, sondern diskutierte auch ausführlich<br />

<strong>die</strong> Vor- und Nachteile eines größeren<br />

europäischen Reisanbaus.'^' Ein Nachteil des<br />

europäischen Reisbaus und als Hauptgrund, warum<br />

Reisanbau nicht intensiviert wurde, war das<br />

Auftreten von Malaria in den Reisbaugebieten.<br />

Im Mittelalter wurde dem Reis daher einfach<br />

noch ein schlechtes Miasma, eine ungesunde<br />

Ausdünstung zugesprochen. Im 19. Jahrhundert<br />

erkannte man <strong>die</strong> Gründe aber bereits: „Die auf<br />

den Reißfeldern [sic!] stehenden Wasser werden<br />

in der Hitze schnell faulend, zahllose Insekten<br />

sammeln sich daselbst, pflanzen sich fort und<br />

sterben u.s.w., und es kann nicht fehlen, daß <strong>die</strong><br />

Luft verpestet werde [...] und Krankheiten erzeugt.“'^^<br />

Dass beispielsweise in China Karpfen<br />

in <strong>die</strong> Reisfelder gesetzt wurden, um <strong>die</strong> Verbreitung<br />

der Malaria durch Mücken zu reduzieren'*^,<br />

war anscheinend unbekannt. Mit verschiedenen<br />

Anbaumethoden sollte das Malaria-Problem<br />

in Europa gelöst werden. Sogar der<br />

maurische Landwirt Ebn-el-Awam, der im 12.<br />

Jahrhundert über erfolgreichen Reisanbau in<br />

Spanien schrieb und dessen Werk im 19. Jahrhundert<br />

ins Spanische übersetzt wurde, wird im<br />

Artikel in Krünitz’s Lexikon angeführt, um <strong>die</strong><br />

Ausbreitung des europäischen Reisbaus zu fordern<br />

und zu fördern.'*^<br />

41


es«» •- '<br />

m--<br />

Das große Interesse an Reis und Reisbau in<br />

Europa erklärt sich daraus, dass das Wissen über<br />

den Nährwert von Reis schon vorhanden war.<br />

Mit der beginnenden Industrialisierung, zunehmender<br />

Verstädterung und Bevölkerungswachstum<br />

sowie dem Rückgang der Subsistenzwirtschaft<br />

waren nahrhafte Lebensmittel im 19. Jahrhundert<br />

von immer größerer Bedeutung für <strong>die</strong><br />

Ernährung der Bevölkerung. Auch wenn <strong>die</strong><br />

nachfolgenden Nährwertangaben aus dem Jahr<br />

1933 stammen, sind sie nach den Erkenntnissen<br />

der heutigen Wissenschaft noch aktuell. Dass<br />

<strong>die</strong> Angaben der Nährwerte von Reis bereits im<br />

19. Jahrhundert von Belang waren, zeigt sich<br />

zudem an der Werbung, mit der Rickmers für<br />

sein Reisfuttermehl warb. In einer Werbebroschüre<br />

berichtete ein Milchbauer, dass er mit der<br />

„Fütterung von Reismehl an Milchkühe durchaus<br />

zufrieden“ sei und dass sich das Futtermehl „entschieden<br />

günstig auf <strong>die</strong> Milchproduktion“ auswirke.Während<br />

<strong>die</strong> einheimischen Getreide<br />

Weizen, Roggen und Gerste zu 63-67 Prozent<br />

aus Kohlehydraten bestehen, Hafer sogar nur zu<br />

56 Prozent, enthält Reis etwa zu 75 Prozent Kohlehydrate.<br />

Zugleich hat er mit 7,7 Prozent nur<br />

etwa zwei Drittel des Proteingehalts der deutschen<br />

Getreidesorten. Geschälter Reis enthält<br />

nur noch 0,4 Prozent rohe Fette, während ungeschälter<br />

Reis mit zwei Prozent einen Fettanteil<br />

wie Roggen und sogar etwas mehr als Weizen<br />

hat.'^® Neben dem Verzehr wurde Reis auf vielfältige<br />

andere Weisen genutzt. Die in Asien übliche<br />

Herstellung alkoholischer Getränke war<br />

bereits im 18. Jahrhundert gebräuchlich. Auch<br />

in Deutschland wurde Reisgrieß vor der gesetzlichen<br />

Verankerung des deutschen Reinheitsgebots<br />

1906 seit der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

vereinzelt zum Brauen von Bier verwendet oder<br />

zu <strong>die</strong>sem Zweck aus Deutschland exportiert.<br />

Zudem wurde aus dem Bruchreis, also aus Körnern,<br />

<strong>die</strong> im Schäl- und Polierprozess auseinanderbrechen,<br />

Reisstärke gewonnen, da Reis eine<br />

hohe Stärkeausbeute von 85-90 Prozent ermöglicht.<br />

Die bei der Stärkeproduktion anfallenden<br />

Abfälle wurden als konzentriertes Kraftfutter für<br />

<strong>die</strong> Viehzucht verwendet. Auch <strong>die</strong> Ernteabfälle<br />

konnten in den Anbaugebieten vielfach weiterverarbeitet<br />

werden. Reisstroh nutzte man zum<br />

Decken von Dächern oder indem man Körbe.<br />

Hüte, Sandalen und Matten daraus flocht, ln<br />

China wurde daraus auch Papier hergestellt. Zigarettenpapier<br />

aus Reisstroh hergestellt soll eine<br />

besondere Güte gehabt haben. Weiterhin wurden<br />

<strong>die</strong> beim Schälen anfallenden Spelzen zu Isolationszwecken,<br />

als Packmaterial und zum Heizen<br />

verwendet.Als Tierfutter konnten sie wegen<br />

ihres geringen Nährstoffgehalts nicht verwendet<br />

werden. Außerdem sind Reisspelzen für Tiere<br />

schwer verdaulich, weshalb der Gehalt von Spelzen<br />

in Tierfutter nicht zu hoch werden durfte.<br />

Die Asche der Spelzen hatte aber einen sehr hohen<br />

Siliziumgehalt und eignete sich daher für<br />

<strong>die</strong> Glasherstellung, bei der sie zum Säubern.<br />

Brennen und Polieren von Glas Verwendung<br />

fand.'^* Der Gewichtsverlust durch das Schälen<br />

der Spelzen betrug <strong>bis</strong> zu 25 Prozent.*®* Dieser<br />

Anteil spielte bei der Festlegung der deutschen<br />

Zölle beziehungsweise der Zollregulative eine<br />

wichtige Rolle und soll daher später noch näher<br />

betrachtet werden.<br />

Die <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg in Asien üblichen<br />

Anbaumethoden gibt Schuhmacher nach dem ’<br />

gleichsam aktuellsten Wissensstand wieder, da<br />

seine Angaben aus dem Jahr 1917 stammen: Innerhalb<br />

der vielfältigen Reissorten muss grandsätzlich<br />

zwischen Bergreis und Sumpfreis unterschieden<br />

werden. Ersterer benötigt vergleichsweise<br />

wenig Bewässerung und Wärme und auch<br />

nur vier Monate, <strong>bis</strong> er erntereif ist. Dafür sind<br />

<strong>die</strong> Erträge je Fläche aber deutlich geringer, weshalb<br />

Bergreis für den internationalen Handel und<br />

<strong>die</strong> deutsche Reisindustrie keine Bedeutung erlangte.<br />

Sumpfreis wird vor allem in tropischen<br />

und subtropischen Gebieten, besonders in feuchten<br />

Flussgebieten angebaut. Wie es sich bereits<br />

für den amerikanischen Reisanbau im 18. Jahrhundert<br />

zeigte, ist eine ausreichende Bewässerung<br />

für gute Ernteerträge von Sumpfreis von<br />

besonderer Bedeutung. Bewässerungssysteme<br />

sind in asiatischen Anbaugebieten aber nicht <strong>die</strong><br />

Regel gewesen. Dies gilt besonders für das exportstarke<br />

Birma. Daher sind Missernten infolge<br />

42


ausbleibender Monsunregenfälle oder zu starker<br />

Regenfälle wiederholt vorgekommen. Bei einem<br />

ungeregelten Bewässerungssystem, das vor allem<br />

von Überschwemmungen der Reisfelder durch<br />

Flüsse profitiert, tragen Letztere immer neue<br />

Nährstoffe auf <strong>die</strong> Felder. Auf <strong>die</strong>sen als Alluvialböden<br />

bezeichneten Anbauflächen finden wenige<br />

oder gar keine Fruchtwechsel statt und Reis<br />

wurde in ständiger Folge angebaut. Teilweise<br />

konnten so zwei Ernten in einem Jahr erreicht<br />

werden, ln der chinesischen Provinz Hunan am<br />

Jangtsekiang sollen sogar drei Ernten in einem<br />

Jahr möglich gewe.sen sein.‘^<br />

Je besser <strong>die</strong> Wasserversorgung der Felder war,<br />

desto höhere Ernten wurden erzielt, weshalb sich<br />

beispielsweise in Birma <strong>die</strong> Erträge pro Hektar<br />

je nach Qualität des Ackerlands in der weiten<br />

Spanne von etwa 1.000 <strong>bis</strong> über 2.250 Pfund,<br />

also zwischen 454 Kilogramm und über einer<br />

Tonne, bewegten.'*' Aber trotz „einer wenig intensiven.<br />

teilweise noch sehr primitiven Bewirtschaftung<br />

der Felder“ sind <strong>die</strong> Ernten von Reis<br />

..ganz bedeutend höher als <strong>die</strong> aller anderen Körnerfrüchte<br />

Die Erträge lagen bei circa<br />

30 Hektoliter Je Hektar. Bei intensiver Düngung<br />

waren schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts in<br />

Italien <strong>bis</strong> zu 50 Hektoliter Korn je Hektar möglich.'*’<br />

Für Birma als wichtigstes Anbauland für<br />

den europäischen <strong>Reishandel</strong> ist sogar festzustellen,<br />

dass <strong>die</strong> durchschnittlichen Erträge zwi-<br />

4’hen 1880 und 1930 von 1.600 auf 1.500 Pfund,<br />

also von etwa 726 auf 680 Kilogramm, leicht<br />

rückgängig waren. '*^ Der Aufwand für den asiatischen<br />

Reisbau ist dem ungeachtet auch ohne<br />

Verwendung künstlicher Dünger sehr hoch. Reiskörner<br />

wurden nicht nur wie Weizen oder andere<br />

Brotgetreide als Wurfsaat auf <strong>die</strong> Felder gebracht,<br />

sondern zumeist wurden Reispflanzen<br />

erst in Zuchtbeeten gezogen und anschließend<br />

verpflanzt. Hieraus leitet sich auch der Name<br />

Gartenreis ab, der so vom teilweise aus Siam<br />

e.xportierten Feldreis unterschieden wurde.'**<br />

Erst seit 1906 wurde schrittweise in den niederländischen<br />

und französischen Kolonien sowie in<br />

Siam und Japan damit begonnen, in landwirtschaftlichen<br />

Versuchsanstalten <strong>die</strong> Ernteerträge<br />

zu steigern.'** 1959 wurden <strong>die</strong>se Schritte mit<br />

der Gründung des nicht-staatlichen International<br />

Rice Research Institute auf den Philippinen gebündelt.<br />

Auf China und In<strong>die</strong>n entfielen zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts etwa zwei Drittel der weltweiten<br />

Reisernte. Bei einer Jahresproduktion von<br />

circa 102 Millionen Tonnen Reis wurden gerade<br />

einmal 2 Millionen Tonnen außerhalb Asiens angebaut.<br />

Geschichte eines deutschen Lebensmittels<br />

Reis als Lebensmittel in Deutschland kann unter<br />

verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden.<br />

Die Volkskunde verbindet <strong>die</strong> historische<br />

Untersuchung von Lebensmitteln mit kulturellen<br />

und räumlichen Fragestellungen. Weitere Ansatzpunkte<br />

der historiographischen Betrachtung<br />

von Reis können aber auch medizinische, ernährungswissenschaftliche<br />

beziehungsweise ernährungskulturelle<br />

oder soziokulturelle Aspekte<br />

mit einbeziehen.<br />

Mit der Frage, wie es im 19. Jahrhundert gelang,<br />

aus den davor immer wiederkehrenden Hungerkrisen<br />

auszubrechen, waren Teuteberg und Wiegelmann<br />

1971 <strong>die</strong> Vorreiter einer Nahrungsmittel-Geschichte<br />

als neue geschichtswissenschaftliche<br />

Teildisziplin.'*’ Zwischen 1680 und <strong>1850</strong><br />

gab es in Deutschland zwei Phasen, in denen<br />

sich neue Nahnings- und Genussmittel im Konsumverhalten<br />

der Bevölkerung etablierten. Neben<br />

dem Reis waren <strong>die</strong>se neuen Konsumprodukte<br />

vor allem Kartoffeln, Kaffee, Zucker und<br />

Tee. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges<br />

<strong>bis</strong> etwa 1770 kam es zu einer wirtschaftlichen<br />

Konsoli<strong>die</strong>rung und einem Aufschwung,<br />

in dessen Folge der Konsum der neuen Genussmittel<br />

zunehmend für mehr Menschen erschwinglich<br />

wurde. Die im Mittelalter eher in<br />

den Süden gehenden wichtigen deutschen Fernhandelsverbindungen<br />

hatten sich gelockert. Stattdessen<br />

entwickelten sich eher über <strong>die</strong> Nordsee<br />

und den Atlantik <strong>die</strong> deutschen Anbindungen an<br />

den Weltmarkt. Begünstigt durch eher geringe<br />

Zerstörungen des nordwestdeutschen Raums in<br />

43


den Kriegsdekaden wurden <strong>die</strong> Küstenstädte an<br />

der Nordsee <strong>die</strong> bevorzugten Importorte für Kaffee,<br />

Tee, Zucker und Reis.'^* Die Unversehrtheit<br />

Hamburgs sowohl im Dreißigjährigen als auch<br />

im Siebenjährigen Krieg führte dazu, dass <strong>die</strong><br />

Handelsverbindungen der Stadt ohne große Beeinträchtigungen<br />

wachsen konnten und <strong>die</strong> Elbestadt<br />

sich zu einem Zwischenhandelsplatz für<br />

Norddeutschland, Ostdeutschland und <strong>bis</strong> nach<br />

Osteuropa etablieren konnte. Ein weiterer wichtiger<br />

Vorteil für <strong>die</strong> Einführung von Reis und<br />

den anderen Produkten nach Hamburg war aber<br />

auch <strong>die</strong> räumliche Nähe zu den Niederlanden<br />

und England, <strong>die</strong> als Kolonial- beziehungsweise<br />

Handelsmächte in Asien in Norddeutschland einen<br />

nahen Absatzmarkt für ihre dort erworbenen<br />

Güter hatten. Die nachhaltigste Entwicklung <strong>bis</strong><br />

<strong>1850</strong> war <strong>die</strong> Übernahme des neuen Konsumverhaltens<br />

auf Grund eines neuen Nahrungsmittelangebots<br />

in breite, auch bäuerliche Bevölkerungsschichten.<br />

Die Nachahmung des adeligen<br />

Konsumverhaltens, erst in bürgerlichen und später<br />

in bäuerlichen Bevölkerungsgruppen, führte<br />

zur Etablierung des Reises in den Speiseplänen<br />

aller sozialen Klassen.*® Im ausgehenden Mittelalter<br />

war Reis eine beliebte Speise auf Banketten<br />

adeliger Höfe;<br />

„Mit der Ausprägung der Ständegesellschaft,<br />

<strong>die</strong> im Barock ihren Höhepunkt erreichte,<br />

wurde importierter Reis zur Herrenspeise.<br />

Weiße Speisen galten als vornehm, und weil<br />

<strong>die</strong>ser Reis schneeweiß war, gehörte er von<br />

Natur aus zu den Herrenspeisen. Weil sich<br />

ein fester Reisbrei zudem leicht in bestimmte<br />

Formen modellieren ließ, <strong>die</strong>nte er auch dazu,<br />

gewisse verbotene Speisen nachzuahmen, das<br />

weiße Fleisch der Hühner zum Beispiel.“'<br />

In Europa wurde an den Fürstenhöfen gekochter<br />

Reis zermust, durch ein Sieb gestrichen und in<br />

Formen gefüllt. Sobald er erstarrt war, nutzten<br />

<strong>die</strong> Köche den Reis auch als Fundament für<br />

prunkvolle Tafelspeisen und Dekorationen. Im<br />

bürgerlichen Reisring, einem festen Ring aus<br />

Reis, der im Inneren Gemüse oder Fleisch enthielt,<br />

zeigte sich das Nachahmungsverhalten der<br />

adeligen Küche ganz konkret.'’'<br />

Entsprechend <strong>die</strong>ser Eigenschaft als Speise der<br />

sozialen Oberschicht wurde Reis im 18. Jahrhundert<br />

ein wichtiger Bestandteil von bäuerlichen<br />

Hochzeitsmahlen. Bei Hochzeiten wurde<br />

nicht gespart und mit der Bewirtung der Gä.ste<br />

mit Reis Wohlstand angezeigt. In der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Reis als Bestandteil<br />

von Hochzeitsspeisen hingegen immer<br />

unwichtiger, und ab 1875 war er nicht mehr auf<br />

allen Hochzeitstafeln zu finden. Im 19. Jahrhundert<br />

wurde Reis immer öfter Teil des bürgerlichen<br />

Sonntagsessens. Als Reis als Massenware<br />

schließlich Eingang in <strong>die</strong> Arbeiterküche und in<br />

<strong>die</strong> Arbeitersuppen fand, konnte von der Bewermng<br />

einer Schüssel Reisbrei als Kostbarkeit nicht<br />

mehr gesprochen werden.'<br />

Der Eingang von Reis in deutsche Küchen und<br />

<strong>die</strong> Bestätigung der gerade genannten wirtschaftlichen<br />

und kulturellen Veränderungen, <strong>die</strong> dazu<br />

führten, ließe sich ebenfalls durch eine ausführliche<br />

Analyse deutscher Kochbücher seit dem<br />

Mittelalter <strong>bis</strong> zum Ende des 19. Jahrhundens<br />

nachzeichnen. Das wäre jedoch eine umfangreiche<br />

Arbeit, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem Rahmen nicht geleistet<br />

werden kann. Dennoch soll ein kurzer Blick auf<br />

<strong>die</strong> beiden bereits genannten zeitgenössischen<br />

Lexika von 1742 und von 1813, Zedlers Universal-Lexikon<br />

und Krünitz’s ökonomisch-technologische<br />

Encyklopä<strong>die</strong>, aufzeigen, wie im<br />

deutschsprachigen Kulturraum vor dem Beginn<br />

des Massenimports auf Reis als Speise eingegangen<br />

wurde. In Zedlers Universal-Lexikon<br />

heißt es, dass der Reis „mehr zur Nahrung als<br />

zur Arzney“ <strong>die</strong>nte, dann jedoch wird ausführlich<br />

über seine scheinbaren medizinischen Zwecke<br />

berichtet. Erst einen Absatz später heißt es, dass<br />

Reis ,,[i]n Deutschland [...] entweder mit guter<br />

Fleischbrühe zu einer Suppe, oder mit süsser<br />

Milch zu einem Breye gekocht“ wird. Anschließend<br />

verliert sich der Artikel wieder in medizinischen<br />

Angaben.'<br />

Siebzig Jahre später war in Krünitz’s Lexikon<br />

im Anschluss an den Artikel mit allgemeinen<br />

Informationen über den Reis eine diätische Betrachtung<br />

des Reises zu lesen. Darin wird beschrieben,<br />

in welcher Gegend der Welt Reis für<br />

44


<strong>die</strong> Emährang bedeutend ist - „durch ganz Ostin<strong>die</strong>n,<br />

vorzüglich in China, Persien und Japan<br />

macht der Reiß das hauptsächliche Nahrungsmittel<br />

aus“. - und welche Kocheigenschaften er<br />

hat ] der Teig geht nicht gehörig auf, wenn<br />

ihm auch gleich ein Ferment hinzugesetzt wird<br />

An <strong>die</strong> diätischen Betrachtungen schließen<br />

sich Rezepte für Reisgerichte an. Selbst<br />

wenn <strong>die</strong> Frage des Adressatenkreises einer großen<br />

Enzyklopä<strong>die</strong> im Jahr 1813 außer Acht gelassen<br />

wird, zeigt sich daran einerseits, dass Rezepte<br />

für Reisspeisen im frühen 19. Jahrhundert<br />

noch kein selbstverständlicher Teil der Küchenkultur<br />

waren. In Krünitz’s Universal-Lexikon<br />

stehen auf einer Länge von 20 Seiten von „Reißmehlflambri“<br />

über „Reißmus“ und „Reißpanade“<br />

<strong>bis</strong> zu „Reißwaffeln“ immerhin 48 Rezepte für<br />

Reisspeisen!'” Andererseits ist <strong>die</strong>se Fülle an<br />

Rezepten jedoch ein Hinweis darauf, dass Reis<br />

keine exotische Nahrung mehr war, sondern als<br />

ungewohnte, aber in vielfältigen Zubereitungsarten<br />

durchaus bekannte Nahrung akzeptiert war.<br />

Reis wird als wertvolles Nahrungsmittel<br />

erkannt<br />

Das Jahr <strong>1850</strong> nutzte Wiegelmann, ebenso wie<br />

es in <strong>die</strong>ser Arbeit als Zäsur zur Moderne verwendet<br />

wird, um den Wandel vom vorindustriellen<br />

Ernährungsverhalten zu den Konsumgewohnheiten<br />

einer Industriegesellschaft anzuzeigen.<br />

Nachdem Reis als eines der neuen<br />

Kolonialprodukte in den vorangegangen zwei<br />

Jahrhunderten nach und nach in <strong>die</strong> deutsche<br />

Küche aller sozialen Klassen aufgenommen wurde.<br />

hatte er nun eine Aufgabe unter veränderten<br />

Vorzeichen. Denn „nach 1840 begann in<br />

Deutschland <strong>die</strong> Entwicklung vom Agrarstaat,<br />

der Agrarprodukte exportierte und Fertigfabrikate<br />

einführte, zu einem immer mehr verstädternden<br />

Industriestaat, der sehr bald zahlreiche<br />

Nahrungsmittel importieren mußte“.'”<br />

Die sich nicht selbst versorgenden Bevölkerungsteile<br />

wuchsen, und Reis wurde zunehmend in<br />

Bezug auf seinen Nährwert begutachtet. Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts hatte Justus von Liebig mit<br />

der Erklärung des Energiestoffwechsels und wissenschaftlichen<br />

Überlegungen zur Verhinderung<br />

neuer Hungersnöte eine moderne wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit Emährungsfragen<br />

begründet. Liebig wurde als Pionier der organischen<br />

Chemie zwar noch mehrfach korrigiert,<br />

aber seit etwa 160 Jahren hat sich das stoffliche<br />

Grundkonzept von Eiweißen, Kohlenhydraten<br />

und Fetten nicht gmndlegend geändert. Der Chemiker<br />

und Emährungsforscher Carl von Voit veröffentlichte<br />

1881 mit seinem Kostmaß erstmals<br />

eine Umsatzstu<strong>die</strong> der täglich benötigten Energie<br />

eines mittelschweren Arbeiters beziehungsweise<br />

gab er damit <strong>die</strong> erste Ernährungsempfehlung,<br />

<strong>die</strong> sich auf einen ermittelten täglichen Kalorienbedarf<br />

stützte. Die Empfehlung über <strong>die</strong> Zusammensetzung<br />

der Energiemenge veränderte<br />

sich <strong>bis</strong> heute mehrfach, der gesamte tägliche<br />

Energiebedarf eines Arbeiters wurde aber <strong>bis</strong><br />

1985 noch immer wie von von Voit 1881 mit<br />

3.000 Kilokalorien angegeben. Die Deutsche<br />

Gesellschaft für Ernährung gab in den Jahren<br />

1991 und 2000 <strong>die</strong> Empfehlung zu einer täglichen<br />

Energieaufnahme von 2.900 Kilokalorien.<br />

Nach 120 Jahren wurde das Kostmaß Carl von<br />

Voits nur um 3,3 Prozent verändert und hat praktisch<br />

nicht an Aktualität eingebüßt.'’'’<br />

Aus <strong>die</strong>ser neuen wissenschaftlichen Betrachtung<br />

der Ernährung für <strong>die</strong> Bevölkerung des entstehenden<br />

Industriestaats erklären sich dann auch<br />

Handlungsweisen und Veröffentlichungen der<br />

sich ebenfalls seit etwa <strong>1850</strong> industrialisierenden<br />

Reismüllerei in Deutschland. Auf <strong>die</strong> Werbeschrift<br />

der Rickmers Reismühlen zu Reisfuttermehl<br />

wurde bereits hingewiesen.'’®In ähnlicher<br />

Form warb <strong>die</strong> Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

für den menschlichen Verzehr von Reis.<br />

Statt positiver Erfahrungsberichte wurde eine<br />

Schrift in Auftrag gegeben, in der ein Mediziner<br />

in einer wissenschaftlichen Argumentation für<br />

den Verzehr von Reis warb. Drei Gründe für den<br />

Reisverzehr führte Dr. med. Eduard Büsing 1911<br />

in einer anlässlich der Internationalen Hygieneausstellung<br />

in Dresden verölfentlichten Schrift<br />

an. Zum einen erklärte er, dass der Resorptionsgehalt<br />

von Reis besonders hoch sei. Das bedeu-<br />

45


tet, dass <strong>die</strong> menschliche Aufnahmekapazität<br />

und Verwertbarkeit des Eiweißgehaltes bei Reis,<br />

zumindest im Vergleich mit anderen Hülsenfrüchten<br />

und nicht-tierischen Lebensmitteln,<br />

deutlich höher ist als beispielsweise bei Schwarzbrot,<br />

Kartoffeln oder Rüben. Während Eiweiß<br />

von Fleisch zu 97 Prozent aufgenommen werden<br />

kann, werden vom Reis 80 Prozent resorbiert,<br />

von Kartoffeln und Schwarzbrot nur 68 Prozent<br />

und von Rüben sogar nur 61 Prozent. Zudem,<br />

so Büsing weiter, werden von den Fetten im Reis<br />

93 Prozent resorbiert, und von den Salzen können<br />

immerhin 85 Prozent verwertet werden. Der<br />

menschliche Stoffwechsel kann aus Reis also<br />

besonders viel Energie gewinnen, da 96 Prozent<br />

der Trockensubstanz verwertet werden. Zweitens<br />

spricht der geringe Wassergehalt für den Verzehr<br />

von Reis. Da das Korn nur 13 Prozent Wassergehalt<br />

hat, können bei der genannten Resorptionsquote<br />

von 96 Prozent der Trockensubstanz<br />

insgesamt 83,5 Prozent des gesamten Korns verwertet<br />

werden. Das führt dazu, dass aus 100 g<br />

Reis mit 350 Wärmeeinheiten so viel Energie<br />

resorbiert werden kann wie aus keinem anderen<br />

pflanzlichen Nahrungsmittel. Der Nährwert der<br />

gleichen Menge an Kartoffeln beträgt nur ein<br />

Viertel. Zum dritten ist der Gehalt an Kalisalzen<br />

im Reis recht niedrig, was nach Büsing für <strong>die</strong><br />

menschliche Ernährung besonders wichtig ist<br />

und damit den Reisverzehr aus gesundheitlichem<br />

Aspekt empfiehlt.Dass ein „weiterer Vorzug<br />

des Reises [...] seine leichte Verdaulichkeit“ ist,<br />

muss da kaum noch erwähnt werden.<br />

3. Die Erschließung von Reisanbauflächen<br />

und Exportindustrien<br />

Die Erschließung Birmas<br />

Arakan im Nordwesten Birmas war <strong>bis</strong> 1785 ein<br />

eigenständiges Königreich. Mit der Eroberung<br />

durch das Nachbarland Pegu wurde der <strong>Reishandel</strong><br />

im dortigen Hafen Akyab eingestellt. Dabei<br />

ging es nicht darum, im Fall einer Hungersnot<br />

<strong>die</strong> Ernährung der Bevölkerung zu schützen. Bei<br />

guten Ernten ließ man den überflüssigen Reis<br />

auf den Feldern verrotten, statt ihn zu exportieren.<br />

Zugleich war Arakan aber gemeinsam mit<br />

der Provinz Tenasserim, dem Küstengebiet im<br />

Süden Birmas, 1832 das erste von den Engländern<br />

eroberte Gebiet. Akyab wurde so zum ersten<br />

der später vier birmanischen Häfen, über <strong>die</strong> der<br />

gesamte Reisexport des Landes verschifft wurde.<br />

1840 wurden 74.500 t Reis im Wert von 1,257<br />

Millionen Rupien'*’ exportiert, 1855 waren es<br />

bereits 162.000 t mit einem Wert von 3,051 Millionen<br />

Rupien. Dieses ökonomische Wachstum<br />

war der Beginn einer Entwicklung, <strong>die</strong> mit der<br />

vollständigen Eroberung Birmas 1852 stark an<br />

Fahrt aufnahm und sich <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

fast ungebremst fortsetzte. Dabei mussten <strong>die</strong><br />

verschiedensten Hindernisse überwunden werden:<br />

Wildschweine, Schlangen, Elefanten und<br />

Tiger bedrohten Felder und Bauern, für <strong>die</strong><br />

schwere landwirtschaftliche Arbeit geeignete<br />

Siedler mussten erst einmal gefunden werden<br />

und korrupte Behörden hatten nicht immer das<br />

Wohl des Landes im Auge.'*^ Dennoch führte<br />

intensive englische Entwicklungspolitik dazu,<br />

dass das Delta der beiden Flüsse Irrawaddy und<br />

Sittang sich zur Kornkammer Birmas entwickelte<br />

und Birma zum wichtigsten Reisproduzenten '<br />

der damaligen Welt wurde.<br />

Migration<br />

Die Aufhebung des Exportverbots für Reis war<br />

<strong>die</strong> Voraussetzung für <strong>die</strong> ökonomische Entwicklung<br />

Birmas. Birma sollte möglichst schnell zu<br />

einem Wirtschaftsfaktor im britischen Kolonialreich<br />

werden. Nicht nur, um ein Rohstofflieferant<br />

zu werden, sondern auch, um <strong>die</strong> hohen Ausgaben<br />

für Militär und Verwaltung mit zu erbringen.'*‘*<br />

Für eine wirtschaftliche Entwicklung<br />

mussten aber erst einmal <strong>die</strong> Träger eines wirtschaftlichen<br />

Aufschwungs gefunden werden:<br />

“As Lower Burma was sparsley populated, the<br />

Government realized that development would<br />

be slow unless immigrants could be attracted."'*^<br />

Immigration wurde als unerlässliche Bedingung<br />

für <strong>die</strong> Entwicklung einer Reisindustrie erkannt,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> vorherrschende Subsistenzwirtschaft er-<br />

46


setzen sollte, indem <strong>die</strong> großen Dschungelflächen<br />

als Reisanbauland kultiviert werden. Oberbirma.<br />

das Königreich Ava, wurde wegen seiner<br />

geographischen und kulturellen Nähe zu Birma<br />

der erste Ansprechpartner. 1862 wurde daher ein<br />

offizieller Vertrag geschlossen, der den Einwohnern<br />

Oberbirmas <strong>die</strong> unbeschränkte Passage zwischen<br />

beiden Territorien ermöglichte. Zugleich<br />

war <strong>die</strong> Besitzergreifung und Kultivierung von<br />

ungenutztem Land ausdrücklich erwünscht.<br />

Zudem schloss <strong>die</strong> Regierung 1871 einen Vertrag<br />

mit den zwei bestehenden Dampfergesellschaften<br />

für <strong>die</strong> Binnenschifffahrt, der Irrawaddy Flotilla<br />

Company und der Burmese Steam Navigation<br />

Company, dass sie auf jeder ihrer Dampferfahrten<br />

von Bhamo nach Rangun <strong>bis</strong> zu 25<br />

Passagiere, <strong>die</strong> aus Oberbirma emigrierten, kostenlos<br />

in den Süden brachten. Die Zahl der Haushalte<br />

eines Dorfes war in Oberbirma aber Maßstab<br />

für das Steueraufkommen. Das führte dazu,<br />

dass <strong>die</strong> Ortsvorsteher den migrationswilligen<br />

Bauern Restriktionen auferlegten, um zu verhindern.<br />

dass ganze Familien in den Süden auswanderten<br />

und sich das Steueraufkommen schmälerte.<br />

Dadurch waren viele Bauern aus Oberbirma<br />

nur Saisonarbeiter im Süden und kehrten<br />

immer wieder zu ihren in der Heimat festgehaltenen<br />

Familien zurück. Dennoch waren 1881<br />

immerhin achteinhalb Prozent der in Birma lebenden<br />

Menschen Immigranten aus Oberbirma<br />

und .stellten somit 58% der ausländischen Bevölkerung<br />

dar.'** Chamey verweist zwar darauf,<br />

dass Zensuserhebungen und deren Ergebnisse<br />

in Birma problematisch waren, weil sich <strong>die</strong><br />

Menschen je nach Fragestellung zu Religion,<br />

Ethnie oder Kultur gleichzeitig in mehrere Kategorien<br />

einordneten. Dennoch bestehen keine<br />

Zweifel, dass Immigranten aus Oberbirma zum<br />

Zeitpunkt der Datenerhebung <strong>die</strong> größte Minderheit<br />

in Birma waren.'*’<br />

Die /.ahi der Immigranten war jedoch nicht ausreichend,<br />

weshalb In<strong>die</strong>n von der britischen Verwaltung<br />

in den Blick genommen und gefördert<br />

wurde. Einerseits sollte der Bedarf an Arbeitskräften<br />

in Birma gedeckt werden, andererseits<br />

sollte eine Entlastung Bengalens, in dem <strong>die</strong> Bevölkerung<br />

unter Armut und Ernährungskrisen<br />

litt, geschaffen werden. Mit der Hungersnot von<br />

1874 wurde ein Programm geschaffen, das den<br />

Migranten in Birma Arbeit und später auch<br />

Ackerland versprach. Innerhalb von zwei Jahren<br />

wandelten so 7.396 Inder in Birma ein. Das erstrebte<br />

Ziel der weiteren landwirtschaftlichen<br />

Erschließung wurde trotzdem verfehlt. Es zeigte<br />

sich, dass 1.541 Einwanderer aus dem Gebiet<br />

der Hungersnot stammten, während der weitaus<br />

größere Teil von über 5.000 Arbeitswilligen aus<br />

Kalkutta und Umgebung kam. Diese Stadtbewohner<br />

waren wenig <strong>bis</strong> gar nicht für <strong>die</strong> Landwirtschaft<br />

und besonders <strong>die</strong> körperlich sehr fordernde<br />

Landkultivierung befähigt. Zudem waren<br />

sie zu einem noch größeren Teil als <strong>die</strong> Bewohner<br />

Oberbirmas nur Saisonarbeiter, <strong>die</strong> mit möglichst<br />

hohen Gewinnen wieder in <strong>die</strong> Heimat<br />

strebten.'** 1877 folgte daher das sogenannte<br />

Madras-Modell. Erstmals wurde in Birma ein<br />

Arbeitsgesetz erlassen, das sich mit der Anwerbung,<br />

der Arbeitsbeschaffung sowie der Sicherheit<br />

und Gesundheit der Migranten befasste. Ein<br />

Auswanderungsagent und ein medizinischer Inspekteur<br />

wurden auf Grund <strong>die</strong>ses Gesetzes in<br />

<strong>die</strong> Hafenstadt Cocanada, dem heutigen Kakinada,<br />

in Madras gesandt. Aber zwischen Dezember<br />

1877 und März 1878 erreichten nur 758<br />

Einwanderer aus dem Madras-Gebiet Birma.<br />

Auch für sie galt, dass indische Immigranten<br />

gerne als Kulis in den Mühlen und Häfen arbeiteten<br />

und nicht wie gewünscht in <strong>die</strong> Landwirtschaft<br />

gingen. Zudem konnten sich <strong>die</strong> über <strong>die</strong><br />

staatlichen Programme eingewanderten Inder auf<br />

dem Arbeitsmarkt für Häfen und Mühlen kaum<br />

gegen <strong>die</strong> organisiert arbeitenden privat eingewanderten<br />

Inder durchsetzen. Denn <strong>die</strong>se arbeiteten<br />

unter noch schlechteren Bedingungen und<br />

waren für <strong>die</strong> Manager der Reismühlen einfacher<br />

zu steuern und auszubeuten. Daher wurde <strong>die</strong>ses<br />

gesetzlich verankerte Programm zur Beschaffung<br />

indischer Arbeitskräfte nach nur vier Monaten<br />

ausgesetzt.'*®<br />

Die Regierung brachte zusammen also etwa<br />

8.000 Inder in den 1870er Jahren nach Birma.<br />

Ohne Regierungshilfe kamen aber Jahr für Jahr<br />

47


1<br />

mit 15.000 Indern fast doppelt so viele Immigranten<br />

aus In<strong>die</strong>n. Rangun, das 1862 zum offiziellen<br />

Verwaltungszentrum von Birma wurde,<br />

erlebte durch <strong>die</strong>se Migration eine rasante Entwicklung,<br />

<strong>die</strong> Rangun zum weltgrößten Einwanderungshafen<br />

machte.Im Hafen von Rangun<br />

landeten mehr Einwanderer als in New York<br />

City: “The diverse origins of the immigration<br />

that consumed Rangoon produced a social and<br />

cultural milieu comparable to other British colonial<br />

port towns such as Singapore and Penang.”<br />

Die meisten der Einwanderer kamen aus den<br />

von Armut geprägten Gegenden um Madras und<br />

aus Bengalen. 1880 wurde das Dampfermonopol<br />

der British Indian Steam Navigation Company<br />

auf der Strecke zwischen In<strong>die</strong>n und Birma durch<br />

<strong>die</strong> Asiatic Steam Navigation Company gebrochen.<br />

Dabei setzte eine Rabattschlacht in den<br />

Transportpreisen ein und <strong>die</strong> private Emigration<br />

aus In<strong>die</strong>n nahm sprunghaft zu. Paul Rickmers<br />

beschrieb 1899 in seinem Reisetagebuch <strong>die</strong><br />

Umstände der Schiffspassagen von Arbeitsmigranten:<br />

„Schließlich gings dann los, das Schiff mit<br />

Schlagseite u. <strong>die</strong> Coolies wie <strong>die</strong> Heringe<br />

über, unter, neben u. durcheinander gepackt.<br />

Kein Regen ging mehr, weil <strong>die</strong>se Menschen<br />

auf einer Fläche sich zusammenkauern können,<br />

der nicht mehr wie 12 Quadrat“ einnimmt,<br />

als aber der Abd. kam u. sie sich ausstrecken<br />

wollten zu schlafen war es hier nach<br />

ein wimmelndes Meer von Beinen und Armen.<br />

-A lle <strong>die</strong>se Menschen gehen nach Akyab<br />

um <strong>die</strong> zweifache Reisemte zu schneiden<br />

u. weiterhin in der Saison in A. bei den Mühlen<br />

und Schiffen zu arbeiten um sich, wenn<br />

das vorbei mit ihren Schätzen wieder nach<br />

Hause zurückzukehren u. <strong>bis</strong> zur nächsten<br />

Saison von ihrem Ersparten zu leben.<br />

Nachdem <strong>die</strong> staatlich gelenkte Immigration<br />

nach Birma gescheitert war, wurde sie in <strong>die</strong>ser<br />

Situation indirekt staatlich gefördert. Die Regierung<br />

schloss mit beiden Dampfergesellschaften<br />

ein Abkommen, nach dem sie den Gesellschaften<br />

Zuschüsse zu den Tarifen im Auswandererverkehr<br />

zahlte, <strong>die</strong> beiden Reedereien aber ihrerseits<br />

einen Teil der Einnahmen in Form von Tarifsenkungen<br />

an <strong>die</strong> Auswanderungswilligen weitergab.<br />

Das war so erfolgreich, dass <strong>die</strong> Zahlungen<br />

1884 eingestellt wurden.<br />

Die nicht staatlich gelenkte Einwanderung hatte<br />

zwei typische Formen. Einerseits gab es <strong>die</strong><br />

wirklich freien Immigranten, <strong>die</strong> ihre Passage<br />

selbst bezahlt hatten und selbstbestimmt in der<br />

Wahl des Arbeitsplatzes waren. Andererseits waren<br />

<strong>die</strong> meisten Immigranten so arm, dass sie<br />

als Vertragsarbeiter kamen. Die „maistry“ genannten<br />

Vertrags-Unternehmer zahlten neben der<br />

Reise oft noch einen Kredit für den Unterhalt<br />

der in In<strong>die</strong>n bleibenden Familien der Arbeiter.<br />

Die Vertragsarbeiter waren überwiegend Analphabeten<br />

und der Ausbeutung durch ihre Vertragspartner<br />

hilflos ausgeliefert.Das Arbeitsgesetz<br />

von 1876 sollte durch <strong>die</strong> staatlich gesteuerte<br />

Arbeitsimmigration <strong>die</strong> Ausnutzung der<br />

Kulis begrenzen. Mit dessen Scheitern 1878 ging<br />

<strong>die</strong> Entwicklung Birmas zum weltgrößten Reislieferanten<br />

auf Kosten der Kulis, <strong>die</strong> unter sehr<br />

harten Bedingungen ohne große Rechte oder<br />

Menschenwürde lebten, aber ungebremst weiter.<br />

Nach der britischen Eroberung Oberbirmas 1885<br />

kehrte zudem noch eine größere Zahl Kulis, dir<br />

von dort stammten, in <strong>die</strong> Heimat zurück. Es<br />

entstand ein Arbeitskräftemangel und Kulis und<br />

ihre Arbeitskraft wurden regelrecht versteigert.<br />

Ein Arbeitsmarkt für Migranten entstand, der<br />

„virtually a slave trade“ war.'®'' Die Kulis lebten<br />

„in insanatary overcrowed barracks“ auf dem<br />

Gelände der Mühle, in der sie arbeiteten oder in<br />

billigsten Unterkünften außerhalb „with twenty-five<br />

to thirty fellow coolies to a room“.'®* Für<br />

den Lebensstandard der in der Landwirtschaft<br />

als Erntehelfer tätigen Inder ist anzunehinen.<br />

dass er auch nicht höher lag.'®^ Dabei legten <strong>die</strong><br />

indischen Immigranten trotz <strong>die</strong>ser schwierigen<br />

Voraussetzungen den Grundstein dafür, dass es<br />

ihnen mit der Wende zum 20. Jahrhundert zunehmend<br />

besser als der einheimischen Bevölkerung<br />

gelang, <strong>die</strong> unteren und mittleren Führungsetagen<br />

in der Wirtschaft und Verwaltung<br />

Birmas zu besetzen.<br />

Neben Südostin<strong>die</strong>n war Südostchina das zweite<br />

48


Gebiet, von dem es bedeutende Auswanderung<br />

mit dem Ziel Birma gab. Charney verweist darauf.<br />

dass Chinesen nicht nur eine große Gruppe<br />

der Immigranten stellten, sondern auch für <strong>die</strong><br />

wirtschaftliche Entwicklung eine bedeutende<br />

Rolle übernahmen. Die britische Verwaltung<br />

hielt <strong>die</strong> Bevölkerung Birmas für zu faul und<br />

handwerklich zu unbegabt, um mit den indischen<br />

Arbeitskräften konkurrieren zu können, und wirtschaftlich<br />

zu plump, um es mit den chinesischen<br />

Kaufleuten aufzunehmen.Eine der größten<br />

chinesischen Erfolgsgeschichten schrieb beispielsweise<br />

<strong>die</strong> Familie des Einwanderers Chan<br />

.Ma Phee. Chan Ma Phee verließ Xiamen in Südostchina<br />

1862 und war zwei Jahre Händler in<br />

den Straits Settlements, den britischen Besitzungen<br />

an der Meeresstraße von Malakka. Zwei<br />

Jahre später ließ er sich in Birma nieder und betrieb<br />

dort wiederum Handel. 1883 gründete er<br />

<strong>die</strong> Firma Taik Leong in Rangun, <strong>die</strong> mit Öl,<br />

Reis und Tabak handelte. Er expan<strong>die</strong>rte, kaufte<br />

Land in der Stadt, baute Häuser und Geschäfte,<br />

vermietete <strong>die</strong>se und wurde der größte Landbesitzer<br />

der chinesischen Gemeinde in Birma. In<br />

den späten 189üer Jahren wurde er der wichtigste<br />

chinesische Reishändler in Birma. Er sprach<br />

zwar kein Englisch, heiratete aber <strong>die</strong> Tochter<br />

eines birmanischen Bauern und schuf Verbindungen,<br />

<strong>die</strong> über <strong>die</strong> chinesische Gemeinde hinausreichten.<br />

Sein Sohn, Chan der Jüngere, bekam<br />

eine englische und eine chinesische Ausbildung<br />

und baute <strong>die</strong> wirtschaftliche und vor<br />

allem soziale Führungsposition der Familie in<br />

Rangun aus. Er stand mehreren Vereinen vor<br />

und w urde ehrenamtlicher Magistrat sowie Ratsmitglied<br />

in Ranguns Wirtschaftsausschuss.<br />

Diese Familiengeschichte zeigt, in welch starkem<br />

Maß auch chinesische Immigranten dazu beitrugen.<br />

dass in Birma aus einem großen Dschungel-<br />

und Sumpfgebiet ein Industrie- und Handelsstandort<br />

nach europäischem Maßstab wurde.<br />

Denn erst so konnte es wichtigster Zulieferer<br />

für <strong>die</strong> zeitgleich in Deutschland entstehende<br />

Reismühlenindustrie werden.<br />

Die einheimische Bevölkerung ergänzte sich eher<br />

mit den Arbeitsmigranten aus China und In<strong>die</strong>n,<br />

als sie mit <strong>die</strong>sen konkurrierte. In den Mühlen<br />

arbeiteten kaum in Birma geborene Arbeitskräfte.<br />

Einerseits waren Birmaner nicht bereit, den<br />

niedrigen Lebensstandard der indischen Kulis<br />

hinzunehmen, andererseits sprach ihre familiäre<br />

Bindung gegen <strong>die</strong>se Arbeit. Die Unterkünfte in<br />

den Mühlen waren nicht für Familien gedacht<br />

und ordentliche Familienwohnungen in der Stadt<br />

waren für Mühlenarbeiter unerschwinglich. Zudem<br />

fehlte es an einheimischen Arbeitsvermittlem,<br />

<strong>die</strong> den europäischen Mühlenbesitzern einen<br />

so reibungslosen Produktionsablauf garantierten,<br />

wie es <strong>die</strong> indischen Vertragspartner mit<br />

ihren Arbeitskolonnen konnten. Nicht zuletzt<br />

vertrauten viele Europäer lieber Indern, weil sie<br />

oft im Vorfeld schon in In<strong>die</strong>n wirtschaftlich aktiv<br />

gewesen waren und daher <strong>die</strong> indische Kultur<br />

und Arbeitsmentalität besser einschätzen konnten.<br />

Den Indern hingegen fehlte das landwirtschaftliche<br />

Wissen, um erfolgreich Reisanbau<br />

zu betreiben. So waren <strong>die</strong> Produzenten des<br />

größtenteils in Europa veredelten und gehandelten<br />

Reises Birmaner, während indische Migranten<br />

als Ernte- und Industriehelfer arbeiteten. Chinesische<br />

Migranten trugen zur gesellschaftlichen<br />

und wirtschaftlichen Entwicklung Birmas nach<br />

der Kolonialisierung bei. Für den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> spielen sie mit ihren Kontakten nach<br />

Asien aber eine negative Rolle, als sich mit der<br />

Wende zum 20. Jahrhundert der Weltmarkt für<br />

Reis immer mehr von Europa ab- und nach Asien<br />

hinwandte.<br />

Pachlgesetzgehung<br />

Der Wunsch, Birma von Immigranten zu einem<br />

Reisanbaugebiet erschließen zu lassen, drückte<br />

sich auch in verschiedenen Systemen der Landverteilung<br />

aus. Als Birma noch unabhängig war,<br />

gab es neben dem Land, das dem König und<br />

seinen Beamten zustand, auch Privatbesitz. Jeder<br />

Bauer, der Land kultivierte, seine Abgaben zahlte<br />

und das Land nicht länger als zwölf Jahre brach<br />

liegen ließ, besaß sein Ackerland.^“' Nach britischem<br />

Recht gab es vier verschiedene Modelle<br />

bei der Landvergabe. Diese existierten zum Teil<br />

49


іт ><br />

т<br />

auch gleichzeitig und hatten jeweils Vor- und<br />

Nachteile. Aber trotz der Unterschiede waren<br />

<strong>die</strong> verschiedenen Wege dem vordringlichen Ziel<br />

der britischen Verwaltung untergeordnet, Birma<br />

möglichst schnell zu einem großen Agrarproduzenten<br />

zu machen.<br />

Als erstes Landvergabe-Modell gab es weiterhin<br />

das alte Besitzrecht. Jeder Bauer, der Land kultivierte<br />

und seine Steuern zahlte, durfte das Land<br />

besitzen. Ein Gesetz von 1876, der Lower Burma<br />

Land and Revenue Act, sprach allen Bauern, <strong>die</strong><br />

über 12 Jahre das gleiche Land bewirtschafteten,<br />

ein Besitzrecht zu. Damit wurde den landerschließenden<br />

Bauern gesetzliche Sicherheit gewährt.<br />

Allerdings gab es auch Missbrauch durch<br />

Spekulanten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schaffung von Ackerland<br />

verzögerten, indem sie für große Gebiete Steuern<br />

zahlten und das Land dann mit Gewinn verkauften,<br />

wenn es durch <strong>die</strong> Erschließung der umgebenden<br />

Gebiete und den Bau von Siedlungen<br />

und Straßen an Wert gewonnen hatte.Zum<br />

anderen gab es das Patta-System.^“ Danach wurde<br />

den Immigranten und Bauern ein Stück Land<br />

zugewiesen und je nach dem Schwierigkeitsgrad<br />

der Kultivierung und der Dauer der Jahre, <strong>bis</strong><br />

profitabel Reis angebaut werden konnte, wurden<br />

den Bauern für einige Jahre <strong>die</strong> Steuern erlassen.<br />

Zugleich durfte das überlassene Land in <strong>die</strong>ser<br />

Zeit der Steuererleichterungen nicht mit Krediten<br />

belastet werden. Die Eingangshürde für <strong>die</strong>ses<br />

System war somit relativ hoch. Der Bauer musste<br />

nachweisen, dass er finanziell so solide ausgestattet<br />

war, dass er einige Jahre ohne einen Kredit<br />

Land erschließen und bebauen konnte. Brauchte<br />

der Bauer doch einen Kredit, bekam er ihn von<br />

Geldverleihern nur mit besonders hohen Zinsen<br />

verliehen. Schließlich trug der Kreditgeber ein<br />

höheres Risiko. Dem Bauern konnte im Falle<br />

der Kreditnahme sein Land wieder genommen<br />

werden, weil er gegen <strong>die</strong> Auflage, kreditfrei zu<br />

wirtschaften, verstoßen hatte. Daher verbrannten<br />

viele Bauern ihre Patta-Urkunde und behaupteten<br />

gegenüber Geldverleihern, Ackerland nach dem<br />

alten Recht des besetzenden Besitzers zu haben.<br />

Ein solches Land galt als sicherer und <strong>die</strong> Zinsen<br />

der Geldverleiher waren entsprechend niedriger.<br />

1<br />

Neben der staatlich gelenkten Immigration war<br />

also auch <strong>die</strong> staatliche Landzuweisung recht<br />

erfolglos und das Patta-System wurde 19(X) abgeschafft.Die<br />

dritte Art der Landvergabe war<br />

ein wirkliches Pachtsystem. Es wurde eingefühn.<br />

um einerseits <strong>die</strong> Landsteuem einfacher eintreiben<br />

zu können, und andererseits, um <strong>die</strong> Bauern<br />

zu motivieren, ihre Ackerflächen zu vergrößern<br />

und mehr Reis anzubauen. Dabei wurde <strong>die</strong><br />

Pacht für ein bestimmtes Gebiet auf fünf oder<br />

zehn Jahre festgelegt und den Pächtern erlaubt,<br />

<strong>die</strong>ses Gebiet zu vergrößern, ohne dass mehr<br />

Pacht zu entrichten war. In den 1870er Jahren<br />

war <strong>die</strong> Erschließung Birmas jedoch schon so<br />

weit fortgeschritten, dass <strong>die</strong>ses System abgeschafft<br />

wurde, weil <strong>die</strong> Verwaltung nicht länger<br />

auf potentielle Pachteinnahmen verzichten wollte.^“<br />

Aufgrund des guten Zugangs zu freiem<br />

Land, das nur kultiviert zu werden brauchte,<br />

machte Pachtland viele Jahre nur einen kleinen<br />

Teil der Ackerflächen Birmas aus. Für das Jahrfünft<br />

1901-1905 waren es in Niederbirma nur<br />

27,6 Prozent und auch 1910-1915 nur 32 Prozent.<br />

Für Gesamtbirma betrugen <strong>die</strong> Anteile von<br />

Pachtland an der gesamten Anbaufläche sogar<br />

nur 19,9 beziehungsweise 18,2 Prozent.^ Des<br />

Weiteren wurden große Landflächen kurz nach<br />

der britischen Eroberung Birmas günstig an Investoren<br />

offeriert. Die Verwaltung hoffte, dass<br />

<strong>die</strong>se es wiederum an Bauern verpachteten. So<br />

sollten <strong>die</strong> Investoren ihr Geschäft machen und<br />

zugleich <strong>die</strong> Verwaltung durch <strong>die</strong> Steuern und<br />

<strong>die</strong> Landerschließung profitieren.“ ’'<br />

Siedlungsgeographie<br />

Im Delta der beiden Flüsse Irrawaddy und Siitang<br />

begann <strong>die</strong> Entwicklung Birmas zu einem<br />

globalen Agrarproduzenten und damit zum wichtigsten<br />

Lieferanten der deutschen Reisindusmc<br />

Dabei ist <strong>die</strong> Art der Landzuweisung zweitrangig<br />

gewesen, ebenso wie <strong>die</strong> Herkunft der eingewanderten<br />

Neubauern. Für <strong>die</strong> Reis anbauenden<br />

Länder konstatierte Blankenburg einen Zusammenhang<br />

zwischen der Bevölkerungsdichte in<br />

Britisch-In<strong>die</strong>n und dem Anteil der Reisfläche<br />

50


am gesamten Ackerbauland.^®® Leider bietet er<br />

keine Zahlen speziell für Birma. Auf Grund der<br />

Tatsache, dass <strong>die</strong> überwiegende Zahl der Immigranten<br />

Birma über Rangun oder in kleineren<br />

.Maß.stäben über <strong>die</strong> Hafenstädte Akyab, Moulmein<br />

und Bassein erreichte, waren in Birma das<br />

genannte Delta-Gebiet und <strong>die</strong> Flüsse <strong>die</strong> Kristallisationspunkte<br />

des Bevölkerungswachstums.<br />

Die Bevölkerungsdichte stieg in Birma kontinuierlich<br />

an. Die Gesamtbevölkerung Birmas umfasste<br />

1881 3,7 Millionen und 1911 12,1 Millionen<br />

Einwohner.^®® Zahlen liegen zwar erst ab<br />

1881vor. zeigen aber, dass im Delta-Gebiet <strong>die</strong><br />

Bevölkerungsdichte am höchsten war und weit<br />

über dem 1.andesschnitt lag. Einerseits, weil in<br />

Jen urbanen Hafenzentren viele Leute lebten,<br />

zum anderen aber, weil dort am frühesten und<br />

intensivsten Ackerbau betrieben wurde. Innerhalb<br />

von 30 Jahren, zwischen 1881 und 1911,<br />

verdoppelte sich <strong>die</strong> Bevölkerungsdichte des<br />

Delta-Gebiets beinahe und stieg von 65 auf 122<br />

Einwohner je Quadratmeile an. Landesweit betrug<br />

<strong>die</strong> Bevölkerangsdichte 1911 gerade einmal<br />

53 Einwohner je Quadratmeile.Dies unterstreicht<br />

<strong>die</strong> Bedeutung der Flussmündungsgebiete<br />

als Siedlungs- und Reisanbaugebiet. Dort<br />

sicherten der ständige Wasserzugang und eine<br />

damit einhergehende relative Sicherheit der Ernte<br />

<strong>die</strong> Lebensgrundlage der Bauern. Hatten Immigranten<br />

erst einmal <strong>die</strong> Mühen der Landkultivierung<br />

hinter sich gebracht, blieben sie gewöhnlich<br />

in Birma und waren ein stabiler Faktor im Wirtschaftsleben<br />

Birmas. Denn es gilt:<br />

"Where cultivation involves accumulated investment<br />

of labor or capital in the land, a<br />

sminger sedentary tradition may appear, and<br />

üie society may be organized on that premise.<br />

For those who do not necessarily cultivate<br />

rice in the same fields every year, and fields<br />

can be opened without much labor, there<br />

would be no reason to stick to a particular<br />

piece of land.”^"<br />

Da der Kultivierungsaufwand in Birma aber hoch<br />

war, bestätigt sich der erste Teil der Aussage.<br />

Die anderen Landstriche in Birma wurden entsprechend<br />

erst mit Verbesserungen in der Infrastruktur<br />

zum wirtschaftlich lohnenden Reisbauund<br />

damit auch Siedlungsgebiet. Dabei bestand<br />

<strong>die</strong> bereits angesprochene Arbeitsteilung; Landwirtschaft<br />

wurde von den Einwohnern Birmas<br />

und den Einwanderern aus Oberbirma betrieben<br />

und als Ernte- und Industriehelfer waren vor allem<br />

indi.sche Immigranten beschäftigt. Zudem<br />

galt für Letztere, dass sie nicht dauerhaft siedelten,<br />

denn der typische Inder “came alone [...]<br />

and stayed for about two to four years, sending<br />

remittances home to help support his family and<br />

finally [...] would return to India either for a<br />

short visit of about six months before coming<br />

back to Burma for another spell of work, or for<br />

good.”^'^<br />

Zuwachs an Ackerflächen und Bevölkerung<br />

Der Zuwachs an Ackerflächen ist vor dem Hintergrund<br />

der britischen Bemühungen im Aufbau<br />

der Landwirtschaft Birmas nicht überraschend.<br />

Erstaunlich ist dennoch der Faktor der Vervielfachung<br />

des Ackerlandes, der ein möglicher<br />

Gradmesser für den Erfolg der britischen Landerschließungspolitik<br />

ist.<br />

Parallelen zur Veränderung der Bevölkerungsdichte<br />

im Gebiete der Mündungsdeltas von Sittang<br />

und Irrawaddy dürfen dabei nicht gezogen<br />

werden. Sehr wohl ist aber ein ähnlich verlaufender<br />

Anstieg beim Wachstum von Gesamtbevölkerung<br />

und gesamter Reisanbaufläche zu erkennen.<br />

Für Ersteres liegen nur <strong>die</strong> von Blankenburg<br />

oben genannten Zahlen vor, <strong>die</strong><br />

zwischen 1881 und 1911 etwas mehr als eine<br />

Verdreifachung der Einwohnerzahl Birmas auf<br />

12,1 Millionen 1911 aufzeigen. Für <strong>die</strong> Größe<br />

der Anbauflächen bieten Siok-Hwa und Grant<br />

Statistiken an. Diese unterscheiden sich zwar<br />

leicht, zeigen in der Tendenz aber ebenso eine<br />

knappe Verdreifachung in den 30 Jahren zwischen<br />

1881 und 1911 auf. Aus 3,4 Millionen<br />

Hektar Reisanbaufläche wurden fast 10,2 Millionen<br />

Hektar.^'^ Diese parallele Entwicklung<br />

zeigt, dass nach 1880 das Verhältnis von der Bevölkerung<br />

zur Reisanbaufläche in etwa gleich<br />

blieb. Somit kann der Schluss gezogen werden.<br />

51


dass sich der Aufwand zur Schaffung neuer Anbauflächen<br />

durch <strong>die</strong> Rodung und Landkultivierung<br />

sowie <strong>die</strong> Schaffung von Infrastruktur und<br />

das Ertragsverhalten je Bauer und Fläche in <strong>die</strong>ser<br />

Zeit nicht veränderten. Wäre der Arbeitsaufwand<br />

des Reisbauern beziehungsweise sein Gewinn<br />

je Fläche gestiegen oder andererseits <strong>die</strong><br />

Neuschaffung von Reisfeldern durch <strong>die</strong> Kultivierung<br />

von Dschungel und Sumpf weniger<br />

mühsam gewesen, wären <strong>die</strong> Ackerflächen im<br />

Verhältnis zur Bevölkerungszahl sicher schneller<br />

gewachsen. Es ist aber ebenso möglich, dass ein<br />

Gleichgewicht entstand zwischen den Vorteilen<br />

der besseren Infrastruktur Birmas und der Tatsache,<br />

dass mit fortschreitender landwirtschaftlicher<br />

Erschließung Birmas zunehmend Reisfelder<br />

geschaffen wurden, <strong>die</strong> auf Grund ihrer Lage<br />

keine optimalen Ernten erbrachten. Sinkende<br />

Kosten für <strong>die</strong> Landkultivierung und bessere Anschlüsse<br />

der Anbaugebiete an <strong>die</strong> Exporthäfen<br />

hätten in <strong>die</strong>sem Fall geringeren Erträgen je Fläche<br />

gegenübergestanden. Tatsächlich sanken <strong>die</strong><br />

Erträge je Hektar Anbaufläche. Da es in Birma<br />

keine Fruchtwechsel und keine Düngung auf den<br />

Feldern gab, fehlte es langfristig an Nährstoffen.^'“<br />

1880 lag der Ernteertrag je Hektar bei etwa<br />

1.600 Pfund Reis, 1930 erbrachte <strong>die</strong>selbe<br />

Fläche nur noch 1.500 Pfund Reis.^'^<br />

Grant stellte 1932 eine Kostenrechnung für einen<br />

Reisbauern auf, der auf 25 Morgen Land gemeinsam<br />

mit seiner Familie Reis anbaut und <strong>die</strong><br />

Ernte dann zu einem Preis von 100 Rupien je<br />

Korb verkaufen kann. Dabei beliefen sich <strong>die</strong><br />

Ausgaben für <strong>die</strong> Reiskultivierung auf 381 Rupien<br />

beziehungsweise auf 14 Rupien und 4 Annas<br />

je Morgen. Darin enthalten waren <strong>die</strong> Kosten<br />

für einen Saisonarbeiter und dessen Verpflegung,<br />

für Saatgut, Feldbearbeitung und <strong>die</strong> dafür nötige<br />

Ochsenleihe sowie <strong>die</strong> entsprechenden Kosten<br />

für Arbeitskräfte und Ochsen während der Erntesaison.<br />

Zusätzlich fielen 250 Rupien Pacht auf<br />

der Ausgabenseite an. Den Gesamtausgaben von<br />

631 Rupien und der Arbeitskraft einer vierköpfigen<br />

Familie stand ein Erlös durch den Reisverkauf<br />

von 750 Rupien gegenüber. Der Gewinn<br />

Betrug also gerade einmal 119 Rupien oder etwa<br />

ein Sechstel des Ernteertrags. Besaß der Bauer<br />

seinen eigenen Ochsen, sparte er <strong>die</strong> Leihkosten<br />

dafür und ver<strong>die</strong>nte 179 Rupien - musste allerdings<br />

auch den Ochsen ganzjährig füttern. Als<br />

Land besitzender Bauer musste er statt Pacht<br />

nur eine deutlich niedrigere Steuer zahlen und<br />

erwirtschaftete immerhin 354 Rupien.^“ Da<br />

Letzteres aber sowohl im 20. als auch im 19.<br />

Jahrhundert nur bei einer kleinen Bevölkemngsgruppe<br />

der Fall war und <strong>die</strong> Bauern oft ihren<br />

Besitz und ihre Eigenständigkeit an Geldverleiher<br />

verloren, weil sie Kredite nicht fristgerecht<br />

zurückzahlen konnten, bleibt <strong>die</strong> Erkenntnis,<br />

dass ein Reisbauer trotz eines sehr arbeitsintensiven<br />

Lebens keine großen Gewinne erzielen<br />

konnte. Auch das dürfte für <strong>die</strong> Bevölkerungsentwicklung,<br />

besonders für das Wachstum der<br />

Anbauflächen, eine Rolle gespielt haben. Der<br />

Reisanbau, der über den Eigenbedarf hinau.sging.<br />

war zwar im Wirtschaftsleben Birmas nahezu<br />

altemativlos, aber dennoch nur bedingt lohnend<br />

für <strong>die</strong> Bauern.<br />

Es ist zu bedenken, dass <strong>die</strong> Entwicklung der<br />

Ackerfläche im Verhältnis zur Bevölkerungs/ahl<br />

1886 eine Zäsur aufweist. Mit der Eroberung<br />

Oberbirmas wurde Birma deutlich größer. Da'<br />

Oberbirma aber weder Exportreis anbaute - im<br />

Gegenteil sogar Reiseinfuhrgebiet war^'^ - noch<br />

dicht besiedelt war, wird der Gleichschritt der<br />

Bevölkerungs- und des Reisflächenwachstums<br />

nicht aufgehoben. Der früheste Zensus datiert<br />

auf 1872 und gibt 2,75 Millionen Einwohner<br />

an.^'* Nach den oben genannten Zahlen wuchs<br />

<strong>die</strong> Bevölkerung in neun Jahren also etwa um<br />

ein Drittel auf 3,74 Millionen, während <strong>die</strong> Anbauflächen<br />

um etwa 73% von 1,9 Millionen Hektar<br />

auf 3,4 Millionen Hektar vergrößert wurden.<br />

Für <strong>die</strong>sen Zeitraum stieg <strong>die</strong> Zahl der Reisfelder<br />

deutlich schneller als <strong>die</strong> Einwohnerzahl Birmas.<br />

Zwischen 1830 und 1870 wurden <strong>die</strong> Reisanbauflächen<br />

um einen deutlich höheren Faktor<br />

vermehrt als in den folgenden 30 Jahren. Leider<br />

gibt es für <strong>die</strong>sen Zeitraum keine Zahlen über<br />

<strong>die</strong> Bevölkerungsentwicklung und es bleibt im<br />

Spekulativen, ob in allen Jahren der britischen<br />

52


Verwaltung Birmas <strong>die</strong> Reisflächen schneller als<br />

<strong>die</strong> Bevölkerung wuchsen und sich erst ab 1880<br />

ein Gleichgewicht einstellte. Ein erster sprunghafter<br />

Anstieg der Ackerflächen ist durch <strong>die</strong><br />

Besetzung der Küstengebiete Tenasserims und<br />

Arakans 1832 zu beobachten. Zu anfangs 66.000<br />

Hektar Reisfeldern kamen <strong>bis</strong> 1835 weitere<br />

169.000 Hektar dazu. Durch <strong>die</strong> Eroberung der<br />

Gebiete 1852 gab es innerhalb von zehn Jahren<br />

zwischen 1845 und 1855 eine weitere Flächenverdreifachung.<br />

Aus 354.000 Hektar Reisanbauland<br />

wurden fast 1 Million Hektar. In den folgenden<br />

zehn Jahren <strong>bis</strong> 1865 wurden <strong>die</strong> Reisanbauflächen<br />

um ungefthr 60 Prozent auf 1,6<br />

.Millionen Hektar vergrößert und im darauffolgenden<br />

Jahrzehnt wiederum um 69 Prozent auf<br />

2.7 .Millionen Hektar. Von 1875 <strong>bis</strong> 1885 betrug<br />

das Wachstum noch einmal 48 Prozent, so dass<br />

<strong>die</strong> Anbauflächen auf 4 Millionen Hektar vergrößert<br />

wurden. Aus den genannten Zahlen^'*<br />

lässt sich also ableiten, dass der Anstieg der<br />

Reisanbauflächen besonders in den frühen Jahren<br />

der britischen Besetzung und Verwaltung Birmas<br />

rasant war. Mit der zunehmenden Erschließung<br />

von Reisfeldern .stiegen <strong>die</strong> Exporte an. 1872/73<br />

wurden mit 720.000 Tonnen erstmals mehr als<br />

500.000 Tonnen Reis exportiert. Umschlag, Veredelung<br />

und Verbrauch in Europa sowie <strong>die</strong> ab<br />

1870 stark steigende Nachfrage nach billigen<br />

Nahmngsmitteln für „the labourers in the plantations<br />

of Ceylon, Malaya, Dutch East In<strong>die</strong>s as<br />

well as in the West In<strong>die</strong>s“^^®garantierten den<br />

Absatz der immer größer werdenden Reisproduktion<br />

Birmas.<br />

Arbeitstiere in der Landwirtschafi<br />

Außer ausreichend Kulturland und genügend<br />

Bauern, <strong>die</strong> dort Reis anbauten, gab es noch einen<br />

weiteren wichtigen Faktor, der entscheidend<br />

zur Entwicklung Birmas zu einem wichtigen<br />

Reisexportland beitrug. Erst wenn „a regular<br />

monsoon, good health among the cultivators and<br />

an adequate supply of healthy plough cattle“<br />

zusammenkamen, gab es gute Reisemten.^^' Der<br />

Einsatz von Arbeitstieren war in ganz Birma gebräuchlich<br />

und von Bedeutung. Sie wurden zum<br />

Austreten von Zuckerrohr und Öl verwendet und<br />

als Zugtiere im Transportwesen oder als Wasserträger<br />

genutzt. Des Weiteren wurden sie zum<br />

Holzziehen in der Holzfällerei, dem zweitwichtigsten<br />

Wirtschaftszweig Birmas in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts, eingesetzt. Darüber<br />

hinaus waren Nutztiere für <strong>die</strong> Versorgung der<br />

Menschen mit Milch und Fleisch wichtig. Die<br />

größte Bedeutung hatten sie jedoch als Pflugtiere<br />

im Reisanbau.<br />

Als Nutztiere wurden in Birma Rinder und Büffel<br />

eingesetzt. Beide hatten für ihren landwirtschaftlichen<br />

Nutzen Vor- und Nachteile. Büffel<br />

waren <strong>die</strong> teureren und stärkeren Tiere, <strong>die</strong> eher<br />

in den schlammigen überschwemmten Feldern<br />

zu Hause waren. Dafür ließen sie sich schlechter<br />

lenken, konnten weniger lang in der heißen Sonne<br />

arbeiten und waren schwerfälliger als <strong>die</strong><br />

schwächeren Rinder. Zudem waren Büffel nicht<br />

als Zugtiere für Karren zu gebrauchen und anfälliger<br />

für Krankheiten. Die Rinder hingegen,<br />

unter denen Ochsen <strong>die</strong> gebräuchlichsten Nutztiere<br />

waren, galten als gutmütig und fleißig. Die<br />

einheimischen Züchtungen gaben wenig Milch<br />

und schlechtes Fleisch, weshalb sie vollständig<br />

in der Landwirtschaft eingesetzt wurden.<br />

Ganz Niederbirma <strong>bis</strong> auf <strong>die</strong> Region Arakan<br />

war Importgebiet für Rinder. Das Klima erschwerte<br />

<strong>die</strong> Zucht, weshalb der Bedarf zu jährlichen<br />

Importen aus Oberbirma und Siam führte.<br />

Trotzdem gab es auch in Oberbirma keine großen<br />

Zuchtfarmen, sondern <strong>die</strong> Zucht wurde von Bauern<br />

als Geschäft für einen kleinen Zuver<strong>die</strong>nst<br />

betrieben. Der Verlust der Nutztiere konnte für<br />

<strong>die</strong> Bauern jedoch zu einem großen Problem<br />

werden. Im Regelfall konnten neue Tiere nur<br />

durch einen zusätzlichen Kredit gekauft werden,<br />

was <strong>die</strong> Bauern bei einer schlechten Ernte immer<br />

wieder der Gefahr der Rückzahlungsunfähigkeit<br />

aussetzte. Daher wurde 1876 ein ziviles Veterinäramt<br />

geschaffen, das einer falschen Behandlung<br />

der Tiere durch ihre Halter und der Ausbreitung<br />

von Krankheiten wie der Rinderpest<br />

Vorbeugen sollte.<br />

53


Reisfirmen aus Europa<br />

Die Nachfrage nach Birma-Reis war <strong>die</strong> notwendige<br />

Ergänzung zu den britischen Bemühungen,<br />

Birma zu einem bedeutenden Reiserzeuger<br />

zu entwickeln. Europäische Reisfirmen<br />

etablierten sich praktisch umgehend mit den ersten<br />

britischen Eroberungen 1832. Die meisten<br />

<strong>die</strong>ser Firmen waren bereits auf dem europäischen<br />

Markt verankert und daher nicht neu im<br />

Reisgeschäft. Reismüllerei wurde in der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts in Birma selbst aber<br />

eher selten betrieben. Stattdessen wurde mit Rohreis<br />

gehandelt und nur in sehr kleinen Quantitäten<br />

von einheimischen Reisbauern handgemahlener<br />

Reis gekauft. Die Handelswege waren in<br />

den Anfängen mehr regional als global und In<strong>die</strong>n<br />

war das vorrangige Absatzziel für zumeist<br />

ungeschälten Reis.^^^ Sinkende Reispreise und<br />

eine einhergehende vermehrte Nachfrage von<br />

Reis in den einkommensschwächeren, aber größeren<br />

Bevölkerungsschichten Europas schufen<br />

einen neuen und wachsenden Absatzmarkt.<br />

Über den üblichen Weg, sich in Birma als Reisfirma<br />

zu etablieren, schreibt Siok-Hwa:<br />

“Mohr Brothers & Co., Ltd., one of the oldest<br />

rice firms in Burma, may be taken as an example.<br />

The firm was established in Akyab in<br />

1837 and branches were opened in Bassein<br />

in 1858, and in Moulmein and Rangoon in<br />

1859. Rangoon, however, soon became the<br />

headquarters.’’^^“*<br />

Der übliche Weg dabei war, dass ein Schiff nach<br />

Birma gesandt wurde, um Reis aufzukaufen, um<br />

<strong>die</strong>sen anschließend gewinnbringend in In<strong>die</strong>n<br />

oder Europa zu vermahlen oder zu verkaufen.<br />

Dass Akyab bald von Rangun als wichtigster<br />

Exporthafen abgelöst wurde, zeigt sich nicht nur<br />

an den Ausfuhrzahlen, sondern exemplarisch<br />

auch an der Firma Messrs. Joseph Heap and<br />

Sons, Limited. Die Reismüller aus Liverpool<br />

sandten 1864 Segelschiffe nach Birma, um Reis<br />

aufzukaufen und setzten dort einen Agenten für<br />

ihre Geschäfte ein. Ihre asiatische Niederlassung<br />

gründeten sie in Rangun. Die Liverpooler gehörten<br />

1864 immer noch zu den frühesten europäischen<br />

Reisfirmen, <strong>die</strong> in Birma aktiv wurden.<br />

Ihrem Beispiel folgten eine ganze Reihe anderer<br />

europäischer Reisfirmen, <strong>die</strong> erst Handelsniederlassungen<br />

und bald darauf Mühlen in den<br />

vier wichtigen Exporthäfen, Rangun, Akyab,<br />

Moulmein und Bassein, gründeten.Bis 1866<br />

wurde aus Akyab <strong>die</strong> größte Menge Reis exportiert.<br />

1867 übernahm Rangun <strong>die</strong> Führung im<br />

Reisexport und 1877 schob sich Bassein in den<br />

Ausfuhrzahlen vorbei an Akyab auf den zweiten<br />

Rang.^^* Der Verkehr von Reisschiffen nach<br />

Europa wuchs schnell an. Eine Vorstellung davon<br />

vermittelt ein Eingangsbuch des Hafens von<br />

Liverpool, wo <strong>bis</strong> Mitte der 1880er Jahre so viel<br />

Reis verarbeitet wurde, wie sonst nirgendwo auf<br />

der Welt.^^^ Dort kamen zwischen 1876 und 1898<br />

1.622 Schiffe mit Reisladungen an, von denen<br />

1.478 Schiffe Birma-Reis geladen hatten. 1876<br />

<strong>bis</strong> 1883 erreichten im Durchschnitt 108 Refstransporte<br />

aus Birma den Hafen von Liverpool.^<br />

Einer der in <strong>die</strong>sen Ankunftslisten häufiger aufgeführten<br />

Broker, also der Reisimporteure, ist<br />

<strong>die</strong> Firma Joseph Heap and Sons.<br />

1861 begann in Birma das Zeitalter der industriellen<br />

Reismüllerei. Die erste mit Dampfkraft<br />

betriebene Reismühle wurde in Rangun gegründet.<br />

1870 gab es bereits 20 Großmühlen in den<br />

vier wichtigsten Exporthäfen, von denen alleine<br />

17 in Rangun den Reis zum Export vorbereiteten.<br />

Nur zehn Jahre später, 1880, waren es dort bereits<br />

28 Reismühlen und in ganz Birma schon<br />

49 Mühlen.Verglichen mit dem Zeitraum ab<br />

1900 war <strong>die</strong>ses Wachstum zwar niedrig, aber<br />

<strong>die</strong> Mühlen konnten einerseits sehr große Mengen<br />

von 100 <strong>bis</strong> zu 250 Tonnen Rohreis an einem<br />

zwölfstündigen Arbeitstag verarbeiten, und andererseits<br />

wurden im 19. Jahrhundert besonders<br />

in den Exporthäfen <strong>die</strong> Kapazitäten der Großmühlen<br />

eher erweitert, als neue kleinere Mühlen<br />

zusätzlich errichtet wurden. Des Weiteren wurden<br />

vermutlich mehr Mühlen errichtet, als <strong>die</strong><br />

Gesamtzahl der Mühlen zeigt, denn der Verlust<br />

von Anlagen durch Brände war nicht ungewöhnlich.^^“<br />

Brandgefahr bestand in Fabriken, <strong>die</strong> mit<br />

Dampfmaschinen arbeiteten, immer, wie ein Artikel<br />

aus dem zeitgenössischen Fachmagazin für<br />

54


das Mühlenhandwerk „Die Mühle“ aufzeigt. Unter<br />

den dort genannten, der Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft<br />

im Monat Oktober<br />

1880 bekannt gewordenen Mühlenschäden<br />

wird auch ein Brand in einer Londoner Reismühle<br />

der Firma Woodbridg & Smiths [!] mit<br />

einem Schaden von 140 Pfund Sterling aufgezählt.“<br />

'<br />

London und Liverpool hatten sich im 18. Jahrhundert<br />

zu den Zentren der europäischen Reismüllerei<br />

entwickelt. Mit dem Wachstum einer<br />

selbstständigen amerikanischen Reisindustrie<br />

waren <strong>die</strong> Geschäftsaussichten englischer Mühlen<br />

schlechter geworden. Nun bot sich den englischen<br />

Reismüllem in Birma wieder ein Markt,<br />

der als englische Kolonie einen einfachen Zugang<br />

verhieß. Die ersten in Birma aktiven Reisfirmen<br />

führten auch alle einen englischen Namen,<br />

aber wie sich noch zeigen wird, waren früh<br />

auch schon Deutsche im englisch dominierten<br />

Geschäft der Reismüllerei erfolgreich.<br />

Produktionsbedingungen in der Reismüllerei<br />

Die von Europäern betriebenen Großmühlen in<br />

den Exporthäfen Birmas waren trotz ihrer großen<br />

Leistungsfähigkeit keine Beispiele für Arbeitsästhetik<br />

oder Industrie-Architektur. Singer<br />

beschreibt <strong>die</strong> äußeren Zustände folgendermaßen:<br />

“One of the more prominent testimonies<br />

which indicated that Burma was fast becoming<br />

the ‘Rice bowl of Asia’ was the increase<br />

in the number of rice-mills on both sides of<br />

the Rangoon River. Indeed, in some publications<br />

of the period, Rangoon was referred to<br />

as the ‘Rice City’. These depressing signs of<br />

this lucrative industry, with their corrugated<br />

iron roofs and tall smoking chimneys were in<br />

squalid contrast to the impressive buildings<br />

along the strand, and the great olden pagoda<br />

was floating above the haze.’’^^^<br />

Diese äußere Tristesse wurde negativ ergänzt<br />

durch <strong>die</strong> inneren Zustände und Arbeitsbedingungen.<br />

Die schlechten Unterkünfte auf den Fabrikgeländen<br />

beziehungsweise an deren Rändern<br />

wurden bereits im Zusammenhang mit der Migration<br />

indischer Arbeitskräfte genannt.<br />

In den ersten Jahren waren auch <strong>die</strong> europäischen<br />

Reismühlen nur einfache Hütten mit Wellblechdächern,<br />

in denen der Reis in handgetriebenen<br />

zylindrischen Mahlwerken geschält wurde. Die<br />

wichtigste technische Neuerung in der Reismüllerei<br />

Birmas war natürlich der Einsatz von<br />

Dampfkraft ab 1861. Die Brennstoffkosten waren<br />

jedoch sehr hoch, da alle Kohle per Schiff<br />

nach Birma gebracht werden musste. Tatsächlich<br />

war <strong>die</strong>s einer der ersten Kontakte der Firma<br />

Rickmers mit dem asiatischen Reismarkt. Rickmer<br />

Glasen Rickmers hatte seine Flotte von Segelschiffen<br />

unter anderem mit dem Transport<br />

von Kohle nach Birma in Fahrt gehalten. Diese<br />

Situation der schwierigen und teuren Rohstoffbeschaffung<br />

beendete 1880 <strong>die</strong> Entwicklung eines<br />

Brennofens, in dem <strong>die</strong> <strong>bis</strong> dahin als wertloser<br />

Abfall anfallenden Reisspelzen zur Energiegewinnung<br />

verbrannt werden konnten. Der<br />

daraus entstehende Kostenvorteil führte „to the<br />

immediate installation of the husk furnace in<br />

every mill within the next few years“.“ ^ Außerdem<br />

sank damit <strong>die</strong> Verschmutzung und Versandung<br />

der Kanäle und Flüsse, in <strong>die</strong> <strong>die</strong> Reisspelzen<br />

einfach geworfen worden waren - auch wenn<br />

nur etwa <strong>die</strong> Hälfte der anfallenden Spelzen zum<br />

Befeuern der Öfen gebraucht wurde.<br />

Die Maschinenanlagen wurden in den allermeisten<br />

Fällen von deutschen oder englischen Ingenieuren<br />

gewartet und wurden stetig verbessert.<br />

Da <strong>bis</strong> etwa 1890 der Export hauptsächlich nach<br />

Europa ging und dort <strong>die</strong> technisch anspruchsvollere<br />

Feinbearbeitung der Reiskörner vorgenommen<br />

wurde, ist davon auszugehen, dass erst<br />

mit der Entstehung vieler kleiner Reismühlen in<br />

Birma um <strong>die</strong> Jahrhundertwende dort der technische<br />

Rückstand in der Reismüllerei aufgeholt<br />

wurde. Dennoch soll der nachfolgende Artikel<br />

aus der Zeitschrift „Die Mühle“ ein Beispiel geben,<br />

wie versucht wurde, <strong>die</strong> Effizienz der Reismüllerei<br />

durch technische Verbesserungen zu erhöhen:<br />

55


'у . ■<br />

ш<br />

„Maschine zum enthüllen von Reis, Hirse<br />

usw.<br />

von Eugen Reverdy in Bremen. Mit 2 Bildern<br />

Enthülsungsmaschinen haben <strong>bis</strong>her stets in<br />

der Weise gewirkt, dass <strong>die</strong> zu enthülsenden<br />

Körner zwischen Reibflächen <strong>die</strong> parweise<br />

[!] angeordnet sind, gerieben, gequetscht und<br />

zerissen, oder auch dass sie gegen eine umgebende<br />

fest Haube oder gegen eine fest Fläche<br />

angeschleudert werden. Alle <strong>die</strong>se seither<br />

bekanntgewordenen Vorrichtungen haben den<br />

Nachteil, dass bei Reis und Hirse zu viel minderwertiger<br />

Bruch entsteht, oder das namentlich<br />

bei Reis <strong>die</strong> Körner ihrer Länge nach gespalten<br />

werden. Bei zwei Reibflächen besteht<br />

auch durch <strong>die</strong> notwendige Einstellung des<br />

Abstandes der genannten Flächen der Nachteil,<br />

dass von den stets gemischt vorkommenden<br />

Körnern entweder nur <strong>die</strong> dicken Körner<br />

enthülst werden und <strong>die</strong> mittleren und kleineren<br />

unberührt bleiben, oder das <strong>die</strong> letzteren<br />

enthülst, <strong>die</strong> dicken dann aber gespalten, oder<br />

zerbrochen werden. Alle <strong>die</strong>se besagten Nachteile<br />

sollen durch <strong>die</strong> neue Einrichtung beseitigt<br />

werden.<br />

Die Erfindung besteht darin, dass <strong>die</strong> Enthülsung<br />

auf nur einer Arbeitsfläche und zwar auf<br />

einer rotirenden Schale mit ausstehendem<br />

Rand, Bild 70 u. 71, vor sich geht, auf welche<br />

<strong>die</strong> zu behandelnden Körner gebracht werden.<br />

Die Schale s welche eine Umfangsgeschwindigkeit<br />

von mindestens 2000 m minütlich am<br />

ausstehenden Rand haben muss, hat einen<br />

wagrechten [!] metallenen Boden von einem<br />

Durchmesser, der je nach der gewählten Umdrehungszahl<br />

0,3 <strong>bis</strong> etwa 1 m betragen mag.<br />

Bringt man <strong>die</strong> Körner auf <strong>die</strong>se vorher in<br />

volle Umdrehungsgeschwindigkeit versetzte<br />

Schale, so werden sie durch <strong>die</strong> Schleuderkraft<br />

gegen den inneren Schalenrand geführt<br />

und gezwungen, plötzlich <strong>die</strong> nach außen gerichtete<br />

Bewegung zu verlassen und eine<br />

kreisförmige Bewegung anzunehmen. Hierbei<br />

entsteht ein Stoß der Körner, entweder an den<br />

Schalenrand selbst oder an anderen bereits<br />

am Schalenrande anliegenden mitrotirenden<br />

Körnern. Diese plötzliche Erschütterung genügt<br />

bei Reis und Hirse zum Absprengen der<br />

Schale. Die enthülsten Körner fliegen mit den<br />

Hülsen am ganzen Umfang der Schale über<br />

den Rand, wodurch ein ununterbrochener Betrieb<br />

ermöglicht ist.<br />

Das Korn bleibt nach Angabe des Erfinders<br />

bei der Bearbeitung kühl und ist, soweit es '<br />

nicht schon in der Hülse beschädigt war, wenig<br />

dem Bruch ausgesetzt.“^^"*<br />

Neben den technischen Anlagen sowie der Aus- '<br />

beutung der Arbeitskräfte haben <strong>die</strong> europäischen<br />

Reismüller besonders mit eigenen Markt- •<br />

Strategien für ausreichende Gewinne gesorgt.<br />

Europäische Mühlen:<br />

Preisabsprachen und Gewinne<br />

Mit der stetigen Erschließung Birmas als Reisanbauland<br />

wuchsen auch <strong>die</strong> wirtschaftlichen ;<br />

Möglichkeiten und Begehrlichkeiten der Akteure.<br />

Um das Jahr 1870 herum nahm mit dem Anstieg<br />

des Handelsvolumens auch <strong>die</strong> Zahl der<br />

beteiligten Händler und Müller weiter zu. Die<br />

europäischen Reisfirmen mit ihren Großmühlen<br />

einigten sich früh darauf, dass auf Preisverfälle ,<br />

in Europa und auf den zunehmenden Wettbewerb<br />

in Birma am besten mit Preisabsprachen zu rea- ■<br />

gieren war. Ruinösen Wettbewerb wollten sie<br />

verhindern. Diese Absprachen waren um 1870<br />

noch fragile Konstrukte, <strong>die</strong> schnell auseinanderbrachen,<br />

wenn ein neuer Händler den Markt<br />

betrat oder ein findiger Müller einen Weg fand, ,<br />

<strong>die</strong> Abkommen zu seinen Gunsten zu unterlaufen.<br />

Sir James Scott, ein Publizist, der über das<br />

Leben in Birma unter dem Pseudonym Shway<br />

Yoe schrieb, schilderte <strong>die</strong>s folgendermaßen:<br />

“The English merchants held a meeting and<br />

all pledged themselves not to give more than<br />

the current rate for paddy. This seemed a fair<br />

enough agreement; but after a while it was<br />

found that the boats all gravitated towards<br />

one or two firms. A little investigation showed<br />

that this was due to the fact that though they<br />

paid the ordinary rate, according to the com-<br />

56


pact, they had a smaller measuring basket<br />

than their neighbours. Accordingly every one<br />

went on reducing the size of his basket until<br />

the system became as ruinously absurd as it<br />

ever had been before.”^^^<br />

Waren <strong>die</strong> Verkäufer, <strong>die</strong> den Reis mit den Großmühlen<br />

handelten, mit den Preisabsprachen nicht<br />

zufrieden, blieb ihnen nur <strong>die</strong> Möglichkeit, in<br />

einen der anderen Exporthäfen auszuweichen,<br />

wenn dort <strong>die</strong> Preise höher waren. Dabei kam<br />

es zu regelrechten Preiskämpfen mit unterschiedlichem<br />

Ausgang. Akzeptierten <strong>die</strong> Verkäufer,<br />

Spekulanten und Zwischenhändler <strong>die</strong> niedrigen<br />

Preise der Verschiffer nicht und hielten den Reis<br />

zurück, hatten sie Erfolg, wenn <strong>die</strong> Verschiffer<br />

entweder wegen der Charter und der Liegegelder<br />

von Schiffen oder durch Terminkontrakte unter<br />

finanziellem Druck standen. Wurde jedoch früh<br />

geerntet, liefen Schiffe verspätet Birma an und<br />

fanden sich keine anderen Käufer, verschlechterte<br />

sich <strong>die</strong> finanzielle Situation der Reisverkäufer,<br />

und sie mussten auch auf schlechte Angebote<br />

von Mühlen und Verschiffern eingehen.^^®<br />

Zudem hatten <strong>die</strong> Großmühlen eine doppelt gute<br />

Ausgangslage in <strong>die</strong>sen Preiskämpfen. Erstens<br />

erzeugten sie <strong>die</strong> größte Nachfrage nach Reis.<br />

Denn auf <strong>die</strong> Großmühlen konnten <strong>die</strong> Reishändler<br />

nicht verzichten, weil sie ihre Ware sonst<br />

nicht hätten verkaufen können. Zweitens beruhte<br />

<strong>die</strong> Handelskette vom Reisbauern über <strong>die</strong><br />

Zwischenhändler <strong>bis</strong> zu den Mühlen auf Krediten,<br />

und durch <strong>die</strong> Abwesenheit eines guten<br />

Lagersystems in Birma waren <strong>die</strong> Preise stark<br />

durch den jeweiligen Zeitpunkt in der Saison<br />

gebunden.^^^ Für einen Preiskampf brauchten <strong>die</strong><br />

Reisverkäufer also ausreichend finanzielle Polster.<br />

Trotz solcher Preiskämpfe war der <strong>Reishandel</strong><br />

ein höchst lukratives Geschäft. Unter den Händlern<br />

Birmas erzielten <strong>die</strong> Reishändler <strong>die</strong> größten<br />

Gewinne - auf Kosten der beschriebenen Ausbeutung<br />

der Arbeitskräfte in den Mühlen. Einer<br />

der prominentesten Händler soll der Engländer<br />

James Leishman gewesen sein. Er erwarb seinen<br />

Reichtum während der indischen Hungersnöte<br />

in den 1870er Jahren und tat sich mit seinem<br />

Reichtum durch besonders extravagante Soireen<br />

in der Ranguner Gesellschaft unter dem Spitznamen<br />

„Paddy King“ hervor. Reishändler und<br />

Reismüller gehörten finanziell und gesellschaftlich<br />

zur absoluten Oberschicht. Als sich Birma<br />

um 1880 nach einer rasanten Entwicklung als<br />

wichtigstes Reisanbauland im Welthandel etabliert<br />

hatte, waren <strong>die</strong> Gewinne der Händler so<br />

groß, dass sie sich einen Lebensstandard - „surrounded<br />

by obsequious Indian servants“ - leisten<br />

konnten, der für sie in Europa unerschwinglich<br />

gewesen wäre.^^*<br />

Die asiatischen Anbaugebiete außerhalb<br />

Birmas<br />

Die asiatischen Reisanbaugebiete außerhalb Birmas<br />

haben ebenfalls Ernteerträge von bedeutenden<br />

Ausmaßen. Trotzdem sollen sie hier aus<br />

mehreren Gründen nur kurz erwähnt werden.<br />

Denn ihnen allen ist gemeinsam, dass sie kaum<br />

Einfluss auf den deutschen <strong>Reishandel</strong> hatten.<br />

Entweder waren sie keine Überschussgebiete<br />

und hatten daher gar keine Ware, <strong>die</strong> auf den<br />

Exportmarkt kam, oder es wurde Reis erzeugt,<br />

der auf Grund seiner Eigenschaften für den deutschen<br />

Handel und den deutschen Konsum nicht<br />

relevant war.<br />

Britisch-In<strong>die</strong>n<br />

Nach Blankenburg ist In<strong>die</strong>n überall dort ein<br />

Reisbauland, wo mindestens 1.000 mm Regen<br />

im Jahr fallen. Örtlich grenzt er <strong>die</strong>se Gebiete<br />

ungefähr östlich des 80. Längengrades und südlich<br />

des 20. Breitengrades ein. Eine der ertragreichsten<br />

Provinzen war Bengalen, das durch<br />

das Delta des Ganges eine gute Wasserversorgung<br />

der Reisfelder hatte, ohne dass künstliche<br />

Bewässerungsmechanismen angelegt werden<br />

mussten. Weitere gute Anbaugebiete waren <strong>die</strong><br />

Provinzen Madras und Bombay. Obwohl in In<strong>die</strong>n,<br />

beispielsweise entlang des Flusses Indus,<br />

spätestens seit dem beginnenden 20. Jahrhundert<br />

Reisbau mit intensiver Bewässerung betrieben<br />

wurde, erreichte es nie den Status eines Export-<br />

57


landes. Dafür war der Bedarf an Reis, obwohl<br />

In<strong>die</strong>n auch ein klassisches Weizenverbrauchsland<br />

war, wegen der hohen Bevölkerungsdichte<br />

zu umfangreich. Oft musste sogar Reis eingeführt<br />

werden, wenn sich der Südwest-Monsun<br />

verzögerte und <strong>die</strong> Böden nicht genügend Wasser<br />

bekamen oder es aus anderen Gründen schlechte<br />

Ernten gab.^^^<br />

Die Tatsache, dass in In<strong>die</strong>n sowohl Reis als<br />

auch Weizen für <strong>die</strong> Ernährung der Bevölkerung<br />

eine sehr wichtige Rolle spielten, haben Latham<br />

und Neal als Ausgangspunkt für eine Stu<strong>die</strong> über<br />

<strong>die</strong> Vernetzung der internationalen Märkte von<br />

Reis und Weizen zwischen 1868 und <strong>1914</strong> genutzt.<br />

Für <strong>die</strong> Vernetzung des globalen Marktes<br />

eines Gutes, beispielsweise Reis, berechneten<br />

sie einen Regressionskoeffizienten für <strong>die</strong> Preise<br />

der Ware in zwei Märkten: “Correlation coefficients<br />

of the two price series should then be<br />

higher, the better integrated the two markets are.”<br />

Sind beide Märkte der Ware gut integriert, liegt<br />

der Regressionskoeffizient nahezu bei eins.^''®<br />

Für den gesamten Untersuchungszeitraum war<br />

das Ergebnis <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>, dass Birma mit den<br />

Hauptkonkurrenten im asiatischen Reismarkt auf<br />

einem hohen Niveau integriert war. Die Vernetzung<br />

der asiatischen Reismärkte untereinander<br />

wurde dabei sicher durch <strong>die</strong> <strong>bis</strong>her noch nicht<br />

diskutierte Verlagerung des weltweiten <strong>Reishandel</strong>s<br />

von Europa zurück nach Asien, <strong>die</strong> sich ab<br />

1900 abzeicbnete, mitbestimmt.^'“ Trotzdem gilt<br />

aber, dass <strong>die</strong> Vernetzung des asiatischen Reismarktes<br />

mit dem europäischen Markt und den<br />

weiteren Märkten weltweit durch <strong>die</strong> Reisfirmen<br />

aus London, Liverpool, Hamburg und Bremen<br />

vorgenommen wurde.Da <strong>die</strong> deutschen Reisfirmen<br />

ihre englischen Konkurrenten Mitte der<br />

1880er Jahre in ihrer Bedeutung marginalisierten^''^,<br />

kann dem deutschen <strong>Reishandel</strong> somit eine<br />

globale Bedeutung zugesprochen werden.<br />

Des Weiteren ist der indische Weizenmarkt für<br />

den internationalen und den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

erwähnenswert, weil es einen engen Zusammenhang<br />

zwischen Weizen- und Reispreisen gab.<br />

In In<strong>die</strong>n waren Reis und Weizen Substitute in<br />

der Grundversorgung der Bevölkerung. Nach<br />

den weiteren Berechnungen von Latham und<br />

Neal hingen <strong>die</strong> Londoner Preise für Reis aus<br />

Rangun enger mit den indischen Preisen für Weizenexporte<br />

zusammen als mit den Reispreisen<br />

in Rangun. Für den ersten Zusammenhang betrug<br />

der Regressionskoeffizient 0,77, für Letzteren<br />

mit 0,76 etwas weniger. Für <strong>die</strong> Preise von<br />

Reis und Weizen in In<strong>die</strong>n betmg der Koeffizient<br />

0,91. Die Marktintegration war also sehr hoch.<br />

Daraus folgern sie, dass in In<strong>die</strong>n „the wheat<br />

world and the rice world met to form a single<br />

international market“.^'*^ Für den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

hatte <strong>die</strong>ser Zusammenhang Bedeutung,<br />

weil In<strong>die</strong>n, obwohl es ein großer Reisproduzent<br />

war, eine große Nachfrage nach Reis erzeugen<br />

konnte. Das wiederum hatte konkrete Auswirkung<br />

auf <strong>die</strong> in Birma zur Verfügung stehende<br />

Menge an Reis und besonders auf <strong>die</strong> Preise und<br />

<strong>die</strong> zu erzielenden Gewinne für <strong>die</strong> deutsche<br />

Reisindustrie.<br />

Französisch-Indochina<br />

Französisch-Indochina entwickelte sich in der<br />

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwar ebenfalls<br />

zu einem Reisanbauland, erreichte dabei<br />

für den weltweiten <strong>Reishandel</strong> aber nicht annähernd<br />

<strong>die</strong> Bedeutung, <strong>die</strong> Birma zukam. Der<br />

Reisexport entfaltete sich mit der schrittweisen<br />

französischen Eroberung. Der Kaiser Vietnams<br />

hatte sich ersten französischen Versuchen, Handelsbeziehungen<br />

zu knüpfen, vehement widersetzt.<br />

Infolge des Konflikts kam es 1859 zur Eroberung<br />

Saigons sowie des Mekong-Deltas und<br />

1863 musste Vietnam schließlich den gesamten<br />

südlichen Küstenbereich abtreten. 1887 wurde<br />

dann <strong>die</strong> Union Indochinoise gegründet, der auch<br />

<strong>die</strong> Gebiete von Anam und Tonking, heute Teile<br />

von Vietnam, und das heutige Kambodscha angehörten.Eine<br />

europäische Entwicklungspolitik<br />

ähnlich der britischen in Birma gab es allerdings<br />

nicht.<br />

Der Reisexport begann mit der Abtretung der<br />

Küstenflächen 1863, also fast 30 Jahre später<br />

als in Birma. Zudem hatte der Reis eine sehr<br />

schlechte Qualität und wurde daher überwiegend


in Asien konsumiert und nur in kleinen Mengen<br />

nach Portugal und Frankreich exportiert.^''® Die<br />

meisten Reisfelder gab es im Mündungsgebiet<br />

des Mekong, <strong>die</strong> sich zwischen 1860 und<br />

1903/04 von 2.500 Quadratkilometer auf fast<br />

12.000 Quadratkilometer mehr als vervierfachten.<br />

Dabei zeigte sich wie in Birma, dass <strong>die</strong><br />

Bevölkerungsdichte in den Reisbaugebieten besonders<br />

hoch war. Auch in Indochina war der<br />

Reisanbau der Kristallisationspunkt der Bevölkerungsentwicklung.Die<br />

gesellschaftliche<br />

Entwicklung Indochinas ist ebenfalls durch Migration<br />

geprägt. Die chinesische Minderheit erlangte<br />

dabei eine wirtschaftlich sehr bedeutende<br />

Stellung. Chinesen fungierten als Kreditgeber<br />

für <strong>die</strong> Reisbauern und <strong>die</strong> Mühlen waren vorwiegend<br />

in chinesischem Besitz. Damit lag <strong>die</strong><br />

gesamte Produktions- und Exportkette in chinesischer<br />

Hand.<br />

Da bereits im Landesinneren häufig verschiedene<br />

Reissorten und -qualitäten gemischt wurden und<br />

<strong>die</strong>se Vermischung in den Mühlen fortgesetzt<br />

wurde, sank <strong>die</strong> Attraktivität der Ware für den<br />

europäischen Markt weiter. Denn je gemischter<br />

der Reis war, desto mehr Bruch entstand bei der<br />

Bearbeitung in Europa. Obwohl Indochina mehr<br />

Reis exportierte als Siam, erreichte es daher keine<br />

Bedeutung im globalen <strong>Reishandel</strong> und blieb<br />

größtenteils auf den asiatischen Markt beschränkt.^''*<br />

Entsprechend <strong>die</strong>ser untergeordneten<br />

Stellung als Produzent für <strong>die</strong> benötigten Importe<br />

der deutschen Reisindustrie wurde Französischindochina<br />

nur bedingt Aufmerksamkeit gewidmet.<br />

Bezeichnenderweise wurde 1911 in einem<br />

Konsulatsbericht aus Saigon davon gesprochen,<br />

dass ein gerade in Saigon erteiltes Reisausfuhrverbot<br />

wegen hoher Preise und der Gefahr einer<br />

Hungersnot das erste Mal vorgekommen sei. Da<br />

noch alle Lieferverträge erfüllt werden konnten,<br />

ist es für den deutschen <strong>Reishandel</strong> kaum von<br />

Bedeutung gewesen.Ähnlich geringe Bedeutung<br />

der Reisernten Indochinas für <strong>die</strong> europäische<br />

Reisindustrie vermittelt ein englischer Reismarktbericht<br />

schon einige Jahre früher. 1886<br />

hieß es dort: “From Saigon [...] the export to<br />

Europe is, however, not expected to be large.”<br />

Außerdem gab es 1886 in Siam eine schlechte<br />

Ernte und durch den chinesischen Importbedarf<br />

sank <strong>die</strong> Exportkapazität Saigons nach Europa<br />

„in consequence of the demands which China is<br />

likely to make to replace the supplies usually<br />

available from Siam“ weiter.^®" Nicht zuletzt<br />

zeigt sich <strong>die</strong> geringe Bedeutung des Reises aus<br />

Französisch-Indochina für <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

in der Art der Berichterstattung im Fachmagazin<br />

„Die Mühle“. Während im Jahr 1891<br />

einem Marktbericht über Birma-Reis zwei ganze<br />

Seiten eingeräumt und der Lage des <strong>Reishandel</strong>s<br />

in Antwerpen immerhin zehn Sätze zugestanden<br />

wurden^*', ist <strong>die</strong> Nachricht über eine Missernte<br />

in der Provinz Tonking mit nur einem Satz ohne<br />

weitere Erläuterung erwähnt worden.Marktveränderungen<br />

in Französisch-Indochina wurden<br />

in Deutschland registriert, da sie kurzfristige<br />

Preisschwankungen des internationalen Marktes<br />

durch gute oder besonders schlechte Ernten verursachen<br />

konnten. Nachhaltigen Einfluss auf den<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong> hatten <strong>die</strong> Reisernten Französisch-Indochinas<br />

nicht.<br />

Siam<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts waren Zucker und<br />

Reis <strong>die</strong> Hauptexportartikel Siams. Ähnlich wie<br />

im westlichen Nachbarland Birma gab es Ende<br />

der <strong>1850</strong>er Jahre noch keine industriellen Verarbeitungsprozesse<br />

in Siam. Die Beschreibung der<br />

Zuckerherstellung und der Reisverarbeitung<br />

durch den deutschen Kaufmann Adolph Markwald<br />

von 1859 gibt <strong>die</strong>s eindrucksvoll wieder:<br />

„Die Qualität <strong>die</strong> größtentheils von hier exportiert<br />

wird, ist der sogenannte Cargoreis<br />

welches eine Mittelsorte ist, zwischen ungeschälten<br />

Reis [...] und weißen Reis.<br />

Bis jetzt wird der Reis noch auf <strong>die</strong> uralte<br />

Weise durch einfaches Stampfen gereinigt, es<br />

sind jedoch Aufträge nach Europa und Nord<br />

Amerika gesandt, um Reis Reinigungs Maschinen<br />

<strong>die</strong> mit Dampf Kraft betrieben werden<br />

hierherzusenden.“<br />

Über <strong>die</strong> Zuckerherstellung schrieb Markwald<br />

Vergleichbares:<br />

59


„Bis jetzt sind noch fast alle Zuckerfabriken<br />

auf <strong>die</strong> uralte Methode eingerichtet, und ich<br />

habe während meiner Reise ins Innere um<br />

<strong>die</strong> Zuckerfabriken zu besuchen, keine einzige<br />

mit einem hohen Schornstein gefunden und<br />

irgend eine Verbesserung bemerkt, wie sie<br />

hundertfach in anderen Ländern bestehen und<br />

obgleich hier in den meisten Fabriken zweimal<br />

durch <strong>die</strong> Cylinder geht, so ist der Verlust<br />

an Zuckerstoff dennoch sehr bedeutend.<br />

Zuckerraffmerien existieren noch nicht in Siam.<br />

Es sind jedoch auch in <strong>die</strong>ser branche [!]<br />

große baldige Verbesserungen zu erwarten,<br />

da bereits Orders auf Dampfmaschinen zum<br />

Zucker raffinieren nach Europa und Amerika<br />

gegangen sind.“^^^<br />

Mit dem bald folgenden Einsatz von Dampfmaschinen<br />

etablierte sich in Siam eine industriell<br />

arbeitende Exportwirtschaft. 1858 - also im Widerspruch<br />

zu den Aussagen Markwalds vom Mai<br />

1859 - baute eine amerikanische Eirma <strong>die</strong> erste<br />

dampfgetriebene Reismühle, 1862 errichtete eine<br />

britische Firma <strong>die</strong> erste Zuckerfabrik mit<br />

Dampfkraft.^^“' Auf Grund des kosteneffizienteren<br />

Anbaus von Zuckerrüben in Europa und von<br />

Rohrzucker auf Java brach in den 1870er Jahren<br />

der Zuckerexport Siams zusammen. Damit<br />

wurde in Siam der Reisanbau und -export zum<br />

wichtigsten Wirtschaftszweig. Bei einem Betrachtungszeitraum<br />

von 100 Jahren wuchsen <strong>die</strong><br />

Reisanbauflächen in Siam pro Jahr um durchschnittlich<br />

7.000 Hektar. Von durchschnittlichen<br />

100.000 Tonnen exportiertem Reis pro Jahr in<br />

den 1860er Jahren gab es eine Steigerung im<br />

Reisexport auf etwa 500.000 Tonnen jährlich<br />

um 1900.^”<br />

Die Entwicklung der Landwirtschaft und einhergehende<br />

Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur<br />

weisen weitere Parallelen zur ausführlich<br />

besprochenen Entwicklung Birmas auf. In Siam<br />

wurde kein Fruchtwechsel betrieben und <strong>die</strong><br />

Fruchtbarkeit der Alluvialböden wurde durch<br />

<strong>die</strong> regelmäßigen Überschwemmungen erhalten.<br />

Entsprechend <strong>die</strong>ser Anbauweise kristallisierte<br />

sich das Bevölkerungswachstum und <strong>die</strong> zunehmende<br />

Landerschließung entlang der Hüsse und<br />

der ertragreichen Reisfelder. Als Landarbeiter<br />

und Tagelöhner spielten Chinesen eine nennenswerte<br />

Rolle und siedelten auch dauerhaft in Siam.^^*<br />

Bauern, <strong>die</strong> unerschlossenes Land kultivierten,<br />

durften es besetzen, es für sich reklamieren<br />

und bekamen ebenso wie Bauern in<br />

Birma einen Besitztitel zugesprochen. Nach<br />

1880 flüchteten zunehmend Zwangsarbeiter aus<br />

ihren Arbeitsverhältnissen und ließen sich mit<br />

<strong>die</strong>ser Art der Landnahme als Kleinbauern nieder.<br />

Eine staatUch gelenkte Landkultivierung gab<br />

es in Siam erst nach 1902, als ein Holländer für<br />

ein groß angelegtes Drainageprojekt und den<br />

Bau von Bewässerungskanälen engagiert wurde.<br />

Im 19. Jahrhundert wurde <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Entwicklung Siams vor allem von Arbeitskräften,<br />

<strong>die</strong> aus der Zwangsarbeit freigesetzt wurden, getragen.<br />

Der Effekt <strong>die</strong>ser Entwicklung „was to<br />

turn the new Citizens of the Siamese nation into<br />

peasant smallholders“.^^^ Die Erschließung Siams<br />

zum zweitgrößten asiatischen Reisexporteur<br />

hatte im Inneren einen <strong>die</strong> Gesellschaft entwickelnden<br />

und strukturierenden Effekt. Die Kultivierung<br />

von Reisanbauland wurde zum prägenden<br />

Topos einer sich neu bildenden Gesellschaft.<br />

Die Erträge je Fläche waren in Siam relativ klein.<br />

Da <strong>die</strong> Bevölkerungsdichte aber auch in den<br />

Reisbaugebieten sehr gering war und <strong>die</strong> Böden<br />

sehr nahrhaft waren, gab es dort den höchsten<br />

Emteertrag je Kopf in ganz Asien. Dass Siam<br />

trotz <strong>die</strong>ser guten Voraussetzungen nicht <strong>die</strong><br />

überragende Stellung Birmas auf dem internationalen<br />

Reismarkt einnahm, lag an der grundsätzlichen<br />

Ausrichtung der Wirtschaft. Wenn <strong>die</strong><br />

Reisbauern nicht in unmittelbarer Nähe der größeren<br />

Märkte produzierten, betrieben sie meist<br />

extensive statt intensiver Landwirtschaft. In erster<br />

Linie waren sie Selbstversorger und “the<br />

household waited until it saw the yield of the<br />

current harvest before selling off the surplus of<br />

the previous one. Food security was priority.”<br />

Erst wenn <strong>die</strong> Eigenversorgung gesichert war,<br />

meldeten <strong>die</strong> Bauern den chinesischen Zwischenhändlern<br />

ihre Überschüsse für den Export.^^*<br />

60


Der Export der Reisüberschüsse aus Siam war<br />

ein wichtiges Geschäftsfeld für Deutsche, obwohl<br />

der Reis nur in kleinen Mengen nach<br />

Deutschland gebracht wurde. Um 1880 bestanden<br />

drei Viertel der Gesamtexporte Bangkoks<br />

aus Reis, der in 12 Mühlen für den Export vorbereitet<br />

wurde. Wiederum drei Viertel <strong>die</strong>ser<br />

Menge wurden auf britischen oder deutschen<br />

Schiffen nach Singapur oder Hongkong gebracht.<br />

Zusätzlich waren deutsche Ingenieure bei den<br />

Betreibern der Reismühlen gefragt. Zwar stieg<br />

nach 1880 der Anteil der chinesischen Mühlenbesitzer<br />

beträchtlich, während <strong>bis</strong> dahin vornehmlich<br />

europäische Unternehmer <strong>die</strong> Mühlen<br />

betrieben hatten. Chinesische Unternehmer be<strong>die</strong>nten<br />

sich aber weiterhin schottischer und<br />

deutscher Ingenieure zur Wartung der technischen<br />

Anlagen.<br />

Die bedeutende wirtschaftliche Stellung der chinesischen<br />

Minderheit Siams sorgte dafür, dass<br />

<strong>die</strong> Reisexporte vermehrt nach Asien, vor allem<br />

China, gingen und verhinderten so, dass Siam<br />

eine noch wichtigere Rolle im deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

einnahm. Von 1908-<strong>1914</strong> gingen gerade<br />

einmal 20% der Reisausfuhren Siams nach<br />

Europa.^“ Außerdem kam es trotz der gleichzeitigen<br />

Entwicklung der Reisindustrien in Birma<br />

und Siam zu keinem größeren Wettbewerb<br />

beider Länder, weil sie unterschiedliche Reissorten<br />

produzierten. Siam-Reis war ein weicherer<br />

Reis, der sich schlechter für lange Transporte<br />

eignete und in den Mühlen bei der Verarbeitung<br />

viel Reisbruch erzeugte. Für <strong>die</strong> Stärkeherstellung<br />

war Siam-Reis zwar durchaus gewollt, insgesamt<br />

konnte er aber nicht sehr erfolgreich mit<br />

den Exporten Birmas um den europäischen<br />

Markt konkurrieren.^®'<br />

Außerasiatische Anbaugebiete<br />

Asien war nicht der einzige Kontinent, auf dem<br />

Reis angebaut wurde.Reisanbau in Amerika<br />

wurde bereits besprochen, darüber hinaus wurde<br />

auch schon im 19. Jahrhundert Reis in Südamerika,<br />

im Nahen Osten, in Afrika und in Europa<br />

angebaut.<br />

Südamerika war <strong>bis</strong> zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />

ein Kontinent, der Reis importierte. Alleine<br />

Bremen exportierte zwischen 1896 und 1906<br />

jährlich zwischen 6.000 und fast 15.000 Tonnen<br />

Reis nach Brasilien, Uruguay und Argentinien.^®^<br />

Dabei wurde in Brasilien bereits 1750 mit dem<br />

Anbau von Reis begonnen. Doch erst 1910 wurden<br />

<strong>die</strong> ersten 50 Tonnen Reis aus Brasilien exportiert<br />

und 1918 war der Reisimport vollständig<br />

zum Erliegen gekommen.^®^ In Persien wurde<br />

Reis angebaut, der auf Grund der geringen Menge<br />

und der schlechten Qualität keine bedeutende<br />

Rolle im deutschen <strong>Reishandel</strong> einnahm. Dennoch<br />

gab es vereinzelte Lieferungen, <strong>die</strong> „allein<br />

zu Hühnerfutter sich“ eigneten.^®® Bremen führte<br />

beispielsweise 1892 4.300 Tonnen oder 1913<br />

1.900 Tonnen persischen Reis ein.^®® Entlang des<br />

Nils und besonders an dessen Delta wurde in<br />

Ägypten Reis angebaut. Je nach Höhe der Überschwemmungen<br />

schwankte <strong>die</strong> jährliche Anbaufläche<br />

allerdings stark. Zwischen 1900 und <strong>1914</strong><br />

wurden zwischen 18.000 Hektar (<strong>1914</strong>) und<br />

113.000 Hektar (1910) Fläche mit Reis bepflanzt.<br />

Trotz kleiner jährlicher Exporte von<br />

8.000 Tonnen <strong>bis</strong> 30.000 Tonnen zwischen der<br />

Jahrhundertwende und dem Ersten Weltkrieg<br />

nach Syrien, Palästina und Griechenland blieb<br />

Ägypten auch als Reis anbauendes Land ein<br />

Reisimporteur und deckte seinen Bedarf aus Britisch-In<strong>die</strong>n<br />

und Siam.^®’<br />

Italien und Spanien waren <strong>die</strong> einzigen europäischen<br />

Länder, in denen es für den Untersuchungszeitraum<br />

zwischen <strong>1850</strong> und <strong>1914</strong> einen<br />

bedeutenden Anbau von Reis gab. Für beide Länder<br />

gilt jedoch, dass der Anbau von Reis erst im<br />

20. Jahrhundert nennenswerte Umfänge erreichte.<br />

In Italien wurden jährlich <strong>bis</strong> zu 500.000 Tonnen<br />

Reis geerntet, von denen <strong>bis</strong> zu 16 Prozent<br />

exportiert wurden. Die Hälfte der Exporte ging<br />

nach Argentinien und erreichte <strong>die</strong> dort lebende<br />

italienische Minderheit. Bei einer Gesamtexportmenge<br />

von 88.000 Tonnen 1911/12 wären das<br />

über 40.000 Tonnen Export nach Argentinien<br />

gewesen. Vergleicht man <strong>die</strong>ses Volumen mit<br />

den genannten Zahlen der bremischen Exporte<br />

nach Argentinien von 1896-1906 und mit der<br />

61


./* - J<br />

Tatsache, dass 1911 aus Bremen gerade noch<br />

600 Tonnen nach ganz Südamerika gingen, ist<br />

festzustellen, dass <strong>die</strong> italienischen Reisexporte<br />

<strong>die</strong> deutschen Exporte dorthin vollständig ersetzt<br />

haben.^** In Spanien wurde 1860 mit dem Anbau<br />

von Reis begonnen. Bis <strong>1914</strong> gab es aber keine<br />

Reisexporte in größeren Mengen. Allerdings lag<br />

der Ertrag je Hektar mit etwa 2.500 Kilogramm<br />

so hoch wie sonst nur in Italien und bald dreimal<br />

so hoch wie in Birma.^®^<br />

Bachmann stellte 1912 einen Vergleich aller Anbauflächen<br />

und Ernteerträge von Reis weltweit<br />

auf. Alleine für Birma nennt er 3.600.000 Tonnen<br />

Reis als Ernteergebnis. Ganz Asien produzierte<br />

Jahr für Jahr etwa 100 Millionen Tonnen Reis.<br />

Europa zusammen produzierte gerade 620.000<br />

Tonnen Reis und erzeugte damit nur 0,6 Prozent<br />

der Reisernte der Welt.^ Diese Zahlen belegen<br />

eindrucksvoll <strong>die</strong> Bedeutung des asiatischen<br />

Reisanbaus und verdeutlichen, warum eine deutsche<br />

Reisindustrie nur im Zusammenhang mit<br />

globalisierten Handelsströmen entstehen konnte.<br />

4. Der Handelsablauf, Handelsklassen und<br />

Reissorten, Rohstoffpreise<br />

Die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen<br />

in Europa, Amerika und Asien zur Zeit der<br />

Entstehung der deutschen Reisindustrie sind bereits<br />

benannt worden. Wie sich Birma zum wichtigsten<br />

deutschen Reislieferanten entwickeln<br />

konnte, wurde ebenso betrachtet und dass Reis<br />

ein schon lange in Europa bekanntes Nahrungsmittel<br />

war, ist ausführlich dargelegt worden.<br />

Dennoch bleibt der Frage nachzugehen, wie der<br />

globale deutsche <strong>Reishandel</strong> im Einzelnen ablief;<br />

Vom Verkauf der Bauern Asiens an Reismakler<br />

<strong>bis</strong> zu den asiatischen Mühlen einerseits und<br />

von dort über englische und deutsche Verschiffer<br />

an <strong>die</strong> euopäischen Mühlen andererseits. Wer<br />

verkaufte den Reis in den Anbaugebieten, wer<br />

nahm ihn ab und wie fand er seinen Weg in <strong>die</strong><br />

deutschen Fabriken? Dabei wurde schon in Asien<br />

zwischen verschiedenen Reissorten unterschieden<br />

und nach der finalen Verarbeitung wurden<br />

verschiedene Handelsklassen in den Verkauf,<br />

den sogenannten oberländischen Verkehr, und<br />

zum Export gebracht.<br />

Asiatischer Handel, Zwischenhandel<br />

<strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Häfen und Vorbereitungen zur<br />

Verschiffung<br />

Der Anbau und Export von Reis bestimmte <strong>die</strong><br />

Kaufkraft der großen Erzeugerländer. Je besser<br />

<strong>die</strong> Ernten ausfielen, desto mehr Waren konnten<br />

aus Europa importiert werden. Zugleich stieg<br />

der private Konsum und erhöhte damit das Steueraufkommen,<br />

also <strong>die</strong> Staatseinnahmen. Für <strong>die</strong><br />

Länder, <strong>die</strong> Reis für den internationalen Handel<br />

produzierten, galt daher, dass der Reisanbau und<br />

-handel der wichtigste Teil der Wirtschaft war.^'<br />

Birma als bedeutendstes asiatisches Exportland<br />

führte 1883/84 nach Bachmann 850.000 Tonnen<br />

Reis im Wert von etwa 105 Millionen Mark aus.<br />

Das machte 80 Prozent des gesamten Exports<br />

Birmas aus.^''^ Trotz <strong>die</strong>ser überragenden wirtschaftlichen<br />

Bedeutung waren <strong>die</strong> Reisverarbeitung,<br />

der Handel und <strong>die</strong> Exportvorbereitungen<br />

nicht staatlich reglementiert. Es gab <strong>die</strong> bereits<br />

beschriebenen staatlichen Anreize, Land zu kultivieren<br />

und Reis anzubauen, <strong>die</strong> internen Warenströme<br />

waren hingegen durch den freien<br />

Markt organisiert.<br />

Vom Bauern <strong>bis</strong> zur Exportmühle<br />

Der <strong>Reishandel</strong> begann in den Dörfern der Bauern<br />

eigentlich schon mit dem Dreschen direkt<br />

nach der Ernte. Die Art des Dreschens war das<br />

erste Mosaiksteinchen, aus dem sich im Laufe<br />

der Handelskette <strong>bis</strong> zu den Großmühlen im Hafen<br />

<strong>die</strong> Qualität und damit der Wert des Reises<br />

zusammensetzte. Der Wert des Rohreises wurde<br />

durch den Anteil an Bruch, also an kaputten Körnern,<br />

sowie durch <strong>die</strong> Sortenreinheit einer Reisladung<br />

bestimmt. Die Trennung der Reiskörner<br />

von den Rispen war im 19. Jahrhundert, auch<br />

nachdem in der Reismüllerei bereits Dampfkraft<br />

und Schäl-Maschinen eingesetzt wurden, noch<br />

ländliche Handwerksarbeit ohne große techni-<br />

62


sche Neuerangen. In Birma war es ein übliches<br />

Verfahren, <strong>die</strong> Reisernte auf Tennen, einer Art<br />

Dreschboden, auszubreiten und <strong>die</strong> Reiskörner<br />

durch Ausstampfen zu lösen. Oft wurden dazu<br />

Ochsen im Kreis über <strong>die</strong> Ernte getrieben, aber<br />

auch Menschen übernahmen <strong>die</strong>se Aufgabe, indem<br />

sie über den Reis stampften. Obwohl <strong>die</strong><br />

Hülsen des Reises relativ hart sind, führten <strong>die</strong>se<br />

Methoden zu einer Menge Reisbrach.<br />

Direkt an den Dreschplätzen kauften sogenannte<br />

..jungle broker“ den Bauern den Reis ab, indem<br />

sie von Dorf zu Dorf zogen. Diese Händler waren<br />

zumeist Mittelsmänner größerer Händler, <strong>die</strong><br />

wiederum den Kontakt zu den Exportmühlen<br />

herstellten und <strong>die</strong>sen den von ihren Zwischenhändlern<br />

bei den Bauern aufgekauften Reis vermittelten.<br />

Mit Ochsenkarren wurde der Reis dann<br />

zur nächsten Verladestation gebracht. Eür <strong>die</strong><br />

1920er Jahre ist bekannt, dass <strong>die</strong> Transportgebühr<br />

auf den Ochsenkarren bei etwa einer Rupie<br />

pro Tonne je Meile lag. Für das 19. Jahrhundert<br />

liegen leider keine Zahlen vor. Diese Gebühr<br />

wurde gewöhnlich vom Reiskäufer bezahlt. An<br />

den Verlade- oder Sammelpunkten der Ernten<br />

wurde der Reis auf großen Halden von 1.000-<br />

2.000 Tonnen ohne Schutz vor dem Wetter gelagert.<br />

Verunreinigungen und der Befall des Reises<br />

von Käfern und anderen Insekten wurden<br />

somit in Kauf genommen. Kamen dabei mehrere<br />

Reissorten in einem auf <strong>die</strong> Verschickung wartenden<br />

Berg von Reiskörnern durcheinander, verlor<br />

<strong>die</strong> Ware weiter an Wert. Je verschiedener<br />

<strong>die</strong> Körner einer Ladung Reis waren, desto<br />

schlechter ließen sich <strong>die</strong> Mahlvorrichtungen darauf<br />

einstellen beziehungsweise desto mehr<br />

Bruch entstand bei der Vermahlung. In den<br />

1860er und 1870er Jahren waren Verladestationen<br />

hauptsächlich Anlegestellen an Flüssen, <strong>die</strong><br />

das wichtigste Verkehrsnetz darstellten. Als 1877<br />

<strong>die</strong> erste Eisenbahnlinie von Rangun nach Pronte,<br />

dem heutigen Pyay, eröffnete, wurde der<br />

Rohreis mit dem wachsenden Streckennetz auch<br />

zunehmend per Bahn transportiert. Trotzdem<br />

konnte <strong>die</strong> Eisenbahn <strong>die</strong> als „paddy gigs“ oder<br />

„tonkins“ bezeichneten flachen Reisschuten<br />

nicht verdrängen. Zudem galt im Allgemeinen,<br />

dass per Eisenbahn transportierter Reis schlechtere<br />

Qualität hatte, weil mehr kleinere Ladungen<br />

gemischt werden mussten, <strong>bis</strong> eine Eisenbahnladung<br />

vollständig war.^’'*Wenn der Reis in Säcken<br />

transportiert wurde, war <strong>die</strong> Gefahr der Mischung<br />

verschiedener Sorten geringer. Allerdings<br />

war <strong>die</strong> Abfüllung der Ernten in Säcke mit Arbeitskraft<br />

und Zeitaufwand der Abfüllung sowie<br />

der Bereitstellung von Säcken mit Kosten verbunden.<br />

Durch das System der Zwischenhändler kamen<br />

<strong>die</strong> Bauern nie in direkten Kontakt mit den europäischen<br />

Müllem der Exporthäfen. Daher waren<br />

<strong>die</strong> Bauern in den angesprochenen Preiskämpfen<br />

das schwächste Glied der Kette. Denn<br />

ihr Interesse stand nicht nur gegen das der Mühlen,<br />

den Rohreis möglichst günstig zu beziehen,<br />

sondern auch gegen das der Zwischenhändler,<br />

<strong>die</strong> gerade in Konflikten mit den Großmühlen<br />

besonders schlecht an <strong>die</strong> Reisbauem zahlten,<br />

um selber noch Gewinne realisieren zu können.<br />

So wie <strong>die</strong> Zwischenhändler ein finanzielles<br />

Polster benötigten, um für einen Preiskampf Reis<br />

zurückhalten zu können, hätten <strong>die</strong>s auch <strong>die</strong><br />

Bauern gebraucht. Reisbauem waren aber fast<br />

immer auf Kredite angewiesen, um Arbeitsmittel<br />

wie Ochsen und Werkzeuge zu kaufen und <strong>die</strong><br />

Familie zu versorgen, egal, ob sie Pachtbauem<br />

waren oder landbesitzende Kleinbauern. Die<br />

Kredite vergaben entweder ihre Landbesitzer<br />

oder private Geldverleiher, <strong>die</strong> in Birma zumeist<br />

aus der indischen Bevölkerangsgrappe der Chettiar<br />

kamen. Die Kredite liefen vorwiegend über<br />

sieben <strong>bis</strong> acht Monate und wurden monatlich<br />

mit 1,25 <strong>bis</strong> 1,75 Prozent verzinst. Kamen <strong>die</strong><br />

Kredite von den verpachtenden Landbesitzern,<br />

waren <strong>die</strong> Zinsen noch höher, weil <strong>die</strong>se wiederum<br />

das Geld liehen und <strong>die</strong> Zinsen an ihre<br />

Bauern auf <strong>bis</strong> zu 2,5 Prozent erhöhten.^’^<br />

Der finanzielle Zwang <strong>die</strong>ser Kredite veranlasste<br />

<strong>die</strong> Bauern, den Reis direkt nach der Ernte zu<br />

verkaufen, um ihre Kredite abzulösen. Da aber<br />

innerhalb von vier Monaten <strong>die</strong> gesamte Ernte<br />

auf den Markt kam, waren in der Erntezeit <strong>die</strong><br />

Preise besonders niedrig und <strong>die</strong> Gewinne der<br />

Bauern nicht so hoch, wie sie hätten sein können.<br />

63


is :<br />

;<br />

Die Zwischenhändler, Großhändler und Exportmühlen<br />

waren zwar auf den Reis von den Bauern<br />

angewiesen. Doch Letztere hatten auf Grund der<br />

Eigenheit, dass <strong>die</strong> Landwirtschaft überwiegend<br />

kreditfinanziert war und dem Zwang, <strong>die</strong> Darlehen<br />

zurückzuzahlen, keine Möglichkeit, auf den<br />

innerasiatischen <strong>Reishandel</strong> Einfluss zu nehmen.<br />

Abmessung im Hohlmaß —basket, pecul, coyan<br />

64<br />

Im inländischen <strong>Reishandel</strong> Birmas wurden Preise<br />

für Rohreis gewöhnlich per 100 baskets (Körbe)<br />

festgesetzt. An <strong>die</strong>ser Art der Abmessung<br />

machen sich aber <strong>die</strong> Besonderheiten des <strong>Reishandel</strong>s<br />

fest. Denn ein Korb war ein Hohlmaß,<br />

dessen Inhalt und Größe weder offlziell definiert<br />

war noch allgemeingültig und standardisiert genutzt<br />

wurde. Hergestellt wurden <strong>die</strong> Körbe aus<br />

geflochtenem Bambus, der zur Stabilität mit<br />

Schilf oder Draht umwunden wurde. Die Art der<br />

Befüllung, <strong>die</strong> Festigkeit des Materials des Korbes<br />

und damit <strong>die</strong> Formstabilität bestimmten seine<br />

Füllmenge. Die Gewichtsschwankung je Korb<br />

betrug so bei ein und demselben Korb <strong>bis</strong> zu<br />

vier englische Pfund. Die Verkäufer waren natürlich<br />

daran interessiert, sehr kleine Körbe zu<br />

nutzen, <strong>die</strong> Käufer hingegen wollten möglichst<br />

große Körbe, um für <strong>die</strong> Gesamtmenge des erworbenen<br />

Reises nicht zu viel zahlen zu müssen.<br />

Daher war es durchaus gängig, dass ein Händler<br />

für den Ankauf bei den Bauern größere Körbe<br />

benutzte als beim Weiterverkauf an den nächstgrößeren<br />

Händler oder an eine Mühle.<br />

Ein Korb fasste je nach Ausführung zwischen<br />

SYz und über 9 Gallonen, was einem Gewicht<br />

von 44 <strong>bis</strong> 54 Pfund Rohreis entsprach. Ein lokales<br />

Maß war ein la-me und das durchschnittliche<br />

Fassungsvermögen eines Korbes in Birma<br />

waren 128 la-me. Obwohl es keine definierten<br />

Größenstandards gab, wurde über verschiedene<br />

Umwege auch <strong>die</strong> Differenz der verschieden ausfallenden<br />

Körbe berechnet. Gebräuchlicher war<br />

dabei <strong>die</strong> Volumenmessung über <strong>die</strong> Einheit nozibu.<br />

Ein nozibu entsprach der Menge, <strong>die</strong> in<br />

eine 14 Flüssig-Unzen fassende Dose Kondensmilch<br />

passte. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

waren <strong>die</strong>se Konservendosen der Marke<br />

milkmaid zur Abmessung sehr gebräuchlich,<br />

nachdem Markt Verkäufer festgestellt hatten, dass<br />

ihr Fassungsvermögen einem birmanischen lame<br />

entsprach.^’®Wörtlich bedeutet nozi kondensierte<br />

Milch und bu bezeichnete etwas wie eine<br />

Dose oder eine Kanne.<br />

Die Unsicherheit in der exakten Bestimmung<br />

der Größe eines Korbes war per se kein Nachteil<br />

für <strong>die</strong> Reis verkaufenden Bauern. Grundsätzlich<br />

gehörte <strong>die</strong> Einigung über <strong>die</strong> Körbe, mit denen<br />

das Geschäft abgewickelt wurde, zum Verkaufsabkommen.<br />

So konnten sich alle Beteiligten ein<br />

Bild über <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit des Geschäfts<br />

machen, bevor ein Abschluss getätigt wurde. Eine<br />

kleine Benachteiligung der Reisbauem bestand<br />

aber darin, dass sie durch den Verkauf an<br />

<strong>die</strong> kleineren Zwischenhändler keinen direkten<br />

Kontakt zu den größeren Marktplätzen hatten.<br />

Informationen über aktuelle Marktpreise fehlten<br />

durch <strong>die</strong> Marktentfernung und das Unwissen<br />

über <strong>die</strong> dort gehandelten Maße. Durch <strong>die</strong>se<br />

zweifache Trennung von den größeren Märkten<br />

dauerte es länger, <strong>bis</strong> <strong>die</strong> Marktpreise und damit<br />

<strong>die</strong> für <strong>die</strong> Bauern möglichen Maximalforderungen<br />

an <strong>die</strong> Händler in den Dörfern ankamen.^”<br />

Die Unterschiede der örtlich genutzten Hohlmaße<br />

betrugen in Birma <strong>bis</strong> zu 23 nozibu, was bei<br />

einer Durchschnittsgröße von 128 la-me beziehungsweise<br />

nozibu je Korb eine Abweichung<br />

von fast einem Fünftel von dem durchschnittlichen<br />

Fassungsvermögen ausmachte;<br />

“ln the neighbourhood of Kayan in the Hanthawaddy<br />

District the village basket held 120<br />

nozibu, at Daunggyi in the Bassein District it<br />

held 128. Around Letpadan in the Tharrawaddy<br />

District it was the equivalent of 136 nozibu;<br />

30 miles further north around Gyobingauk in<br />

the same district [!] it was equivalent to 143<br />

nozibu.”^’*<br />

Verfolgt man <strong>die</strong>se Angaben über Volumen und<br />

Gewicht und rechnet <strong>die</strong>se in Kubikzentimeter<br />

und Kilogramm um, zeigt sich <strong>die</strong> statistische<br />

Schwierigkeit in der Berechnung von Reismengen.<br />

Nach Gallonen berechnet mit einer Entsprechung<br />

von 4546,1 cm^ je Gallone fasste ein


durchschnittlicher Korb von neun Gallonen<br />

40.914,9 cm^. Vergleicht man mit <strong>die</strong>sem Wert<br />

nun <strong>die</strong> Angabe, dass ein durchschnittlicher Korb<br />

von 128 la-me ein Volumen von 128 nozibu zu<br />

14 Flüssig-Unzen hatte, ergibt sich ein abweichendes<br />

Ergebnis. Eine Flüssig-Unze nach englischen<br />

Volumen fasste 28,41 cm^, ein nozibu<br />

entsprechend 397,74 cm^ und daher ein Korb in<br />

nozibu gerechnet 50.910,72 cm^. Berechnet man<br />

also das Volumen eines durchschnittlichen für<br />

den <strong>Reishandel</strong> Birmas genutzten Korbes nach<br />

nozibu, ist es um etwa ein Fünftel höher als das<br />

Volumen, das sich aus den Angaben seines Fassungsvermögens<br />

in Gallonen ergibt.<br />

Die Berechnung von Reismengen über das Gewicht<br />

ist ebenso problematisch. Da Reis nicht<br />

<strong>die</strong> Dichte von Wasser oder Kondensmilch aufweist,<br />

ist eine Gleichsetzung der Angaben in Kubikzentimetern<br />

mit Gramm nicht möglich. Die<br />

Gewichtsangabe eines Korbes von 44 <strong>bis</strong> 54 englischen<br />

Pfund, in Kilogramm also zwischen<br />

19,96 und 24,49 Kilogramm, weist wiederum<br />

Unterschiede im Gewicht der mit Reis gefüllten<br />

Körbe von etwa einem Fünftel auf. Es zeigt sich,<br />

dass <strong>die</strong> Berechnung und statistische Erfassung<br />

von gehandeltem Reis in Gewichten ebenso<br />

schwierig ist wie in Volumen. Zugleich aber<br />

zeigt das Ergebnis <strong>die</strong>ser Überlegungen <strong>die</strong> Tatsache,<br />

dass Volumen und Gewicht gemeinsam<br />

entscheidende Faktoren für den innerasiatischen,<br />

aber auch den globalen <strong>Reishandel</strong> waren. Denn<br />

bei einem Volumen von 40-50 Litern wog unenthülster<br />

Rohreis nur 19-25 Kilogramm. Spätestens<br />

bei der Verschiffung nach Europa wurde<br />

der benötigte Schiffsraum zu einem wichtigen<br />

Kostenfaktor.<br />

Ähnlich unpräzise war <strong>die</strong> Mengenerfassung im<br />

inländischen Handel Siams. In seinem Bewerbungsschreiben<br />

für den preußischen Konsulatsposten<br />

in Siam berichtete Adolph Markwald über<br />

<strong>die</strong> Situation des Handels in Siam. Über den<br />

<strong>Reishandel</strong> berichtete er, dass <strong>die</strong>ser nicht wie<br />

üblich in Pecul gemessen würde, sondern in Coyan.<br />

Ein Coyan „ist ein Maaß welches 100 Eimer<br />

enthält, und wiegt ein Coyan Reis circa 20 peculs“.<br />

Ein Pecul wiederum, berichtete Markwald<br />

des Weiteren, wog 133 englische Pfund.^’’ Berechnet<br />

man ein Coyan nach <strong>die</strong>sen Angaben<br />

Markwalds, so ergibt sich für ein Pecul ein Gewicht<br />

von 60,48 Kilogramm, was exakt der chinesischen<br />

Definition <strong>die</strong>ses durchaus unterschiedlichen<br />

Gewichtsmaßes entsprach. In Java<br />

beispielsweise wog ein Pecul 61,74 Kilogramm,<br />

also über ein Kilogramm mehr als in China.^*°<br />

Dass <strong>die</strong> Definition eines dortigen Peculs nach<br />

Markwald genau dem chinesischen Pecul entsprach,<br />

unterstreicht <strong>die</strong> schon mehrfach aufgezeigte<br />

Bedeutung der chinesischen Minderheit<br />

Siams für das dortige Wirtschaftsleben. Folgt<br />

man den Angaben Markwalds, nachdem ein<br />

Coyan in etwa 20 Peculs enthielt, ergibt sich im<br />

metrischen System so ein Gewicht von 1.209,58<br />

Kilogramm pro Coyan. Dafür, dass Markwald<br />

<strong>die</strong>se Angabe mit dem Wort circa eingeschränkt<br />

und nicht exakt definiert, ergibt sich ein erstaunliches<br />

Ergebnis. Mit weniger als 10 Kilogramm<br />

ergibt sich nach Markwald nur eine Abweichung<br />

von 0,8 Prozent von der 1923 standardisierten<br />

Definition eines Coyans zu 1.200 Kilogramm.^*'<br />

Rechnet man hieraus weiterhin das Gewicht eines<br />

Korbes zurück, ergaben sich für einen solchen<br />

bei 100 Körben je Coyan nach Markwald<br />

12,06 Kilogramm. Das wiederum war ein beträchtlicher<br />

Unterschied zu den in Birma üblichen<br />

Körben, <strong>die</strong> ein Gewicht zwischen 19 und<br />

24 Kilogramm Rohreis enthielten.<br />

Auf zwei Einschränkungen muss trotz <strong>die</strong>ser<br />

großen Differenz jedoch hingewiesen werden:<br />

Einerseits machte Markwald keine Angaben darüber,<br />

ob es sich bei seinen Zahlen um das Gewicht<br />

von Rohreis oder zu bestimmten Graden<br />

bearbeiteten Reis handelte, andererseits waren<br />

<strong>die</strong> unterschiedlichen Gewichte im inländischen<br />

Handel für den deutschen <strong>Reishandel</strong> nicht von<br />

großem Belang, weil <strong>die</strong>ser Handel von der einheimischen<br />

Bevölkerung oder indischen beziehungsweise<br />

chinesischen Immigranten abgewickelt<br />

wurde. Deutsche ünternehmer waren erst<br />

am Ende der nationalen Handelsketten in den<br />

Exportmühlen oder dem asiatischen Küstenhandel<br />

per Schiff involviert. Trotzdem zeigt <strong>die</strong>ser<br />

Vergleich der Gewichtsmaße im Handel Siams<br />

65


-4 und Birmas, dass neben der Vergleichbarkeit der<br />

Gewichte auch eine Vergleichbarkeit der Preise<br />

nur sehr schwer und mit unbefriedigenden Ergebnissen<br />

gegeben ist, da man nicht genau bestimmen<br />

kann, welche exakte Warenmenge einem<br />

bestimmten Geldwert entsprach.<br />

Die Schwierigkeiten, <strong>die</strong> durch das Fehlen exakter,<br />

standardisierter Hohlmaße entstanden, deutet<br />

Schuhmacher berechtigterweise an, wenn er darauf<br />

hinweist, dass <strong>die</strong> Körbe je nach Ort und<br />

Inhalt ein verschiedenes Gewicht hatten: „In<br />

Rangun wird z.B. regelmäßig ein Korb Paddy<br />

als 46, enthülster Reis als 75, Cargoreis als 67,<br />

Bruchreis als 72 und Reismehl als 45 englische<br />

Pfund gerechnet.“ Die pauschal negative Darstellung<br />

des Handelsvorgangs dadurch, dass <strong>die</strong><br />

„Eingeborenen keine exakten Maße“ kannten,<br />

unterschätzt jedoch <strong>die</strong> komplexe Ausgewogenheit<br />

des innerasiatischen <strong>Reishandel</strong>s.^*^<br />

Ankaufsystem der Exportmühlen<br />

An der letzten Station des inländischen Handels<br />

wurde ein System angewandt, das den Schwierigkeiten<br />

im Maßsystem des <strong>Reishandel</strong>s in Birma<br />

Rechnung trug. Denn je größer <strong>die</strong> Mengen<br />

wurden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Exportmühlen in den Häfen verarbeiten<br />

konnten, desto stärker musste der Wirtschaftlichkeit<br />

wegen auf <strong>die</strong> Qualität des eingekauften<br />

Reises geachtet werden. Außerdem<br />

streckten <strong>die</strong> Verkäufer und Händler <strong>die</strong> großen<br />

Reisladungen häufig mit Zement, Spreu, leeren<br />

Reishülsen und Ähnlichem. Das führte dazu,<br />

dass in den großen Reismühlen in den Exporthäfen<br />

„from about the 1890s onwards the weightcum-volume<br />

system of measurement became<br />

established [.. Ob <strong>die</strong>ses im Folgenden erklärte<br />

System, das Gewicht und Volumen der<br />

angekauften Reisladungen in <strong>die</strong> Preisbildung<br />

mit einbezog, schon vor 1890 angewandt wurde,<br />

ist fraglich. Es scheint aber naheliegend, dass es<br />

Vorläufer <strong>die</strong>ses Systems gab oder doch nach<br />

der Begutachtung der Qualität jeder einzelnen<br />

Lieferung individuell Preise ausgehandelt wurden,<br />

<strong>die</strong> der Qualität und damit dem Zusammenhang<br />

von Dichte und Gewicht Rechnung trugen.<br />

War eine große Ladung Reis sortenrein, hatten<br />

alle Körner eine einheitliche Form. Dadurch<br />

passten mehr von ihnen in das gleiche Volumen.<br />

Je höher <strong>die</strong> Dichte und damit das Gewicht von<br />

Reis in einem Korb war, desto mehr Qualität<br />

hatte <strong>die</strong> Ladung Reis. War das Gewicht jedoch<br />

zu hoch, konnte es ein Hinweis dafür sein, dass<br />

in der Ladung viel kleines Füllmaterial untergemischt<br />

war, um mit wenig Reis ein großes Gewicht<br />

zu erzielen.<br />

Die Reispreise bei dem Ankauf durch <strong>die</strong> Mühlen<br />

wurden ebenso wie im vorgelagerten inländischen<br />

Handel für 100 Körbe gebildet. Dabei<br />

wurde von einem standardisierten, 9 Gallonen<br />

fassenden Korb mit einem Gewicht von 46<br />

Pfund, also 20,87 Kilogramm, ausgegangen. Da<br />

das Gewicht eines Korbes aber sehwankte und<br />

- zumindest im Einkauf durch <strong>die</strong> Zwischenhändler<br />

- wie gezeigt <strong>bis</strong> zu 54 Pfund betragen<br />

konnte, gab es eine Prämie für jedes Pfund je<br />

Korb, das über <strong>die</strong> Grundannahme von 46 Pfund<br />

hinausging. Das zusätzliche Gewicht wurde mit<br />

IVi Prozent multipliziert und das Ergebnis als<br />

zusätzliche Menge an Körben berechnet. Ein<br />

Beispiel Siok-Hwas verdeutlicht <strong>die</strong>se Art der<br />

Berechnung:<br />

“Suppose a boatload of paddy measuring<br />

1.000 baskets was landed at a mill, the weight<br />

of each basket of paddy being forty-six lbs.<br />

and the price of paddy Rs. 85 per 100 baskets.<br />

The seller would be paid Rs. 850 for the<br />

consignment. If the weight of the paddy was<br />

fifty lbs. to the basket, he would be paid (2Ѵг<br />

X 4) 10 per cent, more baskets, i.e. for 1,100<br />

baskets, which meant Rs. 935. If the basket<br />

weight had not been considered then the<br />

better quality paddy would receive the same<br />

price as the inferior quality paddy. If weight<br />

alone had been considered the better<br />

quality paddy would have fetched Rs. 85 x<br />

50.000 -;- 46,000 = Rs. 924, which was le.ss<br />

by Rs. 11 compared with the weight-cumvolume<br />

system.”^*''<br />

Dieses Beispiel geht vom Verkauf von 1.000<br />

Körben mit 50 Pfund Gewicht bei einem Grundpreis<br />

von 85 Rupien je Korb zu 46 Pfund aus.<br />

h 66


Nach dem System, das Gewicht und Volumen<br />

berechnet, erhielte der Verkäufer 935 Rupien.<br />

Hätte <strong>die</strong> Mühle nur nach Gewicht bezahlt, wäre<br />

es mit 924 Rupien ein etwas schlechteres und<br />

wäre es nur nach der Zahl der Körbe gegangen,<br />

mit 850 Rupien sogar ein deutlich schlechteres<br />

Geschäft gewesen. Andererseits hatten bei <strong>die</strong>ser<br />

Berechnung auch <strong>die</strong> Mühlen einen Vorteil, weil<br />

<strong>die</strong> Preise für Reis entsprechend reduziert wurden,<br />

wenn das Gewicht eines Korbes unter 46<br />

Pfund lag. Außerdem reflektierte <strong>die</strong>ses System<br />

der Bezahlung in <strong>die</strong> Handelskette zurück. Die<br />

Zwischenhändler hatten ein größeres Interesse<br />

an qualitativ hochwertigem Reis und zahlten im<br />

Wettbewerb mit anderen Reismaklern beim Ankauf<br />

von den Bauern wahrscheinlich auch an<br />

<strong>die</strong> Bauern höhere Preise, wenn sie gute Qualität<br />

mit höheren Gewinnaussichten für sich selbst<br />

erhielten.^*^<br />

Im 20. Jahrhundert versuchten besonders <strong>die</strong><br />

Mühlen mit einheimischen und chinesischen Besitzern,<br />

<strong>die</strong> Zwischenhändler weitgehend auszuschalten,<br />

indem sie eigene Agenten oder sogar<br />

Familienmitglieder als Reisaufkäufer im Landesinneren<br />

einsetzten. Dadurch sollte einerseits<br />

eine mögliche Benachteiligung der Großmühlen<br />

durch <strong>die</strong> Zwischenhändler noch mehr verhindert<br />

werden. Andererseits profltierten <strong>die</strong> Bauern so<br />

direkter davon, weim sie gute Reisqualitäten verkauften,<br />

was einen Anreiz zur Verbesserung der<br />

Qualität der Landwirtschaft mit entsprechend<br />

höheren Erträgen verhieß.^*®<br />

Reissorten und Handelsklassen<br />

Reissorten<br />

Auf Grund der bereits angesprochenen unvergleichlich<br />

großen Fülle an Sorten und Unterarten<br />

des Reises und der resultierenden Vielzahl an<br />

verschiedenen Körnern gab es mehrere Arten,<br />

Reis zu klassifizieren. Bereits im frühen 19. Jahrhundert,<br />

also noch bevor es eine eigenständige<br />

Reisverarbeitungsindustrie in Deutschland gab,<br />

stellte Krünitz in seiner Enzyklopä<strong>die</strong> eine viergliedrige<br />

Юassifizierung des ostindischen Reises<br />

mit seinen wichtigsten Eigenschaften vor: Diese<br />

sei zum einen der „gemeinste Reiß“, der sechs<br />

<strong>bis</strong> acht Monate nach der Aussaat geerntet wurde,<br />

an sumpfigen Orten wachse und kein Salzwasser<br />

vertrage. Weitere Sorten seien der „frühzeitige<br />

Reiß“, welcher nach vier Monaten geerntet<br />

würde und Salzwasser vertrage, sowie der<br />

„Bergreiß“, der auch an trockenen Orten angebaut<br />

würde und viel Regen, aber keine längeren<br />

Überschwemmungen vertrage. Zuletzt nannte<br />

Krünitz den „schleimigen Reiß“, der wohlschmeckend<br />

sei und an feuchten wie auch trockenen<br />

Orten wachse.^*"' Die Unterscheidung einzelner<br />

Sorten und ihrer Eigenschaften ist wichtig, weil<br />

<strong>die</strong> Erträge der Reismühlen und damit im direkten<br />

Zusammenhang <strong>die</strong> Gewinne der Bauern,<br />

Händler und auch <strong>die</strong> der Reismüller in Deutschland<br />

entscheidend damit zusammenhingen, wie<br />

fein <strong>die</strong> Mühlen auf <strong>die</strong> Reiskörner eingestellt<br />

werden konnten. Je einheitlicher <strong>die</strong> Körner in<br />

Form und Härte waren, <strong>die</strong> zeitgleich durch <strong>die</strong><br />

Mahlgänge liefen, desto weniger Verlust durch<br />

Reisbruch entstand. Die Klassifizierungen richteten<br />

sich nach den jeweiligen Bedürfnissen der<br />

Produktions- und Handelskette. Mit der Entstehung<br />

einer richtigen Reisindustrie ab etwa <strong>1850</strong><br />

wurden Reissorten zum einen nach ihren Wachstumseigenschaften<br />

und den Erfordernissen der<br />

Reisbauem unterschieden. Zum anderen wurden<br />

sie im Interesse der Mühlen nach Form und Härte<br />

der Körner sowie zum dritten für den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>, besonders im Endverkauf als Kolonialware,<br />

nach der Provenienz unterteilt.<br />

Im Anbau wurde Reis in erster Linie nach dem<br />

Anbauzeitpunkt und den Wachstumseigenschaften<br />

klassifiziert. Es gab vier Hauptklassen im<br />

Reisanbau:<br />

1. Kaukyin oder früher Reis beziehungsweise<br />

Frühreis genannt. Kaukyin hatte eine Wachstumsphase<br />

von 140 <strong>bis</strong> 150 Tagen und <strong>die</strong><br />

Ernte war von Mitte <strong>bis</strong> Ende Oktober.<br />

2. Kauklat oder mittlerer Reis hatte eine Wachstumsphase<br />

von 150 <strong>bis</strong> 170 Tagen. Die Ernte<br />

war von Mitte <strong>bis</strong> Ende November.<br />

3. Kaukkyi wurde als später Reis bezeichnet.<br />

Kaukkyi hatte eine Wachstumsphase von 170<br />

67


is 200 Tagen und wurde Anfang Dezember<br />

geerntet.<br />

4. Mayin oder Frühlingsreis. Mit einer Wachstumsphase<br />

von 140 <strong>bis</strong> 150 Tagen hatte er<br />

ähnliche Eigenschaften wie Kaukyin, wurde<br />

aber im November und ausschließlich in<br />

Marschgebieten gepflanzt und im März geerntet.<br />

Zu <strong>die</strong>sen vier Hauptarten gab es noch zwei Unterarten,<br />

den Bergreis und den Wasserreis, <strong>die</strong><br />

aber keine größere Bedeutung erlangten, weil<br />

sie einzig regional und für den eigenen Verbrauch,<br />

nicht aber für den internationalen Handel<br />

angebaut wurden. Die Sorten Kaukkyi und Kauklat<br />

machten zusammen 97 % der Ackerflächen<br />

Birmas aus.^**<br />

Die Unterscheidung der Sorten, <strong>die</strong> bei Reishändlem<br />

und Reismüllem in Asien gebräuchlich<br />

war, bezog sich nicht auf <strong>die</strong> Wachstumsperioden,<br />

sondern auf <strong>die</strong> Länge und Breite des einzelnen<br />

Koms und deren Verhältnis zueinander.<br />

Grandsätzlich wurde zwischen dicken (bold) und<br />

dünnen (thin) Körnern unterschieden, <strong>die</strong> sich<br />

in fünf Hauptgmppen von A <strong>bis</strong> E aufteilten.<br />

Die Gruppen A und В gehörten zu den dünnen,<br />

C, D und E zu den dicken Körnern.<br />

Die nachstehende Tabelle^*^ zeigt <strong>die</strong> Einordnung<br />

der Körner nach ihren äußeren Eigenschaften.<br />

Die Eignung zur Vermahlung und das Aussehen<br />

spielen <strong>die</strong> größte Rolle in der Frage, ob <strong>die</strong><br />

Reissorten zum Export nach Europa kamen. Jede<br />

Gruppe hat dabei ihre eigenen Eigenschaften:<br />

Emata, Reis der Gruppe A, wurde vornehmlich<br />

in Rangun und Bassein vermahlen. Die langen,<br />

dünnen Körner brachen zwar beim Mahlprozess<br />

eher schnell, nach der Politur hatten sie aber ein<br />

durchscheinendes, ansprechendes Außeres und<br />

konnten daher in Europa gut abgesetzt werden.<br />

Die auf Gmnd ihrer Qualität am häufigsten verarbeitete<br />

Sorte kam aus dem Distrikt Prome.<br />

Ähnlichkeiten mit Emata-Reis hatten der Garteiu'eis<br />

aus Siam und der Carolina-Reis aus Amerika.<br />

Reis der Gruppe А hatte meist kurze oder<br />

mittlere Wachstumsphasen, ist also der Gruppe<br />

des Kaukyin- oder des Kauklat-Reises zuzuordnen.<br />

Letywezin, Reis der Gruppe B, liegt mit seinen<br />

Eigenschaften zwischen Emata- und Ngasein-<br />

Reis. Von Händlern wurde Letywezin-Reis oft<br />

gemeinsam mit Ngasein-Reis gehandelt. Für optimale<br />

Mahlprozesse in den Reismühlen fehlte<br />

Reis der Grappe В jedoch <strong>die</strong> Härte in den Körnern.<br />

Letywezin-Reis hatte ebenfalls meist kurze<br />

oder mittlere Wachstumsphasen, ist also der<br />

Gruppe des Kaukyin- oder des Kauklat-Reises<br />

zuzuordnen.<br />

Tabelle II. 4.1, Reissorten mit ihren äußeren Eigenschaften<br />

Gruppe<br />

Name<br />

Dimensionen des Korns<br />

Mit Hülle<br />

Enthülst<br />

Länge Länge/Breite Länge Länge/Breite<br />

А<br />

Emata Über 9,40 Über 3,30 Über 7,00 Über 3,00<br />

„thin grains"<br />

В Letywezin 8,40 <strong>bis</strong> 9,80 2,80 <strong>bis</strong> 3,30 6,00 <strong>bis</strong> 7,00 2,40 <strong>bis</strong> 3,00<br />

С<br />

Ngasein 7,75 <strong>bis</strong> 9,00 2,40 <strong>bis</strong> 2,80 5,60 <strong>bis</strong> 6,40 2,00 <strong>bis</strong> 2,40<br />

D „bold grains" Midon 7,35 <strong>bis</strong> 8,60 2,00 <strong>bis</strong> 2,40 5,00 <strong>bis</strong> 6,00 1,60 <strong>bis</strong> 2,00<br />

t Byat 9,00 und mehr 2,25 <strong>bis</strong> 3,00 6,40 <strong>bis</strong> 7,35 2,10 <strong>bis</strong> 2,50<br />

in Millimeter<br />

68


Ngasein, Reis der Gruppe C, war der wichtigste<br />

Reis für den internationalen Handel. Allgemein<br />

war Birma-Reis der für <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

wichtigste Rohstoff. Unter <strong>die</strong>sem Sammelbegriff<br />

wurde zum allergrößten Teil Ngasein-<br />

Reis zusammengefasst. Das Kom war hart mit<br />

einem durchscheinenden Äußeren sowie einem<br />

weißen Kern. Die vier wichtigsten Sorten waren<br />

erstens Ngasein-Reis aus den Bezirken Pegu und<br />

Irrawaddy, <strong>die</strong> in Rangun und Bassein verschifft<br />

wurden, zweitens der etwas weichere Reis Shangale<br />

aus dem Bezirk Tenasserim, drittens der etwas<br />

längere und dünnere Reis der Sorte laroong<br />

aus dem Bezirk Arakan sowie viertens verschiedene<br />

Ngasein-Sorten Überbirmas, <strong>die</strong> allerdings<br />

nur für den nationalen Verbrauch angebaut wurden.<br />

Midon, Reis der Gruppe D, ist <strong>die</strong> am zweithäufigsten<br />

kultivierte Sorte Birmas gewesen. Wegen<br />

seiner kurzen, dicken Körner war er gut zu vermahlen<br />

und im Eigenverbrauch wegen seiner<br />

guten Verdaulichkeit geschätzt. Im Exporthandel<br />

wurde er nach Süd- und Südost-Asien ausgeführt.<br />

Ebenso wie Ngasein- und Byat-Sorten war<br />

Reis der Gruppe D überwiegend den lang wachsenden<br />

Arten, also dem Kaukkyi-Reis zugeordnet.<br />

Byat, Reis der Gruppe E, wurde einzig aus Moulmein<br />

exportiert. Das Kom war lang, dick, weich<br />

und kreidig. Trotzdem war es gut zu vermahlen.<br />

Für den Handel war es jedoch nicht von Belang<br />

und wurde ausschließlich in kleinen Mengen für<br />

den Eigenverzehr angebaut.<br />

Handelsklassen<br />

Im Exporthandel wurde Reis in anderen Kategorien<br />

eingeteilt. Entscheidend für <strong>die</strong> Verbraucher,<br />

also <strong>die</strong> Konsumenten des zu den Kolonialwaren<br />

zählenden Reises, war immer <strong>die</strong> äußere<br />

Beschaffenheit. Die Größe des Korns, seine<br />

„vollkommene Trockenheit, Gemchlosigkeit und<br />

große Härte sowie Freiheit von Mehlstaub und<br />

andere Unreinlichkeiten“ waren <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Eigenschaften für den Verkauf in Deutschland.<br />

Ein weiteres Kriterium war der Herkunftsort,<br />

der im Verkauf, besonders im Absatz zu den<br />

Großhändlern, immer genannt wurde.<br />

Auch hier zeigt ein Vergleich der Literatur aus<br />

dem frühen und dem späten 19. Jahrhundert,<br />

dass es nach <strong>1850</strong> zu entscheidenden Veränderungen<br />

im internationalen <strong>Reishandel</strong> gekommen<br />

ist. Bei Krünitz stehen für den deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

noch <strong>die</strong> kleinen Mengen der europäischen<br />

Produzenten im Vordergmnd. Die wichtigsten<br />

Handelssorten in Deutschland kamen um<br />

1810 aus Verona und Mailand. Danach wurde<br />

China genannt, gefolgt von Reis aus der Levante<br />

und Ägypten. Erst danach nannte Krünitz Malakka,<br />

Siam, Tonking im Norden Vietnams, Sumatra,<br />

Japan und Amerika. Neben den italienischen<br />

Körnern sei aber nur noch Reis aus der<br />

Levante, Ägypten und Amerika in Deutschland<br />

nennenswert gehandelt worden.<br />

bCrünitz’s ökonomisch-technologische Encyklopä<strong>die</strong><br />

zeigte <strong>die</strong> Bedeutung von Reis für weltumspannende<br />

Handelsprozesse bereits auf, obwohl<br />

ja gesagt wurde, dass <strong>die</strong> italienischen Sorten<br />

im deutschen Handel nur durch den Reis aus<br />

den südlich an Europa grenzenden Gebieten sowie<br />

dem wirtschaftlich eng mit Europa verbundenen<br />

Nordamerika stammten. Dennoch war der<br />

<strong>Reishandel</strong> bereits internationalisiert, denn in<br />

Ostin<strong>die</strong>n, China und Japan nutzten <strong>die</strong> Europäer<br />

im beginnenden 19. Jahrhundert Reis<br />

„nicht allein zur Verproviantirung ihrer Festungen,<br />

Logen und Comtoire, <strong>die</strong> sie daselbst<br />

haben, ingleichen ihrer Schiffe, sowohl derjenigen,<br />

<strong>die</strong> zur inneren Handlung von In<strong>die</strong>n<br />

gewidmet sind, als auch ihrer nach Europa<br />

zurück segelnden Schiffe; sondern sie verführen<br />

ihn auch in großer Menge nach denjenigen<br />

Ländern und Inseln von In<strong>die</strong>n, wo man<br />

solchen wegen der Dürre des Erdbodens nicht<br />

bauet, wie z.B. nach den moluckischen Inseln,<br />

Arabien und den Ländern an dem persischen<br />

Meerbusen, in welchen insgesammt <strong>die</strong>se<br />

Gattung von Getreide eine sehr gute und beliebte<br />

Waare ist.“^^^<br />

Als wichtiger Akteur im „country trade“^’“*, im<br />

innerasiatischen Handel, trugen Europäer mit<br />

ihren Reistransporten dazu bei, dass Reis schon<br />

69


im 18. und 19. Jahrhundert ein globalisiertes<br />

Gut war.<br />

Die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

gebräuchlichen deutschen Verkaufsbezeichnungen<br />

zeigen an, dass sich der <strong>Reishandel</strong> innerhalb<br />

weniger Jahrzehnte deutlich verändert hat. Die<br />

Qualität der Handelskontakte nach Asien und<br />

<strong>die</strong> Quantität der nach Deutschland verschifften<br />

Reisladungen nahmen merklich zu. In den Kolonialwarenläden<br />

lehnten sich <strong>die</strong> Bezeichnungen<br />

an <strong>die</strong> Qualität und <strong>die</strong> Herkunft des Produkts<br />

an. Bei den Qualitäten wurde zwischen<br />

- Tafel (feinster Tafelreis)<br />

- Tafelreis<br />

- Mittelreis<br />

- Kurzer Reis<br />

- Bruchreis<br />

unterschieden. Die wichtigsten Sorten im deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> kamen nun aus Ostin<strong>die</strong>n und<br />

hatten nach Blankenburg folgende Bezeichnungen,<br />

<strong>die</strong> zumindest für Birma auch immer den<br />

Verschiffungshafen als Namensgeber hatten.<br />

Für <strong>die</strong> Endverbraucher waren dabei <strong>die</strong> zuerst<br />

genannten Siebungen und damit <strong>die</strong> Qualität der<br />

Speisen von Bedeutung, der Großhandel bezog<br />

sich auf <strong>die</strong> Herkunft der Reisladungen.<br />

Wie in Europa der Reis durch <strong>die</strong> Begutachtung<br />

von Proben weitergehandelt wurde, lässt sich<br />

aus den Erinnerungen von Christian Eduard<br />

Freye, der bei der Bremer Überseefirma Schröder,<br />

Smidt & Co. ab 1911 lernte und zeitweise<br />

<strong>die</strong> Aufsicht über das „Reis- und Lackprobenzimmer<br />

hatte“, entnehmen:<br />

„Die Verwaltung des Probenzimmers übernahm<br />

ich gern, weil ich am Artikel Reis besonderes<br />

Interesse fand. Ich organisierte den<br />

Probenschrank der Saisonstandard-Muster<br />

übersichtlicher als <strong>bis</strong>her und baute auch <strong>die</strong><br />

wöchentlich einkommenden Proben fein säuberlich<br />

auf, so daß das Gewünschte beim ersten<br />

Griff zur Hand war. [...] Wenn der Reismakler<br />

vorsprach, war ich bei den Gesprächen<br />

anwesend, um <strong>die</strong> gewünschten Proben herbeizuschaffen.<br />

Da <strong>die</strong> Firma <strong>die</strong> größten Reisablader<br />

von In<strong>die</strong>n nach dem Kontinent repräsentierte,<br />

eignete ich mir Handels- und<br />

Warenkenntnisse an und glaubte, den <strong>Reishandel</strong><br />

als ein verhältnismäßig einfaches und<br />

einträgliches Geschäft ansehen zu können.<br />

Wenn ein ,claim' vorlag, <strong>die</strong> Muster abtaxiert<br />

wurden, keine Einigung erzielt werden konnte,<br />

so kam es zwischen Käufer und Verkäufer<br />

zur Arbitrage, in solchen Fällen änderte sich<br />

manchmal <strong>die</strong> Einträglichkeit des Geschäfts<br />

auf ein Minimum. Im übrigen boten meine<br />

Kenntnisse jedoch nicht <strong>die</strong> geringste Grundlage<br />

für <strong>die</strong> Bildung eines Urteils, da mir <strong>die</strong><br />

technischen Einzelheiten der Abwicklung<br />

vom Einkauf drüben <strong>bis</strong> zum Verkauf in Bremen<br />

verborgen blieben, wie auch <strong>die</strong> Finan-<br />

Tabelle II. 4.2, Handelsnamen von Reis<br />

O stindischer Reis<br />

H e rk u n fts re g io n Birma Bengalen Siam Saigon Java<br />

R a n g u n<br />

B en g al<br />

G a rte n re is<br />

S a ig o n -R e is<br />

la. T afelreis<br />

H a n d e ls n a m e<br />

N e c ra n z ie<br />

o d e r A rra c a n<br />

M o u lm e in<br />

P a tm a<br />

M a d ra s<br />

F e ld re is<br />

Ila. Tafelreis<br />

Java<br />

B a sse in<br />

70


zierung <strong>die</strong>ser großen Abladungen mir noch<br />

lange ein Geheimnis blieb.“^®®<br />

Der in Europa abgeladene Reis wurde zu Warenmustern<br />

zusammengestellt, auf deren Grundlage<br />

<strong>die</strong> Qualität und damit der weitere Wert<br />

vorgeführt und <strong>die</strong> Geschäfte abgeschlossen wurden.<br />

Die Anbau- und Verschiffungsgebiete standen<br />

in einem engen Zusammenhang mit den Verarbeitungseigenschaften<br />

des Reises und je besser<br />

<strong>die</strong> Mühlen auf eine Reissorte eingestellt werden<br />

konnten, desto weniger Verlust entstand bei der<br />

Verarbeitung. Der Mahlverlust war ein entscheidendes<br />

Kriterium für eine dritte und letzte Kategorisierung<br />

der Handelssorten. Um <strong>die</strong> Schälverluste<br />

steuerlich geltend machen zu können<br />

und über das mit den Zolltarifen abgeschlossene<br />

Schälregulativ Zollausgaben zurückfordem zu<br />

können, teilten <strong>die</strong> Reismüller <strong>die</strong> Handelssorten<br />

in verschiedene Kategorien ein. Diese wurden<br />

als Position A-E bezeichnet und wurden danach<br />

unterschieden, wie viel Gewichtsverlust dem<br />

deutschen Reismüller beim Schälvorgang des<br />

Reises der jeweiligen Position entstand beziehungsweise<br />

wie sich <strong>die</strong> Rohreisladungen zusammensetzten.<br />

Die Positionen meinten im Einzelnen:<br />

Position A: Reis in der Strohhülse, also nicht<br />

enthülster Reis.<br />

Position B: Gemisch von bloß von der Strohhülse<br />

befreitem Reis und nicht enthülstem<br />

Reis.<br />

Position C: Aus dem Gemisch von Position B)<br />

ausgeschiedener, bloß von der<br />

Strohhülse befreiter Reis.<br />

Position D: Ohne Beimischung von Reis in der<br />

Strohhülse importierter Reis, der nur<br />

enthülst ist.<br />

Position E: Reis, der nur noch mit der letzten<br />

feinen Hülse versehen ist und vor<br />

dem Verkauf einzig poliert werden<br />

muss.^®’<br />

Diese Positionen waren an sich nicht strittig.<br />

Große Konflikte gab es aber etwa seit Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts um <strong>die</strong> Ausbeutesätze, <strong>die</strong><br />

den einzelnen Positionen durch <strong>die</strong> Schälregulative<br />

zugeteilt und ergänzend zu den Zollsätzen<br />

erlassen wurden. Dabei entwickelten sich auf<br />

Grund unterschiedlicher Geschäftsmodelle zwischen<br />

den zollinländischen Mühlen einerseits<br />

und den zollausländischen Mühlen andererseits<br />

große Konflikte um <strong>die</strong> Frage, wie hoch <strong>die</strong>se<br />

Ausbeutesätze sein sollten.<br />

Jährlicher deutscher Reiskonsum und<br />

Rohstoffpreise<br />

Die Bedeutung, <strong>die</strong> dem Nahrungsmittel Reis<br />

im 19. Jahrhundert in Deutschland zugesprochen<br />

wurde, ist an Hand des Krünitz’schen Lexikons<br />

im frühen 19. Jahrhundert und der von der Reisund<br />

Handels AG^'^ 1911 in Auftrag gegebenen<br />

Werbeschrift Eduard Büsings für Reis als<br />

Volksnahrung sowie mit den neuen Forschungs-<br />

Tabelle II. 4.3, Reisverbrauch pro Kopf in Deutschland 1836-1910<br />

Jahrfünft 1836/40 1841/45 1846/50 1851/55 1856/60 1861/65<br />

Verbrauch<br />

kg/Kopf<br />

0,18 0,33 0,43 0,87 0,99 0,85<br />

Jahrfünft 1866/70 1 8 7 1/7 5 1876/80 1881/85 1886/90<br />

Verbrauch<br />

k(/Kopf<br />

1,11 1,55 1,66 1,81 1,76<br />

Jahrfünft 1891/95 1896/00 1901/05 1906/10 19 11/13<br />

-<br />

Verbrauch<br />

2,49 2,39 2,33 2,58 2,54<br />

71


я ^<br />

erkenntnissen über den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln<br />

bereits angeklungen. Es bleibt natürlich<br />

zu schauen, ob wissenschaftliche Erkenntnis<br />

und unter dem Mantel der altruistischen Nahrungsaufklärung<br />

versteckte Werbung ausreichte,<br />

um Reis als Volksnahrungsmittel zu etablieren.<br />

Dies kann man am besten über <strong>die</strong> Zahlen des<br />

jährlichen Pro-Kopf-Verbrauchs hinterfragen.<br />

Nach Blankenburg ergab sich von 1836-<br />

1913 eine fast ungebrochene Steigerung des<br />

deutschen Reisverbauchs.^'*’<br />

Von 1836 <strong>bis</strong> 1860 gab es in nur einem Vierteljahrhundert<br />

eine Steigerung des deutschen Reiskonsums<br />

um das Fünffache. Das korrespon<strong>die</strong>rt<br />

mit den Erkenntnissen der Volkskunde, nach der<br />

Reis mit der beginnenden Industrialisierung den<br />

Wandel vom Lebensmittel des Adels und der<br />

bürgerlichen Eliten zur Volksspeise einfacher<br />

Bauern und städtischer Arbeiter abschloss. Zugleich<br />

weist <strong>die</strong> Verdopplung des Verbrauchs<br />

zwischen <strong>1850</strong> und 1855 darauf hin, dass mit<br />

dem Ende der Navigationsgesetze und der Erschließung<br />

Birmas ein neues, riesiges Potential<br />

für eine globale Reisindustrie freigelegt wurde.<br />

Nur 20 Jahre danach, 1875, war Rickmer Ciasen<br />

Rickmers bereits Teilhaber der Reismühle Ichon<br />

in Bremen und profitierte ebenso am Aufschwung<br />

im Reisverbrauch wie er ihn beflügelte.<br />

Etwas mehr als 50 Jahre nach der Gründung der<br />

ersten dampfgetriebenen deutschen Reismühle<br />

in Flensburg überflügelte <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

in ihren Verarbeitungsmengen erstmals<br />

<strong>die</strong> ältere englische Reisindustrie. Die Bremer<br />

Reismühlen fanden sich 1885 kurz vor dem Zollanschluss<br />

auf einem wirtschaftlichen Höhepunkt.<br />

Obwohl ein großer Teil des wirtschaftlichen Erfolgs<br />

der deutschen Reismühlen auf dem Export<br />

von bearbeitetem Reis ruhte, hatte sich auch der<br />

inländische Verbrauch seit 1836 von 180 Gramm<br />

auf 1,8 Kilogramm je Kopf verzehnfacht. Nach<br />

der Jahrhundertwende schwankte der Reis verbrauch<br />

auf einem hohen Niveau zwischen 2,3<br />

und 2,6 Kilogramm jährlich. Zu beachten ist jedoch,<br />

dass <strong>die</strong> Zahlen des jährlichen Verbrauchs<br />

in Deutschland mit Einschränkungen versehen<br />

sind. Da Blankenburg nicht offenlegte, wie er<br />

<strong>die</strong> Zahlen exakt ermittelt hatte, bleibt bei dem<br />

Verbrauch, der als Einfuhr abzüglich der Ausfuhr<br />

berechnet wurde, <strong>die</strong> Anmerkung, dass der Anteil<br />

des Reises, der in Deutschland für Futtermittel,<br />

Mehlherstellung, Stärkeproduktion oder zum<br />

Brauen verwendet wurde, in <strong>die</strong> jährlichen Verbrauchsmengen<br />

eingerechnet wurde. Der tatsächliche<br />

Verbrauch muss in <strong>die</strong>sen Zahlen also<br />

nicht exakt wiedergegeben sein.^°^ Fraglich ist<br />

auch, ob Reis mitgezählt wurde, der beispielsweise<br />

konsumfertig über den Rhein aus den Niederlanden<br />

kommend <strong>die</strong> deutschen Verbraucher<br />

erreichte.<br />

Einen anderen Weg zur Berechnung des deutschen<br />

Reisverbrauchs schlug Schuhmacher ein,<br />

der für <strong>die</strong> Jahre 1897 <strong>bis</strong> 1913 den aus deutscher<br />

Veredelung stammenden Reis und verbrauchsfertigen<br />

Reis, der aus dem Ausland eingeführt<br />

wurde, summierte. Demnach ergaben sich nachfolgende<br />

Zahlen.^“<br />

Tabelle II. 4.4, Reisverbrauch gesamt in Deutschland 1897-1913<br />

Jahr 1897 1899 1901 1903 1905<br />

Gesamtverbrauch 114.874 134.694 122.277 133.566 147.298<br />

Jahr 1907 1909 1911 1912 1913<br />

Gesamtverbrauch 157.153 164.091 179.295 162.960 180.657<br />

in Tonnen<br />

72


Die Reispreise veränderten sich zwischen <strong>1850</strong><br />

und <strong>1914</strong> merklich. Die Schwierigkeit besteht<br />

darin, verlässliche Zahlen zu finden. Einerseits<br />

beziehen sich einzelne Preisbenennungen auf<br />

Gewichte, und damit wirken sich <strong>die</strong> ausführlich<br />

beschriebenen Probleme bei der Ermittlung von<br />

Gewichtsmengen auch auf <strong>die</strong> Preise aus. Andererseits<br />

besteht <strong>die</strong> weitere Schwierigkeit, dass<br />

für Preisangaben in Rupien keine einfache Umrechnung<br />

in Mark möglich ist und sich <strong>die</strong> Preise<br />

über einen Zeitraum von etwa 65 Jahren für <strong>die</strong><br />

Vergleichbarkeit auch an der Wertentwicklung<br />

der jeweiligen Währung anpassen, also auf ein<br />

Basisjahr berechnet werden sollten. Grant bietet<br />

eine Darstellung der Preise in Rupien für Reis<br />

in Rangun von 1845 <strong>bis</strong> <strong>1914</strong> in Schritten von<br />

fünf Jahren beziehungsweise jährlich. Die Preise<br />

beziehen sich dabei auf je 100 Körbe Rohreis.<br />

Geht man nun wieder von einem Durchschnittsgewicht<br />

von 47 englischen Pfund für einen Korb,<br />

also 21,7 Kilogramm, aus, beziehen sich <strong>die</strong><br />

Preisangaben Grants auf je 2,17 Tonnen Rohreis.<br />

1835-^5, vor der britischen Eroberung größerer<br />

Gebiete in Birma, lag der Preis für 100 Körbe<br />

bei nur acht Rupien. Bis 1860 hielt sich der Preis<br />

dann trotz einer Preissteigerung um über 500<br />

Prozent bei 45 Rupien. Im Jahrfünft zwischen<br />

1875 und 1880 gab es mit 100 Rupien je Hundert<br />

Körbe einen historischen Höchststand der Preise<br />

im 19. Jahrhundert. Dieser kam zustande, weil<br />

1877 eine Hungersnot in In<strong>die</strong>n den Preis kurzzeitig<br />

auf 195 Rupien katapultierte. Von 1885<br />

<strong>bis</strong> 1900 lag der Preis in Fünfjahresdurchschnitten<br />

gleichbleibend bei 95 Rupien je 100 Körbe<br />

Reis. Die ab 1900 jährlich angegebenen mittleren<br />

Preise zeigen <strong>bis</strong> <strong>1914</strong> nur noch vier Mal mit 95<br />

beziehungsweise 105 Rupien je 100 Körbe Preise<br />

unterhalb von 110 Rupien. Höchststände im<br />

20. Jahrhundert wurden 1912 mit 160 Rupien<br />

sowie 1907, 1911 und 1913 mit je 130 Rupien<br />

für etwa zwei Tonnen Rohreis in Rangun erreicht.^**^<br />

Wie viel jedoch ist eine Rupie wert gewesen?<br />

Die Berechnung des Kursverhältnisses von Rupien<br />

zu Mark ist nicht direkt möglich. Das englische<br />

Pfund Sterling ist <strong>die</strong> Währung, über <strong>die</strong><br />

sich ein Kursverhältnis berechnen lässt. Für <strong>die</strong><br />

von Grant angegebenen Reispreise ist zu beachten,<br />

dass es <strong>bis</strong> etwa 1900 schwankende Umrechnungskurse<br />

zwischen Rupien und englischem<br />

Pfund gab. Das lag daran, dass es <strong>bis</strong><br />

1818 drei verschiedene Rupien in In<strong>die</strong>n gab:<br />

Die Sicca-Rupie in Bengalen, <strong>die</strong> Surat-Rupie<br />

in Bombay und <strong>die</strong> Arcot-Rupie in Madras. Erst<br />

dann gelang der englischen East India Company<br />

<strong>die</strong> Fixierung der Sicca-Rupie mit einem festen<br />

Gehalt von 10,69 Gramm Feinsilber. 1835 wurde<br />

eine Company’s Rupie à 16 Annas als alleiniges<br />

gesetzliches Zahlungsmittel für Britisch-In<strong>die</strong>n<br />

eingeführt.^“^ 1862 wurde <strong>die</strong> Company’s Rupie<br />

in Government Rupie umbenannt und Papiergeld<br />

eingeführt. Der Fall der Silberpreise ab den<br />

1870er Jahren und <strong>die</strong> resultierenden Spekulationen<br />

in den 1880er Jahren hatten negative Auswirkungen<br />

auf <strong>die</strong> Wechselkurse. Die Rupie wurde<br />

daher auf den Wert von 16 Pence Sterling<br />

beziehungsweise der Sovereign^°Vdas Pfund<br />

Sterling in Gold auf den Wert von 15 Government<br />

Rupien festgeschrieben. Kalkutta war der<br />

wichtigste Finanzplatz für WährangsWechsel, so<br />

dass <strong>die</strong> Wechselkurse Kalkutta zu London für<br />

<strong>die</strong> nachstehenden Berechnungen zu Grunde gelegt<br />

wurden.^®''<br />

Für <strong>die</strong> Umrechnung von englischen Pfund zu<br />

Preußischen beziehungsweise Norddeutschen<br />

Talern und zu Mark Reichswährung nach 1874<br />

ergaben sich im Laufe der 60 Jahre zwar auch<br />

Schwankungen, <strong>die</strong>se waren jedoch sehr klein<br />

und werden daher hier nicht berücksichtigt. Zugrunde<br />

gelegt wird ein Wechselkurs zwischen<br />

London und Berlin von einem Pfund zu 20 Mark<br />

und 25 Pfennigen, wie er auch bei der Einführung<br />

der Reichswährung Mark 1874 festgelegt<br />

wurde.^°* Daraus resultierte bei schwankenden<br />

Verhältnissen von Rupie zu Pfund zu Mark <strong>bis</strong><br />

1900 ein fester Kurs von einer Rupie gleich 1,35<br />

Mark.<br />

Aus den Preisangaben Grants und den Umrechnungskursen<br />

zwischen Rupien und Pfund einerseits,<br />

zwischen Pfund und Mark andererseits,<br />

und unter der Annahme, dass 100 Körbe Reis<br />

73


ein mittleres Gewicht von 2,17 Tonnen haben,<br />

ergeben sich folgende Reispreise in Rangun.<br />

Tabelle II. 4.5, Reispreise in Rangun 1845-1916<br />

Jahr<br />

Preise je 100 Körbe zu 2Д7<br />

Tonnen in Rupien<br />

Wert Je Rupie in Mark<br />

Preise Je Tonne<br />

in Mark<br />

1845 8 2,03 7,48<br />

1855 45 2,25 46,67<br />

I860 45 2,25 46,67<br />

1865 50 2,25 51,84<br />

1870 70 2,03 65,48<br />

1875 65 1,84 55,12<br />

1880 100 1,69 77,88<br />

1885 95 1,56 68,29<br />

1890 95 1,56 68,29<br />

1895 95 1,13 49,47<br />

1900 95 1,35 58,83<br />

1901 95 1,35 58,83<br />

1902 100 1,35 62,21<br />

1903 110 1,35 68,43<br />

1904 95 1,35 58,83<br />

1905 105 1,35 65,32<br />

1906 120 1,35 74,65<br />

1907 130 1,35 80,88<br />

1908 135 1,35 84,61<br />

1909 110 1,35 68,43<br />

1910 110 1,35 68,43<br />

1911 130 1,35 80,88<br />

1912 160 1,35 99,54<br />

1913 130 1,35 80,88<br />

<strong>1914</strong> 120 1,35 74,65<br />

1915 125 1,35 77,76<br />

1916 110 1,35 68,43<br />

74


Die hier ermittelten Zahlen passen auf den ersten<br />

Blick nicht zu der Angabe Bachmanns, dass eine<br />

Tonne Reis 1912 zwischen 120 Mark und 140<br />

Mark gekostet habe. Bachmann rechnete mit<br />

dem Kurs von 1,36 Mark je Rupie. Dieser Kurs<br />

lag, wie in der Tabelle gezeigt, <strong>bis</strong> 1890 aber<br />

deutlich darüber. Bis 1870 kostete eine Rupie<br />

noch über 2 Mark Reichswährung oder dem<br />

Äquivalent von 0,68 Talern. Erst ab 1900 war<br />

der Kurs der Rupie so stabil, dass er über den<br />

Goldstandard gebunden bei 1,35 Mark lag. Das<br />

bedeutet aber, dass Reis langfristig deutlich günstiger<br />

wurde. Damit musste sich entweder der<br />

Ver<strong>die</strong>nst der Bauern und der Zwischenhändler<br />

verringert haben, oder Arbeitskosten oder Transportkosten<br />

müssen gesunken sein.<br />

Beachtet man noch <strong>die</strong> Frachtkosten und den<br />

Zoll in Deutschland, scheint es schon sehr realistisch,<br />

dass eine Tonne Reis, <strong>die</strong> 1912 in Rangun<br />

100 Mark kostete, in Bremen oder Hamburg<br />

für 120 Mark zu haben war. Nicht zuletzt muss<br />

noch einmal darauf hingewiesen werden, dass<br />

bei der Berechnung des Gewichts von einem<br />

Korb zu 47 englischen Pfund ausgegangen wurde,<br />

was in der Realität in beide Richtungen abweichen<br />

und entsprechende Preisschwankungen<br />

ausmachen konnte.<br />

Deutlich abweichend von <strong>die</strong>sen mit vielen Unwägbarkeiten<br />

ermittelten Preisvorstellungen sind<br />

<strong>die</strong> Großhandelspreise in den seit 1880 vom Kaiserlich<br />

Statistischen Amt herausgegebenen Statistischen<br />

Jahrbüchern für das Deutsche Reich.<br />

Die dort genannten Zahlen beziehen sich auf<br />

100 Kilogramm Rangun-Reis in der Qualität Tafelreis,<br />

<strong>die</strong> vier Monate im Voraus per Vertrag<br />

verkauft wurden. Um besser mit den Preisen,<br />

<strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Angaben Grants und Bachmanns<br />

ermittelt wurden, vergleichen zu können, sind<br />

<strong>die</strong> in der folgenden Tabelle^°^ genannten Preise<br />

zusätzlich noch je Tonne aufgelistet.<br />

Tabelle II. 4.6, Großhandelspreise für Reis in Deutschland 1879-1912<br />

Jahr Preis je 100 kg Preis je Tonne Jahr Preis je 100 kg Preis je Tonne<br />

1879 26,3 263 1896 17,9 179<br />

1880 26,6 266 1897 19,4 194<br />

1881 25,8 258 1898 23,4 234<br />

1882 21,7 217 1899 21,9 219<br />

1883 21,8 218 1900 21,2 212<br />

1884 21,8 218 1901 21,6 216<br />

1885 20,6 206 1902 20,2 202<br />

1886 20,8 208 1903 22,3 223<br />

1887 20,5 205 1904 20,8 208<br />

1888 20,4 204 1905 21,5 215<br />

1889 20,1 201 1906 21,5 215<br />

1890 23,1 231 1907 23,5 235<br />

1891 22,8 228 1908 23,4 234<br />

1892 21,4 214 1909 21,7 217<br />

1893 19,4 194 1910 21,9 219<br />

1894 18,7 187 1911 24,8 248<br />

1895 17,2 172 1912 29 290<br />

in Mark<br />

75


Hier nicht aufgeführt, aber dennoch beachtenswert<br />

ist <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> Preise für 100 Kilogramm<br />

Tafelreis aus Rangun in Hamburg seit<br />

den 1890er Jahren, schwankend um Differenzen<br />

von ein <strong>bis</strong> fünf Mark, immer unter denen Bremens<br />

lagen.^'° Auf <strong>die</strong> politische Brisanz <strong>die</strong>ser<br />

Tatsache wird später noch eingegangen werden.<br />

Vergleicht man <strong>die</strong> Großhandelspreise in<br />

Deutschland mit den Einkaufspreisen in Rangun,<br />

ergeben sich große Differenzen. Während in<br />

Rangun 1880 für 78 Mark eine Tonne Rohreis<br />

eingekauft werden konnte, war eine Tonne in<br />

der Qualität Tafelreis für einen Großhändler in<br />

Bremen für 266 Mark zu kaufen. 1890 war das<br />

Verhältnis 68 Mark zu 231 Mark, 1901 59 Mark<br />

zu 216 Mark und 1912 100 Mark zu 290 Mark.<br />

Tabelle II. 4.7, Vergleich der Einkaufspreise in Rangun mit Großhandelspreisen in<br />

Bremen 1880-1912<br />

Jahr<br />

Einkaufspreis 1 Tonne<br />

Rohreis in Rangun<br />

Großhandelspreis 1 Tonne<br />

Tafelreis in Bremen<br />

Quotient der Preise für<br />

Tafelreis<br />

Bremen/Rohreis Rangun<br />

1880 78 2 6 6 3,4<br />

1885 68 2 0 6 3<br />

1890 68 231 3,4<br />

1895 49 172 3,5<br />

1900 59 212 3,6<br />

1901 59 2 1 6 3,7<br />

1902 62 202 3,3<br />

1903 68 223 3,3<br />

1904 5 9 208 3,5<br />

1905 65 215 3,3<br />

1906 75 215 2,9<br />

1907 81 235 2,9<br />

1908 85 234 2,8<br />

1909 68 2 1 7 3,2<br />

1910 68 219 3,2<br />

1911 81 248 3<br />

1912 100 2 9 0 2,9


щ<br />

Auf den ersten Blick scheinen <strong>die</strong> Differenzen<br />

der Kaufsummen etwas groß. Möglich ist, dass<br />

<strong>die</strong> für Rangun ermittelten Einkaufspreise auf<br />

Grund der Umrechnung über eine dritte Währung<br />

etwas ungenau sind. Trotzdem ist es aber<br />

realistisch, dass <strong>die</strong> Preisunterschiede so groß<br />

waren. Einerseits sind wiederum <strong>die</strong> Frachtkosten<br />

zu bedenken. Andererseits kommt hinzu,<br />

dass bei Kaufverträgen, <strong>die</strong> vier Monate im Voraus<br />

abgeschlossen wurden, der Händler in seiner<br />

Kalkulation berechnen musste, dass einmal eine<br />

Ladung Reis durch Schimmel oder Ungezieferbefall<br />

verdirbt oder sogar durch einen Schiffsuntergang<br />

komplett verloren geht. Des Weiteren<br />

kann sich in <strong>die</strong>sem Zeitraum auch durch große<br />

Trockenperioden, übermäßigen Monsunregen<br />

und Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen<br />

ein größerer Emteausfall in den Reis<br />

erzeugenden Ländern ankündigen, was sofortige<br />

Preissteigerungen zur Folge gehabt hätte. Das<br />

vierte und wichtigste Argument, warum <strong>die</strong> Einkaufspreise<br />

für Tafelreis in Deutschland drei<strong>bis</strong><br />

viermal so hoch waren wie <strong>die</strong> Einkaufspreise<br />

für Rohreis in Rangun, ist <strong>die</strong> Reisverarbeitung.<br />

Bis zu einem Viertel an Gewichtsverlust entstand<br />

durch das Schälen, Mahlen und Polieren des<br />

Reises. Für 100 Kilogramm Tafelreis wurden also<br />

125 Kilogramm Rohreis benötigt. Zuletzt kostete<br />

<strong>die</strong> Bearbeitung in Deutschland auch Geld.<br />

Technische Anlagen mussten gekauft und gewartet<br />

werden, Schiffer, Schauerleute, Mühlenarbeiter<br />

und Verwaltungsangestellte mussten bezahlt<br />

werden und Gesellschafter wie später auch<br />

Aktionäre wollten Dividenden erhalten. Somit<br />

scheint trotz der Unsicherheit, ob <strong>die</strong> für Rangun<br />

ermittelten Einkaufspreise korrekt sind, das Verhältnis<br />

der Preise für Rohreis in Birma und für<br />

Tafelreis in Bremen durchaus stimmig.<br />

Von den Großhandelspreisen wiederum unterscheiden<br />

sich <strong>die</strong> Kleinhandelspreise deutlich.<br />

Für Bremen liegen keine Kleinhandelspreise von<br />

Reis vor. Von Berlin hingegen werden <strong>die</strong>se in<br />

den Statistischen Jahrbüchern der Stadt Berlin<br />

angegeben und sind für einzelne Jahre in der<br />

nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.^"<br />

Tabelle II. 4.8, Kleinhandelspreise für Reis in<br />

Berlin 1878-1907<br />

Jahr<br />

Preis je 1 kg in<br />

Pfennigen<br />

Preis je 100 kg<br />

in Mark<br />

1878 60 60<br />

1880 60 60<br />

1894 58 58<br />

1898 58 58<br />

1904 59 59<br />

1907 59-68 59-68<br />

Die Preise wurden über Stichproben in allen<br />

zwölf Monaten des jeweiligen Jahres an den<br />

Ständen Berliner Märkte gesammelt und beziehen<br />

sich auf Java-Reis. Dieser war generell etwas<br />

teurer als Reis aus Birma. Zudem wurde er vor<br />

allem aus den Niederlanden nach Deutschland<br />

eingeführt. Ob <strong>die</strong> genannten Preise sich auf in<br />

den Niederlanden oder in Deutschland veredelten<br />

Reis beziehen, ist nicht zu klären. Gravierende<br />

Kostenvorteile oder Kostennachteile dürfte aber<br />

kein Standort gehabt haben. Für Mitteldeutschland<br />

hatte <strong>die</strong> niederländische Industrie durch<br />

den Rhein Vorteile bei den Transportkosten, für<br />

den Raum Berlin ist das jedoch nicht anzunehmen.<br />

Die Preise im lOeinhandel lagen bei 58<br />

<strong>bis</strong> 60 Pfennige für ein Kilo. Zur einfacheren<br />

Vergleichbarkeit sind sie noch einmal in Mark<br />

je 100 Kilogramm aufgeführt. Hier zeigt sich,<br />

dass <strong>die</strong> Einzelhandelspreise immer etwas mehr<br />

als doppelt so hoch waren wie <strong>die</strong> Großhandelspreise.<br />

Selbst wenn man bedenkt, dass Java-Reis<br />

etwas teurer war als Rangun-Reis, dürfte für den<br />

Handel nach Abzug der Frachtkosten innerhalb<br />

Deutschlands und der Arbeitskosten des Händlers<br />

noch eine ordentliche Gewinnspanne übrig<br />

geblieben sein. Bei der näheren Betrachtung der<br />

77


шш<br />

Reis- und Handels Aktiengesellschaft wird <strong>die</strong>se<br />

Tatsache noch einmal in den Blick genommen.<br />

5. Deutsche in Asien<br />

Nach <strong>1850</strong> veränderten sich <strong>die</strong> deutschen Kontakte<br />

in <strong>die</strong> Reis anbauenden und -exportierenden<br />

asiatischen Länder deutlich. Die Erfahrungen<br />

William Hunters in Birma im 18. Jahrhundert<br />

zeugten noch von einem Entdeckerdrang und<br />

der vagen Aussicht, dass <strong>die</strong> East India Company<br />

dort einmal Handel treiben könnte. Er umwarb<br />

mit seinem Bericht noch regelrecht <strong>die</strong> Europäer,<br />

sich doch dem Handel mit dem Königreich Pegu<br />

zuzuwenden. Schon anders verhielt es sich mit<br />

den Aufgaben Johann Wilhelm Helfers 1837.<br />

Auch er war im Auftrag der englischen Handelsgesellschaft<br />

im späteren Birma unterwegs,<br />

aber seine Aufgabe, dort nach Kohleflözen für<br />

<strong>die</strong> Versorgung von Bunkerstationen für Dampfer<br />

auf dem Weg nach China zu suchen, zeigt Zweierlei<br />

an. Einerseits sind <strong>die</strong> Europäer 1837 in<br />

der sich rasant entwickelnden Industrialisierung<br />

angekommen. Die Durchsetzung der Dampfschifffahrt<br />

wurde in Kürze auch auf der großen<br />

Fahrt erwartet, und <strong>die</strong> Arbeit Helfers sollte ein<br />

kleines Mosaik zur Durchsetzung <strong>die</strong>ser Entwicklung<br />

werden. Andererseits zeigte sich in der<br />

Planung von Dampferrouten nach China, dass<br />

<strong>die</strong> europäische Wirtschaft weltweit Kontakte<br />

knüpfte - und im Zuge <strong>die</strong>ses zunehmend dichter<br />

geknüpften Netzes an Handelskontakten auch<br />

Birma und Siam in den weltweiten Handel eingebunden<br />

wurden.<br />

Konsulatswesen<br />

Die Einbindung der entstehenden Reiswirtschaft<br />

Asiens in den weltweiten Handel stand am Ende<br />

einer Entwicklung, bei der sich ab etwa 1740<br />

<strong>die</strong> europäischen Ostin<strong>die</strong>ngesellschaften zu Territorialstaaten<br />

entwickelten. Die Handelsgesellschaften<br />

hatten <strong>die</strong> Infrastruktur geschaffen, um<br />

in den Handel in In<strong>die</strong>n und Asien einzusteigen.<br />

Dabei meint Handel sowohl den Handel zwischen<br />

In<strong>die</strong>n und Asien auf der einen Seite sowie<br />

78<br />

Europa auf der anderen Seite und drittens auch<br />

den Handel zwischen In<strong>die</strong>n, den Gewürzinseln<br />

und China auf europäischen Schiffen, den sogenannten<br />

„country trade“. J e enger <strong>die</strong> Handelsverbindungen<br />

wurden und zugleich je machtbewusster<br />

<strong>die</strong> europäischen Nationen auftraten,<br />

desto wichtiger wurde es, dass <strong>die</strong> Kaufleute aus<br />

Europa politische Unterstützung aus der Heimat<br />

in Form einer konsularischen Vertretung hatten.<br />

Konsularische Vertretungen gab es schon im<br />

Hochmittelalter. Aus ihren Reihen wählten Bremer<br />

Kaufleute im 13. Jahrhundert Konsuln, <strong>die</strong><br />

Schifffahrts- und Handelsinteressen in der Fremde<br />

bestimmen sollten. Im 14. und 15. Jahrhundert<br />

entstanden in Europa aus den vormals verbreiteten<br />

Sondergesandtschaften, <strong>die</strong> immer mit einem<br />

bestimmten Ziel entstanden waren, immer<br />

öfter dauerhafte konsularische Vertretungen. Die<br />

Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck und<br />

damit zumindest bei den erstgenannten <strong>die</strong> wichtigsten<br />

deutschen Handelsplätze für Reis, etablierten<br />

in Paris 1650 eine ständige Vertretung.<br />

1690 kam auf Betreiben Lübecks eine in Kopenhagen<br />

hinzu. Aber erst 1814 gab es einen bei<br />

der britischen Regierung in London akkreditierten<br />

Vertreter der hanseatischen Handelsinteressen.Diese<br />

Vertretungen waren jedoch Handelsvertretungen<br />

und keine diplomatischen<br />

Vertretungen. Daher waren sie auch nicht<br />

zwangsläufig für ein Land oder eine bestimmte<br />

Kolonie zuständig, sondern erfüllten ihre Aufgaben<br />

in einer Hafenstadt oder einem Handelszentrum<br />

und für das Einzugsgebiet des Handelszentrums,<br />

soweit es für <strong>die</strong> konsularischen<br />

Angelegenheiten keine günstiger gelegene Vertretung<br />

gab. Ihre erste Aufgabe war es, <strong>die</strong> Interessen<br />

des Handels zu vertreten, oder wie Prüser<br />

es formulierte: Der „Amtsbereich der Konsuln<br />

[war der] Schutz und [<strong>die</strong>] Förderung von Handel<br />

und Schiffahrt“.T ro tz d e m blieb es nicht aus,<br />

dass sie im Laufe des 19. Jahrhunderts mehr und<br />

mehr <strong>die</strong> Aufgaben eines Staatsvertreters in fremden<br />

Ländern wahrnahmen.<br />

Die Aufgaben eines Konsuls waren vielfältig, ln<br />

großer Zahl überliefert sind <strong>die</strong> jährlichen Berichte,<br />

<strong>die</strong> von den Konsuln in <strong>die</strong> Heimat ge­


i<br />

schickt wurden. Diese waren in erster Linie Handelsberichte<br />

mit einem großen statistischen Anteil:<br />

Einkommende und ausgehende Schiffe und<br />

Ladungen wurden notiert, Warenmenge, -Sorten<br />

und Werte der Ein- und Ausfuhren wurden meist<br />

genannt und oft auch Herkunft und Destination<br />

der Handelsschiffe. Darüber hinaus wurde über<br />

für <strong>die</strong> Heimat und den dortigen Handel wichtig<br />

erscheinende Ereignisse und Zustände jeder Art<br />

berichtet. Politische Entwicklungen, soziale Verhältnisse<br />

oder kulturelle Veranstaltungen wurden<br />

dort ebenso notiert wie Berichte zur industriellen<br />

Entwicklung, zu Bevölkerungsverhältnissen und<br />

Naturereignissen oder über rechtliche Rahmenbedingungen<br />

des Handels. Außerdem wurden<br />

<strong>die</strong> verschiedensten Aufgaben des täglichen Lebens<br />

eines Konsuls übermittelt. Zu <strong>die</strong>sen Aufgaben<br />

gehörte beispielsweise <strong>die</strong> juristische Vertretung<br />

von Landsleuten, <strong>die</strong> mit dem örtlichen<br />

Gesetz in Konflikt geraten waren oder auch <strong>die</strong><br />

Schlichtung von Konflikten zwischen Mannschaft<br />

und Schiffsführem auf heimischen Schiffen<br />

vor Ort. Bei An- oder Abmusterungen beglaubigten<br />

Konsuln <strong>die</strong> Richtigkeit der Musterrollen<br />

oder <strong>die</strong> Zahlungen der Heuer. Gab es<br />

unter einer Schiffsmannschaft Kranke oder Verletzte,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Reise nicht fortsetzen konnten,<br />

kümmerte sich der Konsul um Unterbringung,<br />

Pflege, Kost und Юeidung. Diese Kosten konnte<br />

er je nach Fall oder wenn <strong>die</strong> Mittel des Kranken<br />

nicht reichten, von der Seemannskasse erstattet<br />

bekommen oder er initiierte in der deutschen<br />

Gemeinschaft vor Ort eine Sammlung zur Linderung<br />

einer Notlage. Gab es einen Toten oder<br />

konnte ein Seemann seine Arbeit nicht wieder<br />

aufnehmen, kümmerten sich <strong>die</strong> Konsuln um<br />

Nachlassregelungen oder auch darum, eine Passage<br />

in <strong>die</strong> Heimat zu organisieren. Zivilrechtliche<br />

Aufgaben konnten auch bei Eheschließungen,<br />

Geburten oder Taufe von den Konsuln vorgenommen<br />

beziehungsweise bezeugt werden.^'’<br />

Darüber hinaus erledigten <strong>die</strong> Konsuln auch immer<br />

wieder diplomatische Obliegenheiten, weil<br />

sie <strong>die</strong> prominentesten deutschen Vertreter gegenüber<br />

der gastgebenden Nation oder der herrschenden<br />

Kolonialmacht waren. All <strong>die</strong>se Aufgaben<br />

wurden ehrenamtlich oder nur gegen eine<br />

kleine Aufwandsentschädigung für entstandene<br />

Kosten ausgeführt. Erst in den 1880er Jahren<br />

entwickelte sich in der Politik des deutschen<br />

Kaiserreichs, vornehmlich im Parlament, eine<br />

Debatte darüber, ob Wahl- oder Berufskonsuln<br />

<strong>die</strong> konsularische und diplomatische Vertretung<br />

der Deutschen und des deutschen Staats übernehmen<br />

sollten. In der Realität wirkten im ausgehenden<br />

19. Jahrhundert Berufs- und Wahlkonsuln<br />

nebeneinander.^*®<br />

Konsulatswesen und Handelsverträge in Birma,<br />

Siam und Singapur infolge des Handels<br />

Als <strong>die</strong> Ära deutscher Reishändler in Asien um<br />

<strong>1850</strong> begann, war <strong>bis</strong> auf das 1844 in Singapur<br />

eingerichtete bremische Konsulat noch keine<br />

Vertretung deutscher Handelsinteressen in Asien<br />

präsent. Mit der Aufhebung der britischen Navigationsgesetze<br />

und dem gleichzeitigen Wirtschafts-<br />

und Handelsaufschwung in Bremen stieg<br />

durch eben <strong>die</strong>sen Handel auch der Bedarf an<br />

konsularischen Vertretungen. Die Beteiligung<br />

der Reishändler an der Einrichtung von Konsulaten<br />

in Birma und Siam sowie <strong>die</strong> Besiegelung<br />

von Staats Verträgen zeigt, dass <strong>die</strong> Reishändler<br />

ab <strong>1850</strong> eine bedeutende Rolle in den deutschasiatischen<br />

Handelsbeziehungen spielten.<br />

Da <strong>die</strong> Konsulate ursprünglich reine Interessenvertretungen<br />

der Überseekaufleute waren, wurden<br />

Konsuln in Bremen nicht vom Senat entsandt,<br />

sondern <strong>die</strong> „Bewerbung um einen Konsulatsposten<br />

wurde [...] der ,Commission für<br />

<strong>die</strong> Auswärtigen Angelegenheiten' Bremens eingereicht“.<br />

F ü r einen Bewerber war ein guter<br />

Leumund sehr wichtig, so dass meist Briefe von<br />

Freunden oder anerkannten Personen des Wirtschaftslebens<br />

beigefügt wurden, um den guten<br />

Ruf des Aspiranten und <strong>die</strong> Notwendigkeit der<br />

Errichtung eines Konsulats zu bestätigen. Der<br />

Senat favorisierte Bremer Kaufleute als Konsuln,<br />

<strong>die</strong> allerdings gesicherten wirtschaftlichen Erfolg<br />

haben mussten, um als Konsul in Betracht zu<br />

kommen. Zudem holte <strong>die</strong> Kommission ein Gutachten<br />

von der Handelskammer ein, bevor einem<br />

79


É S'iíJj'Ci- . iSerr«<br />

80<br />

Gesuch stattgegeben wurde.Gerade <strong>die</strong>ser<br />

Punkt bestätigt wiederum <strong>die</strong> wirtschaftliche und<br />

nicht <strong>die</strong> diplomatische Dimension des entstehenden<br />

Konsulatswesens, weil <strong>die</strong> Handelskammer<br />

nach eigenem Bekunden<br />

„berufen ist, aus Alles, was dem bremischen<br />

Handel und der bremischen Schifffahrt, sowie<br />

den [Handels]geschäften <strong>bis</strong>her <strong>die</strong>nlich sein<br />

kann, ihr Augenmerk fortwährend zu richten,<br />

<strong>die</strong> Mittel zu deren Förderung oder der Beseitigung<br />

etwaiger Hindernisse zu berathen<br />

und darüber dem Senate auf dessen Antrag<br />

oder selbständig zu berichten, nicht minder<br />

ihr angemessen scheinende Verbesserungen<br />

sowie <strong>die</strong> Beseitigung etwaiger Hindernisse<br />

zu beantragen“.^'®<br />

Die Handelskammer war <strong>die</strong> wichtigste Institution,<br />

<strong>die</strong> im Interesse der bremischen Wirtschaft<br />

Politik machte. Sie gestaltete damit zugleich <strong>die</strong><br />

Außenpolitik Bremens <strong>bis</strong> 1871 mit.<br />

Der schon erwähnte Brief Adolph Markwalds<br />

verdeutlicht, wie eine Bewerbung um einen Konsulatsposten<br />

um <strong>1850</strong> ablief. Markwald ersuchte<br />

darum, zum preußischen Konsul in Bangkok ernannt<br />

zu werden. Nach den Einführungsfloskeln<br />

in einem Brief an den Minister für Handel und<br />

Gewerbe in Berlin, von der Heydt, legte er seine<br />

Erfahrungen als Überseekaufmann dar:<br />

„Seit zehn Jahren habe ich mich fast stets fern<br />

von Europa aufgehalten und viele Länder aus<br />

commerziellem Interesse besucht unter denen<br />

ich Vorzugsweise <strong>die</strong> Vereinigten Staaten von<br />

Amerika West In<strong>die</strong>n, Central Amerika, Australien,<br />

China, <strong>die</strong> Insel Formosa und jetzt zum<br />

zweitenmale Siam, (woselbst ich in Bangkok<br />

seit Januar 1858 ein Geschäftshaus im Verein<br />

mit dem Portugiesischen Consul Herrn A. F.<br />

Moor, unter meinem eigenen Namen gegründet<br />

habe,) anzugeben ich mir erlaube.<br />

Im Folgenden lieferte Markwald eine Art konsularischen<br />

Bericht über den Handel und <strong>die</strong><br />

rückständige Industrie, wobei der Reis als das<br />

wichtigste Exportgut ausgemacht wurde. Für<br />

den Import hielt Markwald zwar fest, dass <strong>die</strong><br />

„Bedürftnisse der Siamesen [...] augenblicklich<br />

noch nicht bedeutend“ seien, aber wenn <strong>die</strong> Siamesen<br />

erst einmal mit den Europäern in Kontakt<br />

gekommen seien, würden sie deren Bedürfni,s.se<br />

nachahmen und daher werden viele „Waaren etc<br />

guten Absatz hier finden“. D i e Gründe für ein<br />

Konsulat lagen in Siam 1859 also mehr in der<br />

erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung als in<br />

der realen Notwendigkeit. Tatsächlich bleibt auch<br />

in der historischen Rückschau Reis der einzige<br />

bedeutende Handelsartikel Siams, denn eine nennenswerte<br />

europäische Einfuhr gab es zu keinem<br />

Zeitpunkt.<br />

Die Würde eines Konsuls wurde Adolph Markwald<br />

1859 nicht verliehen. Die Angelegenheit<br />

zog sich noch einige Jahre hin. Ein weiterer Brief<br />

unterstreicht noch einmal, wie bedeutend ein guter<br />

Ruf für einen Aspiranten war. Für einen Kuraufenthalt<br />

war Markwald im Januar 1864 in Berlin<br />

und wehrte sich dagegen, dass bei dem Hamburger<br />

Kaufmann Pickenpack Erkundigungen<br />

über ihn eingezogen wurden. Denn <strong>die</strong>ser sei<br />

als Chef einer Handelsniederlassung in Bangkok<br />

„Concurrent meiner Eirma, in Folge dessen leider<br />

seit Jahren eine große Feindschaft seitens H Pickenpack<br />

gegen meine associes & mich besteht“.<br />

Stattdessen könne Markwald „references erster,<br />

unpartheischer Geschäftshäuser zur Genüge beibringen“<br />

und verwahre sich im Voraus „gegen<br />

jede von Herrn Pickenpack in Bezug auf <strong>die</strong>se<br />

Angelegenheit gegebene Auskunft“.^“ Die Firma<br />

Pickenpack, Thies & Co. in Singapur, das sei<br />

hier erwähnt, handelte mit Reis und gehörte mit<br />

den Firmen Behn, Meyer & Co. sowie Büsing,<br />

Schröder & Co. zu den frühesten deutschen Firmen,<br />

<strong>die</strong> im innerasiatischen <strong>Reishandel</strong> zwischen<br />

Bangkok, Singapur und Hongkong Geschäfte<br />

machten.Das von Markwald ungeliebte<br />

Urteil Pickenpacks kam also auch von<br />

einem deutschen Reishändler. Konsul wurde<br />

Markwald trotz aller Bemühungen nicht mehr.<br />

Stattdessen durfte er als Vertreter in Abwesenheit<br />

des Konsuls Paul Lesser <strong>die</strong>sen 1867 vertreten.<br />

Dass <strong>die</strong> Konsulswürde ein Ehrenamt war, nicht<br />

im Sinne der Vergütung, sondern vor allem weil<br />

es den Kaufleuten als ehrbar galt, unterstrich<br />

Markwald mit einem Schreiben an den preußischen<br />

Minister der Auswärtigen Angelegenhei-


ten, in dem er sich für das in ihn gesetzte Vertrauen<br />

bedankte und versprach, <strong>die</strong> ihm obliegenden<br />

Interessen mit vollem Einsatz zu vertreten<br />

325<br />

Neben der Errichtung konsularischer Vertretungen<br />

wurden Handelsverträge mit den Nationen<br />

im weltweiten Handel im Interesse der deutschen<br />

Kaufmannschaft und Schifffahrt abgeschlossen.<br />

Deutlich wird <strong>die</strong>s durch <strong>die</strong> Stellungnahme der<br />

Handelskammer Hamburgs an <strong>die</strong> Deputation<br />

für Handel und Schifffahrt bezüglich eines Handelsvertrags<br />

mit Birma. Darin heißt es:<br />

„Zufolge Aufforderung des Senats vom 7.<br />

März 1877 bemerkt <strong>die</strong> Handelskammer, daß<br />

es ihrer Ansicht nach, jedenfalls im Interesse<br />

der deutschen Rhederei liegt, wenn Deutschland<br />

durch einen Handelsvertrag mit Birmah<br />

auf dem Fuße der meistbegünstigten Nationen<br />

sich <strong>die</strong> gleiche Behandlung mit den Engländern<br />

in Birmah sichert; und daher ein solcher<br />

Vertrag an sich sehr wünschenswert ist.“^^®<br />

Im Vertrag zwischen den Hansestädten Hamburg,<br />

Bremen und Lübeck mit Siam wurde <strong>die</strong>ser Vertrag<br />

zwar nicht durch einen Reishändler - wie<br />

Markwald es war - ausgehandelt, aber immerhin<br />

durch einen Agenten eines deutschen Kaufmanns<br />

in Singapur. Überseekaufleute waren also nicht<br />

nur als Konsuln Interessenvertreter des jeweiligen<br />

europäischen Landes, sondern übernahmen<br />

auch bei der Erarbeitung von Staatsverträgen diplomatische<br />

Aufgaben. Da es seit 1855 Handelsverträge<br />

zwischen Siam und Großbritannien,<br />

kurz darauf mit den Vereinigten Staaten von<br />

Amerika, Frankreich und Dänemark gab, waren<br />

<strong>die</strong> Hansestädte der Ansicht, dass es Zeit für einen<br />

eigenen Handelsvertrag sei. Da sich <strong>die</strong> in<br />

Siam Verantwortlichen nicht bereiterklärten, einen<br />

Vertrag in London zu verhandeln und zu unterzeichnen,<br />

musste der Hamburger Kaufmann<br />

Thies in Bangkok zu einem Ergebnis kommen,<br />

was durch <strong>die</strong> großzügige Ausgabe von Geschenken<br />

im Wert von 6.000 Mark Banko an Würdenträger<br />

vor Ort auch gelang.^^’ Die Hansestädte<br />

wollten den Vertrag gemeinsam mit Siam<br />

schließen, aber <strong>die</strong>ses Unterfangen gestaltete<br />

sich auch deshalb schwierig, weil das Verhältnis<br />

der drei deutschen Städte zueinander nicht immer<br />

einfach war. Neben der Frage der Kostenübernahme<br />

gab es im Vorfeld einen Konflikt, der fast<br />

infantil anmutet: Üblicherweise wurden <strong>die</strong> drei<br />

Hansestädte in der Reihenfolge Lübeck, Bremen<br />

und Hamburg genannt. Da <strong>die</strong> Verhandlungen<br />

aber in der Hauptsache von Hamburg geführt<br />

wurden, änderte der dortige Senat <strong>die</strong> Reihenfolge<br />

der Stadtnamen und stellte Hamburg voran.<br />

Das führte zu Beratungen der anderen beiden<br />

Städte und einer Richtigstellung gegenüber Hamburg.<br />

Erst als <strong>die</strong> Hamburger Eraktion einlenkte,<br />

ging es inhaltlich weiter.<br />

Wichtigster Inhaltspunkt des Handelsvertrags<br />

war das gegenseitige Recht der meistbegünstigten<br />

Nationen und ein Niederlassungsrecht hanseatischer<br />

Kaufleute in Bangkok und in einem<br />

genau definierten Gebiet um Bangkok herum<br />

sowie <strong>die</strong> Zusicherung von Religionsfreiheit.<br />

Am 25. Oktober 1858 wurde der Vertrag mit<br />

dem Königreich Siam geschlossen.<br />

Das Recht, eine meistbegünstigte Nation zu sein,<br />

war von großer Bedeutung, denn es<br />

„besagte, daß zusätzliche Rechte und Begünstigungen,<br />

<strong>die</strong> dritten Staaten und ihren Angehörigen<br />

während der Geltungsdauer des Vertrages<br />

zugebilligt würden, auch dem anderen<br />

Vertragsstaat zustehen sollten, jedoch nur<br />

dann, wenn sie dem dritten Staat unentgeltlich<br />

gewährt worden waren oder - sofern sie durch<br />

Zugeständnisse erkauft wurden - wenn der<br />

meistbegünstigte Staat entsprechende Gegenleistungen<br />

bot“.^^®<br />

Die Meistbegünstigungsklausel sicherte den<br />

Handelspartnern also zu, im Handel so gut wie<br />

jeder andere Partner des jeweiligen Landes gestellt<br />

zu werden und keinerlei Nachteile in Eorm<br />

von Zöllen oder anderen Abgaben zu erleiden.<br />

Das Niederlassungsrecht war von Bedeutung,<br />

weil es verlässlichen Handel und ein stabiles<br />

Umfeld absicherte. Die Bewegungsfreiheit und<br />

das Aufenthaltsrecht der hanseatischen Kaufleute<br />

in Siam wurden so gestärkt, ebenso wie der<br />

Schutz des Eigentums und der Person. Zugleich<br />

unterstanden <strong>die</strong> Hanseaten damit der Jurisdiktion<br />

des für sie zuständigen Konsuls und es wur-<br />

81


-ti<br />

de verhindert, dass im Falle eines Konflikts ein<br />

nach damaligen deutschen Maßstäben eventuell<br />

nicht ausreichend entwickeltes Rechtssystem an<br />

hanseatischen Bürgern zur Anwendung kam.<br />

Trotzdem mussten sich <strong>die</strong> Kaufleute aber an<br />

<strong>die</strong> in Siam herrschenden Gesetze halten. Des<br />

Weiteren war im Zuge des Niederlassungsrechts<br />

auch das Recht verbucht, unter Berücksichtigung<br />

der geltenden Abgaben Vermögen zu erwirtschaften<br />

oder Besitz zu tauschen und zu veräußern.^^'<br />

Der Freundschafts-, Schifffahrts- und<br />

Handelsvertrag der Hansestädte mit dem Königreich<br />

Siam war eine Voraussetzung dafür, dass<br />

Adolph Markwald oder seine Nachfolger 1884<br />

in Bangkok eine Reismühle gründen konnten.<br />

Für den <strong>Reishandel</strong> bedeutete <strong>die</strong> Meistbegünstigungsklausel,<br />

<strong>die</strong> mit Abschluss des Handelsvertrages<br />

in Kraft trat, dass geschälter Reis, als<br />

Position 51 aufgeführt, mit einem Ausfuhrzoll<br />

von vier Ticals” -^je Pfund belegt war und unbearbeiteter<br />

Reis in Hülsen, Position 52, mit zwei<br />

Ticals je Pfund verzollt werden musste.^^^ In der<br />

Folge entwickelte sich der <strong>Reishandel</strong> Siams mit<br />

Deutschland langsam, aber stetig. 1865 gab es<br />

auf Grund von Spekulationen rasante Preissteigerungen,<br />

<strong>die</strong> zu einem Exportverbot führten.<br />

Auf der Grundlage des Vertrags von 1858 entwickelte<br />

sich dennoch der Handel mit Siamreis,<br />

der in Deutschland nach Birmareis an zweiter<br />

Stelle-stand.<br />

Die Handelsverträge der Hansestädte zielten darauf<br />

ab, nur den Interessen von Handel und<br />

Schifffahrt zu <strong>die</strong>nen und alles andere aus dem<br />

Vertragswerk herauszuhalten. Daher charakterisierte<br />

Prüser <strong>die</strong> Verträge als Wirtschaftsverträge.<br />

Dennoch wies er selber darauf hin, dass <strong>die</strong> Verträge<br />

in den Bereich des öffentlichen Rechts<br />

zählten. Zwei Vertragspartner schlossen eine<br />

Übereinkunft und da <strong>die</strong> Vertragspartner zwei<br />

Staaten waren, handelte es sich um ein Abkommen<br />

auf den rechtlichen Grundsätzen des Völkerrechts.Somit<br />

trugen Kaufleute wie der<br />

Hamburger Thies oder der spätere Reishändler<br />

Markwald dazu bei, globalen Handel nicht nur<br />

kommerziell, sondern auch politisch voranzutreiben.<br />

Ein weiteres Beispiel, wie aus Handelskontakten<br />

politische Abkommen entstanden, <strong>die</strong> von Kaufleuten<br />

ausgehandelt wurden, ist der Vertrag der<br />

Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck mit<br />

Sansibar. Obwohl <strong>die</strong> Protagonisten hier nicht<br />

Reishändler waren, sondern der Bremer Kapitän<br />

Rodatz sowie das Hamburger Handelshaus William<br />

O’Swald & Co. und <strong>die</strong> wichtigsten Handelsgüter<br />

statt Reis Kaurimuscheln und Nelken<br />

waren, lässt sich an <strong>die</strong>sem Vertrag verdeutlichen,<br />

wie stark Handelsmotive zu einer vielschichtigen<br />

Vernetzung der Welt ab <strong>1850</strong> beitrugen.<br />

1843 segelte der Bremer Kapitän Han.s<br />

Albert Rodatz um Afrika herum <strong>bis</strong> in das Rote<br />

Meer, um dort Handelsmöglichkeiten auszuloten.<br />

Er geriet jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten,<br />

<strong>die</strong> erst durch einen Kredit der Hamburger<br />

Firma William O’Swald & Co. gelöst werden<br />

konnten. Infolgedessen trat Rodatz in <strong>die</strong> Dienste<br />

der Hamburger Firma und segelte in den nächsten<br />

Jahren mehrfach in deren Auftrag nach Afrika.<br />

Für das Bremer Haus Droege & von Kapft<br />

war zudem seit 1847 ein früherer Steuermann<br />

von Rodatz, Eduard Heeren, im Handel mit Sansibar<br />

aktiv. Aus Bremen kam im Vorfeld der Reise<br />

schon 1846 der Anstoß, einen Vertrag mit<br />

dem Sultan von Sansibar zu schließen. Doch außer<br />

einer Versicherung des gegenseitigen Wohlwollens<br />

des Bremer Senats und des Sultans von<br />

Sansibar wurde keine Vereinbarung erreicht.<br />

1858 schließlich wurde von Hamburg aus, das<br />

im Handel mit Afrika stark engagiert war, ein<br />

neuer Anlauf für einen Handelsvertrag unternommen.<br />

Bremen beteiligte sich an den Kosten<br />

und Lübeck, das nur ein geringes Interesse an<br />

Sansibar hatte, erklärte sich bereit, wenigstens<br />

einen kleineren Anteil der Kosten für einen Vertrag<br />

zu übernehmen. William Henry O’Swald<br />

führte für <strong>die</strong> Hansestädte <strong>die</strong> Verhandlungen<br />

mit dem Ziel, den Status von meistbegünstigten<br />

Nationen zu erhalten. Geschenke im Wert von<br />

200 Dollar sowie ein Geschenk für den Sultan<br />

im Wert von über 1.500 Mark Banko sollten <strong>die</strong><br />

Verhandlungen beschleunigen und im August<br />

1860 konnten schließlich <strong>die</strong> Ratifikationsurkunden<br />

in Sansibar ausgetauscht werden.


Siam und Sansibar waren formal unabhängige<br />

Nationen, <strong>die</strong> mehr oder weniger unter europäischem<br />

Einfluss standen. Birma hingegen, der<br />

wichtigste Reisproduzent für <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie,<br />

war eine britische Kolonie. Das verursachte<br />

einige große Unterschiede, wenn es um<br />

<strong>die</strong> Errichtung von Konsulaten ging. Hatte sich<br />

<strong>die</strong> Senatskommission nach der Empfehlung der<br />

Handelskammer dafür entschlossen, einen Kandidaten<br />

zum Konsul in einer Stadt des britischen<br />

Kolonialreichs zu erklären, so wurde <strong>die</strong>ser davon<br />

in Kenntnis gesetzt und erhielt ein Duplikat<br />

des Patents sowie <strong>die</strong> Richtlinien für seine Tätigkeit.^^’<br />

Zudem erhielt er ein Revers, eine Verptlichtungserklärung,<br />

das er unterzeichnet zurücksenden<br />

musste, sobald <strong>die</strong> britische Regierung<br />

<strong>die</strong> Wahl des vom Senat benannten Konsuls<br />

bestätigt hatte. Für eben <strong>die</strong>se Bestätigung der<br />

britischen Regierung erhielt das Kolonialministerium<br />

in London vom bremischen Generalkonsul<br />

beziehungsweise Ministerresidenten ebendort<br />

das Originalpatent vorgelegt. Das Kolonialministerium<br />

zog daraufhin bei den Behörden am<br />

Wirkungsort des neuen Konsuls Erkundigungen<br />

über den Kandidaten ein und erteilte bei positivem<br />

Bescheid dem Kandidaten <strong>die</strong> Exequatur,<br />

<strong>die</strong> Erlaubnis zur konsularischen Funktion innerhalb<br />

des Konsularbezirks. Hatte der Konsul<br />

seine Beglaubigung im zuständigen örtlichen<br />

Gouvernement vorgelegt, wurde <strong>die</strong> Aufnahme<br />

der Amtsgeschäfte des neuen Konsuls in der örtlichen<br />

Presse und in Londoner Zeitungen verkündet.^^*<br />

ln Birma gab es von 1854 an mehrere bremische<br />

Konsuln. Der erste nahm in Oberbirma im Reishafen<br />

Akyab seine Aufgaben wahr. Dort war für<br />

sieben Jahre <strong>bis</strong> 1863 der Reishändler Carl<br />

Mohr^’®Konsul. Ihm folgte von 1865 <strong>bis</strong> 1868<br />

Emst Pandorf, ein Angestellter der Firma Mohr.<br />

Letzterer war bereits ein erfahrener Konsul, weil<br />

er 1860 <strong>bis</strong> 1864 bereits in Bassein in Niederbirma<br />

ein Konsulat geführt hatte.’“*“ Ab 1865 war<br />

in Bassein Johann Heinrich Bandow bremischer<br />

Konsul. Im wichtigsten Reishafen Birmas in<br />

Rangun war ab 1860 <strong>bis</strong> zur Gründung des Deut-<br />

.schen Reichs Johann Friedrich Wilhelm Niebuhr<br />

Konsul für Bremen sowie für Hamburg, Oldenburg<br />

und Preußen. Mit dem Eintritt Bremens in<br />

den Norddeutschen Bund wurde Pandorf in Akyab<br />

als Konsul abgelöst. Bandow und Niebuhr in<br />

Bassein und Rangun hingegen wurden in den<br />

Dienst des Norddeutschen Bundes übernommen.’“*<br />

In Singapur lag das Konsulat Bremens in den<br />

Händen des Handelshauses Behn, Meyer & Co.<br />

1840 wurde das Handelshaus in Singapur von<br />

Theodor August Behn und Lorenz Valentin Meyer<br />

gegründet. Nach dem Ende des Ersten Opiumkrieges<br />

1842 und der anschließenden zwangsweisen<br />

Öffnung chinesischer Häfen entwickelten<br />

sich Behn, Meyer & Co. zu den führenden China-<br />

und Asienkaufleuten Bremens. Neben einer<br />

Vielzahl von Produkten wie Manila-Hanf, Tabak,<br />

Pfeffer, Gewürzen, Tee und Manufakturwaren<br />

waren Behn, Meyer & Co. auch im <strong>Reishandel</strong><br />

und Reistransportgeschäft mit Birmareis befasst.’“*’<br />

1844—1853 war der Firmengründer Behn<br />

auch Konsul, ihm folgte Arnold Otto Meyer, der<br />

jüngere Bruder des anderen Gründers, nach. Ab<br />

1857 war dann der Teilhaber Johannes Mooyer<br />

Konsul, bevor nach vier Jahren von 1862 <strong>bis</strong><br />

1864 wiederum Meyer Konsul wurde. Damit<br />

übernahm in Singapur nicht nur eine bestimmte<br />

Berufsgruppe, sondern sogar ein einzelnes, wenn<br />

auch das bedeutendste, Handelshaus in fast dynastischer<br />

Weise <strong>die</strong> konsularische Vertretung<br />

bremischer beziehungsweise deutscher Handelsinteressen.<br />

Darüber hinaus war es ein Handelshaus,<br />

das nicht in erster Linie, aber durchaus bewusst<br />

im <strong>Reishandel</strong> aktiv war.<br />

Deutsche Gesellschaft und Bremer Reishändler<br />

in Birma<br />

Akyab war 1854 <strong>die</strong> erste Stadt in Birma, in der<br />

ein deutsches Konsulat eröffnet wurde. Dementsprechend<br />

muss es dort, am östlichen Rand des<br />

Golfs von Bengalen, auch <strong>die</strong> frühesten deutschen<br />

Handelsinteressen gegeben haben, <strong>die</strong> in<br />

der Folgezeit von Carl Mohr vertreten wurden.<br />

Bereits 1852 hatten dort 15 Schiffe aus Hamburg<br />

und Bremen Reis geladen.’“*’ Schon bald nach<br />

83


J iS<br />

Beginn der britischen Bemühungen, Birma wirtschaftlich<br />

zu entwickeln, wuchs Rangun zur bedeutendsten<br />

Stadt heran. Die Hafenstadt liegt<br />

deutlich südlicher als Akyab am östlichen Rand<br />

des Irrawaddydeltas und damit direkt am Golf<br />

von Martaban. Dieser begrenzt <strong>die</strong> Andamanensee,<br />

eben jenes Gewässer, zu dem Johann Wilhelm<br />

Helfer als erster <strong>Deutscher</strong> vorstieß und<br />

1839 durch den Giftpfeil eines Eingeborenen<br />

starb. Rangun wurde zum Zentrum der kolonialen<br />

Entwicklung Birmas, so wie es in früheren<br />

Jahren Moulmein und Akyab waren, bevor ganz<br />

Birma unter britische Herrschaft geriet. Entsprechend<br />

groß waren <strong>die</strong> ausländischen Einflüsse<br />

dort. Chamey schreibt:<br />

“Rangoon was a foreign city erected on<br />

Burmese soil. It was here to the exclusion of<br />

anywhere else save for a few hill stations,<br />

that Burmese life was thoroughly pushed to<br />

one side. In its imposing architecture, its physical<br />

arrangement, its landscaped gardens, its<br />

focus on the harbor and maritime trade, the<br />

ethnic division of its population, and in many<br />

other ways, Rangoon was a mimeograph of<br />

dozens of port cities scattered throughout<br />

colonial South and South East Asia. A person<br />

only had to squint to be confused as to where<br />

he or she was standing in Singapore, Penang,<br />

Calcutta, or elsewhere.”^"^<br />

Einige wenige Jahre nach der britischen Machtübernahme<br />

blieb Rangun noch eine kleine Stadt<br />

mit moderatem Wachstum. 1862 aber, als Rangun<br />

britisches Verwaltungszentrum für ganz Birma<br />

wurde, setzte eine rasche Entwicklung ein.<br />

“[Rangoon] became not so much a melting pot<br />

as a pressure cooker, where Burmese witnessed<br />

both the positive and, mostly, the negative consequences<br />

[...] of the growing colonial economy<br />

and foreign rule.”^“^ Europäer waren nur eine<br />

von vielen Gruppen von Einwanderern, doch sie<br />

waren von besonderer Bedeutung, da sie das<br />

wirtschaftliche Leben stark prägten. Viele der<br />

englischen Firmen und damit eben auch der Europäer<br />

in Birma kamen zugleich mit den indischen<br />

Arbeitsmigranten nach Birma und waren<br />

zuvor schon in In<strong>die</strong>n aktiv gewesen.^'*^ Da <strong>die</strong><br />

84<br />

Europäer in kürzester Zeit den Reisexport dominierten,<br />

hatten sie eine große Bedeutung für<br />

das wirtschaftliche Leben in Birma.<br />

Nach den Engländern waren <strong>die</strong> Deutschen <strong>die</strong><br />

größte europäische Bevölkerungsgruppe in Birma.<br />

Den ersten Entdeckern wie Johann Wilhelm<br />

Helfer und ökonomischen Pionieren wie Carl<br />

Mohr folgten in den frühen 1860er Jahren eine<br />

ganze Reihe junger deutscher Händler nach Birma.<br />

Allein in Rangun hielten sich etwa 20 Bremer,<br />

zumeist im Alter zwischen 20 und 30 Jahren<br />

auf.^'*’ Da Reis der einzige bedeutende Exportartikel<br />

Birmas war, dürften <strong>die</strong> Deutschen vor<br />

allem Reishändler gewesen sein. Über <strong>die</strong> europäische<br />

Gesellschaft und <strong>die</strong> deutschen Kaufleute<br />

in Rangun schrieb Singer: “Among the<br />

European mercantile community, there were a<br />

number of Germans, who for a few decades,<br />

were to compete successfully with the British.”^<br />

1867 gründeten <strong>die</strong> deutschen Kaufleute in Rangun<br />

sogar einen Deutschen Club, der in einem<br />

markanten Holzgebäude resi<strong>die</strong>rte, welches<br />

wirkte, als ob es aus dem Rheintal in <strong>die</strong> asiatische<br />

Hafenstadt verpflanzt worden wäre. Damit<br />

trugen auch <strong>die</strong> Deutschen in Birma zu der von<br />

Charney beschriebenen imposanten, fremdländischen<br />

Architektur Ranguns bei. Ein Grund für<br />

den wirtschaftlichen Erfolg der deutschen Reishändler<br />

soll ihre kulturelle Aufgeschlossenheit<br />

gewesen sein. Die englischen Reishändler hatten<br />

wenig Interesse an der einheimischen Kultur und<br />

Sprache. Sie waren zumeist in früheren Jahren<br />

in In<strong>die</strong>n wirtschaftlich aktiv gewesen und arbeiteten<br />

in den Mühlen Ranguns lieber mit indischen<br />

Arbeitskolonnen zusammen. Wo das Englische<br />

nicht Handelssprache war, wurde Hindi<br />

gesprochen. Von den Deutschen hingegen nahmen<br />

es einige auf sich, <strong>die</strong> Landessprache zu<br />

lernen. So konnten sie bei geschäftlichen Verhandlungen<br />

leichter das Wohlwollen der lokalen<br />

Händler erhalten.<br />

Gary Magee und Andrew Thompson veröffentlichten<br />

2010 eine Untersuchung, <strong>die</strong> ausführlich<br />

Netzwerke von Kapital, Gütern und besonders<br />

von Engländern im englischen Empire im Zusammenhang<br />

mit der Globalisierung analysiert.


Die Arbeit hebt sich dadurch von der Vielzahl<br />

an Globalisierungsliteratur ab, dass ein kultureller<br />

Ansatz gewählt wurde und dass statt institutioneller<br />

und politischer Strukturen persönliche<br />

Kontakte und Netzwerke in den Blick genommen<br />

wurden. Für <strong>die</strong> Geschichte des britischen<br />

Empire lieferten <strong>die</strong> Autoren mit „ihrer an Perspektive<br />

reichen und begrifflich scharf umrissenen<br />

Stu<strong>die</strong> [...] den oft geschichtsleeren Debatten<br />

über <strong>die</strong> Globalisierung den nötigen Tiefgang“.D<br />

a rü b e r hinaus legten sie einen<br />

Interpretationsansatz vor, der sich in manchen<br />

Bereichen auch auf <strong>die</strong> Geschichte der deutschen<br />

Reishändler in Birma übertragen lässt.<br />

Persönliche Netzwerke in Übersee übernahmen<br />

mangels fest verankerter politischer Institutionen<br />

und Abläufe eine wichtige Schlüsselfunktion im<br />

wirtschaftlichen Leben. Kaufleute und Reisverschiffer<br />

sahen sich einer Vielzahl schwer abschätzbarer<br />

wirtschaftlicher Risiken ausgesetzt:<br />

„the risks of dealing with strangers were high,<br />

whereas those whom you knew were felt more<br />

likely to be trustworthy. Co-ethnic and co-religious<br />

networks, therefore, offered a relatively<br />

secure way of expanding the scope of economic<br />

activity.”^^' Es galt zwar trotzdem, dass alle Käufer<br />

und Verkäufer, Verschiffer und Logistiker<br />

nach dem besten wirtschaftlichen Ergebnis strebten<br />

und den Proflt über persönliche Kontakte<br />

stellten. Auf den globalen Märkten, auch dem<br />

weltweiten Reismarkt, gab es aber deutliche<br />

Grenzen. Zum einen wurden Unterschiede in<br />

der Kultur der Menschen, in den Ethnien und<br />

der Religion nicht einfach überschritten, zum<br />

anderen waren der Zugang zu marktrelevanten<br />

Informationen und der Fluss an Informationen<br />

oft mühsam, langwierig und begrenzt. Drittens<br />

wurden durch politische Entscheidungen und<br />

wie beispielsweise <strong>die</strong> Festsetzung von Zöllen<br />

dem weltweiten Handel auch im 19. Jahrhundert<br />

regelmäßig Schranken auferlegt. Politische Partizipation,<br />

und besonders das wirtschaftliche<br />

Handeln in einem begrenzten Personennetzwerk<br />

gleicher Nationalität, Ethnie und Religion reduzierten<br />

<strong>die</strong> gerade aufgeführten Beschränkungen<br />

des globalen Handels. Zudem führte eine zunehmende<br />

räumliche Verteilung von Kaufleuten<br />

- beispielsweise waren deutsche Reishändler<br />

nicht nur in Birma, sondern auch in Siam und in<br />

Singapur aktiv - dazu, dass ein immer dichteres<br />

und damit besseres Kommunikationsnetz entstand.^^^<br />

Was aber bedeutet Netzwerk im Detail? Magee<br />

und Thompson problematisierten den Netzwerkbegriff<br />

in ihrer Stu<strong>die</strong>, um ihn als präzisierten<br />

Begriff zur historischen Analyse verwenden zu<br />

können. Demnach ist eine <strong>zentrale</strong> Kategorie<br />

von persönlichen Netzwerken das ihnen innewohnende<br />

soziale Kapital, was im Einzelnen soziales<br />

Wissen, soziale Fähigkeiten und besonders<br />

Verhaltensweisen meint. Die Ausformung des<br />

sozialen Kapitals kann je nach Art als „bonding,<br />

bridging“ und „linking social capital“ bezeichnet<br />

werden. Anbindendes (bonding) Sozialkapital<br />

ist beispielsweise eine gemeinsame Religion<br />

oder Ethnie. Eine Gruppe verschiedener Menschen<br />

wird durch <strong>die</strong> Gemeinsamkeit miteinander<br />

verbunden. Ein überbrückendes (bridging)<br />

Sozialkapital ist eine Eigenschaft oder Fähigkeit,<br />

<strong>die</strong> zwischen verschiedenen Gruppen eine Gemeinsamkeit<br />

schafft. Das mag für Gruppen verschiedener<br />

Nationalitäten gelten, wenn sie beispielsweise<br />

beide gemeinsam auf einem fremden<br />

Markt wirtschaften. Verbindendes (linking) Sozialkapital<br />

bringt Personen mit unterschiedlichem<br />

Status und Wohlstand zusammen. Die<br />

Summe der sozialen Fähigkeiten und des Kapitals<br />

jedes Einzelnen bestimmt dann das Sozialkapital<br />

der in einem Netzwerk verbundenen<br />

Menschen. Darüber hinaus ist jedoch immer zu<br />

fragen, inwieweit der Einzelne sich das Sozialkapital<br />

des gesamten Netzwerks ökonomisch<br />

wirklich nutzbar machen kann. Eine entscheidende<br />

Kategorie dafür, so Magee und Thompson,<br />

ist <strong>die</strong> Eähigkeit zur Kommunikation in einem<br />

Netzwerk. Dabei ist fatal, dass innerhalb der<br />

Netzwerke Kommunikation oft sehr gut ist,<br />

Kommunikation zwischen dem Netzwerk und<br />

seiner Umwelt jedoch durch Abschottungstendenzen<br />

auch stark beeinträchtigt werden kann.<br />

Diese Abschottung bringt ein hohes Maß an Vertrauen<br />

zwischen den Akteuren eines Netzwerks,<br />

85


weil sie sich in einem überschaubaren, bekannten<br />

und berechenbaren iCreis mit gleichen Verhaltensmustern<br />

bewegen. Das gilt besonders, wenn<br />

<strong>die</strong> Netzwerke fern der Heimat in fremden Ländern<br />

mit anderen Kulturen und Sprachen aufgebaut<br />

werden. Hieraus leiten Magee und Thompson<br />

<strong>die</strong> zweite und <strong>zentrale</strong> These ihrer Stu<strong>die</strong><br />

ab:<br />

“We argue that networks had a profound effect<br />

on how economic knowledge was created,<br />

disseminated and consumed across the British<br />

World, and that they provide the basis for cooperative,<br />

collaborative and, crucially, remunerative<br />

forms of economic exchange. Yet to<br />

benefit from these connections, one needed<br />

access to them. Given the basis of most of<br />

the networks in question, many of which were<br />

formed as a result of migration, the extent to<br />

which one could achieve access to them was,<br />

in some respects, a proxy of ‘Britishness’.<br />

Netzwerke, <strong>die</strong> auf sozialen Kategorien wie Vertrauen,<br />

Gegenseitigkeit, Verlässlichkeit und moralischer<br />

Verpflichtung beruhen, hatten in der<br />

kolonialen Welt des 19. Jahrhunderts eine besondere<br />

Bedeutung für den wirtschaftlichen Austausch.^^“<br />

Netzwerke, deren Erfolg auf persönlichen Kontakten<br />

und sozialem Kapital, besonders auf gegenseitigem<br />

Vertrauen beruhte, hatten auch <strong>die</strong><br />

deutschen Reishändler in Birma. Um in den Definitionen<br />

nach Magee und Thompson zu bleiben,<br />

bildeten <strong>die</strong> deutschen Reishändler dadurch,<br />

dass sie sich kulturell den Birmanern zum Beispiel<br />

in ihrer Sprache annäherten, ein „linking<br />

capital“, welches ihre ökonomischen Möglichkeiten<br />

vergrößerte. Wenn <strong>die</strong> deutschen Reiskaufleute<br />

jedoch mit den Engländern auf dem<br />

asiatischen Reismarkt konkurrierten, so war eben<br />

<strong>die</strong>ses gleichzeitige Interesse an der Reiswirtschaft<br />

auch ein „bridging capital“, das <strong>die</strong> beiden<br />

verschiedenen Nationalgruppen europäischer<br />

Kaufleute miteinander verband. Zudem näherten<br />

sich Engländer und Deutsche ln Rangun in den<br />

1860er Jahren sicher schon dadurch an, dass beide<br />

kulturell ähnlich geprägten Gruppen eine<br />

Minderheit in der Fremde bildeten. In <strong>die</strong>sem<br />

Fall wäre das Gemeinsame ein „bonding capital“.<br />

Wenn der kleine Angestellte mit dem erfolgreichen<br />

Großkaufmann eine Interessensphäre<br />

teilte, weil beide Europäer waren, kam jedoch<br />

auch wieder ein „linking capital“ zum Tragen.<br />

Je nach Wettbewerbssituation dürften sich <strong>die</strong><br />

verschiedenen Kontaktmuster zwischen den<br />

Deutschen in Birma und der einheimischen Bevölkerung<br />

sowie den weiteren konkurrierenden<br />

europäischen Kaufleuten abgelöst und überlagert<br />

haben.<br />

Die Gründung eines deutschen Clubs unterstreicht,<br />

wie wichtig der deutschen Minderheit<br />

in Rangun <strong>die</strong> Etablierung eines geschlossenen<br />

Zirkels war, in dem man sich auf <strong>die</strong> eigene Kultur<br />

und Nationalität bezog. Nicht zuletzt der Bau<br />

eines Clubhauses in einem deutschen Architekturstil<br />

statt in der örtlichen Baurichtung war ein<br />

Alleinstellungs- und Identifikationsmerkmal. Einer<br />

der dort verkehrenden Deutschen dürfte mit<br />

an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der<br />

Bremer Carl Mohr gewesen sein. Globale Wirtschaftserfahrungen,<br />

<strong>die</strong> besprochenen Gegebenheiten<br />

des Konsulatswesens und persönliche<br />

Kontakte im Leben eines deutschen Reishändlers<br />

in Birma Mitte des 19. Jahrhunderts waren Voraussetzungen<br />

für nachhaltigen Erfolg.<br />

Die Bremische Biographie berichtet über einen<br />

Nikolaus Karl Eduard Mohr, Sohn des Kaufmanns<br />

Nikolaus Mohr, am 19. Februar 1828 in<br />

Bremen geboren. Dass der Name des Vaters dem<br />

eignen Rufnamen vorangestellt ist und Carl einmal<br />

mit C und ein anderes Mal mit К geschrieben<br />

wurde, ist auf Grund der im 19. Jahrhundert<br />

nicht immer stringenten Orthographie kein Ausschluss<br />

der Möglichkeit, dass der von Krüger<br />

benannte Bremer Konsul Carl Mohr und der von<br />

der Bremischen Biographie gelistete Nikolaus<br />

Karl Mohr ein und derselbe Carl Mohr waren.<br />

Des Weiteren könnte Nikolaus Carl Mohr aber<br />

auch der Bruder des Bremer Konsuls gewesen<br />

sein, wovon hier im Weiteren ausgegangen wird.<br />

Nikolaus Carl Mohr verließ nach einer kaufmännischen<br />

Ausbildung 1848 Bremen in Richtung<br />

Baltimore mit dem Ziel, in Havanna bei einem<br />

Kaufmann zu arbeiten. Auf Grund des Goldrau­<br />

86


sches in Kalifornien kam es dazu jedoch nicht,<br />

denn Mohr umrundete Kap Hoorn, landete in<br />

San Francisco und arbeitete ab 1849 in den dortigen<br />

Goldminen. 1851 wurde Mohr im wahrsten<br />

Sinne des Wortes zum Weltenbummler. Er schiffte<br />

sich für eine Südseereise ein, <strong>die</strong> ihn nach<br />

Honolulu und nördlich <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Beringstraße<br />

führte. 1852-54 arbeitete Mohr in Südkalifornien<br />

als Salzkaufmann, bevor er 1855 nach Akyab in<br />

Birma ging. Dort arbeitete er für mehrere Jahre<br />

in einer von seinem Bruder, dem Konsul Carl<br />

Mohr, gegründeten Reisfirma mit ordentlichem<br />

geschäftlichen Erfolg. 1863 verließ Nikolaus<br />

Karl Eduard Mohr Birma und ging zurück nach<br />

Bremen. In den Folgejahren erwarb er Navigationskenntnisse<br />

und nahm an mehreren Afrika-<br />

Expeditionen teil. In den 1870er Jahren verarmte<br />

er und nahm sich auf seiner letzten Expedition<br />

nach Angola unter Depressionen leidend das Leben.^^^<br />

Unter der Annahme, dass <strong>die</strong> Angabe Krügers<br />

korrekt ist und Carl Mohr bereits 1854 in Akyab<br />

zum Konsul wurde, kann es sich bei dem Konsul<br />

nur um den Bruder des beschriebenen Nikolaus<br />

Mohr handeln. Sollte Krüger sich jedoch um ein<br />

Jahr vertan haben, ist trotzdem kaum davon auszugehen,<br />

dass Nikolaus Karl Mohr sofort nach<br />

seiner Ankunft zum Konsul ernannt wurde.<br />

Schließlich brauchte der Antrag für einen Konsulatsposten<br />

einige Monate, um Bremen zu erreichen,<br />

und für den Weg zurück galt dasselbe.<br />

Zudem hätte ein Neuling in Akyab kaum <strong>die</strong> nötigen<br />

Kenntnisse des örtlichen Marktes und <strong>die</strong><br />

notwendigen Leumundsbezeugungen beibringen<br />

können. Nach Krüger fällt <strong>die</strong> Rückkehr des<br />

Konsuls nach Europa auf den gleichen Zeitpunkt,<br />

wie es für Nikolaus Karl Eduard Mohr in der<br />

Bremischen Biographie angegeben wird, auf das<br />

Jahr 1863.^’®Somit hätten <strong>die</strong> Brüder Mohr Birma<br />

zeitgleich verlassen. Nimmt man <strong>die</strong> Angaben<br />

Siok-Hwas dazu, demnach <strong>die</strong> Firma Mohr<br />

Brothers bereits 1837 in Akyab gegründet wurde,<br />

ist davon auszugehen, dass der Firmengründer<br />

und Konsul Carl Mohr war, während Nikolaus<br />

Karl Eduard Mohr 1855 in das Geschäft eintrat<br />

und Teilhaber in der Zeit geschäftlicher Expansion<br />

war, als 1858 eine Niederlassung in Bassein<br />

und 1859 Niederlassungen in Moulmein und<br />

Rangun gegründet wurden.Leider lässt sich<br />

<strong>die</strong> Familiengesehichte der Brüder Mohr heute<br />

nicht mehr eindeutiger nachzeichnen.<br />

Äußerst wichtig ist dennoch der Hinweis auf<br />

den geschäftlichen Erfolg der Brüder Mohr im<br />

<strong>Reishandel</strong>. Diese würde nahe legen, warum -<br />

unter der Annahme, dass Carl Mohr der Bruder<br />

des Nikolaus Karl Mohr war - Carl Mohr Konsul<br />

in Akyab wurde. Unter den ersten deutschen<br />

Kaufleuten im damals noch wichtigsten Reishafen<br />

Akyab schien geschäftlicher Erfolg ihn zu<br />

prädestinieren. Zumal in der patriarchisch und<br />

zugleich freihändlerisch geprägten Gesellschaft<br />

Bremens Mitte des 19. Jahrhunderts geschäftlieher<br />

Erfolg im Selbstverständnis der kaufmännischen<br />

Elite einen politischen Führungsanspruch<br />

begründete.^^* Als einer der Pioniere im<br />

asiatischen Reisgeschäft und zudem dortselbst<br />

erfolgreich dürfte Carl Mohr eine logisch scheinende<br />

Wahl für das Bremer Ehrenamt des Konsuls<br />

gewesen sein. Neben der Vernetzung mit<br />

den deutsehen Kaufleuten und lokalen Behörden,<br />

<strong>die</strong> in Konsequenz der konsularischen Aufgaben<br />

Mohrs gar nicht ausbleiben konnten, war Mohr<br />

offenbar ebenso mit dem englischen Reismarkt<br />

in London und Liverpool in engem Kontakt.<br />

Denn unter dem Namen Mohr Brothers & Co.<br />

betrieb er sein Geschäft als deutscher Reiskaufmann<br />

lieber unter einem englischen als unter einem<br />

deutschen Namen.Mangelnder Patriotismus<br />

darf deswegen aber nicht unterstellt werden.<br />

Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass 1854 in<br />

Deutschland <strong>bis</strong> auf <strong>die</strong> Mühle in Flensburg noch<br />

keine industrielle Reisverarbeitung stattfand, ln<br />

London und Liverpool hingegen gab es Mühlen<br />

auf Grund der früheren Verbindungen mit den<br />

amerikanischen Reisanbaugebieten, <strong>die</strong> Reis aus<br />

Birma gerne annahmen. Für das Geschäft mit<br />

englischen Partnern dürfte ein englischer Firmenname<br />

von Vorteil gewesen sein. Wie erfolgreich<br />

Carl Mohr als Reiskaufmann war, zeigt<br />

sich an zwei weiteren Punkten. Einerseits wurde<br />

sein Nachfolger im Amt des Konsuls von 1865-<br />

1868, Ernst Sandorf, aus den Reihen seiner An-<br />

87


gestellten gewählt. Die Firma muss nach wie<br />

vor ein wirtschaftlich hohes Ansehen bei der<br />

Bremer Handelskammer und beim dortigen Senat<br />

gehabt haben. Andererseits belegt eine Liste<br />

eingehender Reisschiffe im Hafen von Liverpool<br />

in den 22 Jahren von 1876 <strong>bis</strong> 1898, dass 161<br />

Reisschiffe im Auftrag von Mohr Brothers &<br />

Co. dort ankamen. Mit durchschnittlich über sieben<br />

Schiffen pro Jahr waren Mohr Brothers &<br />

Co. in <strong>die</strong>sem Zeitraum der drittgrößte Reisverschiffer<br />

im Zentrum der englischen Reisindustrie.<br />

Nach den Engländern waren <strong>die</strong> Deutschen<br />

<strong>die</strong> Nation, <strong>die</strong> <strong>die</strong> zweitgrößte europäische Minderheit<br />

in Birma stellte. Ein großer Teil des <strong>Reishandel</strong>s<br />

wurde durch deutsche Spediteure abgewickelt.<br />

Unter den in Liverpool verzeichneten<br />

16 Reisverschiffern waren 9 mit deutschem Namen<br />

oder deutschen Gründern.^*“<br />

6. Transportwesen und Kommunikation<br />

Abläufe und Neuerungen im Transportwesen<br />

Mit einer Pferdestärke aus einem Dampfzylinder<br />

mit etwa 20 Zentimetern begann 1775 <strong>die</strong> Geschichte<br />

der bewegten Dampfschifffahrt. Der<br />

Franzose J. C. Perrier setzte mit <strong>die</strong>ser Kraft<br />

zwei beidseitig an einem kleinen Boot angebrachte<br />

Räder in Bewegung. Obwohl <strong>die</strong> Kraft<br />

nicht ausreichte, um das Boot gegen den Strom<br />

der Seine zu bewegen, war es der Beginn einer<br />

Entwicklung, <strong>die</strong> in nur 100 Jahren <strong>die</strong> Schifffahrt<br />

und <strong>die</strong> weltweite Mobilität von Menschen<br />

sowie von Waren revolutionierte.<br />

Technische Neuerungen revolutionieren <strong>die</strong><br />

Schiffahrt<br />

1783 gelang in Frankreich erstmals <strong>die</strong> Fahrt eines<br />

dampfgetriebenen Schiffes stromauf. Wenige<br />

Jahre später erreichte ein erstes Dampfschiff in<br />

Nordamerika auf dem Delaware im August 1787<br />

immerhin eine Geschwindigkeit von drei Knoten.<br />

Und 1788 beförderte ein Schiff desselben<br />

Ingenieurs, Fitch, schon 30 Passagiere über eine<br />

Entfernung von 20 Meilen mit 5,5 Knoten. Weitere<br />

erfolgreiche Versuche in der Dampfschifffahrt<br />

gab es in den 1780er Jahren in England<br />

und schließlich wurde ebendort der erste Dampfer<br />

für wirtschaftliche Zwecke gebaut. Mit dem<br />

Auftrag, Treidelpferde zu ersetzen, wurde ein<br />

hölzerner Schlepper mit einer Kraft von nominal<br />

zehn PS gebaut. Im März 1802 zog der Schlepper<br />

in sechs Stunden zwei beladene Schiffe mit einem<br />

Gewicht von je 70 Tonnen über eine Entfernung<br />

von 19,5 Meilen.<br />

Im 19. Jahrhundert gab es zunehmend erfolgreiche<br />

Einsätze von Dampfbooten und Dampfschiffen.<br />

Vor allem in der Binnenschifffahrt und<br />

besonders in Nordamerika wurde <strong>die</strong> Dampfschifffahrt<br />

getestet und auch praktisch im Transportgeschäft<br />

eingesetzt. Bald jedoch zeigten sich<br />

verschiedene Probleme, welche <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

von Dampfschiffen vorerst begrenzten.<br />

Die Dampfmaschinen beanspruchten <strong>die</strong> Rümpfe<br />

der Boote sehr stark, so dass es einen erhöhten<br />

Reparaturbedarf gab, was <strong>die</strong> Betriebskosten vergrößerte.<br />

Seit etwa 1831 wurden daher bei Werftaufenthalten<br />

Eisenverstrebungen in hölzerne<br />

Rümpfe gesetzt, um sie verwindungssteifer zu<br />

machen. Insgesamt zeigte sich, dass dem Ausbau<br />

der Schifffahrt durch hölzerne Rümpfe Grenzen<br />

gesetzt waren. Holzrümpfe konnten nicht länger<br />

als 90 Meter gebaut werden und ein hölzernes<br />

Schiff war etwa viermal schwerer als ein eisernes<br />

Schiff. Letzteres konnte also bei gleicher Antriebsleistung<br />

und Fahrgeschwindigkeit viermal<br />

so viel Ladung transportieren.^“ Der Einsatz von<br />

Eisenschiffen versprach deutlich höhere Gewinne<br />

für <strong>die</strong> Reeder.<br />

In der Binnenschifffahrt war <strong>die</strong> Entwicklung<br />

zu Eisenschiffen zur Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

abgeschlossen und durch den Einsatz von<br />

Dampfschleppern, beispielsweise auf dem<br />

Rhein, hatten sich Dampfer im regionalen beziehungsweise<br />

im nationalen Güterverkehr etabliert.^“<br />

Im Gütertransport zu Wasser machte sich<br />

positiv bemerkbar, dass der Energieverbrauch in<br />

der Binnenschifffahrt niedriger war als bei der<br />

Eisenbahn. Anders formuliert konnte „<strong>die</strong> gleiche<br />

Einheit Kraft auf dem Wasser mehr Fracht ziehen<br />

[...] als auf der Schiene“. Dadurch war <strong>die</strong> Bin­


nenschifffahrt bei „schweren Gütern wie Kohle<br />

und Koks, Eisen und Stahl, Petroleum, Bauholz<br />

und Zucker“ - auf der Weser und dem Rhein<br />

auch bei Reis - konkurrenzfähig und von Bedeutung.^^<br />

ln der Überseeschifffahrt dauerte es länger, <strong>bis</strong><br />

Eisenschiffe Holzschiffe verdrängt hatten und<br />

Dampfer Segelschiffe im wirtschaftlichen Nutzen<br />

schlussendlich überholten. Die erste Atlantiküberquerung<br />

mit der Hilfe von Dampfkraft<br />

gelang 1819 der S avannah. Dabei handelte es<br />

sich jedoch nicht um einen Dampfer, sondern<br />

um ein Segelschiff mit einem Hilfsantrieb, wie<br />

es in den ersten Jahrzehnten der Hochseeschifffahrt<br />

üblich war. Auf der 27-tägigen Überfahrt<br />

lief <strong>die</strong> Dampfmaschine insgesamt nur 85 Stunden.<br />

Die zum Vortrieb genutzte Dampfkraft wurde<br />

über ein Schaufelrad, zumeist beidseitig des<br />

Schiffes, in das Wasser gebracht. Auf offener<br />

See führte <strong>die</strong> Krängung der Schiffe durch den<br />

Wind dazu, dass häufig nur eines der beiden<br />

Schaufelräder im Wasser war. Die Kraft am anderen<br />

Schaufelrad konnte nicht für den Vortrieb<br />

genutzt werden. Außerdem wurden <strong>die</strong> Schaufeln<br />

des Öfteren durch besonders starke Wellen beschädigt.<br />

Ferner ist <strong>die</strong> Energieausnutzung eines<br />

Schaufelraddampfers relativ schlecht, da nur <strong>die</strong><br />

Schaufeln, <strong>die</strong> gerade senkrecht im Wasser stehen,<br />

hundertprozentig zum Vortrieb beitragen.^*^<br />

1838 war <strong>die</strong> Entwicklung der Schiffsschrauben<br />

so weit, dass dem Schraubendampfer R o b e r t F.<br />

Sto ckto n mit einer Besatzung von fünf Mann<br />

in 40 Tagen eine Atlantiküberquerang von England<br />

nach Amerika gelang. 1849 schließlich legte<br />

<strong>die</strong> britische Marine das erste Schiff auf Stapel,<br />

das von Beginn an mit einer Schraube statt einer<br />

Schaufel zum Antrieb konstruiert war.^“<br />

Ein weiteres großes Verbesserungspotential ergab<br />

sich bei den Dampfmaschinen. Diese arbeiteten<br />

anfangs mit kupfernen, später dann mit eisernen<br />

Kesseln, <strong>die</strong> im Laufe des 19. Jahrhunderts<br />

immer höhere Drücke zuließen. Zudem<br />

wurde der Wirkungsgrad der Maschinen kontinuierlich<br />

gesteigert. Der erzeugte Dampf wurde<br />

besser genutzt, beziehungsweise für <strong>die</strong> gleiche<br />

Kraft musste weniger Wärme, also auch weniger<br />

Brennstoff, aufgewendet werden. Eine erste sogenannte<br />

Verbundmaschine wurde 1830 von einem<br />

Niederländer eingesetzt. Verbundmaschinen<br />

nutzten den Dampf doppelt aus, indem sie ihn<br />

auf zwei Zylinder verteilten. Der heiße Dampf,<br />

der einen hohen Druck erzeugte, wurde in einem<br />

ersten Zylinder nutzbar gemacht. Danach wurde<br />

der schon abgekühlte Dampf in einen zweiten<br />

Niederdruckzylinder geleitet und ein weiteres<br />

Mal für den Antrieb verwendet, bevor er wieder<br />

in den Kondensator geleitet wurde. Flächendeckend<br />

wurde <strong>die</strong>se Antriebsart allerdings erst 30<br />

Jahre später, etwa ab 1860 angewandt, nachdem<br />

es einige Verbesserungen durch den Engländer<br />

John Eider gab. Zwanzig Jahre später, um 1880,<br />

gab es dann in der technischen Entwicklung den<br />

nächsten großen Schritt. Dreifach-Expansionsmaschinen<br />

hatten drei hintereinander geschaltete<br />

Zylinder, <strong>die</strong> über ihre unterschiedlichen Abmessungen<br />

den Dampf optimal zur Kolbenbewegung<br />

nutzten. Mit einem höheren Eintrittsdruck<br />

in der ersten Stufe, einer größeren zweiten<br />

Stufe und der dritten Stufe, bei der zwei Kolben<br />

zum Einsatz kamen, um den Durchmesser nicht<br />

zu groß bauen zu müssen, wurde <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

wiederum deutlich erhöht.^*^<br />

Der hohe Kohleverbrauch war eines der größten<br />

Hindernisse bei der Etablierung von Dampfern<br />

in der Überseeschifffahrt. Anklang fand <strong>die</strong>s bereits<br />

bei der Erwähnung des Johann Helfer, dessen<br />

Auftrag der East India Company 1837 lautete,<br />

in Birma Kohleflöze zu finden, um ebendort<br />

eine Bunkerstation für den Schiffsweg nach China<br />

einzurichten. Je höher der Kohlebedarf eines<br />

Schiffes war, desto mehr Heizer wurden benötigt,<br />

desto mehr Stauraum, der nicht zum Warentransport<br />

verwendet wurde, war mit Kohlen belegt<br />

und desto geringer wurde <strong>die</strong> Nutzlast der Schiffe.<br />

Der Kohleverbrauch je PS-Stunde sank zwischen<br />

<strong>1850</strong> und 1900 von 2,2 auf 0,5 Kilogramm<br />

und reduzierte <strong>die</strong> Bedeutung der zuvor genannten<br />

Schwierigkeiten deutlich. Große Verbesserungen<br />

gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

zugleich bei dem Eigengewicht der<br />

Antriebsmaschinen. Das Gewicht der Antriebsmaschinen<br />

der ersten Passagierdampfer der bri-<br />

89


tischen Cunard-Linie 1840 lag bei 660 Kilogramm<br />

je PS. Um 1900 lag das Maschinengewicht<br />

je PS nur noch bei 70 Kilogramm.^®* Der<br />

technologische Vorsprung Englands im Schiffbau<br />

zeigte sich auch in der britischen bCriegsmarine.<br />

1861 wurde das erste Kriegsschiff mit eisernem<br />

Rumpf in Dienst gestellt und <strong>die</strong> HMS I n f l e x i­<br />

b l e war 1881 der Prototyp eines modernen<br />

Schlachtschiffs, weil sie ohne jede Hilfsbesegelung<br />

auskam. Die britische Handelsmarine wiederum<br />

stellte ein Drittel der weltweiten Tonnage<br />

und transportierte damit etwa <strong>die</strong> Hälfte des weltweiten<br />

Frachtverkehrs auf See.^®^<br />

Die Innovationen von Eisenrumpf und Schiffsschraube<br />

und deren technischen Entwicklungen<br />

sowie <strong>die</strong> Verbesserungen der Antriebsmaschinen<br />

ermöglichten den rasanten Anstieg des globalen<br />

Waren- und Personenverkehrs in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts. Trotz zunehmender<br />

Dampfschifffahrt waren Segelschiffe über eine<br />

gewisse Zeit, auf bestimmten Routen und in einzelnen<br />

Bereichen - unter anderem beim Transport<br />

von Reis - aber durchaus noch konkurrenzfähig.<br />

Denn technische Verbesserungen zur Steigerung<br />

der Rentabilität gab es auch bei den<br />

Segelschiffen.<br />

Die beschriebenen Gewichtsvorteile von eisernen<br />

Rümpfen galten natürlich auch für Segelschiffe.<br />

Das erste deutsche Segelschiff mit einem eisernen<br />

Rumpf war 1858 <strong>die</strong> D e u t s c h l a n d der<br />

Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-<br />

Gesellschafri. ln Deutschland baute <strong>bis</strong> 1870<br />

nur <strong>die</strong> Reiherstiegwerft in Hamburg Eisensegler.<br />

Nach 1908 war es nur noch <strong>die</strong> seit 1880 damit<br />

befasste Hamburger Werft Blohm & Voss. Dazwischen<br />

gab es aber eine Hochphase im deutschen<br />

Segelschiffbau, der in <strong>die</strong>ser Zeit zu den<br />

weltweit führenden der Branche gehörte. Die<br />

Rickmers-Werft baute seit 1894 Stahlsegler. Am<br />

berühmtesten war <strong>die</strong> Werft Tecklenborg in<br />

Geestemünde, <strong>die</strong> mit der Fünfmastbark P o to sí<br />

und dem Fünfmastvollschiff P r e u s s e n <strong>die</strong> zu<br />

den größten Seglern der Welt gehörenden Schiffe<br />

fertigte.<br />

Die Frachtsegler nutzten gegen Ende des 19.<br />

Jahrhunderts Stahldrähte statt Hanfseilen, was<br />

<strong>die</strong> Haltbarkeit erhöhte. Die Be<strong>die</strong>nung der Takelagen<br />

wurde durch neuartige Winden, wie zum<br />

Beispiel <strong>die</strong> Jarvis-Brasswinde zum horizontalen<br />

Drehen der Rahen um <strong>die</strong> Mastachsen, erleichtert.<br />

Das erhöhte <strong>die</strong> Sicherheit auf den Schiffen<br />

und senkte <strong>die</strong> Betriebskosten, da weniger Personal<br />

benötigt wurde. Darüber hinaus wurden<br />

<strong>die</strong> Rümpfe nun nicht nur aus dem geeigneteren<br />

Material gebaut, sondern auch in neuen Formen.<br />

Statt mit Raumträgern wurden neue Rümpfe mit<br />

Rahmenspanten gebaut. Das brachte <strong>die</strong>selbe<br />

Stabilität, engte aber <strong>die</strong> Frachträume nicht ein.<br />

Zuletzt war einer der größten Vorteile von Seglern,<br />

dass sie eben keinen Raum zum Bunkern<br />

von Kohle benötigten.Somit hatte <strong>die</strong> Segelschifffahrt<br />

im Transport von Massengütern<br />

durchaus noch eine Chance gegen <strong>die</strong> Dampfschifffahrt.<br />

Die Vorteile des größeren Frachtraums eines Segelschiffs<br />

ohne Hilfsmaschine zeigten <strong>die</strong> Überlegungen<br />

der Rickmers Reismühlen, Rhederei<br />

und Schiffbau AG von 1910, eine vorhandene<br />

Hilfsmaschine auf der R ic k m e r G l a s e n R ic k ­<br />

m e r s auszubauen. Die R ic k m e r G l a s e n R ic k ­<br />

m e r s war bei der In<strong>die</strong>nststellung 1906 der fünfte<br />

Fünfmastrahsegler in der Welthandelsflotte und<br />

gehörte zu den größten Segelschiffen der Welt.<br />

Von den 7.900 Tonnen Ladekapazitäten gingen<br />

600 Tonnen durch den Kohlebunker für <strong>die</strong><br />

Dampfmaschine verloren. Zusätzlich wurden für<br />

<strong>die</strong> Be<strong>die</strong>nung sechs zusätzliche Mannschaftsmitglieder<br />

gebraucht. Ob auf <strong>die</strong> Auxiliar-Maschine<br />

verzichtet werden könnte, war eine Überlegung<br />

zur Senkung der Betriebskosten und Steigerung<br />

der Gewinne. Die Frage wurde 1910 mit<br />

einem Schiffs-Sachverständigen in Newcastle,<br />

der sich mit dem Reisgeschäft auskannte, vermutlich<br />

ein <strong>Deutscher</strong>, erörtert. Der Sachverständige<br />

Schwetmann gab zu bedenken, dass in<br />

der Fahrt nach Westen auf <strong>die</strong> Dampfkraft gut<br />

verzichtet werden könnte. Auf dem Weg nach<br />

Osten sei <strong>die</strong> Dampfkraft aber sehr wichtig: Erstens<br />

hatte der Hafen in Bassein noch zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts keinen Schlepper, was dem<br />

großen Segelschiff eine Einfahrt ohne Hilfsmaschine<br />

verwehrt hätte. Des Weiteren wäre der


Schlepper in Birmas wichtigstem Reishafen, in<br />

Rangun, zu schwach gewesen, um den großen<br />

Segler einzuholen und auszuschleppen. Drittens<br />

wäre es ohne Dampfkraft im Südwestmonsun<br />

kaum möglich, Bangkok, den wichtigsten Reishafen<br />

Siams und bedeutende Drehscheibe für<br />

den iimerasiatischen <strong>Reishandel</strong>, anzusteuem.^’^<br />

Die technische Entwicklung führte zu einem längeren<br />

Überleben der Segelschifffahrt. Durch <strong>die</strong><br />

stabileren Materialien am Rumpf und der Takelage<br />

konnte besser durch schweres Wetter gesegelt<br />

werden, durch bessere Wetterkunde wurden<br />

Fahrtrouten optimiert. Insgesamt nahmen <strong>die</strong><br />

Fahrgeschwindigkeiten damit leicht zu. Besonders<br />

verbesserte sich aber das Verhältnis der Ladekapazität<br />

je Besatzungsmitghed, was sich stark<br />

auf <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit auswirkte. 1854 konnten<br />

je Mann 26 Tonnen geladen werden, 1904<br />

waren es mit 140 Tonnen je Mann mehr als fünf<br />

Mal so viel.^^^<br />

Die Zahl der Segelschiffe in der weltweiten Handelsflotte<br />

sank zwischen 1875 und 1905 von<br />

57.258 auf 27.122 Schiffe. Ihre Bedeutung für<br />

den Welthandel verloren Segelschiffe dennoch<br />

nicht vollständig,<br />

„da sie auf weiten Strecken kostengünstiger<br />

operieren konnten als <strong>die</strong> Dampfer und zudem<br />

bei günstigen Windverhältnissen schneller<br />

fuhren. Deshalb wurde z.B. <strong>die</strong> deutsche Seglerflotte<br />

weiterhin genutzt, um Reis aus Hinterin<strong>die</strong>n,<br />

Wolle aus Australien sowie Petroleum<br />

in Fässern aus Nordamerika zu holen<br />

J J »374<br />

Entwicklung der Schiffahrt in Bremen<br />

und bei Rickmers<br />

Bremen gehörte trotz seiner maritimen Tradition<br />

nicht zu den führenden Regionen in der Dampfschifffahrt<br />

oder im Bau von Dampfern. Der erste<br />

Dampfer in Bremen wurde bei Johann Lange in<br />

Vegesack gebaut, nachdem <strong>die</strong>ser von einer Fortbildungsreise<br />

aus England zurückkehrte. Die<br />

W e s e r war das dritte in Deutschland gebaute<br />

Dampfschiff und versah <strong>bis</strong> 1833 einen Passagier<strong>die</strong>nst<br />

auf der Unterweser. Die Lange-Werft<br />

baute zwar noch fünf weitere Dampfer <strong>bis</strong> zur<br />

Mitte des Jahrhunderts, aber alle blieben Einzelstücke.<br />

Noch 1868 scheiterten <strong>die</strong> Lange-Söhne<br />

mit dem Bau eines Schraubendampfers für<br />

<strong>die</strong> Atlantikfahrt. Und während 1837 schon der<br />

erste eiserne Dampfer am Rhein gebaut wurde,<br />

bestellten Kaufleute in Bremen 1839 ein solches<br />

Schiff noch in England.^^^<br />

Neben der beschriebenen Begrenzung in der<br />

Größe bei Schiffen mit Holzrümpfen wurde für<br />

den Schiffbau geeignetes Holz in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend knapper.<br />

Trotzdem hielten <strong>die</strong> meisten Werften in<br />

Deutschland und Bremen am Holzschiffbau fest<br />

und erkannten erst spät, dass „Eisen das Material<br />

der Zukunft“ war. „Überleben [konnten] nur <strong>die</strong><br />

Segelschiffbauuntemehmer, <strong>die</strong> den vollständigen<br />

Übergang zum Eisenschiffbau [vollzogen].<br />

R. C. Rickmers hat sich <strong>bis</strong> zu seinem Tod 1886<br />

geweigert, Eisen als Konstruktionselement anzuerkennen.<br />

Die Verweigerung des Patriarchen der Rickmers-<br />

Familie, sich dem Eisenschiffbau anzunähem,<br />

bestimmte <strong>bis</strong> zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

<strong>die</strong> Geschicke der Rickmers-Werft. Andreas<br />

Rickmers war zwar ebenso wie sein Vater gelernter<br />

Schiffszimmermann, 1854 reiste er jedoch<br />

zur Vertiefung seiner Fähigkeiten im Schiffbau<br />

nach England und in <strong>die</strong> Vereinigten Staaten.<br />

Auf Grund der bereits dargestellten technologischen<br />

Entwicklung im Schiffbau ist fest davon<br />

auszugehen, dass er dabei Einblicke in den Eisenschiffbau<br />

erlangte. Dieses Wissen hätte er in<br />

<strong>die</strong> väterliche Werft mit einbringen können. Genau<br />

<strong>die</strong>s strebten er und sein Bruder Peter Rickmers<br />

(1838-1902) auch an, konnten sich gegen<br />

den Vater und Firmenchef jedoch nicht behaupten,<br />

weshalb ausschließlich am Bau von Holzschiffen<br />

festgehalten wurde. Das prämierte Modell<br />

der I d a Z ie g l e r auf der Weltausstellung von<br />

Paris 1855 war ein vorläufiger Höhepunkt der<br />

Rickmers’schen Werft. Nur zehn Jahre später<br />

wurde der vorerst letzte Neubau an einen Fremdkunden<br />

abgeliefert und <strong>die</strong> Werft stand vor großen<br />

strukturellen Problemen.^’’<br />

Als Symbol <strong>die</strong>ser Probleme können <strong>die</strong> Arbeits-<br />

91


niederlegungen auf der Rickmers-Werft im Juli<br />

1867 gelten. Die gesamte Unterweserregion war<br />

ein Zentrum des deutschen Holz- und Segelschiffbaus<br />

Deutschlands. Damit ging einher, dass<br />

<strong>die</strong> allermeisten Werften auf Grund des technologischen<br />

Rückstands gegenüber dem Schiñhau<br />

in Amerika und England wirtschaftliche Probleme<br />

hatten. Ausgelöst durch steigende Preise -<br />

Lebensmittelkosten hatten sich seit 1864 verdoppelt<br />

- kam es im Frühjahr zu Streiks bei<br />

Schiffszimmerern, <strong>die</strong> eine Anpassung der Löhne<br />

an <strong>die</strong> hohen Lebensmittelpreise und eine Reduzierung<br />

der Arbeitszeiten forderten. Es kam<br />

zu Sympathiestreiks, <strong>bis</strong> schließlich alle 36 Werften<br />

im bremischen, oldenburgischen und preußischen<br />

Gebiet an der Weser, immerhin fast<br />

3.000 Beschäftigte, erfasst waren. Da <strong>die</strong> Handwerker<br />

keine Arbeitsaltemativen und <strong>die</strong> Werften<br />

keine besseren wirtschaftlichen Aussichten hatten,<br />

endeten <strong>die</strong> Streiks trotz moderater Zugeständnisse<br />

an <strong>die</strong> Arbeiter fast ergebnislos.^’*<br />

Rickmer Glasen Rickmers hielt weiterhin an<br />

zwei Produktionsstandorten fest, der ersten Werft<br />

in Bremerhaven sowie dem 1856 neu gebauten<br />

Gelände in Geestemünde. Dadurch entstand ein<br />

Kostendruck, der nur durch <strong>die</strong> wirtschaftlichen<br />

Erfolge der hauseigenen Reederei im Transport<br />

von Kohle nach Asien, in der asiatischen Trampschifffahrt<br />

und dem Reistransport nach Europa<br />

aufgefangen wurde. Mit der zunehmenden<br />

Durchsetzung der Dampfschifffahrt gab es gerade<br />

in der asiatischen Küstenfahrt sehr schnell<br />

Konkurrenz für <strong>die</strong> Rickmers-Segler. Zusätzlich<br />

wurde durch den 1869 eröffneten Suezkanal <strong>die</strong><br />

Reisezeit nach Europa stark verkürzt. Die Reisezeit<br />

von In<strong>die</strong>n oder Asien nach Hamburg reduzierte<br />

sich um etwa 24 Tage. Obwohl <strong>die</strong><br />

Frachtraten höher lagen, waren Dampfer für bestimmte<br />

Güter attraktiver. Das lukrative Reedereigeschäft<br />

geriet daher auch unter Druck, obwohl<br />

<strong>die</strong> Flotte, <strong>die</strong> 1869 aus elf Schiffen und<br />

zwei Schiffsbeteiligungen bestand, beständig<br />

durch <strong>die</strong> Einstellung der hauseigenen Neubauten<br />

und den Verkauf älterer Schiffe modernisiert<br />

wurde. 1873 schloss Rickmer Glasen Rickmers<br />

das alte Werftgelände in Bremerhaven. Von den<br />

sieben Neubauten zur Ergänzung und Erneuerung<br />

der hauseigenen Flotte waren nur noch zwei<br />

auf dem alten Gelände gebaut worden. Auch der<br />

für Aufsehen sorgende Neubau D e ik e R ic k m e r s ,<br />

das <strong>bis</strong> dahin größte hölzerne Segelschiff einer<br />

deutschen Werft, änderte an der schwierigen Lage<br />

des Schiffbaubetriebes nichts.<br />

Mit der Weltwirtschaftskrise 1873 verstärkte sich<br />

der Konkurrenzkampf im Reedereigeschäft weiter.<br />

Um Entlastung zu schaffen, versuchte Andreas<br />

Rickmers 1876 im Auftrag der Firma mit<br />

dem Petroleumimporteur Wilhelm Anton Riedemann^’^<br />

einen Schleppdampfcr<strong>die</strong>nst zu gründen.<br />

Mit dem gesicherten Bedarf an Schleppdampfern<br />

durch <strong>die</strong> Rickmers- und <strong>die</strong> Riedemann-Flotten<br />

sollte der Durchbruch gegen <strong>die</strong><br />

bestehende Konkurrenz abgesichert werden. Zugleich<br />

weist eine Anfrage über Dampfmaschinen<br />

an eine englische Firma darauf hin, dass mit<br />

dem Bau von Schleppdampfern auch der Rickmers-Werft<br />

unter <strong>die</strong> Arme gegriffen werden<br />

sollte. Realisiert wurde das Projekt jedoch nicht.<br />

Ein weiterer Plan Rickmer Glasen Rickmers’,<br />

um das Reedereigeschäft auf sicherere Beine zu<br />

stellen, war ein langfristiges Abkommen mit der<br />

Essener Firma Friedrich Krupp über den Transport<br />

von Kohle nach Asien. Auf eine erste<br />

Schiffsladung Kohle nach Rangun folgte aber<br />

<strong>die</strong> Beendigung der Zusammenarbeit.^*“<br />

Aus einer aufstrebenden Werft um <strong>1850</strong> wurde<br />

in nur einem knappen Jalirzehnt ein Sanierungsfall,<br />

denn <strong>die</strong> Werft hatte mit der Ablehnung des<br />

Baus von Eisenschiffen den technologischen Anschluss<br />

verpasst. Das einträgliche Reedereigeschäft<br />

ermöglichte es dem leidenschaftlichen<br />

Holzschiffbauer Rickmer Glasen Rickmers, <strong>die</strong><br />

defizitäre Werft finanziell zu bezuschussen. Die<br />

Auslastung der Segelschiffe wurde jedoch zu einer<br />

immer größeren Herausforderung, da <strong>die</strong><br />

Konkurrenz der Dampfschiffe beständig zunahm.<br />

Segelschiffe waren immer mehr auf den Transport<br />

von Massengütern festgelegt, bei denen es<br />

keinen großen Zeitdruck gab. Bei solchen Gütern<br />

blieben Segelschiffe durch <strong>die</strong> niedrigeren Betriebskosten<br />

und günstigeren Frachtraten trotz<br />

des Umweges um das Kap der Guten Hoffnung


herum konkurrenzfähig. Da andere Projekte für<br />

eine langfristige Auslastung der Flotte scheiterten,<br />

wurden <strong>die</strong> Rickmers-Unternehmungen<br />

zwangsweise immer mehr auf das Reisgeschäft<br />

ausgerichtet. Als schließlich 1894 <strong>die</strong> ersten eisernen<br />

Dampfschiffe auf der Rickmers-Werft<br />

gebaut wurden, war <strong>die</strong>se Entwicklung zum<br />

Reisgeschäft bereits durch <strong>die</strong> Entscheidungen<br />

der vorangegangenen Jahrzehnte besiegelt.<br />

Reistransporte innerhalb Asiens<br />

Die Reistransporte in den Anbauländem Asiens<br />

vom Bauern zum Markt durch <strong>die</strong> Zwischenhändler<br />

sind bereits beschrieben worden. Die finanziellen<br />

Zwänge der oft auf Kredit lebenden<br />

Bauern führten dazu, dass Silos gar nicht erst<br />

gebaut wurden, weil ihr Unterhalt nicht zu finanzieren<br />

gewesen wäre und weil <strong>die</strong> Bauern <strong>die</strong><br />

sofortigen Erlöse ihrer Ernte zur Tilgung ihrer<br />

Schulden benötigten. Der bedeutendste Transportweg<br />

von den Kleinbauern zu den Großmühlen<br />

waren <strong>die</strong> Flüsse. Seit 1877 <strong>die</strong> erste Bahnlinie<br />

zwischen Rangun und Prome, dem heutigen<br />

Pyay, eröffnet wurde, gab es eine weitere Möglichkeit<br />

zum Reistransport. Zumeist jedoch ging<br />

der per Eisenbahn transportierte Reis zuvor durch<br />

mehr Hände beziehungsweise eine größere Zahl<br />

an Zwischenhändlern war an der Befüllung eines<br />

Zuges beteiligt. Dadurch mischten sich auch immer<br />

mehr Reissorten, was <strong>die</strong> Qualität und damit<br />

den Wert des Reises senkte.^*'<br />

Dies galt nicht, wenn der Reis statt in loser<br />

Schüttung in Säcken transportiert wurde. Dies<br />

dürfte aber auf Grund der Kosten selten gewesen<br />

sein und auch eher zu Beginn des 20. Jahrhunderts,<br />

als es bereits Reismühlen im Landesinneren<br />

gab, der Fall gewesen sein. Wurde Reis in<br />

seltenen Fällen dennoch in Säcke verpackt, passierte<br />

<strong>die</strong>s an den Sammelpunkten der Eisenbahn-Verladestationen<br />

und <strong>die</strong> Kosten dafür wurden,<br />

ebenso wie <strong>die</strong> Kosten für <strong>die</strong> Transporte<br />

auf den Ochsenkarren dorthin, vom Käufer beglichen.^*^<br />

Im Unterschied dazu war im Handel<br />

in Deutschland der Verkauf in Säcken gebräuchlich:<br />

„Zwischen der Bezeichnung Sacken und Ballen<br />

besteht kein Unterschied. In Bremen ist<br />

fast ausschließlich der Ausdruck, В allen* gebräuchlich,<br />

während man in Hamburg allgemein<br />

<strong>die</strong> Packung mit Sack bezeichnet, ln<br />

[beiden] Fällen handelt es sich meist um Original-Säcke<br />

von ca. 100 <strong>bis</strong> 110 kg. brutto.<br />

Auch kleine Packungen <strong>bis</strong> zu 65 kg. bezeichnet<br />

man im Allgemeinen mit Sack, während<br />

<strong>die</strong> darunter liegende Packung hier sowohl<br />

als auch in Bremen als Beutel bezeichnet<br />

wird.“^*^<br />

Auf <strong>die</strong> überragende Bedeutung der Flüsse im<br />

Reistransport innerhalb der Anbauländer sei hier<br />

ein weiteres Mal verwiesen. Über <strong>die</strong> Wasserwege<br />

wurde der allergrößte Teil der Ernten verschickt.<br />

“Thousands of country boats known locally<br />

as paddy gigs or tonkins holding 500-1,000<br />

baskets, and propelled by sail and oar are engaged<br />

in this work.”^*“*<br />

Die Dampfschifffahrt in Asien war bereits in der<br />

ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weit entwickelt.<br />

Auch dabei galt, dass <strong>die</strong> Flussschifffahrt<br />

mit Maschinenkraft früher als <strong>die</strong> Hochseeschifffahrt<br />

realisiert wurde. 1820 befuhr in In<strong>die</strong>n ein<br />

Dampfer den Indus und schon 1829 verkehrten<br />

vier Schiffe auf dem Ganges. In Indonesien wurde<br />

der erste Dampfer 1825 gebaut und in Fahrt<br />

gesetzt. Das erste Dampfboot am Indischen Ozean<br />

wurde 1827 in Port Louis auf Mauritius gebaut.<br />

China erreichte erstmals 1830 ein Dampfboot,<br />

aber schon 1832 soll es eine regelmäßige<br />

Dampferverbindung von Peking nach Kanton<br />

gegeben haben.^*^ In Birma wurde 1868 <strong>die</strong> Irrawaddy<br />

Flotilla Company als Dampfschifffahrtsgesellschaft<br />

gegründet. Wann <strong>die</strong> Burmese<br />

Steam Navigation Company gegründet wurde,<br />

ist nicht zu klären, 1871 bestanden aber bereits<br />

beide Gesellschaften, als <strong>die</strong> Regierung ein Abkommen<br />

Unterzeichnete, das zur Vereinfachung<br />

der Immigration Transporttarife für <strong>bis</strong> zu 25<br />

Migranten auf bestimmten Strecken je Dampferfahrt<br />

übernahm. Diese Subventionierung des<br />

Dampferbetriebs mag mit dazu beigetragen haben,<br />

dass <strong>die</strong> Irrawaddy Flotilla Company zu ihrem<br />

zehnjährigen Bestehen <strong>die</strong> große Zahl von<br />

93


í-<br />

г<br />

29 Dampfern und 40 Schuten im Einsatz hatte.^*'’<br />

“The Steamers of the Irrawaddy Со., carry considerable<br />

quantities also, but it is very small<br />

compared with that brought in by the cargo boats,<br />

as steamer is more costly.”^®’ Die Dampfer wurden<br />

in erster Linie für <strong>die</strong> Passagierfahrt genutzt,<br />

<strong>die</strong> große Zahl an Schuten weist jedoch darauf<br />

hin, dass <strong>die</strong> Gesellschaft auch stark im Transportgeschäft<br />

engagiert war.<br />

Die Veränderungen und den Ausbau der Infrastruktur<br />

in Birma, ein wichtiger Punkt für <strong>die</strong><br />

Anbindung der gesamten inländischen Reisproduktion<br />

an den Weltmarkt, fasst Grant folgendermaßen<br />

zusammen:<br />

“Before the British connection Burma was<br />

practically roadless and nothing more than<br />

jungle tracks existed. Communications were<br />

therefore mainly by waterways by means of<br />

slowly-moving country-craft. From 1860 onwards<br />

communications were steadily improved.<br />

[...] Roads and railways were constructed,<br />

the first railway line to be opened<br />

being the Rangoon-Prome line in 1877. [...]<br />

Between 1870 and 1900 the Twante Canal<br />

was improved, the Pegu-Sittang Canal, and<br />

the Pegu-Kyaikto Canals were cut in order to<br />

provide inland waterways for country boats<br />

and small steamers.”^**<br />

Birma war das größte und für den globalen <strong>Reishandel</strong><br />

bedeutsamste asiatische Reisanbauland.<br />

Es war aber nicht das einzige Anbauland und<br />

bei weitem hatte Birma nicht den größten Reisbedarf<br />

für <strong>die</strong> Konsumtion. Bengalen als weiteres<br />

großes Anbaugebiet in Britisch-In<strong>die</strong>n, Siam,<br />

Französisch-Indochina, Japan, China und Niederländisch-Ostin<strong>die</strong>n<br />

ergänzten den asiatischen<br />

Reismarkt. Je nach der Güte einzelner Ernten,<br />

kleineren oder auch größeren Hungersnöten und<br />

regionalen Preisen beeinflussten sich <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Märkte gegenseitig. Entsprechend<br />

der Nachfrage - China beispielsweise trat nicht<br />

als Reisexporteur auf dem Weltmarkt auf, hatte<br />

aber eine sehr große Nachfrage nach Reis - gab<br />

es nicht nur Reistransporte innerhalb der Anbauländer<br />

mit dem Ziel des Exports nach Europa,<br />

sondern auch viele Reistransporte innerhalb<br />

94<br />

Asiens. Siam und Indochina heheferten vor allem<br />

China und den Fernen Osten mit Reis, bengalischer<br />

Reis ging über Kalkutta in andere indische<br />

Häfen und erreichte in erster Linie <strong>die</strong> Importeure<br />

westlich der Malaiischen Halbinsel, während<br />

Birmareis großteils nach Europa exportiert<br />

wurde. Bei der Verflechtung des asiatischen<br />

Reismarkts entstand ein sehr komplexes Netzwerk<br />

mit Birma, Französisch-Indochina und Siam<br />

als Hauptexporteuere, wohingegen China<br />

und Singapur <strong>die</strong> wichtigsten Importeure waren.<br />

Daher hatten Singapur und Hongkong eine <strong>zentrale</strong><br />

Bedeutung: “Singapore was a key distribution<br />

centre in the international rice trade; it was<br />

there that the flows of rice east from Burma met<br />

the flows of rice west from French Indo-China<br />

and Siam” und “Hong Kong was an important<br />

redistribution centre for the Far East”.^®^<br />

Der country trade, der Handel zwischen den asiatischen<br />

Ländern, der <strong>die</strong> Verflechtung der nationalen<br />

Reismärkte erst ermöglichte, existierte bereits<br />

viele Jahre im innerasiatischen Warenaustausch.<br />

So, wie sich seit dem Auftauchen der<br />

europäischen Handelskompanien selbige daran<br />

beteiligten, waren europäische Händler und Reedereien<br />

im 19. Jahrhundert als praktische Nachfolger<br />

frühneuzeitlicher Handelskompanien im<br />

innerasiatischen <strong>Reishandel</strong> wichtige Akteure.<br />

Nach der erzwungenen schrittweisen Öffnung<br />

chinesischer Häfen durch <strong>die</strong> Briten im Vertrag<br />

von Nanking 1842 ergaben sich für europäische<br />

Händler neue Geschäftsfelder, <strong>die</strong> in den folgenden<br />

Jahren mit großem wirtschaftlichem Erfolg<br />

angenommen wurden.<br />

Für eine ganze Reihe Bremer Firmen und Bremer<br />

Schiffe gibt es Nachweise über den Transport<br />

von Reis im asiatischen Raum und besonders<br />

nach China. Für 1859 gibt Ziegler 26 Schiffe<br />

unter Bremer Flagge an, <strong>die</strong> in Hongkong einliefen.<br />

Versehen mit Angaben über den Kapitän,<br />

den Herkunfts- und den nächsten Zielhafen sowie<br />

<strong>die</strong> Ladung lässt sich ein gutes Bild vom innerasiatischen<br />

Handel durch deutsche Schiffe<br />

zeichnen. Mehrere Schiffe unternahmen keine<br />

ganz großen Seereisen und kamen öfter in den<br />

Hafen. Die J o h a n n a C a e s a r unter Kapitän Be­


cker beispielsweise erreichte Hongkong 1859<br />

vier Mal. Von den 26 Schiffen hatten drei Schiffe<br />

bei der Ankunft Reis aus Akyab, Samarang und<br />

Bangkok geladen. Auslaufende Schiffe hatten<br />

zehn Mal Kaufmannsgut als Ladung deklariert,<br />

liefen neun Mal nur mit Ballast aus - sechs Mal<br />

davon zu den Reishäfen Bangkok und Singapur<br />

- und hatten vier Mal Reis geladen. Zielhäfen<br />

der Reistransporte waren Shanghai und Fuchow,<br />

heute Fuzhou, im nördlicheren China und<br />

Whampoa, der heutige Bezirk Huangpu in der<br />

Stadt Guangzhou, im Südosten von Hongkong.^*<br />

Auf den ersten Blick überraschend ist, dass ein<br />

mit Reis beladenes Schiff, <strong>die</strong> E u r o p a , direkt<br />

nach Bremen absegelte. Auf den zweiten Blick<br />

bestätigt es jedoch <strong>die</strong> Aussage Leonhards, dass<br />

<strong>die</strong> Küstenschifffahrt ein einträgliches Geschäft<br />

für kleinere Segler war und Schiffe zuweilen<br />

Jahre in der dortigen Fahrt verbrachten, bevor<br />

sie zurückkehrten.Vielleicht musste <strong>die</strong><br />

E uropa unter Kapitän Ariaans nach Bremen zurückkehren<br />

und es war zu dem Zeitpunkt keine<br />

lohnendere Fracht zu erreichen.<br />

Die Bedeutung der asiatischen Küstenfahrt und<br />

des <strong>Reishandel</strong>s zwischen den asiatischen Ländern<br />

lässt sich an der Geschichte des Hamburger<br />

Handelshauses Siemssen & Co. ablesen. Die<br />

1846 in Kanton gegründete Firma befasste sich<br />

mit dem Handel in China sowie zwischen Hamburg<br />

und China. Besonders mit dem Handel von<br />

Reis zwischen Singapur, Bangkok und Hongkong.<br />

In Singapur kauften <strong>die</strong> Firmen Behn,<br />

Meyer & Co., 1840 vom späteren bremischen<br />

Konsul Theodor August Behn gegründet, um<br />

Kommissionsgeschäfte zu betreiben, sowie Pickenpack,<br />

Thies & Co., <strong>die</strong> geschäftlichen Opponenten<br />

des nach der Konsulatswürde in Bangkok<br />

strebenden Adolph Markwald, Reis für<br />

Siemssen & Co. ein. Dieselbe Aufgabe übernahm<br />

<strong>die</strong> Firma Büsing, Schröder & Co. in<br />

Bangkok, ln Hongkong übernahm Siemssen &<br />

Co. <strong>die</strong>se Reisladungen und setzte sie in China<br />

ab. Die Firmen rechneten sich dabei gegenseitige<br />

Provisionen an und erwirtschafteten so gemeinschaftlich<br />

einen Gewinn aus den Differenzen<br />

von niedrigen Einkaufs- und hohen Verkaufspreisen.<br />

Während nordwärts Reis und Zucker<br />

gehandelt wurden, transportierte Siemssen &<br />

Co. südwärts zumeist Erbsen und Bohnenkuchen.<br />

Die Gewinne aus dem Küstenverkehr wiederum<br />

wurden in Tee investiert, der nach Europa<br />

versandt wurde. So wurde der überregionale<br />

Reismarkt mit dem globalen Teemarkt vernetzt<br />

und beide Produkte in den Welthandel integriert.<br />

Daraus ergaben sich „während eines vollen Jahrzehnts“<br />

<strong>bis</strong> Ende der 1860er Jahre gute Gewinne<br />

für <strong>die</strong> Firma Siemssen & Co.^^^ Aus der Verbindung<br />

des Teehandels mit dem Reisgeschäft<br />

ergab sich ab 1860, dass Fuchow für Siemssen<br />

& Co. zunehmend bedeutender wurde, denn Fuchow<br />

gehörte zu den größten chinesischen Einkaufsplätzen<br />

für Tee. 1863 kauften Siemssen &<br />

Co. dort ein Lagerhaus für Reis, ein Jahr später<br />

ein benachbartes Wohn- und Kontorhaus und<br />

schufen so <strong>die</strong> Grundlage für weitere zwanzig<br />

lohnende Jahre im innerasiatischen Reisgeschäft.^®^<br />

Auch wenn es hier nicht nachweisbar<br />

ist, kann es durchaus sein, dass <strong>die</strong> bereits genannte<br />

J o h a n n a C a e s a r , <strong>die</strong> 1859 Reis von<br />

Hongkong nach Fuchow brachte, für Siemssen<br />

& Co. fuhr.<br />

Ein Erfolgsfaktor für <strong>die</strong> deutschen Schiffe in<br />

der chinesischen beziehungsweise asiatischen<br />

Küstenschifffahrt waren ihre Segeleigenschaften.<br />

Dschunken, <strong>die</strong> häufigste Schiffsart in Asien,<br />

eigneten sich nicht besonders gut, um gegen den<br />

Monsun anzukreuzen. Damit blieben ihnen nur<br />

eine große Fahrt nach Süden während des Nordostmonsuns<br />

von Oktober <strong>bis</strong> April und eine Fahrt<br />

nach Norden im Südwestmonsun von April <strong>bis</strong><br />

Oktober. Die europäischen Schiffe konnten im<br />

Gegensatz dazu ganzjährig in jede Richtung fahren,<br />

indem sie bei Bedarf gegen den Monsun<br />

kreuzten.Des Weiteren galt für <strong>die</strong> deutschen<br />

Schiffe, dass sie in Singapur besonders beliebt<br />

gewesen sind. Sie galten als sicher, während <strong>die</strong><br />

chinesischen Dschunken schwierig zu versichern<br />

waren.<br />

Betrachtet man noch einmal <strong>die</strong> Herkunfts- und<br />

Zielhäfen der in Hongkong ein- und auslaufenden<br />

bremischen Schiffe aus dem Jahr 1859,<br />

zeichnet sich bereits ab, wie stark der Handel,<br />

95


Îî<br />

<strong>die</strong> deutsche Schifffahrt und auch der deutsche<br />

<strong>Reishandel</strong> im asiatischen Raum vernetzt waren.<br />

Fünf chinesische Häfen, drei australische Häfen,<br />

und Häfen in Japan, Birma, Singapur, Siam, Indonesien<br />

und Hawaii, also der gesamte ostindische<br />

und pazifische Raum, wurden 1859 durch<br />

Schiffe aus Bremen wirtschaftlich verknüpft.^®®<br />

Dazu kamen natürlich noch <strong>die</strong> Schiffe anderer<br />

deutscher Staaten, <strong>die</strong> englischen Schiffe, welche<br />

als einzige <strong>die</strong> Zahl deutscher Schiffe im asiatischen<br />

Verkehr übertrafen, sowie <strong>die</strong> Segler dritter<br />

Nationen. Allein Birma, das für den Export<br />

nach Osten nicht das wichtigste Anbauland war,<br />

exportierte 1874/75-1880/81 71.000 Tonnen,<br />

1881/82-1890/91 165.000 Tonnen und 1891/92-<br />

1900/01 262.000 Tonnen Reis nach Osten.<br />

Reistransporte zwischen Asien und Europa<br />

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />

größerer Reisverschiffungen von Birma<br />

nach Europa, weil Angebot und Nachfrage<br />

stiegen. Und so wie <strong>die</strong> technischen Entwicklungen<br />

ein immer umfassenderes Vordringen der<br />

Europäer nach Asien ermöglichten, vergrößerten<br />

sich <strong>die</strong> Anstrengungen, aber auch <strong>die</strong> Möglichkeiten<br />

zur Schaffung einfacherer Reisewege von<br />

In<strong>die</strong>n und Asien nach Europa.<br />

Um 1860 konnte eine Reise von Bremen nach<br />

In<strong>die</strong>n mit einem Segelschiff um <strong>die</strong> Südspitze<br />

Afrikas herum noch um <strong>die</strong> 100 Tage dauern.<br />

Dass <strong>die</strong>se Reisedauer einen globalen Handel<br />

stark beeinträchtigte, lag auf der Hand, und seit<br />

den 1820er Jahren wurde intensiv nach einer<br />

Verkürzung der Wege gesucht. Schon 1767 hatte<br />

<strong>die</strong> britische East India Company einen Stützpunkt<br />

in Busher, im heutigen Iran. Von <strong>die</strong>sem<br />

britischen Einflussgebiet heraus, das aus In<strong>die</strong>n<br />

wiederum gut erreichbar war, wurde nach einem<br />

Landweg zum Mittelmeer gesucht. Der bereits<br />

bekannte Johann Wilhelm Helfer nahm 1835 an<br />

der Expedition des Iren Francis Rawdon Chesney<br />

teil, der <strong>die</strong> Möglichkeit einer Postverbindung<br />

mit In<strong>die</strong>n durch Arabien auf den Flüssen Euphrat<br />

und Tigris nachwies. Diese Expedition war<br />

mit einem großen technologischen Aufwand verbunden,<br />

es wurden zwei Dampfschiffe eingesetzt.<br />

Dabei gab es zwar einige Hindernisse zu<br />

überwinden, beispielsweise war <strong>die</strong> Dampfmaschine<br />

anfangs zu schwach, um gegen den Strom<br />

arbeiten zu können, zwischendurch saß ein Schiff<br />

13 Tage auf einer Sandbank fest oder <strong>die</strong> Brennstoffversorgung<br />

war immer wieder eine Herausforderung.<br />

Die größere E u p h r a t erreichte das<br />

Ziel jedoch. Der kleinere Versorgungsdampfer<br />

T ig r is hingegen kenterte in einem plötzlichen<br />

Sandsturm und sank. Vom Indischen Ozean kommend,<br />

über den Golf von Oman, den Persischen<br />

Golf und den Schatt el-Arab, den Zusammenfluss<br />

von Euphrat und Tigris, waren <strong>die</strong> beiden<br />

großen Flüsse der Ara<strong>bis</strong>chen Halbinsel als Weg<br />

nach Europa erreichbar und - mit Hindernissen<br />

- schiffbar.<br />

Die alternative Route zur Umgehung des afrikanischen<br />

Kontinents setzte sich jedoch durch.<br />

Der Weg vom Indischen Ozean durch den Golf<br />

von Aden und das Rote Meer nach Suez und<br />

von dort über Land nach Kairo wurde im 19.<br />

Jahrhundert der kürzeste Reiseweg von In<strong>die</strong>n<br />

nach Europa. Der englische Marineoffizier Thomas<br />

Fletcher Waghorn erkundete <strong>die</strong>sen Weg<br />

bereits 1825. Einem Chairman der East India<br />

Company hatte er angekündigt, Post in 90 Tagen<br />

von London nach In<strong>die</strong>n bringen zu können. Auf<br />

dem Landweg ging <strong>die</strong> Reise <strong>bis</strong> Marseille oder<br />

Triest, von dort dann mit einem Schiff <strong>bis</strong> nach<br />

Alexandria. Per Boot ging es weiter nach Kairo<br />

und von dort wiederum über Land nach Suez,<br />

um ein Schiff nach In<strong>die</strong>n zu besteigen. Waghorns<br />

erster Versuch dauerte entgegen der Ankündigung<br />

noch 4 Monate und 21 Tage. In der<br />

Folge quittierte er aber den Dienst in der Marine,<br />

verbesserte <strong>die</strong> Reisebedingungen durch Ägypten<br />

und etablierte <strong>die</strong> neue Route, so dass schon<br />

1835 <strong>die</strong> Strecke üblicherweise in 90 Tagen geschafft<br />

wurde. Dabei war sein Unternehmen<br />

recht erfolgreich, <strong>bis</strong> es 1841 mit einem Konkurrenten<br />

fusionieren musste und 1842 vom<br />

ägyptischen Vizekönig Muhammed Ali Pascha<br />

verstaatlicht wurde und als Egyptian Transit<br />

Company firmierte. 1835 nahmen 275 Passagiere<br />

den Weg Waghorns, 1845 waren es bereits 2.100


Reisende und 1855 3.000 Personen, <strong>die</strong> über Suez<br />

zwischen In<strong>die</strong>n und Europa verkehrten.<br />

Dieser Reiseweg eignete sich jedoch kaum für<br />

größeren Warentransport, so dass Europa und<br />

In<strong>die</strong>n wirtschaftlich nicht näher zusammenwuchsen,<br />

während andererseits <strong>die</strong> Reise durch<br />

Ägypten in das Programm des Tourismus-Pioniers<br />

Thomas Cook aufgenommen wurde.<br />

Die Reisezeit nach In<strong>die</strong>n betrug in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts um <strong>die</strong> 40 Tage, wovon<br />

nur noch drei Tage für <strong>die</strong> Überlandreise<br />

vom Mittelmeer zum Roten Meer benötigt wurden.<br />

Nach wie vor ging es dabei jedoch um <strong>die</strong><br />

Beförderung von Nachrichten und Personen, weniger<br />

um Güter. Eine Veränderung ergab sich<br />

auch nicht durch den Bau der Suez-Eisenbahn.<br />

Diese wurde 1851 <strong>bis</strong> 1853 von Alexandria nach<br />

Kairo gebaut. 1858 wurde eine Verlängerung<br />

Richtung Osten nach Suez ergänzt.<br />

Große Bedeutung für den globalen Handel zwischen<br />

In<strong>die</strong>n und Asien einerseits und Europa<br />

andererseits hatte im November 1869 <strong>die</strong> Eröffnung<br />

des Suezkanals. Dieser Kanal durch den<br />

Isthmus von Suez ermöglichte erstmals eine<br />

durchgehende Schiffspassage vom Indischen<br />

Ozean über das Mittelmeer <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> Nordsee<br />

und den Atlantik. In Port Taufiq bei Suez ist der<br />

Beginn des Kanals, der bei der 1859 gegründeten<br />

Stadt Port Said, entstanden aus einer Arbeitersiedlung<br />

für den Kanalbau, 220 Kilometer westlich<br />

von Alexandria, das Mittelmeer erreicht.<br />

Nach zehnjähriger Bauzeit erschloss sich damit<br />

der gesamte indische Wirtschaftsraum den Europäern<br />

in einer neuen räumlichen Nähe. Mit einer<br />

geringeren Reisedauer sanken <strong>die</strong> Kosten für<br />

den Transport erheblich. Die Reisezeit von Nordwesteuropa<br />

nach In<strong>die</strong>n verkürzte sich durch den<br />

161 Kilometer langen Kanal um zwei Fünftel<br />

<strong>bis</strong> ein Drittel, nach Ostasien sogar um ein Viertel<br />

der Zeit, <strong>die</strong> um den afrikanischen Kontinent<br />

fahrende Schiffe benötigten. Auch wenn <strong>die</strong> Gebühren<br />

für eine Kanalnutzung nach einigen Betriebsjahren<br />

des Kanals gesenkt wurden, waren<br />

sie anfangs mehrere Jahre ein Kostenfaktor, der<br />

bei bestimmten Waren dazu führte, dass weiterhin<br />

der Weg um Kap Hoorn genommen wurde.<br />

Im dritten Jahrzehnt seines Bestehens von 1891-<br />

1900 rückten <strong>die</strong> auf deutschen Schiffen durch<br />

den Kanal transportierten Warenmengen an <strong>die</strong><br />

zweite Stelle. Einzig Großbritannien verschiffte<br />

mehr Waren durch den Kanal.“*“ Einer der Gründe<br />

dafür könnte lauten, dass am Ende des 19.<br />

Jahrhunderts <strong>die</strong> deutsche Handelsflotte ihren<br />

technologischen Rückstand gegenüber der britischen<br />

weitgehend aufgeholt hatte. Der Anteil<br />

der Dampfer in der Handelsflotte wurde immer<br />

größer und nicht zuletzt auf den Reisrouten stieg<br />

er deutlich an. Für Dampfschiffe lohnte es sich<br />

viel eher, durch den Kanal zu dampfen, als es<br />

sich für Segler lohnte, dort durchgeschleppt zu<br />

werden.<br />

Die vier wichtigen Reishäfen Birmas, Rangun,<br />

Moulmein, Bassein und Akyab, erfuhren durch<br />

<strong>die</strong> Öffnung des Suezkanals eine beschleunigte<br />

Entwicklung. Durch den Kanal profitierten jedoch<br />

alle bedeutenden indischen und asiatischen<br />

Häfen. “It cannot be denied that the direct and<br />

indirect effects of the opening of the Canal<br />

played an important part in influencing the<br />

growth and composition of the rice trade. But,<br />

on the other hand, many writers on the subject<br />

have vastly exaggerated the importance of this<br />

event.”“*®*Der erste mit Reis beladene Dampfer<br />

passierte den Suezkanal 1872, drei Jahre nach<br />

der Eröffnung. Es lässt sich kein signifikanter<br />

Anstieg der Exportzahlen für das Jahr 1869/70<br />

finden. Vielmehr begann der überragende Anstieg<br />

der Exportzahlen mit dem Ende des Reisausfuhr-Verbots<br />

und dem Beginn der britischen<br />

Herrschaft in Birma. Im Umkehrschluss belegt<br />

<strong>die</strong>se Tatsache, dass für den Reistransport <strong>bis</strong><br />

weit in <strong>die</strong> zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

hinein Segelschifftransporte auf Grund des geringen<br />

Zeitdrucks bei der Warenauslieferung und<br />

der beschriebenen Kostenvorteile gegenüber<br />

Dampfschiffen vorerst noch eine wirtschaftliche<br />

Option waren.<br />

Nachteilig bei langen Lager- und Transportzeiten<br />

war der Verlust durch Schädlinge. Bei Exportreis<br />

verdarben <strong>bis</strong> zu achteinhalb Prozent des Reises<br />

durch den Reiswurm, einen kleinen braunen Rüsselkäfer,<br />

oder durch Schimmel, so wie es Hein-<br />

Bayerische I<br />

Staatsbibliothek j<br />

München<br />

J<br />

97


ich Wieting schon 1849 mit einer Ladung amerikanischen<br />

Reises widerfuhr. Ein solcher Befall<br />

stellte <strong>die</strong> Importeure und Händler natürlich immer<br />

vor Verlustprobleme, weil der Reis kaum<br />

noch zu verkaufen war.'‘°^ Gegen <strong>die</strong> Gefahr,<br />

dass Reis in den Laderäumen auf den langen<br />

Seetransporten erst schwitzte und sich anschließend<br />

Schimmel bildete, entwickelten <strong>die</strong> Verschiffer<br />

für <strong>die</strong> Rümpfe spezielle Matten. Diese<br />

wurden mit Reisspelzen, <strong>die</strong> bei der Vorbearbeitung<br />

in den asiatischen Mühlen anfielen, gefüllt<br />

und sogen Feuchtigkeit auf. Des Weiteren hat<br />

ungeschälter Reis einen natürlichen Vorteil, der<br />

zu große Ladungsverluste durch Schimmel verhindert.<br />

Die Hülse liegt nicht ganz eng am Reiskorn<br />

und ermöglicht dadurch eine gewisse Luftzirkulation,<br />

<strong>die</strong> der Schimmelbildung entgegenwirkte.<br />

Da der Reis <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> 1880er Jahre hinein<br />

fast ausschließlich in Europa geschält und veredelt<br />

wurde, half <strong>die</strong>ser natürliche Schutz auch<br />

auf den langen Seereisen der Reissegler. Die Mischung<br />

des Cargoreises aus enthülstem Reis beziehungsweise<br />

vorgeschältem Reis und <strong>bis</strong> zu<br />

20 Prozent Rohreis trug <strong>die</strong>ser für den Transport<br />

positiven Eigenschaft der nicht enthülsten Körner<br />

Rechnung.''“<br />

Ein Beispiel für <strong>die</strong> lange Nutzung eines Reisseglers<br />

ist <strong>die</strong> Brigg P h o e n ix . Diese wurde 1848<br />

erbaut und von dem Kapitän Johann Hinrich<br />

Diercks und dem Bremer Georg Duckwitz, später<br />

dann gemeinsam mit der Firma Fritze & Gerdes<br />

bereedert. Dass <strong>die</strong> P h o e n ix im Reistransport<br />

beschäftigt war, geht aus einem Unfallbericht,<br />

der Bremen aus Rangun erreichte, hervor. Einschränkend<br />

gilt jedoch, dass aus dem Bericht<br />

nicht zu rekonstruieren ist, ob <strong>die</strong> P h o e n ix in<br />

der Fahrt zwischen Asien und Europa oder in<br />

der innerasiatischen Küstenfahrt eingesetzt wurde.<br />

Demnach schlug <strong>die</strong> Brigg leck, während sie<br />

mit Reis beladen wurde. Um das Schiff nicht zu<br />

verlieren, wurde es von einem Schlepper an den<br />

Strand bugsiert. Die Reisladung war verdorben<br />

und wurde in einer Auktion verkauft. Das Schiff<br />

hingegen wurde für seeuntüchtig erklärt, aber<br />

repariert und wieder in Fahrt gebracht. Für das<br />

Jahr 1887 tauchte <strong>die</strong> Brigg wieder unter neuem<br />

Namen und englischer Flagge für den Reeder S.<br />

V. Mayandee Chetty mit dem Heimathafen Rangun<br />

auf. Bis 1903 war <strong>die</strong> H y d r o s e ex P h o e n ix<br />

in Fahrt.“*“ Besonders der Heimathafen Rangun<br />

verweist neben dem Unfallbericht darauf, dass<br />

Reis ein übliches Transportgut der Brigg war.<br />

Zugleich kann zumindest vermutet werden, dass<br />

<strong>die</strong> P h o e n ix 1866 noch in der großen Fahrt nach<br />

Europa eingesetzt wurde. Mit einem indischen<br />

Eigner und auf Grund des Alters kann davon<br />

ausgegangen werden, dass <strong>die</strong> P h o e n ix in ihren<br />

letzten Jahrzehnten nur noch in der asiatischen<br />

Küstenschifffahrt eingesetzt wurde. Immerhin<br />

war sie 1903 schon 55 Jahre alt.<br />

Waren Reeder und Reishändler nicht in einem<br />

Unternehmen vereint wie bei der Familie Rickmers,<br />

be<strong>die</strong>nten sie sich üblicherweise Schiffsmaklern,<br />

um Transporte verlässlich abzuwickeln.<br />

In Bremen entstanden <strong>die</strong> Makleruntemehmen<br />

zumeist aus dem Auswanderergeschäft. Ein Beispiel<br />

dafür ist eine 1857 in Bremen von Hermann<br />

Dauelsberg übernommene Maklerlizenz des Senats<br />

und <strong>die</strong> daraus resultierende Gründung des<br />

gleichnamigen Unternehmens. Schiffsmakler befassten<br />

sich im Auftrag von Reedern oder Warenhändlem<br />

mit der Befrachtung und Versendung<br />

von Schiffen. Bei der Verschiffung von Auswanderern<br />

gerieten besonders Reis und Baumwolle<br />

in den Fokus der Schiffsmakler, <strong>die</strong> geeignete<br />

Rückfrachten suchen mussten. Die inzwischen<br />

über 160 Jahre bestehende Firma Hermann Dauelsberg<br />

war in Bremen <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

im Reismaklergeschäft engagiert. 1902/03 wurden<br />

immerhin 19 von 26 einkommenden Reisdampfern<br />

von Hermann Dauelsberg abgefertigt.““<br />

Ein weiteres Beispiel für <strong>die</strong> Befassung<br />

von Schiffsmaklern mit Reis ist <strong>die</strong> Firma Siemssen<br />

& Co. Die Firma besaß „<strong>die</strong> Agentur für nahezu<br />

alle hamburgischen Reeder, <strong>die</strong> nach dem<br />

Femen Osten fuhren“. Siemssen & Co. übernahmen<br />

den Wareneinkauf in Hamburg und<br />

schlossen <strong>die</strong> notwendigen Charterverträge mit<br />

Reedereien. Die Niederlassung in China besorgte<br />

dann auch <strong>die</strong> Rückfrachten. Waren solche nicht<br />

direkt zu haben, beschäftigte das Haus <strong>die</strong> Schiffe<br />

in der asiatischen Khstenfahn.“*“ Da Reis nur<br />

98


in den seltensten Fällen von China nach Deutschland<br />

gebracht wurde, mäkelte Siemssen & Co.<br />

zwar nicht <strong>die</strong> Transporte zwischen Asien und<br />

Europa, in der chinesischen Küstenschifffahrt<br />

war Reis aber ein wichtiges Gut, das eine Bedeutung<br />

im transatlantischen Verkehr als Übergangsbeschäftigung<br />

der europäischen Schiffe<br />

hatte.<br />

Distanzen überbrücken -<br />

Neue Kommunikationswege<br />

Die Verbindung des europäischen und des asiatischen<br />

Wirtschaftsraums durch Reistransporte<br />

oder auch durch Reedereien, <strong>die</strong> ihre Fahrtrouten<br />

auf <strong>die</strong> lohnendsten Frachten abstimmten, waren<br />

durch eine Reihe technologischer Entwicklungen<br />

und <strong>die</strong> Entstehung internationaler Abkommen<br />

und Vereinigungen erleichtert worden. Die Entstehung<br />

einer Weltwirtschaft hing eng mit der<br />

Schaffung internationaler und interkontinentaler<br />

Verbindungen zusammen - nicht nur in dem<br />

Transportsektor. Das Beispiel des innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong>s zwischen Singapur, Bangkok<br />

und Hongkong sowie entlang der weiteren chinesischen<br />

Küste durch <strong>die</strong> Firmen Siemssen &<br />

Co., Behn, Meyer & Co. und Pickenpack, Thies<br />

& Co. verlangte bei den Firmen absolute Expertise<br />

des Reismarktes, um trotz ständig schwankender<br />

Preise für alle Beteiligten einen wirtschaftlichen<br />

Gewinn zu realisieren. Je besser <strong>die</strong><br />

Kaufleute über Angebot und Nachfrage und damit<br />

über <strong>die</strong> Preise informiert waren, umso erfolgreicher<br />

waren sie. Verbunden mit denselben<br />

Informationen auf dem Teemarkt kam es in Asien<br />

zu einer wirklich vernetzten, also globalisierten<br />

Wirtschaft. Kommunikationsmittel und beschleunigte<br />

Marktinformationen ebneten der<br />

Weltwirtschaft und dem weltweiten <strong>Reishandel</strong><br />

den Weg.<br />

Der erste elektrische Telegraf wurde bereits 1809<br />

durch den deutschen Anatom und Erfinder<br />

Samuel Thomas Soemmerring gebaut. Es folgten<br />

in den nächsten Jahren etliche Verbesserungen,<br />

<strong>bis</strong> sich der 1837 von dem Amerikaner Samuel<br />

Morse entwickelte Schreibtelegraf als praktisch<br />

anwendbar erwies. Mittels elektrischer Impulse<br />

konnten Nachrichten als Code versandt werden.<br />

1844 wurde in den Vereinigten Staaten erfolgreich<br />

eine Nachricht verschickt, und <strong>die</strong> Telegrafie<br />

schaffte den endgültigen Durchbruch. Die<br />

erste öffentliche Telegrafenlinie in Deutschland<br />

gab es seit 1847 zwischen Bremen und Vegesack.'*“’'<br />

Im selben Jahr gelang Werner von<br />

Siemens <strong>die</strong> Erfindung einer Presse für Guttapercha.<br />

Letzteres ist der eingetrocknete Saft eines<br />

asiatischen Baumes und dem Gummi sehr ähnlich.<br />

Mit Hilfe <strong>die</strong>ser Presse konnten elektrische<br />

Kabel mit dem gummiähnlichen Stoff isoliert<br />

und unter See verlegt werden. 1851 wurde das<br />

erste Seekabel zwischen Calais und Dover durch<br />

den Kanal verlegt und der Aufbau eines weltweiten<br />

Kommunikationsnetzes begann. Ab<br />

1858/59 gab es eine Verbindung von England<br />

nach Aden im Jemen. Zeitgleich wurde eine Verbindung<br />

von England über Deutschland und<br />

Russland nach Teheran gebaut. Die erste interkontinentale<br />

Seeverbindung wurde 1866 mit einem<br />

transatlantischen Kabel zwischen England<br />

und Amerika geschaffen. Es folgte 1869 ein Kabel,<br />

das von Persien <strong>bis</strong> nach In<strong>die</strong>n reichte.<br />

1871 wurde Hongkong über In<strong>die</strong>n an das britische<br />

Kabelnetz angeschlossen und <strong>bis</strong> 1873 folgten<br />

Südamerika und Afrika. Schließlich war 1902<br />

mit der Anbindung des Pazifikraums und Australiens<br />

praktisch <strong>die</strong> ganze Welt vernetzt und<br />

konnte mittels elektrischer Impulse kommunizieren.<br />

Mit der von Waghom durch Ägypten erschlossenen<br />

Route dauerte <strong>die</strong> Übermittlungszeit<br />

für eine Nachricht nach Europa von In<strong>die</strong>n nur<br />

noch 90 Tage, später war sie auf etwa 40 Tage<br />

gesunken. Durch <strong>die</strong> Verlegung eines Kabels<br />

nach Aden dauerte eine Nachricht von Hamburg<br />

nach Hongkong - <strong>bis</strong> Aden per Kabel, ab dort<br />

mit dem Dampfer - 1866 nur noch 40 Tage.<br />

Nach 1871 konnten selbst Nachrichten aus China<br />

innerhalb weniger Minuten Europa erreichen.'“’*<br />

Damit konnten auch im Reisgeschäft Entscheidungen<br />

viel eher aus Europa gesteuert werden:<br />

„Schon in den 1870er Jahren konnte ein Kaufmann<br />

in London auf eine Anfrage in Bombay<br />

am gleichen Tag antworten, während zuvor der<br />

99


Briefwechsel rund um das Kap der Guten Hoffnung<br />

fünf <strong>bis</strong> acht Monate gedauert hatte.<br />

Der Spekulationscharakter der Reisgeschäfte<br />

ging deuthch zurück und Angebot und Nachfrage<br />

trafen direkter aufeinander.<br />

„Der direkte Kontakt mit den Anbietern ermöglichte<br />

den Kauf von Waren schon vor deren<br />

Transport unter relativ genauer Vorhersage<br />

ihres Ankunftsdatums. Das Entstehen der internationalen<br />

Warenbörsen von New York,<br />

London, Liverpool, Hamburg und Amsterdam<br />

war eine unmittelbare Folge der Entwicklung<br />

des Femmeldewesens. [...] <strong>die</strong>s trug wesentlich<br />

zu einer Verdichtung der weltwirtschaftlichen<br />

Verflechtung bei.““'®<br />

Wie stark <strong>die</strong> Telegrafie tatsächlich den internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> beeinflusste und Teil der<br />

Geschäfte war, verdeutlicht der Wievag-Code.<br />

Unter dem Titel „<strong>Deutscher</strong> Depeschenkürzer<br />

für den Großhandel in Getreide, Hülsenfrüchten,<br />

Saaten, Mühlenfabrikaten, Reis und sonstigen<br />

Nährmitteln, Futter- und Düngemitteln“ von<br />

1912 wurden Buchstabencodes für telegrafische<br />

Nachrichten im Handel mit den genannten Produkten<br />

veröffentlicht. 29 verschiedene Abkürzungen<br />

für Reis und Reisprodukte sind darin<br />

aufgezählt. Jeweils fünf Buchstaben beschreiben<br />

<strong>die</strong> bestimmte Ware. Reis im Allgemeinen beispielsweise<br />

wurde als fepor co<strong>die</strong>rt. Gemeinsam<br />

waren allen Reisprodukten <strong>die</strong> ersten beiden<br />

Buchstaben fe, <strong>die</strong> folgenden Buchstabenkombinationen<br />

ermöglichten dann <strong>die</strong> genauere Differenzierung.<br />

Zum einen wurde zwischen den<br />

Herkunftsregionen unterschieden: Arracan-Reis<br />

(fepup), Karolina-Reis (ferug), Rangoon-Reis<br />

(fesax) oder Siam-Reis (fesuw). Zum anderen<br />

wurden <strong>die</strong> Qualitäten aus einer Region differenziert:<br />

Siam-Bruchreis (fesyz), Siam-Bruchreis<br />

glasiert (fetan), Siam-C.I-Reis (fetem) und Siam-Patna-Reis<br />

(fetil). Des Weiteren wurden<br />

Reisprodukte co<strong>die</strong>rt: Reismehl (fevob), Reisflocken<br />

(fevuh), Reisgrieß (fevyg) oder Reisstärke<br />

(fexaz). Außerdem wurde zwischen den beiden<br />

wichtigen Reisverarbeitungsstandorten in<br />

Deutschland unterschieden, indem Reis als Bremer<br />

Mühlenfabrikat (fevaf) anders co<strong>die</strong>rt war<br />

als Reis aus Hamburger Fabrikation (feved)."*“<br />

Die Pioniemation der Telegrafie war England.<br />

Die englischen Gesellschaften ließen sich zumeist<br />

zusichern, dass in den Ländern, durch <strong>die</strong><br />

sie ihre Kabel verlegten, keine weiteren Nationen<br />

eine Konzession für Telegrafie erhielten. Damit<br />

sicherten sich <strong>die</strong> Engländer eine Monopolstellung.<br />

<strong>1914</strong> gab es weltweit über 530.000 Kilometer<br />

Telegrafenkabel, von denen 85 Prozent in<br />

britischem Besitz waren. Um weltweit <strong>die</strong> Kommunikation<br />

zu vereinfachen, gab es bereits<br />

<strong>1850</strong>/51 einen internationalen Code, um Nachrichten<br />

nicht an jeder Landesgrenze übersetzen<br />

zu müssen. In den <strong>1850</strong>er Jahren etablierten sich<br />

zudem eine Reihe zwischenstaatlicher Telegrafenvereine.<br />

Auf einem Kongress in Paris 1865<br />

gründeten <strong>die</strong> versammelten europäischen Telegrafenvereine,<br />

einzig England war nicht vertreten,<br />

den „Allgemeinen Telegraphenverein“. Dieser<br />

legte Rechte und Pflichten in der internationalen<br />

Kommunikation via Telegrafie fest. Die<br />

Mitglieder versicherten <strong>die</strong> Wahrung des Telegrammgeheimnisses,<br />

verpflichteten sich, Telegramme<br />

schnell und sicher zuzustellen und dafür<br />

genügend Leitungskapazitäten zur Verfügung zu<br />

stellen. Zudem wurden Modalitäten für eine gemeinsame<br />

Gebührenabrechnung festgelegt.'*'^<br />

Eine weitere Verstetigung des Informationsflusses<br />

erzeugte der Ausbau der weltweiten Eisenbahnnetze.<br />

Zwischen 1840 und 1860 war <strong>die</strong> bedeutendste<br />

Ausbauphase der weltweiten Schienennetze.<br />

Für schnelle Marktinformationen<br />

verlor <strong>die</strong> Eisenbahn, <strong>die</strong> neben dem Personenund<br />

Gütertransport eben auch ein verlässliches<br />

Postmedium war, mit der telegrafischen Erschließung<br />

der Welt durch ein globales Kabelnetz an<br />

Bedeutung. Insgesamt nahm ihre Bedeutung aber<br />

immer weiter zu. Wenn auch nicht alleine der<br />

Eisenbahn wegen, sondern im Verbund mit Infrastruktur-<br />

und Kanalprojekten wie dem Suezkanal,<br />

zunehmenden Schiffsgrößen und der Entwicklung<br />

der Dampfschifffahrt sanken <strong>die</strong> weltweiten<br />

Frachtkosten rapide. Luxusartikel wurden<br />

so für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich<br />

und Reis konnte von der ehemaligen Herrenspeise<br />

in Europa zu einem Massen- und Ar-<br />

100


eiteressen werden. Zwischen 1860 und 1900<br />

sanken <strong>die</strong> Frachtkosten von Weizen aus New<br />

York oder Baumwolle aus Bombay nach Europa<br />

um ein Drittel. Nussbaumer und Exenberger geben<br />

für <strong>die</strong> Transportkosten von Reis sogar an,<br />

dass <strong>die</strong> Frachtkosten nach Europa 1882 74 Prozent<br />

des Warenwertes, <strong>1914</strong> aber nur noch 18<br />

Prozent desselben ausmachte.“*'^ Einschränkend<br />

ist dazu jedoch anzumerken, dass 1882 noch<br />

weitgehend unbearbeiteter Cargoreis verschifft<br />

wurde, während <strong>1914</strong> in erster Linie bereits geschälter<br />

Reis nach Europa exportiert wurde. Dadurch<br />

war der Zwischenverkaufs wert in Birma<br />

schon recht nahe am europäischen Endpreis und<br />

selbst bei gleichbleibenden Transportkosten wäre<br />

der prozentuale Anteil am Warenwert gesunken.<br />

Die Bedeutung der Eisenbahn in Birma zeigt<br />

sich auch daran, dass noch um 1930 eine Trasse<br />

zwischen Birma und China, zwischen dem weltgrößten<br />

Erzeuger und dem weltgrößten Verbraucher,<br />

vermessen und der Bau einer Eisenbahnlinie<br />

geplant war.“'*Eine weitere Bedeutung für<br />

den weltweiten <strong>Reishandel</strong> hatten <strong>die</strong> Eisenbahn<br />

und <strong>die</strong> Telegrafie in In<strong>die</strong>n, weil sie Birma und<br />

In<strong>die</strong>n wirtschaftlich verbanden. In<strong>die</strong>n war einer<br />

der weltgrößten Verbrauchsmärkte für Getreide<br />

und für Reis. Bei Knappheit des einen Lebensmittels<br />

wurde es durch das andere Korn substituiert.<br />

Dadurch kam es zu einem integrierten<br />

Markt von Weizen und Reis, was sich auf <strong>die</strong><br />

Preisbildung des Reises auswirkte und somit einen<br />

weiteren Hinweis gibt, dass der <strong>Reishandel</strong><br />

international, verflochten und damit globalisiert<br />

war.'*'^<br />

Der weltweite Handel und damit auch der <strong>Reishandel</strong><br />

wurden durch eine Reihe weiterer Erfindungen,<br />

technischer Fortschritte und durch den<br />

Abbau von Handelsbarrieren im ausgehenden<br />

19. Jahrhundert erleichtert. 1874 Unterzeichneten<br />

<strong>die</strong> Vereinigten Staaten, Ägypten und fast alle<br />

europäischen Länder, insgesamt 21 Nationen,<br />

einen als Berner Konvention bekannt gewordenen<br />

Allgemeinen Postvereins vertrag. Mit Inkrafttreten<br />

des Vertrags am 1. Juli 1875 erhielt das<br />

internationale Postwesen eine völkerrechtliche<br />

Grundlage, deren wichtigste Grundsätze <strong>die</strong><br />

Postfreiheit sowie <strong>die</strong> Bindung der Transitgebühren<br />

aller Postsendungen, <strong>die</strong> Einheit und Billigkeit<br />

des Portos und zudem der Wegfall der<br />

Portoteilung waren. 1878 nannte sich der Verein<br />

dann Weltpostverein, weil sich das Vertragsgebiet<br />

schon auf alle Kontinente ausdehnte. Bis 1895<br />

traten <strong>die</strong> allermeisten Staaten der Welt dem Verein<br />

bei und garantierten <strong>die</strong> Einhaltung der Postvereinbarung.<br />

Mit dem Beitritt Chinas noch vor<br />

der Jahrhundertwende ver<strong>die</strong>nte der Weltpostverein<br />

seinen Namen endgültig.“*'®<br />

Weitere bedeutende Vereinfachung in der Nachrichtenübermittlung<br />

und der Kommunikation waren<br />

<strong>die</strong> Einführung eines Femsprechsystems und<br />

des Funkwesens. 1876 erfand Graham Bell das<br />

Telefon, allerdings dauerte es <strong>bis</strong> in das 20. Jahrhundert,<br />

<strong>bis</strong> das Telefon flächendeckend eingeführt<br />

war. Erste öffentliche Telefonnetze wurden<br />

in London 1878, Paris 1879 und Berlin 1881<br />

aufgebaut. Zwar gab es <strong>1914</strong> fast 15 Millionen<br />

Femsprechstellen weltweit, als signifikante Erleichterung<br />

für den globalen Handel kann das<br />

Telefonwesen nicht ausgemacht werden. Wohl<br />

ist das Telefon aber ein Mosaikstein wie <strong>die</strong> Einführung<br />

des Funkwesens, das zu einer immer<br />

besser verflochtenen Weltwirtshaft seinen Anteil<br />

leistete. 1903 wurden erstmals Börsenmeldungen<br />

in Paris und New York per Funk verbreitet und<br />

1908 wurde <strong>die</strong> erste Funktelegrafenverbindung<br />

zwischen England und den Vereinigten Staaten<br />

hergestellt. Die neue Qualität im Nachrichtenwesen<br />

lässt sich daran ablesen, dass „keine Verdrängung<br />

eines eingebürgerten Nachrichtensystems<br />

durch ein neu hinzukommendes stattgefunden<br />

hat, sondern daß alle Nachrichtenträger<br />

einen eigenen Platz entsprechend ihrer besonderen<br />

Funktionen [...] gefunden haben“.“*'^<br />

Auch wenn es keine Kommunikation im engeren<br />

Sinn betraf, bauten internationale Konventionen<br />

und Normierungen nach 1870 Handelshemmnisse<br />

ab. 1872 beteiligten sich 20 Staaten an<br />

einer internationalen Meterkonferenz in Paris.<br />

Sie legten einen Standard für das Meter und das<br />

Kilogramm fest und beschlossen <strong>die</strong> Einrichtung<br />

eines internationalen Büros für Maße und Gewichte<br />

in Paris. Im Mai 1875 bekannten sich 17<br />

101


Länder zu den festgelegten Standards, indem sie<br />

<strong>die</strong> Meterkonvention Unterzeichneten. Bis auf<br />

Großbritannien und <strong>die</strong> Vereinigten Staaten<br />

schlossen sich <strong>die</strong> meisten Staaten <strong>bis</strong> Ende des<br />

Jahrhunderts der Konvention an. Die Einführung<br />

der Weltzeit geht auf den gleichen Zeitraum zurück.<br />

Ansatzpunkt war <strong>die</strong> Vereinheitlichung der<br />

Eisenbahnzeiten. 1873 beispielsweise soll es in<br />

den Vereinigten Staaten 71 verschiedene Eisenbahnzeiten<br />

gegeben haben. Zur Lösung <strong>die</strong>ses<br />

Problems, das auf allen Erdteilen auftrat, teilte<br />

der kanadische Eisenbahningenieur Sandford<br />

Fleming <strong>die</strong> 360 Längengrade der Erde in 24<br />

Zonen je 15 Grad ein. Zwischen den benachbarten<br />

Zonen gab es je einen Zeitunterschied<br />

von einer Stunde. In den 1880er Jahren setzte<br />

sich das System Flemings durch und hat <strong>bis</strong> heute<br />

Gültigkeit.“*'*<br />

7. Fazit<br />

In den 25 Jahren zwischen 1855 und 1880 ergaben<br />

sich in vielen sozialen, wirtschaftlichen,<br />

technologischen und auch politischen Bereichen<br />

in den Vereinigten Staaten, in Europa und in<br />

Asien Veränderungen, <strong>die</strong> zu einer dynamischen<br />

und immer enger werdenden weltwirtschaftlichen<br />

Verflechtung führten. Viele <strong>die</strong>ser Entwicklungen<br />

hatten unmittelbaren oder mittelbaren<br />

Einfluss auf <strong>die</strong> Entstehung und besonders auf<br />

<strong>die</strong> rasante Entwicklung eines weltweiten <strong>Reishandel</strong>s.<br />

In Deutschland war Reis schon im Mittelalter<br />

als Nahrungs-, vor allem aber als Genussmittel<br />

der Fürstenhäuser bekannt. Im ausgehenden 18.<br />

Jahrhundert erschien Reis als Speise für besondere<br />

Feste und Hochzeiten auf den bürgerlichen<br />

Speiseplänen. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

wurde Reis jedoch so günstig, dass sich ein fundamentaler<br />

Wandel im Reiskonsum ergab und<br />

Reis zu einer Volksspeise wurde. Zugleich hob<br />

<strong>die</strong> neu entstandene Ernährungswissenschaft<br />

den großen Nährwert des Reises hervor und steigerte<br />

<strong>die</strong> Attraktivität des Nahrungsmittels. In<br />

Deutschland stieg der jährliche Reiskonsum pro<br />

Kopf von 0,18 Kilogramm 1836 auf 1,81 Kilogramm<br />

pro Kopf der Bevölkerung 1880 auf das<br />

Zehnfache an. Reis hatte keinen exklusiven Charakter<br />

mehr, sondern war zu einem gewöhnlichen<br />

Handelsgut geworden, das in großen Mengen<br />

importiert wurde.<br />

Wichtige Voraussetzungen für den umfangreichen<br />

Import von Reis aus Asien nach England<br />

und Deutschland wurden infolge der Aufhebung<br />

der britischen Navigationsgesetze geschaffen.<br />

Mit der britischen Eroberung Birmas wurden<br />

dort riesige Landgebiete zu Ackerflächen erschlossen<br />

und das bedeutendste Reisanbaugebiet<br />

Asiens entstand. Landkultivierung, der Aufbau<br />

einer Infrastruktur und <strong>die</strong> Entwicklung einer<br />

Handelskette von den Kleinbauern <strong>bis</strong> zu den<br />

von Europäern betriebenen Großmühlen in den<br />

Häfen wurden von den Briten initiiert und gefördert.<br />

Akteure <strong>die</strong>ser Entwicklung waren neben<br />

der einheimischen Bevölkerung vor allem Migranten.<br />

Aus Oberbirma, China und In<strong>die</strong>n strömten<br />

unzählige Arbeiter dauerhaft oder auch nur<br />

saisonal nach Birma und sorgten unter schwierigen<br />

Lebensbedingungen für das Wachstum der<br />

dortigen Reiswirtschaft. Die Bauern mussten<br />

sich dabei den Bedingungen der Zwischenhändler<br />

und <strong>die</strong>se wiederum denen der Großmühlen<br />

ln den Häfen beugen. Die wirtschaftliche Grundlage<br />

der Reisbauem war zudem häufig von Geldverleihern<br />

abhängig. Gab es eine ungenügende<br />

Ernte und Kredite konnten nicht bezahlt werden,<br />

folgte oft der Verlust des Ackerlands als Existenzgrundlage<br />

und <strong>die</strong> Verarmung in der Lohnarbeit.<br />

Die Verbindung zwischen dem Reisangebot In<strong>die</strong>ns<br />

und Asiens mit der europäischen Nachfrage<br />

schafften europäische Überseehändler und<br />

Reedereien. Die Zahl europäischer Händler in<br />

Asien stieg nach dem Ende der Navigationsakte<br />

deutlich an. Europäern gelang es, besonders auf<br />

Grund der vorteilhaften Segeleigenschaften europäischer<br />

Schiffe gegenüber asiatischen<br />

Dschunken, sich stark in den asiatischen Küstenhandel<br />

einzubringen. Gab es keine lohnenden<br />

Erachten für <strong>die</strong> europäischen Schiffe in Richtung<br />

Heimat, hielten <strong>die</strong> Reeder ihre Schiffe in<br />

der innerasiatischen Trampschifffahrt beschäf-<br />

102


• <strong>bis</strong> sich gute Frachten zurück in <strong>die</strong> Heimat<br />

'gaben. Mit dem Beginn der Dampfschifffahrt<br />

^ar eine typische Fracht von Europa Richtung<br />

Osten Kohle, während in <strong>die</strong> Gegenrichtung Reis<br />

ein begehrtes Frachtgut war. Im Laufe der 25<br />

Jahre nach 1855 relativierte sich <strong>die</strong> Entfernung<br />

zwischen Asien und Europa zunehmend. Schnellere<br />

Segelschiffe, <strong>die</strong> Durchsetzung der Dampfschifffahrt,<br />

der Bau des Suezkanals und <strong>die</strong><br />

Einführung der Telegrafie brachten <strong>die</strong> beiden<br />

Kontinente einander näher. Geschäftliche Entscheidungen<br />

konnten auf einer besseren Informationsgrundlage<br />

geschlossen werden und aus<br />

abenteuerlichen Geschäften wurden verlässliche<br />

Unternehmungen, weil Angebot und Nachfrage<br />

enger verbunden waren.<br />

Für <strong>die</strong> englische Reismühlenindustrie in London<br />

und Liverpool ergab sich nach dem Verlust der<br />

amerikanischen Reisernten, <strong>die</strong> seit dem 19.<br />

Jahrhundert überwiegend von der heimischen<br />

Industrie verarbeitet wurden, in Birma eine neue<br />

Bezugsquelle. Doch obwohl der amerikanische<br />

Reisexport mit dem Sezessionskrieg ab 1861 zusammenbrach<br />

und <strong>die</strong> Vereinigten Staaten zu einem<br />

Reisimportland wurden, bekam <strong>die</strong> englische<br />

Reisindustrie zunehmend Konkurrenz in<br />

Europa - besonders aus Deutschland.<br />

Deutsche Händler in Birma, Siam und China<br />

handelten schon in den <strong>1850</strong>er Jahren innerhalb<br />

Asiens mit Reis und etablierten sich in Asien<br />

nach den Engländern als zweitwichtigste europäische<br />

Nation im innerasiatischen und interkontinentalen<br />

Handel. In Deutschland entwickelte<br />

sich Bremen zum wichtigsten deutschen<br />

Standort in der Reisverarbeitung. Besondere Bedeutung<br />

dabei erlangte <strong>die</strong> Familie Rickmers.<br />

Da Rickmer Glasen Rickmers entgegen der modernen<br />

Entwicklung am Bau von hölzernen Segelschiffen<br />

festhielt und <strong>die</strong>se Schiffe mangels<br />

Käufer in <strong>die</strong> eigene Reederei einstellen musste,<br />

spezialisierte sich <strong>die</strong> Rickmers-Reederei zunehmend<br />

auf den Transport von Reis. Mit der gestiegenen<br />

wirtschaftlichen Abhängigkeit vom<br />

Reisgesehäft wuchs auch das Engagement in der<br />

verarbeitenden Industrie an. Nach dem Einstieg<br />

in <strong>die</strong> Reismüllerei 1872 wurde Andreas Rickmers<br />

zum bestimmenden Akteur der beeindruckenden<br />

Entwicklung im deutschen <strong>Reishandel</strong>.<br />

103


Kapitel III<br />

Bremen als Zentrum des weltweiten Reisgeschäfts<br />

(1883-1890)<br />

J--:<br />

..J.<br />

1. Reismühlen und Reismüllerei in Bremen<br />

Andreas Rickmers’ Aufstieg als Reismüller<br />

In den 1870er Jahren war <strong>die</strong> wirtschaftliche Lage<br />

der Reederei und der Werft der Familie Rickmers<br />

verfahren. Rickmer Glasen Rickmers lehnte<br />

den Bau moderner Eisenschiffe ab, seine Werft<br />

war technisch rückständig und konnte daher auch<br />

keine Schiffe mehr verkaufen. Um den Betrieb<br />

der Werft dennoch aufrechtzuerhalten, wurden<br />

alle Neubauten in <strong>die</strong> familieneigene Reederei<br />

eingestellt. Diese war zum wirtschaftlichen Erfolg<br />

verdammt, um <strong>die</strong> Verluste aus dem defizitären<br />

Werftgeschäft ausgleichen zu können. Dabei<br />

eroberten <strong>die</strong> konkurrierenden Dampfschiffe<br />

immer mehr Anteile des hart umkämpften<br />

Frachtgeschäfts im Überseeverkehr. Der Ausbau<br />

des erfolgreichen Reisimports war daher eine<br />

zwar gezwungene, aber auch folgerichtige Entscheidung<br />

Rickmer Glasen Rickmers’ und wurde<br />

durch <strong>die</strong> Beteiligung an einer Bremer Reismühle<br />

umgesetzt.<br />

Vom Einstieg in <strong>die</strong> Müllerei <strong>bis</strong> zur industriellen<br />

Großmühle<br />

Am 1. Juli 1872 wurde aus dem Hause Ichon &<br />

Go. <strong>die</strong> Firma Ichon & Rickmers. Eduard Ichon<br />

hatte <strong>die</strong> kleine, 1858 von Eriedrich Konitzky<br />

gegründete Bremer Reismühle 1860 übernommen.<br />

Nach über zehn Jahren Betrieb suchte er<br />

einen Kapitalgeber. Rickmer Glasen Rickmers<br />

hatte bereits früher Pläne gehabt, in Bremerhaven<br />

oder Geestemünde eine Reismühle zu errichten,<br />

<strong>die</strong>ses jedoch während des Deutsch-Französischen<br />

Krieges verworfen. Nun bot sich ihm doch<br />

eine günstige Gelegenheit zum Einstieg in <strong>die</strong><br />

Reismüllerei, und mit einer Einlage von 112.000<br />

Mark wurde Rickmer Glasen Rickmers Teilhaber<br />

104<br />

der Reismühle in der Bremer Neustadt. Obwohl<br />

Rickmer Glasen Rickmers noch <strong>bis</strong> zu seinem<br />

Tod <strong>die</strong> Familienunternehmungen leitete, war<br />

der Einstieg in <strong>die</strong> Reismüllerei für den ältesten<br />

Sohn Andreas ein Aufstieg im väterlichen Unternehmen.<br />

Andreas Rickmers leitete gemeinsam<br />

mit Willy Ichon, dem Sohn des Eirmengründers<br />

Eduard, <strong>die</strong> Geschäfte der Reismühle. In den<br />

folgenden Jahrzenten sollte Andreas Rickmers<br />

zu einer der prägendsten Figuren des weltweiten<br />

<strong>Reishandel</strong>s werden. Die Anfänge lagen in der<br />

Modernisierung und Vergrößerung der bestehenden<br />

Produktionsanlagen. Die Einrichtungen waren<br />

veraltet, und es konnten nicht mehr als<br />

80.000 Säcke Reis zugleich im Betrieb verarbeitet<br />

und gelagert werden.<br />

1875/76 begann <strong>die</strong> Modernisierung der Mühle:<br />

Die Fabrik wurde vergrößert und neue Packhäuser<br />

errichtet. Vor allem aber wurde ein<br />

neues, sechsstöckiges Mühlengebäude gebaut.<br />

Der Rohreis wurde aus dem Parterre des Gebäudes<br />

über Paternoster in <strong>die</strong> jeweiligen Etagen<br />

gefördert. Der Produktionsprozess konnte dadurch<br />

von unten nach oben vorgenommen werden,<br />

was den Arbeitsaufwand verringerte, da bei<br />

der Bearbeitung <strong>bis</strong> zu 25 Prozent Gewichtsverlust<br />

entstanden. Mit dem Einbau einer Gompound-Dampfmaschine<br />

mit einer Leistung von<br />

800 Pferdestärken, <strong>die</strong> vier Kessel mit einer Gesamtheizfläche<br />

von 800 Quadratmetern besaß<br />

und eine alte Dampfmaschine mit 100 Pferdestärken<br />

ersetzte, war <strong>die</strong> Reismühle von Ichon<br />

& Rickmers zu einer richtigen Industriemühle<br />

geworden. Allein für <strong>die</strong> Beleuchtung arbeitete<br />

eine kleine Dampfmaschine von 50 Pferdestärken.<br />

Die Lagerkapazitäten waren durch <strong>die</strong> Umund<br />

Neubauten um ein Viertel auf 100.000 Sack<br />

Reis erhöht und <strong>die</strong> Mühle zur leistungsfähigsten<br />

Großmühle Europas ausgebaut worden.'“’ Die<br />

nötigen Mittel für <strong>die</strong> Modernisierung des Be-


triebs brachte Rickmer Ciasen Rickmers auf, der<br />

seine Einlage <strong>bis</strong> 1875 auf 200.000 Mark erhöhte.'*^“<br />

Um den Ausbau des Unternehmens als führende<br />

reisverarbeitende Industriemühle Europas<br />

fortzusetzen und der Flotte der Rickmers-Schiffe<br />

<strong>die</strong> sichere Abnahme des aus Asien importierten<br />

Reises zu ermöglichen, erhöhten <strong>die</strong> Bremerhavener<br />

ihre Anteile am Unternehmen weiter. Erstmals<br />

erwarb auch Andreas Rickmers eigene<br />

Anteile und <strong>bis</strong> 1878 stieg <strong>die</strong> Kapitalbeteiligung<br />

der Rickmers’ bei der Mühle auf 400.000<br />

Mark.“^'<br />

Der stetig von Andreas Rickmers und seinem<br />

Vater vorangetriehene Expansionskurs lief nicht<br />

reibungslos ab. Aus Sicht der Familie Ichon wurde<br />

<strong>die</strong> Vergrößerung zu schnell vorangetrieben<br />

und war zu risikoreich. Die Erhöhung des Anteils<br />

<strong>bis</strong> zur Hälfte des Unternehmenswertes von<br />

800.000 Mark ist vor <strong>die</strong>sem Hintergrund auch<br />

ein Mittel zur Durchsetzung der Interessen der<br />

Rickmers’ gewesen. Die Abhängigkeit der Reederei<br />

von der Reisverarbeitung wurde zunehmend<br />

größer. Das Reedereigeschäft war für <strong>die</strong><br />

Werft existenziell. Zugleich war wegen der gewonnenen<br />

Größe <strong>die</strong> Fabrik in Bremen auf große<br />

Mengen Reis angewiesen, um überhaupt wirtschaftlich<br />

produzieren zu können. Dies führte<br />

einerseits dazu, dass <strong>die</strong> Schiffe der Rickmers-<br />

Flotte zwar mit Reis ein sicheres Ladungsgut<br />

hatten, andererseits aber nur noch unflexihel und<br />

nicht immer wirtschaftlich am sinnvollsten eigesetzt<br />

werden konnten. 1876 wurden <strong>die</strong> fünf<br />

Schiffe D e ik e R ic k m e r s , A n d r e a s R ic k m e r s ,<br />

Pa u l R ic k m e r s , P e t e r R ic k m e r s und W il l y<br />

R ic k m e r s alle zeitgleich und in Ballast nach<br />

Birma gesandt.'*^^ Somit befand sich letztlich<br />

auch <strong>die</strong> Mühle in einer gewissen Abhängigkeit<br />

von der Reederei - auch wenn andere Reedereien<br />

wahrscheinlich <strong>die</strong> Importe der Rickmers-Schiffe<br />

hätten übernehmen können -, und <strong>die</strong>se war dadurch<br />

eingeschränkt und dennoch zum Erfolg<br />

verdammt. Um <strong>die</strong>se wirtschaftlichen Zwänge<br />

zu lockern, wollte Rickmers <strong>die</strong> Schiffe an Ichon<br />

& Rickmers verchartem. Sie sollten auf Kosten<br />

und Risiko der Mühle Reis, Getreide und Stärke<br />

transportieren. Damit hätten <strong>die</strong> Reederei und<br />

<strong>die</strong> Weift erheblich an Sicherheit gewonnen. Anderseits<br />

wäre das Risiko für <strong>die</strong> Reismühle deutlich<br />

gestiegen: Schiffskosten wären zu tragen,<br />

fehlende Fracht oder niedrige Frachtraten wären<br />

ein Risiko und bei Missernten in Asien wäre <strong>die</strong><br />

Mühle mit ausbleibendem Reis und fehlender<br />

Ladung doppelt getroffen gewesen. Daher lehnte<br />

<strong>die</strong> Familie Ichon <strong>die</strong>ses Ansinnen ab. Die ständigen<br />

Konflikte zwischen den Besitzern eskalierten<br />

an <strong>die</strong>ser Frage und schließlich drängte<br />

Rickmer Glasen Rickmers <strong>die</strong> Familie Ichon aus<br />

der Firma. Er kündigte seine Anteile und bat um<br />

Auszahlung in dem Wissen, dass <strong>die</strong> Familie<br />

Ichon dazu finanziell nicht in der Lage war. Somit<br />

mussten Letztere im Gegenzug ihre Anteile<br />

zum Verkauf anbieten. Diese wurden von Rickmer<br />

Glasen Rickmers aufgekauft und <strong>die</strong> Reismühle<br />

in den Firmenverbund eingegliedert. Aus<br />

Ichon & Rickmers wurde <strong>die</strong> Rickmers Reismühle.“*^^<br />

1876/77 hatte Wilhelm Rickmers, der jüngste<br />

Sohn von Rickmer Glasen Rickmers, eine längere<br />

Reise nach Birma angetreten, um das Reisgeschäft<br />

auch in dem wichtigsten Anbauland<br />

kennenzulernen. Von dort berichtete er über geschäftliche<br />

Pläne für <strong>die</strong> Firma: „In der nächsten<br />

Woche wollte ich hiesigen Reishäusern 65 Rps.<br />

per baskets bezahlen, ob es aber gelingen wird<br />

[...] müssen wir abwarten.“ Er kontrollierte <strong>die</strong><br />

Arbeit der Kapitäne, damit <strong>die</strong> Ladung auf der<br />

Reise nicht verdarb: „[...] so hat Kapitän Buddelmann<br />

<strong>die</strong>ses Mal keine Vorschrift aus den<br />

Augen gelassen um eine gute Stauung und Ventilation<br />

zu erzielen und zweifele ich nicht daran,<br />

dass <strong>die</strong> Ladung ebenso gut als <strong>die</strong> der anderen<br />

Schiffe ausfallen wird.“ Und Wilhelm Rickmers<br />

schrieb über <strong>die</strong> aktuelle Situation auf dem Reismarkt:<br />

„Augenblicklich sind <strong>die</strong> Reispreise bei<br />

Rps. 60 pro Basket doch bezahlt der Manager<br />

von Joseph Heaps & Sons in Liverpool augenblicklich<br />

Rps. 73 und bekonunt deshalb, da sich<br />

alle anderen Häuser standhaft zurückhalten fast<br />

allen ankommenden Reis Mit <strong>die</strong>sen<br />

Erfahrungen aus dem asiatischen Reisgeschäft<br />

ausgestattet, übernahm Wilhelm Rickmers 1878<br />

<strong>die</strong> Geschäftsführung der Reismühle in Bremen<br />

105


¿д:;<br />

und der ältere Bruder Andreas wechselte zurück<br />

in das Stammhaus, von wo er aus übergeordneter<br />

Position das Reis- und das Reedereigeschäft leitete.<br />

Die Reisfabrik der Rickmers’ war <strong>die</strong> größte der<br />

drei Reismühlen am Bremer Weserufer. 1884<br />

wurde sogar eine Niederlassung in Berlin unter<br />

dem Namen Indische Reis-Compagnie gegründet.<br />

Die Hintergründe dazu sind leider nicht zu<br />

klären. Es kann vermutet werden, dass entweder<br />

der Absatz im zollinländischen Preußen gesteigert<br />

oder einem konkurrierenden Unternehmen<br />

kein Markt gegeben werden sollte. Berlin lag<br />

abseits der Transportwege des Rohreises, der<br />

aus Asien kommend <strong>die</strong> Küstenhäfen erreichte,<br />

und war daher kaum als Standort für <strong>die</strong> reisverarbeitende<br />

Industrie geeignet. Kurz nach der<br />

Eröffnung wurde das Unternehmen in Berlin<br />

auch wieder aufgegeben. Die Bremer Mühle verarbeitete<br />

1885 über 920.000 Ballen Rohreis und<br />

übernahm damit fast <strong>die</strong> Hälfte der Reisvermahlung<br />

aller Bremer Mühlen. Bei der Wiederausfuhr<br />

hatte <strong>die</strong> Rickmers’sche Mühle sogar <strong>die</strong><br />

Nase vom und exportierte 9.300 Tonnen an veredeltem<br />

Reis, während <strong>die</strong> anderen Mühlen zusammen<br />

auf 6.100 Tonnen kamen.'*^® Die Zeitschrift<br />

„Die Mühle“ druckte 1889 eine kurze<br />

Meldung über einen Zeitungsbericht in Japan<br />

ab:<br />

„Reisschälmühlen. Ein japanisches Blatt<br />

schreibt: Die anerkannt beste Reismühle der<br />

Welt, welche 750.000 Koku (6 Koku gleich 1<br />

Tonne) im Jahr schält ist <strong>die</strong>jenige des Herrn<br />

Rickmers, Bremen, Deutschland.*“*^’<br />

Als am 27. November 1886 der Schiffbauer<br />

Rickmer Ciasen Rickmers verstarb, übernahm<br />

Andreas Rickmers <strong>die</strong> Leitung des Familienimperiums.<br />

Er war eine bestimmende Person der<br />

industriellen Reismüllerei und maßgeblich dafür<br />

verantwortlich, dass <strong>die</strong> deutsche Veredelungsindustrie<br />

<strong>die</strong> englische zwischen 1885 und 1890<br />

quantitativ und qualitativ hinter sich ließ. Größere<br />

Quantitäten Reis als in Deutschland, und<br />

besonders in Bremen, wurden nirgendwo auf der<br />

Welt industriell veredelt.<br />

106<br />

Technischer Vorgang der Reisveredelung<br />

Wie wurde mit dem Reis in den modernen Reismühlen<br />

im Einzelnen verfahren? Eine Beschreibung<br />

des genauen Vorgangs der industriellen<br />

Verarbeitung und Veredelung des Reises geben<br />

zwei Autoren in „Die Mühle“ in den Jahren 1894<br />

und 1896. Gustav Weinrich bezog sich 1894 auf<br />

eine bestimmte Anlagenart, <strong>die</strong> als „Sistem Martin“<br />

bezeichnet wurde. Der Autor des Artikels<br />

von 1896 bleibt unter den Initialen R. B. anonym,<br />

gab detaillierte Einlassungen, <strong>die</strong> nicht unbedingt<br />

für ein technisches System warben.<br />

Der entscheidende Unterschied der industriellen<br />

Reismüllerei zu den Anfängen der Reisverarbeitung<br />

lag nach R. B. in der technischen Entwicklung<br />

der Mahlvorrichtungen, <strong>die</strong> neue Verarbeitungsmengen<br />

ermöglichten, „namentlich gestatte<br />

der Übergang von der postenweisen zur ununterbrochenen<br />

Beschüttung der Gänge <strong>die</strong> Massenverarbeitung“.<br />

Nach der Ankunft im Hafen<br />

wurden <strong>die</strong> Ladungen zuerst auf Transportschäden<br />

untersucht. Schimmelbefall, Käferbefall,<br />

Verfärbungen durch Überhitzung oder Schäden<br />

durch Seewasser kamen immer wieder vor. Bestenfalls<br />

wurde der Reis nach verschiedenen Stufen<br />

seiner gelblichen Verfärbungen sortiert - je<br />

gelber, desto wertloser war der Reis - und anschließend<br />

in Packhäusem oder Silos eingelagert.<br />

Wo nicht genügend Raum zur Verfügung stand,<br />

wurde er auch unter freiem Himmel gelagert.*“<br />

Der erste Bearbeitungsschritt in der Mühle war<br />

eine Vorsortierung und Reinigung:<br />

„[...] hierzu würde man an Maschinen benötigen<br />

einen Aspirateur mit Speisewalze und<br />

Siebvorrichtung, <strong>die</strong> Siebe (geschlitzte Bleche)<br />

haben drei verschiedene Lochungen, No.<br />

1 für Staub. No. 2 für ganz geringe und gebrochenen<br />

[!] Körner, No. 3 für unsortirten<br />

Reis; <strong>die</strong> Ueberschläge sind Steine, Erdknollen,<br />

grobe Unkrautsamen u.a.m. Der wichtigste<br />

Teil am Aspirateur für Reisschälerei ist<br />

der Windlüfter. Diesem fällt <strong>die</strong> Aufgabe zu,<br />

<strong>die</strong>jenigen zu leichten Körner, welche sich<br />

nur nach der Schwere, nicht aber nach deren<br />

Größe ausscheiden lassen, auszuscheiden.“*’*


Bei Cargoreis, der zu Vs aus enthülstem und zu<br />

'/5 aus ungeschältem Reis bestand, war zudem<br />

<strong>die</strong> Trennung des enthülsten und unenthülsten<br />

Reises wichtig, weil <strong>die</strong> Mahlgänge auf den jeweiligen<br />

Zustand der Körner eingestellt wurden<br />

und bei einer Mischung entweder unvollständig<br />

arbeiteten oder zu viel Bruch erzeugten. Diese<br />

Sortierung war etwas komplizierter und arbeitete<br />

mit dem „Grundsatz der größeren Rauheit (Reibung)<br />

der nicht enthülsten Reiskörner beim Gleiten<br />

über eine schiefe Ebene“ Anschließend<br />

begann <strong>die</strong> eigentliche Vermahlung der Reiskörner<br />

in den Poliergängen,<br />

„<strong>die</strong> der Hauptsache nach aus einem Kegelstumpf,<br />

bezogen mit einer Steinmasse, besteht,<br />

umgeben von einem Mantel aus Drahtgewebe<br />

oder auch gelochtem Bleche, um das<br />

abgearbeitete Mehl sofort abstoßen zu können.<br />

Bemerkt sei hierzu aber, dass nicht der<br />

Mantel, sondern der Kegel Arbeitsfläche ist;<br />

es sind deshalb im Mantel Einsätze aus elastischen<br />

Stoffen eingebaut, <strong>die</strong> den Reis aufhalten<br />

und an den drehenden Stein zur Bearbeitung<br />

drängen. Um ihn zu schonen, lässt<br />

man den Reis <strong>die</strong>ses Verfahren mehrmals<br />

durchmachen, statt ihn mit einem Male kräftig<br />

anzugreifen, [.. .j der Mehlabfall [ist] ein sehr<br />

veränderlicher und schwankt ungefähr zwischen<br />

7 und 23<br />

Um so wenig Mehl und damit Verlust wie möglich<br />

zu erzeugen, galt des Weiteren: „Um Letzteres<br />

zu vermeiden, ist auch darauf zu achten, dass<br />

das Produkt nicht warm wird, was durchaus nicht<br />

zu sein braucht, wenn <strong>die</strong> Aspiration nur leidlich<br />

in Ordnung ist. [...] Dazu be<strong>die</strong>nt man sich beim<br />

Schälgange mit Vorteil einer Bürstmaschine mit<br />

Lüftung.Nach den Mahlgängen wurde das<br />

Produkt noch mehrfach gereinigt und sortiert,<br />

dafür verwendete man wiederum Bürstmaschinen,<br />

Windlüfter und Siebe. Danach konnten alle<br />

gewonnenen Produkte dem Handel oder ihrer<br />

weiteren Verarbeitung zugeführt werden.<br />

Die idealen Mahlsteine, so Gustav Weinrich in<br />

seinem Aufsatz und auch schon ein unbekannter<br />

Informant 1887, seien sächsische Steine aus der<br />

Gegend um Pirna und Zittau.“*^^ Im gleichen Jahr<br />

wurden in dem Fachblatt Reismühlen, also deren<br />

technische Anlagen, von der auf Mühlenbauten<br />

spezialisierten Maschinenfabrik Moritz Martin<br />

aus Bitterfeld angepriesen.'*^'* Der Mühlenbaumeister<br />

und Ingenieur konstruierte und patentierte<br />

Schälmaschinen, wie sie eben auch im Artikel<br />

des Gustav Weinrich von 1894 beschrieben<br />

wurden. Die innovative Technik, <strong>die</strong> industrielle<br />

Verarbeitungsmaßstäbe ermöglichte, kam offensichtlich<br />

nicht aus dem industriell eher schwach<br />

entwickelten Nordwesten Deutschlands, sondern<br />

aus dem sächsischen Industriegebiet zwischen<br />

Bitterfeld und der Elbregion.<br />

In beiden Artikeln des Müllerei-Organs wurde<br />

darauf verwiesen, dass <strong>die</strong> technische Entwicklung<br />

der Reismühlen in den vergangenen Jahrzehnten<br />

eine positive Entwicklung erfahren hatte.<br />

Die technischen Einrichtungen der deutschen<br />

Reisindustrie trugen zu der weltweit hervorstechenden<br />

Entwicklung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

bei. Und doch sollten <strong>die</strong> Errungenschaften, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> Welt zusammenwachsen ließen und <strong>die</strong> deutsche<br />

Reisindustrie ermöglichten, auch bald zu<br />

einer Bedrohung werden;<br />

„Der Bau von Reismühlen und den dazugehörigen<br />

Maschinen kann sich noch bedeutend<br />

entwickeln, da in den reisbauenden Ländern<br />

noch viele hundert Millionen von Reisessern<br />

sich auf <strong>die</strong> unvollkommene Art ihren Reis<br />

bearbeiten. [...] Was <strong>die</strong> deutsche Reis-Mühlenindustrie<br />

betrifft, so [...] wird sie kränkeln,<br />

wenn nicht verkümmern. Alle staatlichen<br />

Maßnahmen werden dem natürlichen Verfall<br />

des einheimischen Reisgeschäfts auf <strong>die</strong> Dauer<br />

keine Schranken setzen können. Die reisbauenden<br />

Länder werden immer mehr <strong>die</strong> Bearbeitung<br />

der Ware selbst in <strong>die</strong> Hand nehmen,<br />

[...] <strong>die</strong> Verringerung der Güte des<br />

Reises durch <strong>die</strong> lange Seebeförderung ist<br />

nicht mehr vorhanden, <strong>die</strong> schnellfahrenden<br />

großen Frachtdampfer mit guten Lüftungseinrichtungen<br />

bringen polirten indischen Reis<br />

in tadelloser Beschaffenheit auf den europäischen<br />

Markt und ihm wird das Mehl schon<br />

bald nachfolgen.'“*^^


i- i)<br />

Zwei der drei größten Bremer Reismühlen wurden<br />

von der Familie Nielsen betrieben. Die Vorfahren<br />

stammten aus Dänemark und waren im<br />

18. Jahrhundert nach Bevern bei Höxter an der<br />

Weser gezogen. Dort wurde 1760 Friedrich Carl<br />

Ferdinand, der Gründer des ersten Bremer Geschäfts,<br />

geboren. Er erwarb 1796 das Bremer<br />

Bürgerrecht und gründete im Folgejahr ein Versandgeschäft<br />

in der Altstadt. Der dritte Sohn,<br />

ebenfalls Friedrich Carl Ferdinand genannt, wurde<br />

1803 in der Hansestadt geboren und wurde<br />

nach dem Tod des älteren Bruders im Kindesalter<br />

der älteste männliche Sohn und somit zum<br />

Stammhalter des väterlichen Geschäfts.<br />

Nach dem frühen Tod des Vaters 1812 und dem<br />

Tod der Mutter 1823 übernahm Friedrich Carl<br />

Ferdinand das Familienunternehmen schon kurz<br />

vor der eigenen Volljährigkeit. Neben dem Versandhandel<br />

hatten <strong>die</strong> Eltern ein gut laufendes<br />

Oberländisches Geschäft betrieben. Als Oberländisches<br />

Geschäft wurde der Absatz Bremer<br />

Waren und in Bremen angelandeter Waren, beispielsweise<br />

Kolonialwaren, in das Umland und<br />

der Küste abgewandte Hinterland bezeichnet.<br />

Die mit den Geschäften verbundenen Reisen<br />

sagten dem jungen Kaufmann offenbar nicht zu<br />

und er baute das Geschäft zu einem Tabakhandel<br />

um. Da Nielsen „gerne dem amerikanischen<br />

Prinzip folgte, wenn ein Geschäft nicht der Erwartung<br />

entspricht es aufzugeben und ein neues<br />

anzufangen oder <strong>die</strong> Branche des Geschäfts [zu<br />

wechseln]“, war auch der Tabakhandel nicht von<br />

langer Dauer. Aus einem angesehenen Kaufmann<br />

wurde innerhalb weniger Jahre ein Pionier der<br />

Industrialisierung in Bremen und ein moderner<br />

Fabrikant. Der Beginn des Aufstiegs zu einem<br />

der bedeutendsten Industriellen Bremens war<br />

der Kauf einer Kalkbrennerei am Stephani-Ufer<br />

und <strong>die</strong> Errichtung einer Kalkmühle 1837. Für<br />

spätere Vergrößerungen wurden umliegende<br />

Grundstücke ebenfalls erworben und eine Zementfabrik<br />

an <strong>die</strong> Kalkbrennerei angegliedert.<br />

„Es wurde nun eine Dampfmaschine [für <strong>die</strong> Fabrik]<br />

angeschafft, und war <strong>die</strong>se <strong>die</strong> erste<br />

Dampfmaschine, welche in Bremen arbeitete<br />

[Hervorhebung Rodewald].““^^<br />

Die Anschaffung der Dampfmaschine 1838 war<br />

für das vom Handel geprägte Bremen ein wichtiger<br />

Schritt in das Industriezeitalter und zugleich<br />

für Friedrich Carl Ferdinand Nielsen der erste<br />

Schritt ln das Müllereiwesen. Zur Nutzung der<br />

Dampfkraft hatte er gegen den Widerstand der<br />

zünftisch organisierten Bäcker 1839 <strong>die</strong> Vermahlung<br />

von Roggen und Gerste zur Herstellung<br />

von Schiffsbrot und englischen Keksen aufgenommen.<br />

Obwohl Nielsen kein Überseekaufmann<br />

war, profitierte er hier von den globalen<br />

Migrationsbewegungen des 19. Jahrhunderts und<br />

machte für zwei Jahre mit dem Schiffsbrot gute<br />

Geschäfte, weil Bremen als der damals wichtigste<br />

Auswandererhafen eine entsprechende<br />

Nachfrage hatte. Als <strong>die</strong> Konkurrenz stärker wurde,<br />

wechselte Nielsen wiederum das Geschäftsfeld<br />

und setzte seine Dampfmaschine für eine<br />

Sägemaschine und <strong>die</strong> Herstellung von Zigarrenkisten<br />

ein. Zudem machten er und sein Bruder<br />

Anton Heinrich Nielsen (1805-1883) erste Versuche,<br />

in ihrer Mühle Reis zu polieren. Da Angebot<br />

und Nachfrage für Reis 1842 offenbar<br />

noch nicht lukrativ erschienen, wurde <strong>die</strong> Firma<br />

Gebrüder Nielsen zu einer Zuckerfabrik. Ob der<br />

Zucker aus europäischen Steckrüben oder aus<br />

Zuckerrohr aus Übersee hergestellt wurde, ist<br />

nicht überliefert. Da für <strong>die</strong> Zuckergewinnung<br />

aus Steckrüben in einem 1801 in Schlesien entwickelten<br />

chemischen Verfahren Kalk benötigt<br />

wurde, liegt <strong>die</strong> Vermutung nahe, dass der ehemalige<br />

Kalkbrenner Nielsen Zuckerrüben verarbeitete<br />

und nicht Kolonialwaren einkaufte. Die<br />

Zuckerfabrikation war das <strong>bis</strong> dahin einträglichste<br />

Geschäft, das erst in den 1880er Jahren unrentabel<br />

wurde und daher eingestellt wurde.<br />

Anton Heinrich Nielsen war 1854 aus dem Familiengeschäft<br />

ausgeschieden und wurde im Folgejahr<br />

zum Begründer der Reisindustrie in Bremen.<br />

Er kaufte ein Grundstück in der Neustadt,<br />

„wo sich heute <strong>die</strong> großen Anlagen der Beck &<br />

Co. Exportbrauerei befinden. Die Nielsen sind<br />

also auch hier, wie am Stephanitorsbollwerk.<br />

Wegebahner im Aufbau eines neuen Industrie-


Viertels gewesen.“''^’' Erst als <strong>die</strong> Reisgeschäfte<br />

in den 1890er Jahren etwas schlechter liefen,<br />

wurden familienfremde Gesellschafter aufgenommen,<br />

weil fremdes Kapital benötigt wurde.<br />

Die Firma Anton Nielsen & Co. wurde als Bremer<br />

Reismühlen, vorm. Anton Nielsen & Co.,<br />

A.G. zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt.<br />

1901 ging <strong>die</strong> Firma in der Reis- und Handels<br />

AG auf und wurde mit einem Wert von 1.591.000<br />

Mark beziffert. 1905 wurden <strong>die</strong> Fabrikation von<br />

der Reis- und Handels AG eingestellt und 1911<br />

schließlich <strong>die</strong> Grundstücke verkauft.<br />

Der ältere Bruder Friedrich Carl Ferdinand nahm<br />

mit seiner Firma, Gebr. Nielsen, erst 1862 <strong>die</strong><br />

Reismüllerei auf. Zehn Jahre vor dem Einstieg<br />

von Rickmer Ciasen Rickmers in <strong>die</strong> Reisindustrie<br />

gehörte er aber noch immer zu den ersten<br />

Reismüllem in Bremen und hatte auch schnell<br />

<strong>die</strong> vorerst größte Fabrik. Als <strong>die</strong> Preise für<br />

Bruchreis immer weiter stiegen, wurde 1874 zudem<br />

eine Stärkefabrik angegliedert, in der der<br />

anfallende Bruchreis gewinnbringend verarbeitet<br />

wurde. Als Friedrich Carl Ferdinand Nielsen<br />

1877 <strong>die</strong> Fabriken an seine Söhne übergab, war<br />

Gebr. Nielsen noch immer ein reiner Familienbetrieb.<br />

Dies änderte sich auch mit der Gründung<br />

einer Aktiengesellschaft 1894 nicht. Das Stammkapital<br />

von 2.800.000 Mark lag in den Händen<br />

der vier Brüder. Aufsichtsratsvorsitzender wurde<br />

Johann Wilhelm Nielsen (1833-1907) und <strong>die</strong><br />

Geschäftsführung hatten Anton Julius (1835-<br />

1911), Heinrich Adolf (1849-1902) und Friedrich<br />

Carl Ferdinand (1828-1895) inne. 1901 gingen<br />

Reismühle und Stärkefabrik der Gebr. Nielsen<br />

AG ebenfalls in der Reis- und Handels AG<br />

auf Dabei wurde der Wert des Unternehmens<br />

mit 3.359.151,35 Mark berechnet. Damit war<br />

<strong>die</strong> Gebr. Nielsen AG nach der Rickmers-Mühle<br />

1901 das zweitgrößte Unternehmen der Reisindustrie<br />

in Bremen.'*^®<br />

Rickmer Ciasen Rickmers war als Unternehmer<br />

im Auswandererverkehr, Schiffsreeder und Importeur<br />

von Kolonialwaren mit Reis in Verbindung<br />

gekommen und schrittweise waren Transport<br />

und Veredelung von Reis zu seinen wichtigsten<br />

Geschäftsfeldem geworden. Ganz anders<br />

war es bei Friedrich Carl Ferdinand und Anton<br />

Heinrich Nielsen. Die Brüder gehörten zu den<br />

ersten Fabrikanten Bremens und waren in der<br />

Hansestadt Pioniere der industriellen Fabrikation.<br />

Sie versuchten sich in der industriellen Fertigung<br />

verschiedenster Dinge, <strong>bis</strong> sie letztlich<br />

<strong>die</strong> Reisveredelung und <strong>die</strong> Fabrikation von Reisstärke<br />

langfristig als Erfolgsgeschäft betrieben.<br />

Für <strong>die</strong> Brüder Nielsen war nicht der Kontakt<br />

zu den Anbaugebieten der Auslöser, sich in der<br />

Reisverarbeitung zu engagieren, sondern <strong>die</strong><br />

technischen Möglichkeiten der Industrialisiemng<br />

in einer Fabrik mit Dampfkraft machten sie zu<br />

zwei bedeutenden Unternehmern der globalen<br />

Reisindustrie. Zugleich erleichterte <strong>die</strong> Verarbeitung<br />

einer Kolonialware den Nielsens das Fabrikwesen.<br />

Denn der Rohstoff der Reismühle<br />

konnte <strong>bis</strong> zum späten Bremer Zollanschluss<br />

1888 zollfrei eingeführt werden. Da ein großer<br />

Teil des Reises wieder exportiert wurde, war <strong>die</strong><br />

Reisfabrik nicht durch <strong>die</strong> Zölle belastet. Andere<br />

Industrien hingegen hatten es in Bremen schwer,<br />

da sich <strong>die</strong> Produkte verteuerten, sobald sie beim<br />

Absatz auf dem Binnenmarkt <strong>die</strong> Bremer Zollgrenze<br />

passierten.<br />

Reisfuttermehl<br />

Das bei den Mahlvorgängen in den Reismühlen<br />

anfallende Mehl wurde ebenfalls gewinnbringend<br />

verkauft. Als Nährstoff waren einzig <strong>die</strong><br />

Strohhülsen des Reises wertlos und für Tiere sogar<br />

schwer verdaulich. Die darunterliegende Epidermis,<br />

<strong>die</strong> Silberhaut des Reiskorns, <strong>die</strong> beim<br />

Schälen und Polieren ebenfalls vom Kom getrennt<br />

wurde, enthält jedoch Fett und Eiweiße,<br />

<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Tiermast eignen. Das Mehl und<br />

der Bruch des kohlenhydratreichen Reiskorns<br />

waren innerhalb des Reisfuttermehls <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Bestandteile, weil sie am meisten Nährwert<br />

besaßen. Über den Ende der 1870er Jahre<br />

entdeckten Markt für Reisfuttermehl hieß es<br />

1882;<br />

„Gesuche und Offerten <strong>die</strong>ser Futterstoffe in<br />

öffentlichen und namentlich Fachblättern sind<br />

gegenwärtig so zahlreich, dass man sich fra-<br />

109


gen muss, ob denn das Geschäft darin in der<br />

That so bedeutend sei. Leider müssen wir das<br />

aus eigener Erfahrung bejahen, <strong>die</strong> große<br />

Preissteigerung [...) in Italien und Holland<br />

sind ein Zeugnis dafür und <strong>die</strong> Einfuhrstatistik<br />

des zu Ende gegangenen Jahres 1881 wird<br />

<strong>die</strong>s ebenfalls beweisen.*“*^’<br />

Auf dem Markt für Reisfuttermehl gab es also<br />

auch ausländische Konkurrenz und es schien ein<br />

einträgliches Geschäft zu sein, den Abfall der<br />

Reismüllerei als Tierfutter zu verwerten. Die<br />

Käufer des Futtermehls waren misstrauisch, weil<br />

es häufig mit Reiskleie versetzt war. Reiskleie<br />

ist ein Mehl aus den nährstoffarmen Strohhülsen<br />

der Reiskörner. Des Öfteren sahen sich Landwirte<br />

getäuscht und Reisfuttermehl geriet in Verruf,<br />

weil es durch <strong>die</strong> Zusätze von Kleie im Wert<br />

gemindert worden war. Rickmer Glasen Rickmers<br />

ging <strong>die</strong>ses Problem offensiv an und veröffentlichte<br />

eine Stellungnahme unter dem Namen<br />

seiner Firma. Darin zitierte er eingangs einen<br />

Artikel der Kölnischen Zeitung, aus dem<br />

hervorging, dass ein hessischer Landwirt durch<br />

minderwertiges Futtermehl geschädigt worden<br />

war. Da der Proteingehalt deutlich unter den angegebenen<br />

Werten gelegen hatte, war es in dem<br />

beschriebenen Fall zu einer Überteuerung von<br />

3,83 Mark je 100 Kilogramm gekommen. Anschließend<br />

bestätigte Rickmer Glasen Rickmers,<br />

größere Mengen Reisfuttermehl an hessische<br />

Konsumvereine gesandt zu haben. Um sich von<br />

dem nun im Raum stehenden Verdacht des Betrugs<br />

zu distanzieren, hatte er Proben seiner Produktion<br />

an <strong>die</strong> Landwirtschaftliche Versuchsstation<br />

für das Großherzogtum Hessen gesandt und<br />

analysieren lassen. Zuletzt veröffentlichte er <strong>die</strong><br />

Mitteilung der Analyseanstalt, nachdem das<br />

Rickmers’sehe Futtermehl „den garantierten<br />

Nährstoffgehalt nicht nur stets in vollem Maße<br />

gehabt, sondern denselben in vielen Fällen nicht<br />

unerheblich überschritten“ hatte.'*’“’<br />

Um <strong>die</strong> Abfälle der Reismühle gewinnbringend<br />

absetzen zu können, nutzte Rickmer Glasen<br />

Rickmers einerseits <strong>die</strong> Möglichkeiten der modernen<br />

Ghemie und andererseits eine äußerst geschickte<br />

Werbestrategie. Rickmers garantierte<br />

seinen Abnehmern schon 1879 einen Mindestgehalt<br />

an Nährstoffen in seinem Reisfuttermehl<br />

der Qualitäten I und II. Für <strong>die</strong> Qualität I galt<br />

ein Mindestgehalt von acht Prozent Fett, elf Prozent<br />

Proteinen und 63 Prozent stickstofffreier<br />

Extrastoife, für <strong>die</strong> Qualität II wurden Anteile<br />

von zwölf Prozent Fett, zwölf Prozent Proteinen<br />

und 52 Prozent stickstofffreier Anteile garantiert.<br />

Des Weiteren wurde allen Abnehmern auf<br />

Wunsch eine chemische Analyse des Futtermehls<br />

zugesichert:<br />

„Kostenfreie Analysirung steht jedem Abnehmer<br />

Oldenburgs und Ostfrieslands in Oldenburg,<br />

Schleswig-Holsteins in Kiel, des übrigen<br />

Deutschlands sowie Auslands in Hildesheim<br />

zu.<br />

Durch <strong>die</strong>se Garantieleistung wird <strong>die</strong> vielfach<br />

ausgesprochene Besorgnis wegen ungleichmässigen<br />

Gehalts, sowie auch fremder,<br />

schädlicher Beimischung vollständig beseitigt.“'*'"<br />

Zur Bestätigung <strong>die</strong>ses Kundenservices wurde<br />

von der landwirtschaftlichen Versuchs-Station<br />

Hildesheim ein Vertrag veröffentlicht, den selbige<br />

mit Rickmers für <strong>die</strong> angekündigten Kontrollen<br />

geschlossen hatte. Der Vertrag umfasste<br />

neun Paragraphen, <strong>die</strong> den Ablauf der Nährstoffkontrollen<br />

im Einzelnen regelten. War das Ergebnis<br />

einer Kontrolle derart, dass <strong>die</strong> garantierten<br />

Nährstoffgehalte im Futtermehl nicht erreicht<br />

wurden, gab es eine Kostenerstattung nach einem<br />

komplizierten System, das innerhalb kleiner Toleranzen<br />

aus den Differenzen zwischen garantierten<br />

und tatsächlichen Nährstoffgehalten berechnet<br />

wurde. Wurden <strong>die</strong> Toleranzbereiche<br />

ganz verfehlt, wurde <strong>die</strong> Ware von der Bremer<br />

Reismühle zurückgenommen. Zur Verdeutlichung<br />

wurden Beispielrechnungen angefügt. Zudem<br />

warb das Bremer Unternehmen noch mit<br />

Offenheit, indem den Laboren das Recht zugestanden<br />

wurde, ihre Testergebnisse über das<br />

Reisfuttermehl von Rickmers in allen landwirtschaftlichen<br />

Blättern zu veröffentlichen. Überparteilichkeit<br />

und Kundenzufriedenheit signalisierte<br />

zudem <strong>die</strong> letzte Seite des Prospekts mit<br />

Lob und Anerkennung für <strong>die</strong> Qualität des Fut-<br />

110


termehls, das Rickmers von den „Kunden unaufgefordert<br />

zugegangen“ sei. So hieß es auf der<br />

1. Deutschen Molkerei-Ausstellung in Berlin<br />

1879 beispielsweise, dass „das Mehl von allen<br />

Viehgattungen mit grosser Begier gefressen“<br />

werde, dass <strong>die</strong> mit dem „Futtermehl Nr. 2 angestellten<br />

Probeversuche bei Milch- und Zuchtvieh<br />

günstig ausgefallen sind“ und auch, dass<br />

das Futtermehl „von den Herren Preisrichtern<br />

für sehr gut erklärt“ wurde.“*^^<br />

Werbung durch <strong>die</strong> Veröffentlichung von zufriedenen<br />

Kundenzuschriften forcierte <strong>die</strong> Bremer<br />

Reismühle, indem sie gezielt bei Kunden nachfragte,<br />

wie viel Reisfuttermehl sie pro Rind oder<br />

Schwein und Tag verfütterten und wie zufriedenstellend<br />

<strong>die</strong> Ergebnisse seien. Die Objektivität<br />

<strong>die</strong>ser Zuschriften kann nicht bewertet werden,<br />

weil es an Aussagen von Konkurrenten im<br />

Futtermittelgeschäft oder von objektiven Instanzen<br />

mangelt. Beeindruckend ist dennoch ein<br />

Heft, in dem <strong>die</strong> Antwortschreiben der Kunden<br />

- natürlich im gedachten Sinn nur positiv berichtend<br />

- auf immerhin 35 Seiten zusammengefasst<br />

und veröffentlicht wurden. Über weite<br />

Teile liest sich <strong>die</strong>ses Heft wie eine Gebrauchsanweisung,<br />

wie viel Reisfuttermehl in welcher<br />

Mischung mit anderen Futtermitteln an Pferde,<br />

Rinder oder Schweine zu verfüttern sei, wie sich<br />

ein guter Geschmack von Butter durch <strong>die</strong> Füttemng<br />

der Milchkühe erzielen lasse oder wie<br />

<strong>die</strong> beste Gewichtszunahme bei Masttieren am<br />

günstigsten erreicht werde.“*^^<br />

Die Vertriebswege <strong>die</strong>ser Informations- und Werbehefte<br />

lassen sich nicht mehr rekonstruieren.<br />

Vorstellbar ist, dass sie jeder Lieferung beigelegt<br />

wurden und das Futtermehl von Rickmers somit<br />

schrittweise im Kreis potentieller Kunden bekannter<br />

wurde. Durch <strong>die</strong> Veröffentlichungen<br />

von Futtermehl-Analysen in den landwirtschaftlichen<br />

Zeitschriften wurden zwei Ziele zugleich<br />

erreicht, indem erstens das Produkt der Bremer<br />

Mühle im gesamten Adressatenkreis bekannt gemacht<br />

und zweitens der Charakter interessengeleiteter<br />

Werbung durch <strong>die</strong> Seriosität eines Fachorgans<br />

und wissenschaftliche Objektivität überdeckt<br />

wurde.<br />

2. Die deutsche Reisstärkeindustrie<br />

Als sich unter Bismarcks Führung das Deutsche<br />

Reich konstituierte, hatte <strong>die</strong> industrielle Entwicklung<br />

in Deutschland eine neue Dimension<br />

erreicht. Der Entwicklungsrückstand gegenüber<br />

England auf dem Weg zu einer Industrienation<br />

war weitestgehend geschrumpft. Nipperdey konstatierte<br />

für <strong>die</strong> Mitte des Jahrhunderts noch, dass<br />

es in Deutschland keinen zusammenhängenden<br />

Markt gab, <strong>die</strong> Verkehrsinfrastruktur mangelhaft<br />

und Rohstoffe wie Wolle und Kohle knapp waren.<br />

Politisch, Steuer- und zollrechtlich war Deutschland<br />

partikularisiert und neben allem wirtschaftlichen<br />

Wagemut und Innovationsgeist gab es noch<br />

immer Reste einer Zunftmentalität, deren oberste<br />

Maxime <strong>die</strong> Besitzstandswahrung durch <strong>die</strong> Erhaltung<br />

alter Strukturen war.“*^ Um 1870 hatte<br />

sich das Bild der deutschen Industrie jedoch von<br />

Grund auf verändert. Eine politische Einheit war<br />

mit der Reichsgründung verwirklicht und - wie<br />

übrigens auch im 20. Jahrhundert nach 1945 und<br />

1989 - <strong>die</strong> Nationen- und Nationalstaatsbildung<br />

wurde durch materiellen Wohlstand und <strong>die</strong> gemeinsame<br />

Wirtschaftskraft vorangebracht.<br />

„Deutschland erreicht das Stadium des gesteigerten<br />

und permanenten Wachstums; <strong>die</strong> Industrie<br />

wird aus einem eher marginalen zum führenden<br />

Sektor der Wirtschaft, Fabrik, Arbeiterschaft<br />

und Industriestadt werden <strong>die</strong> neuen, <strong>die</strong><br />

gesellschaftsprägenden Wirklichkeiten.“'*^^<br />

Diese neuen Wirklichkeiten waren nach wie vor<br />

regional unterschiedlich und je nach Marktanbindung,<br />

Infrastrukturen und Arbeits- sowie Kapitalressourcen<br />

ausgeprägt. Im Raum Lippe gab<br />

es zur Jahrhundertmitte keine Industrieunternehmen<br />

mit globaler Bedeutung. Einzelne Industriezweige<br />

wie <strong>die</strong> Wäsche-, Holz- und Möbelindustrie<br />

verdrängten zwar zunehmend altes Gewerbe,<br />

aber auch 1870 gab es dort erst eine<br />

einzige Fabrik, <strong>die</strong> in das weltweite Handelsnetz<br />

integriert war: <strong>die</strong> Stärkefabrik in Salzuflen.'*'*®<br />

Die Entwicklung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s und<br />

der Verarbeitungs- sowie der Veredelungsindustrie<br />

durch den zunehmenden weltweiten Handel<br />

mit Reis brachte dem Raum Lippe einen Roh-<br />

111


stoff, durch dessen Verarbeitung in Salzuflen ein<br />

Industriebetrieb mit wirtschaftlicher Bedeutung<br />

für ganz Europa entstand.<br />

Von der Stärkefabrik Salzuflen zu Hoffmann ’s<br />

Stärkefabriken AG<br />

Zur Geschichtsschreibung über <strong>die</strong> Hoffmann ’s<br />

Stärkefabriken AG<br />

Die <strong>bis</strong>herige historiographische Beachtung der<br />

Stärkefabrik Salzuflen hat einige interessante<br />

Züge und soll daher kurz gewürdigt werden.<br />

Über <strong>die</strong> Geschichte der Stärkefabrik, später<br />

dann Eduard Hoffmann & Co. beziehungsweise<br />

Hoffmann’s Stärkefabriken AG, gibt es eine ganze<br />

Reihe von Veröffentlichungen. Die älteste<br />

Schrift über <strong>die</strong> deutsche Reisstärkeindustrie ist<br />

nur knapp 50 Jahre nach der Gründung der Stärkefabrik<br />

Bad Salzuflen von Herbert van der<br />

Borght vorgelegt worden. Van der Borght war<br />

Ökonomieprofessor in Aachen und später der<br />

Präsident des Kaiserlichen Statistischen Amtes<br />

in Berlin. Obwohl er Wissenschaftler war, ist<br />

<strong>die</strong> Arbeit van der Borghts kritisch zu betrachten,<br />

da <strong>die</strong> Arbeit von den deutschen Reisstärkefabriken<br />

unterstützt wurde, Hoffmann’s den größten<br />

Teil der Auflage kaufte und das Manuskript<br />

auch redigierte. Damit hat sie trotz ihres Informationsgehaltes<br />

den Charakter einer Auftragsoder<br />

Werbearbeit. Ergänzt wurde <strong>die</strong> Schrift Richard<br />

van der Borghts durch <strong>die</strong> Dissertation<br />

seines Sohnes Herbert van der Borght. Doch<br />

auch <strong>die</strong>ser dankt bereits im Vorwort dem Verein<br />

der Stärkeinteressenten Deutschlands, Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken und einer weiteren Firma.<br />

Zudem heißt es dort, dass <strong>die</strong> Arbeit während<br />

eines kurzen „Urlaubs aus dem Felde entstanden<br />

ist“ und eine „Fortsetzung der im Jahre 1899 erschienenen<br />

„Beiträge zur Geschichte der deutschen<br />

Reisstärkeindustrie“ meines Vaters [...]<br />

sein“ soll. Die genannten Argumente sind für<br />

den heutigen Leser eher ein Hinweis, zu hinterfragen,<br />

ob <strong>die</strong> Recherchen während eines Fronturlaubs<br />

intensiv genug waren. Zuletzt diskreditiert<br />

der Hinweis, dass das Werk „hauptsächlich“<br />

deswegen geschrieben worden sei, weil es „namentlich<br />

in den beteiligten Kreisen“ gewünscht<br />

wurde.''^’ Trotz <strong>die</strong>ser kritischen Einschränkungen<br />

ist festzuhalten, dass Herbert van der Borght<br />

ein sehr informatives und detailliertes Bild über<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der deutschen Reisstärkeindustrie<br />

zeichnete, das im Folgenden eine wichtige<br />

Grundlage bildet. Bis etwa 1990 beschränkte<br />

sich <strong>die</strong> Literatur dann auf Festschriften oder<br />

weitere Auftragsarbeiten wie <strong>die</strong> von Richard<br />

Tiemann 1930 beziehungsweise Schriften von<br />

Hoffmann’s Mitarbeitern wie dem Generaldirektor<br />

Otto Künne.“*^®Trotz ihres Informationsgehaltes<br />

stehen <strong>die</strong>se Werke unter einem hagiographischen<br />

Verdacht und es ist zu vermuten,<br />

dass es an nötiger Distanz und einem kritischen<br />

Blick fehlt.<br />

Neu erschließbar wurde <strong>die</strong> Geschichte der größten<br />

deutschen Stärkefabrik in Bad Salzuflen, als<br />

ab 1991 das Stadtarchiv Bad Salzuflen“^®stückweise<br />

das gesamte Firmenarchiv von Hoffmann’s<br />

übernahm. Im Jahr 2010 war der gesamte Bestand<br />

des Firmenarchivs durch das Stadtarchiv<br />

über Findbücher erschlossen. Die wohl tiefsten<br />

Einblicke in <strong>die</strong> Geschichte der Stärkeproduktion<br />

in Salzuflen hatte Stefan Wiesekospsieker, der<br />

sie in seiner Dissertation über <strong>die</strong> betriebliche<br />

Sozialpolitik 2005 vorlegte. Trotz seiner intensiven<br />

Einblicke und einiger weiterer Arbeiten<br />

aus den vergangenen 15 Jahren ist <strong>die</strong> Geschichte<br />

der Hoffmann’s Stärkefabriken AG noch nicht<br />

umfassend historisch aufgearbeitet. Denn auch<br />

Wiesekopsieker kommt zu dem Schluss, dass<br />

eine „detailliertere Firmengeschichte, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

zahlreichen Einzelaspekte anhand der reichhchen<br />

Aktenüberlieferung des Firmenarchivs [...] berücksichtigt,<br />

[...] künftigen Darstellungen Vorbehalten<br />

bleiben“ muss.“^®<br />

Geschichte der Stärkefabrik bei Salzuflen<br />

Der Kaufmann Heinrich Salomon Hoffmann<br />

gründete <strong>1850</strong> <strong>die</strong> erste Stärkefabrik im Lippischen.<br />

Hoffmann war Kaufmann und stammte<br />

aus dem ostwestfälischen Neusalzwerk, heute<br />

ein Ortsteil von Bad Oeyenhausen, und war Teil-


haber der dortigen Chemiefabrik. 1849 wurde<br />

er vom Salzufler Stadtverordneten Friedrich<br />

Brüggemann darauf hingewiesen, wie günstig<br />

<strong>die</strong> Gelegenheit dort für eine Fabrikgründung<br />

wäre. Die ersten Pläne Hoffmanns zielten auf<br />

<strong>die</strong> Gründung einer Rübenzuckerfabrik, welche<br />

offensichtlich aber nicht weiter verfolgt wurde.<br />

Noch 1849 erwarb Hoffmann ein fünf Scheffelsaat<br />

großes Grundstück auf einem ehemaligen<br />

Weidegrund bei Salzuflen. Ein Scheffelsaat -<br />

auch in Deutschland waren Maßeinheiten in der<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts noch äußerst heterogen<br />

- war ein lippisches Maß, entsprach einer<br />

Räche von 1.717 m^ oder einem Drittel eines<br />

Morgens und bezeichnete <strong>die</strong> Fläche, auf der ein<br />

Scheffel Getreidesaat eingesät werden konnte.<br />

Hoffmann kaufte auf den Namen seiner Frau<br />

eine Räche von 8.585 m^ und begann <strong>die</strong> Planungen<br />

für eine Kartoffelstärkefabrik. Sogar <strong>die</strong><br />

umliegenden Bauern wurden darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass für <strong>die</strong> Fabrik nennenswerte Mengen<br />

an Kartoffeln gebraucht würden. Die Stadt<br />

Salzuflen unterstützte <strong>die</strong> Ansiedlung des neuen<br />

Betriebs, weil sie in der Fabrikansiedlung Vorteile<br />

sah, und schenkte dem Bauherrn aus dem<br />

öffentlichen Forst Bauholz im Wert von 100 Thalem.<br />

Zudem vermittelte der Salzufler Bürgermeister<br />

Kredite für <strong>die</strong> neue Fabrik. Als im Sommer<br />

<strong>1850</strong> <strong>die</strong> Fabrikanlage inklusive einer<br />

Dampfmaschine mit acht Pferdestärken fertig<br />

war, standen <strong>die</strong> sehr hohen Kartoffelpreise dem<br />

Betrieb entgegen. Die Stärkeproduktion wäre<br />

mit Kartoffeln nicht rentabel gewesen. Wohl war<br />

sie es aber mit Weizen als Rohstoff, weshalb<br />

wiederum bauliche Veränderungen und technische<br />

Umrüstungen vorgenommen wurden, <strong>bis</strong><br />

am 29. September <strong>1850</strong> <strong>die</strong> Produktion in der<br />

Stärkefabrik Salzuflen aufgenommen wurde. Das<br />

Besondere war nicht <strong>die</strong> wenig innovative Herstellung<br />

von Stärke aus Weizen, sondern zum<br />

einen <strong>die</strong> Gründung einer Fabrik, <strong>die</strong> in wenigen<br />

Jahren zur bedeutendsten Industrieniederlassung<br />

im Raum Lippe wurde, und zum anderen <strong>die</strong> sofortige<br />

Aufnahme geschäftlicher Beziehungen<br />

nach Bremen und in <strong>die</strong> dortigen Kaufmannskreise.''^*<br />

Heinrich Salomon Hoffmann lebte zwischen<br />

1824 und 1842 in Magdeburg, wo er als Kaufmann<br />

scheiterte und sich infolge der Liquidation<br />

seines Handelshauses <strong>bis</strong> zu seinem Tod 1852<br />

mit Forderungen von Gläubigem auseinandersetzen<br />

musste. Dies mag ein Grund gewesen<br />

sein, wamm das Fabrikgelände auf den Namen<br />

seiner Frau Friederike gekauft wurde. Und auch<br />

wenn Hoffmann als Geschäftsführer der Chemiefabrik<br />

in Neusalzwerk ein erfolgreiches Arbeiten<br />

attestiert wurde, scheiterte er dennoch<br />

wiederum wirtschaftlich an der Leitung der Stärkefabrik<br />

in Salzuflen. Der älteste Sohn Leberecht<br />

Fürchtegott Hoffmann, der in Bremen lebte und<br />

dort Teilhaber eines Handelshauses war, musste<br />

der Firma schon vor Betriebsbeginn bei der Umrüstung<br />

zur Weizenstärkeproduktion'*^^ und danach<br />

in den Anfangsjahren der Fabrik immer<br />

wieder finanziell unter <strong>die</strong> Arme greifen. Zudem<br />

wurde dem Firmengründer auf Beschluss der<br />

Familie der jüngere Sohn Eduard Hoffmann an<br />

<strong>die</strong> Seite gestellt, denn es hatte sich gezeigt, dass<br />

Heinrich Salomon Hoffmann mit der Geschäftsführung<br />

überfordert war.<br />

Nach dem Tod des Gründers übernahm Eduard<br />

Hoffmann <strong>die</strong> Geschäftsführung allein. Aber<br />

trotz des Ausbaus der Firma, der Produktion und<br />

des Absatzes brachten <strong>die</strong> Geschäftsjahre 1856<br />

und 1857 Verluste. Der Tiefpunkt <strong>die</strong>ser Jahre<br />

war ein Brand am Abend des 9. Februars 1857.<br />

Eduard Hoffmann nutzte <strong>die</strong> Neuaufnahme der<br />

Produktion, um den Betrieb zu verbessern und<br />

in den frühen 1860er Jahren wurde <strong>die</strong> Fabrik<br />

zunehmend rentabel. Durch <strong>die</strong> Unachtsamkeit<br />

eines Heizers kam es fünf Jahre später, in der<br />

Nacht auf den 13. März 1862, wiederum zu einem<br />

Brand, der <strong>die</strong> Produktionsanlagen weitgehend<br />

zerstörte. Der Verlust lag mehr im Stillstand<br />

der Produktion und darin, dass Kunden nicht<br />

weiter beliefert werden konnten. Die Gebäude<br />

und Einrichtungen modernisierte Hoffmann nach<br />

dem Brand und zwischen 1863 und 1869 verdreifachte<br />

sich <strong>die</strong> Menge des verarbeiteten Weizens.<br />

Trotzdem schrieb <strong>die</strong> Firma seit 1867 wiederum<br />

rote Zahlen. Das lag an der englischen<br />

und belgischen Konkurrenz, <strong>die</strong> eine qualitativ<br />

113


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t- Jn r*<br />

*sx-^<br />

hochwertigere, aus Reis gewonnene Stärke auf<br />

den deutschen Markt brachten. Daher reifte der<br />

Entschluss, trotz einiger Hindernisse auch <strong>die</strong><br />

Produktion von Reisstärke in Bad Salzuflen aufzunehmen.<br />

1869 wurden insgesamt 364 Ballen (Säcke)<br />

Bruchreis verarbeitet und <strong>die</strong> ersten Versuche in<br />

der Stärkeherstellung aus Reis unternommen.<br />

Dieser Schritt machte einige Investitionen in <strong>die</strong><br />

Firma nötig. Da das Geld extern aufgebracht<br />

werden musste, folgte zum 1. Juli 1869 <strong>die</strong> Umwandlung<br />

der Firma in eine Offene Handelsgesellschaft<br />

namens E. Hoffmann & Co. Diese hatte<br />

drei Teilhaber. Die ersten beiden waren Eduard<br />

Hoffmann und sein Bruder Leberecht Fürchtegott<br />

Hoffmann. Letzterer war als Kaufmann am<br />

Bremer Haus Carl Pokrantz & Co. beteiligt und<br />

hatte <strong>die</strong> Stärkefabrik auch in den Anfangsjahren<br />

schon häufig mit Kapital unterstützt. Dritter Teilhaber<br />

wurde jener Carl Pokrantz, der bereits in<br />

Bremen beruflich mit Leberecht Fürchtegott<br />

Hoffmann verbunden war. Damit band sich <strong>die</strong><br />

Firma deutlich enger an Bremen und damit einen<br />

der weltweit bedeutendsten Handelsplätze für<br />

Reis. Der Firma Pokrantz & Co. dürfte Reis bereits<br />

hinlänglich bekannt gewesen sein, denn <strong>die</strong><br />

Firma war im Auswandererverkehr aktiv und daher<br />

ist davon auszugehen, dass auch in ihrem<br />

Auftrag Reis als eine der üblichen Amerika-<br />

Rückfrachten nach Bremen transportiert wurde.<br />

Seit <strong>die</strong>sem Zeitpunkt, also seit der Umstellung<br />

der Fabrik auf Reisstärkeproduktion, lief der<br />

Einkauf des Bruchreises bei den Bremer Mühlen<br />

für <strong>die</strong> Fabrik in Salzuflen über Carl Pokrantz<br />

& Co. 1875 kam es zu einer erneuten Umstellung<br />

der Rechtsform der Stärkefabrik. Im Rahmen<br />

der Firmenerweiterungen wurde wiedemm Kapital<br />

benötigt und schon wie 1869 wurde es nicht<br />

regional im industriell wenig entwickelten Raum<br />

Lippe aufgebracht, sondern in Bremen. Mit der<br />

Umwandlung zu einer Kommanditgesellschaft<br />

beteiligte sich der Bremer Bankier Eduard Wätjen<br />

- als Neffe des Gründers der damals größten<br />

Bremer Reederei Diedrich Heinrich Wätjen und<br />

des Kaufmanns Hermann Wätjen war er mit den<br />

Strukturen des globalen Bremer Rohstoffbezugs<br />

sicher vertraut - mit einer Einlage von 300.000<br />

Mark am Salzuflener Unternehmen. Die Unternehmensleitung<br />

lag dennoch weiterhin bei Eduard<br />

Hoffmann.<br />

Im Laufe der 1870er Jahre war <strong>die</strong> Entwicklung<br />

der Fabrik so positiv, dass „sie das größte lippische<br />

Industrieunternehmen war und bereits seit<br />

1860 <strong>die</strong> Lebensverhältnisse Salzuflens und seiner<br />

näheren Umgebung bestimmt hatte“.“’^ Es<br />

wurden zahlreiche Nebenbetriebe aufgebaut. So<br />

folgte der Errichtung einer Kartonfabrik 1876<br />

der normierte Verkauf von Stärke in 14-Kilogramm-Verpackungen.<br />

Diese 250-Gramm-Verpackungen<br />

ersparten Händlern und Kunden das<br />

Abwiegen des reinen Pulvers und waren damit<br />

ein vielbestauntes Novum im Einzelhandel. Eine<br />

Gasanstalt wurde gebaut, Arbeiterhäuser und eine<br />

Sägemühle entstanden. Das Firmengelände<br />

wurde erweitert und erhielt einen Eisenbahnanschluss.<br />

Für <strong>die</strong>sen beteiligte sich <strong>die</strong> Firma 1879<br />

mit 65.000 Mark an den Kosten der Strecke Herford-Detmold<br />

und erhielt im Gegenzug nach der<br />

Fertigstellung der zu ihr führenden Gleisanlagen<br />

<strong>bis</strong> zur Eröffnung der gesamten Strecke das Privileg,<br />

<strong>die</strong>se exklusiv mit eigenen Pferdewagen<br />

zu nutzen. Der Bruchreis wurde über <strong>die</strong> Weser<br />

<strong>bis</strong> zum Hafen Vlotho bei Minden und ab dort<br />

per Karren in <strong>die</strong> Fabrik gebracht. Mit der Eisenbahnanbindung<br />

war zumindest der Absatz<br />

des Produkts vereinfacht. Um 1880 hatte <strong>die</strong> Fabrik<br />

immerhin 1.000 Mitarbeiter und verarbeitete<br />

pro Woche zweieinhalb Tonnen Reis.<br />

Den nächsten großen Entwicklungsschub bekam<br />

<strong>die</strong> Fabrik, nachdem es in der Nacht vom 1. auf<br />

den 2. Januar 1881 zu einem verheerenden Großbrand<br />

auf dem Firmengelände kam. Dabei wurde<br />

der größte Teil der Firmengebäude vernichtet.<br />

Neben den Wohnhäusern und dem Arbeiterkonsumverein<br />

blieben nur wenige Schuppen, <strong>die</strong><br />

Gasanstalt und <strong>die</strong> Sägemühle intakt. Zudem<br />

sollen 70.000 <strong>bis</strong> 80.000 Zentner Stärke in verschiedenen<br />

Verarbeitungszuständen vernichtet<br />

worden sein.'*^'* Entscheidende Veränderungen<br />

brachte dann der Wiederaufbau der Fabrik.<br />

Schon im Sommer wurde unter freiem Himmel<br />

<strong>die</strong> Stärkeproduktion wiederaufgenommen und<br />

114


das Gelände stark vergrößert. Im Laufe der<br />

1880er Jahre wurden eine lithographische Anstalt,<br />

eine galvanoplastische Anstalt zur Herstellung<br />

metallener Hüllen, eine Fotowerkstatt und<br />

eine Druckerei eingerichtet. Die Kistenfabrik<br />

wurde modernisiert und der Bau einer Sodafabrik<br />

zur eigenen Herstellung des benötigten Ätznatrons<br />

begonnen. Nicht zuletzt wurde infolge des<br />

nunmehr dritten Brandes der Firmengeschichte<br />

eine Werksfeuerwehr gegründet. Die benötigten<br />

Mittel konnten nur durch eine Umwandlung der<br />

Firma zu einer Kommanditgesellschaft auf Aktie<br />

im Jahr 1881 aufgebracht werden. Unter dem<br />

Namen Eduard Hoffmann & Co. führte Eduard<br />

Hoffmann <strong>die</strong> Firma weiter und blieb der einzige<br />

persönlich haftende Gesellschafter. Das Stammkapital<br />

der Firma betrug 3 Millionen Mark, <strong>die</strong><br />

in 60 Namensaktien zu je 50.000 Mark aufgeteilt<br />

waren. Die Brüder Hoffmann und Carl Pokrantz<br />

hielten jeweils zwölf Aktien, der Bankier Eduard<br />

Wätjen zeichnete zehn Aktien, sein Cousin und<br />

Teilhaber der Reederei Wätjen acht Aktien. Der<br />

Schwiegersohn des Letztgenannten, Joseph Hachez,<br />

hielt sechs Aktien. Trotz der folgenden<br />

Prosperität der Firma war Eduard Hoffmann nun<br />

einem Aufsichtsrat Rechenschaft schuldig. Als<br />

Ausdruck der Abhängigkeit der Firma von den<br />

Bremer Aktionären und dem dortigen Rohstoffbezug<br />

tagte der Aufsichtsrat, den Eduard Wätjen<br />

als Vorsitzender mit Carl Pokrantz und Joseph<br />

Hachez bildete, immer in Bremen. Zur Fortsetzung<br />

des Fabrikausbaus und der Modernisierung<br />

des Betriebes wurde 1886 eine Hypothek von<br />

2,5 Millionen Mark aufgenommen. Der stetige<br />

Ausbau hatte dazu geführt, dass <strong>die</strong> Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG <strong>die</strong> größte Fabrik zur Herstellung<br />

von Reisstärke in Deutschland geworden<br />

war.<br />

Den letzten Modernisierungsschub erlebte <strong>die</strong><br />

Firma ab 1894. Weitere Vergrößerungen der<br />

Räumlichkeiten wurden vorgenommen, ein massives<br />

Lagerhaus für Reis und Stärke gebaut, <strong>die</strong><br />

Pappenstreicherei maschinell betrieben und <strong>die</strong><br />

Etikettierung mittels einer Maschine aufgenommen.<br />

Zudem wurde <strong>die</strong> Kistenfabrik mechanisiert,<br />

eine Maschine zur Abfüllung von Beuteln<br />

und Tüten angeschafft und Dampfkessel mit höheren<br />

Drücken verwendet. Des Weiteren wurde<br />

eine Gasfabrik mit Gasometer gebaut, <strong>die</strong> auch<br />

<strong>die</strong> benachbarte Ortschaft Schötmar versorgte,<br />

und <strong>die</strong> Förderung von reinem Quellwasser begonnen.<br />

1908 schließlich ersetzte elektrische<br />

Energie <strong>die</strong> Dampfkraft und <strong>die</strong> Dampfantriebe<br />

der Maschinen wurden stückweise durch Elektromotoren<br />

getauscht.'*^^<br />

Reisstärke: Vorteile, Herstellung und<br />

Verwendung<br />

Die Produktion pflanzlicher Stärke war keine<br />

neue Erfindung im Zeitalter der Industrialisierung.<br />

Nach Plinius“*^®, so der Stärkefabrikant Felix<br />

Rehwald 1895, waren <strong>die</strong> Bewohner der griechischen<br />

Insel Chios in „uralter Zeit“ <strong>die</strong> Erfinder<br />

der Stärkeherstellung.'*^^ Die gewerbsmäßige<br />

Herstellung von Stärke war noch im ausgehenden<br />

Mittelalter eher ungewöhnlich. Zumeist wurde<br />

<strong>die</strong> benötigte Stärke im eigenen Haushalt produziert<br />

oder, wenn größere Mengen oder gute<br />

Qualitäten verlangt waren, wurde sie aus den<br />

Niederlanden Importiert. Erst im späten 17. Jahrhundert<br />

etablierte sich das Gewerbe der Stärkeproduktion<br />

auch in England, Frankreich und<br />

Deutschland. In Köln lässt sich bereits für das<br />

Jahr 1525 <strong>die</strong> Herstellung von Stärke nachweisen<br />

und im frühen 18. Jahrhundert hatte sich das<br />

Gewerbe fest etabliert, denn 1736 gab es bereits<br />

sechs SthThefabrikanten.“*^*<br />

Die Gewinnung von Stärke aus Reis war eine<br />

Innovation in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.<br />

Zum einen wurde <strong>die</strong> Reisstärkegewinnung<br />

durch den relativ unbegrenzten Zugang zum<br />

benötigten Rohstoff Reis durch <strong>die</strong> Entstehung<br />

eines Weltmarktes begünstigt. Da eines der wichtigsten<br />

Zentren des <strong>Reishandel</strong>s und der Veredelungsindustrie<br />

in Deutschland lag, war auch der<br />

bei Reisverarbeitung anfallende und für <strong>die</strong> Stärkeproduktion<br />

gewünschte Bruchreis keine Mangelware.<br />

Die Reisstärkeindustrie hatte aber nur<br />

wirtschaftlichen Erfolg, weil Reis ein besser geeigneter<br />

Rohstoff war als Kartoffeln, Weizen oder<br />

Mais. Reis hat im Vergleich den höchsten natür-<br />

115


lichen Stärkegehalt. Chemische Analysen ergaben<br />

1893 <strong>die</strong> nachfolgenden Werte.<br />

Tabelle III. 2.1, Chemische Analyse und Stärkegehalt von Reis, Weizen,<br />

Mais und Kartoffeln 1893<br />

'^ '■ ^ ^ ^ R o h sto ffe<br />

In h altssto ffe<br />

Geschälter<br />

Reis<br />

Weizen Mais Kartoffeln<br />

W a sse r 13,11 13,5 13 76<br />

S ticksto ffsu b stanz 7,85 12,5 9,8 2,1<br />

Fett 0,63 2 4,6 0,2<br />

Stärke 76,75 64 63 18,7<br />

S onstige Stickstoff-<br />

fre ie E xtrastoffe<br />

3,8 5,7<br />

X<br />

R ohfaser 0,63 2,5 2,4 0,8<br />

Asche 1,01 1,7 1,5 1,2<br />

in Prozent<br />

Entsprechend <strong>die</strong>ser Zahlen benötigte man für<br />

<strong>die</strong> Herstellung von verkaufsfertiger Stärke bei<br />

Reis <strong>die</strong> 1,3-fache Menge des Rohstoffs, bei<br />

Kartoffeln jedoch <strong>die</strong> 6-fache Menge und bei<br />

Mais <strong>die</strong> 1,75-fache Menge. Nur bei Weizen<br />

wurde mit der 1,27-fachen Menge des Rohstoffs<br />

zur Stärkeherstellung nur knapp weniger des<br />

Ausgangsprodukts benötigt als bei der Reisstärkeproduktion.<br />

Da zudem <strong>die</strong> in Reis enthaltene<br />

Stärke im Vergleich eine kleinere Körnung hatte<br />

und daher für bestimmte Zwecke wie <strong>die</strong> Behandlung<br />

von Textilien besser geeignet war, weil<br />

sie sich besser feinen Poren und Faserungen anpasste,<br />

wurde <strong>die</strong> Herstellung von Reisstärke<br />

wirtschaftlich trotz mancher Probleme eine Erfolgsgeschichte.<br />

1911 gab es 15 Fabriken, in denen<br />

Maisstärke hergestellt wurde, 26 für Weizen-<br />

und 303 Fabriken zur Herstellung von Kartoffelstärke.<br />

Fabriken zur Herstellung von<br />

Reisstärke gab es nur 10, <strong>die</strong>se verbrauchten mit<br />

30 Millionen Kilogramm etwa ein Fünftel des<br />

Importüberschusses an Bruchreis, enthülstem<br />

Reis und unpoliertem Reis und erzeugten daraus<br />

mehr als 255.000 Doppelzentner Stärke im Wert<br />

von fast 10,1 Millionen Mark.“*^®<br />

Zur Herstellung von Stärke gab es zwei Verfahren.<br />

Zum einen das sogenannte Hallische oder<br />

saure Verfahren, in dem der Rohstoff - vor der<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts zumeist Weizen -,<br />

nachdem er grob vorgemahlen wurde, mehrere<br />

Tage zur Gärung hatte. Anschließend wurde das<br />

Ergebnis noch mehrfach gereinigt, <strong>bis</strong> <strong>die</strong> übrig<br />

gebliebene Stärkemasse getrocknet wurde. Dieses<br />

Verfahren war Jedoch unrationell und während<br />

des Gärprozesses mit deutlicher Geruchsbelästigung<br />

verbunden. Die Stärkeherstellung<br />

ohne Gärung setzte sich erst in den 1830er Jahren<br />

durch, nach einem mechanischen Verfahren, das<br />

auch als ungarisches oder elsässisches Verfahren<br />

bezeichnet wurde.““ Der Ablauf der Herstellung<br />

wurde von Herbert van der Borght in sechs Stufen<br />

beschrieben, (a) Einquellen des Reises in<br />

116


Natronlauge, (b) Mahlen der geweichten Masse,<br />

(c) Gewinnung der reinen Stärke, (d) Formen<br />

der Stärke, (e) Vortrocknen und Schaben der<br />

Stärke sowie (f) Trocknen auf Strahlen- und Stückenstärke.<br />

a) Beim Quellen des Bruchreises werden <strong>die</strong><br />

Zellen, in denen <strong>die</strong> pflanzliche Stärke eingeschlossen<br />

ist, geöffnet, damit sie <strong>die</strong> Stärke<br />

freigeben. Dabei lösen sich <strong>die</strong> Bestandteile<br />

des Reises <strong>bis</strong> auf <strong>die</strong> Stärke in der Lauge<br />

auf. Besondere Beachtung wurde dem Wasser<br />

beigemessen, da sich Algen und andere Partikel<br />

im Wasser in der Stärke ablagerten und<br />

als Verunreinigung wahrgenommen wurden.<br />

Die Verwendung von Laugen mit Ätznatron<br />

für das Einweichen war wichtig, weil <strong>die</strong> Stärke<br />

auf Grund der Feinheit der Stärkekörnchen<br />

im Reis nicht komplett ohne <strong>die</strong>ses chemische<br />

Hilfsmittel gelöst werden konnte. Das Quellen<br />

dauerte insgesamt etwa 30 Stunden und war<br />

abgeschlossen, wenn sich <strong>die</strong> Reiskörner<br />

leicht zwischen den Fingern zerdrücken ließen.<br />

b) Nach dem Quellen wurde der Reis gemahlen.<br />

Teilweise wurde er einfach zwischen Steinen,<br />

in der industriellen Fabrikation aber vor allem<br />

in Walzen oder Kegelmühlen gemahlen. Dabei<br />

wurde <strong>die</strong> Masse wiederum Laugen ausgesetzt.<br />

c) Die Stärke wurde aus der nun produzierten<br />

Flüssigmasse mittels Absetzen oder Zentrifugieren<br />

gewonnen. Beim langwierigeren Verfahren<br />

des Absetzens wurde gewartet, <strong>bis</strong> sich<br />

<strong>die</strong> einzelnen Bestandteile von Stärke, Kleber<br />

und Zellrückstände auf Grund ihrer verschiedenen<br />

Absenkgeschwindigkeiten in der Flüssigmasse<br />

trennten, und wurden dann abgeschöpft.<br />

Beim Einsatz von Sieben, Zylindern<br />

und Zentrifugen wurde <strong>die</strong> Stärkemilch schneller<br />

von den Faserbestandteilen getrennt und<br />

nach dem Ablassen der Flüssigkeit mussten<br />

nur noch Stärke und Kleber getrennt werden.<br />

d) Zur Formung der Stärke wurde <strong>die</strong>se in Kastenformen<br />

gebracht und darin durch Luftdruck<br />

der Wassergehalt weiter gesenkt, <strong>bis</strong> er<br />

nur noch 44 <strong>bis</strong> 46 Prozent ausmachte.<br />

e) Beim Vortrocknen der Stärke in Trockenkammern<br />

bei etwa 45 Grad Celsius sank der Wassergehalt<br />

weiter auf 28-30 Prozent. Mit dem<br />

Wasser wandelten auch weitere Verunreinigungen<br />

der Stärke an deren Qberfläche und<br />

konnten abgeschabt werden. So wurde das<br />

Endprodukt reiner.<br />

f) Zuletzt wurde <strong>die</strong> nun gewonnene reine Stärke<br />

in Kästen als Stückenstärke oder in Kanälen<br />

als Strahlenstärke getrocknet und zu einer festen<br />

Masse geformt.'*®' Strahlenstärke wurde<br />

auch erzeugt, indem <strong>die</strong> Stärke mit einem<br />

Hundertstel Kleber versetzt wurde und als<br />

zähflüssiger Brei während der Trocknung<br />

durch eine Presse mit sternförmigem Ausfluss<br />

gepresst wurde.'*®^<br />

War <strong>die</strong> Stärke nicht ganz rein oder, wie bei Kartoffelstärke<br />

beispielsweise, von Natur aus gelblich,<br />

wurde sie aus ästhetischen Gründen gedeckt<br />

oder gefärbt. Beim Decken der Stärke wurde nur<br />

so viel Farbstoff zugesetzt, dass sich gelbliche<br />

Eintönung und der blaue Zusatz gegenseitig aufhoben<br />

und ein weißes Produkt entstand. Wurde<br />

mehr des Farbstoffes beigemischt, kam es zu einer<br />

wirklichen Färbung, wobei sich der Farbstoff<br />

Ultramarin, weil er schwerer ist als <strong>die</strong> Stärke,<br />

in der Masse immer schneller nach unten absetzte.<br />

Dadurch erschien der Stärkeblock in den<br />

oberen Bereichen rein weiß und wurde nach unten<br />

immer dunkler gefärbt. Wurde <strong>die</strong> Stärke<br />

nicht für Wäscheanwendung, sondern als Grundstoff<br />

für Kosmetika hergestellt, verwendete man<br />

auch rote oder andere Farbstoffe zur Einfärbung.'*®^<br />

Als <strong>die</strong> Stärkefabrik bei Salzuflen 1869 mit der<br />

Produktion von Reisstärke begann, benötigte<br />

man für 100 Doppelzentner Stärke etwa 160<br />

Doppelzentner Reis, was einem Ausbeuteverhältnis<br />

von 62,5 Prozent entsprach. Durch Produktionsverbesserungen<br />

konnten 20 Jahre später<br />

schon über 80 Prozent Stärke aus dem verwendeten<br />

Reis extrahiert werden. Für das 20. Jahrhundert<br />

berechnete van der Borght endlich ein<br />

durchschnittliches Ausbeuteverhältnis von 75<br />

Prozent. Es wurde zur Jahrhundertwende aber<br />

auch nicht mehr danach gestrebt, <strong>die</strong> maximale<br />

117


■ Æ 'Î Î<br />

Ausbeute aus dem Reis zu erzielen, weil <strong>die</strong>s<br />

einerseits sehr arbeitsaufwendig und damit kostenintensiv<br />

war und andererseits immer mehr<br />

Nebenprodukte vermarktet wurden, in denen<br />

stärkehaltige Reststoffe verarbeitet wurden.'*^<br />

Außer der Strahlen- und Stückenstärke, <strong>die</strong> eher<br />

eine Verkaufsform als eine Stärkeart anzeigen,<br />

gab es mehrere gebräuchliche Stärkesorten im<br />

Handel. Die häufigste Verwendung fand <strong>die</strong> Stärke<br />

in der Wäscheappretur, in der veredelnden<br />

Behandlung von Textilien. Mit Stärke wurde<br />

Wäsche eine besondere Steifigkeit, Glätte und<br />

ein anderes Aussehen verliehen. Sogenannte<br />

Cremestärke wurde als gefärbte Stärke für Bunttextilien<br />

verkauft und für besonderen Glanz von<br />

Wäsche wurde sogenannte Glanzstärke hergestellt.<br />

ln Puderform war Stärke ein wichtiger<br />

Grundstoff für Puder und andere Kosmetika. Darüber<br />

hinaus wurde Reisstärke auch zum Kochen,<br />

beispielsweise zum Andicken von Soßen,<br />

verwendet und verdrängte im Untersuchungszeitraum<br />

auf Maisstärke basierende importierte<br />

Speisemehlsorten wie zum Beispiel das 1916<br />

auf den Markt gebrachte Stärkemehl von Maizena<br />

oder auch Mondamin. Beide Marken gehören<br />

heute zum Unilever-Konzern und existieren<br />

noch immer. Außer in der Behandlung von<br />

Textilien und in der Küche fanden Reisstärke<br />

und seine Nebenprodukte im 19. und frühen 20.<br />

Jahrhundert noch eine Reihe von weiteren Verwendungen.<br />

In der Farbindustrie wurde Reisstärke<br />

zum Verdicken von Farben genutzt, weil<br />

<strong>die</strong> Stärkekömer des Reises besonders klein und<br />

gleichmäßig sind und <strong>die</strong> Farbe somit nicht unregelmäßig<br />

verklumpte. In England wurde Reisstärke<br />

für <strong>die</strong> Herstellung hochwertiger Papiersorten<br />

verwendet und für <strong>die</strong> damals noch nicht<br />

als gesundheitsgefährdend bewertete Herstellung<br />

von Asbestpappe wurde ebenfalls Reisstärke eingesetzt.<br />

Des Weiteren wurde Presshefe mit Reisstärke<br />

versetzt, weil sie dann heller und länger<br />

haltbar war. Im Vergleich zu den anderen üblichen<br />

Stärkesorten, <strong>die</strong> aus Mais, Weizen oder<br />

Kartoffeln produziert wurden, enthielt ein Pfund<br />

Reisstärke eine Million einzelner Stärkekörnchen.<br />

Kartoffelstärke war mit 30.000 <strong>bis</strong> 50.000<br />

Körnchen je Pfund sehr viel grobkörniger, ebenso<br />

wie Mais- und Weizenstärke, <strong>die</strong> je Pfund<br />

immerhin schon 200.000 <strong>bis</strong> 500.000 Körnchen<br />

enthielten. Diese Feinheit der Stärke machte<br />

Reisstärke so vielseitig vorteilhaft nutzbar.“**^<br />

Zollbehandlung der Reisstärke<br />

Der wirtschaftliche Erfolg der Reisstärkeindustrie<br />

beruhte nicht einzig auf dem Rohstoffangebot<br />

von den Veredelungsmühlen in Bremen oder<br />

auf den Vorteilen der Reisstärke gegenüber anderen<br />

Stärkesorten, sondern wurde auch durch<br />

<strong>die</strong> deutsche Zollpolitik gefördert. Die Produzenten<br />

von Reisstärke betrieben dafür eine eigenständige<br />

Interessenpolitik in Eorm von Petitionen<br />

und Beschwerden an Politiker und Gremien.<br />

Die ersten Petitionen richteten sich 1869<br />

gegen <strong>die</strong> geltenden Zollbeträge.<br />

Für einen Zentner Bruchreis mussten seit 1868<br />

3 Mark Zoll gezahlt werden. Da für einen Zentner<br />

Reisstärke 80 Kilogramm Reis benötigt wurden,<br />

war der Zentner Reisstärke aus der Sicht<br />

der Fabrikanten mit einem Zollbetrag von 3,30<br />

Mark belegt. Die englische Stärkeindustrie bezog<br />

ihren Rohstoff zollfrei und zahlte einzig den<br />

deutschen Einfuhrzoll von 1,50 Mark, was gegenüber<br />

den deutschen Produzenten einen Vorteil<br />

brachte. Eduard Hoffmann fasste den Beschluss<br />

zur Betriebsumstellung trotz <strong>die</strong>ser Zollbenachteiligung,<br />

weil er der Errichtung einer Fabrik für<br />

Reisstärke in Hamburg zuvorkommen wollte.<br />

Diese hätte vermutlich im Freihafengebiet gelegen<br />

und bei kürzeren Absatzwegen <strong>die</strong>selben<br />

Wettbewerbsvorteile wie <strong>die</strong> englische Industrie<br />

gehabt. Parallel zu den ersten Versuchen in der<br />

Reisstärkeproduktion suchte Hoffmann „auf <strong>die</strong><br />

wirtschaftspolitischen Entscheidungen der<br />

Reichsverwaltung und später des Reichstages<br />

direkt Einfluss zu nehmen“.'*®* Während Grundbesitzer<br />

regional stark politisch vernetzt waren<br />

und Handel und Gewerbe <strong>die</strong> regionale Presse<br />

für ihren Lobbyismus nutzten, musste Hoffmann<br />

durch Sachargumente auf <strong>die</strong> „übergeordneten


politischen Entscheidungszentren“ einwirken.<br />

Gegenüber dem preußischen Finanzminister von<br />

der Heydt kalkulierte er, dass ein Zentner Reis<br />

höchstens mit 94 Pfennigen Zoll belegt werden<br />

dürfe, damit <strong>die</strong> deutsche Stärke keine höhere<br />

Zollbelastung habe als <strong>die</strong> englische Stärke.“**^<br />

Eduard Hoffmann war nicht der einzige Fabrikant,<br />

der <strong>die</strong> Vorteile der Reisstärke erkannte,<br />

<strong>die</strong> Produktion umstellte und sich für <strong>die</strong> aus<br />

wirtschaftlicher Sicht notwendigen Zolländerungen<br />

einsetzte. Der Ulmer Weizenstärke-Fabrikant<br />

Johann Schöllkopf erklärte im April 1870 gegenüber<br />

dem Zoll-Bundesrat - <strong>die</strong>ser war identisch<br />

mit dem Bundesrat des Norddeutschen<br />

Bundes sowie zusätzlichen Vertretern der süddeutschen<br />

Zollvereinsländer -, dass Reisstärke<br />

aus England und Belgien deutsche Weizen- und<br />

Kartoffelstärke sehr schnell verdränge:<br />

„Der Unterzeichnete - seither Fabrikant von<br />

Waizenstärke - war dadurch genöthigt, <strong>die</strong><br />

Herstellung <strong>die</strong>ses Artikels aufzugeben, und<br />

weil der letztere im Verbrauche durch <strong>die</strong><br />

Reisstärke mehr und mehr verdrängt wird,<br />

und es ist ihm - nach Smonatlichen, mit Opfern<br />

verbundenen Versuchen - gelungen, <strong>die</strong><br />

Fabrikation der Reisstärke zu begründen und<br />

den Artikel in ganz gleicher Beschaffenheit<br />

wie <strong>die</strong> englische in den Handel zu liefern.“'*®*<br />

Auch Schöllkopf machte gegenüber der Legislative<br />

eine Rechnung auf, um <strong>die</strong> Benachteiligung<br />

gegenüber der ausländischen Konkurrenz<br />

darzustellen. Die Rechnung des Ulmer Industriellen<br />

ergibt für <strong>die</strong> ausländischen Stärkehersteller<br />

sogar einen Preisvorteil von 200 Prozent.<br />

Die deutsche Stärke soll also sogar dreimal so<br />

stark zollbelastet gewesen sein wie das ausländische<br />

Produkt.<br />

Die Eingaben Hoffmanns und Schöllkopfs fanden<br />

Zustimmung. Die preußische Regierung regte<br />

1870 eine Senkung des Zolls für Reis zur Stärkeproduktion<br />

an. Entsprechend wurde beschlossen,<br />

dass Reis als Veredelungsgut zollfrei<br />

eingeführt werden konnte, soweit er unter Zollaufsicht<br />

stand und <strong>die</strong> Stärke exportiert wurde.<br />

Die Kosten für den Zollinspektor waren von den<br />

Stärkefabrikanten zu tragen. Nichtexportierte<br />

Stärke wurde mit einem Zoll von 1,50 Mark je<br />

Zentner belastet und war damit der ausländischen<br />

Stärke gleichgestellt.‘'®^ Die Zollveränderung<br />

1870 war das Startsignal der deutschen Reisstärkeindustrie.<br />

Der durch einen weltweiten Reismarkt<br />

erst nach Deutschland kommende Rohstoff<br />

wurde zudem nicht nur für den deutschen<br />

Stärkemarkt interessant, sondern <strong>die</strong> völlige Zollfreiheit<br />

für Export-Reisstärke sorgte dafür, dass<br />

eine Industrie entstand, <strong>die</strong> zumindest im europäischen<br />

Rahmen besonders auf internationalen<br />

Absatz und Marktvernetzungen ausgerichtet<br />

wurde. Die Entwicklung der folgenden Jahre<br />

prägten einerseits <strong>die</strong> politischen Bemühungen<br />

der Industriellen, <strong>die</strong> Zollbehandlung des Reises<br />

zu ihren Gunsten zu beeinflussen, und andererseits<br />

<strong>die</strong> guten wirtschaftlichen Aussichten im<br />

Geschäft mit Reisstärke. Obwohl <strong>die</strong> Zahlen der<br />

Fabriken für Weizen- beziehungsweise Kartoffelstärke<br />

deutlich höher lagen als <strong>die</strong> der Reisstärkefabriken,<br />

waren <strong>die</strong> Hersteller der erstgenannten<br />

Stärkearten bei der politischen Agitation<br />

durchaus Opponenten der reisverarbeitenden Industriellen.<br />

Bevor <strong>die</strong> weitere Entwicklung der<br />

deutschen Reisstärkeindustrie in den Blick genommen<br />

wird, gibt <strong>die</strong> nachstehende Tabelle<br />

eine Zusammenfassung der zollpolitischen Behandlung<br />

von Reis als Herstellungsrohstoff sowie<br />

des Prozesses der politischen Willensbildung<br />

durch <strong>die</strong> Eingaben der Industriellen (s. Tabelle<br />

S. 120).'*<br />

119


Tabelle III. 2.2, Zollpolitische Eingaben und Entscheidungen im Zusammenhang mit Reisstärke<br />

1869-1906<br />

Datum Ereignis Zielstellung Zoll auf Reis zur Stärkeproduktion<br />

1869 Petition Eduard Hoffmann<br />

1870 Petition Johann Schöiikopf<br />

1870 Vorschiag Reichsregierung<br />

1873 Petition Eduard Hoffmann<br />

Zollfreiheit für Reis zur<br />

Stärkeproduktion<br />

Zollfreiheit für Reis zur<br />

Stärkeproduktion<br />

Keine Entscheidung vor Auflösung des<br />

Zollparlaments<br />

Reis für Exportstärke unter<br />

Л i • u. Mi • r. - 1 • . 1 j Reis für Exportstärke abl.10.1870<br />

Aufsicht zollfrei; Starke im Inland<br />

I- j- 1. 1 -.M.. , zollfrei. Inlandsabsatz mit 3 Mark je DZ<br />

wie ausländische Starke mit 3 Mark<br />

. . Stärke belastet<br />

je DZ belastet<br />

Senkung des Stärke-Schutzzolles<br />

verhindern<br />

Zollfreiheit für Ätznatron als Ersatz<br />

1877 Petition Eduard Haffmann für den Verlust des Schutzzolles<br />

(Nicht entsprochen)<br />

Stärkeschutzzoll <strong>bis</strong> 1877 bestätigt<br />

1879 Wiedereinführung Getreidezöile 1,20 Mark je Doppelzentner<br />

1880 Zoilregulativ<br />

1885 Zoiitarifnoveile Gleichstellung mit Weizenzoll<br />

Reis zur Stärkefabrikation soll nicht<br />

1887 Zoiltarifnovelie besser gestellt werden als anderer<br />

Reis<br />

1888<br />

Zoiianschiuss Bremens/Petition<br />

Hoffmann's Stärkefabriken<br />

1891 Zoilregulativ<br />

1892 Petition Reisstärkefabrikanten<br />

1892<br />

1893<br />

Nov.<br />

1894<br />

Gegeneingabe der<br />

Weizenstärkefabrikanten<br />

Gegen-Gegeneingabe<br />

Reisfabrikanten an den<br />

preußischen Finanz- und<br />

Landwirtschaftsminister<br />

Petition an Reichstag<br />

Senkung/Abschaffung des<br />

Reiszolles wegen der neuen<br />

inländischen Konkurrenz<br />

Senkung/Abschaffung des<br />

Reiszolles<br />

Senkung/Abschaffung des<br />

Reiszolles<br />

Zollfreiheit für Bruchreis<br />

Reis soll bei 4 Mark je<br />

1901 Zollvorlage Doppelzentner bleiben, polierter<br />

Reis auf 6 Mark erhöht werden<br />

Abhängigkeit von der Bremer Reis-<br />

1901 Petition gegen Zollvorlage und Handels AG vermeiden<br />

120<br />

Zollerstattung für Exportstärke unter<br />

Aufsicht<br />

3 Mark je Doppelzentner unter<br />

Zollaufsicht<br />

4 Mark je Doppelzentner<br />

Zollerstattung für Exportstärke unter<br />

Aufsicht<br />

Umsetzung Zolltarifnovelle von<br />

1906 1<br />

Polierter Reis für Stärke unter<br />

1902 Zollaufsicht dem Rohreis gleicheestellt


Neben der zollpolitischen Behandlung des Reises<br />

als Rohstoff war für <strong>die</strong> deutschen Fabrikanten<br />

auch der Zoll für Reisstärke bedeutsam. Je niedriger<br />

<strong>die</strong>ser war, desto einfacher war es für ausländische<br />

Fabrikanten, ihre Produkte auf dem<br />

deutschen Markt abzusetzen. Die Einfuhrzölle<br />

für Stärke in Deutschland stellten sich wie folgt<br />

dar.'*’*<br />

Tabelle III. 2.3, Einfuhrzölle auf Stärke in<br />

Deutschland 1868-1906<br />

Datum<br />

Einfuhrzoll/DZ<br />

1 8 6 8 3<br />

1 8 7 7 A ufhebung S tärkezoll<br />

1 8 7 9 6<br />

1 8 8 5 9<br />

1 8 8 7 12,5<br />

1 9 0 6 14<br />

in Mark<br />

Eine umfassende Bewertung der Zollsituation<br />

ergibt sich aus dem Überblick der Entwicklung<br />

des Reiszolles für <strong>die</strong> Stärkeproduktion einerseits<br />

und des Schutzes der deutschen Reisstärkeindustrie<br />

durch Schutzzölle auf Stärke andererseits.<br />

Ab 1870 war Reis zur Produktion von Exportstärke<br />

komplett zollfrei, während <strong>die</strong> im Inland<br />

verkaufte Stärke über den Rohstoffpreis mit 3<br />

Mark nur so hoch belastet wurde, wie es auch<br />

<strong>die</strong> Stärke ausländischer Produzenten durch den<br />

Einfuhrzoll war. Damit ergab sich eine zollpolitische<br />

Gleichstellung deutscher und anderer Produzenten<br />

im Inland - wobei auf Grund der Transportkosten<br />

<strong>die</strong> Vorteile nun bei den deutschen<br />

Produzenten lagen - und eine gleichzeitige staatliche<br />

Unterstützung der Stärkefabriken für den<br />

Export. Eine kurzzeitige Verschlechterung aus<br />

der Sicht der Produzenten ergab <strong>die</strong> Aufhebung<br />

des Stärkezolls 1877. Mit der Wende zur deutschen<br />

Schutzzollpolitik 1879 stiegen sowohl <strong>die</strong><br />

Preise für den Rohstoff Reis wie auch zugleich<br />

<strong>die</strong> schützenden Stärkezölle angehoben wurden.<br />

Daher beschreibt der Nettoschutzzoll als Ergebnis<br />

des Einfuhrzolls ausländischer Stärke abzüglich<br />

des Rohstoffzolls deutscher Fabrikanten zur<br />

Produktion eines Doppelzentners Stärke <strong>die</strong> tatsächliche<br />

Höhe des deutschen Schutzzolls. 1879<br />

war der Nettoschutz bei einem Reiszoll zur Stärkeproduktion<br />

von 1,20 Mark je Doppelzentner<br />

und einem Stärkezoll von 6 Mark je Doppelzentner<br />

bei etwa 4 Mark je Doppelzentner Stärke.<br />

Mit dem Zolltarif von 1885, 9 Mark Zoll auf<br />

Stärke und 3 Mark auf Reis, lag der Nettoschutz<br />

bei etwa 5 Mark. 1887 ergaben <strong>die</strong> Erhöhungen<br />

der Zollsätze auf 12,50 Mark (Stärke) beziehungsweise<br />

4 Mark (Reis) einen Nettoschutz<br />

von ungefähr 7 Mark.<br />

Die Reaktion der deutschen Schutzzollpolitik<br />

im Ausland war eine Erhöhung der eigenen Zölle.<br />

Dadurch wurde der Export zwar beeinflusst,<br />

entscheidend war aber, dass der Beschluss von<br />

1870, Reis zum Stärkeexport gänzlich vom Zoll<br />

zu befreien und deutsche Stärke nicht höher als<br />

ausländische zu belasten, der deutschen Reisstärkeindustrie<br />

<strong>die</strong> Durchsetzung gegen ausländische<br />

Wettbewerber auf dem deutschen Markt<br />

für Reisstärke brachte und - wie später zu sehen<br />

sein wird - den deutschen Fabrikanten sichere<br />

Geschäfte im Ausland sicherte.<br />

Die Rickmers Reiswerke „Union“<br />

Hannoversch Münden<br />

Seit 1872 war Rickmer Glasen Rickmers nicht<br />

nur Schiffbauer und Reeder, sondern auch Reismüller.<br />

Die Reismüllerei im großen Maßstab sicherte<br />

der Reederei zumindest in der Emtesaison<br />

und den benötigten Fahrzeiten von und nach<br />

Asien eine sichere Befrachtung der Schiffe. Andererseits<br />

konnten <strong>die</strong> Schiffe den auf dem Markt<br />

leicht zu erstehenden Reis nur dann gewinnbringend<br />

nach Europa bringen, wenn der Verkauf<br />

der Reisladungen auch sicher war. Bei der Verarbeitung<br />

des Reises in der Rickmers’schen<br />

Mühle fielen jedoch einige Abfallmengen an<br />

121


Spelzen an, zudem brachen Körner während der<br />

Mahlgänge und es entstand sogenannter Bruchreis.<br />

Dieser Bruchreis wurde zu Futtermehl für<br />

Tiere verarbeitet, an Brauereien in Deutschland<br />

und den Vereinigten Staaten уегкаип“*^^ oder<br />

konnte als Grundstoff für Reisstärke weiterverwertet<br />

werden.<br />

Da Tierfuttermehl auf Reisbasis weder besonders<br />

einfach noch in überragenden Mengen abgesetzt<br />

werden konnte und Letzteres auch für den Absatz<br />

von Bruchreis für Brauzwecke galt, entschied<br />

sich <strong>die</strong> Familie Rickmers zur Nutzung des „bei<br />

der Veredelung des Rohreises massenhaft anfallenden<br />

Bruchreis“ für <strong>die</strong> Gründung einer eigenen<br />

Reisstärkefabrik.'*’^ Die Reismühle Nielsen<br />

und <strong>die</strong> Fabrik im nahe Bremen gelegenen Osterholz-Scharmbeck<br />

hatten es den Rickmers’ bereits<br />

vorgemacht. Für <strong>die</strong> Reisstärkeproduktion suchte<br />

<strong>die</strong> Familie Rickmers einen passenden Standort<br />

und fand <strong>die</strong>sen im über 200 Kilometer entfernten<br />

Hannoversch Münden. Der Vorteil Hannoversch<br />

Mündens war trotz der großen Entfernung<br />

<strong>die</strong> gute Erreichbarkeit über <strong>die</strong> Weser. 1882 erwarb<br />

<strong>die</strong> Familie ein dreißig Morgen'*’“*großes<br />

Grundstück am linken Weserufer im Norden der<br />

Stadt. Am 23. September desselben Jahres wurde<br />

das Richtfest gefeiert und im Juli 1883 <strong>die</strong> Produktion<br />

von Reisstärke unter dem Namen „W.<br />

Rickmers & Co., Stärkefabrik ,Union“, Hannoversch<br />

Münden“ aufgenommen. Etwa 250 Arbeitskräfte<br />

machten den Betrieb auf Anhieb zu<br />

einem der größten Unternehmen des Ortes.<br />

Ähnlich wie bei Hoffmann’s in Salzuflen wurde<br />

neben der eigentlichen Stärkeherstellung auch<br />

<strong>die</strong> Kisten- und Verpackungsherstellung in Eigenregie<br />

betrieben. Darüber hinaus hatte <strong>die</strong> Fabrik<br />

eine eigene Gasanstalt und der Stadt Hannoversch<br />

Münden sogar im Mai 1883 angeboten,<br />

auch <strong>die</strong> dortige Straßenbeleuchtung mit der fabrikeigenen<br />

Gasanstalt zu betreiben. Die Stadt<br />

hatte jedoch abgelehnt, bekam ihre eigene Gasanstalt<br />

und Straßenbeleuchtung erst 1889, während<br />

„Tausende“ Mündener Bürger am 27. Januar<br />

1883 am Weserufer standen und das<br />

„Schauspiel einer ,taghell* be- und erleuchteten<br />

Fabrik“, <strong>die</strong> somit auch abends und nachts produzieren<br />

konnte, bewunderten.“*’®Nach einem<br />

Jahr produzierte <strong>die</strong> Fabrik täglich 165 Zentner<br />

Reisstärke und es wurde eine Verdoppelung der<br />

Produktion mit entsprechenden Betriebserweiterungen<br />

in Angriff genommen, wodurch das<br />

Unternehmen zum zweitgrößten der Reisstärkeindustrie<br />

in Deutschland wurde. Im Rahmen <strong>die</strong>ser<br />

Baumaßnahmen wurde zudem in direkter<br />

Nähe zur Fabrik ein Hafen zur Reisentladung<br />

und zur Überwinterung von Schiffen gebaut.<br />

Denn „durch <strong>die</strong> Beförderung des Rohmaterials<br />

von Bremen nach Münden, [!] hatte sich der<br />

Schiffsverkehr auf der Weser deutlich belebt. Etwa<br />

40 Schiffe waren 1887 allein für <strong>die</strong> ,Union*<br />

eingesetzt.***”’<br />

Der Transport des Reises über <strong>die</strong> Weser wurde<br />

mit zwei Dampfschleppern, deren Namen und<br />

Herkunft nicht bekannt sind, und einer Zahl von<br />

<strong>bis</strong> zu zwölf Leichtern bewältigt. Die benötigten<br />

Schiffe waren vermutlich gechartert. Die Rickmers-Werft<br />

hat unter den Baunummern 77 <strong>bis</strong><br />

86 zwar acht Leichter und zwei Dampfschlepper<br />

gebaut, <strong>die</strong>se aber erst zwischen 1890 und 1892<br />

an <strong>die</strong> eigene Firma abgeliefert. Da zu <strong>die</strong>ser<br />

Zeit in Hannoversch Münden schon keine Stärke<br />

mehr produziert wurde, kamen <strong>die</strong> Fahrzeuge<br />

wohl eher auf der Unterweser zwischen Bremen<br />

und Bremerhaven zum Einsatz.**’*<br />

Bei der Produktionsaufnahme in Hannoversch<br />

Münden strebte <strong>die</strong> Eamilie Rickmers ursprünglich<br />

einen Jahresumsatz von 300.000 <strong>bis</strong> 320.000<br />

Mark an. Mit der Betriebserweiterung 1884 wurden<br />

natürlich deutlich höhere Summen in Aussicht<br />

genommen, andererseits wären <strong>die</strong> Investitionen<br />

kaum vertretbar gewesen. Das nötige<br />

Kapital konnte oder wollte <strong>die</strong> Familie Rickmers<br />

offensichtlich nicht alleine aufbringen, gehörten<br />

doch seit Gründung <strong>die</strong> Brüder Georg und Heinrich<br />

Wolde vom Bremer Bankhaus J. Schultze<br />

& Wolde zu den Teilhabern der Mündener Fabrik.<br />

Der Verkauf des Produktes fand unter dem<br />

Namen „Union-Stärke** statt und es wurden klare<br />

Assoziationen zu den bekannteren Unternehmen<br />

von Rickmers, der Reederei, der Werft und der<br />

Reismühle, be<strong>die</strong>nt. Auf den Verpackungen der<br />

Reisstärke war <strong>die</strong> Reedereiflagge, <strong>die</strong> Helgo­


länder Flagge mit einem großen R, abgebildet,<br />

um mit den bekannten und erfolgreichen Unternehmen<br />

der Rickmers’ auch für <strong>die</strong> Reisstärke<br />

zu werben.“^®Trotz <strong>die</strong>ser geschickten Werbestrategie<br />

entwickelte sich das Geschäft mit der<br />

Reisstärke schwieriger als gedacht. Mit der zunehmend<br />

scharfen Konkurrenzsituation zwischen<br />

den Stärkefabriken kam es offenbar auch zu Verleumdungen<br />

der Konkurrenten, weshalb sich <strong>die</strong><br />

Stärkefabrik „Union“ nach nur zwei Monaten<br />

Produktion veranlasst sah, seine Handelsvertreter<br />

noch einmal schriftlich auf <strong>die</strong> eigenen Stärken<br />

hinzuweisen:<br />

„Nach den uns gewordenen Mittheilungen<br />

werden seit längerer Zeit über <strong>die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

unserer hiesigen Etablissements Gerüchte<br />

verbreitet, deren Widerlegung in derselben<br />

Weise wir unter unserer Würde halten.<br />

Wenngleich nun auch jedem verständigen Geschäftsmann<br />

<strong>die</strong> Abgeschmacktheit jener tendenziösen<br />

Entstellungen sofort erkenntlich<br />

sein muss, so wollen wir doch nicht unterlassen,<br />

Ihnen in Kürze ein Bild unserer Gesamtunternehmungen<br />

hier zu entwerfen, damit<br />

Sie ein für allemal wissen, wen [Hervorhebungen<br />

im Original] Sie vertreten.““'*®<br />

Anschließend wurde in dem Schreiben auf <strong>die</strong><br />

Bedeutung der Rickmers-Mühle in Bremen hingewiesen,<br />

<strong>die</strong> seit 1878 eine Vergrößerung erfahren<br />

habe „wie kein zweites Etablissement<br />

<strong>die</strong>ser Art auf der Welt“. Zudem wurden dort<br />

<strong>bis</strong> September 1883 mit über 800.000 Zentnern<br />

Rohreis immerhin zwei Drittel der Reismenge<br />

verarbeitet, welche <strong>die</strong> drei weiteren Bremer<br />

Reismühlen gemeinsam vermahlen hatten. Daher,<br />

so heißt es in dem Schreiben weiter, stellen<br />

sich <strong>die</strong> Herstellungskosten in einem so großen<br />

Betrieb „wesentlich billiger“ und <strong>die</strong> herausgehobene<br />

Stellung sei nur erreicht worden, weil<br />

„grundsätzlich niemals Kosten gescheut“ wurden,<br />

um „entdeckte Verbesserungen sofort in<br />

Anwendung zu bringen“. Im letzten Satz heißt<br />

es daim, dass „das Feld <strong>die</strong>ses Industriezweiges“<br />

groß genug für alle sei und es „schon im Hinblick<br />

auf den zunehmenden Consum durchaus nicht<br />

nöthig [ist], den Absatz durch unlautere Mittel<br />

zu forciren“.“**' Neben dem Schriftzug der Stärkefabrik<br />

zierte auch hier ein Schriftzug der Reederei<br />

und Werft sowie der Rickmers-Mühle den<br />

Brief, um dem Inhalt mehr Gewicht zu verleihen.<br />

Eindeutig falsch war <strong>die</strong> Einschätzung, dass steigender<br />

Konsum von Reisstärke <strong>die</strong> Konkurrenzsituation<br />

der Hersteller entschärfen würde. 1885<br />

kam es zwischen den bedeutendsten deutschen<br />

Fabriken - <strong>die</strong>se standen laut Wiesekopsieker in<br />

Bremen, Osterholz-Scharmbeck, Neustadt an der<br />

Haardt (heute: an der Weinstraße), Heerdt bei<br />

Neuss, Königsberg, Vegesack, Kaiserslautem,<br />

Ulm, Frankenthal, Deutsch-Wartenberg, Neuss,<br />

Albersweiler und Elmshorn - sogar zu Absprachen<br />

mit der Festlegung von Verkaufspreisen,<br />

um den Absatz zu sichern.“'*^<br />

Das Besondere an der Stärkefabrik „Union“ war,<br />

dass sie nicht im eigentlichen Sinn zum Rickmers-Imperium<br />

gehörte, sondern ein eigenständiges<br />

Unternehmen war. Als Kommanditgesellschaft<br />

mit dem haftenden Gesellschafter Wilhelm<br />

Rickmers gehörten zwar hauptsächlich Familienmitglieder<br />

zu den Komplementären, aber eben<br />

erstmals nicht ausschließlich. Neben Wilhelm<br />

Rickmers gehörten seine älteren Brüder Andreas<br />

und Peter Rickmers sowie <strong>die</strong> Bremer Bankiers<br />

Georg und August Wolde vom Bankhaus J.<br />

Schultze & Wolde zu den Eigentümern. Der Firmenpatriarch<br />

Rickmer Glasen Rickmers hingegen<br />

war kein Miteigentümer.“'** Wilhelm Rickmers<br />

(1844-1891), genannt Willy, warder jüngste<br />

Sohn von Rickmer Glasen Rickmers und trat<br />

ebenso wie <strong>die</strong> älteren Brüder in das Familienunternehmen<br />

ein. Allerdings war er wegen einer<br />

Hüftverletzung aus der Kindheit und einem Nierenleiden<br />

oft kränklich. Ende der 1870er Jahre<br />

war er nach einer Asienreise 1876/77 zum Kennenlernen<br />

des dortigen Geschäftsfeldes in <strong>die</strong><br />

Leitung der Reismühle in Bremen eingetreten.<br />

Seine Aufgaben mussten auf Grund der körperlichen<br />

Konstitution des Öfteren von Andreas<br />

Rickmers übernommen werden. Wilhelm Rickmers<br />

war der unternehmerisch am wenigsten Erfahrene<br />

der drei Söhne des Firmenpatriarchen.<br />

Dass <strong>die</strong> Unternehmensleitung bei Wilhelm<br />

123


ш<br />

Rickmers lag, der Vater nicht in <strong>die</strong> Stärkefabrik<br />

eintrat und <strong>die</strong>se ein eigenständiges Unternehmen<br />

war, ist Hinweis darauf, dass der Stärkefabrik<br />

ein geringerer Stellenwert im Unternehmensverbund<br />

zukam. Sicher sollten mit der<br />

Gründung der Stärkefabrik der Absatz des Schälabfalls<br />

sichergestellt werden und <strong>die</strong> Produktions-<br />

sowie Gewinnkette vom Reiseinkauf über<br />

den Transport und <strong>die</strong> Vermahlung fortgesetzt<br />

werden, und im eigenen Unternehmen konnten<br />

<strong>die</strong> Abnahmemengen und -preise vorgeschrieben<br />

werden. Zudem war <strong>die</strong> Verarbeitung von Bruchreis<br />

zu Stärke<br />

„ein zusätzliches Geschäft, von dem andere<br />

Untemehmensbereiche nicht abhängig waren.<br />

Andererseits wurden erhebliche Summen in<br />

ein Unternehmen investiert, in dessen Märkten<br />

noch keinerlei Erfahrungen gesammelt<br />

werden konnten. Möglicherweise scheute man<br />

<strong>die</strong> Verbindung mit dem Stammunternehmen,<br />

um es im Falle eines Misserfolges der Stärkefabrik<br />

nicht zu gefährden. Die große Entfernung<br />

vom Hauptsitz des [...] Stammhauses<br />

war möglicherweise ebenfalls ein Grund für<br />

eine eigenständige Geschäftsführung.“'**'*<br />

Ein Scheitern der Stärkefabrikation musste<br />

schließlich auch eingestanden werden. Nach Verhandlungen<br />

von Wilhelm Rickmers fusionierte<br />

<strong>die</strong> W. Rickmers & Co., Stärkefabrik „Union“,<br />

Hannoversch Münden 1887 mit der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG. Die Stärkeproduktion an der<br />

Weser wurde sofort gedrosselt, <strong>die</strong> Produkte aber<br />

vorerst weiterhin unter den beiden bekannten<br />

Firmennamen vertrieben. Wilhelm Rickmers<br />

blieb mit einer Kapitaleinlage, nun bei Hoffmann’s,<br />

in der Reisstärkeproduktion engagiert<br />

und wurde auch der Aufsichtsratsvorsitzende des<br />

neuen Unternehmens. Im gleichen Jahr war auch<br />

Georg Wolde Aufsichtsratsmitglied bei Hoffmann’s<br />

in Salzuflen. Es war jedoch nicht zu klären,<br />

ob er schon vor 1887 bei Hoffmann’s beteiligt<br />

war und sich auf Grund seiner Marktkenntnisse<br />

1883 bei der Stärkefabrik „Union“ beteiligt<br />

hatte oder ob er erst mit der Fusion der Fabriken<br />

in den Aufsichtsrat des lippischen Unternehmens<br />

trat.'**^<br />

Nur ein halbes Jahr nachdem Wilhelm Rickmers<br />

Aufsichtsratsvorsitzender bei Hoffmann’s geworden<br />

war, legte er nach Streitigkeiten über <strong>die</strong><br />

Firmenausrichtung sein Mandat am 30. November<br />

1887 wieder nieder. Damit war das Engagement<br />

der Rickmers’ in der Stärkeproduktion beendet<br />

und der Standort Hannoversch Münden<br />

vorerst aus dem Blick der Familie geraten. 1889<br />

wurde <strong>die</strong> Produktion von Reisstärke in Hannoversch<br />

Münden von der Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

AG eingestellt.'**®<br />

Die Reiswerke Osterholz<br />

Am 5. Oktober 1874 erteilte das Amt Osterholz<br />

„dem Fabrikanten Hermann Hunte zu Oldenburg<br />

und dem Kaufmann Gerhard Lange zu Bremen“<br />

eine Konzession zum Bau und Betrieb einer Stärkefabrik<br />

im Ort. Den Neufabrikanten wurde der<br />

Betrieb allerdings unter der Bedingung gestattet,<br />

„daß für genügende Abwässerung gesorgt werde“.'**’<br />

Ein erstes Grundstück für den neuen Betrieb<br />

wurde 1875 erworben und noch im selben<br />

Jahr <strong>die</strong> Produktion mit 30 Arbeitern aufgenommen.<br />

Die Stärkefabrik Gerhard Langes unterschied<br />

sich von den anderen Fabriken zur Herstellung<br />

von Reisstärke, weil sie weder aus einer<br />

bestehenden Stärkefabrik hervorging, <strong>die</strong> ihren<br />

Bearbeitungsrohstolf auf Reis umstellte, noch<br />

aus einem Reismühlenbetrieb zur Verarbeitung<br />

der Abfälle entstand oder aus demselben Grund<br />

von einem Reismüller gegründet wurde. Erstmals<br />

gab nicht <strong>die</strong> Reismüllerei oder <strong>die</strong> langjährige<br />

Stärkefabrikation den Anlass zum Beginn<br />

der Reisstärkefabrikation. Hier dürfte der Grund<br />

darin gelegen haben, dass Hermann Hunte und<br />

Gerhard Lange über den Stärkemarkt, <strong>die</strong> Reismüllerei<br />

und das Angebot an Bruchreis so gut<br />

informiert waren, dass sie <strong>die</strong> Gründung der Fabrik<br />

in Osterholz verwirklichten, weil sie entsprechenden<br />

wirtschaftlichen Erfolg erwarteten.<br />

Entsprechend einmalig war auch der Beschluss,<br />

eine Reismühle dem Betrieb anzugliedern. Diese<br />

nahm 1878 den Betrieb auf und war <strong>die</strong> erste<br />

und einzige Reisstärkefabrik, <strong>die</strong> eine eigene<br />

Reismühle betrieb, um den Bedarf an Bruchreis


für <strong>die</strong> Stärkefabrikation sicherzustellen. Wo<br />

sonst <strong>die</strong> Stärkefabrikation das Nebengeschäft<br />

der industriellen Reisveredelung war, wurde<br />

Letztere nun zum Beiwerk der Stärkeherstellung.<br />

Die Geschäfte der Fabrik entwickelten sich in<br />

den Anfangsjahren sehr gut. Schon 1876 wurden<br />

<strong>die</strong> bestehenden Anlagen erweitert. Als Käufer<br />

eines Grundstücks trat am 12. Oktober 1876 der<br />

Maurer Steeneck aus Scharmbeck im Namen<br />

Gerhard Langes auf. Vermutlich war er mit den<br />

Erweiterungsbauten der Fabrikgebäude beauftragt.'*®*<br />

Auch der Beginn der Reismüllerei ging<br />

mit Zukäufen von öffentlichem Land 1877, das<br />

teilweise bereits zuvor von der Fabrik gepachtet<br />

war, einher.1878 wurde zudem mit dem Bau<br />

der Pappstraße begonnen, in der 19 Wohnungen<br />

für Arbeiter der Lange’schen Fabrik entstanden.<br />

Die Belegschaft war in nur drei Jahren um das<br />

Zwölffache auf über 370 Mitarbeiter gewachsen.<br />

Bei der Einstellung der Arbeiter zählten für Gerhard<br />

Lange offenbar auch soziale Gesichtspunkte,<br />

denn er beschäftigte auch ehemalige Strafgefangene<br />

und Vorbestrafte.<br />

Dass <strong>die</strong> Reisstärkefabrik in den 1880er Jahren<br />

ein bedeutender Arbeitgeber in Osterholz war,<br />

zeigte sich, als es 1881 und 1882 Bürgerproteste<br />

gegen <strong>die</strong> Geruchsentwicklung der Fabrik gab.<br />

Im Mittelpunkt der Kritik standen <strong>die</strong> stinkenden<br />

Abwässer, <strong>die</strong> bei der Stärkeproduktion anfielen.<br />

Konflikte um <strong>die</strong> Ableitung <strong>die</strong>ser Abwässer waren<br />

nicht ungewöhnlich. Schon 1736 hatten sich<br />

Anwohner der Kölner Stärkefabrikanten beim<br />

Rat der Stadt über <strong>die</strong> einfache Ableitung der<br />

stinkenden Abwässer in <strong>die</strong> Gosse beklagt, und<br />

1751 wollte ein Brauereibesitzer den Verkauf eines<br />

Nachbargrundstücks an einen Stärkefabrikanten<br />

verhindern, weil der Gestank „seine daneben<br />

liegende Brauerei zugrunderichten“ würde.'*^**<br />

Ob es im 18. Jahrhundert eine Lösung im<br />

Sinne der Anwohner gab, ist nicht bekannt, wohl<br />

aber, wie der gleiche Konflikt bei der Stärkefabrik<br />

Eduard Hoffmann’s in Salzuften gelöst wurde.<br />

Dort kam es 1885 zu einem sogenannten<br />

„Wasserprozess“, der sich zum Leidwesen Hoffmanns<br />

<strong>bis</strong> 1891 hinzog. Der Besitzer einer Badeanstalt<br />

der dem lippischen Werk benachbarten<br />

Stadt Herford ließ der Stärkefabrik <strong>die</strong> Einleitung<br />

der Abwässer in <strong>die</strong> Bega untersagen. Die Bega<br />

ergoss sich in <strong>die</strong> Herford durchffießende Werre,<br />

weshalb sich der Badbesitzer durch <strong>die</strong> schlechte<br />

Wasserqualität der Werre geschäftlich benachteiligt<br />

sah. In der Eolge gab es Gutachten und<br />

Gegengutachten, eine Zeitungskampagne gegen<br />

<strong>die</strong> Stärkefabrik und schließlich einen Vergleich<br />

zwischen den Parteien, bei dem <strong>die</strong> Stärkefabrik<br />

<strong>die</strong> Kosten übernahm. Ob <strong>die</strong> Einleitungen der<br />

Fabrik für <strong>die</strong> schlechte Wasserqualität verantwortlich<br />

waren und ob <strong>die</strong> Fabrik <strong>die</strong> einzige<br />

Verschmutzerin war, konnte allerdings in den<br />

sechs Prozessjahren gar nicht geklärt werden.<br />

Die Lösung des Umweltproblems wurde in Angriff<br />

genommen, indem 1885 Klärteiche und<br />

1888 Rieselfelder zwischen den Wasserläufen<br />

der Bega und der Werre angelegt wurden.'*®* Auf<br />

<strong>die</strong>selbe Art, mit der Schaffung einer Rieselwiese,<br />

auf <strong>die</strong> <strong>die</strong> Abwässer aufgebracht wurden<br />

und dann in selbstständigen biologischen Prozessen<br />

abgebaut und damit geklärt wurden, beruhigte<br />

der Bremer Kaufmann und Osterholzer<br />

Fabrikant auch <strong>die</strong> Proteste 1881. 1882 flammte<br />

der Widerstand gegenüber den Abwässern wegen<br />

der Geruchsbelästigung jedoch erneut auf. Nun<br />

machte sich Gerhard Lange seine Stellung als<br />

wichtiger Arbeitgeber in Osterholz zu Nutze und<br />

drohte der Stadt mit Entlassungen, wenn es keine<br />

Lösung im Sinne der Eabrik gebe. 150 Arbeitern<br />

wurde sogar <strong>die</strong> Kündigung ausgesprochen, um<br />

das Amt unter Druck zu setzen. Nach Gesprächen<br />

mit der Regierung in Hannover wurden sie<br />

jedoch wieder eingestellt. Ob es eine Veränderung<br />

der Abwassersituation zu Gunsten der Bürger<br />

1882 gab, ist nicht bekannt.<br />

1882 waren erstmals Absatzprobleme vorhanden<br />

und <strong>die</strong> Osterholzer Fabrik wurde mit der scharfen<br />

Konkurrenzsituation sowie der tendenziellen<br />

Überproduktion innerhalb der deutschen Reisstärkeindustrie<br />

konfrontiert. Daher stieg der Kostendruck<br />

auf <strong>die</strong> Fabrikanten und genauso, wie<br />

Reismühlen zu Verlängerung der Produktionsund<br />

Gewinnkette Reisstärke aus ihren Abfällen<br />

erzeugten, suchte <strong>die</strong> Reisstärkefabrik mit angegliederter<br />

Reismühle in Osterholz nach wei-


teren Gewinnmöglichkeiten. Daher gliederte sich<br />

um 1880 eine eigene Ochsenzucht an <strong>die</strong> Fabrik<br />

an. Aus den Resten der Stärkeherstellung und<br />

der Reismüllerei wurde Tierfutter gemischt, das<br />

zur Ochsenmast verwendet wurde. Dabei gab es<br />

in der Osterholzer Zucht <strong>bis</strong> zu 30 Masttiere<br />

zeitgleich und jede Woche wurde eine ganze<br />

Wagenladung der Ochsen zu einem Schlachthof<br />

nach Köln geschickt.<br />

Die Ochsenzucht verursachte wiederum ein angehängtes<br />

Geschäftsfeld, denn auch mit der nun<br />

anfallenden Gülle wollten <strong>die</strong> Stärkeindustriellen<br />

noch ein Geschäft machen. 1881 gab es einen<br />

ersten Landkauf in der Heide und durch weitere<br />

Zukäufe und Landkultivierung entstand dort sukzessive<br />

das Gut Elm. Dort wurde der Dung der<br />

Osterholzer Ochsenzucht ausgebracht und sollte<br />

den Weizenanbau unterstützen. Darüber hinaus<br />

nutzte Gerhard Lange den landwirtschaftlichen<br />

Betrieb, um seebeschädigte Reisladungen kostengünstig<br />

zu entsorgen. War eine Schiffsladung<br />

so verdorben, dass sie sich nicht mehr zur Veredelung<br />

eignete, gab es keine entsprechende<br />

Zollerstattung nach dem geltenden Schälregulativ<br />

- denn der Reis wurde ja nicht geschält.<br />

„Derselbe [Gerhard Lange] betreibt aber neben<br />

seiner Schälmühle und Stärkefabrik Landwirthschaft,<br />

um <strong>die</strong> Abfälle verwerthen zu<br />

können. Zum Düngen der Felder hat er mit<br />

Erfolg den schwerbeschädigten Reis benutzt<br />

und auf <strong>die</strong>sen so benutzten Reis hat er keinen<br />

Zoll zu zahlen gehabt. Die Steuerbehörde hat<br />

ihm also erlaubt, vor Entrichtung des Zolles<br />

<strong>die</strong> Beschädigung abzunehmen und den<br />

schwersten Theil derselben hat er, wie oben<br />

erwähnt, verbraucht. Auf alles Andere muss<br />

Zoll bezahlt werden.“<br />

So wurden dem Industriellen wenigstens Zollzahlungen<br />

erlassen und der Verlust einer verdorbenen<br />

Ladung Reis bestand einzig im Warenwert.<br />

Gut Elm wurde jedoch nie zu einem<br />

wirtschaftlichen Erfolg und <strong>bis</strong> zur Eingliederung<br />

der Fabrik in <strong>die</strong> Reis- und Handels AG<br />

1901 mit etwa 100.000 Mark unterstützt. Es ging<br />

in den Besitz des Vorstandsmitglieds Hermann<br />

Friedrich Upmann über, <strong>bis</strong> <strong>die</strong>ser das Gut 1907<br />

veräußerte und es dort keine Verbindung zur<br />

Reisindustrie mehr gab.<br />

1893 wurde <strong>die</strong> Fabrik in eine Aktiengesellschaft<br />

umgewandelt. Aus der Stärkefabrik Gerhard Lange<br />

waren <strong>die</strong> Reiswerke Osterholz in Osterholz-<br />

Scharmbeck geworden. Bis 1900 wurde <strong>die</strong> Fabrik<br />

auf Grund der Absatzprobleme deutlich verkleinert.<br />

Es waren nur noch etwa 200 männliche<br />

und 30 weibliche Arbeitskräfte angestellt. Einen<br />

Einblick in das fest geregelte Arbeitsleben in der<br />

Stärkefabrik gibt eine Arbeitsordnung aus dem<br />

Jahr 1910. Die Arbeitsbedingungen waren aus<br />

heutiger Sicht durchaus hart, aber es zeigt sich,<br />

dass neben dem gesetzlichen Schutz der Industriearbeiterdurchaus<br />

auch <strong>die</strong> Arbeitsordnung<br />

der Fabrik in der Unterscheidung von Männern<br />

und Frauen auf <strong>die</strong> Lebensbedingungen der Arbeiterschaft<br />

einging. So waren in der üblichen<br />

Tagschicht <strong>die</strong> Arbeitszeiten der Männer werktäglich,<br />

also von Montag <strong>bis</strong> Samstag, von 6 <strong>bis</strong><br />

18 Uhr und abzüglich der Pausen damit 11 Stunden.<br />

In den Pausen waren <strong>die</strong> an Maschinen Arbeitenden<br />

verantwortlich, dass <strong>die</strong>se nicht Stillständen.<br />

Wöchentlich kamen insgesamt 66 Stunden<br />

Arbeitszeit zusammen. Die im Werk<br />

arbeitenden Frauen begannen - gewollt oder ungewollt<br />

- erst um 7 Uhr in der Frühe und hatten<br />

mittags nicht 30, sondern 90 Minuten Pause zu<br />

machen, um nach Hause zu gehen und der Familie<br />

<strong>die</strong> mittägliche Mahlzeit zubereiten zu können.<br />

Damit ergab sich ein Arbeitstag von achtstündiger<br />

Dauer. Da vor Sonn- und Feiertagen<br />

Frauen zudem bereits um 17 Uhr <strong>die</strong> Arbeit beendeten<br />

- auch hier dürfte <strong>die</strong> Vorbereitung des<br />

anstehenden Tages und <strong>die</strong> Versorgung der Familie<br />

der Grund gewesen sein -, ergab sich immerhin<br />

noch eine wöchentliche Arbeitszeit von<br />

maximal 47 Stunden. Zur üblichen Tagesschicht<br />

wurde auch in Nachtschichten von 18 Uhr <strong>bis</strong><br />

6 Uhr morgens gearbeitet. Für <strong>die</strong> anspruchsvolle<br />

und konzentrationsfordernde Be<strong>die</strong>nung der<br />

Reispoliergänge galt, dass selbige von keinem<br />

Arbeiter länger als 48 Stunden wöchentlich be<strong>die</strong>nt<br />

werden durften.‘'^'‘<br />

Eine Verkleinerung des Werkes resultierte aus<br />

den Marktabsprachen mit anderen Reisstärkefa-<br />

126


iken sowie den Vorgaben der Reis- und Handels<br />

AG, zu denen der Osterholzer Betrieb seit<br />

1901 gehörte. Im Unterschied zu einigen anderen<br />

Reismühlen des Bremer Unternehmens lag <strong>die</strong><br />

Fabrik im Zollinland und da <strong>die</strong> Zollkontrolle<br />

zur Erstattung der Zollkosten nach dem geltenden<br />

Schälregulativ von den Produzenten zu tragen<br />

waren, fielen für <strong>die</strong> Fabrik in Osterholz<br />

jährlich fast 6.800 Mark Kosten für <strong>die</strong> Zollinspektion<br />

an. Ein weiteres Geschäftsfeld brach<br />

der Fabrik weg, als 1906 der Export von zerkleinertem<br />

Bruchreis in <strong>die</strong> Vereinigten Staaten<br />

unterlassen werden musste. Für zerkleinerten<br />

Bruchreis, der beispielsweise für Brauzwecke<br />

verwendet werden konnte, bestand in den Vereinigten<br />

Staaten ein ermäßigter Zollsatz, was den<br />

Export für deutsche Firmen lukrativ machte. Die<br />

Zerkleinerung von Bruchreis für den Export wurde<br />

von den deutschen Zollbehörden seit 1898<br />

kommentarlos hingenommen. Mit der Zolltarifsnovelle<br />

von 1906 wurde <strong>die</strong>se Praktik jedoch<br />

für illegal erklärt. In acht Jahren sind etwa 16.500<br />

Tonnen an zerkleinertem Bruchreis exportiert<br />

worden. Der Export von gröberem Bruchreis zu<br />

höheren Steuersätzen war unrentabel und ein<br />

Geschäftsfeld der Fabrik fiel daher weg.“*®^Zusätzlich<br />

war <strong>die</strong> Fabrik in Osterholz im Vergleich<br />

zu den Bremer Werken der Reis- und Handels<br />

AG benachteiligt, weil <strong>die</strong> schlechte Verkehrsanbindung<br />

alle Produkte verteuerte. Für einen<br />

Doppelzentner Rohreis kostete der Transport von<br />

Geestemünde nach Bremen 20 Pfennige. Derselbe<br />

Betrag musste auch für den kürzeren Transport<br />

nach Osterholz aufgebracht werden. Während<br />

<strong>die</strong> Reisprodukte nach der Herstellung in<br />

Bremen direkt in den Vertrieb gehen konnten,<br />

waren von Osterholz <strong>bis</strong> Bremen weitere 14<br />

Pfennige an Bahnfrachten zu zahlen, was <strong>die</strong><br />

möglichen Gewinne aus den in Osterholz hergestellten<br />

Reisprodukten entsprechend reduzierte.<br />

Zudem verschärfte <strong>die</strong> Gründung einer Reismühle<br />

durch sieben englische Großimporteure,<br />

<strong>die</strong> im Hamburger Freihafengebiet Reis verarbeitete,<br />

der in Birma bereits vorpoliert worden<br />

war, sowie günstig in den Niederlanden produzierende<br />

Reismühlen den Kostendruck auf <strong>die</strong><br />

bestehenden deutschen Reisfabriken. Ab 1906<br />

wurde daher <strong>die</strong> Produktion gedrosselt und nur<br />

noch acht Monate im Jahr Reis verarbeitet.<br />

Schließlich wurden <strong>die</strong> Müllerei und <strong>die</strong> Reisveredelung<br />

in Osterholz 1911 komplett eingestellt.'‘^®<br />

Marktübersättigungen und<br />

Konzentrationsbestrebungen<br />

Seit 1882, etwa zwölf Jahre nachdem <strong>die</strong> Herstellung<br />

von Reisstärke als neuer Industriezweig<br />

entstanden war, gab es erste kleine Anzeichen,<br />

dass <strong>die</strong> Erfolgsgeschichte der deutschen Reisstärkeindustrie<br />

nicht ungebremst andauem würde.<br />

Die Fabrik in Osterholz kämpfte erstmals<br />

mit Absatzproblemen und bemühte sich um eine<br />

Konzession zur Sirupherstellung, weil über alternative<br />

Geschäftsmodelle nachgedacht werden<br />

musste.Fast zeitgleich aber eröffnete <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers in Hannoversch Münden <strong>die</strong><br />

Stärkefabrik „Union“, <strong>die</strong> im ersten Betrieb-sjahr<br />

noch ein so gutes Ergebnis erzielte, dass in eine<br />

deutliche Betriebsvergrößerung investiert wurde.<br />

1885 gab es insgesamt 16 Reisstärkefabriken in<br />

Deutschland (s. Tabelle S. 128).'*®*<br />

Diese 16 Firmen mit dem unbestrittenen Marktführer<br />

aus Salzuflen produzierten inzwischen so<br />

viel Stärke, dass das Angebot <strong>die</strong> Nachfrage<br />

überstieg.<br />

In der historischen Unternehmensforschung gibt<br />

es nach Pierenkemper fünf Indikatoren für <strong>die</strong><br />

Beschreibung der Unternehmensentwicklungen<br />

in einem Führungssektor.^“ Um es vorwegzunehmen:<br />

Die Reisstärkeindustrie war kein wirtschaftlicher<br />

Führungssektor, weil sie keinen bedeutenden<br />

Anteil an der Gesamtwirtschaft hatte<br />

und auch nur wenige Wechselwirkungen mit anderen<br />

Sektoren der deutschen Wirtschaft zeigte.<br />

Dennoch erklären <strong>die</strong> Entwicklungsstufen, an<br />

deren Ende Überkapazitäten und Preissenkungen<br />

stehen, warum es in der Reisstärkeindustrie genau<br />

dazu kam. In einem ersten Schritt hatten<br />

technologische Neuerungen, <strong>die</strong> erfolgreichen<br />

Produktionsversuche von Pionieren wie Johann<br />

Schöllkopf und Eduard Hoffmann, eine neue<br />

127


Tabelle III. 2.4, Reisstärkefabriken''®^ in Deutschland 1885<br />

Firma<br />

Ort<br />

^4<br />

E. H o ffm a n n & Co. S a lz u fle n<br />

G e b rü d e r N ie lse n<br />

Brem en<br />

S tä rk e fa b rik G e rh a rd Lange<br />

Lange & Lam pe<br />

W . R ic k m e rs & Co.<br />

E. Rem y & Co.<br />

P.J. S ch ra m m<br />

O s te rh o lz<br />

V e g e sa ck<br />

(h e u te e in S tad tte il v o n Brem en)<br />

H a n n o v e rs c h M ü n d e n<br />

H eerdt<br />

(h e u te e in S tad tte il vo n N e u ss)<br />

N euss<br />

K ö n ig s b e rg e r S tä rk e fa b rik<br />

K ö n ig sb e rg<br />

D ru m m & C ie.<br />

J. N e u b a u e r & Co.<br />

K a is e r s la u t e r n<br />

N e u sta d t a n d e r H a a rd t<br />

(h e u te N e u sta d t a n d e r W e in s tra ß e )<br />

D. L a ib le U lm<br />

H. M a c k U lm<br />

J.B. Z w ick<br />

J. M ä h lic h<br />

W . Z w ick<br />

F ra n k e n th a l<br />

D e u tsc h -W a rte n b e rg<br />

(h e u te O tyñ in P o le n )<br />

A lb e rs w e ile r<br />

-<br />

li<br />

H. H a a rtja E lm sh o rn<br />

wirtschaftliche Art der Stärkeherstellung auf<br />

Reisbasis gezeigt. In den folgenden Jahren kam<br />

es mit Bremer Hilfe zu großen Investitionen in<br />

Salzuflen und neue Firmen nahmen <strong>die</strong> Stärkeproduktion<br />

auf. Die dritte Stufe, der Sektor erhält<br />

ein bedeutendes Gewicht in der Gesamtwirtschaft,<br />

blieb aus. Daher wurde <strong>die</strong> Reisstärkeindustrie<br />

gerade nicht zu einem Führungssektor<br />

in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Stärkearten<br />

machte <strong>die</strong> Reisstärke auch nur einen<br />

kleinen Teil des gesamten Stärkemarktes aus und<br />

trotzdem war sie bedeutend genug, dass in den<br />

Verhandlungen um neue Zolltarife <strong>die</strong> Weizenstärkefabrikanten<br />

als Gegenspieler auftraten. Außerdem<br />

verdrängte Stärke auf Reisbasis andere<br />

Stärkesorten, weil sie für bestimmte Zwecke,<br />

128<br />

s »<br />

'Г--Л


wie beispielsweise <strong>die</strong> Anwendung an Textilien,<br />

besser geeignet war. Zumindest innerhalb des<br />

Stärkesektors hatte <strong>die</strong> Reisstärke stark an Bedeutung<br />

gewonnen.' Dies ist zugleich auch<br />

schon ein Teil der vierten Entwicklungsstufe.<br />

Neue Produkte gaben zumindest im Bereich der<br />

Stärkeproduktion neue Impulse in den Stärkemarkt<br />

und zugleich wurde <strong>die</strong> Nachfrage der<br />

Wirtschaft verändert. Die neue Reisstärkeindustrie<br />

gab keine Impulse für <strong>die</strong> gesamte deutsche<br />

Wirtschaft, beeinflusste aber <strong>die</strong> Reisindustrie<br />

stark. Für sie war <strong>die</strong> Nachfrage der Stärkefabriken<br />

von Bedeutung, weil vermeintlicher Abfall<br />

weiterverwertet werden konnte. Alle <strong>die</strong>se<br />

Punkte, <strong>die</strong> erst einmal gute wirtschaftliche Aussichten<br />

anzeigten, führten zu den hohen Investitionen<br />

der Reismüller, Stärkefabrikanten und<br />

weiterer Kapitalgeber wie den Bremer Bankiers<br />

in den Unternehmungen in Salzuflen und Hannoversch<br />

Münden. Aus der Menge der Investitionen<br />

folgte dann <strong>die</strong> fünfte Entwicklungsstufe<br />

nach Pierenkemper: Es entstanden Überkapazitäten<br />

und <strong>die</strong>se erzwangen Preissenkungen.<br />

Um einen ruinösen Preiskampf zu vermeiden,<br />

kam es im März 1885 zu einer Absprache zwischen<br />

den zehn größten Produzenten. Die Firmen<br />

Hoffmann’s, <strong>die</strong> Königsberger Stärkefabrik, G.<br />

Lange, Lange & Lampe, Neubauer, Drumm, Remy,<br />

Rickmers, Mack und Zwick in Frankenthal<br />

einigten sich auf eine Konvention, in der einheitliche<br />

Verkaufspreise für Reisstärke festgelegt<br />

wurden. Nach nur einem Jahr wurde <strong>die</strong>se Absprache<br />

wegen widerstreitender Interessen aber<br />

schon wieder aufgehoben. Zudem umgingen <strong>die</strong><br />

Zwischenhändler das Preisdiktat, indem sie sich<br />

vor dem Inkrafttreten des Abkommens reichlich<br />

mit Stärke eindeckten und daher während der<br />

bestehenden Konvention nicht von den Fabriken<br />

abhängig waren.^“^ Für den erfolgreichen Absatz<br />

der produzierten Stärke wurden daher andere<br />

Strategien gesucht.<br />

Anfänglich hatten <strong>die</strong> Stärkeproduzenten darauf<br />

abgezielt, eigene Reisstärke in Deutschland abzusetzen,<br />

als sie sahen, dass englische Reisstärkefabriken<br />

mit ihren Produkten Kartoffel- und<br />

Welzenstärke verdrängten. Entsprechend argumentierten<br />

auch Schöllkopf und Hoffmann in<br />

ersten Petitionen für eine neue Zollpolitik. Mit<br />

der Senkung des Reiszolls 1870 wurde <strong>die</strong>sem<br />

Ansinnen stattgegeben. Von größerer Tragweite<br />

für <strong>die</strong> Ausrichtung und <strong>die</strong> Entwicklung der<br />

deutschen Reisstärkeindustrie war <strong>die</strong> ab Oktober<br />

1870 bestehende Zollfreiheit von Reis zur<br />

Herstellung von Stärke für den Auslandsabsatz.<br />

Diese Zollfreiheit unter Zollkontrolle wurde zudem<br />

mit jeder Zolltarifsnovelle wiederum festgesetzt.<br />

Auch wenn <strong>die</strong> Zollkontrolle vom Produzenten<br />

getragen werden musste und immer<br />

wieder beklagt wurde, und obwohl auch <strong>die</strong> Einfuhrzölle<br />

für Stärke denen der Nachbarländer<br />

zumindest in den 1870er Jahren in etwa gleichgestellt<br />

waren, war <strong>die</strong> Zollfreiheit für Reis zur<br />

Herstellung von Exportstärke der entscheidende<br />

Punkt, der <strong>die</strong> deutsche Reisstärkeindustrie zu<br />

einer Exportindustrie werden ließ. Denn <strong>die</strong>se<br />

zollpolitische Behandlung war letztlich nichts<br />

anderes als eine versteckte Subvention zur Förderung<br />

des Exports.<br />

Der Auslandsabsatz der deutschen Reisstärkefabriken<br />

war <strong>bis</strong> 1900 größer als der Absatz im<br />

Inland.^<br />

Tabelle III. 2.5, Absatz von deutscher Reisstärke im In- und Ausland 1890-1913<br />

A bsatz<br />

Jahr<br />

1890 1900 1905 1910 1913<br />

In lan d sab satz 43 49 61 70 73<br />

A u slan d sab satz 57 51 39 30 27<br />

in P rozent<br />

129


Ein sehr wichtiges Absatzgebiet war Frankreich,<br />

wohin sogar im Jahr 1900 noch mit 11.692 Doppelzentnern<br />

mehr als ein Zehntel des deutschen<br />

Gesamtexports von 98.076 Doppelzentnern ausgeführt<br />

wurden. Als dort in den 1880er Jahren<br />

ein Stärkezoll und zusätzlich noch ein Verpackungszoll<br />

eingeführt wurden, reagierte Eduard<br />

Hoffmann mit Investitionen, <strong>die</strong> über nationale<br />

Grenzen hinausgingen. Indem er in Paris und<br />

Nantes eigene Kartonagefabriken eröffnete und<br />

<strong>die</strong> lose Stärke erst dort abgepackt wurde, konnte<br />

wenigstens der Verpackungszoll umgangen werden.<br />

Um das weiter zurückgehende Geschäft in<br />

Frankreich am Leben zu halten, wurden <strong>die</strong> dortigen<br />

Fabriken 1895 als rechtlich eigenständige<br />

Gesellschaft unter dem Namen Société Anonyme<br />

Française des Amidonneries Hoffmann zusammengefasst.<br />

Um 1900 wurde sogar <strong>die</strong> Errichtung<br />

einer eigenen Stärkefabrik in Frankreich<br />

erwogen und 1901 in Marcoing, südwestlich von<br />

Cambrai, eine Fabrik übernommen, <strong>die</strong> <strong>bis</strong> zum<br />

Beginn des Ersten Weltkrieges erfolgreich produzierte.<br />

Eine weitere Auslandsniederlassung<br />

gründete <strong>die</strong> Salzuflener Fabrik 1905 in Italien.<br />

Als Società Anonima Amidi Hoffmann firmierte<br />

in Bovisa bei Mailand ein Tochterunternehmen,<br />

das allerdings wegen fehlenden Erfolgs 1909<br />

wieder geschlossen wurde. Weitere Bemühungen<br />

um eine Beteiligung oder <strong>die</strong> Errichtung einer<br />

Fabrik in Russland waren erfolglos.<br />

1887 begann das Ausland in Reaktion auf <strong>die</strong><br />

deutsche Wende zum Schutzzoll, <strong>die</strong> Zollsätze<br />

für <strong>die</strong> Stärkeeinfuhr deutlich zu heben. 1879<br />

hatte sich das Ende der 1862 mit dem deutschpreußischen<br />

Cobden-Vertrag begonnenen Periode<br />

des Freihandels in Europa angedeutet. Unter<br />

Reichskanzler Otto von Bismarck wurden Zölle<br />

in den 1880er Jahren ein finanzpolitisches Instrument,<br />

zugleich machte aber ganz Europa einen<br />

deutlichen Schritt zurück zu weniger Freihandelspolitik.<br />

Hier erklärt sich erneut, warum<br />

<strong>die</strong> Reisstärkeindustrie, <strong>die</strong> ebenso wie Reismüllerei<br />

stark durch Bremer Persönlichkeiten geprägt<br />

war, bei der Agrarlobby nicht beliebt war.<br />

Bremer Kaufleute waren traditionell für den Freihandel,<br />

während <strong>die</strong> Agrarier <strong>die</strong>sen ablehnten.<br />

weil er Konkurrenz für deutsches Getreide vor<br />

allem aus Russland bedeutete. Der Reis machte<br />

zudem dem Weizen als Stärkegrundstoff Konkurrenz,<br />

während niedrige Zollsätze für <strong>die</strong> Bremer<br />

Reisimporteure und Reismüller ebenso wie<br />

für <strong>die</strong> Reisstärkeproduzenten von hoher Bedeutung<br />

waren. Nur so konnte der Rohstoff günstig<br />

vor allem aus Hinterin<strong>die</strong>n und anderen Teilen<br />

Asiens bezogen werden. Obwohl <strong>die</strong> Caprivischen<br />

Verträge eine Mäßigung des Hochprotektionismus<br />

darstellten, kam es <strong>bis</strong> <strong>1914</strong> zu keiner<br />

Zollerleichterung, <strong>die</strong> einen nennenswerten Einfluss<br />

auf <strong>die</strong> Reisstärkeindustrie gehabt hätte.“ ^<br />

In der Debatte um den Bülow-Tarif 1901 sprach<br />

Arthur von Posadowsky-Wehner im Zusammenhang<br />

der geplanten Verschärfung des Zollschutzes<br />

davon, dass das Transportwesen den Erdball<br />

wie einen Gummiball zusammenpresse.^“®Die<br />

Angst vor der Globalisierung erschwerte <strong>die</strong><br />

Rahmenbedingungen der auf globale Handelsströme<br />

angewiesenen Reisstärkeindustrie.<br />

Als Reaktion auf <strong>die</strong> Errichtung von Schutzzöllen<br />

in Deutschland erhöhten <strong>die</strong> Handelspartner<br />

ihre eigenen Zölle. Die deutschen Stärkefabrikanten<br />

befürworteten höhere Zölle daher gar<br />

nicht, weil <strong>die</strong> ausländischen Reaktionen ihren<br />

wirtschaftlich wichtigen Auslandsabsatz gefährdeten.<br />

In den 1890er Jahren hatten sie <strong>die</strong> Hoffnung,<br />

über <strong>die</strong> Handelsverträge wieder zu günstigeren<br />

Exportbedingungen zu gelangen. Diese<br />

Hoffnung wurde weitestgehend enttäuscht. Die<br />

Einfuhrzölle für deutsche Stärke im europäischen<br />

Ausland entwickelten sich folgendermaßen^“’<br />

(s. Tabelle S. 131 oben).<br />

Aus <strong>die</strong>sen Zahlen ergab sich eine Benachteiligung<br />

der deutschen Exporteure auf den ausländischen<br />

Märkten. Denn der Nettoschutz in<br />

Deutschland war um folgende Beträge geringer<br />

(s. Tabelle S. 131 unten).<br />

130


Tabelle III. 2.6, Einfuhrzölle auf deutsche Reisstärke in Europa zwischen 1879 und 1892<br />

Land Datum Einfuhrzoll/DZ Handelsvertrag von Einfuhrzoll/DZ<br />

Ö ste rre ic h -<br />

U ngarn<br />

Italien<br />

1 8 7 9 6 G u ld e n 1 8 9 1 6 G u ld e n<br />

1 8 8 7<br />

12 F ra n k e n (S tä rk e in<br />

1 5 F ra n ken<br />

1 8 9 1<br />

K a rto n s) (S tä rk e in K a rto n s)<br />

1 8 9 0<br />

1 5 F ra n k e n (S tä rk e in<br />

K a rto n s)<br />

F ran kre ich 18 9 2<br />

1 4 F ran ken<br />

7 2 F ra n k e n (S tä rk e in<br />

K a rto n s)<br />

R ussland 1 8 9 1 1 ,7 5 R u b el 18 9 4 1 ,3 0 R u b el<br />

Schw eiz 18 9 2<br />

4 F ra n k e n (S tä rk e in<br />

K a rto n s)<br />

1 8 9 1 2 ,5 0 F ra n ken<br />

S p an ien 18 9 2 1 5 P e se ta s<br />

B /N L /G B<br />

z o llfre i<br />

Tabelle III. 2.7, Nettoschutz deutscher Reisstärke<br />

in Deutschland im Vergleich zum Ausland<br />

Land<br />

Ö sterreich-<br />

Ungarn<br />

Italien<br />

Frankreich<br />

Russland<br />

Spanien<br />

Geringerer Nettoschutz<br />

4 M ark (lose Stärke)<br />

9 M ark (Stärke in Kartons)<br />

7,4 0 M ark<br />

7,4 0 M ark<br />

14 M ark (lose Stärke)<br />

16 M ark (Stärke in Kartons)<br />

7 M ark (<strong>bis</strong> 1899)<br />

13 M ark (ab 1900)<br />

Diese Berechnungen deuten jedoch eine schlechtere<br />

wirtschaftliche Lage an, als sie tatsächlich<br />

bestand. Seit der größte deutsche Produzent,<br />

Hoffmann’s in Salzuflen, 1887 als Aktiengesellschaft<br />

firmierte, erzielte <strong>die</strong> Gesellschaft in jedem<br />

Jahr <strong>bis</strong> <strong>1914</strong> einen Überschuss. Von 1895<br />

<strong>bis</strong> 1913 konnten ohne Ausnahme immer 12 Prozent<br />

Dividende an <strong>die</strong> Aktionäre ausgeschüttet<br />

werden und im selben Zeitraum lag der Reingewinn<br />

nur einmal, 1908, bei weniger als 600.000<br />

Mark.^°® Mit zunehmender Bedeutung des deutschen<br />

Marktes kam es auch dort zu neuen Strategien,<br />

um <strong>die</strong> gute Geschäftsentwicklung trotz<br />

der vorhandenen Überkapazitäten nicht zu gefährden.<br />

Nachdem <strong>die</strong> Konvention von 1885 ins Leere<br />

gelaufen war, war der Zusammenschluss der<br />

Stärkefabrik E. Hoffmann & Co. KG mit der W.<br />

Rickmers & Co. KG, Stärkefabrik „Union“ Hannoversch<br />

Münden ein großer Schritt zur Reduzierung<br />

der Kapazitäten. Die beiden Gesellschaften<br />

gingen in der neuen Aktiengesellschaft Hoff-<br />

131


mann’s Stärkefabriken AG auf. Auch wenn <strong>die</strong><br />

Familie Hoffmann damit <strong>die</strong> Entscheidungshoheit<br />

für das Unternehmen verlor, zeigen der Name<br />

und <strong>die</strong> Kapitaleinlagen, dass <strong>die</strong> Salzuflener<br />

Fabrik ihre Marktführerschaft in Deutschland<br />

durch <strong>die</strong>se marktbereinigende Fusion ausbaute.<br />

Die neugegründete Aktiengesellschaft hatte ein<br />

Grundkapital von fünf Millionen Mark. Drei<br />

Millionen Mark brachte Hoffmann’s ein, eine<br />

Millionen Mark W. Rickmers & Co. und <strong>die</strong><br />

letzte Millionen das Bankhaus J. Schultze &<br />

Wolde, was Georg Wolde einen Sitz im Aufsichtsrat<br />

bescherte. Wie schnell der Einfluss der<br />

vorerst weiterbetriebenen Fabrik an der Weser<br />

zurückging, ist auch daran zu sehen, dass mit<br />

der Schließung des Betriebs in Hannoversch<br />

Münden das Kapital der Aktiengesellschaft nur<br />

um 0,7 Millionen Mark reduziert wurde, obwohl<br />

sie 1887, als sie noch voll produzierte, einen<br />

Wert von einer Million Mark dargestellt hatte.<br />

Neben <strong>die</strong>ser Fusion waren in erster Linie Marktabsprachen<br />

ein Instrument, mit denen <strong>die</strong> Stärkeproduzenten<br />

<strong>die</strong> Produktionsmengen zur Vermeidung<br />

eines Preiskampfes steuerten. Initiator<br />

und treibende Kraft <strong>die</strong>ser Absprachen war Leberecht<br />

Hoffmann, der inzwischen in dritter Generation<br />

der Familie in <strong>die</strong> Geschäftsführung der<br />

Fabrik in Salzuflen eingetreten war. 1893 gelang<br />

ihm der Abschluss einer Vereinbarung zwischen<br />

Hoffmann’s, Remy, Nielsen und der Osterholzer<br />

Fabrik, in der Absatzverhältnisse und Preise geregelt<br />

wurden. Zudem konnten durch Geldzahlungen<br />

zwei kleine norddeutsche Fabriken - vermutlich<br />

Lange & Lampe in Vegesack sowie<br />

Haartja in Elmshorn - zur Einstellung ihrer Stärkeproduktion<br />

gebracht werden. Mit den süddeutschen<br />

Produzenten gab es zugleich weitere Absprachen.D<br />

iese Absprachen firmierten als Verträge<br />

unter dem Titel der Vereinigten Reisstärke<br />

Fabriken, kurz V.R.St.F. Die V.R.St.F. verlängerten<br />

ihre Verträge 1897, 1904 sowie 1906 und<br />

sorgten so für Kontinuität auf einem Markt, der<br />

nach wie vor höhere Produktionskapazitäten besaß,<br />

als für <strong>die</strong> Befriedigung der Nachfrage nötig<br />

waren. Somit konnten <strong>die</strong> Preise künstlich stabilisiert<br />

und hochgehalten werden. Zudem gab<br />

es weiterhin Vereinbarungen mit der Firma Mack<br />

in Ulm, <strong>die</strong> der wichtigste süddeutsche Produzent<br />

gewesen zu sein schien. Heinrich Mack verpflichtete<br />

sich vertraglich, ein günstigeres Produktionsverfahren<br />

an <strong>die</strong> V.R.St.F. weiterzugeben<br />

und erhielt dafür eine einmalige Abfindung von<br />

15.000 Mark sowie über 7,5 Jahre eine Lizenzgebühr<br />

von 75 Pfennigen je 100 Kilogramm<br />

Reisstärke. Die Absprachen gingen zudem darum,<br />

dass <strong>die</strong> Firma Mack ihre Stärkeprodukte<br />

<strong>bis</strong> auf zwei bekannte Sorten nicht mehr selber<br />

herstellte, sondern sich verpflichtete, <strong>die</strong>se unter<br />

Vorgabe der Qualität und der Verpackung bei<br />

Hoffmann’s, Nielsen, der Firma Remy oder in<br />

Osterholz „ zum annähernden Selbstkostenpreis“<br />

zu erwerben.^" Es lässt sich anhand eines Briefes<br />

der Nachfahren Heinrich Macks an <strong>die</strong> V.R.St.F.<br />

von 1920 sogar nachvollziehen, dass auch nach<br />

dem Ersten Weltkrieg, als <strong>die</strong> Reisstärkeproduktion<br />

langsam wieder aufgenommen werden<br />

konnte, noch Marktabsprachen zwischen den<br />

nord- und den süddeutschen Produzenten bestanden.^'^<br />

Des Weiteren gab es 1906 eine Absatzregelung<br />

mit der Harburger Stärkefabrik des Harburger<br />

Industriellen Friedrich Thörl. 1911 ergab sich<br />

aus <strong>die</strong>ser langjährigen Absprache <strong>die</strong> Übernahme<br />

der Stärkefabrik durch <strong>die</strong> Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

AG. Letztgenannte erhöhte ihr Grundkapital<br />

durch <strong>die</strong> hinzugewonnene Fabrik um<br />

500.000 Mark auf 4,8 Millionen Mark und der<br />

Besitzer Friedrich Thörl wurde mit einem Aufsichtsratsmandat<br />

abgefunden.^'-’ Er war damit<br />

der erste Nicht-Bremer im Aufsichtsrat - auf<br />

Grund der Eigenheiten des Verarbeitungsrohstoffes<br />

dürfte er aber keine anderen Interessen<br />

als <strong>die</strong> an günstigen und weltweiten <strong>Reishandel</strong><br />

interessierten Bremer Aufsichtsratsmitglieder besessen<br />

haben.<br />

Einen Interessenkonflikt zwischen der Reis- und<br />

Handels AG, <strong>die</strong> von der Familie Rickmers dominiert<br />

war, also den Bremer Reisimporteuren<br />

und Reismüllern auf der einen Seite, und Leberecht<br />

Hoffmann als Geschäftsführer der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG auf der anderen Seite<br />

gab es nur einmal 1901. Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt<br />

132


wurde eine Zollvorlage diskutiert, nach der der<br />

Einfuhrzoll auf Reis bei 4 Mark je Doppelzentner<br />

verbleiben, der auf polierten Reis jedoch auf 6<br />

Mark je Doppelzentner erhöht werden sollte.<br />

Diese Debatte wurde in erster Linie zwischen<br />

den Mühlen der Reis- und Handels AG einerseits<br />

und Mühlen, <strong>die</strong> nicht dem Bremer Konzern angehörten,<br />

andererseits geführt. In der Konsequenz<br />

<strong>die</strong>ser Pläne fürchtete <strong>die</strong> Stärkefabrik jedoch,<br />

einem Diktat der Reis- und Handels AG<br />

bei den Preisen für Bruchreis zu unterliegen.<br />

Denn das letztgenannte Unternehmen hatte <strong>die</strong><br />

indischen Rcisvcrschiffer bereits zum Boykott<br />

der deutschen Reisstärkeindustrie aufgerafen.^'“*<br />

Auf Grund <strong>die</strong>ser Befürchtung wurde in Salzuflen<br />

eine eigene Reismühle eingerichtet, um von<br />

den Bremern unabhängig zu bleiben. Aber <strong>die</strong><br />

befürchtete Situation trat nie ein, und <strong>die</strong> Mühle<br />

in der Stärkefabrik musste nicht zur Wahrung<br />

der wirtschaftlichen Unabhängigkeit arbeiten.<br />

1911 wurde zudem <strong>die</strong> Deutsche Reisstärke-Verkaufs-Gesellschaft,<br />

kurz D.R.V.G., gegründet,<br />

ln <strong>die</strong>ser Gesellschaft verbanden sich <strong>die</strong> Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG mit den Reiswerken<br />

Osterholz und den Gebrüdern Nielsen, also den<br />

beiden Stärkeproduzenten im Verbund der von<br />

der Familie Rickmers geleiteten Reis- und Handels<br />

AG, zu einer Vereinigung, <strong>die</strong> das Inlandsgeschäft<br />

der Fabriken abwickelte. Die Gesellschaft<br />

mit beschränkter Haftung hatte ein Kapital<br />

von 100.000 Mark, das zu 77 Prozent von Hoffmann’s<br />

aufgebracht wurde. Sitz der Gesellschaft<br />

war dementsprechend auch Salzuflen. Die beteiligten<br />

Firmen verpflichteten sich. Stärke nur<br />

gemeinsam auf dem deutschen Markt zu verkaufen.<br />

Sollte einer der Unterzeichner dagegen<br />

verstoßen, sollte er 500.000 Mark Strafe bezahlen.<br />

Das Fünffache des Unternehmenskapitals<br />

als Strafbetrag einzusetzen sprach für <strong>die</strong> ernsthafte<br />

Absicht, den Vertrag unbedingt einhalten<br />

zu wollen. Bei kleineren Unregelmäßigkeiten<br />

sollten immerhin noch 11.000 Mark Strafe an<br />

<strong>die</strong> Mitgesellschafter gezahlt werden. Die Vertragsdauer<br />

wurde langfristig <strong>bis</strong> zum Jahr 1930<br />

festgelegt.^'^<br />

Herbert van der Borght sieht in den Verkaufspreisen<br />

für Stärke den Erfolg der Verkaufsgesellschaft<br />

und der Verträge zwischen Vereinigten<br />

Reisstärke Fabriken. Dabei stieg der Rohstoffpreis<br />

für unverzollten Bruchreis in Bremen von<br />

13,80 Mark 1896 auf einen Schnitt von 17,63<br />

Mark in den Jahren 1904—1913. Das machte immerhin<br />

eine Erhöhung der Einkaufspreise von<br />

fast 28 Prozent aus. Der Preis je Doppelzentner<br />

ist von 1892 <strong>bis</strong> 1912 aber um 3,20 Mark höher<br />

gewesen als zwischen 1883 und 1891 und stellte<br />

sich folgendermaßen dar.^‘®<br />

Tabelle III. 2.8, Verkaufspreise für Reisstärke 1887-<strong>1914</strong><br />

Zeitraum 1887-91 1892-96 1897-1900 1901-05 1906-10 1911-14<br />

Durchschnittspreise/<br />

DZ<br />

44 45 49 48 49 47<br />

Das Exportgeschäft, das auch im 20. Jahrhundert<br />

noch einen hohen Stellenwert für <strong>die</strong> Reisstärkeproduzenten<br />

hatte, wurde 1908 ebenfalls durch<br />

Vereinbarungen abgesichert. In Belgien, den Niederlanden<br />

und Großbritannien konnte Stärke ohne<br />

jede Zollbelastung eingeführt werden. Der<br />

britische Markt war besonders berechenbar, weil<br />

auf <strong>die</strong> Anregung eines englischen Produzenten<br />

Vertreter der Reisstärkeindustrien aus Frankreich,<br />

Belgien, Österreich-Ungarn und auch<br />

Deutschland zusammentrafen und <strong>die</strong> Einfuhr<br />

auf <strong>die</strong> Britischen Inseln regelten. Dieses sogenannte<br />

Starch-Agreement sowie weitere Absprachen<br />

zwischen den Firmen Joseph Colmann Limited,<br />

Reckitt & Sons Limited, Samuel Berger<br />

& Co., Hoffmann s, den Reiswerken Osterholz<br />

und Gebrüder Nielsen zeigen, dass <strong>die</strong> deutsche<br />

Reisstärkeindustrie nicht an nationale Grenzen<br />

133


gebunden war, sondern auf <strong>die</strong> Zwänge, aber<br />

auch <strong>die</strong> Möglichkeiten eines transnational vernetzten<br />

Wirtschaftsraumes einging. So hieß es<br />

in einem Brief vom 22. Juli 1908:<br />

“We, the undersigned five firms, viz.-Messrs.<br />

Hoffmann, Remy, Berger, Reckitt & Colman,<br />

agree that our average annual quantity, as determined<br />

under the recent Agreement, shall<br />

be in each case reduced by 30 tons, making a<br />

total of 150 tons, that amount to be added to<br />

the joint annual quantity of Messrs. Nielsen<br />

and Osterholz, and we sanction the Auditor<br />

to make the necessary adjustments to carry<br />

this out on production of this document.” ^'’<br />

Gewinner <strong>die</strong>ser Veränderung am Starch-Agreement<br />

waren <strong>die</strong> Stärkeproduzenten der Reis- und<br />

Handels AG. Die deutsche Reisstärkeindustrie<br />

war trotz einer starken Konkurrenzsituation im<br />

Inland und zunehmender Konkurrenz im europäischen<br />

Ausland bei der Wahrung ihrer wirtschaftlichen<br />

Interessen erfolgreich. Zuletzt wurde<br />

der Absatz der deutschen Reisstärke durch<br />

den Export nach Süd- und Mittelamerika gesichert.<br />

Wegen vorhandener Schutzzölle ging der<br />

Absatz in Uruguay, Chile und Argentinien zwar<br />

zurück, der Absatz in Brasilien konnte aber andererseits<br />

deutlich von 723 Doppelzentner 1900<br />

auf 2.422 Doppelzentner 1913 gesteigert werden.^'*<br />

3. Transportwesen<br />

Der Ausbau Bremens zu einem der weltweit<br />

wichtigsten Umschlag- und Verarbeitungsplätze<br />

für Reis hing eng mit der Infrastruktur zusammen.<br />

Neben den Überseerouten und den bremischen<br />

Reedereien, <strong>die</strong> es sich zur Aufgabe machten,<br />

Reis zu befördern, in erster Linie Rickmers,<br />

musste Bremen für <strong>die</strong> Schiffe auch gut und unkompliziert<br />

zu erreichen sein. Die Erreichbarkeit<br />

Bremens für seegängige Schiffe war jedoch stark<br />

eingeschränkt und wurde erst zwischen 1883<br />

und 1895 hergestellt.<br />

Die Weserkorrektion und der Bau eines neuen<br />

Hafens in Bremen<br />

Die Weserkorrektion und der Bau eines neuen<br />

Hafens hingen eng mit dem Dienstantritt des<br />

Oberbaudirektors Ludwig Franzius (1832-1902)<br />

in Bremen und den Verhandlungen über den<br />

Zollanschluss Bremens an das Zollgebiet des<br />

Deutschen Reiches zusammen. Ein möglicher<br />

Zollanschluss Bremens wurde in der Hansestadt<br />

kontrovers diskutiert. Industrie und Gewerbe votierten<br />

für den Zollanschluss, weil es den Absatz<br />

in das Umland deutlich erleichtert und eine vermehrte<br />

Industrieansiedlung beflügelt hätte. Überseekaufleute,<br />

Schiffbauer und Reeder profitierten<br />

davon, dass Bremen im Zollausland lag. Die<br />

letztgenannte Gruppe bildete den größten Teil<br />

des gehobenen Bürgertums in Bremen, und obwohl<br />

das Bürgertum keinen absoluten politischen<br />

Führungsanspruch mehr hatte, votierten <strong>die</strong> zuständige<br />

Deputation und <strong>die</strong> Bürgerschaft noch<br />

1880 gegen den Willen des Reichskanzlers Bismarck<br />

und den Zollanschluss.N achdem der<br />

Zollanschluss Hamburgs mit der Einrichtung eines<br />

großen Freihafengebiets 1882 per Gesetz für<br />

das Jahr 1888 beschlossen wurde, änderte sich<br />

<strong>die</strong> Lage in Bremen. Ende 1882 wurden in Berlin<br />

doch Gespräche über einen Zollanschluss aufgenommen.<br />

Bremen wünschte ein Freihafengebiet<br />

für <strong>die</strong> Industrieanlagen auf beiden Ufern<br />

weserabwärts der Stadt und für Bremerhaven.<br />

Die Reismühlen von Rickmers und Anton Nielsen<br />

am Neustädter Ufer sowie der Firma Gebrüder<br />

Nielsen vor dem Stephanitor sollten also<br />

weiterhin ohne Zollbelastung vor allem für den<br />

Export produzieren können. In Berlin war man<br />

Bremen auf Grund der früheren Ablehnung des<br />

Zollanschlusses nicht unbedingt positiv gesonnen<br />

und zu keinen allzu großen Zugeständnissen<br />

bereit. So hieß es, dass kein Zollausschlussgebiet<br />

gebraucht würde, da es ja gar keinen städtischen<br />

Seehafen gäbe. 1884 wurde Bremen für den Zollanschluss<br />

ein Freihafengebiet am rechten Ufer<br />

weserabwärts des Stephanitors und der Reismühle<br />

Gebrüder Nielsen durch <strong>die</strong> Bundesratsausschüsse<br />

genehmigt. Das Gebiet war jedoch


deutlich kleiner, als es Hamburg zugestanden<br />

wurde. 1885 lagen alle vorher begonnenen Pläne<br />

für einen städtischen Hafen vor. Das Deutsche<br />

Reich wollte sich mit maximal zwölf Millionen<br />

Mark an den Ausbauten, <strong>die</strong> insgesamt etwa 30<br />

Millionen Mark kosteten, beteiligen. Unter der<br />

Bezeichnung Freihafen I wurde im Sommer<br />

1888, kurz vor dem Zollanschluss im Oktober,<br />

der heutige Europahafen für Schiffe mit einem<br />

Tiefgang <strong>bis</strong> zu sechs Metern in Betrieb genommen.<br />

Die Korrektion und Vertiefung der Weser hing<br />

eng mit dem Zollanschluss und dem Hafenbau<br />

in Bremen zusammen. Denn was nutzte ein Hafen<br />

für Seeschiffe, wenn <strong>die</strong>se Bremen gar nicht<br />

erreichen konnten. Seit dem Mittelalter war <strong>die</strong><br />

Weser immer mehr versandet und trotz einiger<br />

Bemühungen dagegen gab es <strong>bis</strong> 1883 keine<br />

großen Erfolge. Der Wasserbaumeister Ludwig<br />

Franzius befasste sich nach seinem Dienstantritt<br />

in Bremen 1875 vornehmlich mit <strong>die</strong>sem Problem<br />

und legte 1881 einen Plan vor, der <strong>die</strong> Weser<br />

für Schiffe mit <strong>bis</strong> zu fünf Metern Tiefgang<br />

befahrbar machen sollte. Da sich Preußen und<br />

Oldenburg vorerst nicht an den Plänen beteiligen<br />

wollten, wurde von 1883 <strong>bis</strong> 1886 zuerst in Bremen<br />

<strong>die</strong> lange Bucht der Weser unterhalb der<br />

Stadt begradigt. Nach der Klärung der Finanzierung<br />

durch eine Schifffahrtsabgabe auf der<br />

Unterweser per Reichsgesetz wurde der Ausbau<br />

<strong>bis</strong> Bremerhaven 1887 begonnen. Schon 1891<br />

konnten wieder Schifte mit einem Tiefgang von<br />

4,50 Metern Bremen erreichen. Mit dem Abschluss<br />

der Weserkorrektion und der Vertiefung<br />

des Freihafens I auf acht Meter war Bremen zu<br />

einer modernen Hafenstadt geworden.^^”<br />

Mit der Weservertiefung verbesserte sich für <strong>die</strong><br />

bremischen Reismühlen <strong>die</strong> wasserseitige Verkehrsanbindung.<br />

Die Weser war zu einer richtigen<br />

Wasserstraße geworden und Schiffe konnten<br />

wirklich von Asien <strong>bis</strong> zu den städtischen Fabriken<br />

gelangen, ohne <strong>die</strong> gesamte Ladung schon<br />

vor Bremen in Leichter umladen zu müssen. Zugleich<br />

änderte sich ihre wirtschaftliche Lage aber<br />

durch den Zollanschluss zu ihren Ungunsten.<br />

Bisher waren der Rohstoff und das fertige Produkt<br />

nur zu verzollen gewesen, wenn sie ins<br />

Landesinnere abgesetzt wurden. Da der weitaus<br />

größere Teil der Produktion jedoch wieder exportiert<br />

wurde, war das nicht von Interesse. Eine<br />

Umsiedlung der Mühlenbetriebe war nicht möglich,<br />

da das Freihafengebiet einerseits nicht allzu<br />

groß war und andererseits <strong>die</strong> Ansiedlung von<br />

Exportindustrien darin nicht gestattet war. Damit<br />

zeichnete sich in der größten Blüte der bremischen<br />

Reisindustrie ein wirtschaftlicher Nachteil<br />

ab, der innerhalb weniger Jahre zu größeren<br />

Marktverschiebungen führen sollte.<br />

Die Gründung der DDG „Hansa“<br />

In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts<br />

hatte <strong>die</strong> Dampfschifffahrt ihre Experimentierphase<br />

längst beendet und Dampfer waren ein<br />

etabliertes, immer erschwinglicheres und vor allem<br />

zuverlässiges und schnelles Transportmittel<br />

geworden. Da <strong>die</strong> weltweiten Handelsströme rasant<br />

wuchsen, mangelte es auch nicht an der<br />

Nachfrage nach Transportkapazitäten. Bleibt<br />

man beim <strong>Reishandel</strong>, so sind <strong>die</strong> Exportzahlen<br />

an Reis aus Birma beeindruckend (s. Tabelle S.<br />

136).52'<br />

Diese riesigen Mengen an Reis mussten natürlich<br />

auch transportiert werden. Die Schiffe dafür änderten<br />

sich im Laufe der Jahre, und so wie <strong>die</strong><br />

Gesamtausfuhr wuchs, wurden auch immer größere<br />

Schiffe dafür eingesetzt:<br />

„Die Größenverhältnisse der Ausfuhrdampfer<br />

haben sich gleichfalls verändert, denn während<br />

vor einigen Jahren <strong>die</strong> größten Dampfer<br />

3.000 t fassten, hat man Jetzt Dampfer, welche<br />

5.000 t aufnehmen, ja <strong>die</strong> Verschiffung<br />

von 2.0001 <strong>bis</strong> 2.5001 Reis bietet oft Schwierigkeiten,<br />

wenn man nicht höhere Frachten<br />

zahlen will. Etwa 300.000 t wurden mit<br />

Dampfschiffen, 100.000 t mit Segelschiffen<br />

versandt.<br />

Allein <strong>die</strong> Menge der Ausfuhr belegt, dass es<br />

für <strong>die</strong> Rickmers Reederei trotz aller Konkurrenz<br />

im Frachtgeschäft mit Reis noch ausreichend<br />

Beschäftigung gab. Dennoch konnte man nicht<br />

unbekümmert in <strong>die</strong> Zukunft blicken, weil der<br />

135


Щ'Щ Tabelle Ш. 3.1, Reisexport aus Birma je Hafen und Gesamt 1880-1889<br />

^ -—-J/erschiffung aus<br />

Jahr ' — -------<br />

Akyab Rangun Bassein Moulmein Zusammen<br />

1880 158.200 341.500 140.500 17.600 657.800<br />

1881 117.800 412.500 162.400 45.100 738.200<br />

1882 152.800 436.000 161.800 30.400 781.000<br />

1883 165.600 370.200 154.200 42.300 732.300<br />

1884 87.400 363.500 117.800 37.000 605.700<br />

1885 103.490 351.380 177.890 45.060 677.820<br />

1886 181.420 313.170 156.290 47.500 635.380<br />

1887 164.000 346.300 118.40 48.400 677.100<br />

1888 139.200 315.700 92.200 42.000 589.100<br />

1889 75.000 404.200 137.800 45.600 662.600<br />

Anteil der Segelschiffe immer weiter zurückging.<br />

Zudem konnten <strong>die</strong> Schiffe von Rickmers auch<br />

nicht mit der Größe moderner Dampfer mithalten.<br />

Das größte Schiff der eigenen Reederei <strong>bis</strong><br />

1889 war das im selben Jahr von einer schottischen<br />

Werft kommende und in Dienst gestellte<br />

Viermastvollschiff P e t e r R ic k m e r s . Zwei weitere<br />

in Glasgow gekaufte Schiffe trugen knapp<br />

über 3.000 Tonnen, <strong>die</strong> auf der eigenen Werft<br />

gebauten hatten mit Ausnahme der R. C. R ic k ­<br />

m e r s (2.700 Tonnen) eine maximale Ladefähigkeit<br />

von 2.200 Tonnen. Damit gehörten <strong>die</strong> Schiffe<br />

von Rickmers zu den kleineren im asiatischen<br />

Reisgeschäft. Schiffe über 5.000 Tonnen Ladefähigkeit<br />

stellte <strong>die</strong> Rickmers-Reederei überhaupt<br />

nur zwei Mal in Dienst. Die 1892 in Fahrt<br />

gebrachte M a r ia R ic k m e r s konnte als Fünfmastbark<br />

mit Auxiliarantrieb 6.000 Tonnen tragen,<br />

verscholl aber auf ihrer ersten Fahrt von<br />

Asien nach Europa 1892 im Golf von Bengalen.<br />

Die 1906 in Dienst gestellte und auf der eigenen<br />

in Tonnen<br />

Werft gebaute zweite Fünfmastbark in der Geschichte<br />

von Rickmers, <strong>die</strong> R. C. R ic k m e r s ,<br />

konnte sogar 8.000 Tonnen tragen.^“<br />

Bremen hatte außer dem NDL keine bedeutende<br />

Dampfschiffsgesellschaft, was einige Bremer<br />

Kaufleute unter der Führung des bereits in der<br />

Weserschifffahrt engagierten Christoph Hellwig<br />

Papen<strong>die</strong>ck^^"* ändern wollten. Zwei Wochen<br />

nach der Ankündigung zur Gründung einer neuen<br />

Dampfergesellschaft wurde <strong>die</strong> Deutsche<br />

Dampfschifffahrts-Gesellschaft „Hansa“, kurz<br />

DDG „Hansa“, 1881 in Bremen gegründet. Die<br />

DDG „Hansa“ wollte drei Fahrtgebiete gleichzeitig<br />

be<strong>die</strong>nen. In der Ostseefahrt sollten Dampfer<br />

mit etwa 600 Bruttoregistertonnen fahren.<br />

1.000 <strong>bis</strong> 1.500 Bruttoregistertonnen sollten <strong>die</strong><br />

Schiffe in der Mittelmeerfahrt haben und in der<br />

großen Fahrt nach In<strong>die</strong>n und Asien sollten <strong>die</strong><br />

Dampfer um <strong>die</strong> 3.000 Bruttoregistertonnen groß<br />

sein und damit <strong>die</strong> Schiffe des NDL um mindestens<br />

800 Bruttoregistertonnen übertreffen.<br />

136


Andreas Rickmers gehörte zu den Gründern der<br />

DDG „Hansa“, er brachte seine Erfahrungen im<br />

Reedereigeschäft in der Fahrt nach Asien sowie<br />

im Transport von Reis in das neue Unternehmen<br />

ein, dessen stellvertretender Vorsitzender er wurde;<br />

„Bei der Gründung der neuen , Dampfschifffahrts-Gesellschaft<br />

Hansa* steht ihm in erster<br />

Linie der steigende Verkehrsbedarf des In<strong>die</strong>n-<strong>Reishandel</strong>s<br />

vor Augen. Rickmers weiß<br />

sehr wohl, daß <strong>die</strong> Tonnage seiner eigenen<br />

Reederei für <strong>die</strong> immer weiter anwachsende<br />

Reiszufuhr nach Deutschland - zumal in den<br />

Emte-Stoßzeiten - keineswegs ausreicht. Außerdem<br />

besitzt Rickmers <strong>bis</strong>lang nur Segelschiffe.<br />

Was noch völlig fehlt, sind leistungsfähige<br />

Frachtdampfer für den Reistransport.<br />

Die Statuten der Gesellschaft sahen ein Kapital<br />

von vier Millionen Mark vor. Sobald aber zwei<br />

Millionen Mark gezeichnet waren, wurde der<br />

Betrieb aufgenommen. Dabei kam Andreas<br />

Rickmers eine besondere Bedeutung zu, weil er<br />

<strong>die</strong> ersten drei Dampfer, <strong>die</strong> S t o l z e n f e l s , <strong>die</strong><br />

D r a c h e n fe ls und <strong>die</strong> E h r e n f e l s , auf englischen<br />

Werften aussuchte und kaufte. Die Dampfer waren<br />

zwischen 3.000 und 3.500 Bruttoregistertonnen<br />

groß, hatten moderne Verbund-Dampfmaschinen<br />

und sollten zehn Knoten schnell sein.<br />

Während <strong>die</strong> Rickmers-Werft unter der Leitung<br />

von Rickmer Glasen Rickmers immer noch hölzerne<br />

Segelschiffe baute, hatte Andreas Rickmers<br />

tiefe Einblicke in den Bau von stählernen Dampfern<br />

gewonnen und setzte solche Schiffe in Ergänzung<br />

seiner eigenen Segelschiffreederei auf<br />

der Route nach Hinterin<strong>die</strong>n und Asien in<br />

Fahrt.<br />

Wie es bereits <strong>die</strong> Segler der Rickmers-Reederei<br />

vor dem großen Aufschwung des <strong>Reishandel</strong>s<br />

gemacht hatten, fuhren <strong>die</strong> drei Dampfer bei<br />

ihrer ersten Fahrt im Januar 1882 Kohle nach<br />

Singapur und luden in Bassein als Rückfracht<br />

für Bremen Reis. Der <strong>Reishandel</strong> wurde zu einem<br />

der sicheren Geschäfte der DDG „Hansa“.<br />

Dass <strong>die</strong> Dampfschifffahrt zwischen Asien und<br />

Europa allerdings auch ihre Tücken hatte, zeigte<br />

sich auf dem Rückweg der E h r e n f e l s , <strong>die</strong> wegen<br />

des britisch-ägyptischen Konflikts von einem<br />

deutschen Kanonenboot Begleitschutz durch den<br />

Suezkanal erhalten musste. Außerhalb der Reiserntezelten<br />

war es für <strong>die</strong> Dampfer der DDG<br />

„Hansa“ schwierig, ausreichend lukrative Frachten<br />

zu finden. Daher wurde das Fahrtgebiet auch<br />

des Öfteren verlassen und <strong>die</strong> Schiffe in der<br />

Trampschifffahrt beschäftigt. Erst 1883 kam<br />

auch <strong>die</strong> Mittelmeer- und <strong>die</strong> Ostseefahrt in<br />

Gang. Von einem Linien<strong>die</strong>nst, wie er geplant<br />

war, war <strong>die</strong> DDG „Hansa“ aber noch ein ganzes<br />

Stück entfernt. Verschärft wurde <strong>die</strong> Situation<br />

durch den Untergang der S t o l z e n f e l s im Hafen<br />

von Saigon. Dort wurde wohl auch Reis geladen,<br />

als sie von einem englischen Dampfer gerammt<br />

wurde und sank. Regelmäßige und rentable Fahrten<br />

ins Mittelmeer gab es für den Transport von<br />

veredeltem Reis von Bremen nach Italien. Nach<br />

einer Zollerhöhung in Italien 1887 wurden <strong>die</strong>se<br />

Fahrten jedoch eingestellt. Zu einer Linienreederei<br />

wurde <strong>die</strong> DDG „Hansa“ erst, als sie neben<br />

der bestehenden Trampschifffahrt nach Asien eine<br />

eigenständige asiatische Linie gründete. Das<br />

nötige Kapital von drei Millionen Mark dafür<br />

brachte das Bankhaus J. Schultze & Wolde ein.<br />

Andreas Rickmers und der Bankier Georg Wolde<br />

hatten in der Stärkefabrik „Union“ in Hannoversch<br />

Münden bereits geschäftlich zusammengearbeitet<br />

und ein Unternehmen finanziert. Die<br />

„Asiatische Linie“ fuhr Häfen an der Ostküste<br />

In<strong>die</strong>ns an. Zugleich wurde <strong>die</strong> Trampschifffahrt<br />

zu den asiatischen Reishäfen sehr einträglich<br />

und <strong>die</strong> DDG „Hansa“ konnte beispielsweise<br />

1889 eine hohe Dividende von 16 Prozent ausschütten.<br />

1894 schließlich wurden <strong>die</strong> „Asiatische<br />

Linie“ und <strong>die</strong> weitere Schifffahrt der DDG<br />

„Hansa“ verschmolzen und nicht länger als zwei<br />

Geschäfte unter einem Firmendach betrieben.<br />

Der wichtige Reishafen Rangun wurde nun im<br />

Linienverkehr angelaufen. Der Transport von<br />

Reis war weiterhin eines der wichtigen und einträglichen<br />

Geschäftsfelder der Reederei. Andererseits<br />

zeigt sich <strong>die</strong> Bedeutung Bremens als<br />

Standort der reisverarbeitenden Industrie auch<br />

daran, dass <strong>die</strong> Rangun-Linie der Reederei eine<br />

137


der wenigen Linien war, <strong>die</strong> <strong>bis</strong> in <strong>die</strong> stadtbremischen<br />

Häfen fuhr.^^®<br />

Während <strong>die</strong> Rickmers-Werft mit technisch veralteten<br />

Anlagen noch immer Holzsegler baute,<br />

<strong>die</strong> kaum zu verkaufen waren und unter der Führung<br />

von Rickmer Glasen Rickmers familienintern<br />

keine Modernisierung der Werft durchzusetzen<br />

war, baute Andreas Rickmers den Anschluss<br />

Bremens an <strong>die</strong> Reishäfen in Birma mit<br />

modernen Dampfschiffen durch <strong>die</strong> DDG „Hansa“<br />

aus. Dieses Engagement in der Dampfschifffahrt<br />

war nicht zuletzt wichtig, weil es <strong>die</strong> Stellung<br />

der Rickmers’ im Bremer Reisgeschäft<br />

stärkte. Denn <strong>die</strong> Rickmers-Reederei war nicht<br />

das einzige Unternehmen, das <strong>die</strong> Aussichten<br />

im Reistransport erkannte. Zeitgleich mit der<br />

Gründung der DDG „Hansa“ stellte D. H. Wätjen<br />

& Co., eine der größten Reedereien der Welt<br />

und eigentlich auf Segelschiffreederei spezialisiert,<br />

zwischen 1882 und 1884 vier Frachtdampfer<br />

für <strong>die</strong> Reisfahrt zwischen In<strong>die</strong>n und Europa<br />

in Dienst.<br />

4. Reismarktberichte<br />

Berichte über den weltweiten <strong>Reishandel</strong><br />

Am weltweiten Handel mit Reis waren viele<br />

Leute beteiligt. Bauern, Zwischenhändler, Großhändler<br />

und Mühlenbesitzer in den Verschiffungshäfen.<br />

Reeder, zumindest für <strong>die</strong> Reistransporte<br />

nach Europa auch von dort kommend, und<br />

regionale Transportunternehmer, Reismakler,<br />

-müller, Großhändler, Reisstärkefabrikanten und<br />

zuletzt auch <strong>die</strong> Besitzer von Kolonialwarenläden<br />

beziehungsweise der Lebensmittelkleinhandel<br />

waren mittel- oder unmittelbar am globalen<br />

<strong>Reishandel</strong> beteiligt. Der Einfluss, den <strong>die</strong> Akteure<br />

auf den <strong>Reishandel</strong> nehmen konnten, war<br />

unterschiedlich groß, dennoch hatten alle ein Interesse<br />

daran, möglichst gut über Veränderungen<br />

am Markt informiert zu sein. Zur Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts, als Privatfirmen das wirtschaftliche<br />

Erbe der europäischen Ostin<strong>die</strong>n-Kompanien angetreten<br />

hatten, waren <strong>die</strong> Berichte der Kapitäne<br />

und besonders <strong>die</strong> Reisen der Kaufleute in <strong>die</strong><br />

jeweiligen Gebiete das Mittel, um einen guten<br />

Marktüberblick zu bekommen. Eine solche<br />

Eunktion hatten sowohl <strong>die</strong> Reisen der neu in<br />

das Stammhaus in Deutschland eintretenden Generation,<br />

wie zum Beispiel bei den Söhnen Rickmer<br />

Glasen Rickmers’, oder <strong>die</strong> Gründungen<br />

von Handelshäusern junger Kaufleute in Asien,<br />

bevor <strong>die</strong>se nach einigen Jahren in <strong>die</strong> Heimat<br />

zurückkehrten und von dort weiterhin im Überseehandel<br />

aktiv waren.<br />

Die Marktmechanismen veränderten und beschleunigten<br />

sich zwischen <strong>1850</strong> und 1880 deutlich.<br />

Da noch zur Jahrhundertmitte <strong>die</strong> Kommunikation<br />

zwischen Birma und Bremen nicht<br />

schneller war, als ein Segelschiff zur Überbrückung<br />

der Distanz benötigte, übertrug Rickmer<br />

Glasen Rickmers seinen Kapitänen umfassende<br />

Vollmachten. Mit zunehmend kürzeren Reisezeiten,<br />

einem verbesserten Postwesen und vor<br />

allem der Telegraphie änderte sich <strong>die</strong> Lage. Das<br />

Geschäft konnte auch aus Europa besser beeinflusst<br />

werden und je mehr Märkte auch in Asien<br />

einbezogen wurden, desto stärker war der <strong>Reishandel</strong><br />

dem Einfluss von Spekulanten ausgesetzt.<br />

Die räumliche Ausdehnung des Handels und <strong>die</strong><br />

Verdichtung der Informationsflüsse erhöhten <strong>die</strong><br />

Optionen der Akteure. Eine gute Kenntnis über<br />

den Reismarkt wurde zunehmend wichtiger.<br />

Nach einem kulturorientierten Ansatz zur Erklärung<br />

der Entstehung globaler Märkte wurden<br />

<strong>die</strong>se durch drei Faktoren begrenzt; politische<br />

Entscheidungen, Ethnie und Kultur sowie dem<br />

Informationsfluss.^^* Die britische Politik in Birma<br />

föfderte <strong>die</strong> Entwicklung zu einem bedeutenden<br />

Reisanbauland. Differenzen in Ethnie,<br />

Kultur und Religion waren für den <strong>Reishandel</strong><br />

kein Hindernis, da auch in Asien <strong>die</strong> Mühlenbesitzer<br />

und bedeutenden Einkäufer, von denen<br />

Zwischenhändler und Reisbauern abhingen. Europäer<br />

waren. Jede Eorm eines Marktberichtes<br />

stellte Kenntnisse zur Verfügung und beschleunigte<br />

den Informationsfluss. Somit waren Berichte<br />

über den Handel mit Reis, sei es über Emteaussichten,<br />

Transportkosten oder <strong>die</strong> Preise im<br />

Einkauf und Verkauf, ein Mittel zur Förderung<br />

und Erhaltung des weltweiten <strong>Reishandel</strong>s.


Daher gab es verschiedene Me<strong>die</strong>n, in denen periodisch<br />

über Belange des <strong>Reishandel</strong>s berichtet<br />

wurde. In London beispielsweise gab es wöchentliche<br />

Informationsschreiben, das Weekly<br />

Rice Circular, in der deutschen Müllerei-Fachzeitschrift<br />

„Die Mühle“ gab es regelmäßige Berichte<br />

über einzelne Reisanbaugebiete und Ernteaussichten<br />

und von verschiedenen Reismaklem<br />

wurden jährlich Preise, Berichte, Statistiken und<br />

Marktaussichten veröffentlicht. Die Angaben<br />

stammten von den Reisverschiffern in In<strong>die</strong>n<br />

und den Reismaklern, <strong>die</strong> Reis in Europa kauften<br />

und verkauften, ohne auf eigene Rechnung <strong>die</strong><br />

Spedition und Verarbeitung zu übernehmen. So<br />

konnten auch Außenstehende Informationen über<br />

den Markt einholen. Als Jahresberichte über den<br />

<strong>Reishandel</strong> veröffentlicht, waren <strong>die</strong>se Berichte<br />

eine Zusammenfassung der Marktentwicklung,<br />

ein statistisches Kompendium und auch ein wenig<br />

Werbung für den jeweiligen Herausgeber.<br />

Je mehr sich der <strong>Reishandel</strong> von einem geschlossenen<br />

Markt zwischen einzelnen Asienkaufleuten<br />

hin zu einem offenen Markt mit vielen Gesellschaften<br />

entwickelte, desto wichtiger wurden<br />

<strong>die</strong>se Informationsschreiben. Während bei einem<br />

Überseekaufmann mit wenigen Angestellten davon<br />

ausgegangen werden kann, dass er den<br />

Markt kannte, darf <strong>die</strong>ser Informationsstand bei<br />

einem Aktionär einer größeren Handelsgesellschaft<br />

nicht vorausgesetzt werden. Mit den<br />

Marktberichten konnten Aktionäre informiert<br />

und gebunden werden: “A common practice of<br />

nineteenth-century brokers was to keep clients<br />

informed by sending out monthly or weekly circulars<br />

listing securities deemed worthy of investment.”^^®<br />

Die Marktberichte sorgten für<br />

Transparenz und schafften Vertrauen, wodurch<br />

der Handel attraktiver wurde und sich für neue<br />

Kapitalgeber oder neue Unternehmen weiter öffnete.<br />

Nachfolgend werden vier Berichte und Statistiken<br />

vorgestellt, um sowohl <strong>die</strong> Berichte in ihren<br />

verschiedenen Formen als auch <strong>die</strong> Entwicklung<br />

des weltweiten <strong>Reishandel</strong>s von den 1860er <strong>bis</strong><br />

zu den 1890er Jahren nachzuzeichnen. Die in<br />

den Quellen gebotene Fülle an Statistiken kann<br />

leider nicht unkritisch summiert und in eine<br />

Chronologie gebracht werden. Einerseits decken<br />

sich <strong>die</strong> Untersuchungsräume der Statistiken<br />

nicht exakt, andererseits mangelt es an eindeutigen<br />

Mengenangaben. Bei Angaben von Tons<br />

wird nicht erläutert, ob es sich um metrische<br />

Tonnen oder englische long tons zu 1.016,047<br />

Kilogramm handelt. Da <strong>die</strong> Berichte auch auf<br />

Englisch erschienen, wäre <strong>die</strong>s denkbar und würde<br />

sich bei sechsstelligen Gewichtsmengen zu<br />

einem deutlichen Unterschied summieren. Darüber<br />

hinaus sind einzelne Angaben auch in Ballen<br />

oder Matten gemacht worden. Wichtige Entwicklungen<br />

zwischen 1868 und 1895 lassen sich<br />

trotz <strong>die</strong>ser Einschränkungen aus den verschiedenen<br />

Berichten nach verfolgen.<br />

Bericht über den Reismarkt 1875<br />

Die „Statistik des Gesammt-Reis-Handels von<br />

Huisken & Reuther“ wurde 1875 von den gleichnamigen<br />

Reismaklern in Bremen veröffentlicht.^^®<br />

Bericht und Statistiken, <strong>die</strong> sich hinter<br />

<strong>die</strong>sem Titel verbargen, waren frei zugänglich.<br />

Zudem wurde der Tatsache Rechnung getragen,<br />

dass das Reisgeschäft überwiegend mit englischen<br />

Verladern in Birma abgewickelt wurde<br />

und <strong>die</strong> europäische Konkurrenz in erster Linie<br />

in London und Liverpool ansässig war, indem<br />

der Bericht auch in englischer Sprache erhältlich<br />

war. Während der Bürozeiten von Huisken &<br />

Reuther war der Bericht für 4,50 Mark in deutscher<br />

und für 6 Mark in englischer Sprache erhältlich.<br />

Die zwei einleitenden Abschnitte des Berichts<br />

machen den Leser auf <strong>die</strong> Schwierigkeit, korrekte<br />

Zahlen über den weltweiten <strong>Reishandel</strong> zu<br />

generieren, aufmerksam. Die Zusammenstellung<br />

der Zahlen dauerte insgesamt drei Jahre. Über<br />

<strong>die</strong> Quellen derselben werden keine Angaben<br />

gemacht, vermutlich griffen <strong>die</strong> Autoren aber<br />

auf Angaben der Konsulate und besonders von<br />

Reishändlern und Reismüllem zurück. Probleme<br />

dabei gab es offenbar zur Genüge wegen „der<br />

mangelhaften Pflege der Statistik in verschiedenen<br />

Reisplätzen Europas“. Trotzdem gingen <strong>die</strong><br />

139


Autoren davon aus, zu verlässlichen Zahlen gelangt<br />

zu sein und sahen in der Menge der Zahlen<br />

eine Chance, „<strong>die</strong> Vergangenheit zu vergegenwärtigen,<br />

um vielleicht für <strong>die</strong> Zukunft Nutzen<br />

daraus zu ziehen“.<br />

An <strong>die</strong> kurze Einleitung schließen sich Beschreibungen<br />

des <strong>Reishandel</strong>s über insgesamt vier Folioseiten<br />

an. Der erste größere Abschnitt beinhaltete<br />

den Handel mit Birma;<br />

„[...] so werden wir uns auch erlauben Fragen<br />

von höherem Interesse, soweit sie den <strong>Reishandel</strong><br />

betreffen, in unserem Jahres-Report<br />

einer möglichst eingehenden Besprechung zu<br />

unterziehen.<br />

Hierzu bieten nun zunächst <strong>die</strong> grossen Veränderungen<br />

in dem Verkehr Burmahs mit<br />

Europa, welche in den letzten Jahren stattgefunden<br />

haben und <strong>die</strong> für das Europ. Geschäft<br />

von grosser Bedeutung geworden sind, nächste<br />

Veranlassung.“<br />

Diese Änderungen waren, so heißt es anschließend,<br />

folgendermaßen; Bis vor etwa zehn Jahren<br />

produzierten <strong>die</strong> europäischen Exporteure in Birma<br />

nur so viel Cargoreis, wie von den europäischen<br />

Importeuren nachgefragt wurde. Diese<br />

Praxis änderte sich dann jedoch und <strong>die</strong> Mühlen<br />

setzten nach der Befriedigung der Nachfrage <strong>die</strong><br />

Reisverarbeitung fort, um <strong>die</strong> größtmögliche<br />

Menge an vorpoliertem Reis in Europa abzusetzen.<br />

Damit verloren einzelne Handelshäuser und<br />

Reisimporteure ihre Bedeutung in Birma und<br />

seit Mitte der 1860er Jahre waren <strong>die</strong> europäischen<br />

Reismüller und Verlader in den asiatischen<br />

Verladehäfen entscheidend für <strong>die</strong> europäischen<br />

Märkte. Reis wurde nicht mehr nur auf Nachfrage<br />

für Europa produziert und verschifft, sondern<br />

auch darüber hinaus. Damit entstanden europäische<br />

Stapelplätze, „für welchen Zweck [<strong>bis</strong><br />

1875 zumindest] London jedenfalls am geeignetsten<br />

erkannt werden musste“.<br />

Die entscheidende Veränderung dabei war, dass<br />

„<strong>die</strong> seitherigen Grundsätze im Waarenhandel<br />

verdrängt und dafür der Charakter des Effectenspiels<br />

für das Reisgeschäft“ aufgenommen wurde.<br />

Bedeutsamer als <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> meisten<br />

europäischen Reismüller nun ihre Waren<br />

nicht mehr in Asien aufkauften, sondern in London<br />

oder Liverpool, war <strong>die</strong> Tatsache, dass auf<br />

Reis Wechsel ausgestellt wurden. Ein Rohstoffmarkt<br />

war entstanden, der nicht mehr nur der<br />

Nahrungsmittelversorgung <strong>die</strong>nte, sondern für<br />

Händler, Investoren und Spekulanten einen Anlagemarkt<br />

darstellte. Eine größere globale wirtschaftliche<br />

Integration, als sie auf einem Rohstoffmarkt<br />

entsteht, der asiatische Anbaugebiete,<br />

europäische Handelsplätze und amerikanische<br />

Absatzmärkte verband, ist kaum denkbar.<br />

Die britischen Reismüller in den Häfen Birmas,<br />

so der Abschnitt weiter, hatten ihren Stammsitz<br />

zumeist in London und schrieben den europäischen<br />

Importeuren vor, keine Reisladungen der<br />

aktuellen Ernte vor September und unter bestimmten<br />

Mindestpreisen aufzukaufen. Noch gab<br />

es dagegen keinen Widerspruch, wenn sich <strong>die</strong>ser<br />

einmal rege, werde es nur noch kurze Zeit dauern,<br />

<strong>bis</strong> <strong>die</strong> Allmacht der britischen Reisverlader<br />

bricht;<br />

„Denn es ist nicht zu bestreiten, dass <strong>die</strong> Verschiffungen<br />

nach Europa fortan jährlich im<br />

Durchschnitt 600,000 Tons betragen werde<br />

und dass annähernd <strong>die</strong> Hälfte <strong>die</strong>ses Quantums<br />

auf dem Continent Verwendung findet.<br />

[...]<br />

Die Notgwendigkeit einer Abänderung der<br />

jetzt für den <strong>Reishandel</strong> geltenden [Zustände]<br />

ist fast allseitig anerkannt und <strong>die</strong>serhalb darf<br />

erwartet werden, dass, da <strong>die</strong> <strong>die</strong>sseitigen Forderungen<br />

<strong>die</strong> Grenzen des Rechts und der<br />

Billigkeit nicht überschreiten, <strong>die</strong>selben über<br />

kurz oder lang entweder mit oder gegen den<br />

Willen der Londoner Interessenten zur Durchführung<br />

gelangen.“<br />

Diesem ausführlichen Abschnitt über den <strong>Reishandel</strong><br />

sind drei wichtige Erkenntnisse zu entnehmen.<br />

Zuerst bestätigen <strong>die</strong> Autoren, dass Birma<br />

das für Europa wichtigste Reisanbaugebiet<br />

war. Erst mit den immer größer werdenden Mengen<br />

an Reis wurde ein wirklicher Rohstoffmarkt<br />

geschaffen. Aus vereinzelter Nachfrage entstand<br />

ein in London beheimateter Reismarkt, der neben<br />

der Versorgung auch eine börsenartige Funktion<br />

für <strong>die</strong> beteiligten Spekulanten und Investoren


hatte. Zum Zweiten wird bestätigt, dass <strong>die</strong> Ursprünge<br />

der europäischen Reisverarbeitungsindustrie<br />

in England, besonders in London lagen.<br />

Daher dominierten <strong>die</strong> dort ansässigen Häuser<br />

auch das Geschäft. Die dritte Erkenntnis ist aber<br />

entscheidend für den weltweiten <strong>Reishandel</strong> in<br />

den kommenden Jahrzehnten. 1874 ging bereits<br />

<strong>die</strong> Hälfte des in Europa umgeschlagenen Reises,<br />

etwa 300.000 Tonnen, nach Kontinentaleuropa.<br />

Je offener der Reismarkt wurde, desto einfacher<br />

konnten auch nicht-britische Akteure und Standorte<br />

durch ihre Investitionen Einfluss nehmen.<br />

Und eben <strong>die</strong>se Entwicklung deutete sich an.<br />

1874 war <strong>die</strong> Familie Rickmers bereits Anteilseigner<br />

der Mühle Ichon & Rickmers und der<br />

Ausbau des Reisgeschäfts durch Rickmer Glasen<br />

und Andreas Rickmers in den folgenden Jahren<br />

entsprach genau der Vorhersage des Berichts von<br />

Huisken & Reuthen Denn <strong>die</strong> Rickmers Mühle<br />

kaufte, besonders wegen der eigenen Reederei,<br />

nicht in London den zu verarbeitenden Reis,<br />

sondern traf mit den Großmühlen in Birma Absprachen<br />

und deckte sich dort ein. Für <strong>die</strong> britischen<br />

Großfirmen machte es vorerst keinen Unterschied,<br />

ob sie ihre Ware in Rangun oder den<br />

anderen Häfen Birmas verkauften, doch mittelfristig<br />

nahmen sie London damit <strong>die</strong> Eigenschaft,<br />

wichtigster europäischer <strong>Reishandel</strong>splatz zu<br />

sein und beförderten den Aufstieg Bremens in<br />

eben <strong>die</strong>se Stellung.<br />

Die im Reismaklerbericht genannten Zahlen im<br />

Abschnitt über <strong>die</strong> Lage des europäischen Reismarktes<br />

zeigen, dass <strong>die</strong> europäische Reisindustrie<br />

gemeinsam eine zunehmend relevante Stellung<br />

im weltweiten <strong>Reishandel</strong> einnahm. Zwischen<br />

1868 und 1874 stieg der europäische<br />

Verbrauch an poliertem Reis von 292.900 Tonnen<br />

auf 330.000 Tonnen. Der Export der europäischen<br />

Mühlen stieg von 71.900 Tonnen auf<br />

110.600 Tonnen. Der Konsum steigerte sich um<br />

13 Prozent, während der Export um 54 Prozent<br />

angehoben wurde. Die Zahlen aus dem Geschäftsjahr<br />

1874 bestätigen zudem eindrucksvoll,<br />

dass Birma für den globalen <strong>Reishandel</strong> mit den<br />

dafür wichtigen Stapel- und Verarbeitung.splätzen<br />

in England und Deutschland der wichtigste Rohstofflieferant<br />

war. 1874 erreichten 589.790 Tonnen<br />

Reis auf 607 Schiffen Europa. Von <strong>die</strong>ser<br />

Menge kamen 475.824 Tonnen auf 412 Schiffen<br />

aus Birma. 68 Prozent der in Europa ankommenden<br />

Reisschiffe kamen aus den Häfen Birmas<br />

und hatten 81 Prozent der insgesamt einkommenden<br />

Reismenge geladen. 361 Schiffe<br />

mit insgesamt 349.374 Tonnen Reis erreichten<br />

England, während 246 Schiffe mit zusammen<br />

240.416 Tonnen Reis das europäische Festland<br />

ansteuerten.<br />

Der Abschnitt über das Geschäftsjahr 1874 zeigt<br />

wiederum zwei Dinge deutlich auf: Einerseits,<br />

wie stark der Reismarkt ein globaler Markt war<br />

und daher unabhängig von räumlichen Distanzen<br />

beeinflusst wurde und andererseits wiederum,<br />

dass der Reismarkt sich nicht allein zwischen<br />

den Bauern, den Industriellen und den Konsumenten<br />

regelte, sondern als Rohstoff- und Finanzmarkt<br />

auch von den Verhaltensweisen von<br />

Investoren und Spekulanten abhing. Im Oktober<br />

und November 1873 trafen in Europa Berichte<br />

über eine große Hungersnot in Bengalen ein.<br />

Daher gab es <strong>die</strong> Erwartung eines britischen<br />

Ausfuhrverbots in Birma, um mit dem dortigen<br />

Reis den Bedarf in Bengalen zu decken. Die<br />

Mindesterwartung war, dass wegen des Bedarfs<br />

in Bengalen <strong>die</strong> Verschiffungen nach Europa<br />

sehr klein sein würden. Tatsächlich war <strong>die</strong> Reisemte<br />

Birmas groß genug, so dass es in Europa<br />

keine Lieferschwierigkeiten gab. Die Spekulationen<br />

über Lieferengpässe führten zu höheren<br />

Notierungen auf <strong>die</strong> kommende Ernte in London.<br />

Der Preis für einen Ballen’^' Rohreis aus Birma<br />

lag im Januar bei <strong>bis</strong> zu 12 Schillinge 6 Pence.<br />

Mit den Nachrichten, <strong>die</strong> <strong>bis</strong> März eintrafen und<br />

keine ungewöhnlich niedrige Verschiffung anzeigten,<br />

fielen <strong>die</strong> Preise auf etwa 11 Schillinge.<br />

Ende April zeigte sich, dass mehr als 350.000<br />

Tonnen Reis in Birma für Europa verschifft waren<br />

und mit einer normalen Menge an einkommendem<br />

Reis zu rechnen war. Daraufhin fielen<br />

<strong>die</strong> Preise und als <strong>die</strong> Ladungen tatsächlich eintrafen,<br />

pendelten sich <strong>die</strong> Preise zwischen 8<br />

Schillinge 9 Pence und 9 Schillinge 9 Pence ein.<br />

Im Vergleich zu den Januarpreisen hatte <strong>die</strong><br />

141


Nachricht von der Hungersnot in Bengalen und<br />

das daraufhin einsetzende Verhalten von Spekulanten<br />

zwischenzeitlich zu einem Preis geführt,<br />

der immerhin um 50 Prozent höher lag als der<br />

schließlich erzielte Preis. In <strong>die</strong>sem Fall haben<br />

sich <strong>die</strong> Käufer der ab Mai in London ankommenden<br />

Ernte verspekuliert und keinen geschäftlichen<br />

Gewinn erzielen können. Die Reismüller<br />

wiederum mussten sich gut überlegen, wann sie<br />

ihren Bedarf an Reis deckten;<br />

„Die Müller des Continents, welche <strong>bis</strong> dahin<br />

dem Spiele der Londoner Börse in abwartender<br />

Stellung zugesehen hatten, traten nun auch<br />

im Juni, wo <strong>die</strong> Preise für Rangoon auf ca. 9s<br />

zurückgegangen waren, als Käufer auf und<br />

sicherten sich ihren Bedarf. Von Juni <strong>bis</strong> Anfang<br />

December wurde denn in London nur<br />

noch für Müllers Rechnung gehandelt und<br />

bewegten <strong>die</strong> Preise sich in <strong>die</strong>ser Zeit zwischen<br />

8s lOVid und 9s 9d für Rangoon [...].<br />

Die grossen Erwartungen, welche an das<br />

Elend Bengalens geknüpft worden, sind somit<br />

hauptsächlich auf Kosten der Spekulanten,<br />

für <strong>die</strong> Ablader in Erfüllung gegangen, da <strong>die</strong><br />

Müller des Continents den Verlockungen der<br />

Hausse widerstanden und sich zufrieden gaben<br />

mit dem Nutzen den <strong>die</strong> steigende Tendenz<br />

für poiirte Waare aus den Vorräthen des<br />

1873r Imports ihnen zuführte.<br />

[...] so muss man doch hieraus immer mehr<br />

<strong>die</strong> Ueberzeugung gewinnen, dass der auf den<br />

wirklichen Verbrauch basirende Import auch<br />

in Zukunft schwerlich einen besseren Erfolg<br />

haben wird, denn <strong>die</strong> fast jeder Vorsicht spottenden<br />

Unternehmungen der Londoner Speculanten<br />

lassen durchweg eine solide Operation<br />

von der Hand überall nicht mehr zu.“<br />

Die folgenden Abschnitte des Reismaklerberichts<br />

von Huisken & Reuther sind kürzeren Meldungen<br />

über europäische Handelsplätze gewidmet<br />

worden. Aus London konnten nennenswerte<br />

Mengen polierten Reises nach Europa abgesetzt<br />

werden. Die größten Mengen außerhalb Englands<br />

wurden mit 32.000 Ballen nach Stettin,<br />

34.000 Ballen nach Odessa, 27.500 Ballen nach<br />

Danzig und 15.000 Ballen nach St. Petersburg<br />

versandt. „Dem Londoner Versandgeschäfte wurde<br />

es durch den Verlauf der Preise für rohe Waare<br />

möglich gemacht, in polirten Reissorten den<br />

Continentalmärkten namentlich an der Ostsee<br />

eine empfindliche Concurrenz zu machen.“ Für<br />

Liverpool galt Ende 1874, dass „<strong>die</strong> grossartigen<br />

Einrichtungen der hiesigen Mühlenetablissements<br />

f...] Liverpool auch in dem abgelaufenen<br />

Geschäftsjahre den ersten Platz unter den einzelnen<br />

Europ. Märkten [...] behaupten“ ließen.<br />

Von insgesamt 173.269 Tonnen importiertem<br />

Rohreis wurden 133.000 Tonnen veredelten Reises<br />

wieder exportiert, davon 60.000 Tonnen nach<br />

Europa und 73.000 Tonnen nach Übersee. Die<br />

Verkehrsanbindung war einer der Vorteile Liverpools:<br />

„Die verschiedenen Dampferlinien, welche<br />

von hier aus unterhalten werden, sichern<br />

Liverpool auch in Zukunft den ersten Rang unter<br />

den Exportplätzen für Reis in Europa.“<br />

Bremen importierte 1874 mit 93.128 Tonnen<br />

Reis nur 54 Prozent der in Liverpool einkommenden<br />

Reismenge. Bis auf 6.000 Tonnen wurde<br />

der Reis nur aus Birma bezogen. Für den Absatz<br />

an veredelter Ware spielte <strong>die</strong> Verkehrsinfrastruktur<br />

eine wichtige Rolle.<br />

„Der Stützpunkt unseres Reisgeschäfts liegt in<br />

dem Europ. Consum und da ist es eine erfreuliche<br />

Thatsache zu constatiren, dass unser Markt<br />

sowohl in Deutschland als in Oesterreich auch<br />

in dem abgelaufenen Jahre <strong>die</strong> dominierende<br />

Stellung behauptete; sobald wir durch weitere<br />

Schienenwege dem Süden Deutschlands nähet<br />

gerückt sein werden, wo bekanntlich sehr viel<br />

Reis consumirt wird, dürfte sich für unseren<br />

Platz ein weiteres Absatzgebiet erschliessen.<br />

Einstweilig werden <strong>die</strong>se Gegenden noch durch<br />

Holland und Belgien versorgt [...J. Da nun aber<br />

ein directer Schienenstrang nach dem Oberrhein<br />

für Bremens Handel von grosser Bedeutung ist,<br />

so darf wohl <strong>die</strong> Hoffnung gehegt werden, dass<br />

[...] <strong>die</strong> Abkürzung Bremen Marburg [...] nicht<br />

lange mehr Gegenstand frommer Wünsche bleiben<br />

wird.“<br />

Die Hamburger Mühlen” ^ hatten sich <strong>bis</strong> 1875<br />

eine kleine Marktnische eingerichtet und vornehmlich<br />

Reis verkauft, der besonders edel und<br />

142<br />

- - W - T r


gut verarbeitet war. Daher konnten sie höhere<br />

Preise in den Verschiffungshäfen zahlen als <strong>die</strong><br />

Londoner Importeure, erhielten bessere Ware<br />

und kauften daher nur wenig ihres Rohstoffes<br />

auf dem Londoner Reismarkt ein. Als besonders<br />

hochwertig galt Java-Reis. Das spiegelte sich<br />

auch in den Preisen wider. Für Reis aus Birma<br />

wurden je nach Ladung zwischen 9 Mark und<br />

13 Mark gezahlt. Der Verkauf des verarbeiteten<br />

Reises brachte den Müllern um <strong>die</strong> 18 Mark je<br />

Ballen. Die 7.000 Ballen direkt aus den holländischen<br />

Kolonialgebieten importierten Java-Reises<br />

kosteten im Vergleich dazu schon im Einkauf<br />

der Rohware 29 Mark. Dieses Hochpreissegment<br />

machte aber nur einen kleineren Teil des Hamburger<br />

Handels aus. Verdeutlicht wird <strong>die</strong>s durch<br />

<strong>die</strong> bestehenden Lager an Reis Ende 1874. Neben<br />

171.000 Ballen verschiedener Sorten Reis<br />

aus Birma und kleiner Mengen aus Saigon, Japan<br />

und Italien lagerten gerade einmal 3.500 Ballen<br />

Java-Reis in der Hansestadt.<br />

In Belgien war Antwerpen der einzige Handelsund<br />

Verarbeitungsplatz von Bedeutung. Besonders<br />

Akyab-Reis wurde dort qualitativ hochwertig<br />

verarbeitet und nach Holland, Frankreich sowie<br />

Deutschland abgesetzt. „In Betreff der Preise<br />

für rohe Waare soweit daselbst noch Importationen<br />

für den dortigen Markt stattñnden, ist das<br />

Verhalten der Londoner Börse massgebend.“ Die<br />

„übrigen Plätze Europas“ fanden in dem Bericht<br />

der Bremer Reismakler keine weitere Beachtung,<br />

da sie sich ausschließlich auf den Konsum stützten,<br />

also nicht nennenswert selber in Asien oder<br />

in London Rohreis kauften, sondern ausschließlich<br />

für <strong>die</strong> Nachfrage ihres Absatzgebietes produzierten.<br />

Abschließend ist dem Bericht der Bremer Reismakler<br />

ein Abschnitt über <strong>die</strong> Aussichten des<br />

europäischen Reisgeschäfts angefügt worden.<br />

Darin heißt es, dass von einer weiteren Steigerung<br />

der Importe aus Birma auszugehen ist. Die<br />

Verschiffer in Asien und Händler in Europa zielten<br />

mit der vermeintlichen Gefahr von Hungersnöten<br />

in Asien und angeblichem Mangel an<br />

Schiffsräumen für den Transport nach Europa<br />

darauf ab, <strong>die</strong> Preise trotz großer Importmengen<br />

hoch zu halten. Daher kamen Huisken & Reuther<br />

im Februar 1875 trotz der guten Entwicklung<br />

des Reisgeschäfts in Europa zu der Aussage,<br />

„dass das Reis-Importgeschäft mithin auf einer<br />

gesunden Grundlage ruht [sei] vernünftiger Weise<br />

nicht zu behaupten“.<br />

Dem vierseitigen Bericht des Bremer Maklerbüros<br />

wurde ein 19-seitiger statistischer Anhang<br />

beigefügt. Eine Zusammenstellung der wichtigsten<br />

Fakten ist am Ende <strong>die</strong>ses Kapitels angeführt.<br />

Wie positiv sich der bremische <strong>Reishandel</strong> ab<br />

der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte, obwohl<br />

in Bremen nur vier der insgesamt 64 Reismühlen,<br />

<strong>die</strong> es 1875 in Europa gab, standen, soll<br />

hier bereits aufgezeigt werden. Von 1844 <strong>bis</strong><br />

1874 stieg der Import von Reis in Bremen um<br />

mehr als das 23-Fache an. Und obwohl <strong>die</strong> Zahl<br />

der in Bremen ansässigen Reismühlen nicht<br />

stieg, machte <strong>die</strong> dortige Reisindustrie Bremen<br />

in den kommenden zwölf Jahren zum größten<br />

europäischen und einem der bedeutendsten Reisplätze<br />

weltweit.^^^<br />

Tabelle III. 4.1, Import von Rohreis, Produktion<br />

von poliertem Reis und Export von poliertem<br />

Reis in Bremen 1844-1874<br />

Jahr<br />

Import Rohreis<br />

Produktion<br />

polierter Reis<br />

Export polierter<br />

Reb<br />

1844 3 .9 0 0 3 .1 0 0 2 .5 0 0<br />

1845 3 .9 0 0 2 .9 0 0 3 .5 0 0<br />

1847 6 .0 0 0 4 .5 0 0 5 .3 0 0<br />

<strong>1850</strong> 4 .9 0 0 4 .0 0 0 4 .0 0 0<br />

1853 5 .9 0 0 4 .8 0 0 1 0 .9 0 0<br />

1856 3 1 .4 0 0 2 5 .0 0 0 1 8 .3 0 0<br />

1859 2 9 .3 0 0 2 3 .5 0 0 1 7 .6 0 0<br />

1862 3 9 .1 0 0 3 1 .3 0 0 3 0 .0 0 0<br />

1865 4 2 .3 0 0 3 3 .9 0 0 2 9 .2 0 0<br />

1868 7 7 .7 0 0 6 2 .5 0 0 5 6 .7 0 0<br />

1871 7 3 .3 0 0 5 8 .7 0 0 5 2 .0 0 0<br />

1874 9 0 .0 0 0 72.0 0 0 6 5 .0 0 0<br />

143


Bericht über den Reismarkt 1882<br />

Eine andere Aufmachung als der Bericht von<br />

Huisken Sc Reuther 1875 hatte das „Statistische<br />

Handbuch für den Artikel Reis“ der Bremer Reismakler<br />

Hermann Greve und Wilhelm Gerecke<br />

1882.^^'* Wie der Name schon verrät, war es ein<br />

ausschließlich statistisches Kompendium. Einen<br />

Teil ihrer Zahlen haben Grave und Gerecke den<br />

Depeschen J. & G. Bulloch & Co., London sowie<br />

dem Weekly Rice Circular entnommen. Bulloch<br />

& Co. waren einer der größten britischen Reisverlader<br />

in den Häfen Birmas. Die Statistiken<br />

von 1882 waren mit Zahlen direkt von den wichtigsten<br />

Reisplätzen ln Asien und Europa unterlegt,<br />

was in der Rückschau leider <strong>die</strong> bekannten<br />

statistischen Schwierigkeiten in den Maßeinheiten<br />

nicht auflöst, aber für eine fun<strong>die</strong>rte Recherche<br />

der Herausgeber spricht. Im Folgenden soll<br />

eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten<br />

aus den Statistiken ablesbaren Entwicklungen,<br />

besonders im Zeitraum der fünf Jahre von 1877<br />

<strong>bis</strong> 1881, gegeben werden.<br />

Die gesamten Verschiffungen von Reis nach<br />

Europa aus indischen und asiatischen Häfen sowie<br />

aus Japan steigerten sich von 1877 <strong>bis</strong> 1881<br />

kontinuierlich. 1877 wurden für Europa 608.696<br />

Tonnen Reis und 1881 bereits 854.159 Tonnen<br />

verladen. Der Hafen mit der größten Verladung<br />

von Reis für Europa war immer Rangun. Es folgten<br />

Bassein und Akyab - wo nur 1880 einmalig<br />

mehr Reis verschifft wurde als in Bassein. An<br />

vierter Stelle der Verschiffung lag der Hafen von<br />

Moulmein. Kalkutta, 1880 und 1881, sowie<br />

Bangkok, 1879 und 1880, waren <strong>die</strong> einzigen<br />

Häfen, deren Reismengen für Europa in einzelnen<br />

Jahren größer waren als <strong>die</strong> Moulmeins. Damit<br />

bestätigt sich, dass Birma das mit Abstand<br />

wichtigste Reiserzeugungsland für Europa - und<br />

durch den europäischen Umschlag auch weltweit<br />

- war. Allein aus Rangun kamen in <strong>die</strong>sem Zeitraum<br />

jährlich zwischen 43 und 53 Prozent des<br />

in Europa abgeladenen Reises.<br />

Ebenso kontinuierlich wie <strong>die</strong> Verladungen in<br />

den Häfen der Reisländer stiegen <strong>die</strong> Ankünfte<br />

von Reis in Europa an. Waren es 1877 noch<br />

571.199 Tonnen, erreichten <strong>die</strong> Ankünfte 1881<br />

immerhin 903.393 Tonnen Reis. Die Standorte<br />

der englischen Reisindustrie, London und Liverpool,<br />

hatten in den fünf betrachteten Jahren immer<br />

<strong>die</strong> größten einkommenden Mengen. Nur<br />

1880 hatte dabei London den Spitzenplatz inne.<br />

An dritter Stelle kam zumeist Bremen. 1879 erreichte<br />

Holland, das sonst immer an vierter Stelle<br />

rangierte, den dritten Platz. Der Anteil Bremens<br />

an den europäischen Ankünften von Reis wuchs<br />

von 12 Prozent 1877 über 15 Prozent, 14 Prozent<br />

und 19 Prozent auf 20 Prozent 1881 an. Innerhalb<br />

von fünf Jahren vergrößerte Bremen seinen<br />

Anteil als Reishafen im europäischen Geschäft<br />

um über ein Viertel auf ein Fünftel des Gesamtmarktes.<br />

Der Marktanteil Liverpools sank zwischen<br />

1877 und 1881 von 35 auf 26 Prozent,<br />

der Londons von 23 auf 20 Prozent.^^®<br />

In Birma wurde der Reis im Betrachtungszeitraum<br />

auf Segler und Dampfer verladen. Der Anteil<br />

des auf Dampfer geladenen Reises stieg deutlich<br />

an. 1877 wurde mit knapp über 100.000<br />

Tonnen genau ein Fünftel der Waren auf Dampfer<br />

geladen. 1878 war es ein Viertel der Gesamtmenge,<br />

1879 waren es 30 Prozent, 1880 zwei<br />

Fünftel und 1881 immerhin schon 48 Prozent<br />

des Reises, der auf Dampfern verschifft wurde.<br />

Betrachtet man <strong>die</strong> Ankünfte Bremens, so kam<br />

nur 1881 mehr Reis auf Dampfern als auf Seglern<br />

in den Häfen an der Weser an. Die Anteile<br />

der Ankünfte auf Dampfern in Bremen steigerten<br />

sich von 1.799 Tonnen 1877, was 3 Prozent ausmachte,<br />

über 18 Prozent, 14 Prozent und 35 Prozent<br />

auf 83.932 Tonnen und 51 Prozent in 1881.<br />

Diese Tendenz galt auch für alle Häfen Europas,<br />

in denen Reis ankam. Für alle Häfen machten<br />

<strong>die</strong> Ankünfte per Dampfer 1877 nur ein Fünftel<br />

aus, 1881 war es mit 47 Prozent schon fast <strong>die</strong><br />

Hälfte.^^^<br />

Die Ein- und Ausfuhr Bremens an rohem und<br />

verarbeitetem Reis ist der Statistik von 1882 zu<br />

entnehmen. Da <strong>die</strong> angebotenen Zahlen in <strong>die</strong>sem<br />

Fall zehn Jahre zurückreichen, kann hierbei<br />

an <strong>die</strong> Tabelle über den Import und Export zwischen<br />

1844 und 1874 im vorherigen Abschnitt<br />

angeschlossen werden.


s Mastiger Segler - Dampfer „Maria Riekmers“<br />

3860 T om Register, Linge 376 Fuss, 48 Foss breit und 26 Fuss tief engi.<br />

Fa-hpostkarte des 1892 in Glasgow angekauften Fünfmast-Auxiliarseglers M a r ia R ic k m e r s.<br />

Noch bei der Jungfernreise verscholl das Schijf mit einer Ladung Reis auf dem Weg<br />

von Saigon nach Bremerhaven (Rickmers-Familienarchiv).


Andreas Ciasen Rickmers (]835-1924), Vorstand der Rickmers Reismühlen, Rhederei und<br />

Schiffl>au AG und 1901 Gründer und Vorsitzender des Aufsichtsrats der Reis- und Handels AG.<br />

Besonders im Reisgeschäft führte er das Geschäft des Vaters fort und baute es deutlich aus<br />

(Rickmers-Familienarchiv).<br />

III


Wilhelm Heinrich Rickmers (1844-1891), genannt Willy, war der jüngste Sohn von<br />

Rickmer Ciasen Rickmers. Er war haftender Gesellschafter der Stärkefabrik „ Union ‘<br />

in Hannoversch Münden. 1887 war Wilhelm Rickmers für ein halbes Jahr<br />

Aufsichtsratsmitglied bei der Hojfmann ’s Stärkefabriken AG<br />

(Stadtarchiv Bad Salzuflen, H 11487).


Die SmmíE TABRlKbei SAIZIIFLEK<br />

( X I P P E » E i ’H O LT))<br />

ßtxnc \fihxiitht<br />

Die <strong>1850</strong> gegründete Stärkefabrik bei Salzuflen in einer frühen Ansicht (vor 1869).<br />

Nach mehreren Bränden mit folgenden Neuaufbauten und Erweiterung wurde <strong>die</strong> Fabrik<br />

in Salzuflen nach 1880 zum größten europäischen Stärkeproduzenten.<br />

Um 1900 beschäftigte <strong>die</strong> Hoffmann’s Stärkefabriken AG circa 1.200 Mitarbeiter<br />

(Stadtarchiv Bad Salzuflen, H V 1).<br />

VII


l v<br />

Leherecht Fürchtegott Hoffmann (1827—1895), ältester Sohn des Gründers der Stärkefabrik<br />

bei Salzuflen, war Teilhaber eines Bremer Handelshauses. Mit seinen Kontakten zu<br />

Bremer Kaufleuten und Bankiers trug er besonders in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zw<br />

erfolgreichen Entwicklung der Stärkefabrik bei.<br />

(Stadtarchiv Bad Salzuflen, H 11487).<br />

V III


Eduard Hoffmann (1832-1894) übernahm nach dem Tod seines Vaters mit nur 20 Jahren<br />

<strong>die</strong> Leitung der Stärkefabrik. Er entwickelte <strong>die</strong> Hoffmann ’s Stärkefabriken AG<br />

zu einem Großbetrieb mit europäischer Spitzenstellung.<br />

Die Einführung der Katze als Markenzeichen und <strong>die</strong> Einrichtung betrieblicher<br />

Sozialleistungen wie Kranken- und Rentenkassen gehen auf ihn zurück<br />

(Stadtarchiv Bad Salzuflen, H I I 302).<br />

IX


▲. MAmxW ALD * OO.. Î M .<br />

Ш Nitk. -U C IHk UKiin<br />

Markwald & Co., 1884 gegründet, gehörte zu den bedeutendsten reisverarbeitenden Fabriken<br />

in Bangkok. Sie war <strong>die</strong> einzige europäische Reisfabrik in Siam. 1894 kaufte <strong>die</strong> Rickmers AG<br />

das Unternehmen und modernisierte es mit neuen Kessel- und Schäleinrichtungen.<br />

Zur besseren Verwertung des Reises wurde zudem <strong>die</strong> Stärkeproduktion aufgenommen<br />

( Rickmers-Familienarchiv ).


л. -■<br />

ReisdampfmühleE Von R. С. Rickmers in Bremen.<br />

187'^ beteiligte sich Rickmer Ciasen Rickmers an der Reismühle von Louis Ichon und übernahm<br />

<strong>die</strong>se 1878 vollständig. Unter der Leitung von Andreas Rickmers wurde sie zu einer der größten<br />

Reismühlen weltweit. 1901 ging <strong>die</strong> Rickmers-Reismühie in den Besitz der Reis- und Handels AG<br />

über, <strong>die</strong> endlich 1963 von der Kellogg Deutschland GmbH übernommen wurde<br />

(Rickmers-Familienarchiv).<br />

XI


- ■<br />

T'----." s t *<br />

Ansicht des Reismühlenhofs in Flensburg von 1925. Am linken Bildrand ist noch ein<br />

mehrgeschossiges Lagerhaus zu sehen. Die Flensburger Mühle war 1833 <strong>die</strong> erste<br />

dampf getriebene Reismühle Deutschlands. Die Familie Kallsen übernahm <strong>die</strong> Mühle 1858<br />

und übertrug den Betrieb 1901 in <strong>die</strong> Reis- und Handels AG.<br />

1908 wurde <strong>die</strong> Produktion eingestellt<br />

(Arkivet ved Dan.sk Centralbibliotek for Sydslesvig).


Gemälde der Firma Gebrüder Nielsen 1837. Die Brüder Anton und Carl Friedrich Nielsen<br />

kauft i eine Kalkbrennerei und schlossen <strong>die</strong>ser 1837 eine Zementmühle an. 1841 unternahmen<br />

sie bereits erste Versuche, Reis zu schälen. 1862 wurde <strong>die</strong> Reisverarbeitung aufgenommen und<br />

zum wichtigsten Geschäftsfeld. Die Reismühle Gebrüder Nielsen war eine der größten Reismühlen<br />

in Europa und ihre Produkte wurden auf Handels- und Industrieausstellungen prämiert<br />

(Staatsarchiv Bremen, 10,B-AL-186-Bd. 2).<br />

X III


In dem Speicher der Firma Gebrüder Nielsen sackweise gelagerter Reis.<br />

Undatierte Aufnahme, vermutlich spätes 19. oder frühes 20. Jahrhundert<br />

(Staatsarchiv Bremen, 10,B-AL-186-Bd. 2,03).


Foto der Firma Gebrüder Nielsen von 1863. Der neu gebaute, noch eingerüstete Speichei ..eigt,<br />

dass der Betrieb mit der Aufnahme der Reismüllerei im Vorjahr auch räumlich stark wuchs<br />

(Staatsarchiv Bremen, 10,B-AL-186-Bd. 2,02).<br />

Das Bauschild Nr. 122 stammt von der Viermastbark FIe r z o g in C e c il ie,<br />

Segelschulschiff des Norddeutschen Lloyd<br />

(Foto: Alands Sjöfartsmuseum, Mariehamn).


Tabelle III. 4.2, Import von Rohreis, Produktion<br />

von poliertem Reis und Export von poliertem<br />

Reis in Bremen 1874-1881<br />

Jahr import Rohreis Export polierter Reis<br />

1874 91.091 65.021<br />

1875 78.366 59.906<br />

1876 68.148 63.373<br />

1877 64.237 60.155<br />

1878 87.554 62.046<br />

1879 93.313 79.917<br />

1880 156.453 105.072<br />

1881 186.643 117.370<br />

in To n n e n<br />

Der Export von poliertem Reis verdoppelte sich<br />

von 1874 <strong>bis</strong> 1881 fast auf 117.370 Tonnen. Im<br />

Vergleich dazu ist aus den Statistiken zu sehen,<br />

dass der zusammengefasste Export aus London<br />

und Liverpool kaum wuchs beziehungsweise sogar<br />

rückläufig war. Der geringste Reisexport im<br />

Jahrzehnt von 1872 <strong>bis</strong> 1881 war dort 1872 mit<br />

151.698 Tonnen, erreichte 1874 seinen höchsten<br />

Wert mit 204.562 Tonnen und lag 1881 bei<br />

174.786 Tonnen.^^^ Eine kontinuierliche Verbesserung<br />

der englischen Häfen im internationalen<br />

Reisgeschäft kann nicht festgestellt werden,<br />

wenngleich sie ihre Spitzenstellung innerhalb<br />

Europas vor Bremen zu Beginn der 1880er Jahre<br />

noch hielten.<br />

Bericht über den Reismarkt in London 1885<br />

Die <strong>bis</strong>her betrachteten Berichte über den <strong>Reishandel</strong><br />

waren von Bremer Reismaklern verfasst.<br />

Obwohl statistische Kompen<strong>die</strong>n nur Fakten berücksichtigen<br />

sollten, ist ein Blick auf einen Bericht<br />

aus England, dem wirtschaftlich stärksten<br />

Konkurrenten Bremens, im Reisgeschäft wichtig.<br />

Denn einer einseitigen Auswahl der Quellen und<br />

einer daraus hervorgehenden Verzerrung der Entwicklungen<br />

auf dem globalen Reismarkt in den<br />

1880er Jahren kann damit vorgebeugt werden.<br />

„Fraser & Co.’s Review of the Rice Trade for<br />

1885“ ist von der Firma Fraser & Co. im Januar<br />

1886 herausgegeben worden.^'“’ Der Aufbau des<br />

Rückblicks der Londoner Makler auf den Handel<br />

1885 ist ähnlich wie der des Berichts von Huisken<br />

& Reuther aus Bremen 1875. Nach einleitenden<br />

allgemeinen Bemerkungen werden einzelne<br />

Reissorten beziehungsweise Anbaugebiete<br />

besprochen und den Abschluss bildet nach einigen<br />

Zahlenreihen ein ganz kurzer Ausblick auf<br />

den <strong>Reishandel</strong> 1886.<br />

Das Jahr 1885 “cannot claim to be considered<br />

an eventful one in the history of the Rice Trade”.<br />

Es gab nur einen spärlichen Anstieg des Reisverbrauchs<br />

und eine größere Verladung in den<br />

Anbaugebieten, was <strong>die</strong> Preise fallen ließ. “With<br />

low values ruling throughout the world for every<br />

kind of grain and colonial produce generally,<br />

abundant harvests, and with scarcely an appreciable<br />

increase in consumption, it was not to be<br />

wondered at that the price of Rice [...] did not<br />

permanently regain its lost ground.” Eine nennenswerte<br />

Marktbelebung 1885 gab es nur im<br />

Monat Mai. Gerüchte über einen bevorstehenden<br />

Krieg ließen Versicherungsprämien steigen und<br />

führten zu allgemein höherer Nachfrage von Reis<br />

und hohen Preisen. Die Reismüller konnten mehr<br />

Reis absetzen und kauften größere Mengen rohen<br />

Reis, um einer Kontingentierung vorzubeugen.<br />

Die Verschiffer von Reis waren erfreut und<br />

nutzten <strong>die</strong> Gelegenheit zu guten Absätzen. Diese<br />

kurzen Gerüchte über politische Ereignisse<br />

besserten das Jahresergebnis aller am <strong>Reishandel</strong><br />

Beteiligten auf:<br />

“There was only one other little excitement<br />

which instilled life, and we may say hope,<br />

into the ideas of those connected with the<br />

trade, and this was the belief in an Anglo-<br />

Russian war during the month of May. Shortlived<br />

as this scare was, it had the effect of<br />

bolstering up the market and causing an advance<br />

of about 6d in prices. Everyone took<br />

advantage of so good a situation. Consols<br />

were falling, heavy war premiums were being<br />

asked by the insurance companies, and war<br />

145


was regarded by the majority as inevitable.<br />

Speculators rushed in, and in most cases, paid<br />

the highest prices of the year for their purchases;<br />

millers, stimulated by a spurt in the<br />

demand for cleaned, followed suit and bought<br />

a little, not from any fear of being deprived<br />

of their supplies, but thinking it more prudent<br />

to be prepared in view of contingencies, and<br />

shippers, only too pleased at the unexpected<br />

turn of events, wisely decided not to lose such<br />

a golden opportunity, but to risk the consequences<br />

of war, and with skilful manipulation<br />

to sell as much as was possible, or in other<br />

words to make hay while the sun shone. As<br />

events afterwards proved, they could not have<br />

adopted a wiser course, and their action in<br />

these few days materially improved the result<br />

of the year’s operations.”<br />

Die weiteren allgemeinen Bemerkungen zum<br />

<strong>Reishandel</strong> waren aus englischer Sicht nicht besonders<br />

positiv. Spekulanten waren wie in den<br />

Vorjahren meist ohne Glück. Nur wer früh in<br />

der Saison gekauft hatte und mit einem minimalen<br />

Ertrag zufrieden war, hatte zufriedenstellende<br />

Gewinne erzielt. Die Preise, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Reismüller<br />

erhielten, waren schlecht. Kurse für gesäuberten<br />

Reis waren ebenso niedrig wie <strong>die</strong><br />

Nachfrage. Die Industrie war zudem gezwungen,<br />

<strong>die</strong> Preise zu zahlen, <strong>die</strong> für den rohen Artikel<br />

gefragt waren. Wegen der geringen Verkaufspreise<br />

führte das zu einem so schlechten Geschäft,<br />

dass in der Konsequenz Mühlenschließungen<br />

drohten. Ob es dazu kam, ist dem Maklerbericht<br />

leider nicht zu entnehmen. Die<br />

wichtigste Anmerkung über den <strong>Reishandel</strong> 1885<br />

betraf den deutschen Markt. “One of the most<br />

noticeable features of the year has been the great<br />

increase in the trade in Bremen and the corresponding<br />

decrease in London.” Der Import von<br />

rohem Reis in Bremen überstieg den des Vorjahres<br />

um 25.244 Tonnen und erreichte 181.556<br />

Tonnen zu 156.312 Tonnen in 1884. In London<br />

hingegen betrug der Rückgang 29.206 Tonnen<br />

auf 107.965 Tonnen bei noch 137.171 Tonnen<br />

importierten Rohreises in 1884. In England wurde<br />

ein Zusammenhang zwischen der guten wirtschaftlichen<br />

Entwicklung des <strong>Reishandel</strong>s in<br />

Bremen und dem Rückgang des Handels in London<br />

erkannt und benannt.<br />

Die Preise für rohen Reis notierten 1885 zwischen<br />

6 Schillinge, 6% Pence (6,64 Mark) am<br />

Ende des Jahres und hatten ihren höchsten Kurs<br />

im Januar und Mai mit 7 Schillinge, 4У2 Pence<br />

(7,47 Mark) beziehungsweise 7 Schillinge, РЛ<br />

Pence (7,21 Mark). Zehn Jahre zuvor hatten <strong>die</strong><br />

Notierungen für Reis aus Birma noch zwischen<br />

8 Schillinge und 12 Schillinge (8,10 <strong>bis</strong> 12,50<br />

Mark^'*') je Ballen geschwankt. Damit hatten<br />

sich <strong>die</strong> Preise seit 1875 um ein gutes Drittel reduziert.<br />

Die Fortschritte in der Schifffahrt dürften<br />

mit den einhergehenden Kostenreduzierungen<br />

der eine Grund gewesen sein, zum anderen aber<br />

sind <strong>die</strong> Quantitäten im Handel deutlich gestiegen<br />

und je mehr Reis zu einem Massengut wurde,<br />

desto günstiger war er zu erwerben.<br />

Der Export von Reis aus Birma nach Europa auf<br />

Dampfern hielt sich 1883 und 1885 auf einem<br />

ähnlichen Niveau. 1883 wurden 313.500 Tonnen<br />

Reis auf Dampfschiffen expe<strong>die</strong>rt, im Folgejahr<br />

323.100 Tonnen und 1885 320.600 Tonnen. Der<br />

Spitzenwert von über 360.000 Tonnen Reis, <strong>die</strong><br />

Europa 1881 aus Birma erreichten, wurde damit<br />

nicht erlangt, der Anteil der Verschiffung des<br />

Reises auf Dampfern hatte sich aber auf einem<br />

hohen Niveau eingespielt. Über das Jahr verteilt<br />

schwankten auch <strong>die</strong> Frachtraten, <strong>die</strong> für den<br />

Reisexport zu zahlen waren. Die höchsten<br />

Frachtraten lagen bei 45 Schillinge „open charter“<br />

auf Dampfern, <strong>die</strong> niedrigsten bei 30 Schillinge,<br />

während Ladung in loser Schüttung bei<br />

37 Schillinge, 6 Pence lag. Segelfrachtraten auf<br />

Schiffen mit Eisenrumpf betrugen durchschnittlich<br />

35 Schillinge „open charter“, erreichten <strong>bis</strong><br />

zu 40 Schillinge, fielen aber auch <strong>bis</strong> auf 31<br />

Schillinge, 3 Pence ab.^'*^ Auf Segelschiffen mit<br />

Holzrümpfen wurden etwa 30 Schillinge für den<br />

Transport nach Europa berechnet. Open charter<br />

bedeutet, dass bei Abschluss des Transportvertrages<br />

der Bestimmungshafen und zum Teil auch<br />

<strong>die</strong> Ladung - auf den Reisschiffen wurden teilweise<br />

auch andere Güter beigeladen - noch nicht<br />

feststanden. So konnte Ladungsraum fürTrans-<br />

146


porte nach Europa im Voraus gesichert werden,<br />

wenn der Verschiffer in Birma oder der Importeur<br />

in Europa meinten, gerade ein gutes Angebot<br />

zu haben. Wenn in den Monaten der Erntesaison<br />

sehr viel Reis auf den Markt kam, wurde Schiffsraum<br />

deutlich knapper und entsprechend stiegen<br />

<strong>die</strong> Preise. Andererseits waren Liegezeiten in<br />

den Häfen oder unnötige Transporte in Europa<br />

so vermeidbar. Wenn ein Reisschiff erst kurz vor<br />

Europa den endgültigen Bestimmungshafen erfuhr,<br />

konnte der verantwortliche Verschiffer, Importeur<br />

oder Makler den Reis außerdem kurzfristig<br />

in den europäischen Hafen umlenken, wo<br />

ihm der größte wirtschaftliche Gewinn gelang.<br />

Der folgende Absatz der Rückschau von Fraser<br />

& Co. befasst sich mit dem Handel von „cleaned<br />

rice“, also von in Europa poliertem und veredeltem<br />

Reis. Der Export aus den englischen Mühlen<br />

ging 1885 wiederholt zurück. Entscheidend für<br />

den deutschen <strong>Reishandel</strong> ist, dass der Abschwung<br />

des britischen <strong>Reishandel</strong>s von den<br />

englischen Reismaklern in den wachsenden<br />

Marktanteilen in Deutschland und besonders in<br />

Bremen gesehen wurde:<br />

“The decline in the Exports from the United<br />

Kingdom, particularly from London, mentioned<br />

in our last Review, has continued during<br />

1885, resulting in a reduction of 15,353<br />

tons as compared with 1884. It is, however,<br />

to be noticed that this loss of trade is not due<br />

to diminished consumption, as we find the<br />

export of cleaned Rice from Continental ports<br />

(notably Bremen) has increased even to a<br />

greater extent than the decrease from the United<br />

Kingdom.”<br />

Auch in England wurde bemerkt und anerkannt,<br />

dass <strong>die</strong> Bremer Reisindustrie ihre Marktanteile<br />

vergrößerte und sogar den Absatz mehr steigerte,<br />

als der der britischen Industrie sank. Gründe für<br />

<strong>die</strong>se Entwicklung sahen <strong>die</strong> Londoner Reismakler<br />

in zwei wichtigen Entwicklungen:<br />

“The chief cause of this diversion in the trade<br />

is due we believe, as stated in our last issue,<br />

to the increasing steam communication between<br />

Continental ports and the various large<br />

markets, in addition to the better style of<br />

cleaning adopted by the foreign millers as<br />

compared with our own.”<br />

Die technologischen Entwicklungen verbesserter<br />

Mahlsysteme in den Industriemühlen, <strong>die</strong> Modernisierung<br />

vorhandener Reismühlen in Bremen<br />

und deren Ausbau zu richtigen Fabriken durch<br />

<strong>die</strong> Familien Rickmers und Nielsen in Bremen<br />

hatten sich gelohnt. Die Qualität des in Norddeutschland<br />

verarbeiteten Reises übertraf <strong>die</strong> des<br />

einstigen Marktführers aus England. Noch 1875<br />

wurde <strong>die</strong> Marktführerschaft Liverpools im europäischen<br />

Reismarkt mit der Qualität der technischen<br />

Anlagen der Fabriken begründet. Die<br />

deutschen Reismüller hatten ihren Rückstand<br />

auf <strong>die</strong>sem Gebiet in einen Vorsprung umgewandelt.<br />

Darüber hinaus wurde den deutschen Müllern<br />

und Exporteuren attestiert, dass sie <strong>die</strong> immer<br />

besser werdende Kommunikationsinfrastruktur,<br />

eine der Vorbedingungen und zugleich<br />

auch ein Ergebnis einer wirtschaftlich globalisierten<br />

Welt, besser zu ihrem Vorteil nutzten.<br />

Schon beim Import des rohen Reises aus Birma<br />

waren <strong>die</strong> Kommunikationsfortschritte Ende des<br />

19. Jahrhunderts von entscheidender Bedeutung,<br />

weil bei Kontrakten, <strong>die</strong> als open charter abgeschlossen<br />

wurden, zum Teil noch der Bestimmungshafen<br />

der Ladung nach Gewinnaussichten<br />

festgelegt werden konnte, während <strong>die</strong> Ladung<br />

schon auf dem Weg nach Europa war. Daher waren<br />

komplexe Systeme geschaffen worden, um<br />

<strong>die</strong> Kommunikation zwischen Schiffen und dem<br />

Festland zu verbessern:<br />

“The use of intermediaries such as pilots, tug<br />

masters or boatmen for the ship/shore oral or<br />

paper transfer of messages has already been<br />

noted, but the development of international<br />

commercial visual signaling systems enabled<br />

vessel passing within visual sight of strategically<br />

placed coastal signal stations, to receive<br />

messages without interrupting their passages.<br />

It required international agreement on both<br />

the system and the codes, the equipping of<br />

both ships and signal stations and the training<br />

of manpower at both locations for such systems<br />

to work. Semaphore and morse enabled<br />

messages to be spelled out letter by letter in<br />

147


plain language or by use of a commercial<br />

code where standard short messages were represented<br />

by a letter group. The international<br />

code flags represented letters of the alphabet<br />

and numerals, and likewise relied on letter<br />

groups indicating short messages.<br />

Die Kommunikation zu den Absatzmärkten war<br />

ebenso von Belang und eine bessere Informationslage<br />

konnte ein wichtiger Geschäftsvorteil<br />

sein. 1906 brauchte <strong>die</strong> Post per Dampfer von<br />

London zu den Westindischen Inseln 15 <strong>bis</strong> 17<br />

Tage, nach New York acht Tage, an <strong>die</strong> Ostküste<br />

Südamerikas 14 <strong>bis</strong> 22 Tage und 30 <strong>bis</strong> 40 Tage<br />

an <strong>die</strong> Westküste deseiben Kontinents. Nachrichten<br />

mit Birma konnten innerhalb 21 Tagen<br />

zwischen London und Rangun ausgetauscht werden.^^<br />

Folgt man dem Bericht von Fraser & Co.,<br />

machten sich <strong>die</strong> Bremer Reishändler das entstehende<br />

Netz an Postdampferlinien und Telegraphenleitungen<br />

besser zu Nutze und waren gegenüber<br />

der englischen Industrie aus London<br />

und Liverpool im weltweiten Absatz des polierten<br />

Reises erfolgreicher. Offenbar wussten <strong>die</strong><br />

Bremer Reishändler <strong>die</strong> neuen Möglichkeiten<br />

eines zunehmend eng verflochtenen weltweiten<br />

Wirtschaftsraums, zumindest in Bezug auf den<br />

<strong>Reishandel</strong>, besser nutzbar zu machen.<br />

Aus <strong>die</strong>sen Entwicklungen, <strong>die</strong> Fraser & Co. erkannten<br />

und notierten, ergab sich 1885 eine entscheidende<br />

Veränderung auf dem europäischen<br />

Markt für polierten Reis. 1884 wurden aus Großbritannien<br />

insgesamt 171.578 Tonnen Reis exportiert,<br />

während Bremen weltweit nur 162.717<br />

Tonnen absetzte. 1885 wurden aus London und<br />

Liverpool zusammen nur noch 156.225 Tonnen<br />

exportiert, aus Bremen aber 195.620 Tonnen.<br />

Damit war der Reisexport aus Bremen erstmals<br />

höher als der englische Export. In Europa, das<br />

<strong>die</strong> Drehscheibe für den Export von poliertem<br />

und gemahlenem Reis außerhalb Asiens war,<br />

hatte <strong>die</strong> Reisindustrie Bremens <strong>die</strong> Englands<br />

überholt und war damit 1885 zum wichtigsten<br />

Platz für den weltweiten <strong>Reishandel</strong> geworden.<br />

Einschränkend muss daraufhingewiesen werden,<br />

dass in einer Tabelle am Ende des Jahresberichts<br />

von Fraser & Co. steht, dass den 195.620 Tonnen<br />

Reisexporte aus Bremen doch noch 285.397 Tonnen<br />

an Exporten aus Großbritannien gegenüberstanden.<br />

Welche Exportzahl für Großbritannien<br />

stimmt, kann nicht geklärt werden. Die Tendenz,<br />

dass London und Liverpool Marktanteile rasant<br />

verloren und Bremens Marktanteile noch schneller<br />

wuchsen, bleibt aber bestehen, weshalb an<br />

der Schlussfolgemng, dass Bremen zum wichtigsten<br />

<strong>Reishandel</strong>splatz Mitte der 1880er Jahre<br />

geworden war, festgehalten werden kann. Die<br />

Gründe dafür lagen in der Nähe der deutschen<br />

Reismühlen zum europäischen Konsummarkt,<br />

der größeren Nähe und besseren Anbindung der<br />

Mühlen zu den Abladeplätzen der Reisdampfer,<br />

den günstigeren Arbeitskosten auf dem Festland<br />

sowie den besseren technischen Anlagen in den<br />

deutschen Reismühlen.<br />

Der stetig steigende Anteil Bremens am weltweiten<br />

<strong>Reishandel</strong> war nur möglich, weil in<br />

Asien immer mehr Reis angebaut wurde (s. Tabelle<br />

III. 4.3, S. 149).<br />

Die Gesamtverschiffungen Birmas nach Europa<br />

waren 1884 und 1885 zwar leicht rückgängig,<br />

solche Schwankungen wurden aber durch <strong>die</strong><br />

Verschiffungen in den anderen indischen und<br />

asiatischen Anbaugebieten ausgeglichen. 1874<br />

hatten Spekulationen über eine Reisknappheit<br />

in Europa wegen einer Hungersnot in Bengalen<br />

zu Preissteigerungen geführt. Zwischen 1876<br />

und 1885 wurde von dort jährlich wieder Reis<br />

nach Europa verschifft, 1883 sogar fast 150.000<br />

Tonnen (s. Tabelle III. 4.4, S. 149).<br />

Reisexporte von Java-Reis, aus Siam und Saigon<br />

sowie aus Japan ergänzten jedes Jahr <strong>die</strong> Exporte<br />

aus Birma, machten aber immer nur einen kleinen<br />

Teil der nach Europa verschilften Reismengen<br />

aus. Die nachfolgende Tabelle zeigt, dass<br />

<strong>die</strong> Exporte aus den Reishäfen In<strong>die</strong>ns und<br />

Asiens, <strong>die</strong> nicht aus Birma kamen, zwischen<br />

1880 und 1885 ähnliche Mengen erreichten (s.<br />

Tabelle III. 4.5, S. 149).<br />

1882 und 1883 waren <strong>die</strong> Ernten in Bengalen<br />

und Französisch-Indochina sehr gut, weshalb in<br />

<strong>die</strong>sen Jahren <strong>bis</strong> zu 100.000 Tonnen mehr als<br />

üblich von dort exportiert wurden. Diese<br />

Schwankungen betrafen den europäischen Markt<br />

148


Tabelle III. 4.3, Reisexport Birmas nach Europa 1876-1885<br />

Jahr 1876 18 77 1878 1879 1880<br />

Exportmenge 4 8 4 .0 0 0 4 9 2 .5 0 0 5 5 4 .2 0 0 5 9 4 .5 0 0 6 5 7 .8 0 0<br />

Jahr 1881 1882 1883 1884 1885<br />

Exportmenge 738.200 781.000 732.300 6 0 5 .7 0 0 6 7 5 .4 0 0<br />

Tabelle III. 4.4, Reisexport Bengalens nach Europa 1876-1885<br />

in Tonnen<br />

Jahr 1876 1877 1878 1879 1880<br />

Export von Reis aus<br />

Bengalen nach Europa<br />

3 1 .0 6 8 2 4 .7 1 8 1 3 .843 3 1 .9 5 0 4 9 .2 5 6<br />

Jahr 1881 1882 1883 1884 1885<br />

Export von Reis aus<br />

Bengalen nach Europa<br />

5 1 .3 4 8 79.032 148.434 4 6 .7 6 0 4 7 .6 0 0<br />

in Tonnen<br />

Tabelle III. 4.5, Reisexporte Birmas und anderer asiatischer Häfen 1880-1885<br />

Exporte ^<br />

Jahr<br />

^<br />

1885 1884 1883 1882 1881 1880<br />

Exporte Birmas 6 7 5 .4 0 0 6 0 5 .7 0 0 732.3 0 0 781.0 0 0 738.2 0 0 6 5 7 .8 0 0<br />

Exporte anderer<br />

Häfen<br />

1 2 2 .7 0 0 2 6 5 .6 9 5 190.5 3 5 125.2 9 3 1 0 4 .2 0 7 1 0 9 .3 5 7<br />

Gesamtexporte 798.100 871.395 922.835 906.293 842.407 767.157<br />

in Tonnen<br />

aber immer nur bedingt, da <strong>die</strong> Anbauüberschüsse<br />

außerhalb Birmas oft in andere asiatische Länder<br />

und nicht nach Europa versandt wurden.<br />

1886 sollte es laut den Londoner Reismaklern<br />

in Siam eine sehr schlechte Ernte geben, in Französisch-Indochina<br />

aber eine recht gute Ernte.<br />

Über den Reis aus Saigon hieß es daher bei Fraser<br />

& Co.:<br />

“From Saigon the prospects are much more<br />

favourable, but by reports to hand the crop<br />

will be a late one; the export to Europe is,<br />

however, not expected to be large, in consequence<br />

of the demands which China is likely<br />

to make to replace the supplies usually available<br />

from Siam.”<br />

Der Import an rohem Reis und <strong>die</strong> verarbeiteten<br />

Quantitäten sowie der Konsum in Bremen können<br />

auch in Fortführung an <strong>die</strong> Zahlen aus den<br />

Berichten der Bremer Reismakler von 1875 und<br />

1882 aus dem Jahresrückblick von Fraser & Co.<br />

149


Tabelle III. 4.6, Import von Rohreis sowie Verbrauch und Export von poliertem Reis in Bremen<br />

1881-1885<br />

lm -/Export<br />

1881 1882 1883 1884 1885<br />

Im portierter Rohreis 189.000 157.872 158.455 156.312 181.556<br />

Verbrauch und<br />

Export polierter Reis<br />

entnommen werden. Die Zahlen aus dem Londoner<br />

Bericht für das Jahr 1881 weichen um etwas<br />

mehr als 3.000 Tonnen von den Zahlen des<br />

Berichts von 1882 ab, auf Grund der gesamten<br />

Importmenge von 189.000 Tonnen kann das aber<br />

vernachlässigt werden.<br />

Bezüglich der Aussichten des weiteren <strong>Reishandel</strong>s<br />

waren für 1886 nach Angaben von Fraser<br />

& Co. in Europa einerseits keine Probleme in<br />

der Rohstoffversorgung der Mühlen zu erwarten,<br />

da es in Birma, Bengalen und Französisch-Indochina<br />

gute Ernten geben sollte. Andererseits<br />

aber war für Spekulanten im Handel mit Reis<br />

kein guter Gewinn zu erwarten, da es keine Hinweise<br />

auf Preissteigerungen gab. Höhere Preise<br />

im Absatz des veredelten Reises wären nur zu<br />

erwarten gewesen, wenn politische Konflikte<br />

oder starke Rückgänge der Getreideernten in<br />

Nordamerika oder Europa sowie in der europäischen<br />

Kartoffelernte zu befürchten wären. Da<br />

solche Ereignisse nicht erwartet wurden, prognostizierten<br />

<strong>die</strong> Londoner Reismakler 1886 eine<br />

gleichmäßige Entwicklung des weiteren <strong>Reishandel</strong>s<br />

ohne „any material or permanent advance<br />

in values“.<br />

134.000 173.672 154.720 162.717 195.620<br />

Tabelle III. 4.7, Reisexporte Birmas per Dampfschiff 1886-1889<br />

in Tonnen<br />

Jahresberichte über den <strong>Reishandel</strong> 1889<br />

und 1890 sowie <strong>die</strong> Statistik für <strong>die</strong> Jahre<br />

1891-1895<br />

Die Reihe der hier betrachteten Berichte über<br />

den internationalen <strong>Reishandel</strong> soll mit drei Artikeln<br />

aus dem Müllerei-Faehorgan „Die Mühle“<br />

fortgesetzt und beendet werden. Der Zeitraum<br />

von der langsamen Etablierung Bremens als<br />

Handelsplatz von Reis und der Entstehung eines<br />

entsprechenden Industriestandorts über den Aufstieg<br />

Bremens zum wichtigsten <strong>Reishandel</strong>splatz<br />

weltweit <strong>bis</strong> hin zu neuen Entwicklungen in<br />

Asien, welche <strong>die</strong> Bedeutung der europäischen<br />

Plätze fundamental veränderten, soll somit in<br />

Gänze erfasst werden.<br />

„Der <strong>Reishandel</strong> in 1889“ bietet neben der Beschreibung<br />

des genannten Geschäftsjahres auch<br />

wieder einige Zahlenreihen.^'*’ Die Einfuhr von<br />

Reis nach Europa erreichte nur knapp <strong>die</strong> Höhe<br />

des Vorjahres. Bedeutendster Lieferant war wiederum<br />

Birma, das seine Exportmenge sogar um<br />

70.000 Tonnen steigerte. Die verschifften Reismengen<br />

aus Bengalen, Siam und Saigon waren<br />

jedoch kleiner ausgefallen. Der größte Teil der<br />

Ernte Birmas wurde auf Dampfern verschifft.<br />

Jahr<br />

Export<br />

Reisexport Birmas<br />

per Dam pfer<br />

1889 1888 1887 1886<br />

4 7 3 .2 0 0 3 7 8 .3 9 0 3 4 2 .6 0 0 2 73.900<br />

In Tonnen<br />

150


Die Dampfer wurden dabei immer wirtschaftlicher,<br />

weil sie an Größe zulegten:<br />

„Die Größenverhältnisse der Ausfuhrdampfer<br />

haben sich gleichfalls verändert, denn während<br />

vor einigen Jahren <strong>die</strong> größten Dampfer<br />

3.0001 fassten, hat man jetzt Dampfer, welche<br />

5.000 t aufnehmen, ja <strong>die</strong> Verschiffung von<br />

2.0001 <strong>bis</strong> 2.500 t Reis bietet oft Schwierigkeiten,<br />

wenn man nicht höhere Frachten zahlen<br />

will.“<br />

Bei einer Gesamtausfuhr von mehr als 660.000<br />

Tonnen nach Europa wurden in den Häfen Birmas<br />

aber immerhin noch fast 200.000 Tonnen<br />

Reis auf Segelschiffen verladen.<br />

Eine bedeutende Veränderung in der Ausfuhr<br />

von Reis aus den asiatischen Anbauländem deutet<br />

der Bericht von 1889 an. Bisher war der <strong>Reishandel</strong><br />

zwischen Asien und Europa so konzipiert,<br />

dass in erster Linie roher Reis beziehungsweise<br />

Cargo-Reis nach Europa verschifft und dort geschält<br />

und poliert wurde. Mit den schnelleren<br />

Dampfertransporten und besseren Schiffen, auf<br />

denen <strong>die</strong> Gefahr des Verlustes der Ladung durch<br />

Wassereinbrüche und Schimmelbefall kleiner<br />

geworden war, wurde zunehmend fertig geschälter<br />

Reis verschifft. Damit blieb den Mühlen in<br />

Europa nur noch eine abschließende Politur, bevor<br />

der Reis verkauft oder in andere Länder exportiert<br />

wurde. Zum Teil waren <strong>die</strong> europäischen<br />

Mühlen auch gar nicht mehr an der Versorgung<br />

dritter Märkte beteiligt und <strong>die</strong> Handelsplätze<br />

in Europa erreichten vermehrt den Status von<br />

Warenbörsen. Die Mühlen in den asiatischen<br />

Häfen konnten vermehrt selber in Abnehmerländer<br />

exportieren, <strong>die</strong> zuvor über <strong>die</strong> europäischen<br />

Plätze versorgt wurden. „Die Ausfuhr von<br />

reinem Reis aus Birma ist beträchtlich gestiegen.<br />

es wurden im letzten Jahre etwa 221.000 t einschließlich<br />

Reismehl und Bruchreis nach Europa<br />

und Südamerika verfrachtet, und zwar gingen<br />

178.000 t nach Europa und 42.922 t nach Südamerika.“<br />

Trotzdem ging der Aufstieg Bremens<br />

als wichtiger Platz des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

und der Reisverarbeitung auf Kosten der<br />

europäischen Konkurrenz weiter.<br />

„Indessen scheinen <strong>die</strong> europäischen Reismüller<br />

ungeachtet der vermehrten Einfuhr ihre Stellung<br />

behauptet zu haben, obwohl das Geschäft nicht<br />

überall lohnend war. Denn während einige Festlandshäfen,<br />

namentlich Hamburg und Bremen,<br />

eine vermehrte Geschäftsthätigkeit entfalteten,<br />

zeigt das Geschäft Antwerpens einen Rückgang.<br />

Auch <strong>die</strong> Londoner Reismüller haben an Stellung<br />

verloren, wenigstens was Birmareis anlangt,<br />

ist London kein Mittelpunkt der Reismüllerei<br />

mehr, sondern nur noch ein Abladeplatz, <strong>die</strong><br />

Hochburg des Akyabreises, welcher das ganze<br />

Jahr hindurch vermahlen wurde. Auch in Liverpool<br />

machte sich der Rückgang fühlbar, obwohl<br />

gleichzeitig <strong>die</strong> Gesamtausfuhr aus dem vereinigten<br />

Königreich sich günstiger stellte als im<br />

Vorjahre, wobei jedoch wiederum darauf hingewiesen<br />

werden muss, dass <strong>die</strong> Ausfuhr keinesfalls<br />

als Maßstab der wirklich verarbeiteten Reismenge<br />

gelten kann, da hierin ein großer Teil<br />

eingeführten reinen Reises, welcher wieder ausgeführt<br />

wird, oder unmittelbar in <strong>die</strong> Hände der<br />

Verbraucher übergeht, inbegriffen ist.“^“**<br />

Im Folgenden gibt der Bericht über den <strong>Reishandel</strong><br />

1889 einen kurzen Überblick über <strong>die</strong><br />

asiatischen Anbaugebiete. Erwähnenswert dabei<br />

ist, dass Japan <strong>die</strong> zuvor niemals erreichte Größenordnung<br />

von 163.800 Tonnen Reis nach<br />

Europa exportierte. Die Aussichten für 1890 wa-<br />

Tabelle III. 4.8, Reisexporte Birmas nach Europa 1886-1889<br />

Export<br />

Jahr<br />

1889 1888 18 8 7 1886<br />

Exporte Birm as 6 6 2 .6 0 0 5 8 9 .1 0 0 6 7 7 .1 0 0 6 3 5 .3 8 0<br />

in T o n n e n


en jedoch schlecht, es war kein weiterer Reis<br />

aus Japan in Europa zu erwarten. Interessant ist<br />

ein Absatz über persischen Reis. Von dort wurde<br />

<strong>die</strong> kleine Menge von 5.000 Tonnen nach London<br />

verschifft, <strong>die</strong> Qualität des Produktes war<br />

aber sehr schlecht, so „dass <strong>die</strong>selbe sich kaum<br />

der Bearbeitung verlohnte“. Wichtigster Lieferant<br />

für Europa war nach wie vor Birma und<br />

von dort in besonderem Maße der Export aus<br />

Rangun. In Fortsetzung der Tabellen aus den zuvor<br />

besprochenen Berichten wurden aus Birma<br />

jährlich nach Europa exportiert.<br />

Der „Jahresbericht über den <strong>Reishandel</strong> 1890“^''®<br />

ist in leicht verkürzter Form und ohne statistische<br />

Tabellen in der Aufmachung mit den vorgenannten<br />

Jahresberichten von 1875, 1885 und 1889<br />

vergleichbar.<br />

Einleitend heißt es, dass <strong>die</strong> Reisausfuhr der Anbauländer<br />

nach Europa und in <strong>die</strong> asiatischen<br />

Einfuhrländer um 80.000 Tonnen geringer war<br />

als erwartet. Grund dafür war, dass <strong>die</strong> Reisausfuhr<br />

Japans um 160.000 Tonnen zurückging. Damit<br />

bestätigten sich <strong>die</strong> Prognosen des Vorjahres.<br />

Obwohl sich Schwankungen einzelner Länder<br />

zumeist auf dem asiatischen Markt ausglichen,<br />

konnten <strong>die</strong> Ausfuhren aus Bengalen, Saigon<br />

und Siam <strong>die</strong>se Menge 1890 nicht ausgleichen.<br />

Dort wurden 57.000 Tonnen mehr exportiert und<br />

der Export Birmas stieg um 60.000 Tonnen an,<br />

in der Summe aller Exporte der Anbauländer<br />

kam es aber zu einem Rückgang im Vergleich<br />

zu 1889. Auf den europäischen Markt bezogen,<br />

wird in dem Artikel Verbrauch als Import der<br />

europäischen Länder ohne eigene Reisindustrie<br />

verwendet. Ohne explizite Nennung des Verarbeitungsstandorts<br />

heißt es;<br />

„Ein wesentlicher Faktor im Verbrauch des Reis,<br />

welcher sich 1889 sehr zur Geltung zu bringen<br />

verstand, nämlich <strong>die</strong> italienische Nachfrage,<br />

fehlte 1890 gänzlich. Infolge von Zollerhöhungen,<br />

welche eine Einfuhr von Reis sehr erschwerten,<br />

wurden <strong>die</strong> Zufuhren aus anderen Ländern<br />

fast gänzlich ferngehalten und anstatt der<br />

190.000 Tonnen, welche 1889 nach Frankreich,<br />

Italien und den südeuropäischen Häfen gingen,<br />

fanden nur 139.229 Tonnen den Weg dahin.<br />

Wahrscheinlich würden auch <strong>die</strong> Preisnotirungen<br />

des Reis sehr verschieden gewesen sein, wenn<br />

während des ganzen Jahres <strong>die</strong> Ausfuhr nach<br />

Italien möglich gewesen wäre.“<br />

Die fehlende Nachfrage Italiens wurde bereits<br />

im Zusammenhang mit dem Geschäft der DDG<br />

„Hansa“ angesprochen und hatte somit nicht nur<br />

eine Auswirkung auf <strong>die</strong> Reis verarbeitenden Industriemühlen,<br />

sondern es zeigt sich wiederum,<br />

dass der globale <strong>Reishandel</strong> in ein komplexes,<br />

eng verflochtenes Wirtschaftsnetz eingebunden<br />

war. Ein weiteres besonderes Ereignis 1890 war<br />

<strong>die</strong> fast vollständige Zerstörung der Ernte an<br />

Moulmein-Reis durch schwere Monsunregenfälle.<br />

Die zuvor dorthin expe<strong>die</strong>rten Schiffe wurden<br />

zumeist aus ihren Verträgen entlassen und<br />

in andere Reishäfen umgeleitet. Dampfschiffe<br />

erledigten zwei Drittel der Gesamtausfuhren, abweichend<br />

zum Bericht aus dem Vorjahr wurden<br />

demnach 1889 466.480 Tonnen Reis auf Dampfern<br />

verschifft und 1890 waren es 566.800 Tonnen.<br />

Wiederum heißt es, dass <strong>die</strong> meisten Dampfschiffe<br />

eine Ladefähigkeit über 3.000 Tonnen<br />

besaßen.<br />

Der letzte Bericht, auf den in <strong>die</strong>sem Abschnitt<br />

eingegangen wird, bezieht sich ursprünglich nur<br />

auf <strong>die</strong> Reisindustrie Hamburgs. Allerdings gibt<br />

„Die Reisindustrie Hamburgs 1895“^^° nicht nur<br />

einen Rückblick für <strong>die</strong> Hamburg-Geschäfte im<br />

benannten Jahr, sondern berichtet auch über eine<br />

Entwicklung, <strong>die</strong> für den gesamten deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> seit den 1890er Jahren von Interesse<br />

war. Genaue Zahlen, wie viel bereits in Birma<br />

geschälter Reis nach Europa exportiert wurde,<br />

ist dem Artikel nicht zu entnehmen. Deutlich erkennbar<br />

ist aber das Bewusstsein, dass für <strong>die</strong><br />

Verschiffer und <strong>die</strong> Reismüller in den asiatischen<br />

Exporthäfen und in den europäischen Importhäfen<br />

<strong>die</strong> Frage immer bedeutsamer wurde, ob bereits<br />

fertig geschälter Reis oder Rohreis nach<br />

Europa versandt wurde. Denn „ferner dürften<br />

auch <strong>die</strong> Birma-Reis-Verschiffer zu der Ueberzeugung<br />

gelangt sein, dass es auf <strong>die</strong> Dauer unhaltbar<br />

ist, einerseits in Rangun geschälten Reis<br />

nach Europa zu schicken und andererseits in<br />

Rohware ein genügendes Absatzgebiet zu fm-


den“. Mit <strong>die</strong>sem Satz war eine der wichtigsten<br />

Konfliktlinien des globalen <strong>Reishandel</strong>s zwischen<br />

Asien und Europa, aber auch innerhalb<br />

Europas im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts<br />

und auch im frühen 20. Jahrhundert erkaimt<br />

und aufgezeigt.<br />

Zusammenfassende Bewertung der<br />

Statistiken über den internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> zwischen 1870 und 1895<br />

Eine Zusammenfassung und chronologische Reihung<br />

der verschiedenen Statistiken aus den Berichten<br />

über den weltweiten <strong>Reishandel</strong> aus London,<br />

Bremen und Hamburg ist nicht möglich.<br />

Dafür sind <strong>die</strong> angebotenen Tabellen zu unterschiedlich<br />

in den Fragestellungen, <strong>die</strong> dem Zahlenmaterial<br />

zu Grunde liegen. Zum Teil wird<br />

nicht explizit klargestellt, ob es bei asiatischen<br />

Reisexporten etwa um <strong>die</strong> Exporte in Richtung<br />

Europa ging oder um <strong>die</strong> Gesamtheit der Exporte.<br />

Des Weiteren fehlt es oft an genauen Mengenangaben;<br />

beispielsweise bleibt fast immer<br />

ungeklärt, ob es sich bei Gewichtsangaben um<br />

metrische oder englische Tonnen handelt. Gehäufte<br />

Ungenauigkeiten <strong>die</strong>ser Art bieten keine<br />

Grundlage berichtsübergreifender valider wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisgewinne an exaktem<br />

Zahlenmaterial. Dennoch können aus der Fülle<br />

an Zahlen einzelne längere Zeitreihen aufgestellt<br />

und darüber hinaus weitere wichtige und unzweifelhafte<br />

Erkenntnisse gewonnen werden.<br />

Die Gründe des Reisanbaus in Asien wandelten<br />

sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. Wo zuvor<br />

nur Subsistenzwirtschaft betrieben wurde, stand<br />

zunehmend <strong>die</strong> Produktion von Reis zur Versorgung<br />

fremder Regionen und Kontinente auf der<br />

Agenda. Dabei rückte Europa immer stärker in<br />

den Fokus, wie <strong>die</strong> nachfolgenden Tabellen über<br />

<strong>die</strong> gesamten Exporte von Reis aus asiatischen<br />

Häfen zwischen 1868 und 1874^^' sowie <strong>die</strong> Exporte<br />

aller asiatischen Reishäfen nach Europa<br />

von 1868 <strong>bis</strong> 188L^^ zeigen.<br />

Tabelle III. 4.9, Reisexporte aller asiatischen Häfen 1868-1874<br />

Jahr 1868 1869 1870 1871 1872 1873 1874<br />

Reisexporte aller<br />

asiatischen Häfen<br />

6 0 1 .7 7 2 5 9 2 .8 5 9 6 4 8 .0 9 3 8 4 1 .4 2 0 9 2 7 .3 5 1 8 8 6 .7 4 8 1 .1 3 5 .5 3 9<br />

in Tonnen<br />

Tabelle III. 4.10, Reisexporte aller asiatischen Häfen nach Europa 1868-1881<br />

Jahr 1868 1869 1870 1871 1872 1873<br />

Reisexporte aller asiatischen<br />

Häfen nach Europa<br />

4 6 0 .0 2 0 3 8 5 .5 6 1 3 5 9 .5 5 9 4 4 9 .7 9 7 5 6 6 .7 3 1 5 6 7 .3 7 0<br />

Jahr 1874 1877 1878 1879 1880 1881<br />

Reisexporte aller asiatischen<br />

Häfen nach Europa<br />

5 5 8 .3 8 7 5 5 0 .6 6 7 6 0 8 .6 9 6 7 6 7 .1 9 0 7 9 5 .2 0 9 8 5 4 .1 5 9<br />

in Tonnen<br />

153


Tabelle III. 4.11, Gesamte Reisexporte Birmas nach Europa 1868-1874<br />

Jahr 1868 1869 1870 1871 1872 1873 1874<br />

Gesamte<br />

Reisexporte Birmas<br />

3 2 8 .1 7 7 3 2 8 .1 7 7 3 6 0 .3 4 5 4 6 5 .1 0 2 6 4 3 .5 2 4 6 0 4 .4 8 8 789.818<br />

in Tonnen<br />

Tabelle III. 4.12, Gesamte Reisexporte Birmas nach Europa 1877-1890<br />

Jahr 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883<br />

Gesamtexporte von<br />

Birma nach Europa<br />

4 9 2 .5 6 5 5 5 2 .8 9 8 5 9 8 .5 1 4 6 6 9 .9 4 4 7 4 1 .3 9 2 7 8 1 .0 0 0 732.300<br />

Jahr 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890<br />

Gesamtexporte von<br />

Birma nach Europa<br />

6 0 5 .7 0 0 6 7 7 .8 2 0 6 3 5 .3 8 0 6 7 7 .1 0 0 5 8 9 .1 0 0 6 6 2 .6 0 0 662.6 6 0<br />

in Tonnen<br />

Tabelle III. 4.13, Vergleichende Darstellung der Reisimporte in Bremen, Hamburg, London<br />

und Liverpool 1877-1895<br />

Jahr<br />

Reisimporte<br />

Bremen<br />

Reisimporte<br />

Hamburg<br />

Gesamt<br />

Reisimporte<br />

London<br />

Reisimporte<br />

Liverpool<br />

Gesamt<br />

1877 6 7 .8 8 0 4 0 .3 6 7 108.247 1 3 5 .3 3 7 2 0 0 .5 9 4 335.931<br />

1878 8 6 .0 8 9 4 2 .1 3 5 128.224 1 2 8 .8 1 7 1 8 0 .9 0 1 309.718<br />

1879 9 2 .1 5 4 3 7 .5 6 1 129.715 1 5 2 .8 0 4 1 8 7 .5 6 8 340.372<br />

1880 1 5 0 .3 3 6 5 4 .7 5 6 205.092 1 9 3 .7 8 3 1 8 8 .6 3 1 382.414<br />

1881 1 7 8 .7 3 3 4 5 .5 0 0 224.233 1 8 3 .3 6 0 2 3 5 .1 6 4 418.524<br />

1891 2 7 0 .0 0 0 1 0 4 .0 9 9 374.099 265.477<br />

1892 2 5 8 .3 5 0 1 4 5 .0 0 0 403.350 270.659<br />

1893 2 2 5 .6 0 0 1 4 9 .0 0 0 374.600 215.767<br />

1894 2 0 1 .8 5 7 9 7 .5 7 8 299.435 196.153<br />

1895 2 1 2 .8 4 0 1 3 6 .0 0 0 348.840 198.800<br />

in Tonnen<br />

t - • - . L c<br />

154<br />

" "-Tr\ '


Für den europäischen Markt und <strong>die</strong> dort entstandene<br />

Reisindustrie war innerhalb Asiens Birma<br />

das wichtigste Anbaugebiet. In einem Zeitraum<br />

von nur sieben Jahren ab 1868 wurde dort<br />

der gesamte Export mehr als verdoppelt” ^ und<br />

1890 wurde mehr als <strong>die</strong> doppelte Menge des<br />

1868 insgesamt exportierten Reises nach Europa<br />

verschifft (s. Tabelle III. 4.11 und Tabelle III.<br />

4.12, S. 154” '*).<br />

Obwohl <strong>die</strong> Exportzahlen von Reis aus Birma<br />

und anderen asiatischen Reishäfen nicht mit dem<br />

europäischen Import gleichgesetzt werden können<br />

- ein im November oder Dezember auslaufendes<br />

Segelschiff erreichte Europa erst im<br />

nächsten Kalenderjahr-, verlief <strong>die</strong> Entwicklung<br />

der Importmengen Europas natürlich parallel zu<br />

den Steigerungen der Exporte der Anbauländer.<br />

Von besonderem Interesse sind <strong>die</strong> Mengen des<br />

importierten Reises in Bremen und in London<br />

sowie Liverpool, weil sich seit der Mitte der<br />

1880er Jahre eine Verschiebung des europäischen<br />

Zentrums für den <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> Reisverarbeitung<br />

von England nach Deutschland und<br />

insbesondere Bremen abzeichnete, <strong>die</strong> im letzten<br />

Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts abgeschlossen<br />

war. Für <strong>die</strong> Jahre 1877 <strong>bis</strong> 1881 sowie 1891 <strong>bis</strong><br />

1895 zeigt sich folgendes Bild der Marktpositionen<br />

in England und in Deutschland (s. Tabelle<br />

III. 4.13, S. 1545” ).<br />

Ähnlich gestaltete sich <strong>die</strong> Ausfuhr. Von der Position<br />

der Marktführung der englischen Industrie,<br />

<strong>die</strong> 1872 noch mehr als doppelt so viel Reis ausführte<br />

wie <strong>die</strong> Bremens, blieb kurz vor dem Ende<br />

des 19. Jahrhunderts nichts mehr. Die weltgrößte<br />

Reisindustrie arbeitete an der Weser und der Elbe.<br />

Tabelle III. 4.14, Vergleichende Darstellung der Reisexporte von Bremen, Hamburg und aus<br />

England 1872-1895<br />

Jahr<br />

Reisexporte<br />

Bremen<br />

Reisexporte<br />

Hamburg<br />

Reisexporte aus<br />

Bremen und Hamburg<br />

Reisexporte<br />

Engiand<br />

1872 53.566 151.698<br />

1873 70.476 156.521<br />

1874 65.021 204.562<br />

1875 59.906 167.924<br />

1876 63.373 170.538<br />

1877 60.155 144.357<br />

1878 62.046 193.543<br />

1879 79.917 169.188<br />

1880 105.072 176.435<br />

1881 , 117.317 174.786<br />

1891 253.500 109.334 362.834 286.809<br />

1892 240.650 118.530 359.180 272.938<br />

1893 215.600 135000 350.600 211.745<br />

1894 206.857 112.578 319.165 215.220<br />

1895 220.440 147.100 367.540 207.818<br />

in Tonnen<br />

155


&>■<br />

Die verschifften Mengen an Reis wurden zwischen<br />

1870 und 1895 in immer größeren Teilen<br />

auf Dampfschiffen transportiert. Segelschiffe<br />

waren weiterhin im Geschäft aktiv, kosteten <strong>die</strong><br />

Transporteure weniger Geld, brauchten für <strong>die</strong><br />

Reisen zwischen Europa und Asien aber auch<br />

länger. Ende des 19. Jahrhunderts machten nicht<br />

mehr <strong>die</strong> Segelschifftransporte, sondern <strong>die</strong><br />

Dampfertransporte <strong>die</strong> übliche und in der Zahl<br />

überwiegende Art der Reisverschiffung aus.<br />

Während <strong>die</strong> Schiffe immer größer wurden, sanken<br />

<strong>die</strong> Frachtraten immer weiter und <strong>die</strong>s galt<br />

für <strong>die</strong> Reispreise ebenso. Das Geschäft wurde<br />

nicht mehr über besonders hohe Preise, sondern<br />

über <strong>die</strong> Masse gemacht. 1875 notierten <strong>die</strong> Preise<br />

für rohen Reis in London noch <strong>bis</strong> zu 12<br />

Schillinge (12,12 Mark) je Ballen, 1885 lagen<br />

<strong>die</strong> Preise in einem Bereich um <strong>die</strong> 7 Schillinge<br />

(7,07 Mark), 1895 lagen <strong>die</strong> Preise für Reis in<br />

London teilweise nur noch bei knapp über 5<br />

Schillinge (5,05 Mark). Bremen und Hamburg<br />

hatten London und Liverpool in den Umschlagszahlen<br />

weit abgehängt. Nach etwa 40 Jahren des<br />

rasanten Wachstums eines globalen Marktes zwischen<br />

Birma, England und Deutschland kündigten<br />

sich einschneidende Veränderungen im internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> an, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> nächsten<br />

20 Jahre <strong>bis</strong> zum Beginn des Ersten Weltkriegs<br />

viele neue Entwicklungen bringen sollten.<br />

5. Absatzgebiete<br />

Die Ausfuhr von Reis aus den Häfen Birmas<br />

verdreifachte sich in nur etwa 30 Jahren. Für <strong>die</strong><br />

Jahre 1859, 1879 und 1890 kamen dabei nach<br />

Oppel folgende Ausfuhrzahlen zusammen.^^’<br />

Der Absatz ging in erster Linie nach Europa und<br />

nur ein kleinerer Teil des Reises aus Birma verblieb<br />

in Asien. Nur wenn es in einem Land, das<br />

für den asiatischen Verbrauch Exportreis anbaute,<br />

zu Ernteausfällen kam oder Hungersnöte in In<strong>die</strong>n<br />

oder Asien drohten, verblieben größere<br />

Mengen Reis aus Birma in Asien. Europa war<br />

<strong>die</strong> wichtigste Destination der Reisverschiffer<br />

Birmas. Die Zentren der europäischen Reisverarbeitung<br />

waren unbestritten London und Liverpool<br />

in England sowie Bremen und Hamburg in<br />

Deutschland. Der europäische Konsum und der<br />

Bedarf der Stärkeindustrie fragten jedoch bei<br />

weitem nicht <strong>die</strong> Mengen an Reis nach, <strong>die</strong> in<br />

Europa abgeladen wurden. Die beiden großen<br />

europäischen Zentren der Reisverarbeitung versorgten<br />

den größten Teil der nicht-asiatischen<br />

Welt mit Reis.<br />

Reisexporte der europäischen Reisindustrien<br />

Die deutschen <strong>Reishandel</strong>splätze hatten Mitte<br />

der 1880er Jahre den vormaligen Marktführem<br />

Tabelle III. 5.1, Reisausfuhr der vier Reishäfen Birmas 1859-1890<br />

V e rsch iffu n g a u ?^<br />

Jahr<br />

1859 1879 1890<br />

Akyab 131.092 73.700 170.000<br />

Rangun 112.561 340.000 788.000<br />

Bassein 43.867 130.000 130.000<br />

Moulmein 17.057 50.200 50.000<br />

Summe 304.586 593.900 1.138.000<br />

in Tonnen


Tabelle III. 5.2, Export von poliertem Reis aus London und Liverpool 1881-1885<br />

Verschiffung a u s "<br />

Jahr<br />

1881 1882 1883 1884 1885<br />

London 80.261 83.164 72.968 74.641 50.793<br />

Liverpool 94.524 127.233 116.693 96.937 105.432<br />

Summe 174.785 210.397 189.661 171.578 156.225<br />

in Tonnen<br />

aus Großbritannien den Rang abgelaufen. Und<br />

trotz zunehmender Konkurrenz durch eigene<br />

Reisverarbeitungsindustrien in den europäischen<br />

Nachbarländern stieg <strong>die</strong> globale Bedeutung des<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong>s, zumindest im Vergleich<br />

zu den europäischen Konkurrenten, weiter an.<br />

Um 1910 ging mehr als ein Viertel der gesamten<br />

europäischen Reiseinfuhr nach Deutschland. Das<br />

meiste davon wurde nach der Bearbeitung jedoch<br />

wieder exportiert, viel in andere europäische<br />

Länder, aber auch nach Übersee.<br />

Die Exporte von weißem, poliertem Reis aus<br />

England sanken nach 1872 deutlich ab (s. Tabelle<br />

111. 5.2 oben).<br />

ln England polierter Reis wurde in kleineren<br />

Mengen von wenigen Tausend Tonnen nach<br />

Kontinentaleuropa exportiert. In den Mittelmeerraum<br />

wurden zwischen 1881 und 1885 jährlich<br />

10.000 <strong>bis</strong> hin zu etwa 23.000 Tonnen (1882)<br />

Reis exportiert. Der zweitgrößte Absatzmarkt<br />

im europäischen Einzugsgebiet war das Osmanische<br />

Reich, <strong>die</strong> Türkei, wohin 1884 fast 14.000<br />

Tonnen Reis versandt wurden. Der größte Markt<br />

für den englischen Absatz insgesamt aber waren<br />

<strong>die</strong> Westindischen Inseln. Dorthin verschifften<br />

englische Exporteure zwischen 59.000 Tonnen<br />

(1881) und fast 80.000 Tonnen (1883) an weißem<br />

Reis.^^® Die Nachfrage dort entstand, weil<br />

einfach verarbeiteter Reis ein sehr günstiges<br />

Nahrungsmittel war und den Besitzern der kari<strong>bis</strong>chen<br />

Plantagenwirtschaft somit einen billigen<br />

Nahrungsmittelbezug für ihre Sklaven sicherte,<br />

soweit <strong>die</strong>se ihr Essen nicht selbst anbauten. Zugleich<br />

zielten <strong>die</strong> Ansprüche der Abnehmer dort<br />

nur auf <strong>die</strong> Billigkeit der Ware und nicht auf<br />

eine besonders hochwertige Verarbeitung des<br />

Produkts, worin <strong>die</strong> englischen den deutschen<br />

Reismüllem nachstanden. Die Anteile am Weltmarkt,<br />

<strong>die</strong> von den englischen Reismüllem verloren<br />

wurden, haben zumeist <strong>die</strong> deutschen und<br />

besonders <strong>die</strong> bremischen Reismüller gewonnen<br />

(s. Tabelle III. 5.3, S. 158).<br />

Im Jahrzehnt von 1872 <strong>bis</strong> 1881 stiegen <strong>die</strong> Reisexporte<br />

Bremens um mehr als das Doppelte. Betrachtet<br />

man <strong>die</strong> einzelnen Destinationen, fällt<br />

der spezielle Standortvorteil Bremens gegenüber<br />

Liverpool und London ins Auge. Der große deutsche<br />

Absatzmarkt ist für <strong>die</strong> englische Reisindustrie<br />

nicht zu erreichen. Führend in der innerdeutschen<br />

Nachfrage sind <strong>die</strong> großen Länder<br />

Preußen, Sachsen und Bayern. Im Laufe der Jahre<br />

wurde auch zunehmend nach Lippe exportiert,<br />

was an der Stärkefabrik in Salzuflen liegen dürfte.<br />

Allein <strong>die</strong> Exporte nach Preußen waren mit<br />

51.824 Tonnen 1881 fast so groß wie der Absatz<br />

der britischen Industrie in <strong>die</strong> Karibik. Außerhalb<br />

Deutschlands ging <strong>die</strong> größte Exportmenge aus<br />

den Bremer Reismühlen nach Österreich. Von<br />

11.000 Tonnen 1872 über 22.000 beziehungsweise<br />

23.000 Tonnen 1873/74 pendelte sich <strong>die</strong><br />

Ausfuhr dorthin in den Folgejahren bei etwa<br />

16.000 Tonnen jährlich ein. Es folgten schon<br />

deutlich abgeschlagen <strong>die</strong> Exportmengen nach<br />

Südamerika, Schweden und Russland, <strong>die</strong> 3.000-<br />

5.000 Tonnen pro Jahr betragen. Die Ausfuhr<br />

nach Westin<strong>die</strong>n, in <strong>die</strong> Karibik, sank im betrachteten<br />

Jahrzehnt von fast 5.000 auf nur noch<br />

2.300 Tonnen. Auf <strong>die</strong>sem großen Absatzgebiet<br />

157


' ^ М<br />

Tabelle III. 5.3, Reisexporte Bremens nach Preußen und in ausgewählte Länder<br />

1872-1887<br />

Land<br />

Jahr<br />

1872 1875 1878 1881 1885 1887<br />

-Д<br />

Ш'<br />

Preußen 1 8 .0 0 0 1 9 .6 0 0 1 9 .1 0 0 5 1 .0 0 0 4 8 .7 0 0 4 3 .4 0 0<br />

Österreich 1 0 .9 0 0 1 3 .4 0 0 1 6 .2 0 0 1 6 .8 0 0 6 .4 0 0 9.9 0 0<br />

Skandinavien 1 .4 0 0 1 .7 0 0 2 .7 0 0 5 .4 0 0<br />

Südamerika 2 .1 0 0 6 0 0 2 .5 0 0 5 .9 0 0 4 .8 0 0 3.9 0 0<br />

'.■ ib ísiá<br />

I<br />

Westin<strong>die</strong>n 4 .8 0 0 3 .4 0 0 2 .0 0 0 2 .4 0 0 4 .5 0 0 4.6 0 0<br />

Reisexport<br />

Bremen<br />

5 9 .6 0 0 6 9 .2 0 0 7 2 .2 0 0 1 3 7 .5 0 0 1 6 2 .5 0 0 1 5 9 .6 0 0<br />

konnte <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie offensichtlich<br />

nicht mit der Englands konkurrieren. Mit den<br />

größer werdenden Quantitäten von Reis, <strong>die</strong> in<br />

Bremen verarbeitet wurden, wuchsen auch <strong>die</strong><br />

Mengen der Abfall- und Nebenprodukte. 1880<br />

und 1881 wurden immerhin je über 20.000 Tonnen<br />

Reismehl aus Bremen verschickt.^®<br />

1885 wurden aus Bremen 162.565 Tonnen Reis<br />

exportiert. Im Folgejahr war es mit 146.412 Tonnen<br />

Reis eine kleinere Menge, während 1887<br />

159.604 Tonnen Reis versandt wurden. Außerhalb<br />

Deutschlands ging der größte Absatz in<br />

Europa nach Skandinavien mit etwa 13.000 Tonnen<br />

Reis 1885 und je knapp 10.000 Tonnen in<br />

den beiden Folgejahren. Es folgten Spanien und<br />

Portugal. Die Länder der Iberischen Halbinsel<br />

importierten 1885 <strong>bis</strong> 1887 zusammen über<br />

18.000 Tonnen, 15.000 Tonnen und im dritten<br />

Jahr knapp 18.000 Tonnen. Die Exporte nach<br />

Österreich steigerten sich von 6.400 Tonnen über<br />

9.800 Tonnen auf 10.900 Tonnen 1887. Nach<br />

England wurde mit 2.700 Tonnen erstmals 1887<br />

eine nennenswerte Menge Reis exportiert. Außerhalb<br />

Europas war Amerika das größte Absatzgebiet<br />

für polierten Reis aus den Bremer<br />

Mühlen. Die Vereinigten Staaten bezogen je Jahr<br />

zwischen 12.100 und 15.500 Tonnen. In Südin<br />

Tonnen<br />

amerika waren Argentinien und Uruguay <strong>die</strong><br />

größten Abnehmer mit Mengen zwischen 3.800<br />

und 5.000 Tonnen. Nach Westin<strong>die</strong>n wurden nur<br />

2.900 <strong>bis</strong> 4.900 Tonnen Reis exportiert.^®*<br />

1888 betrugen <strong>die</strong> Exporte Bremens 190.746<br />

Tonnen. Von <strong>die</strong>ser Menge ging mit 64.313 Tonnen<br />

der größte Teil in das deutsche Zollgebiet.<br />

Der Export nach Skandinavien war mit 11.400<br />

Tonnen weiterhin hoch. Ebenso wichtig blieb<br />

der Absatz in Südeuropa mit 10.200 Tonnen in<br />

Portugal und 6.200 Tonnen in Spanien. Nach<br />

Österreich wurden 6.200 Tonnen Reis abgesetzt.<br />

In Amerika waren <strong>die</strong> Vereinigten Staaten der<br />

größte Kunde für den Bremer Reis. 23.300 Tonnen<br />

wurden dorthin verschifft. Die Importe Südamerikas<br />

summierten sich wiederum zu einem<br />

guten Geschäft für <strong>die</strong> Bremer Industrie. 5.700<br />

Tonnen Reis gingen nach Argentinien und Uruguay<br />

sowie 3.700 Tonnen nach Brasilien. Der<br />

Export in <strong>die</strong> Karibik stieg wieder auf fast 4.200<br />

Tonnen, war im Vergleich zu den Exportmengen<br />

aus London und Liverpool dorthin aber verschwindend<br />

klein.<br />

Mitte des letzten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts<br />

hatte sich <strong>die</strong> Lage der deutschen Reisindustrie<br />

im Exportgeschäft nicht nennenswert verändert.<br />

Reis- und Reisabfallprodukte wurden 1894 in


einer Menge von 175.000 Tonnen, 1895 von<br />

179.000 Tonnen und 1896 von 170.000 Tonnen<br />

exportiert. In Europa waren Österreich mit Mengen<br />

zwischen 12.000 und 14.500 Tonnen sowie<br />

Spanien und Portugal mit gemeinsam 9.500 <strong>bis</strong><br />

15.800 Tonnen <strong>die</strong> bedeutendsten Abnehmer des<br />

bremischen Produkts. Die Vereinigten Staaten<br />

von Amerika importierten in den drei Jahren immer<br />

über 30.000 Tonnen, 1895 sogar 39.000<br />

Tonnen. Nach Mittel- und Südamerika wurden<br />

6.000,7.000 und 1896 sogar 10.000 Tonnen Reis<br />

verschifft. Beachtenswert ist der Export von<br />

13.600 Tonnen Reis 1894 nach Westin<strong>die</strong>n. In<br />

den Folgejahren sank der Export dorthin wieder<br />

auf 5.000 Tonnen, was etwa den Werten der Vorjahre<br />

entsprach.^“<br />

Wechselt man den Fokus und nimmt statt Bremen<br />

den Reismarkt ganz Deutschlands in den<br />

Blick, ändern sich <strong>die</strong> Ergebnisse nicht sehr<br />

stark. Einzelne Regionen und Länder waren<br />

wichtige Abnehmer des in Hamburg und Bremen<br />

veredelten Reises. In bestimmten Regionen gelang<br />

es der deutschen Industrie kaum, Fuß zu<br />

fassen und manche Absatzgebiete gingen sogar<br />

verloren. Im Jahr 1900 war der europäische Absatz<br />

- in <strong>die</strong>ser nicht-bremischen Perspektive<br />

und nach dem Zollanschluss von 1888 ist der<br />

Reisabsatz in allen zum Deutschen Reich gehörenden<br />

Gebieten kein Export mehr, sondern Konsum<br />

und taucht daher statistisch nicht mehr auf<br />

- mit 52.500 Tonnen ebenso groß wie der auf<br />

den beiden amerikanischen Kontinenten mit<br />

52.400 Tonnen. In Europa war Russland ein neuer<br />

bedeutender Abnehmer mit 15.500 Tonnen.<br />

Portugal war immer noch ein wichtiges Exportziel<br />

bei dorthin versandten Mengen von 14.100<br />

Tonnen. Großbritannien, der noch zwanzig Jahre<br />

zuvor unangefochtene Marktführer im europäischen<br />

Reisexport, bezog 11.400 Tonnen Reis<br />

aus Deutschland. Weitere Reisabnehmer in<br />

Europa waren Ungarn mit 5.100 Tonnen und<br />

Dänemark mit 3.500 Tonnen. Nach Österreich,<br />

in den Vorjahren ein größerer Markt für den<br />

deutschen Reis, wurde kein Reis mehr versandt.<br />

Dort suchte sich <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie einen<br />

neuen Weg, um Marktanteile zu halten.^“ Die<br />

Vereinigten Staaten von Amerika importierten<br />

1900 nur noch 5.600 Tonnen Reis von der Weser<br />

und der Elbe. In Südamerika war Brasilien zum<br />

größten Abnehmer geworden, wohin 11.600 Ton-<br />

Tabelle III. 5.4, Reisexporte deutscher Reismüller auf <strong>die</strong> wichtigsten Absatzmärkte nach 1900<br />

Land<br />

Jahr<br />

1905 1910 1913<br />

Russland 6.500 10.100 16.100<br />

Portugal 13.900 9.100 10.600<br />

England 8.900 11.300 9.800<br />

Nordamerika 10.200<br />

Südamerika 19.500 35.000 28.600<br />

W estin<strong>die</strong>n 11.900 50.900 56.500<br />

Gesam texporte aus<br />

Deutschland<br />

101.000 169.600 184.300<br />

in Tonnen<br />

159


nen Reis geschickt wurden. Es folgten dort Argentinien<br />

mit 5.800 Tonnen, Kolumbien mit<br />

3.900 Tonnen und Venezuela mit 3.800 Tonnen<br />

Reis. Bei der Versorgung der Karibik mit Reis<br />

hatte <strong>die</strong> deutsche Industrie der englischen nennenswerte<br />

Marktanteile abgenommen. Zu den<br />

Westindischen Inseln wurden 21.700 Tonnen<br />

Reis exportiert.<br />

Die Tendenzen, <strong>die</strong> sich 1900 im Auslandsgeschäft<br />

der deutschen Reismüller abzeichneten,<br />

erfuhren <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg keine besonders<br />

große Änderung. Während <strong>die</strong> Gesamtausfuhr<br />

in alle Länder der Welt 1900 bei 129.000<br />

Tonnen lag, waren es 1905 nur 101.000 Tonnen,<br />

1910 nach <strong>die</strong>sem kurzen Einbruch aber schon<br />

169.600 Tonnen und 1913 184.300 Tonnen. Der<br />

Rückgang des Exports 1905 machte sich besonders<br />

im europäischen Geschäft bemerkbar. Dorthin<br />

wurden in jenem Jahr nur 34.500 Tonnen<br />

exportiert. Nach Russland war <strong>die</strong> Ausfuhr mit<br />

6.500 Tonnen gegenüber 1900 mehr als halbiert.<br />

Portugal war mit 13.900 Tonnen nach wie vor<br />

ein wichtiger Markt und nach England wurden<br />

immerhin 8.900 Tonnen verschifft. 1910 hatte<br />

sich der Absatz in Europa kaum besser gestellt.<br />

Von 36.200 Tonnen Reis gingen aber wieder<br />

10.100 Tonnen nach Russland, England war mit<br />

11.300 Tonnen zum zweitgrößten Absatzgebiet<br />

geworden. Portugal nahm wiederum 9.100 Tonnen<br />

Reis auf. 1913 hatte der deutsche Reisexport<br />

wieder das Volumen aus dem Jahr 1900. Von<br />

51.600 Tonnen gingen 16.100 Tonnen nach<br />

Russland und je etwa 10.000 Tonnen nach England<br />

und Portugal. In Amerika wurde der Absatz<br />

ab 1905 stark gesteigert. 10.200 Tonnen wurden<br />

nach Nordamerika verkauft, 1.900 Tonnen nach<br />

Kuba und summiert fast 20.000 Tonnen wurden<br />

nach Argentinien, Brasilien und Kolumbien verschifft.<br />

1910 wurde der Absatz nach Amerika<br />

gegenüber 1905 mehr als verdoppelt. 86.000<br />

Tonnen wurden verschifft, obwohl <strong>die</strong> Vereinigten<br />

Staaten keine Nachfrage mehr hatten. Neben<br />

Brasilien mit 9.300 Tonnen und den anderen<br />

südamerikanischen Staaten, <strong>die</strong> zwischen 3.000<br />

und 6.000 Tonnen importierten, war besonders<br />

der Verkauf von Reis nach Kuba und in <strong>die</strong> Dominikanische<br />

Republik gestiegen. Das letztgenannte<br />

Land kaufte 8.800 Tonnen Reis und in<br />

Kuba wurden sogar 42.100 Tonnen Reis abgenommen<br />

- mehr Reis als 1905 nach ganz Amerika<br />

verkauft werden konnte. 1913 bot sich ein<br />

ähnliches Bild, von 83.800 Tonnen an poliertem<br />

Reis wurden 43.700 und 11.500 Tonnen nach<br />

Kuba und in <strong>die</strong> Dominikanische Republik verkauft.<br />

Brasilien, das eine eigene Reisindustrie<br />

aufbaute, nahm keinen Reis mehr ab. Dafür war<br />

der Export nach Kolumbien mit 12.100 Tonnen<br />

aber wieder sehr hoch.^^^<br />

Die deutsche Reisindustrie sicherte sich am Ende<br />

des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in<br />

der westlichen Welt neue Absatzmärkte. In<br />

Europa gingen wichtige Reisabnehmer wie<br />

Österreich und in einem kleineren Maßstab Italien<br />

wegen ihrer Zollpolitik oder dem Aufbau<br />

eigener Industrien verloren. In Russland konnte<br />

dafür ein neuer großer Markt erschlossen werden.<br />

Zudem wurde England, früher der große<br />

deutsche Konkurrent und Marktführer in der Veredelung<br />

und dem Export von Reis, zum Importland<br />

von Reis und aus Deutschland beliefert.<br />

Die südamerikanischen Länder waren wichtige<br />

Kunden der deutschen Reisindustrie geworden<br />

und im ausgehenden 19. Jahrhundert schafften<br />

<strong>die</strong> deutschen Reismüller es, auch auf den Westindischen<br />

Inseln den englischen Verschiffern<br />

Konkurrenz zu machen und dorthin große Mengen<br />

Reis, vor allem zur Versorgung der Plantagenarbeiter,<br />

zu exportieren.<br />

Neue Exportziele für asiatischen Reis<br />

Während <strong>die</strong> Exportmengen der deutschen Reisindustrie<br />

nur langsam stiegen, wurden in den<br />

asiatischen Anbaugebieten stetig größere Mengen<br />

Reis produziert. Dieser Anstieg wurde nicht<br />

nur durch gewachsene Bevölkerungszahlen und<br />

den Konsum vor Ort verbraucht, sondern zunehmend<br />

auch exportiert, ohne zuvor von europäischen<br />

Händlern aufgekauft, nach Europa verschifft,<br />

dort bearbeitet und dann erst in <strong>die</strong> Zielländer<br />

exportiert worden zu sein.<br />

Ab 1890 steigerte sich der Reisexport von Birma<br />

160


nach Europa nicht mehr kontinuierlich, sondern<br />

schwankte in Bereichen zwischen 920.000 und<br />

etwas mehr als 1.000.000 Tonnen Reis pro Saison.<br />

In fünf von 15 Jahren zwischen 1900 und<br />

<strong>1914</strong> betrug der Export Birmas sogar nur knapp<br />

über 700.000 Tonnen je Saison. Ein stetiges<br />

Wachstum der Exportmengen hatte um das Jahr<br />

1900 herum aufgehört. Zwei andere Märkte für<br />

Exportreis aus Birma wuchsen jedoch. Zum einen<br />

wurden ab 1900 in kleinen <strong>bis</strong> mittleren<br />

Mengen westliche Märkte außerhalb Europas,<br />

also zum Beispiel Südamerika und <strong>die</strong> Kari<strong>bis</strong>chen<br />

Inseln, direkt beliefert. In der Saison<br />

1911/12 wurden 143.000 Tonnen Reis ohne den<br />

Weg durch <strong>die</strong> europäischen Mühlen auf westlichen<br />

Märkten verkauft, das waren immerhin 16<br />

Prozent der nach Europa verschifften Menge von<br />

890.000 Tonnen im selben Zeitraum. Zum anderen<br />

vervielfachte sich der Absatz des Reises<br />

aus Birma in Asien zwischen 1890 und 1900<br />

signifikant. 1890 wurde <strong>die</strong> zuvor nie erreichte<br />

Menge von 438.000 Tonnen Reis nach Osten<br />

exportiert, 1900 war es im Vergleich zu 1900 jedoch<br />

mit 1.337.000 Tonnen Reis <strong>die</strong> dreifache<br />

Menge und zudem auch eine größere Menge<br />

Reis, als im selben Zeitraum nach Europa verschifft<br />

wurde.^“<br />

Das Bevölkerungswachstum und <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Entwicklung in In<strong>die</strong>n, Indonesien, Ostasien<br />

und auch der Südsee schufen eine größere<br />

Nachfrage. So wie <strong>die</strong> von Europäern nach In<strong>die</strong>n<br />

und Asien getragenen wirtschaftlichen Impulse<br />

das Angebot an Birmareis für <strong>die</strong> europäische<br />

Reisindustrie entstehen ließen, entzogen<br />

sie es den europäischen Mühlen auch wieder,<br />

als der Entwicklungsimpuls immer weiter nach<br />

Osten wanderte. Einerseits lag das an den steigenden<br />

technischen Möglichkeiten in Birma, wo<br />

spätestens seit der Jahrhundertwende genauso<br />

qualitativ hochwertiger Reis produziert werden<br />

konnte wie in Europa. Andererseits übertraf <strong>die</strong><br />

Nachfrage in Asien auch einfach nur <strong>die</strong> aus<br />

Europa und von den amerikanischen Kontinenten.<br />

Einzelne deutsche Kaufleute und Handelshäuser<br />

hatten sich ja bereits in den <strong>1850</strong>er und<br />

1860er Jahren als Pioniere des von Europäern<br />

betriebenen innerasiatischen Handels auch mit<br />

der Verschiffung von Reis befasst. Die sich seit<br />

1890 abzeichnenden und nach 1900 vollzogenen<br />

Entwicklungen im internationalen <strong>Reishandel</strong><br />

stellten aber sowohl <strong>die</strong> europäischen Händler<br />

in Asien als auch <strong>die</strong> deutschen Reismüller vor<br />

Herausforderungen, auf <strong>die</strong> sie mit unterschiedlichen<br />

Strategien reagierten.<br />

6. Gründung der Rickmers Reismühlen,<br />

Rhederei und Schiffbau AG<br />

Der am 27. November 1886 verstorbene Rickmer<br />

Glasen Rickmers war eine in vieler Hinsicht prägende<br />

Gestalt gewesen. Er war ein Unternehmer,<br />

dem auch große soziale Ver<strong>die</strong>nste zugeschrieben<br />

werden. Er hatte mehrere Stiftungen gegründet,<br />

sich unter anderem nennenswert am Bau<br />

des Krankenhauses in Bremerhaven beteiligt und<br />

1882 den Titel „königlich preußischer Commerzienrat“<br />

verliehen bekommen. Als Helgoländer<br />

war er gebürtig englischer Nationalität. Die enge<br />

Bindung zu seiner Heimatinsel hatte er durch<br />

<strong>die</strong> Flagge seiner Reederei, <strong>die</strong> grün-rot-weiße<br />

Helgolandflagge mit einem „R“ für Rickmers<br />

in der Mitte, bewiesen und dort beispielsweise<br />

auch einen Kirchturmneubau finanziert. Von der<br />

britischen Regierung wurde er ehrenhalber in<br />

den „Orden vom Heiligen Michael und Georg“,<br />

den sechsthöchsten britischen Orden, aufgenommen.<br />

Unternehmerisch ist <strong>die</strong> Lebensleistung<br />

von Rickmer Glasen Rickmers ebenso unbestritten.<br />

Er hat sich selber vom Schiffszimmermann<br />

zum Besitzer einer großen Werft emporgearbeitet,<br />

war Seemann, Schiffsbesitzer und Reeder,<br />

kaufte sich in eine Reismühle ein, übernahm<br />

<strong>die</strong>se und baute sie zu einer der größten und modernsten<br />

Bremer Industrieanlagen aus. Er hatte<br />

sich zur prägenden Gestalt der schnell gewachsenen<br />

und großen deutschen Reisindustrie gemacht<br />

und war auch in das Stärkegeschäft eingestiegen.<br />

Darüber hinaus war er, vertreten durch<br />

seinen Sohn Andreas, an der Gründung der zweiten<br />

großen Bremer Dampfschifffahrtsgesellschaft,<br />

der DDG „Hansa“, beteiligt. Die Söhne<br />

Andreas, Peter und Wilhelm Rickmers waren<br />

161


ж<br />

alle in unterschiedlicher Form in <strong>die</strong> vielfältigen<br />

Geschäftsfelder des Familienimperiums eingebunden.<br />

Wirtschaftliche Herausforderungen der<br />

Rickmers-Brüder<br />

In wichtigen Geschäftsfragen lag <strong>die</strong> letzte Entscheidung<br />

<strong>bis</strong> zu seinem Tod im Alter von 79<br />

Jahren noch immer beim Patriarchen der Familie.<br />

Durch eine zuweilen sehr eigenwillige Haltung<br />

hatte Rickmer Glasen Rlckmers seinen Söhnen<br />

daher nicht nur ein großes Familienunternehmen<br />

mit verschiedenen Geschäftsfeldern hinterlassen,<br />

sondern auch ein Unternehmen, das in vielen<br />

Bereichen defizitär wirtschaftete, weil er wichtige<br />

Modemisierungsversuche seiner Söhne abgelehnt<br />

und verhindert hatte. Die Werft hatte wie<br />

viele andere Schiffbaubetriebe an der Weser den<br />

Anschluss an den Bau moderner Eisen- und<br />

Dampfschiffe verpasst. Selbst den Einbau von<br />

dampfgetriebenen Hilfsmaschinen auf dann Auxiliarsegler<br />

genannte Schiffe lehnte Rickmer Glasen<br />

Rickmers ab. Eine Modernisierung der Flotte<br />

von den vorhandenen Holzsegelschiffen hin zu<br />

Segelschiffen mit Stahlrumpf wäre recht einfach<br />

durch fremde Zukäufe machbar gewesen. Da<br />

aber neben der Werft auch das Reedereigeschäft<br />

der Firma vom wirtschaftlichen Erfolg der Reismühle<br />

in Bremen abhing - <strong>die</strong>se subventionierte<br />

<strong>die</strong> anderen Betriebe der Rickmers’ -, war eine<br />

andere strategische Ausrichtung zu bedenken.<br />

Denn auch in Asien hatten sich Dampfer gegen<br />

Segler in der Schifffahrt größtenteils durchgesetzt.<br />

Ein Verbleib bei einer Schiffsflotte ohne<br />

Dampfer würde also <strong>die</strong> Abhängigkeit des wirtschaftlichen<br />

Wohls von den Reistransporten im<br />

Reedereigeschäft und den Mühlenerlösen zementieren<br />

und <strong>die</strong> Werft wäre ein Verlustgeschäft<br />

geblieben, wenn der Betrieb nicht eingestellt<br />

worden wäre. Zugleich war im Fahrgebiet nach<br />

Asien mit der DDG „Hansa“ und den staatlich<br />

subventionierten Postdampferlinien des NDL <strong>die</strong><br />

bremische Konkurrenz seit Mitte der 1880er Jahre<br />

erstarkt. Der Verkauf der Stärkefabrik in Hannoversch<br />

Münden belegte einen wirtschaftliehen<br />

162<br />

Misserfolg, der den gesamten Unternehmensverbund<br />

von Werft, Reederei und Reismüllerei<br />

der Rickmers’ nicht nachhaltig gefährdete. Eine<br />

Schließung der Werft, des ursprünglichen Geschäftszweiges<br />

von Rickmer Glasen Rickmers,<br />

wollten <strong>die</strong> drei Brüder jedoch nicht. Zudem entschieden<br />

sie sich, <strong>die</strong> Flotte mit modernen eisernen<br />

Großseglem zu modernisieren und erstmals<br />

auch Dampfer zu bereedern. Ob der technischen<br />

Rückständigkeit und des fehlenden<br />

entsprechend ausgebildeten Personals mussten<br />

dafür jedoch erstmals Schiffe von einer fremden<br />

Werft zugekauft werden.^®'' 1887 und 1888 wurde<br />

je eine Viermastbark mit einer Tragfähigkeit über<br />

3.000 Tonnen von einer Werft in Glasgow in<br />

Dienst genommen. Im Sommer 1889 wurden<br />

<strong>die</strong> beiden Dampfer H e l e n e R ic k m e r s und Sop<br />

h ie R ic k m e r s von der schottischen Werft Russel<br />

& Go. in Glasgow in Dienst gestellt.^®*<br />

Die Reederei und <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

vom Reisgeschäft<br />

Die Aufnahme der Dampfschifffahrt alleine war<br />

jedoch noch nicht <strong>die</strong> Lösung aller Probleme.<br />

Dampfer mussten auch erst einmal wirtschaftlich<br />

betrieben werden. Und mit nur zwei Dampfern<br />

konnte noch kein Linien<strong>die</strong>nst Fahrt aufnehmen.<br />

Die Konkurrenz der Liniendampfer des NDL erwies<br />

sich überraschenderweise als vorteilhaft.<br />

Die regelmäßigen Verbindungen zogen ein höheres<br />

Frachtaufkommen in den Häfen der Postdampferlinie<br />

nach sich. Dadurch kam es regelmäßig<br />

zu einem Überangebot von Ladungen, so<br />

dass <strong>die</strong> beiden Dampfer der Riekmers-Reederei<br />

den Frachtraummangel ausnutzen konnten. Zudem<br />

wurden <strong>die</strong> Dampfer zu ihrer Auslastung<br />

mit dem Transport von Kohle zu Bunkerstationen<br />

beschäftigt. Das war eine Strategie, <strong>die</strong> schon<br />

Rickmer Glasen Rickmers bei der Gründung der<br />

eigenen Reederei und Andreas Rickmers bei der<br />

Betriebsaufnahme der DDG „Hansa“ erfolgreich<br />

betrieben hatten. Der nächste Versuch von Andreas<br />

und Peter Rickmers, das Reedereigeschäft<br />

von der Abhängigkeit des Reisgeschäftes zu lösen,<br />

war der Einstieg in den Petroleumhandel.


Dieser Spezialhandel entwickelte sich erst in den<br />

1890er Jahren, als sich Tankschiffe gegenüber<br />

dem Transport von Petroleum in Fässern durchsetzten.<br />

Ein auf der eigenen Werft gebautes und<br />

1894 in Dienst gestelltes Tankschiff mit 970 Tonnen<br />

Tragfähigkeit für den Petroleumtransport im<br />

ostasiatischen Küstenverkehr wurde in <strong>die</strong>sem<br />

Geschäft auch eingesetzt. Die Geschäfte liefen<br />

jedoch nicht gut genug und passten organisatorisch<br />

kaum zu der ansonsten neben dem Reistransport<br />

betriebenen Trampschifffahrt. Da große<br />

Investitionen für eine Etablierung in dem Geschäft<br />

nötig gewesen wären, für <strong>die</strong> es letztlich<br />

keine Bereitschaft gab, wurde der Tankdampfer<br />

1898 an <strong>die</strong> Shell Transport & Trading Company<br />

in London verkauft.^*®<br />

„Die Hotte der Rickmers Reederei war [...] nach<br />

den inzwischen erfolgten Modemlsierungsmaßnahmen<br />

zu einem technischen Gemischtwarenladen<br />

geworden. Sollte <strong>die</strong> Rickmers Reederei<br />

nicht außerhalb der Erntezeiten für Reis gänzlich<br />

aus den ostasiatischen Gewässern verdrängt werden,<br />

mussten dringend weitreichende Umstrukturierungen<br />

erfolgen.“^’“<br />

1895 und 1896 kaufte <strong>die</strong> Reederei der Familie<br />

Rickmers insgesamt fünf Frachtdampfer auf<br />

Werften in Newcastle und Sunderland. Diese<br />

wurden umgehend in Ostasien in Fahrt gebracht<br />

und für 1896 war das Ziel der Aufbau eines Linien<strong>die</strong>nstes<br />

auf der Strecke Bremerhaven -<br />

Middlesbrough - Antwerpen - Suez - Penang -<br />

Singapur - Shanghai - Yokohama - Hiogo. Die<br />

Umsetzung gestaltete sich schwieriger als vermutlich<br />

gedacht. Kapitäne konnten nicht länger<br />

in Häfen liegen und in Personalunion als Agenten<br />

der Reederei auf Ladung und gute Frachtraten<br />

warten. Stattdessen brauchte <strong>die</strong> Reederei ein<br />

Netz von Agenten in den Häfen, <strong>die</strong> sich um <strong>die</strong><br />

Auslastung der Schiffe bemühten. Diese Arbeitsabläufe<br />

klappten nur teilweise und im ersten Jahr<br />

blieb ein wirtschaftlicher Erfolg des Linien<strong>die</strong>nstes<br />

für <strong>die</strong> Rickmers-Reederei aus. Zudem hatte<br />

der NDL begonnen, größere Dampfer in Dienst<br />

zu stellen und zwischen den beiden Reedereien<br />

aus Bremen und Bremerhaven trat eine verschärfte<br />

Konkurrenzsituation ein. Des Weiteren<br />

hatten sich <strong>die</strong> Geschäfte in Ostasien nicht so<br />

gut entwickelt, wie es bei der Aufnahme der subventionierten<br />

deutschen Postdampferlinien zehn<br />

Jahre zuvor allgemein erwartet worden war. Die<br />

Situation war für <strong>die</strong> Rickmers-Reederei nach<br />

wie vor angespannt.<br />

Der NDL bemühte sich um eine Übernahme der<br />

Rickmers-Schiffe, weil er seine Zubringer<strong>die</strong>nste<br />

zu den Postdampferlinien ausbauen wollte. Die<br />

Verhandlungen gestalteten sich positiv und auf<br />

Grund der schwierigen Lage der Reederei ging<br />

es Andreas Rickmers vor allem um <strong>die</strong> Konditionen<br />

einer Übernahme der Dampfer, weniger<br />

um <strong>die</strong> Frage, ob es überhaupt einen Vertrag geben<br />

sollte. Die 1897 geschlossene Vereinbarung<br />

war für <strong>die</strong> Rickmers-Reederei sehr gut. Die drei<br />

größten Dampfer wurden auf drei Jahre mit einer<br />

Option auf eine Verlängerung der Charter übernommen.<br />

Dafür zahlte der NDL 150.000 Mark<br />

je Jahr und Schiff. Eine Kaufoption besagte, dass<br />

alle drei Schiffe ausschließlich gleichzeitig zu<br />

einem Preis von 1.100.000 Mark je Dampfer gekauft<br />

werden konnten. Für eine Klassifizierung<br />

durch den Germanischen Lloyd notwendige Umbauten<br />

wurden zu Lasten des NDL vereinbart.<br />

Obwohl <strong>die</strong> HAPAG, ein großer Konkurrent der<br />

Bremer Dampferreederei, von <strong>die</strong>sem Vertrag<br />

nichts erfahren sollte, bekam <strong>die</strong> HAPAG <strong>die</strong><br />

Vereinbarung zu Ohren und warb <strong>die</strong> früheren<br />

Agenten der Rickmers-Reederei ab. Ein Teil des<br />

Dampfergeschäfts war somit auch an <strong>die</strong> HA­<br />

PAG übergegangen. Die verbliebenen Dampfer<br />

wurden wieder in der Trampschifffahrt eingesetzt<br />

und 1898 an <strong>die</strong> HAPAG verchartert. 1899 wurden<br />

<strong>die</strong> Dampfer schlussendlich nach Hamburg<br />

verkauft - <strong>die</strong> Rickmers-Reederei hatte trotz erheblicher<br />

Investitionen 1895 in das Reedereigeschäft<br />

mit der Linienfahrt von Dampfern in Asien<br />

nicht Fuß fassen können. Ein letztes Versuchsfeld<br />

der Reedereiaktivitäten war der Beginn der<br />

Hochseefischerei. Diese wurde zwar einige Jahre<br />

betrieben, war aber auch unwirtschaftlich. Problematisch<br />

war es zum einen, Personal zu finden,<br />

zum anderen <strong>die</strong> Verluste der Liegezeiten im<br />

Winter auszugleichen und nicht zuletzt <strong>die</strong> Konkurrenz<br />

der schnell wachsenden deutschen Fi-<br />

163


I ;<br />

schereiflotte. Die Fischdampfer wurden schließlich<br />

verkauft und der Rickmers-Reederei blieb<br />

als einzig erfolgreiches Geschäft der Reistransport<br />

und <strong>die</strong> Trampschifffahrt.^’'<br />

Der Schiffbau und <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

der Werft von der Rickmers-Reederei<br />

Ende der 1880er Jahre gab es in Deutschland<br />

Werften, <strong>die</strong> aus eisenverarbeitenden Firmen entstanden<br />

waren. Diese Werften waren <strong>die</strong> Pioniere<br />

des Eisenschiffbaus in Deutschland gewesen.<br />

Ein Beispiel dafür ist <strong>die</strong> Bremer Actien-Gesellschaft<br />

„Weser“ gewesen, <strong>die</strong> 1872 aus der Maschinenbau-<br />

und Eisengießereifirma Waltjen &<br />

Leonhardt hervorgegangen war. Zudem hatten<br />

es etliche Traditionswerften geschafft, vom Holzschiffbau<br />

erfolgreich auf den Bau von Eisenund<br />

Stahlschiffen umzuschwenken und damit<br />

<strong>die</strong> rückständige Entwicklung gegenüber den<br />

englischen Werften auszugleichen. Zuletzt gab<br />

es aber auch Werften wie <strong>die</strong> der Rickmers’, <strong>die</strong><br />

damit im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts<br />

zumeist vor dem Aus standen.<br />

Die ersten Eisenschiffe der Rickmers-Reederei<br />

waren acht Leichter für den Reistransport auf<br />

der Weser, <strong>die</strong> zwischen 1890 und 1892 fertiggestellt<br />

wurden. Für <strong>die</strong>se Neubauten mit den<br />

Baunummem 80 <strong>bis</strong> 87 waren 1890 erste bauliche<br />

Veränderungen in der Werft vorgenommen<br />

worden: Ein größerer Maschinenschuppen und<br />

ein neuer Rissboden wurden errichtet und ein<br />

Spantenglühofen zur Formung von Schiffsspanten<br />

angeschafft. Währenddessen begutachtete<br />

Paul Rickmers (1873-1946) im Auftrag seines<br />

Vaters Peter und seines Onkels Andreas den Bau<br />

der auf englischen Werften bestellten Dampfer.<br />

Damit eignete sich ein Mitglied der Familie Wissen<br />

über modernen Eisenschiffbau an. Zudem<br />

sammelte er Informationen über den besten Betrieb<br />

von Dampfern, <strong>die</strong> beste Feuerung der<br />

Dampfmaschinen und <strong>die</strong> Konstruktion der Antriebsmaschinen.<br />

Der heimischen Werft half es<br />

wenig, denn neue Bauaufträge von fremden Reedern<br />

blieben weiterhin aus. Der Spezialschiffbau<br />

des Tankdampfers und der Fischereidampfer<br />

164<br />

zwischen 1894 und 1896 löste <strong>die</strong>se Probleme<br />

jedoch nicht, alle Schiffe wurden zuerst in den<br />

eigenen Dienst gestellt, <strong>bis</strong> sie aus Reedereigründen<br />

abgestoßen wurden. Einer konsequenten<br />

Modernisierung der Werft mit hohen Investitionen<br />

stellte sich Peter Rickmers in den Weg. Gegen<br />

<strong>die</strong>sen Widerstand konnten oder wollten sich<br />

seine beiden Söhne Paul und Robert (1864-<br />

1948), <strong>die</strong> inzwischen im Vorstand der Firma<br />

aktiv waren, sowie Andreas Rickmers nicht<br />

durchsetzen.^’^ Fatalerweise war mit der Entscheidung<br />

zur Modernisierung der Flotte und<br />

dem Kauf von Segelschiffen mit Eisenrumpf und<br />

von Dampfern in England <strong>die</strong> enge Bindung der<br />

Werft an das Reederei- und Reisgeschäft verloren<br />

gegangen. Zwar war auch <strong>bis</strong>her der Schiffbau<br />

ein Zuschussgeschäft gewesen, aber immerhin<br />

ein schlechtes Geschäft, das der Reederei und<br />

der Reismühle <strong>die</strong>nte. Ohne <strong>die</strong>sen Zusammenhang<br />

war <strong>die</strong> Bedeutung der Rickmers-Werft<br />

trotz vier Neubauten von Segelschiffen zwischen<br />

1895 und 1898 marginalisiert. Die Familie verkaufte<br />

oder schloss <strong>die</strong> Werft zwar nicht, aber<br />

endgültig stand das Reisgeschäft im Mittelpunkt<br />

des Unternehmens.^’^<br />

Die Rickmers Reismiihlen, Rhederei und<br />

Schiffbau AG<br />

Nach dem Willen des Firmengründers sollten<br />

<strong>die</strong> Söhne Andreas, Peter und Wilhelm Rickmers<br />

den Unternehmensverbund von Werft, Reederei<br />

und Reismühle gemeinsam weiterführen. Dies<br />

war jedoch gar nicht so einfach, weil der Erfahrungshorizont<br />

und der Grad der <strong>bis</strong>herigen Einbindung<br />

in <strong>die</strong> Leitung der Geschäfte sehr unterschiedlich<br />

waren.<br />

Andreas Rickmers war wie sein Vater gelernter<br />

Schiffszimmermann und hatte sich sein kaufmännisches<br />

Wissen im väterlichen Unternehmen<br />

angeeignet. Er war zudem für den frühen Reedereibetrieb<br />

in den <strong>1850</strong>er Jahren mitverantwortlich<br />

gewesen. Bei der Gründung der DDG „Hansa“<br />

war er der Vertreter der Familie Rickmers<br />

und in Leitungsaufgaben der Dampfschiffsreederei<br />

eingebunden. Zudem war Andreas Rick-


mers der Fachmann für das Reisgeschäft. Denn<br />

nach der vollständigen Übernahme der Reismühle<br />

in Bremen hatte er deren Leitung inne. Der<br />

jüngere Bruder Peter hatte hingegen einen anderen<br />

Ausbildungsweg genossen. Er war länger<br />

zur Schule gegangen und hatte danach ohne<br />

handwerkliche Ausbildung <strong>die</strong> Arbeit eines<br />

Kaufmanns im eigenen Unternehmen kennengelemt.<br />

Wilhelm Rickmers, der jüngste der Brüder,<br />

hatte das Reisgeschäft auf einer Reise in<br />

den Jahren 1876/77 in Asien kennengelernt, hatte<br />

wenig erfolgreich <strong>die</strong> Stärkefabrik in Hannoversch<br />

Münden geleitet, war kurzzeitig im Aufsichtsrat<br />

von Hoffmann’s Stärkefabriken in Bad<br />

Salzuflen vertreten und anschließend in der<br />

Geschäftsführung der Rickmers Reismühle in<br />

Bremen, wo er seinen Bruder Andreas aus gesundheitlichen<br />

Gründen aber kaum entlastete.<br />

Insgesamt hatte Wilhelm Rickmers damit <strong>die</strong><br />

wenigsten und bedeutungslosesten Aufgaben im<br />

Unternehmen gehabt. Auch wenn <strong>bis</strong> zu dessen<br />

Tod alle Entscheidungen von Rickmer Glasen<br />

Rickmers getroffen wurden, war Andreas Rickmers<br />

so stark in <strong>die</strong> väterlichen Geschäfte eingebunden<br />

wie keiner seiner Brüder. Peter Rickmers<br />

war vor allem als Repräsentant der Firma<br />

aufgetreten. Nach dem Deutsch-Französischen<br />

Krieg beispielsweise war er für <strong>die</strong> Abtretung<br />

Saigons als Reparationsleistung an Deutschland<br />

eingetreten^’“' und hatte so vermutlich ein neues<br />

Geschäftsfeld für den <strong>Reishandel</strong> erschließen<br />

wollen. Er hatte keinerlei Erfahrung als Geschäftsführer<br />

gesammelt. Damit nun alle Söhne<br />

dem Wunsch des Vaters entsprechend, und vor<br />

dem Hintergrund der großen wirtschaftlichen<br />

Herausforderung angemessen, an der Leitung<br />

der drei unterschiedlichen Bereiche Werft, Reederei<br />

und Reismüllerei beteiligt werden konnten,<br />

verschmolzen sie <strong>die</strong> drei verschiedenen Unternehmensbereiche<br />

in einer Aktiengesellschaft.^^^<br />

So entstand 1889 <strong>die</strong> Rickmers Reismühlen,<br />

Rhederei und Schiffbau AG, <strong>die</strong> Rickmers AG.<br />

Das Kapital der Gesellschaft betrug 8 Millionen<br />

Mark, <strong>die</strong> in 8.000 Aktien mit einem Wert von<br />

je 1.000 Mark aufgeteilt waren. Fremdes Kapital<br />

wurde bei der Gründung der Rickmers AG trotz<br />

der wirtschaftlichen Herausforderungen nicht in<br />

das Unternehmen eingebracht. 1895 wurde das<br />

Kapital der Gesellschaft für <strong>die</strong> Finanzierung<br />

der Dampfemeubauten mit einer langfristigen<br />

Anleihe, <strong>die</strong> in Form von 13.000 Aktien zu 1.000<br />

Mark wiederum nur an Peter und Andreas Rickmers<br />

gingen, erhöht.<br />

1887/88 gab es in Deutschland <strong>die</strong> durchaus große<br />

Zahl von 2.134 Aktiengesellschaften, <strong>die</strong> gemeinsam<br />

ein Kapital von 4.876.000 Mark hatte.<br />

Doch nur 74 der Aktiengesellschaften hatten ein<br />

Grundkapital von mehr als 10 Millionen Mark.<br />

Die Rickmers AG gehörte mit ihren 8 Millionen<br />

Mark Grundkapital, das vollständig im Besitz<br />

der Familie lag, also schon bei der Gründung<br />

eindeutig zu den größeren Aktiengesellschaften<br />

und bestimmt auch zu den größten familieneigenen<br />

Firmen Deutschlands. Die Größe des Unternehmens<br />

bedingte eigentlich eine funktionelle<br />

Differenzierung der verschiedenen Aufgabenbereiche<br />

im Betrieb. Des Weiteren wären klare Verantwortlichkeiten<br />

und Informationspflichten sowie<br />

Informationsfluss zwischen den Abteilungen<br />

und ebenso deutliche Aufgabenzuordnungen notwendig<br />

gewesen.’’'* Eine eindeutige Aufgabenverteilung<br />

und Entscheidungsstruktur gab es bei<br />

Rickmers aber weder vor noch nach der Gründung<br />

der Rickmers AG. Anlässlich der Übernahme<br />

der Reismühle von Ichon machte Rickmer<br />

Glasen Rickmers im Firmen-Anzeiger des<br />

Deutschen Reiches <strong>die</strong> Angabe, dass er und seine<br />

Söhne <strong>die</strong> Besitzer waren, ansonsten aber nur<br />

Ernst Mohr (1828-1907) Prokurist war. Das in<br />

drei Branchen tätige Unternehmen hatte also nur<br />

einen zeichnungsberechtigten, leitenden Angestellten.<br />

Emst Mohr war zugleich aber auch mit<br />

der ältesten Tochter des Firmenpatriarchen, Maria<br />

Dorothea (1833-1887), verheiratet und gehörte<br />

damit auch zur Familie. Die bei der Gründung<br />

einer Aktiengesellschaft gesetzlich vorgeschriebene<br />

Aufstellung eines Aufsichtsrates und<br />

eines Vorstandes erfüllten <strong>die</strong> Rickmers-Brüder,<br />

indem Peter und Wilhelm Aufsichtsräte und Andreas<br />

Vorstand der Rickmers AG wurden. Die<br />

noch immer kleine Zahl von nur drei leitenden<br />

Angestellten erhielt Prokura.’’'’'<br />

165


Eine wirkliche Trennung zwischen der Kontrollfunktion<br />

des Aufsichtsrates und der geschäftsführenden<br />

Funktion des Vorstandes gab es bei<br />

der Rickmers AG allerhöchstens auf dem Papier.<br />

Bei den Bemühungen zur Modernisierung der<br />

Werft und der Etablierung von Liniendampfschifffahrt<br />

unter der Rickmers-Flagge bemühten<br />

sich Robert und Paul Rickmers, ihren Vater Peter<br />

und den Onkel Andreas Rickmers von einem<br />

konsequenten Modemisierungsversuch der Werft<br />

und mehr Ausdauer im neu aufgenommenen<br />

Reedereigeschäft zu überzeugen. Obwohl Peter<br />

formal nur Aufsichtsrat war, verhinderte sein Veto<br />

im Tagesgeschäft entscheidende Veränderungen.<br />

Die fehlenden Abgrenzungen der Aufgabenbereiche<br />

und der Entscheidungsstrukturen<br />

der Rickmers AG trugen somit dazu bei, dass<br />

<strong>die</strong> wirtschaftlichen Probleme nur halbherzig<br />

und daher wohl auch ohne nachhaltigen Erfolg<br />

angegangen wurden.<br />

Verschärft wurde <strong>die</strong> innerhalb der Familie unklare<br />

Autoritätsstruktur im Betrieb durch den<br />

Tod Wilhelm Rickmers’ 1891. Dieser hatte in<br />

zweiter Ehe seine Nichte Ellen Dorothea (1867-<br />

1947), <strong>die</strong> Zweitälteste Tochter von Andreas<br />

Rickmers, geheiratet. Ellen Rickmers konnte <strong>bis</strong><br />

zur Volljährigkeit ihrer Söhne über deren Aktien<br />

verfügen, neigte in geschäftlichen Fragen aber<br />

sicher dazu, ihrem Vater Andreas zu folgen. Somit<br />

wurden <strong>die</strong> Entscheidungen der Rickmers<br />

AG nur noch von den Familien Andreas und Peter<br />

Rickmers getroffen. Um <strong>die</strong> Aktien und damit<br />

den Besitz an der Firma in jedem Fall in der Familie<br />

zu halten, wurde zwischen <strong>die</strong>sen beiden<br />

Parteien ein Vertrag verhandelt, der sicherstellen<br />

sollte, dass allen Familienmitgliedern in bestimmter<br />

Reihenfolge Aktien zum Kauf angeboten<br />

werden mussten, bevor sie an Fremde verkauft<br />

werden durften. Dieser Vorverkaufsvertrag<br />

wurde 1892 von der Familie beschlossen, wäre<br />

aber kurz vor Vollendung fast gescheitert. Andreas<br />

Rickmers hatte versucht, seinen Einfluss<br />

im Unternehmen zu vergrößern, indem er vor<br />

Vertragsschluss über seine Tochter Ellen Aktien<br />

seiner Neffen, der Söhne Wilhelm Rickmers’ aus<br />

erster Ehe, erwarb. Zusätzlich wollte er <strong>die</strong>sen<br />

Kauf noch mit Firmengeldern vornehmen und<br />

<strong>die</strong> Aktien später auf sich umschreiben lassen.<br />

Dies verhinderte Peter Rickmers und es wurde<br />

festgelegt, dass entsprechende Käufe durch privates<br />

Vermögen finanziert werden mussten. Diese<br />

Episode zeigt jedoch, dass <strong>die</strong> Entscheidungsstrukturen<br />

und Besitzverhältnisse der Rickmers<br />

AG eine durchaus schwierige Sache waren, <strong>die</strong><br />

sowohl den privaten Umgang der Familie wie<br />

auch geschäftliche Entwicklungen beeinflussten.<br />

7. Fazit<br />

Der Beginn der Reismüllerei durch <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers 1872 ist eine Zäsur in der Entwicklung<br />

<strong>die</strong>ses Industriezweiges in Bremen. Die wirtschaftlichen<br />

Bedürfnisse der hauseigenen Werft<br />

und Reederei, <strong>die</strong> bei den weltweiten Entwicklungen<br />

in der Schifffahrt und dem Schiffbau den<br />

Anschluss verloren, bewogen Rickmer Ciasen<br />

Rickmers und seinen Sohn Andreas zu einem<br />

rasanten und vehementen Ausbau des Reisgeschäfts.<br />

Nach dem erzwungenen Austritt der Familie<br />

Ichon aus dem gemeinsamen Betrieb formte<br />

Rickmers innerhalb von nur zehn Jahren den<br />

größten Betrieb der deutschen Reisindustrie und<br />

trat auch in Asien als bedeutender Wettbewerber<br />

um Reisverschiffungen und -Verarbeitung auf<br />

Zudem hatten <strong>die</strong> Brüder Nielsen - nicht durch<br />

Schifffahrt und Schiffbau motiviert, sondern als<br />

Mühlenbesitzer und aus industriellen Interessen<br />

- in zwei verschiedenen Betrieben 1855 und<br />

1862 <strong>die</strong> Reismüllerei aufgenommen.<br />

Die Firma Gebrüder Nielsen nahm 1874 als erstes<br />

Unternehmen in Bremen <strong>die</strong> Produktion von<br />

Reisstärke auf. Dieser Industriezweig entwickelte<br />

sich, weil Reisstärke gewisse Vorteile gegenüber<br />

anderen Stärkesorten hatte, aber auch, weil<br />

ein entsprechendes Angebot aus England <strong>die</strong><br />

deutschen Stärkeproduzenten wirtschaftlich unter<br />

Druck setzte. Wirtschaftlichkeit und internationale<br />

Konkurrenzfähigkeit ergaben sich sowohl<br />

durch Zollerleichterungen für den Rohstoff und<br />

durch Schutzzölle gegen <strong>die</strong> internationalen<br />

Wettbewerber wie auch durch ein entsprechendes


Angebot an Rohstoffen. Als Rohstoff wurde<br />

nicht nur direkt Reis aus Asien an <strong>die</strong> Stärkefabriken<br />

geliefert, denn in erster Linie verarbeiteten<br />

<strong>die</strong> Stärkeproduzenten den bei der Reisvermahlung<br />

anfallenden Reisbruch. Des Weiteren zeigt<br />

sich <strong>die</strong> Verbindung des <strong>Reishandel</strong>s, der Reismüllerei<br />

und der Reisstärkeproduktion in den<br />

Marktabsprachen und Konzentrationsbestrebungen<br />

zwischen den Fabriken, <strong>die</strong> wie Hoffmann’s<br />

in Salzuflen ihre Stärkeproduktion auf Reisbasis<br />

umstellten, und den Fabriken der Reismüller, <strong>die</strong><br />

ihre Wertschöpfungskette verlängern wollten.<br />

Einen besonderen Fall bot <strong>die</strong> Stärkefabrik in<br />

Osterholz, <strong>die</strong> ihr Geschäftsfeld einige Jahre<br />

nach der Betriebsaufnahme in <strong>die</strong> andere Richtung<br />

erweiterte und <strong>die</strong> Reismüllerei begann.<br />

Zur Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen<br />

den asiatischen Reisexportländem und der deutschen<br />

Verarbeitungsindustrie war <strong>die</strong> Qualität<br />

der Verkehrsinfrastruktur von hoher Bedeutung.<br />

Die Gründung der Deutschen Dampfschifffahrts-<br />

Gesellschaft „Hansa“ war ein wichtiger Schritt<br />

zur Stärkung des Bremer Reedereistandortes.<br />

Die DDG „Hansa“ war erst <strong>die</strong> zweite Reederei<br />

mit Dampfern für den Überseeverkehr in Bremen<br />

und hatte das für den <strong>Reishandel</strong> wichtige Fahrtgebiet<br />

Ostasien weiter erschlossen. Andreas<br />

Rickmers, größter Bremer Reeder im Reistransport,<br />

beteiligte sich an der Gründung und schuf<br />

sich somit ebenso eigene Konkurrenz wie er<br />

auch <strong>die</strong> Einbindung Bremens in den internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> dadurch zu seinem Vorteil<br />

stärkte. Die Weserkorrektion und der Bau des<br />

neuen Hafens, des heutigen Europahafens, stärkten<br />

Bremen als maritimen Standort der deutschen<br />

Reisindustrie zusätzlich und unterstützen so den<br />

Aufstieg Bremens zum wichtigsten Reisexporteur<br />

Europas.<br />

Bremen wurde zur internationalen Drehscheibe<br />

für Reis. Die aus Asien nach Europa verschifften<br />

Mengen an Reis nahmen kontinuierlich zu. Neben<br />

dem Verbrauch in Deutschland wurden auch<br />

<strong>die</strong> nach Europa, Nord- und Südamerika sowie<br />

in <strong>die</strong> Karibik exportierten Mengen größer. Dabei<br />

konnte Bremen sowohl bei der Einfuhr aus Asien<br />

wie auch bei der Wiederausfuhr des bearbeiteten<br />

Reises den europäischen Spitzenplatz einnehmen<br />

und <strong>die</strong> englische Industrie überflügeln.<br />

Dennoch deuteten sich um 1890 einige Probleme<br />

für <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie an. Andreas Rickmers<br />

und seine Brüder übernahmen den wichtigsten<br />

Betrieb der deutschen Reisindustrie, wandelten<br />

ihn nach dem Tod des Vaters in eine Aktiengesellschaft<br />

um, aber fanden keine schlüssige<br />

Strategie zur Behebung der wirtschaftlichen<br />

Schwierigkeiten des Unternehmens. Zugleich<br />

deuteten erste Zahlen darauf hin, dass Europa<br />

nicht mehr das wichtigste Absatzgebiet für Reisüberschüsse<br />

in den asiatischen Anbauländern<br />

war, was <strong>die</strong> Stellung Europas und besonders<br />

Bremens als Standort des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

in Gefahr brachte.<br />

167


Kapitel IV<br />

Neue Marktstrukturell entstehen (1890-1901)<br />

1. Marktverschiebungen und ein neues<br />

Investitionsverhalten in Deutschland<br />

Der Zollanschluss Hamburgs und Bremens<br />

mit seinen Folgen<br />

Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871<br />

trat das Zollparlament, bestehend aus dem Reichstag<br />

des Norddeutschen Bundes und Vertretern der<br />

süddeutschen Zollvereinsstaaten, nicht mehr zusammen.<br />

Das Zollparlament hatte nur zwischen<br />

1868 und 1870 getagt und <strong>die</strong> bei der Gründung<br />

inten<strong>die</strong>rte Funktion, ein Schritt auf dem Weg zur<br />

Gründung eines Nationalstaats zu sein, war verfehlt<br />

worden. Die Auflösung des Zollparlaments<br />

ist gerade deshalb ein deutlicher Hinweis darauf,<br />

dass mit der Reichsgründung auch der wirtschaftliche<br />

Partikularismus zwischen den deutschen<br />

Staaten längst überwunden war.<br />

Hamburg und Bremen gehörten auch nach der<br />

Reichsgründung zum sogenannten Zollausland<br />

und hatten Häfen, in denen Waren unverzollt abgeladen,<br />

gelagert und verarbeitet werden konnten.<br />

Für <strong>die</strong>se Ausnahmeregelung, <strong>die</strong> von Kleinhändlern<br />

und Gewerbetreibenden abgelehnt wurde,<br />

zahlte Bremen eine jährliche Abgabe, <strong>die</strong> sich<br />

nach der Bevölkerungsgröße richtete, das Aversum.<br />

Der Absatz bremischer Produkte in das Umland<br />

war schwierig, weil alle Waren erst verzollt<br />

werden mussten und damit teurer wurden. Die<br />

Überseekaufleute, <strong>die</strong> Reeder und jene Industrielle,<br />

<strong>die</strong> Kolonialwaren wie Tabak, Baumwolle<br />

und gerade auch Reis verarbeiteten, profitierten<br />

jedoch von der zollrechtlichen Sonderstellung<br />

Bremens. Bis weit in <strong>die</strong> zweite Hälfte des 19.<br />

Jahrhunderts hinein gehörten besonders <strong>die</strong> Vorgenannten<br />

zur wirtschaftsliberalen, freihandelsorientierten<br />

politischen Elite der Hansestadt und<br />

hielten für Bremen den Status des Zollauslands<br />

aufrecht. Und das, obwohl <strong>die</strong> Staatskasse und<br />

<strong>die</strong> industrielle Entwicklung darunter litten. Zum<br />

Ende des Jahrhunderts ero<strong>die</strong>rte der politische<br />

Eührungsanspruch der alten bürgerlichen Eliten,<br />

weil sich durch <strong>die</strong> Industrialisierung und <strong>die</strong> zunehmende<br />

Abhängigkeit der heimischen Wirtschaft<br />

von weltweiten Konjunkturlagen tra<strong>die</strong>rte<br />

Gesellschaftsbilder lösten.^’* Infolgedessen gab<br />

es in Bremen heftige Diskussionen, als der<br />

Reichskanzler im Mai 1879 in Hamburg und Bremen<br />

einen baldigen Beitritt zum Zollgebiet anfragte.<br />

Die nachfolgenden Konflikte kreisten einerseits<br />

zwischen Bremen und Berlin um <strong>die</strong><br />

Frage, ob <strong>die</strong> beiden Hansestädte zu einem Zollanschluss<br />

gezwungen oder <strong>die</strong>ser nur freiwillig<br />

erfolgen konnte. Andererseits ging es innerhalb<br />

der beiden Städte darum, ob man dem Zollgebiet<br />

beitreten wolle. Bremen entschied sich 1880 vorerst<br />

gegen den Zollanschluss, Hamburg hingegen<br />

Anfang 1882 unter Zusicherung eines großen<br />

Freihafengebiets dafür. Der Zollanschluss Hamburgs<br />

musste <strong>bis</strong> 1888 baulich umgesetzt werden<br />

und es siedelten sich etliche Industriebetriebe im<br />

zukünftigen Freihafengebiet an. „Im Freihafenbezirk<br />

entstanden aber auch Unternehmen der<br />

Nahrungsmitteibranche, Kaffeeröstereien und<br />

Reismühlen, endlich Mineralölraffinerien und<br />

Werke zur Kautschuk- und Asbestverarbeitung.“^^®Dies<br />

löste auch in Bremen Überlegungen<br />

bezüglich eines solchen Hafens und dem Zoilbeitritt<br />

der städtischen Gebiete aus. Sonderregelungen<br />

sollten für wichtige Bremer Wirtschaftszweige<br />

gelten, unter anderem „für das Speditionsgeschäft,<br />

den Schiffbau, <strong>die</strong> Reisschälmühlen.<br />

Stärkefabriken usw.“^®°. Der Konflikt zwischen<br />

dem Reichskanzler und der Regierung in Bremen<br />

erschwerte <strong>die</strong> Verhandlungen, und auch wenn<br />

1884 der Zollanschluss - genauso wie in Hamburg<br />

- für 1888 festgesetzt wurde, war das den<br />

Bremern zugestandene Freihafengebiet deutlich<br />

kleiner als erhofft. Zudem durfte in den Freigebieten<br />

der Häfen Bremens und Bremerhavens<br />

keine Exportindustrie angesiedelt werden.**'


Nun war <strong>die</strong> Voraussetzung geschaffen, dass sich<br />

auf Bremer Gebiet Industrie ansiedeln konnte,<br />

da der deutsche Absatzmarkt ohne Zollschranke<br />

erreicht werden konnte. Aus Sicht der Bremer<br />

Reisindustrie, der Reisschälmühlen und Stärkefabriken<br />

der Rickmers’ und der Nielsens, war<br />

der Zollanschluss ein großer Nachteil. Die Bremer<br />

Reismühlen, <strong>die</strong> einen großen Teil ihrer Produktion<br />

wieder exportierten, lagen außerhalb des<br />

Freihafengebiets. Daher mussten sie ihren Rohstoff<br />

nun verzollen und arbeiteten weniger rentabel.<br />

Eine Umsiedlung der Mühlen in das bremische<br />

Freihafengebiet war auf Grund des Verbots<br />

zur Ansiedlung von Exportindustrie nicht<br />

möglich. So wurde nüt dem Zollanschluss 1888,<br />

etwa zur gleichen Zeit, als <strong>die</strong> deutschen Reismühlen<br />

<strong>die</strong> englischen Mühlen sowohl beim Import<br />

von asiatischem Reis als auch beim Export<br />

quantitativ und auch qualitativ endgültig überholt<br />

hatten, eine Konstellation geschaffen, <strong>die</strong> den<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong> <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

prägen sollte. Bis 1906 wuchs <strong>die</strong> Hafenfläche<br />

Hamburgs auf über 600 Hektar an, <strong>die</strong> Bremens<br />

aber nur auf über 120 Hektar.^®^ Zugleich war<br />

der Elbhafen zu einem viel größeren Teil Freihafengebiet<br />

und es konnte sich dort Industrie<br />

ansiedeln, anders als Bremen, wo Letzteres nicht<br />

möglich war.<br />

ln den Jahren nach dem Zollanschluss wurde<br />

somit Hamburg, das zuvor keine besonders große<br />

Rolle innerhalb des deutschen <strong>Reishandel</strong>s und<br />

der reisverarbeitenden Industrie gespielt hatte,<br />

als Umschlags- und Verarbeitungsplatz für Reis<br />

zunehmend interessant.^®^ Der Hamburger <strong>Reishandel</strong><br />

prosperierte und <strong>die</strong> Hamburger Mühlen<br />

im Freihafengebiet traten in eine verschärfte<br />

Konkurrenz zu den Bremer Mühlen.^®^ Laut einer<br />

Denkschrift der Bremer Reisindustrie soll <strong>die</strong><br />

Handelskammer Hamburg schon 1896 für eine<br />

Erhöhung des Zolls auf Reis eingetreten sein,<br />

um den Wettbewerbsvorteil der Hamburger Mühlen<br />

zu vergrößem.^*^<br />

Die Nachteile zollausländischer Reismühlen für<br />

den Absatz auf dem deutschen Binnenmarkt, vor<br />

allem aber <strong>die</strong> Exportnachteile der Mühlen im<br />

Zollinland, waren bereits 1875 Grund genug.<br />

gesetzliche Sonderregelungen im Interesse der<br />

Industrie zu schaffen. Der „Abdruck aus dem<br />

Bremer Gesetzblatt No. 20 von 1875. Bestimmungen<br />

über <strong>die</strong> Gewährung einer Zollbegünstigung<br />

für den auf vereinsländischen Reismühlen<br />

verarbeiteten Reis“ zeigt <strong>die</strong>se als Zollregulativ<br />

für Reisschälmühlen oder auch kurz Schälregulativ<br />

bezeichneten Sonderregelungen auf.^®'’ Das<br />

Schälregulativ berücksichtigte den Mengenverlust<br />

an Strohhülse und Spelze sowie durch Bruch<br />

und Mehlstaub bei der Vermahlung des Reises.<br />

1875 wurden dabei drei Zustände der Rohware<br />

berücksichtigt: Vollkommen unbearbeiteter Reis<br />

in der Strohhülse wurde nur zu 66 Prozent verzollt,<br />

unpolierter Reis ohne <strong>die</strong> Strohhülse wurde<br />

zu 80 Prozent und vollkommen enthülster, nur<br />

noch zur Politur bestimmter Reis wurde zu 92<br />

Prozent mit dem Eingangszoll belastet. Die Reismüller<br />

sollten nicht verzollen müssen, was ihnen<br />

durch <strong>die</strong> Abfälle und den Staubverlust bei der<br />

Vermahlung nicht zur weiteren Vermarktung zur<br />

Verfügung stand. Das Verfahren zur Feststellung<br />

der Zollsätze sah vor, dass der Reis mit seinem<br />

Bruttogewicht, also vor allen Verarbeitungsschritten,<br />

für <strong>die</strong> jeweiligen Verarbeitungsklassen<br />

unter Zollaufsicht deklariert wurde. Für „den<br />

danach sich berechnenden Zollbetrag [war] Sicherheit<br />

zu leisten, wonächst der Reis ohne weitere<br />

Controle der Vermahlung“ zugeführt wurde.<br />

Der Reiszoll wurde also nicht umgehend beglichen,<br />

sondern in Form eines Zollkredits - einer<br />

Bankbürgschaft, welche <strong>die</strong> Banken wie einen<br />

Kredit der Reismühle in Rechnung stellten - als<br />

Sicherheitsleistung gegenüber den Behörden<br />

festgesetzt. Wurde der so schon zollerleichterte<br />

Reis nicht der direkten Verarbeitung zugeführt,<br />

sondern anderweitig verwendet oder weiterverkauft,<br />

drohten hohe Strafen und der „Verlust der<br />

Vergünstigung“. Innerhalb eines Zeitraums von<br />

maximal 12 Monaten war der vor der Reisabladung<br />

festgesetzte und durch einen Zollkredit gesicherte<br />

Zoll wirklich zu leisten. Eine „Freischreibung“,<br />

eine Zollbefreiung gab es für den<br />

Anteil des Reises, der unter zollamtlicher Kontrolle<br />

exportiert wurde:<br />

169


„Binnen einer zu bestimmenden Frist von<br />

höchstens 12 Monaten ist der sichergestellte<br />

Eingangszoll zu entrichten und eine Freischreibung<br />

nur in so weit zu bewirken, als<br />

entsprechende Mengen von dem in der betreffenden<br />

Reismühle enthülsten und polirten<br />

Reis nach Feststellung bei dem selben Amte,<br />

bei welchem <strong>die</strong> Abfertigung zur Mühle und<br />

<strong>die</strong> Anschreibung des Eingangszolls stattgefunden<br />

hat, zur Niederlage gebracht, bzw. unter<br />

zollamtlicher Controle nach dem Auslande<br />

ausgeführt oder mit Begleitschein verwendet<br />

werden.<br />

Wenn Reis in der Mühle verloren gehen oder<br />

vernichtet werden sollte, so erwächst hieraus<br />

dem Mühlenbesitzer kein Anspruch auf Erlaß<br />

des darauf haftenden Eingangszolls.<br />

Zollerleichterungen <strong>die</strong>ser Art waren ein Teil der<br />

bremischen Verhandlungen vor dem Beitritt zum<br />

deutschen Zollgebiet. Der Ausschuss des Bundesrates<br />

für Zoll- und Steuerwesen sowie der<br />

Ausschuss für Handel und Verkehr beschlossen<br />

zum Oktober 1888, also zeitgleich zum Zollbeitritt<br />

Bremens und Hamburgs, ein neues Zollregulativ<br />

für Reisschälmühlen. Ob <strong>die</strong>ses nun ein<br />

Ergebnis der Beitrittsverhandlungen war oder<br />

unabhängig davon, lässt sich nicht rekonstruieren.<br />

Wichtiger aber ist, dass es einige Änderungen<br />

gab und das Gerüst der Zollregulative entstand,<br />

das in den folgenden Jahren Bestand haben<br />

sollte. Dabei drehten sich <strong>die</strong> größten<br />

Konflikte zwischen den Bremer Reismühlen,<br />

den Hamburger Reismühlen, den Handelskammern,<br />

Behörden und Gesetzgebern um <strong>die</strong> Ausformung<br />

des Zollregulativs. In dem Zollregulativ<br />

von 1888 wurden fünf Mischungen des eingeführten<br />

Reises unterschieden.<br />

„Zollregulativ für Reisschälmühlen.<br />

1. Ungeschälter und von der Strohhülse befreiter<br />

Reis soll fortan unverzollt zur Enthülsung und<br />

Polirung auf Reismühlen, welche innnerhalb<br />

des Zollvereinsgebiets gelegen sind, in der Art<br />

abgelassen werden dürfen, daß von dem Bruttogewichte<br />

des zur Mühle gelangenden Reises<br />

1<br />

a) bei Reis in der Strohhülse nur von<br />

66 Prozent<br />

b) bei Gemischen von blos von der Strohhülse<br />

befreitem Reis und von Reis in der Strohhülse<br />

nur von<br />

82 Prozent<br />

c) bei dem aus den Gemischen zu b ausgeschiedenen,<br />

blos von der Strohhülse befreiten<br />

Reis nur von<br />

85 Prozent<br />

d) bei dem ohne Beimischung von Reis in der<br />

Strohhülse eingehenden, blos von der Strohhülse<br />

befreiten Reis nur von 88 Prozent<br />

und<br />

e) bei Reis, der lediglich mit der letzten feinen<br />

Hülse versehen und blos zum poliren bestimmt<br />

ist, nur von<br />

90 Prozent<br />

der Eingangszoll nach dem Satze für geschalten<br />

Reis erlegt zu werden braucht.“’**<br />

Die weiteren Bestimmungen weichen nur in Teilen<br />

von den zuvor beschriebenen Vorgaben aus<br />

dem Jahr 1875 ab. Eine entscheidende Änderung<br />

ist aber, dass <strong>die</strong> prozentuale Verzollung noch<br />

weiter reduziert werden konnte, wenn <strong>die</strong> .Mühlen<br />

einen größeren Mahlverlust nachwiesen, als<br />

er im Zollregulativ vorgesehen war:<br />

„Sollte nach Ausweis der Geschäftsbücher<br />

und nach den Erhebungen der mit der Ueberwachung<br />

der betreffenden Mühlen betrauten<br />

Beamten <strong>die</strong> wirkliche Ausbeute an polirtem<br />

Reis in Fällen der lit. b, c oder d weniger als<br />

82, beziehungsweise 85 oder 88 Prozent des<br />

Gesamtgewichts betragen, so kann von der<br />

Direktivbehörde ein Zollnachlass über den<br />

Satz von 18 beziehungsweise 15 oder 12 Prozent<br />

hinaus <strong>bis</strong> höchstens 21 beziehungsweise<br />

18 oder 15 Prozent bewilligt werden.“’*’<br />

Mit einem entsprechenden Nachweis an Verlust<br />

bei der Vermahlung konnte also ein weiterer Zollnachlass<br />

um drei Prozentpunkte erwirkt werden.<br />

Da <strong>die</strong> Sicherung des Zollkredits durch eine<br />

Bankbürgschaft gesetzlich vorgegeben war und<br />

zugleich ein Verlust der Ware in den Lagern und<br />

bei der Bearbeitung zu keinem entsprechenden<br />

Rückgang der Zollbelastung führte, waren <strong>die</strong><br />

Reismüller zu weiteren Versicherungen gezwungen.<br />

Feuer waren in Mühlen nicht selten. Mehlstaub<br />

ist explosiv und infolge von Verpuffungen


kommt es leicht zu Bränden. Im Fachorgan „Die<br />

Mühle“ wurden im 19. Jahrhundert regelmäßig<br />

Statistiken der Feuerversicherungen abgedruckt.<br />

So wurden dort beispielsweise in einem „Verzeichnis<br />

der der Magdeburger Feuerversicherungs-Gesellschaft<br />

im Monat Oktbr. 1880 bekannt<br />

gewordenen Mühlenschäden“ weltweit<br />

insgesamt 28 Versicherungsfälle in unterschiedlichen<br />

Mühlen mit Schadenshöhen zwischen 11<br />

Dollar und 400.000 Kronen verzeichnet. Unter<br />

<strong>die</strong>sen Schäden war auch der einer Reismühle<br />

in London. Die Ursache des Brandes in der Reismühle<br />

von „Woodbridg & Smiths“ [!] konnte<br />

nicht ermittelt werden, der Schaden war mit 140<br />

Pfund Sterling bei einer Versicherungssumme<br />

von 15.000 Pfund Sterling jedoch eher gering.^’®<br />

Ohne Feuerversicherung hätte eine Reismühle<br />

in Deutschland bei einem Brand schlimmstenfalls<br />

nicht nur <strong>die</strong> Ware und <strong>die</strong> Fabrikgebäude<br />

verloren, sondern damit zugleich auch <strong>die</strong> Sicherheit<br />

der Bank für den geleisteten Zollkredit.<br />

Eine weitere Kosten verursachende Feuerversichemng<br />

war daher auf Grund der Zollverfahren<br />

für <strong>die</strong> Reismüller unumgänglich.<br />

Die Rickmers AG und ihre Tochterunternehmen<br />

in Deutschland<br />

Marktverschiebungen zwischen Hamburg und<br />

Bremen deuteten sich an, gleichwohl wuchs das<br />

Geschäft mit dem Import und der Verarbeitung<br />

von Reis in Deutschland weiter. Seit dem Abschluss<br />

der Weserkorrektion 1895 konnten größere.<br />

seegängige Schiffe mit einem Tiefgang <strong>bis</strong><br />

zu fast sechs Metern auf der Weser <strong>die</strong> bremischen<br />

Häfen erreichen. Der Schiffsverkehr nahm<br />

deutlich zu, denn der Zollanschluss hatte einen<br />

kleinen Industrialisierungsschub mit dem entsprechenden<br />

Wachstum der Arbeiterbevölkerung<br />

in Bremen ausgelöst. Dies und <strong>die</strong> gefallenen<br />

Zollschranken zum bremischen Hinterland steigerten<br />

<strong>die</strong> Binnennachfrage nach Reis und vielen<br />

anderen Waren. Auch der Warenumschlag wurde<br />

zunehmend mechanisiert, <strong>die</strong> Kräne im Freihafen<br />

I. dem heutigen Europahafen, konnten beispielsweise<br />

lösten <strong>bis</strong> zu zehn Tonnen heben.<br />

Der Aufschwung des Schiffsverkehrs auf der<br />

Weser ging mit dem Bau der ersten eisernen<br />

Leichter auf der Werft der Rickmers AG einher.<br />

Um <strong>die</strong> nicht am tiefen Fahrwasser des Freihafens<br />

gelegenen Reismühlen zu beliefern, wurde<br />

der Reis in Bremerhaven auf Leichter umgeladen.<br />

Dem ersten eisernen Leichter, der I r a w a d d y<br />

von 1890, folgten in den kommenden zwei Jahren<br />

sieben weitere Schuten für den Transport<br />

auf der Unterweser. Zur Vervollständigung der<br />

Unterweser-Flotte wurden 1892 mit der P e g u<br />

und der A r r a k a n zwei Schleppdampfer-Neubauten<br />

in Dienst gestellt.Im selben Jahr gab<br />

es aber auch große Rückschläge im Reedereigeschäft<br />

mit dem Reis. Die Fünfmastbark M a r ia<br />

R ic k m e r s , das größte Segelschiff der deutschen<br />

Handelsflotte, verscholl auf der Rückreise ihrer<br />

Jungfernfahrt von Singapur in der Straße von<br />

Sunda, eine Meerenge zwischen den indonesischen<br />

Inseln Sumatra und Java.<br />

Vor dem Hintergrund der positiven Gesamtentwicklung<br />

des <strong>Reishandel</strong>s und wegen der durch<br />

<strong>die</strong> Zollpolitik veranlassten Marktveränderungen<br />

im deutschen <strong>Reishandel</strong> sowie auf Grund des<br />

Rickmers’schen Reedereigeschäfts suchte <strong>die</strong><br />

Rickmers AG nach einem neuen Verarbeitungsstandort<br />

an der Elbe:<br />

„Die Rickmerssche Reisflotte hatte auch große<br />

Mengen von Reis nach Hamburg zu bringen,<br />

in steigendem Maße, je mehr man sich<br />

dem Ende des Jahrhunderts näherte. Das veranlaßte<br />

Andreas Rickmers, sich in Hamburg<br />

Beteiligungen zu suchen. Die Reismühle von<br />

Anton Deppe & Co. bot ihm <strong>die</strong> günstige Gelegenheit.“^®^<br />

Als <strong>die</strong> Reismühle Anton Deppe & Co. in Hamburg<br />

1893 einen weiteren Teilhaber suchte, griff<br />

Andreas Rickmers daher zu. Die Rickmers AG<br />

beteiligte sich an der Mühle und es folgte <strong>die</strong><br />

Umbenennung in Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H. Die neue Geschäftsführung bildeten Andreas<br />

Rickmers und Anton Deppe. Wie <strong>die</strong> Anteile<br />

genau verteilt waren, konnte nicht ermittelt<br />

werden. Ein exakter Wert des Unternehmens bei<br />

der Übernahme ist ebenso wenig bekannt. 1898<br />

wurde der Anteil an der Mühle mit 700.000 Mark<br />

171


ewertet^^^, drei Jahre später der Gesamtwert der<br />

Norddeutschen Reismühle m.b.H. mit 1.350.000<br />

Mark beziffert. Der Anteil von Rickmers lag somit<br />

wahrscheinlich schon immer knapp über 50<br />

Prozent, da Andreas Rickmers sonst wohl kaum<br />

mit dem früheren Besitzer gemeinsam <strong>die</strong> Geschäfte<br />

geleitet hätte.^®'*<br />

Hamburg hatte für <strong>die</strong> Rickmers AG als Verarbeitungsstandort<br />

mehrere Vorteile. In erster Linie<br />

konnte <strong>die</strong> Firma so an der Marktverschiebung<br />

von Bremen nach Hamburg partizipieren und<br />

deren negative Folgen für <strong>die</strong> Mühle in Bremen<br />

abmildern. Des Weiteren wurde Hamburg mit<br />

seinem Aufschwung im <strong>Reishandel</strong> vermehrt<br />

Ziel der großen Reisschiffe, <strong>die</strong> aus Asien kamen.<br />

Mit einer eigenen Fabrik vor Ort war <strong>die</strong><br />

Beladung der Rickmers-Flotte in den asiatischen<br />

Reishäfen einfacher und wirtschaftlicher. War<br />

ein Schiff nach Hamburg für fremde Rechnung<br />

noch nicht vollständig beladen, konnte freier<br />

Frachtraum mit Ladung für <strong>die</strong> dortige eigene<br />

Reismühle gefüllt und <strong>die</strong> Wirtschaftlichkeit der<br />

Fahrt so erhöht werden. Außerdem boten sich<br />

durch den neuen Standort auch mehr Einsatzmöglichkeiten<br />

für <strong>die</strong> Schleppdampfer und <strong>die</strong><br />

Leichteiflotte. War <strong>die</strong> Binnenflotte für <strong>die</strong> Unterweser<br />

nicht ausgelastet, konnte sie für Transporte<br />

auf der Elbe eingesetzt werden.<br />

Eine weitere Flotte an Frachtkähnen und<br />

Schleppdampfern baute und betrieb <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG für <strong>die</strong> Mittel- und Oberweser. Von<br />

1892 <strong>bis</strong> 1897 wurden insgesamt 12 Kähne und<br />

2 Raddampfer, <strong>die</strong> H e l g o l a n d und <strong>die</strong> B a n g ­<br />

k o k , gebaut.^^^ Eingesetzt wurden sie im Verkehr<br />

mit einer neu gegründeten Tochtergesellschaft<br />

der Rickmers AG in Hannoversch Münden. Dort<br />

hatte Wilhelm Rickmers <strong>die</strong> Stärkefabrik Union<br />

geleitet, <strong>bis</strong> <strong>die</strong>se 1887 mit den Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

in Bad Salzuflen fusionierte und der<br />

Betrieb im Zuge von Marktbereinigungen stillgelegt<br />

worden war. Nach Wilhelm Rickmers’<br />

Austritt aus dem Aufsichtsrat von Hoffmann’s<br />

Ende November 1887 war auch <strong>die</strong> Produktion<br />

von Rickmers-Stärke durch andere Betriebe der<br />

Salzuflener Eirma eingestellt worden und es bestanden<br />

nur noch finanzielle Verbindungen zwischen<br />

dem lippischen und dem Bremer Unternehmen.<br />

1894 ergab sich nun <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>die</strong> Anlagen und Grundstücke der stillgelegten<br />

Stärkefabrik zu erwerben. Der Kaufpreis wurde<br />

mit den Anteilen, welche <strong>die</strong> Familie Rickmers<br />

noch von Hoffmann’s besaß, verrechnet.<br />

Auf <strong>die</strong>sem Grundstück sollte aber kein Reis<br />

verarbeitet, sondern vielmehr Leinöl, Futtermittel<br />

und Klebstoffe hergestellt werden. Futtermittel<br />

waren bereits aus der Verwertung der Abfälle<br />

bei der Reisvermahlung in das Geschäft aufgenommen<br />

worden. Darüber hinaus erklärt sich<br />

der neue Betrieb auch aus den Herkunftsorten<br />

der Rohstoffe: Lein- und Rapssamen, <strong>die</strong> vorwiegend<br />

aus Südamerika, In<strong>die</strong>n und vom<br />

Schwarzen Meer kamen, wurden verarbeitet. Mit<br />

50 <strong>bis</strong> 60 Arbeitern nahm <strong>die</strong> „Union“ Ocl- und<br />

Futtermittelfabrik GmbH 1895 <strong>die</strong> Produktion<br />

auf.<br />

Der Transport der Rohstoffe von den Seehäfen<br />

mit der Eisenbahn war zu teuer. Es war jedoch<br />

ein Hafen bei der Fabrik aus den 1880er Jahren<br />

vorhanden, weshalb <strong>die</strong> Aufnahme der Schleppschifffahrt<br />

zur Versorgung des Betriebs nahe lag.<br />

Zugleich wurde somit aber wiederum ein Geschäftsmodell<br />

umgesetzt, bei dem eine neue Firma<br />

<strong>die</strong> alten Betriebszweige des Unternehmens<br />

stützte. Die Werft erhielt durch den Bau der<br />

Dampfer und Leichter neue Aufträge und <strong>die</strong><br />

Reederei konnte ihre Schiffe durch den Transport<br />

von Raps- und Leinsamen in der großen Fahrt<br />

besser auslasten, beziehungsweise mit dem<br />

Schwarzmeergebiet wurde dem weltweiten Handelsnetz<br />

der Flotte sogar ein neuer Anknüpfungspunkt<br />

hinzugegeben. Ein Erfolg wie bei der Reismüllerei<br />

war der Tochtergesellschaft in Hannoversch<br />

Münden allerdings nicht beschieden. Die<br />

ersten Gewinne konnten erst nach fünf Betriebsjahren<br />

realisiert werden und nach 14 Betriebsjahren,<br />

1909, folgte <strong>die</strong> Stilllegung der Fabrik.<br />

Damit blieb auch <strong>die</strong> zweite Unternehmung, <strong>die</strong><br />

aus dem Versuch der Optimierung der weltweiten<br />

Geschäfte der Rickmers’ an der Oberweser entstand,<br />

eine Investition ohne großen Gewinn.^


2. Neue Wege zu ausländischen<br />

Absatzmärkten<br />

Die Zollpolitik gerät in den Fokus<br />

Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts veränderte<br />

sich <strong>die</strong> Stimmung in der deutschen Reisindustrie.<br />

Die wirtschaftlichen und persönlichen<br />

Abenteuer der Reishändler in den <strong>1850</strong>er und<br />

1860er Jahren waren vorüber und <strong>die</strong> Entwicklung<br />

zur massenverarbeitenden, mechanisierten<br />

Industrie mit der Ausreizung der Produktions-<br />

Itetten durch <strong>die</strong> Herstellung von Stärke, Futtermehl<br />

oder angegliederter Ochsenzucht war abgeschlossen.<br />

Der nun hochentwickelte deutsche<br />

<strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> verarbeitende Industrie hatten<br />

eingespielte Arbeitsweisen, weshalb äußere<br />

Faktoren, ähnlich wie zu Beginn des <strong>Reishandel</strong>s<br />

um <strong>1850</strong>, wieder mehr in den Fokus rückten.<br />

Als bedeutendster Einfluss auf den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> spielte in den folgenden Jahren immer<br />

wieder <strong>die</strong> Zollpolitik - <strong>die</strong> in Deutschland<br />

sowie <strong>die</strong> des europäischen Auslandes - eine<br />

Rolle.<br />

Aus den Akten des preußischen Ministeriums<br />

für Handel und Gewerbe lassen sich <strong>die</strong> 1893<br />

einsetzenden öffentlichen Diskussionen über den<br />

Zustand und <strong>die</strong> Entwicklung des deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>s gut nachvollziehen. Dort dokumentiert<br />

ist eine Diskussion, <strong>die</strong> sich ab Oktober<br />

1893 in Zeitungen in Bremen, Hamburg und<br />

Berlin abspielte. Ausgangspunkt war ein Artikel<br />

in der Weser-Zeitung, der mit „Die bremische<br />

und deutsche Reisindustrie in Lebensgefahr“<br />

überschrieben war.^®^ Darin wurde beschrieben,<br />

dass der Reis ein Sechstel der Gesamteinfuhr<br />

Bremens ausmachte und dass <strong>die</strong> damit befassten<br />

Reedereien und Fabriken ein wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

in Bremen seien. Das Handelsvolumen<br />

sei seit 1892 aber rückgängig und der<br />

wichtige Wirtschaftszweig daher in Gefahr.<br />

Gründe für den Handelsrückgang wurden aufgeführt:<br />

der vermehrte Import von bereits bearbeitetem<br />

Reis aus Asien, <strong>die</strong> Belastung des Reises<br />

mit Einfuhrzöllen und ein ungenügendes<br />

Schälregulativ sowie der Protektionismus in<br />

wichtigen Absatzländern. Gerade in Österreich-<br />

Ungarn - das tatsächlich „in der Zeit von 1889<br />

<strong>bis</strong> 1913 eine herausragende Rolle für den deut-<br />

• sehen Außenhandel“^** hatte - habe der protektionistisch<br />

geförderte Aufbau einer eigenen Reisindustrie<br />

den Absatz der deutschen Reismüller<br />

einbrechen lassen. Es entwickelte sich in der<br />

Folge <strong>die</strong>ses Artikels eine Diskussion zwischen<br />

der Weser-Zeitung und dem Hamburgischen Correspondenten.<br />

Beiträge dazu veröffentlichten<br />

auch <strong>die</strong> Norddeutsche Allgemeine Zeitung, deren<br />

Leser besonders aus dem Beamtenmilieu kamen,<br />

sowie <strong>die</strong> liberale Berliner Nationalzeitung<br />

und <strong>die</strong> Deutsche Volkswirtschaftliche Correspondenz.***<br />

Die Bremer Kritik der deutschen Zollpolitik<br />

nahm besonders den Handelsvertrag mit Österreich-Ungarn<br />

in den Fokus. Der Vertrag mit<br />

Österreich-Ungarn 1891 war einer der ersten<br />

nach dem Reichskanzler benannten „Caprivischen<br />

Verträge“. Diese Verträge hatten das Ziel,<br />

eine Verschärfung des Zollprotektionismus zu<br />

verhindern:<br />

„Auch wenn Caprivi das behaupten mochte,<br />

ging es beim Abschluss der nach ihm benannten<br />

Handelsverträge nicht in erster Linie darum,<br />

dem deutschen Export neue, <strong>bis</strong>lang<br />

noch unerschlossene Märkte zu öffnen und<br />

bereits vorhandene Handelsbarrieren abzubauen.<br />

Vielmehr zielten sie angesichts der um<br />

<strong>die</strong> Welt schwappenden protektionistischen<br />

Welle darauf ab, wenigstens für das implo<strong>die</strong>rende<br />

französische Vertragssystem einen<br />

mehr oder weniger gleichwertigen Ersatz zu<br />

schaffen. Nur in Ausnahmefällen gelang es<br />

bei den Vertragsverhandlungen, <strong>die</strong> Eingangszölle<br />

der Gegenseite auf eine Höhe zu reduzieren,<br />

<strong>die</strong> deutlich unter den <strong>bis</strong>her geltenden<br />

Sätzen lag. Was jedoch erreicht wurde, war<br />

im Hinblick auf <strong>die</strong> Handelsvertragspartner<br />

eine weitgehende Sicherung des status quo,<br />

eine Verhinderung der allseitig in Aussicht<br />

stehenden neuen Zollerhöhungen.<br />

In der per Zeitung zwischen Bremen, Hamburg<br />

und Berlin geführten Diskussion über <strong>die</strong> Gefährdung<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s kristalli-<br />

173


1<br />

sierte sich heraus, dass <strong>die</strong> bremisch dominierte<br />

deutsche Reisindustrie besonders einen Artikel<br />

des Handelsvertrages mit Österreich-Ungarn,<br />

Artikel 3, monierte. Dieser besagte, dass Reis<br />

aus Deutschland nur dann in dem für <strong>die</strong> Industrie<br />

vorteilhaften Vertragstarif bei der Einfuhr<br />

nach Österreich-Ungarn verzollt wird, wenn der<br />

Reis aus dem freien Verkehr stammt. Da der<br />

Reis in Deutschland schon unter der Aufsicht<br />

eines Zollinspektors stand und unter Berücksichtigung<br />

des geltenden Schälregulativs zum<br />

Teil zollerleichtert war, konnte der deutsche Exportreis<br />

<strong>die</strong>ses Kriterium gar nicht erfüllen. Zumeist,<br />

so <strong>die</strong> Kritiker der angewendeten Vertragsklausel,<br />

sei aber nur <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong> Ware<br />

aus einem meistbegünstigten Land stammt oder<br />

dort bearbeitet wurde, für <strong>die</strong> Gewährung des<br />

Vertragstarifs maßgeblich. Im Verlauf der Veröffentlichungen<br />

wies <strong>die</strong> Weser-Zeitung Anfang<br />

November 1893 daraufhin, dass der umstrittene<br />

Artikel 3 des Handelsvertrags erstmals elf Monate<br />

nach Inkrafttreten des Abkommens angewendet<br />

wurde. „Thatsächlich hat denn auch<br />

Österreich-Ungarn <strong>die</strong> deutschen Reiseinfuhren<br />

<strong>bis</strong> zum 1. Januar d. J. als meistbegünstigt behandelt,<br />

also noch elf Monate nach dem Inkrafttreten<br />

des Vertrages.““ '<br />

Die Erklärung dafür hatte schon zwei Tage zuvor<br />

<strong>die</strong> Nationalzeitung unbemerkt geliefert. Der<br />

Verlust des wichtigsten europäischen Absatzmarktes<br />

für den in Deutschland verarbeiteten<br />

Reis, Österreich-Ungarn, lag zwar langfristig an<br />

der protektionistischen Zollpolitik zur Förderung<br />

des Aufbaus einer eigenen Reisindustrie, <strong>die</strong><br />

kurzfristige negative Auslegung des Artikels 3<br />

des Handelsabkommens hatte aber andere Gründe:<br />

„Ein ganz ähnlicher Fall liegt umgekehrt zum<br />

Nachtheil eines österreichisch-ungarischen<br />

Industriezweiges vor: Das Mehl, das im zollfreien<br />

Mahlverkehr in Österreich-Ungarn unter<br />

Verwendung fremden, nicht meistbegünstigten<br />

Getreides hergestellt ist, wird von<br />

Deutschland nicht als nationalisiert betrachtet<br />

und hat daher den Satz des allgemeinen Tarifs<br />

zu tragen, wodurch sich <strong>die</strong> dortige Mehlindustrie<br />

ebenso beschwert fühlt, wie unsere<br />

Reisindustrie.“<br />

Die deutsche Reisindustrie litt hier also nicht<br />

nur an der österreichisch-ungarischen Schutzzollpolitik<br />

im Interesse der mit Mühlen in Triest,<br />

Fiume und Pest entstehenden österreichisch-ungarischen<br />

Reisindustrie, sondern war Opfer da<br />

Handelskonflikte um Getreideeinfuhren zwischen<br />

Deutschland und Russland. Im Interesse<br />

der Agrar-Lobby war der Stopp der mssischen<br />

Getreideimporte naeh Deutschland eines der<br />

wichtigsten Ziele der Bismarck’schen Schutzzollpolitik<br />

gewesen. Während Reichskanzler von<br />

Caprivi <strong>die</strong>se Schutzzollpolitik in den Handelsverträgen<br />

ab 1891 zu lockern suchte und <strong>die</strong>s<br />

mit dem Vertrag mit Österreich-Ungarn auch<br />

umgesetzt hatte, schwelte der Handelskonflikt<br />

um Getreidezölle mit Russland 1893 noch. Da<br />

in Österreich-Ungarn auch Getreide aus Russland<br />

zu Mehl verarbeitet wurde, behandelten <strong>die</strong><br />

deutschen Zollbehörden es wie Mehl aus Russland<br />

und nicht - wie es im ähnlichen Fali <strong>die</strong><br />

deutsche Reisindustrie für sich reklamierte - als<br />

nationalisierte österreichisch-ungarische Ware,<br />

weil das Mehl dort produziert worden war. So<br />

erschließt sich, dass <strong>die</strong> Behandlung des deutschen<br />

Reises unter der Maßgabe des unfreien<br />

Verkehrs anstatt der Maßgabe der Herkunft nur<br />

eine Reaktion der Behörden in Österreich-Ungarn<br />

auf <strong>die</strong> deutsche Zollbehandlung des eigenen<br />

Mehls war.<br />

Der Handelskonflikt mit Russland wurde mit einem<br />

Vertrag von 1894 beendet. Damit fiel der<br />

unmittelbare Anlass für <strong>die</strong> Erschwerung des<br />

deutschen Reisabsatzes nach Österreich-Ungarn<br />

weg. An der Gesamtentwicklung, dass europäische<br />

Verbrauchermärkte immer schwerer zu beliefern<br />

waren, änderte sich jedoch nichts. Entweder<br />

hatten konkurrierende Länder keine Einfuhrzölle<br />

auf Rohreis und sparten dort im<br />

Vergleich zur deutschen Industrie Herstellungskosten,<br />

hatten bessere und damit günstigere Verkehrsanbindungen<br />

zu ihren Absatzmärkten, oder<br />

wurden durch den mit Zöllen geschützten Aufbau<br />

eigener Reisindustrien von früheren europäischen<br />

Reismärkten verdrängt. Daher stand<br />

174


<strong>die</strong> deutsche Reisindustrie vor der Frage, wie<br />

^ie ihre Stellung im internationalen Geschäft sichern<br />

könnte.<br />

Die Rickmers AG suchte neue Wege, um im europäischen<br />

Geschäft ihre starke Marktposition<br />

und damit auch <strong>die</strong> globale Reisnachfrage behaupten<br />

zu können und wurde daher zu einer<br />

multinationalen Firma.<br />

Die Rickmers AG beteiligt sich an Mühlen in<br />

Österreich - Ungarn<br />

Die Erste Triester Reisschälfabrik<br />

Die Reisindustrie in Österreich-Ungarn emanzipierte<br />

sich in den 1890er Jahren vom deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong>. Mit dem 1869 eröffneten Suezkanal<br />

war aus dem Mittelmeer, das nur eine Zufahrt<br />

über <strong>die</strong> Straße von Gibraltar hatte und damit<br />

etwas abseits der weltweiten Schifffahrtsrouten<br />

lag. ein Meer mit einer der wichtigsten Transitrouten<br />

des weltweiten Warenverkehrs geworden.<br />

Ent.sprechend positiv war der wirtschaftliche<br />

Aufschwung der beiden wichtigsten Seehäfen<br />

in Österreich-Ungarn, Triest und Fiume. In Triest<br />

wurde der Hafen seit 1867 ausgebaut und entwickelte<br />

sich zum Zentrum des Schiffbaus und<br />

Seehandels der Doppelmonarchie. Fiume wurde<br />

im selben Jahr der Haupthafen für den ungarischen<br />

Reichsteil. Die heute zu Kroatien gehörende<br />

und Rijeka genannte Stadt in Istrien zählte<br />

im 19. Jahrhundert zu den größten europäischen<br />

Häfen. Neben Petroleum und Holz war Reis einer<br />

der größeren Stapelartikel. Bereits 1888 bestand<br />

dort eine Mühle, <strong>die</strong> jährlich mehr als<br />

20.000 Tonnen Reis verarbeitete.“ ^ Und auch in<br />

Triest w urde 1893 eine Reismühle gegründet;<br />

..Kine Reisschälmühle in Triest soll von der<br />

dortigen Firma Alfred Escher u Ko., Filiale<br />

der Anglobank, nach dem Muster der in Fiume<br />

bestehenden Fabrik errichtet werden. Bei<br />

einem Grundkapital von drei Millionen Kronen<br />

soll <strong>die</strong> Mühle jährlich 400.000 Mtr.-Ztr.<br />

verarbeiten können.““ ^<br />

Die Rickmers-Reismühlen in Bremen und Hamburg<br />

kämpften gegen <strong>die</strong> Absatzverluste in Österreich-Ungarn.<br />

Da war <strong>die</strong> Möglichkeit einer Beteiligung<br />

von Andreas Rickmers an der Ersten<br />

Triester Reisschälfabrik <strong>die</strong> willkommene Gelegenheit,<br />

auf dem bedeutenden Absatzmarkt der<br />

Doppelmonarchie neu Fuß zu fassen. Um keinen<br />

weiteren Konkurrenzkampf auf dem deutschen<br />

Markt zu schüren, vor allem aber um beiden<br />

Reismühlen ein besseres Auskommen zu sichern,<br />

gelang es Andreas Rickmers, sowohl <strong>die</strong> Rickmers-Mühle<br />

als auch <strong>die</strong> Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H. zu Teilhabern an der Ersten Triester<br />

Reisschälfabrik zu machen. Dazu wurde ein<br />

Vertrag zwischen den beiden deutschen Reismühlen<br />

geschlossen, um <strong>die</strong> gemeinsame Teilhaberschaft<br />

an der Triester Mühle zu ermöglichen.<br />

Vereinbart wurde einerseits <strong>die</strong> gemeinsame<br />

Teilhaberschaft, andererseits, dass <strong>die</strong> neuen<br />

Teilhaber ihre Anteile mindestens für fünf Jahre<br />

hielten, und drittens, dass sich beide Reismühlen<br />

aus Norddeutschland an keiner anderen Reismühle<br />

in Österreich-Ungarn beteiligen, wenn es<br />

nicht gemeinschaftlich mit der Ersten Triester<br />

Reisschälfabrik wäre.“ ^ Somit hatte Andreas<br />

Rickmers einen Fuß in <strong>die</strong> sich schließende Tür<br />

zum österreichischen Absatzmarkt gesetzt. An<br />

der Geschäftsführung war kein <strong>Deutscher</strong> beteiligt,<br />

was auch den Unterschied zur Beteiligung<br />

der Rickmers’ an der Hamburger Mühle anzeigt.<br />

In Triest sollte kein eigenes Geschäft geführt<br />

werden, sondern nur mit besten wirtschaftlichen<br />

Ergebnissen am dortigen Markt partizipiert werden<br />

- sei es über <strong>die</strong> Gewinne der Mühle, sei es<br />

über den Transport von Reis aus Asien dorthin.<br />

Die Möglichkeit eines direkten Geschäfts in<br />

Österreich-Ungarn war durch <strong>die</strong> dortige Gesetzgebung<br />

für Ausländer schwierig, eine Firmengründung<br />

musste behördlich genehmigt werden.<br />

Der Vertrag der beiden deutschen Mühlen<br />

mit der Triester Fabrik ermöglichte eine gemeinsame<br />

Mühlengründung in Österreich-Ungarn<br />

aber ausdrücklich, wenn <strong>die</strong>se durch <strong>die</strong> Triester<br />

Mühle erfolgte. Eben <strong>die</strong>sen Weg beschritten <strong>die</strong><br />

Erste Triester Reisschälfabrik, <strong>die</strong> Rickmers-<br />

Reismühle und <strong>die</strong> Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H. gemeinsam, als sie ein weiteres Absatzpotential<br />

auf dem riesigen Markt Österreich-Un-<br />

175<br />

I


garns sahen. Die Gründung einer Reismühle in<br />

Aussig ist archivarisch bestens dokumentiert und<br />

kann daher hier sehr detailliert nachvollzogen<br />

werden.“ ^<br />

Die „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft<br />

In Aussig, dem heutigen Ústí nad Labern in<br />

Tschechien, gründete <strong>die</strong> Erste Triester Reisschälfabrik<br />

ein Tochterunternehmen. Der neue<br />

Betrieb lag verkehrsgünstig direkt an der Elbe.<br />

Der Kauf von zwei ersten Grundstücken mit einer<br />

Gesamtfläche von 3.334 m^ durch <strong>die</strong> Norddeutsche<br />

Reismühle m.b.H. für 18.337 österreichische<br />

Gulden (31.172,90 Mark)“ ’ am 2. September<br />

1898 markiert den Beginn der Geschichte<br />

der böhmischen Reismühle.“ * Kurz darauf, am<br />

4. Oktober 1898, erteilten das Handelsministerium<br />

und das Ministerium des Inneren in Wien<br />

dem Industriellen Alfred Escher aus Triest <strong>die</strong><br />

Konzession für <strong>die</strong> „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft®'*’<br />

und genehmigten deren vorgelegte<br />

Statuten. Die größte bürokratische Hürde war<br />

damit genommen. Auch <strong>die</strong> Kommune am Ort<br />

der neuen Fabrik, <strong>die</strong> Gemeinde Obersedlitz,<br />

zeigte sich noch im Oktober erfreut über <strong>die</strong> Industrieansiedlung<br />

und machte eine Reihe von<br />

Zusagen an den Betrieb, unter anderem den Erhalt<br />

der Fahrrinne in der Elbe, den Bau einer<br />

lastentauglichen Straße zur Fabrik sowie den Erlass<br />

von Abwasservorschriften und -gebühren.<br />

Die Betriebsgenehmigung der Gemeinde erfolgte<br />

im Mai 1899 und am 1. November desselben<br />

Jahres begann <strong>die</strong> Produktion. Das Aktienkapital<br />

der „Austria“ betrug 1.200.000 Kronen<br />

( 1.020.000 Mark) in 3.000 Aktien zu 400 Kronen<br />

(340 Mark).<br />

Im Januar 1899 hatte der Bau der Gebäude durch<br />

eine Aussiger Firma auf den <strong>bis</strong> dahin erworbenen<br />

Grundstücken mit einer Gesamtfläche von<br />

18.735 m^ begonnen. Ein halbes Jahr danach<br />

wurden <strong>die</strong> technischen Anlagen bestellt und<br />

eingebaut. Die beiden Dampfmaschinen mit zusammen<br />

500 Pferdestärken kamen aus dem 300<br />

Kilometer entfernten Brünn, <strong>die</strong> Schälanlagen<br />

aus dem fast doppelt so weit entfernten Ottensen<br />

bei Hamburg. Die Einrichtung der Fabrik erfolgte<br />

nach technischen Plänen und durch Mitarbeiter<br />

der Norddeutschen Reismühle m.b.H. Im ersten<br />

Betriebsjahr war der Hamburger Anton Deppe<br />

der Präsident des Verwaltungsrates, Vizepräsident<br />

war Alfred Escher von der Mühle aus Triest,<br />

weitere Mitglieder waren Robert Rickmers für<br />

<strong>die</strong> Rickmers-Reismühle sowie <strong>die</strong> Aussiger Joachim<br />

Lenk und Dr. Vinzenz Lienert, der als Fabrikdirektor<br />

<strong>die</strong> Geschäfte leitete. Als „Subdirektor“,<br />

der nicht dem Verwaltungsrat angehört,<br />

erhielt der ebenfalls in Aussig lebende Georg<br />

Mannes noch Prokura für <strong>die</strong> „Austria“.<br />

Die „Organisationsbestimmungen und Dienstesinstruktionen<br />

für <strong>die</strong> Direktion“ der Reismühle<br />

zeigen, dass in Aussig gar keine eigenständigen<br />

Geschäftsentscheidungen getroffen werden<br />

sollten, sondern dass <strong>die</strong> dortige Fabrik eine<br />

Gründung zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen<br />

der Reismühlen in Bremen, Hamburg<br />

und Triest war:<br />

„Die beiden ersten Beamten der Gesellschaft<br />

[...] bilden gemeinsam <strong>die</strong> Direktion und haben<br />

als solche im gemeinsamen Einverständnisse<br />

<strong>die</strong> [...] Geschäfte des Unternehmens<br />

zu erbringen und zu führen. Diese Direktion<br />

wird in offizieller Form und in regelmäßigen<br />

monatlichen Berichten und Nachweisen <strong>die</strong><br />

Herren Verwaltungsräthe in Hamburg, Bremen<br />

& Triest auf dem Laufenden halten.<br />

Die Nachweise beziehen sich auf Gasse und<br />

Finanzgebahrung, Produktionsverhältnisse<br />

und -kosten derselben Verkaufsquantitäten<br />

und Ablieferungen.<br />

[...] in Fragen prinzipieller Natur, in Angelegenheiten,<br />

welche <strong>die</strong> Gesellschaft zu besonderen<br />

Lasten [...] oder zu finanziellen Verpflichtungen<br />

Dritten gegenüber [...] verbinden<br />

könnte, ist <strong>die</strong> Direktion gehalten <strong>die</strong><br />

Entscheidungen des Verwaltungsrathes einzuholen.<br />

Dass <strong>die</strong> „Austria“ nur unter eigenem Namen<br />

für <strong>die</strong> Mühlen der Rickmers’ arbeitete - es darf<br />

nicht vergessen werden, dass Andreas Rickmers<br />

durch <strong>die</strong> eigene Reismühle sowie durch seine<br />

Teilhaberschaft an der Norddeutschen Reismühle<br />

176


m.b.H. gleich doppelt an der Triester Fabrik beteiligt<br />

war -, zeigte sich auch in dem Verkaufsabkommen,<br />

das am 3. Dezember 1901 zwischen<br />

der Ersten Triester Reisschälmühe und der „Austria“<br />

geschlossen wurde. Darin wurde beschlossen,<br />

dass beide Mühlen, soweit es <strong>die</strong> Konkurrenzverhältnisse<br />

zuließen, ihre Leistungen für<br />

den Absatz gleich konzipierten. In Böhmen,<br />

Mähren und Westgalizien, den Gebieten, <strong>die</strong> von<br />

der „Austria“ beliefert wurden, sollte Reis der<br />

gleichen Qualität verkauft werden, wie sie <strong>die</strong><br />

aus Triest kommende Ware hatte. Für <strong>die</strong> Umsetzung<br />

<strong>die</strong>ses Plans wurde festgelegt, dass Triest<br />

Aussig wöchentlich Kopien der gemeinsamen<br />

Verkäufe zusandte, <strong>die</strong> „Austria“ darüber hinaus<br />

über <strong>die</strong> wahrgenommenen Bedürfnisse des<br />

Marktes hinsichtlich der nachgefragten Reisqualitäten<br />

informierte und zuletzt auch <strong>die</strong> gemeinsamen,<br />

also für beide Mühlen zugleich arbeitenden<br />

Agenten fallweise mit Mustern und Proben<br />

ausstatten würden. Zudem sollten <strong>die</strong><br />

Mühlen an der Elbe und der Adria gegenseitig<br />

<strong>die</strong> Korrespondenzen mit ihren Agenten austauschen.<br />

Dieses Abkommen war also eine Art<br />

Marktabsprache. Unterzeichnende waren Anton<br />

Deppe, der Geschäftsführer der Norddeutschen<br />

Reismühle m.b.H. sowie Präsident des Verwaltungsrates<br />

der „Austria“, Alfred Escher, Vizepräsident<br />

des Verwaltungsrates in Aussig und an<br />

der Geschäftsführung der Ersten Triester Reisschälfabrik<br />

beteiligt, und Georg Ritter von Hütterott,<br />

der ebenfalls zur Reismühle in Triest gehörte.^"<br />

Der „Austria“ gelang es offenbar, sich eine gute<br />

Marktposition zu erarbeiten. 1901 wurde Reisspeisemehl,<br />

das in Österreich-Ungarn relativ unbekannt<br />

gewesen sein soll, beworben und eingeführt.<br />

Im folgenden Sommer entschied sich<br />

der Verwaltungsrat für <strong>die</strong> Einrichtung einer<br />

Schleppbahnanlage, um Rohstoffe und Waren<br />

einfacher vom Kai in <strong>die</strong> Fabrik und zurück<br />

transportieren zu können. Verhandlungen darüber<br />

wurden mit der Österreichischen Nordwestbahn<br />

aber erst aufgenommen, als aus Bremen, also<br />

durch Robert Rickmers oder seinen önkel Andreas,<br />

eine Befürwortung des Projekts signalisiert<br />

worden war. 1903 waren alle Planungshürden<br />

überwunden und der Bau der Schleppbahn<br />

wurde in Angriff genommen. Im gleichen Jahr<br />

standen weitere Veränderungen an. Erwähnenswert<br />

für <strong>die</strong> Verwaltungsratssitzung war <strong>die</strong> Veränderung<br />

der Feuerversicherungsprämien. Diese<br />

sollten deutlich steigen. Nachverhandlungen<br />

brachten am Ende Prämien von 8 Promille des<br />

Wertes für <strong>die</strong> Fabrik, 2,5 Promille für <strong>die</strong> Warenvorräte<br />

und 3 Promille für <strong>die</strong> hölzernen Lagerschuppen.<br />

Der Ausbau der Mühle wurde fortgesetzt<br />

und 1903 auch Mahlwerke für Rollgerste<br />

und Schälerbsen angeschafft. Zu deren Be<strong>die</strong>nung<br />

sowie für <strong>die</strong> gestiegenen Verwaltungsarbeiten<br />

wurde weiteres Personal eingestellt. Auch<br />

in Aussig wurde versucht, das vorhandene Potential<br />

der Fabrik möglichst auszuschöpfen. Dabei<br />

ging es nicht um <strong>die</strong> Verwertung von Mahlabfällen<br />

aus der Reisproduktion. Aber <strong>die</strong> Produktionsmöglichkeiten<br />

der Fabrik und <strong>die</strong><br />

Absatzmöglichkeiten auf dem Getreidemarkt<br />

wurden offenbar stärker ausgereizt durch <strong>die</strong><br />

Aufnahme des neuen Geschäftsfeldes. Zuletzt<br />

wurde beschlossen, eine 1903 stattfmdende Industrie-<br />

und Handelsausstellung in Aussig zu<br />

beschicken und dort zu werben, wenn <strong>die</strong>s in einer<br />

der „Austria“ würdigen Weise und ohne große<br />

Kosten möglich sei. ö b es eine Teilnahme an<br />

der Ausstellung gab, bleibt leider ungeklärt. 1905<br />

folgte ein Anbau für eine maschinelle Schroterei<br />

und Mischanlage.<br />

Ungeachtet der zunehmenden Geschäftstätigkeit<br />

und des Ausbaus der Fabrik blieb der bilanzierte<br />

wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens überschaubar.<br />

Fast in jedem Jahr wurden Verluste<br />

eingefahren, obwohl <strong>die</strong> den Verwaltungsratsmitgliedem<br />

vertragsmäßig zustehende Tantieme<br />

von 25.000 Mark erstmals 1905 ausgezahlt und<br />

durch <strong>die</strong> Bremer Reis- und Handels AG beglichen<br />

wurde (s. Tabelle IV. 2.1, S. 178 oben).<br />

177


Tabelle IV. 2.1, Verluste der „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft in Aussig 1900-1905<br />

f e<br />

Jahr 19 0 0 1 9 0 1 1 9 0 2 1 9 0 3 19 0 4 19 05 ^<br />

*3#<br />

w<br />

V e rlu st<br />

in Kronen<br />

in M a rk<br />

5 3 2 ,9 6 2 0 4 .2 4 3 ,7 3 2 9 4 .2 8 4 ,5 9 3 3 1 .6 8 6 ,6 0 ^ , 1 6 8 .5 0 7 ,3 2<br />

A u sg e g lic h en e<br />

Bilanz<br />

4 5 3 ,0 2 1 7 3 .6 0 7 ,1 7 2 5 0 .1 4 1 ,9 0 2 8 1 .9 3 3 ,6 1 1 4 3 .2 3 1 ,2 2<br />

Tabelle IV. 2.2, Aktionäre und Stimmen der Generalversammlung der „Austria“ Reiswerke-<br />

Actiengesellschaft in Aussig 1904/05<br />

Jahr 1904 1905<br />

><br />

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4-« re A. Deppe Hamburg 275 11 A. Deppe Hamburg 225 9<br />

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Ш<br />

3 A. Escher Triest 425 17 A. Escher Triest 225 9<br />

5 G. Ritter von<br />

> Hütterott<br />

Triest 425 17 H. KalIsen Bremen 25 1<br />

V. Uenert Aussig 25 1 F. Bergener Triest 200 8<br />

V. Uenert Aussig 25 1<br />

unleserlich ?? 50 2 J. Stube Hamburg 25 1<br />

R. Heinze Aussig 50 2 S. Popper Aussig 50 2<br />

.5P ІЛc<br />

G. Mannes Aussig 50 2 R. Heinze Aussig 50 2<br />

а ш C. Hollmann Aussig 50 2 G. Mannes Aussig 50 2<br />

Ф :re<br />

4-> га .9 *-• C. Hollmann Aussig 50 2<br />

^ <<br />

___ _<br />

Summe 1.350 54 925 37


Von einem besonders großen wirtschaftlichen<br />

Erfolg der Schälfabrik in Aussig kann bei <strong>die</strong>sen<br />

Verlusten kaum esprochen werden. Die Frage,<br />

warum <strong>die</strong> Reisverarbeitung trotzdem fortgesetzt<br />

wurde, erschließt sich, wenn man <strong>die</strong> Aktionärsstruktur<br />

des Unternehmens betrachtet. Dafür<br />

werden <strong>die</strong> Protokolle der fünften und sechsten<br />

Generalversammlung der „Austria“, jeweils im<br />

Mai der Jahre 1904 und 1905, herangezogen (s.<br />

Tabelle IV. 2.2, S. 178 untenj.^'^<br />

Betrachtet man <strong>die</strong>se Zahlen nach der Herkunft<br />

der Aktionäre und der Zahl der Stimmen, <strong>die</strong> sie<br />

hielten, zeigt sich eine überwältigende Dominanz<br />

der Stimmen aus Hamburg, Bremen und Triest.<br />

1904 waren aus Hamburg 275 Aktien mit 11<br />

Stimmen und aus Triest 850 Aktien mit 34 Stimmen<br />

auf der Generalversammlung der „Austria“<br />

zugegen. Aus Aussig kamen im besten Fall nur<br />

225 Aktien mit 9 Stimmen (<strong>die</strong> nicht zuzuordnenden<br />

Stimmen werden hier subsummiert). Zu<br />

bedenken bleibt, dass <strong>die</strong> Hamburger Reismühle<br />

auch Teilhaber der Mühle in Triest war und <strong>die</strong><br />

Aussiger Vinzenz Lienert und Georg Mannes<br />

zwar in der „Austria“ angestellt waren, aber <strong>die</strong><br />

Höhe ihrer Bezüge in Hamburg festgesetzt wurde.<br />

Somit hätten in einem Konfliktfall zwischen<br />

den Aktionären in der Generalversammlung<br />

1.200 Aktien und 48 Stimmen auf jeden Fall gemeinsam<br />

im Interesse der Norddeutschen Reismühle<br />

m.b.H. sowie der Ersten Triester Reisschälfabrik<br />

gestimmt, was einer überwältigenden<br />

Mehrheit entsprochen hätte. Ähnlich sah es im<br />

folgenden Jahr aus. Aus den beiden norddeutschen<br />

Hansestädten kamen 275 Aktien mit 11<br />

Stimmen, aus Triest 425 Aktien mit 17 Stimmen,<br />

aus Aussig - und wieder mit der entsprechenden<br />

Einschränkung, dass Georg Mannes und Vinzenz<br />

Lienert aus Hamburg bezahlt wurden - aber nur<br />

225 Aktien mit 9 Stimmen. Die geschäftlichen<br />

Entscheidungen waren also nicht nur durch das<br />

Kooperationsabkommen an <strong>die</strong> Triester Mühle<br />

gebunden, sondern auch durch <strong>die</strong> Aktionärsstruktur.<br />

Dazu kam, dass zur Geldbeschaffung<br />

nicht über <strong>die</strong> Neuausgabe von Aktien beraten<br />

wurde, sondern beispielsweise in der Verwaltungsratssitzung<br />

von 1902 beschlossen worden<br />

war, benötigtes Kapital nach Zustimmung der<br />

Reis- und Handels AG, dem Mutterkonzern der<br />

Norddeutschen Reismühle m.b.H., durch <strong>die</strong><br />

ortsansässige Anglobank-Filiale zu beschaffen.<br />

Mit der Anglobank wiederum war der Triester<br />

Reisfabrikant Alfred Escher eng verbunden, so<br />

dass <strong>die</strong> Geschäfte in Aussig auch von Seiten<br />

der Geldgeber wiederum über Triest gesteuert<br />

wurden.<br />

Vor dem Hintergrund der angeführten Verluste<br />

war gerade <strong>die</strong>se Aktionärsstruktur der Grund,<br />

warum <strong>die</strong> „Austria“ durchaus als erfolgreiches<br />

Unternehmen betrachtet werden kann. Denn <strong>die</strong><br />

Ziele waren nicht nur der reine Gewinn der Aussiger<br />

Mühle. Vielmehr sollte das Potential des<br />

Marktes, der neben der Triester Mühle noch für<br />

eine weitere Mühle Nachfrage hatte, ausgeschöpft<br />

werden. Die Grenzgebiete, besonders<br />

auf der deutschen Seite der Grenze, wurden vor<br />

allem von den österreichischen Mühlen beliefert.<br />

Beteiligten sich Andreas Rickmers und sein<br />

ebenso innerhalb der Firma auf das Reisgeschäft<br />

fokussierter Neffe Robert Rickmers an den Mühlen,<br />

so belieferten sie <strong>die</strong>ses Gebiet nun besser<br />

durch ihre ausländische Firma als durch ihre heimischen<br />

Mühlen in Bremen und Hamburg. Darüber<br />

hinaus konnte ungeschälter Reis im Unterschied<br />

zu Deutschland dort ohne Zollbelastung<br />

eingeführt werden. Zusätzlich konnte<br />

polierter Reis zollfrei nach Deutschland gebracht<br />

werden. Über <strong>die</strong> Beteiligungen an den beiden<br />

Mühlen in Triest und Aussig sparten <strong>die</strong> Rickmers’<br />

also gleich an zwei Stellen und machten<br />

entsprechend bessere Geschäfte, als wenn <strong>die</strong><br />

von dort belieferten deutschen Absatzgebiete mit<br />

höheren Transportkosten von Norddeutschland<br />

aus versorgt worden wären. Noch entscheidender<br />

aber ist, dass der gesamte Reis der „Austria“<br />

durch <strong>die</strong> zum Imperium der Familie Rickmers<br />

gehörende Norddeutsche Reismühle m.b.H. von<br />

Hamburg aus über <strong>die</strong> Elbe geliefert wurde. Somit<br />

war auch der Absatz an Reis in Hamburg<br />

und damit <strong>die</strong> Beschäftigung der Flotte im Reisverkehr<br />

mit Asien zusätzlich gesichert. Dies gipfelte<br />

darin, dass <strong>die</strong> „Austria“ <strong>die</strong> Transportkosten<br />

auf der Elbe <strong>bis</strong> 1905 pauschal mit einem<br />

179


Ші<br />

ÿ v - i<br />

Viertel Prozent des Warenwertes zahlte. Erst danach<br />

wurden nur noch <strong>die</strong> tatsächlich angefallenen<br />

Kosten in Rechnung gestellt. Jegliches Geschäft<br />

mit der „Austria“ war somit schon einmal<br />

unabhängig von Gewinnen und Verlusten der<br />

Aussiger Fabrik ein gutes Geschäft für <strong>die</strong> Protagonisten<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s. Aus Sicht<br />

der Triester Fabrik war das genauso, denn <strong>die</strong>se<br />

gehörte einerseits teilweise zu den deutschen<br />

Mühlen und hatte andererseits auch ein ganz eigenes<br />

Interesse daran, Böhmen und <strong>die</strong> umliegenden<br />

Gebiete selber mit Reis zu beliefern. Der<br />

dortige Markt sollte keinem Konkurrenten zufallen.<br />

Zudem ergab sich mit der Belieferung<br />

der Triester Reisschälfabrik an der Adriaküste<br />

ein weiteres Beschäftigungsfeld für <strong>die</strong> Schiffe<br />

der Rickmers-Rotte. Diese hatte mit dem Einsatz<br />

von Dampfschiffen auch den Suezkanal in ihrer<br />

Fahrtroute und Triest lag damit nahezu auf dem<br />

Weg von Asien nach Norddeutschland.<br />

Ein Nutzen der Beteiligungen in Österreich-Ungarn<br />

war zweifelsohne vorhanden. Dennoch wurden<br />

<strong>die</strong> Verluste offenbar im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen<br />

als Grund genommen, <strong>die</strong><br />

Beteiligungen in Triest und Aussig 1905 zu beenden.<br />

Ab <strong>die</strong>sem Zeitpunkt waren <strong>die</strong> Mühlen<br />

nur noch Konkurrenten für den deutschen und<br />

besonders den grenznahen <strong>Reishandel</strong>.*Bis dahin<br />

galt jedoch, dass „[der] Kapitalexport und<br />

[der] Aufbau von Zweigwerken im Ausland<br />

[...] erlaubte, Rückschläge auf der einen Ebene<br />

der Globalisierung auf der anderen zu kompensieren“.*'“*<br />

Während mit der zunehmenden Internationalisierung<br />

der weltweiten Handelsströme<br />

zunehmend protektionistische Schranken in<br />

Europa aufgebaut wurden, fand Andreas Rickmers<br />

mit den Beteiligungen in Triest und Aussig<br />

vorerst ein Mittel, mit dem der umfangreiche<br />

Handel in Deutschland und <strong>die</strong> entsprechende<br />

Nachfrage nach Reis in Asien aufrechterhalten<br />

werden konnte. Die einzelnen Geschäftsfelder<br />

der Rickmers’ hatten durch <strong>die</strong>se europäischen<br />

Marktverschiebungen durchaus ein sichereres<br />

Auskommen.<br />

Marktverschiebungen führen zu globalem<br />

Investitionsverhalten<br />

Die Reismühle Markwald & Co. in Bangkok<br />

Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Europa immer<br />

mehr Reis eingeführt, der bereits in Asien<br />

geschält worden war. Auf Grund der immer kürzeren<br />

Transportzeiten und der steigenden Qualitäten,<br />

<strong>die</strong> in den asiatischen Mühlen geschält<br />

wurden, konnte <strong>die</strong>ser als Eastern Quality bezeichnete<br />

Reis, ohne dass er verdarb, nach<br />

Europa gebracht und nach einer einfachen Politur<br />

weiterexpe<strong>die</strong>rt oder an <strong>die</strong> europäischen Konsumenten<br />

verkauft werden. Damit einher ging<br />

ein Rückgang der Bedeutung der europäischen<br />

Schälindustrie. Während sich dem europaweiten<br />

Absatz immer mehr Zollschranken entgegenstellten,<br />

bekam <strong>die</strong> Produktion von Reis in den<br />

deutschen Mühlen Konkurrenz durch günstigen,<br />

bereits in Asien geschälten Reis. Als <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG durch <strong>die</strong> Londoner Firma Runge &<br />

Co. erfuhr, dass <strong>die</strong> Reismühle Markwald & Co.<br />

in Bangkok einen Investor suchte, bot sich eine<br />

gute Gelegenheit, um auf ebenjenem Markt Fuß<br />

zu fassen, der das eigene Geschäft in Europa<br />

bedrängte. Siam war nach Birma immerhin der<br />

zweitwichtigste Reislieferant für <strong>die</strong> europäische<br />

Industrie und <strong>die</strong> seit 1884 bestehende Mühle in<br />

Bangkok gehörte zu den bedeutendsten reisverarbeitenden<br />

Fabriken.*'*<br />

Namensgeber der Mühle Markwald & Co. dürfte<br />

der schon bekannte Kaufmann Adolph Markwald<br />

gewesen sein, der sich bereits 1859 über den<br />

ganz frühen <strong>Reishandel</strong> Siams mit Europa brieflich<br />

ausließ, kurz nachdem 1858 eine amerikanische<br />

Firma <strong>die</strong> erste dampfgetriebene Reismühle<br />

Slams eröffnet hatte.*'* Ob Adolph Markwald<br />

1884 noch in Siam weilte und eine eigene<br />

Reisfirma gründete oder sich an einer mehrheitlich<br />

beteiligte und daher Namensgeber wurde<br />

und vor allem wann er <strong>die</strong>ses tat, ist nicht zu rekonstruieren.<br />

Ebenso wenig ließ sich ermitteln,<br />

wie der Verkauf der Fabrik an <strong>die</strong> Besitzer vonstattenging,<br />

<strong>die</strong> dann 1894 an <strong>die</strong> Rickmers AG<br />

verkauften. Da Adolph Markwald aber einer der


ersten deutschen Kaufleute und viele Jahre in<br />

Siam war - „und Ende der sechziger Jahre [des<br />

19. Jahrhunderts] deutsche Kaufleute den Siamreis<br />

in Europa“ einführten®*’ -, ist davon auszugehen,<br />

dass das Handelshaus Markwald Gründer<br />

oder Teilhaber der Fabrik war, <strong>die</strong> nun in den<br />

Besitz der bremischen Reisfirma überging.<br />

Die Besitzer von Markwald & Co., Konsul J.<br />

Wiede und J. J. Riechmann, suchten einen Kapitalgeber<br />

zur Modernisierung der Fabrik. Die<br />

Mühle lag direkt an Siams wichtigster Verkehrsader,<br />

dem Chao Phraya-Fluss (Menam). 1894<br />

übernahm <strong>die</strong> Rickmers AG <strong>die</strong> Mühle in der<br />

Hauptstadt Siams, beließ aber <strong>die</strong> früheren Besitzer<br />

in der Geschäftsführung des Unternehmens.<br />

Einerseits hatten sie höchstwahrscheinlich<br />

bessere Kenntnisse des Reismarktes vor Ort, andererseits<br />

wollte Andreas Rickmers keine große<br />

Aufmerksamkeit auf <strong>die</strong> neue Mühle der Rickmers<br />

AG lenken, weil <strong>die</strong>se nun nicht nur zum<br />

Konkurrenten der eigenen Mühlen in Bremen<br />

und Hamburg wurde, sondern auch zum Wettbewerber<br />

aller weiteren deutschen Mühlen im<br />

hart umkämpften Reisgeschäft. Zuerst wurden<br />

Kesselanlagen, Mahl- und Schälwerke erneuert<br />

und <strong>die</strong> Fabrik so modernisiert, dass sie Reis in<br />

einer Qualität hersteilen konnte, der in Europa<br />

zum Verkauf an <strong>die</strong> Konsumenten geeignet war.<br />

Außerdem wurde zur Verwertung der Reste und<br />

Abfälle des Schälvorgangs eine Anlage zur Stärkeproduktion<br />

eingerichtet. Erstmals seit dem Ende<br />

der Stärkefabrik in Hannoversch Münden verkauften<br />

<strong>die</strong> Rickmers’ somit auch wieder Reisstärke<br />

und machten damit ab Bangkok ein gutes<br />

Geschäft.®*® Nach der Modernisierung konnten<br />

wöchentlich <strong>bis</strong> zu 500 Tonnen Cargoreis und<br />

<strong>bis</strong> zu 300 Tonnen weißer Reis hergestellt werden.<br />

Dafür arbeiteten in der Fabrik zwölf europäische<br />

leitende Angestellte und <strong>bis</strong> zu 500 Siamesen.<br />

Damit war <strong>die</strong> Fabrik Markwald & Co.<br />

der größte Mühlenbetrieb in Siam.®'®<br />

Der Betrieb einer Reismühle durch Deutsche<br />

war Ende des 19. Jahrhunderts keine Selbstverständlichkeit,<br />

denn immer mehr Reisindustrielle<br />

waren Asiaten, vornehmlich Chinesen. Markwald<br />

& Co. war sogar <strong>die</strong> einzige Reismühle Siams<br />

in europäischem Besitz und zudem dreimal<br />

leistungsfähiger als <strong>die</strong> nächstgrößten Mühlen.®’*<br />

1880 gab es in Bangkok zwölf Reismühlen, deren<br />

Zahl <strong>bis</strong> 1925 auf 84 Mühlen wuchs. Damit<br />

gehörte <strong>die</strong> 1884 gegründete Fabrik von Markwald<br />

& Co. also immer noch zu den ersten Mühlen,<br />

war bei weitem aber nicht <strong>die</strong> einzige im<br />

Reiszentrum Siams. Mit dem Wachstum der<br />

Reisindustrie in Bangkok sank <strong>die</strong> Bedeutung<br />

westlicher Firmen ebendort:<br />

“Although western firms dominated the first<br />

phase of the rice trade, this domination did<br />

not last. Former junk traders and tax-farmers<br />

discovered it was not difficult to buy the machinery<br />

and hire a Scottish or German engineer<br />

to mn it. [...] By 1912, there were 50<br />

rice mills owned by Chinese, and by 1925,<br />

only one of the 84 rice mills was westernowned.”®’*<br />

Mit der Übernahme und Modernisierung von<br />

Markwald & Co. war es Andreas Rickmers gelungen,<br />

nicht nur auf einem an Bedeutung zunehmenden<br />

Markt Fuß zu fassen, sondern auch<br />

eine wichtige Marktposition in Bangkok zu erlangen.<br />

Und das, während <strong>die</strong> Bedeutung der<br />

westlichen Händler auf dem Reismarkt Siams<br />

rückläufig war. So wie <strong>die</strong> Rickmers AG begann,<br />

in europäischen Ländern zu investieren, wo sie<br />

wegen Zollschranken nicht mehr den Konsumentenmarkt<br />

beliefern konnte, fing sie an, in<br />

asiatischen Ländern Reis zu schälen, weil sie<br />

den Reis der dortigen Mühlen nicht mehr von<br />

Europa fernhalten konnte. Mit der Investition in<br />

Siam setzten <strong>die</strong> Rickmers’ auch <strong>die</strong> eigenen<br />

Mühlen verschärft unter Druck. Neben der Partizipation<br />

an einem wachsenden Geschäftsfeld<br />

dürften aber <strong>die</strong> Vorteile der neuen Mühle in<br />

Bangkok Auslöser der Investitionen gewesen<br />

sein. Die Auslastung fast aller Teile der Rickmers<br />

AG stieg an. Die Flotte war in der Reissaison<br />

noch besser ausgelastet und eine sichere und<br />

planbare Einnahmequelle für <strong>die</strong> Reederei, <strong>die</strong><br />

viele Monate mit der unsicheren Trampschifffahrt<br />

beschäftigt war. Zudem, so weist Leonhard<br />

hin, wurden für den Betrieb in Bangkok Leichter<br />

gebraucht, was zu Aufträgen für <strong>die</strong> Rickmers-<br />

181


Werft hätte führen können. In den Baulisten der<br />

Werft tauchen jedoch keine Bauten auf, <strong>die</strong> explizit<br />

für Bangkok bestimmt waren. Nur der 1896<br />

gebaute Fischdampfer L a n g e o o g , <strong>die</strong> Baunummer<br />

95, wurde an Markwald & Co. verkauft.“ ^<br />

Das Jahr des Verkaufs ist nicht bekannt, lag aber<br />

vermutlich zwischen 1896 und 1907. Ebenso<br />

wenig ist der Einsatz des Dampfers dokumentiert.<br />

Es ist gut vorstellbar, dass der Fischdampfer<br />

als Schleppdampfer für <strong>die</strong> Reisschuten der<br />

Mühle eingesetzt wurde. Über Fischerei durch<br />

<strong>die</strong> Firma Markwald & Co. ist zumindest nichts<br />

bekannt. Mit einer Fabrik in Bangkok, <strong>die</strong> auch<br />

in großen Mengen Reis der Eastern Qualities<br />

produzierte, konnte <strong>die</strong> Rickmers AG nun auch<br />

leichter im an Bedeutung gewinnenden innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong> teilnehmen.<br />

Internationale Beteiligungen der Rickmers AG<br />

Die Beteiligungen der Rickmers AG in Hamburg,<br />

Triest, Aussig und Bangkok hatten einige Gemeinsamkeiten.<br />

Sie betrafen ausnahmslos das<br />

Reisgeschäft, das inzwischen den Kern der Rickmers’schen<br />

Unternehmungen ausmachte. Zudem<br />

wurden immer Märkte erschlossen, <strong>die</strong> von der<br />

heimischen Mühle in Bremen nur noch sehr eingeschränkt<br />

beliefert werden konnten. Zuletzt<br />

<strong>die</strong>nten sie immer auch der weiteren Auslastung<br />

des Reedereibetriebs. Über <strong>die</strong> beschriebenen<br />

Auslandsinvestitionen hinaus gab es aber noch<br />

eine Reihe weiterer internationaler Beteiligungen<br />

der Rickmers AG.<br />

„IM ALLGEMEINEN gravitieren über<strong>die</strong>s<br />

<strong>die</strong> Interessen der Firma vorwiegend nach<br />

Ostasien durch ihre namhaften Beteiligungen<br />

an dortigen groesseren Unternehmungen,<br />

u. A. Petroleum Quellen auf Borneo (Shell<br />

Trading Co.); Quecksilber Minen in der Provinz<br />

Kwei-chou (CHINA); Baumwollspinnereien<br />

in Cochinchina, Seidenspinnereien in<br />

China, Reismühlen in Saigon, Bangkok,<br />

Triest, Aussig & Hamburg u.a.m.-““ ^<br />

Wie es zu den verschiedenen Beteiligungen kam,<br />

und aus welchen Motiven, ist nicht zu rekonstruieren.<br />

Ein Zusammenhang mit dem deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> ist bei all <strong>die</strong>sen Beteiligungen<br />

nicht zweifelsfrei nachzuweisen.<br />

Die Petroleum-Quellen wurden von der Shell<br />

Transport and Trading Company erschlossen.<br />

Die Familie Rickmers besaß ein Aktienpaket<br />

<strong>die</strong>ser Gesellschaft. Die englischen Brüder Sam<br />

und Marcus Samuel betrieben im 19. Jahrhundert<br />

zwischen England und Japan sowie dem gesamten<br />

Eemen Osten <strong>bis</strong> nach Russland ein Handelsgeschäft.<br />

In erster Linie exportierten sie Maschinenanlagen,<br />

Textilien und Werkzeuge nach<br />

Asien, im Gegenzug führten sie Seide, Porzellan,<br />

Kupferarbeiten und Reis nach Europa ein. In<br />

den Petroleumhandel stiegen <strong>die</strong> Brüder um<br />

1880 ein und waren 1892 <strong>die</strong> Ersten, <strong>die</strong> ein reines<br />

Tankschiff, einen Dampfer, durch den Suezkanal<br />

schickten. Sie nannten ihr Unternehmen<br />

nun The Tank Syndicate, bevor daraus 1897 <strong>die</strong><br />

Shell Transport and Trading Company wurde.<br />

Andreas Rickmers gehörte dem Aufsichtsrat von<br />

Shell an.®^“* Es bieten sich nun zwei Verbindungen<br />

zwischen Andreas Rickmers und dem<br />

Petroleumgeschäft an. Zum einen hatte Letztgenannter<br />

im Auftrag des Vaters und zur Beschäftigung<br />

der Reederei 1876 versucht, ein Abkommen<br />

mit dem Bremer Petroleumimporteur<br />

Wilhelm Anton Riedemann®^^ zu schließen. Diese<br />

Verbindung zum Petroleumgeschäft ist aber<br />

nicht nur zeitlich eher unbedeutend. Eher vorstellbar<br />

ist, dass sich <strong>die</strong> Rickmers AG und das<br />

Handelshaus der Samuels aus dem Reisgeschäft<br />

kannten, da <strong>die</strong>se auch Reis als Rückfracht von<br />

Asien nach Europa brachten. Wie es zur Beteiligung<br />

der Rickmers AG an der Shell Transport<br />

and Trading Company kam, ist abschließend<br />

nicht zu klären.<br />

Die Quecksilberminen in China und <strong>die</strong> Seidensowie<br />

Baumwollspinnereien waren wohl eher<br />

unbedeutend. In Jubiläumsschriften und Veröffentlichungen<br />

der Rickmers AG wurden sie nie<br />

thematisiert. Eventuell waren <strong>die</strong>se Beteiligungen<br />

ähnlich wie <strong>die</strong> erste Beteiligung an einer<br />

Reismühle ein Versuch gewesen, das Reedereigeschäft<br />

in der Fahrt von Asien nach Europa zu<br />

beleben und wurden nur nie so stark ausgebaut<br />

wie das Reisgeschäft. Ebenso gut ist aber denk-


ar, dass es sich einfach nur um kleinere Geldanlagen<br />

handelte.<br />

Sehr interessant ist <strong>die</strong> Angabe, dass <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG eine Reismühle in Saigon betrieb. Tatsächlich<br />

ist <strong>die</strong>s der einzige Hinweis überhaupt,<br />

dass es eine von Deutschen betriebene Reismühle<br />

östlich von Bangkok gab. Zudem wäre mit einer<br />

Mühle in Saigon davon auszugehen, dass<br />

<strong>die</strong> Rickmers AG - und damit also der deutsche<br />

<strong>Reishandel</strong> - stärker als gedacht im innerasiatischen<br />

Reisgeschäft aktiv war. Saigon hatte als<br />

Exporthafen für Europa keine große Bedeutung,<br />

war aber ein Handelsplatz, der in den innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong> gut eingebunden war. Auch<br />

wenn <strong>die</strong> Mühle in Saigon einzig in <strong>die</strong>ser einen<br />

Quelle genannt wird, ist sie von hoher Wichtigkeit.<br />

Der deutsche <strong>Reishandel</strong> war über den<br />

gesamten Untersuchungszeitraum ein weltweit<br />

verflochtener Handel. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />

war <strong>die</strong> Rolle des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

jedoch immer stärker darauf beschränkt,<br />

asiatischen Reis zu veredeln und ihn innerhalb<br />

Europas, nach Mittelamerika und nach Südamerika<br />

zu exportieren. Den innerasiatischen Handel<br />

bestimmten hingegen zunehmend asiatische<br />

Händler. Eine Mühle in Saigon wäre daher ein<br />

interessantes und einschränkendes Moment <strong>die</strong>ser<br />

Entwicklung gewesen.<br />

Tabelle IV. 2.3, Internationale Beteiligungen der Rickmers AG 1898*’“<br />

31. Dec. 1898<br />

Firma W ährung<br />

Betr. Cap. uns. d arau f eingestellt B rutto Gewinn . .<br />

Anth. <strong>bis</strong> h eu te uns. Anth. ^ ^<br />

N ettogew inn<br />

uns. Anth.<br />

V erlust uns.<br />

Anth.<br />

1. Centrale Bremen RM <strong>die</strong>se heil. Abschluß<br />

2. Rhederei Bhv. RM 1.389.200 1.274.500 114.700<br />

3. Werft Bhv. RM 23.638 59.465 35.827<br />

4. Union Münd. RM 100.000 21.500 22.700<br />

5. Oberweserfahrt RM 563.000 28.000 ~ 13.000<br />

6. Nordd. Reismühle RM 700.000 335.000 32.000 303.000<br />

7. Austria Reiswerke Kronen 360.000 ???<br />

8. Shell Transport &<br />

Trading Co.<br />

9. Mark\A/ald & Co.<br />

Bangkok<br />

10. Soychee Cotton<br />

Mill<br />

11. Touking Cotton<br />

Mill<br />

12. Cochin China<br />

Cotton Mill<br />

13. Rickmers Jangtse<br />

Linie<br />

14. China<br />

Küstenfahrt<br />

RM 1.200.000 Actien 6% Divid. 7.200<br />

£ 20.000 1.500<br />

£ ! 5.000 5.000 3% Divid. 150<br />

£ 1.000 1.250<br />

£ 20.250 6.250<br />

muß Bremerhaven wissen<br />

183


:il<br />

Zuletzt gab es 1903 noch eine Auslandsinvestition<br />

in Rumänien, <strong>die</strong> schon unter dem Namen<br />

der Reis- und Handels AG getätigt wurde. Ähnlich<br />

wie in Triest und Aussig sollte mit einer<br />

Mühle in Brada, einer Stadt in der Nähe des<br />

Schwarzen Meeres, ein Markt zugleich neu erschlossen<br />

und verteidigt werden. Über <strong>die</strong> Mühle<br />

in Brada gibt es auch nur wenige Informationen“<br />

^, immerhin nahm <strong>die</strong> Riseria Romana Societata<br />

in Brada, <strong>die</strong> ebenso wie <strong>die</strong> Mühle in<br />

Aussig Gerste putzte und Graupen herstellte,<br />

eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Denn<br />

„neue rumänische Tarife gewährten mancherlei<br />

Vorteile; dortige Regierungsstellen hatten <strong>die</strong><br />

Gründung unterstützt, <strong>die</strong> Stadt Brada sogar das<br />

Gelände kostenlos zur Verfügung gestellt“.“ *<br />

3. Industrie- und Handelsausstellungen<br />

Weltausstellungen seit 1851<br />

Die erste Weltausstellung gab es 1851 in London.<br />

Weltausstellungen waren große internationale<br />

Gewerbeschauen, <strong>die</strong> technische Neuheiten für<br />

Handel und Industrie zeigten. Diese Ausstellungen<br />

hingen eng mit der Hochphase der industriellen<br />

Revolution und der Technisierung der<br />

menschlichen Lebens weiten zusammen. Daher<br />

war es fast folgerichtig, dass <strong>die</strong> erste als Weltausstellung<br />

bezeichnete Industrieschau in England,<br />

dem Mutterland der Dampfmaschine und<br />

der industriellen Revolution, stattfand.<br />

Eine globalisierte, vernetzte und auf vielen Ebenen<br />

durch ihre Verflechtungen voneinander abhängige<br />

Weltwirtschaft war einer der Gründe für<br />

<strong>die</strong> Weltausstellungen und deren Entwicklungen<br />

im Lauf des 19. Jahrhunderts. Einerseits wurden<br />

<strong>die</strong> nationalen Traditionen, Kulturen und auch<br />

wirtschaftlichen Leistungen in Konkurrenz zu<br />

den anderen Handelsnationen gezeigt, andererseits<br />

sollten der Handel und der industrielle Eortschritt<br />

in ihren Wechselbeziehungen bestärkt<br />

werden.<br />

„Basierend auf Liberalismus und Ereihandel,<br />

schrankenloser internationaler Konkurrenz<br />

und der optimistischen Idee eines evolutionären<br />

Zivilisationsfortschritts, zielten <strong>die</strong>.<br />

Weltausstellungen darauf, sowohl einen Überblick<br />

als auch einen Vergleich der neuesten<br />

industriellen Entwicklungen und eine Kommunikation<br />

zwischen den Unternehmern und<br />

Händlern zu ermöglichen sowie durch <strong>die</strong><br />

Steigemng des Absatzes wirtschaftlichen Nutzen<br />

zu realisieren.<br />

Der Charakter der Weltausstellungen und anderer<br />

großer Handels- und Gewerbeschauen veränderte<br />

sich im Lauf der Geschichte. Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

ging es vornehmlich um <strong>die</strong> Eörderung<br />

von Handel und Wirtschaft. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

ist auch zu verstehen, dass <strong>die</strong> Rickmers-Werft<br />

1855 in Paris ein Modell der I d a<br />

Z ie g l e r ausstellen durfte. Nur solvente Unternehmen<br />

mit einem guten Ruf wurden von den<br />

Handwerkskammern zu den Weltausstellungen<br />

geschickt. Das Exponat der Bremer Werft wurde<br />

mit einer Bronzemedaille II. Klasse ausgezeichnet.^^®<br />

Dieser Medaille kam besondere Bedeutung<br />

zu. Einerseits, weil der deutsche Schiffbau<br />

international kaum konkurrenzfähig war und <strong>die</strong><br />

Leistung der Rickmers-Werft umso höher einzuschätzen<br />

ist, andererseits, weil nur <strong>die</strong> Medaillen<br />

von Ausstellungen einen bleibenden Werbewert<br />

für <strong>die</strong> Unternehmen besaßen.<br />

Mit dem Ende des Glaubens an den Ereihandel,<br />

dem stärker werdenden Protektionismus in der<br />

Handelspolitik und dem beginnenden Imperialismus<br />

wurde <strong>die</strong> Ausrichtung von Weltausstellungen<br />

mehr ein nationales oder gar nationalistisches<br />

Anliegen und war weniger Ausdruck von<br />

reinem Interesse an Handel und Industrie. Damit<br />

wurden <strong>die</strong> Ausstellungen zu gesellschaftlichen<br />

und kulturpolitischen Ereignissen.“ '<br />

Die Nordwestdeutsche Gewerbe-, Industrie-,<br />

Handels-, Marine-, Hochseefischerei und<br />

Kunstausstellung 1890 in Bremen<br />

1890 gab es in Bremen eine große Ausstellung<br />

nach dem Vorbild der Weltausstellungen. Bereits<br />

1876 hatte es Pläne gegeben, eine große Gewerbe-<br />

und Industrieschau in Bremen abzuhalten,<br />

<strong>die</strong> jedoch keine abschließende Umsetzung er-<br />

184


fuhren. 14 Jahre später gab es eine ganze Reihe<br />

von Vorzeichen, <strong>die</strong> den neuen Anlauf zu einer<br />

großen Ausstellung in Bremen Erfolg bescherten.<br />

Nach dem Zollanschluss Bremens war <strong>die</strong> Stadt<br />

bemüht, sich im In- und Ausland als Hafen für<br />

Deutschland zu profilieren. Mit der Weserkorrektion<br />

und den kurz zuvor neu eingeweihten<br />

Freihäfen blühte der Überseehandel. Zugleich<br />

gab es durch den Zollanschluss einen Industrialisierungsschub<br />

in Bremen, das aus Handelssicht<br />

enger mit dem Umland und dem deutschen Binnenmarkt<br />

zusammen wuchs. Die Pläne für eine<br />

Gewerbeschau erhielten umfangreiche Zustimmung<br />

aus der Politik, der Wirtschaft und der Bevölkerung.<br />

Die Ausstellung erhielt vom Senat<br />

den Status einer juristischen Person zugebilligt.<br />

Der im Gegenzug geforderte Garantiefonds über<br />

300.000 Mark wurde vielfach überzeichnet und<br />

wuchs so auf 539.350 Mark an.^^^ An der im<br />

Bürgerpark abgehaltenen Ausstellung waren neben<br />

der Freien Hansestadt Bremen noch <strong>die</strong> Provinz<br />

Hannover und das Großherzogtum Oldenburg<br />

beteiligt, was den Namen erklärt und zu<br />

dem Charakter einer Nationalausstellung beitrug.<br />

Allein 143 Sonderzüge aus Hamburg und Hannover<br />

brachten Besucher in den Bürgerpark.<br />

„Dieses Ausstellungsereignis war nicht nur in<br />

aller Bremer Munde, sondern <strong>die</strong> Stadt stand<br />

ohne Übertreibung im Zeichen <strong>die</strong>ser großen<br />

Werbeschau.<br />

Es kamen in Bremen auf 37,5 Hektar, immerhin<br />

zwei Drittel der Ausstellungsfläche von der Weltausstellung<br />

in Paris von 1889, insgesamt 1.089<br />

Aussteller zusammen. Einer <strong>die</strong>ser Aussteller im<br />

heimischen Bremen war <strong>die</strong> Reismühle Gebrüder<br />

Nielsen. Reis wurde mit den anderen großen und<br />

wirtschaftlich bedeutenden Stapelartikeln des<br />

Überseehandels, Baumwolle, Wolle, Tabak, Getreide,<br />

Petroleum und Kaffee, in einer eigenen<br />

Sonderausstellung gezeigt. Eür all <strong>die</strong>se Güter<br />

war Bremen ein wichtiger Umschlagplatz, für<br />

Tabak und Reis sogar der weltgrößte Handelsplatz.^’“*<br />

Die Ausstellung von Kolonialwaren verdeutlicht<br />

nicht nur den Charakter einer nationalen Leistungsschau,<br />

den <strong>die</strong> Ausstellung 1890 hatte, sondern<br />

eben auch den engen Zusammenhang Bremens<br />

mit dem deutschen Überseehandel. Anfang<br />

1890 schuf Andreas Rickmers als Experte für<br />

Reis <strong>die</strong> Verbindung zwischen der Ausstellung<br />

und der deutschen Kolonialpolitik in Togoland,<br />

dem heutigen Togo, und Teilen Ghanas, wo in<br />

kleinen Mengen Trockenreis angebaut wurde.<br />

Über den preußischen Generalkonsul in Bremen,<br />

Eriedrich Wilhelm Delius, ein im Handel mit<br />

Südamerika tätiger Kaufmann, erhielt Rickmers<br />

<strong>die</strong> Bitte zur Bewertung der Qualität eines Büschels<br />

Reis aus Togoland. Im Januar 1890 teilte<br />

der Bremer Reishändler dem preußischen Generalkonsul<br />

„ergebenst mit, daß wir uns nach<br />

dem Augenschein ein Urtheil über den Werth<br />

nicht bilden können“, weil für eine Bewertung<br />

der Qualität eine Menge „Reiskörner nicht kleiner<br />

als 1 Kilo“ begutachtet werden müsste.“ ^<br />

Der Bremer Afrikakaufmann Eriedrich Karl Victor,<br />

der 1888 in Togoland eine Handelsniederlassung<br />

gegründet hatte, gab Delius ein weiteres<br />

Gutachten ab und fand <strong>die</strong> Proben für ein Urteil<br />

ebenfalls zu klein. Das Ergebnis <strong>die</strong>ser Kontakte<br />

führte jedoch dazu, dass nach Vorschlag von Andreas<br />

Rickmers in Berlin angefragt wurde, ob<br />

der Reis aus Togo nicht in Bremen ausgestellt<br />

werden könnte;<br />

„Beide Eirmen [Rickmers und Victor] finden<br />

<strong>die</strong> Proben zu klein, um sich ein Urtheil über<br />

den Werth derselben bilden zu können. Herr<br />

Rickmers hat dem Generalkonsul Victor gegenüber<br />

den Wunsch geäußert, es möchten<br />

ihm <strong>die</strong> Reisproben, behufs Verwendung in<br />

der Handelsprodukten-Abtheilung der in <strong>die</strong>sem<br />

Sommer zu Bremen stattfmdenden Handelsausstellung,<br />

auf welche sich mein Bericht<br />

vom 21. d.M. - S.B. 302 - bezog, überlassen<br />

werden. Ich gestatte mir <strong>die</strong> Gewäluung <strong>die</strong>ses<br />

Wunsches zu befürworten, und darf Eure<br />

Durchlaucht behufs eventueller Benachrichtigung<br />

der Eirmen um [...] Weisung bitten.““ ^<br />

Der Absender <strong>die</strong>ses Briefes nach Berlin ist nicht<br />

zu ermitteln, <strong>die</strong> Antwort blieb jedoch nicht aus<br />

und ging an den kaiserlichen Kommissar von<br />

Togoland, Jesko von Puttkammer. Dem Ansinnen<br />

Andreas Rickmers’ wurde stattgegeben und der<br />

185


■■ì'<br />

Reis durfte in Bremen ausgestellt werden, soweit<br />

<strong>die</strong> Proben sich „in einem wohl erhaltenen Zustande<br />

befinden und von einigermaßen guter<br />

Qualität sind, damit nicht eine abfällige Kritik<br />

hervorgerufen wird“.*^’<br />

Andreas Rickmers wurde als Gutachter für Reis<br />

aus Togo herangezogen, weil er der größten deutschen<br />

Reisfirma Vorstand und einen sehr guten<br />

Ruf genoss. Nicht zufällig druckte 1889 das Müllereifachorgan<br />

Die Mühle eine Kurzmeldung aus<br />

einer japanischen Zeitung ab: „Reisschälmühlen.<br />

Ein japanisches Blatt schreibt: Die anerkannt<br />

beste Reismühle der Welt, welche 750.000 Koku<br />

(6 Koku gleich 1Tonne) im Jahr schält ist <strong>die</strong>jenige<br />

des Herrn Rickmers, Bremen, Deutschland.““<br />

®Die Expertise Bremer Reishändler und<br />

Reismüller überrascht nicht, weil <strong>die</strong> weltweit<br />

führende Marktstellung wenige Jahre zuvor nicht<br />

nur durch großen Einsatz, sondern auch auf<br />

Grund der Verarbeitungsqualität der bremischen<br />

Mühlen von der englischen Reisindustrie übernommen<br />

worden war. Da erstaunt es genauso<br />

wenig, dass <strong>die</strong> Reismühle Nielsen zu den Unternehmen<br />

gehörte, <strong>die</strong> mit einer Goldmedaille<br />

ausgezeichnet wurden. Zudem gehörte <strong>die</strong> Stärkefabrik<br />

der Hoffmanns in Salzuflen mit ihren<br />

engen geschäftlichen und personellen Bindungen<br />

nach Bremen zu den goldprämierten Unternehmen.Die<br />

Medaillen von Ausstellungen und<br />

Gewerbeschauen hatten national und international<br />

einen hohen bleibenden Werbewert - der positiv<br />

besetzte Begriff „Made in Germany“ entstand<br />

schließlich genau im Zeitalter der Weltausstellungen.<br />

ln Bremen hatte sich das Komitee<br />

der Ausstellung von 1890 bewusst gegen einen<br />

inflationären Einsatz von Medaillen entschieden.<br />

Es sollten insgesamt nur 25 Goldmedaillen verliehen<br />

werden. Am Ende wurden es doch 29,<br />

was Goldmedaillen für 2,5 Prozent der Aussteller<br />

gleichkam. Zusätzlich wurden 13 Ehrenmedaillen<br />

vergeben (1,1 Prozent), 141 Silbermedaillen<br />

(12,2 Prozent) und 258 Bronzemedaillen (22,4<br />

Prozent).^“ Bei so wenigen Goldmedaillen waren<br />

<strong>die</strong> beiden Auszeichnungen für <strong>die</strong> Reis- beziehungsweise<br />

Reisstärkeindustrie ein hervorragendes<br />

Ergebnis.<br />

186<br />

Die Werbewirkung einer Medaille war auch der<br />

Rickmers AG bewusst. Eine in der zweiten Hälfte<br />

der 1880er Jahre verfasste Werbeschrift für<br />

Reisfuttermehl von Rickmers ziert auf der Titelseite<br />

der Abdruck von gleich sechs Medaillen<br />

verschiedener Ausstellungen. Diese stammten<br />

von der Internationalen Landwirtschaftlichen<br />

Ausstellung in Bremen 1874, der Allgemeinen<br />

Land- und Eorstwirtschaftlichen Ausstellung zu<br />

Hannover 1881 oder auch der Landwirtschaftlichen<br />

Landesausstellung in Zwickau 1882. Zwei<br />

Medaillen waren mit der Gravur „Für hervorragende<br />

Leistung“ versehen, auf der Bremer Medaille<br />

von 1874 hieß es „Dem Ver<strong>die</strong>nste um <strong>die</strong><br />

Landwirthschaft“.“ ' Die Verbindung des eigenen<br />

Produkts mit den Prämierungen von Ausstellungen<br />

versah das beworbene Reisfuttermehl mit<br />

dem unschätzbaren Wert eines vermeintlich unabhängigen<br />

und positiven Urteils.<br />

Die Teilnahme der Reismühle Gebrüder Nielsen<br />

und der Einbezug von Reis aus einer deutschen<br />

Kolonie durch Andreas Rickmers bei der Nordwestdeutschen<br />

Gewerbe- und Industrieausstellung<br />

1890 in Bremen zeigen, dass der deutsche<br />

<strong>Reishandel</strong> sein Zentrum in Nordwestdeutschland<br />

hatte und ihm zeitgenössisch zugleich eine herausgehobene<br />

Stellung in der weltweit vernetzten<br />

bremischen Wirtschaft zugewiesen wurde.<br />

4. Personelle Netzwerke im <strong>Reishandel</strong><br />

Der deutsche <strong>Reishandel</strong> wurde in seiner vielschichtigen<br />

Entwicklung zwischen <strong>1850</strong> und<br />

<strong>1914</strong> und trotz der unterschiedlichen wirtschaftlichen<br />

und politischen Räume, in denen er stattfand,<br />

oft durch persönliche Bindungen der beteiligten<br />

Akteure bestimmt. Dabei gab es starke<br />

familiäre Bezüge innerhalb der einzelnen Firmen,<br />

darüber hinaus aber auch Verbindungen<br />

zwischen den politischen Akteuren auf den asiatischen<br />

Märkten und den deutschen Händlern,<br />

zwischen den Bremer Unternehmen und Bremern,<br />

<strong>die</strong> unter fremder Flagge im <strong>Reishandel</strong><br />

aktiv waren, oder auch personelle Netzwerke<br />

zwischen den einzelnen Zweigen der reisverarbeitenden<br />

Industrie.


Familientraditionen im deutschen <strong>Reishandel</strong><br />

Ein Blick auf <strong>die</strong> Leitungsstmkturen der Familie<br />

Rickmers zeigt beispielhaft, dass in Familienunternehmen<br />

des 19. Jahrhunderts der familiäre<br />

Zusammenhang für <strong>die</strong> Besetzung von leitenden<br />

Positionen von größerer Bedeutung war als familienfremde<br />

Expertise. Das erklärt sich aus der<br />

Entstehungsgeschichte des Unternehmens. Im<br />

frühen 19. Jahrhundert waren Arbeitsbiographien<br />

wie <strong>die</strong> des Rickmer Ciasen Rickmers nicht ungewöhnlich.<br />

Vom seefahrenden Schiffszimmermann<br />

zum Schiffbauer war es kein weiter Weg,<br />

ebenso wenig vom Werftbesitzer zum Partenreeder.<br />

Schon weiter war der Schritt vom Reeder<br />

zum Reiskaufmann. Die dynamische Entwicklung<br />

des Schiffbaus im Weserraum <strong>bis</strong> zur Jahrhundertmitte<br />

und <strong>die</strong> Offenheit des neu entstehenden<br />

globalen Reisgeschäfts boten <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

sich relativ leicht Expertenwissen und<br />

eine gute Marktstellung anzueignen, weil <strong>die</strong><br />

Märkte noch nicht personell und strukturell fest<br />

etabliert waren. Als <strong>die</strong> Geschäftsführung mit<br />

dem Tod des Firmengründers an <strong>die</strong> nächste Generation<br />

weitergegeben wurde, sah das schon etwas<br />

anders aus. Nur Andreas Rickmers hatte<br />

wie der Vater eine handwerkliche Ausbildung<br />

erhalten und im Unternehmen <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Geschäftsfelder kennengelernt. Peter Rickmers<br />

war schon weniger Generalist und repräsentierte<br />

das Familienuntemehmen in erster Linie. Der<br />

jüngste Bruder, Wilhelm Rickmers, hatte <strong>die</strong> geringste<br />

geschäftliche Erfahrung und ihm war weder<br />

bei der Geschäftsführung der Stärkefabrik<br />

in Hannoversch Münden noch in der Leitung<br />

der Bremer Reismühle dauerhafter Erfolg vergönnt<br />

gewesen. Dennoch sollten alle drei Brüder<br />

das Unternehmen gleichberechtigt leiten. Ein<br />

erster Schritt, Verantwortung an Experten, <strong>die</strong><br />

nicht der Familie angehörten, abzugeben, war<br />

<strong>die</strong> Erteilung von Prokura an drei leitende Angestellte<br />

bei der Umwandlung des Unternehmens<br />

in eine Aktiengesellschaft. Andererseits waren<br />

drei weitere entscheidungsberechtigte Angestellte<br />

in einem so großen Betrieb sicherlich auch<br />

den organisatorischen Notwendigkeiten geschuldet.<br />

Erst 1910, als <strong>die</strong> Rickmers AG im Rahmen<br />

einiger familieninterner Zwistigkeiten und wirtschaftlicher<br />

Schwierigkeiten unter massiven Problemen<br />

litt, kam es zu Umstrukturierungen in<br />

der Firmenleitung. Erstmals wurden mit dem Juristen<br />

Heinrich Wuppesahl und dem Direktor<br />

der Dampfschifffahrts-Gesellschaft „Neptun“,<br />

August Nolze, zwei familienfremde Personen<br />

auf Grund ihrer Expertise in den Aufsichtsrat<br />

und damit in <strong>die</strong> Leitung der Rickmers AG berufen.<br />

Ein ebenso starker Familienbezug findet sich in<br />

der Historie der Firma Gebrüder Nielsen, <strong>die</strong><br />

ebenfalls zu den großen Reismüllem in Bremen<br />

gehörte. Der Gründer und Geschäftsführer Friedrich<br />

Carl Ferdinand Nielsen hatte zwischen 1855<br />

und 1879 alle vier Söhne als Teilhaber in <strong>die</strong><br />

Firma auf genommen. Mit der Umwandlung zu<br />

einer Aktiengesellschaft bildeten sie, vergleichbar<br />

mit den Rickmers’, Aufsichtsrat und Vorstand<br />

des Unternehmens. Erst 1925 schied der letzte<br />

Geschäftsführer, der Mitglied der Familie Nielsen<br />

war, aus. Der Vollständigkeit halber sei jedoch<br />

darauf verwiesen, dass in dem Geschäft<br />

von Anton Nielsen, Bruder von Friedrich Carl<br />

Ferdinand und Gründer der ersten industriellen<br />

Bremer Reismühle, schon vor der Umwandlung<br />

zu einer Aktiengesellschaft 1895 familienfremde<br />

Gesellschafter aufgenommen worden waren.<br />

Die Beschränkung der Einflussnahme auf Verwandte<br />

in großen Familienbetrieben war also<br />

keineswegs vorgegeben.<br />

Ähnliche Strukturen und der Wunsch, <strong>die</strong> Unternehmensleitung<br />

in der Familie zu halten, waren<br />

auch bei der Stärkefabrik in Salzuflen zu erkennen.<br />

Das <strong>1850</strong> gegründete Unternehmen firmierte<br />

mit dem Beginn der Stärkeherstellung<br />

auf Reisbasis unter neuem Namen E. Hoffmann<br />

& Co. als Offene Handelsgesellschaft, weil aus<br />

finanziellen Gründen als weiterer Teilhaber Carl<br />

Pokrantz aufgenommen wurde. Carl Pokrantz<br />

war jedoch als Schwager der Brüder Hoffmann<br />

zugleich auch ein Familienmitglied. 1875 wurde<br />

<strong>die</strong> Rechtsform der Firma wiederum umgewandelt,<br />

<strong>die</strong>smal in eine Kommanditgesellschaft, da<br />

wegen weiteren Geldbedarfs der Bremer Bankier<br />

187


4 í S<br />

Eduard Wätjen Teilhaber wurde. Als <strong>die</strong> Fabrik<br />

1881 zu einer Kommanditgesellschaft auf Aktien<br />

wurde, traten mit Christian Wätjen und dessen<br />

Schwiegersohn Joseph Hachez von der Bremer<br />

Segelschiffsreederei Wätjen & Co. zwei weitere<br />

Familienfremde in das Unternehmen ein. Aufsichtsräte<br />

der Stärkefabrik wurden Eduard Wätjen,<br />

Joseph Hachez und als einziges Familienmitglied<br />

Carl Pokrantz. Das führte bei E. Hoffmann<br />

& Co. zu neuen Verantwortungsstrukturen,<br />

deren Dimensionen für den Familienuntemehmer<br />

Eduard Hoffmann von Stefan Wiesekopsieker<br />

folgendermaßen zusammengefasst wurden:<br />

„Diesen Herren hatte Eduard Hoffmann fortan<br />

Rechenschaft über seine Geschäftsführung abzugeben,<br />

eine Änderung der Verhältnisse, <strong>die</strong><br />

ihm nicht leicht gefallen ist.“^<br />

Viele der im deutschen <strong>Reishandel</strong> vertretenen<br />

Firmen waren Familienbetriebe, <strong>die</strong> versuchten,<br />

<strong>die</strong> gesamte Verantwortung in der Familie zu<br />

halten. Je ausgereifter das Geschäft wurde, desto<br />

wichtiger wurden aber auch Marktkenntnisse<br />

und <strong>die</strong> Vernetzung mit anderen Akteuren des<br />

Geschäftsfeldes. Kapitalbedarf und <strong>die</strong> Deckung<br />

<strong>die</strong>ses Bedarfs ermöglichte vielfach Außenstehenden<br />

<strong>die</strong> Übernahme von Verantwortung in<br />

den familiengeführten Firmen des <strong>Reishandel</strong>s.<br />

Ein Beispiel dafür ist Anton Deppe, der wegen<br />

Kapitalbedarfs den alleinigen Besitz und <strong>die</strong> Geschäftsführung<br />

seiner Reismühle verlor, zugleich<br />

aber auf Grund seines Fachwissens auch mit Andreas<br />

Rickmers als neuem Teilhaber weiterhin<br />

in der Geschäftsführung eingebunden war. Neben<br />

den verwandtschaftlichen Bindungen nahm<br />

zudem <strong>die</strong> Bedeutung von persönlichen Netzwerken<br />

mit den Akteuren des globalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

in Asien und Europa fortlaufend zu.<br />

nen Konsulatsposten und war damit als hambur^<br />

gischer Konsul in Bassein, einem der wichtigen<br />

Reishäfen Birmas, in Amt und Würden. Als Konsul,<br />

der zugleich auch Bremen vertrat, war er<br />

dort in erster Linie ein Interessenvertreter der<br />

deutschen Wirtschaft, aber auch - zumindest<br />

teilweise - politisch ein Vertreter deutscher Bürger<br />

und Interessen.*^^ Das Besondere an <strong>die</strong>sem<br />

Vorgang ist, wie aus den Akten hervorgeht, dass<br />

Johann Heinrich Bandow nicht nur hamburgischer<br />

Konsul und Kaufmann, sondern auch Partner<br />

der Reisfirma Mohr Brothers & Co. war.<br />

Damit stellte ein Angehöriger der Firma Mohr<br />

Brothers & Co. bereits das zweite Mal einen<br />

Konsul, was ein Hinweis auf <strong>die</strong> angesehene<br />

Stellung der Firma ist. Bereits von 1854 <strong>bis</strong> 1863<br />

war Carl Mohr, der aus Bremen stammende<br />

Gründer der Reisfirma, Konsul für Bremen gewesen.<br />

Konsul konnte man nur mit einem untadeligen<br />

Ruf werden, was gerade das Prestige<br />

<strong>die</strong>ses Ehrenamts ausmachte. Zudem war eine<br />

gute Vernetzung mit der Wirtschaft vor Ort und<br />

mit den kolonialen Landesherren, <strong>die</strong> das Konsulat<br />

bestätigen mussten, im Fall Birmas also<br />

den Briten, sowie den anderen deutschen Kaufleuten<br />

in der Region sehr wichtig. Es kann daher<br />

davon ausgegangen werden, dass Mohr Brothers<br />

& Co. zu den wichtigsten deutschen Firmen in<br />

Birma gehörte. Um im Reisgeschäft zwischen<br />

Birma, England und Deutschland bestehen zu<br />

können, war eine solche Stellung am asiatischen<br />

Handelsplatz von hoher Bedeutung, weil <strong>die</strong> Entfernung<br />

nach Europa <strong>bis</strong> Mitte der 1870er Jahre<br />

jede kurzfristige Geschäftskommunikation verhinderte<br />

und daher alle Entscheidungen im Vertrauen<br />

auf <strong>die</strong> eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse<br />

des Marktes getroffen werden mussten.<br />

Als der Ausbau des Telegrafennetzes weit fortgeschritten<br />

und <strong>die</strong> Dampfschifffahrt durch den<br />

Suezkanal nach 1875 etabliert war, veränderte<br />

sich das Wesen der Netzwerke, <strong>die</strong> Kaufleute in<br />

Asien für ihren Erfolg knüpfen mussten. Einerseits<br />

war durch <strong>die</strong> Reichsgründung 1871 das<br />

Konsulatswesen verändert und richtete sich zunehmend<br />

auf politische Interessenvertretung aus,<br />

andererseits ermöglichten <strong>die</strong> neuen Kommuni­


kationsmittel auch recht kurzfristige Instruktionen<br />

von Agenten deutscher Firmen in Asien, <strong>die</strong><br />

damit nicht mehr auf eigenverantwortlich arbeitende<br />

Kapitäne und deren Geschäftsabschlüsse<br />

angewiesen waren. Nun wurde es möglich, dem<br />

Nachwuchs der Reiskaufleute allein durch mehrmonatige<br />

Rundreisen in Asien <strong>die</strong> dortige Kultur-<br />

und Geschäftswelt nahezubringen. Die Reise<br />

von Paul Rickmers 1899 über In<strong>die</strong>n nach Birma,<br />

wo er Reisbau, -ernte und <strong>die</strong> Verarbeitung persönlich<br />

erlebte, reichte als Einblick in das asiatische<br />

Geschäft aus.®^ Junge Kaufleute mussten<br />

keine mehrjährige Lehrzeit mehr in Asien verbringen.<br />

Das Beispiel der Reismühle Markwald<br />

& Co. in Bangkok zeigt, dass es 1894 der sehr<br />

auf familiäre Entscheidungsstrukturen bedachten<br />

Familie Rickmers möglich war, von Bremen aus<br />

strategische Beschlüsse auf dem asiatischen<br />

Markt zu treffen. Nach der Übernahme der Mühle<br />

durch <strong>die</strong> Familie Rickmers blieben <strong>die</strong> früheren<br />

Besitzer J. Wiede und J. Riechmann an<br />

Ort und Stelle weiterhin für <strong>die</strong> Geschäftsleitung<br />

verantwortlich und es wurde nicht, wie bei den<br />

früheren Übernahmen der Reismühlen von Ichon<br />

und Deppe in Hamburg und Bremen, umgehend<br />

ein Mitglied der Familie Rickmers in <strong>die</strong> ünternehmensleitung<br />

geschickt.<br />

Die Übernahme der Fabrik Markwald & Co.<br />

durch <strong>die</strong> Rickmers AG gibt Anlass, auf weitere<br />

Beispiele für <strong>die</strong> Bedeutung persönlicher Netzwerke<br />

zur Behauptung der eigenen Interessen<br />

in einem weltweiten Markt hinzuweisen. Geschäftstüchtigkeit<br />

und Erfolg waren nicht zuletzt<br />

eine Frage des Informationsstandes. Gerade der<br />

Kauf der asiatischen Mühlen durch <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG setzte eine gute internationale Vernetzung<br />

voraus. Die Entscheidungsträger hielten sich ausnahmslos<br />

in Norddeutschland auf, brauchten also<br />

Informationsquellen, <strong>die</strong> über publizierte Börsennachrichten<br />

hinausgingen. So wie schon bei<br />

der Shell Transport & Trading Co. davon auszugehen<br />

ist, dass eine persönliche Bekanntschaft<br />

zu der Beteiligung der Rickmers’ an dem Petroleumunternehmen<br />

führte, waren freundschaftliche<br />

und vertrauensvolle Geschäftsverbindungen<br />

nach England und Asien auch im Müllereigeschäft<br />

unersetzlich. Dass <strong>die</strong> deutsche Reismühle<br />

Markwald & Co. Teilhaber suchte, erfuhr Andreas<br />

Rickmers „über das befreundete Maklerbüro<br />

A. Runge & Co. in London“.®’*’ Als <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG unter der Führung von<br />

Andreas Rickmers ihre Stellung auf dem asiatischen<br />

Markt durch mehr eigene Mühlen festigen<br />

wollte, ließ sie „durch <strong>die</strong> ihr befreundete englische<br />

Firma Gillespie & Co. im Jahre 1907 neue,<br />

sehr leistungsfähige Reismühlen in Burma errichten“.®’*®Eine<br />

gute Vernetzung trug zur ökonomischen<br />

Handlungsfähigkeit bei.<br />

Das Jahr 1907 bietet den Anknüpfungspunkt für<br />

ein geschäftliches Netzwerk, das ebenso ein familiäres<br />

Netzwerk zwischen Bremen, London<br />

und Rangun bildet. Im gleichen Jahr, in dem <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG in Birma neue Mühlen<br />

errichten ließ, übernahm sie auch <strong>die</strong> dort ansässige<br />

deutsch-englische Firma Krüger & Co.<br />

Diese Firma wurde von zwei Bremern, den Brüdern<br />

Friedrich Wilhelm und Johann Friedrich<br />

Buchholtz, 1870 in London gegründet. Den Listen<br />

der in Liverpool einkommenden Reisschiffe<br />

ist zu entnehmen, dass Krüger & Co. mindestens<br />

seit 1876 in der Reisverschiffung von Birma<br />

nach England beschäftigt war.®*’ Der ebenfalls<br />

aus Bremen stammende Carl Rosenkranz, Neffe<br />

der Brüder Buchholtz, trat in das Londoner Geschäft<br />

ein und siedelte 1894 nach Rangun über,<br />

wo er für <strong>die</strong> Firma <strong>die</strong> erste eigene Reismühle<br />

in Birma aufbaute. Als <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG 1907 alle alten und neu erworbenen Fabriken<br />

in Birma und Siam zu einer neuen Tochtergesellschaft<br />

zusammenfasste, wurde Carl Rosenkranz<br />

als Fachmann des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

mit guten Verbindungen zum englischen<br />

und deutschen Markt deren Geschäftsführer.<br />

1908 kehrte er nach Bremen zurück, weil er in<br />

den Vorstand der Reis- und Handels AG berufen<br />

worden war. Dem Vorstand gehörte er fast 40<br />

Jahre an und war ab 1948 <strong>bis</strong> zu seinem Tod<br />

1950 noch Aufsichtsrat des Unternehmens. Carl<br />

Rosenkranz hatte nicht nur eine weit ins 19.<br />

Jahrhundert reichende familiäre Bindung an den<br />

<strong>Reishandel</strong>, sondern hatte als Reiskaufmann mit<br />

umfassender Erfahrung und Vernetzung in <strong>die</strong><br />

189


И "<br />

wichtigen Zentren des europäischen und des internationalen<br />

Handels auch beste Voraussetzungen,<br />

um leitende Aufgaben in einem der größten<br />

Unternehmen des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

zu übernehmen. Carl Rosenkranz „ist der letzte<br />

gewesen, der <strong>die</strong> großen Überlieferungen des<br />

bremischen <strong>Reishandel</strong>s und der bremischen<br />

Reismüllerei in einer Person verkörperte“.“ “ Wie<br />

wichtig eine solche Vernetzung sowie ein grundsätzliches<br />

und umfeldbezogenes Marktwissen<br />

waren, wurde in einer Stu<strong>die</strong> über das britische<br />

Weltreich und <strong>die</strong> Globalisierung herausgearbeitet.<br />

Dabei kamen <strong>die</strong> Autoren zu der Schlussfolgerung,<br />

dass<br />

“[...] networks gave rise to a distinct and potent<br />

informational asymmetry within capital<br />

markets. As a consequence, people found<br />

themselves having to make choices not just<br />

without a complete set of information before<br />

them, but on the basis of a stock of knowledge<br />

that was heavily biased in favor of the<br />

British World. Simply put, British investors<br />

were just better informed about, and better<br />

placed to act upon, investment opportunities<br />

in the dominions than elsewhere.”“ '<br />

Die Bedeutung persönlicher Netzwerke auf<br />

Märkten in den britischen Kolonien war für deutsche<br />

Kaufleute genauso bedeutsam wie <strong>die</strong> Vernetzung<br />

der englischen Konkurrenten. Mit Carl<br />

Rosenkranz und durch einige befreundete Firmen<br />

konnten sich <strong>die</strong> Rickmers AG sowie <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG in das globale Handelsnetzwerk<br />

einklinken, das englische Reiskaufleute<br />

im weltweiten britischen Herrschaftsgebiet verband.<br />

mit dem Reis förderte. Ob es um <strong>die</strong> Reederei =<br />

und Reisverschiffung, um das Reisschälen und<br />

-polieren oder um <strong>die</strong> Stärkeherstellung ging,<br />

oft gab es privat und geschäftlich sehr enge Kontakte<br />

zwischen einzelnen Akteuren und Firmen<br />

in der Heimatstadt.<br />

Rickmer Ciasen Rickmers und sein Sohn Andreas<br />

Rickmers verkörperten geradezu den Typus<br />

eines offenen, universellen Kaufmanns und Unternehmers,<br />

der ebenso Schiffbauer wie auch<br />

Reeder und Industrieller ist. Einerseits wurde<br />

kein Geschäft abgelehnt, das eine lukrative Ausweitung<br />

des Unternehmens versprach, und andererseits<br />

wurden neue Geschäftsfelder erschlos- ^<br />

sen, um <strong>die</strong> älteren Unternehmungen zu stützen.<br />

Dies führte dazu, dass <strong>die</strong> Familie Rickmers neben<br />

dem Schiffbau im hauseigenen Reedereigeschäft,<br />

in der industriellen Reisvermahlung und<br />

der Stärkeherstellung, aber auch in leitender<br />

Funktion in der Dampfschifffahrt engagiert war. ;<br />

Doch es ist in der bremischen Wirtschaft kein<br />

Alleinstellungsmerkmal der Familie Rickmers<br />

gewesen, durch <strong>die</strong> Aufnahme verschiedener Ge- _<br />

schäftsfelder und vielfältiger Verbindungen das <<br />

wirtschaftliche Wohl des Unternehmens stärken :<br />

zu wollen. Ein Blick auf <strong>die</strong> Stärkefabrik E.<br />

Hoffmann & Co. in Bad Salzuflen zeigt, dass ^<br />

sich verschiedene Akteure der Reisindustrie iñ ■<br />

Bremen, sei es in der Verarbeitung oder im<br />

Transportwesen, immer wieder geschäftlich und,<br />

privat begegneten, was einer ständigen Stärkung <<br />

der Stellung Bremens als Reiszentrum gleich^'<br />

kam. Trotz der Konkurrenz verschiedener Un- ■<br />

ternehmen gab es ein gemeinsames zu Grunde -<br />

liegendes Interesse am Reisgeschäft. ' :<br />

Sehr gut lassen sich <strong>die</strong> engen wirtschaftlichen,<br />

und familiären Verbindungen der Bremer Indus-1<br />

trie an der Stärkefabrik E. Hoffmann & Co. im]<br />

lippischen Salzuflen nachzeichnen. Das Unter-]<br />

nehmen hatte bei genauerer Betrachtung sehr,<br />

starke Verbindungen nach Bremen und zu dorti-^<br />

gen Kaufleuten, Bankiers und Reedern. Diese<br />

gipfelten darin, dass seit der Umwandlung in<br />

eine Aktiengesellschaft 1881 der Aufsichtsrat<br />

der Eabrik ausschließlich in Bremen tagte. Schon<br />

kurz nach der Gründung <strong>1850</strong> steckte das Un-'


temehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.<br />

Leberecht Fiirchtegott Hoffmann, der als Kaufmann<br />

im Haus Pokrantz & Co. in Bremen arbeitende<br />

Bruder des Firmenchefs Eduard Hoffmann,<br />

beschaffte nötiges Kapital. Über <strong>die</strong>se<br />

Verbindung wurde <strong>die</strong> Firma des Carl Pokrantz<br />

in Bremen für lange Jahre einer der wichtigsten<br />

Geschäftspartner. Pokrantz & Co. waren der Lieferant<br />

des Reises, als <strong>die</strong> Fabrik 1869 mit der<br />

Herstellung von Reisstärke begann. Darüber hinaus<br />

heiratete Carl Pokrantz <strong>die</strong> Schwester von<br />

Leberecht und Eduard Hoffmann. Zudem machte<br />

deren jüngerer Bruder Carl Heinrich Hoffmann<br />

seine kaufmännische Ausbildung bei Pokrantz<br />

& Co. in Bremen. 1875 nahm <strong>die</strong> Salzuflener<br />

Fabrik wegen erneuten Kapitalbedarfs einen neuen<br />

Teilhaber auf. Der Bremer Bankier und Kaufmann<br />

Eduard Wätjen, Neffe des Reedereigründers<br />

Diedrich Heinrich Wätjen, leistete eine Einlage<br />

von 300.000 Mark. Nur sechs Jahre darauf<br />

musste <strong>die</strong> Stärkefabrik wiederum Kapital besorgen.<br />

Dafür wurde eine Aktiengesellschaft mit<br />

einem Aktienkapital von 3.000.000 Mark gegründet.<br />

Die Aktien wurden als Namensaktien<br />

mit einem Nennwert von 50.000 Mark ausgegeben.<br />

Neben den <strong>bis</strong>herigen Teilhabern gab es<br />

nur zwei neue Aktionäre, <strong>die</strong> ebenfalls aus Bremen<br />

kamen. Christian Wätjen und Joseph Hachez<br />

von der Bremer Segelschiffsreederei Wätjen<br />

& Co. hielten 14 Aktien mit einem Wert von<br />

700.000 Mark, was fast einem Viertel des<br />

Stammkapitals entsprach.“ ^<br />

Der Aktienkauf Christian Wätjens scheint nicht<br />

nur naheliegend, weil der 1875 Teilhaber gewordene<br />

Eduard Wätjen Vetter des Reeders Christian<br />

Wätjen war. Vielmehr lässt sich ein Geschäftsinteresse<br />

der großen Bremer Reederei vermuten,<br />

<strong>die</strong> sehr regelmäßig Reis auf ihren Schiffen transportierte.<br />

Bereits 1852 hatte ein Segler von Wätjen<br />

Reis von In<strong>die</strong>n nach London gebracht, 1855<br />

dann erstmals auf dem direkten Weg Reis von<br />

Birma nach Bremen transportiert. Wätjen & Co.<br />

hatte keine eigenen Niederlassungen in Asien,<br />

deshalb war <strong>die</strong> Reederei<br />

„auf <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit dort ansässigen<br />

Firmen angewiesen, <strong>die</strong> zum großen Teil<br />

deutsche Gründungen waren. Firmen wie Robert<br />

M. Sloman, Hamburg, und C. Melchers<br />

& Co., Bremen, charterten <strong>die</strong> Wätjenschen<br />

Segler für ihre Transporte, andere Häuser<br />

wie Wilhelm Pusau in Hongkong, Diekmann,<br />

Barckhausen & Co. in Rangoon, Behn, Meyer<br />

& Co. in Singapur, Schröder, Smidt & Co.<br />

in Calcutta oder Büsing, Schröder & Co. in<br />

Batavia sorgten nach dem Löschen der Kohle<br />

für Rückfrachten nach Europa.““ ^<br />

Eine Beteiligung von Wätjen & Co. an der Stärkefabrik<br />

sicherte somit zugleich den Fortbestand<br />

an dem wichtigen Geschäftsfeld des Reistransports.<br />

Die Reederei lud in Saigon, Singapur,<br />

Bangkok, Manila, Calcutta und Nagasaki sowie<br />

besonders in den Häfen Birmas Reis und verschiffte<br />

<strong>die</strong>sen dann nach London, Liverpool,<br />

Cardiff, Le Havre, nach Zaandam, Amsterdam<br />

und Rotterdam in den Niederlanden, Rio de<br />

Janeiro, Santos, Talechuam in Chile, Rosario in<br />

Argentinien, Kopenhagen, Hamburg und besonders<br />

nach Bremen. Von 1852 <strong>bis</strong> 1897 sind 159<br />

Reistransporte durch <strong>die</strong> Reederei D. H. Wätjen<br />

& Co. verzeichnet. Davon hatten 85 der Reissegler<br />

Bremen als Zielhafen, was immerhin 53<br />

Prozent aller bezeugten Reistransporte der Reederei<br />

ausmachte.*^“ War der Reis in Bremen gelöscht,<br />

konnte er direkt an Carl Pokrantz & Co.<br />

verkauft werden, <strong>die</strong> wiederum <strong>die</strong> Lieferung<br />

nach Salzuflen übernahmen.<br />

1887 engagierte sich auch <strong>die</strong> im Baumwollhandel<br />

tätige Firma Gebrüder Plate bei der Stärkefabrik.<br />

Die Verbindung kam vermutlich über Carl<br />

Heinrich Hoffmann zustande, der nach seiner<br />

Lehrzeit bei Pokrantz den Handel mit Baumwolle<br />

aufnahm. Nach dem kurzen Intermezzo<br />

von Wilhelm Rickmers im Aufsichtsrat der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG wurde Emil Plate von<br />

1887 <strong>bis</strong> 1911 Aufsichtsratsvorsitzender.“ ^ Sein<br />

Bruder und Teilhaber Georg war im selben Jahr<br />

in den Aufsichtsrat des NDL eingetreten, der<br />

ebenfalls Reis auf seinen Dampfern von Asien<br />

nach Bremen beilud. Georg Plate trat 1901 aus<br />

dem brüderlichen Geschäft aus und es wäre übertrieben,<br />

eine Beteiligung an der Stärkefabrik nur<br />

aus den Interessen des NDL zu konstruieren.<br />

191


li<br />

íi<br />

Entsprechende Marktkenntnisse und Gewinnmöglichkeiten<br />

durch <strong>die</strong> Stärkung der Reisgeschäfte<br />

in Bremen, zu denen <strong>die</strong> Dampferreederei<br />

durch den Transport von Reis beitrug, werden<br />

ihm aber bewusst gewesen sein.<br />

Bis 1950 saßen insgesamt 14 Bremer Kaufleute<br />

und Bankiers im Aufsichtsrat der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG in Salzuflen. Unter den Bankiers<br />

ver<strong>die</strong>nen <strong>die</strong> Mitglieder des Bankhauses<br />

J. Schultze & Wolde, das bereits seit 1836 im<br />

alleinigen Besitz der Familie Wolde war, eine<br />

besondere Aufmerksamkeit. Georg Wolde, der<br />

seit 1870 im väterlichen Geschäft arbeitete, wurde<br />

1877 Aufsichtsratsmitglied bei Hoffmann’s.<br />

Im gleichen Jahr trat sein Bruder Carl in <strong>die</strong><br />

Bank ein und wurde nach dem Tod des Vaters<br />

von 1911 <strong>bis</strong> 1917 der Vertreter der Familie im<br />

Aufsichtsrat der Stärkefabrik. Von 1919 <strong>bis</strong> 1950<br />

war dort zudem noch Georg Woldes Sohn, der<br />

ebenfalls Carl hieß, vertreten.®^* Das Bankhaus<br />

J. Schultze & Wolde bot 1888 der DDG „Hansa“<br />

mit ihrem Aufsichtsratsmitglied Andreas Rickmers<br />

einen Vorschuss von 3 Millionen Mark für<br />

<strong>die</strong> Errichtung der In<strong>die</strong>n-Linie der Reederei an<br />

und trug damit maßgeblich dazu bei, dass <strong>die</strong><br />

DDG „Hansa“ das einträgliche Asiengeschäft<br />

etablieren konnte.*^^ Ein Interesse des Bankhauses<br />

an der Stärkung der Reisimporte ist damit<br />

zwar nicht nachgewiesen, klar ist aber, dass<br />

Georg Wolde ein profunder Kenner der wirtschaftlichen<br />

Zusammenhänge gewesen sein<br />

muss.<br />

Das Bankhaus Wolde ging 1903 in der Berliner<br />

Disconto-Gesellschaft auf. Diese wiederum übernahm<br />

unter dem Aufsichtsratsmitglied Georg<br />

Wolde 1910 Teile einer Anleihe der Reis- und<br />

Handels AG, <strong>die</strong> der Reiskonzem ausgab, um<br />

mit frischem Kapital einen drohenden Konkurs<br />

zu verhindern. Die Reis- und Handels AG hatte<br />

1910 erhebliche interne Schwierigkeiten, in deren<br />

Folge Andreas Rickmers aus dem Geschäft<br />

ausscheiden musste, und auch wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten. Es sollte eine Anleihe über 5<br />

Millionen Mark ausgegeben werden. Dazu bedurfte<br />

es einer Genehmigung der Justizkommission<br />

des Senats. Da von dort eine Rückmeldung<br />

ausblieb, erkundigte sich der Geschäftsführerder<br />

Rickmers-Mühle und ihm wurde daraufhin<br />

nahegelegt, den Antrag besser zurückzuziehen.<br />

Ablehnungsgrund war eine rechtlich vorgeschriebene<br />

Veröffentlichung der Bilanz aus dem Vorjahr,<br />

<strong>die</strong> wegen der internen Probleme noch nicht<br />

vorlag. In der Politik hatte <strong>die</strong> Reis- und Handels “<br />

AG einen Vertrauensverlust erlitten.“ * Mit dem<br />

Ausscheiden Andreas Rickmers’ Ende 1910 und<br />

der Lösung der familiären Probleme wurde <strong>die</strong><br />

Aktiengesellschaft jedoch aus der Wirtschaft gestützt.<br />

Als eines der großen Bremer Unternehmen<br />

erhielt es mit der Zeichnung von Teilen der nun<br />

ausgegebenen Anleihe durch das Bankhaus und<br />

Georg Wolde wichtige Hilfe aus der Bremer Geschäftswelt.“<br />

^ Darüber hinaus gab es durch <strong>die</strong><br />

Schiffsmaklerfirma Hermann Dauelsberg eine<br />

Anfrage, zu welchem Mindestpreis <strong>die</strong> von der<br />

Reis- und Handels AG in den Besitz der Rickmers<br />

AG zurückgegangenen Reisdampfer verchartert<br />

werden dürften, da er ein Angebot vorliegen<br />

habe.“ “ Die vertrauliche Anfrage von<br />

Dauelsberg war eine unterstützende Handlung,<br />

weil der Betrieb der Schiffsflotte der Ursprung<br />

der wirtschaftlichen Probleme der Reis- und<br />

Handels AG sowie der Rickmers AG war. Dadurch<br />

wurde das Angebot sicher nicht altruistisch,<br />

aber im Grundsatz wiederum ein Geschäft,<br />

bei dem sich <strong>die</strong> Bremer Akteure vernetzten und<br />

gegenseitig stützten.<br />

Private Verbindungen<br />

Die vielfältigen Verbindungen der Bremer Geschäftswelt<br />

spiegelten sich auch in den sozialen<br />

Schichtungen Bremens wider. Die wirtschaftliche<br />

Elite, aus der sich <strong>bis</strong> zu Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts der größte Teil der politischen Elite<br />

rekrutierte, also <strong>die</strong> soziale Oberschicht Bremens,<br />

war ein relativ kleiner und sehr elitärer<br />

Zirkel von Bürgern, der einen paternalistischen<br />

und sozialfürsorglichen Anspruch gegenüber der<br />

Mittel- und der Unterschicht formulierte und<br />

auch lebte. Die Abgrenzung zu den unteren sozialen<br />

Schichten war aber stark ausgeprägt und<br />

wurde auch im Privaten nur selten durch-<br />

192


T<br />

brochen.“ ' Das führte im Heiratsverhalten dazu,<br />

dass aus einer relativ kleinen Gruppe an Menschen<br />

mögliche Ehekandidaten gesucht wurden,<br />

um <strong>die</strong> eigene Schicht nicht verlassen zu müssen.<br />

Dieses Verhalten wurde von der Bremer Elite so<br />

überwiegend und konsequent durchgeführt, dass<br />

von einem „geschlossenen Heiratskreis“ gesprochen<br />

werden kann.“ ^ Als Beispiel kann hier wiederum<br />

<strong>die</strong> Familie Hoffmann mit ihrer Verbindung<br />

von Salzuflen nach Bremen gelten.<br />

Carl Pokrantz (1820-1890) und Leberecht<br />

Fürchtegott Hoffmann (1827-1895) waren nicht<br />

nur geschäftlich verbunden, sondern heirateten<br />

auch jeweils <strong>die</strong> Schwestern des anderen. Carl<br />

Pokrantz heiratete Johanne Hoffmann (1834-<br />

1907), Leberecht Fürchtegott Hoffmann heiratete<br />

Johanna Dorothea Pokrantz (1817-1891). Diese<br />

Ehe blieb jedoch kinderlos, weshalb Leberecht<br />

Fürchtegott Hoffmann ein Jahr nach dem Tod<br />

seiner ersten Frau ein zweites Mal heiratete. Dabei<br />

heiratete er nicht mehr in <strong>die</strong> Familie Pokrantz<br />

ein, sondern in <strong>die</strong> eigene, indem er Barbara<br />

Hoffmann (1854-1902), <strong>die</strong> Witwe seines<br />

Bruders Reinhold Hoffmann (1842-1884), ehelichte.<br />

Er übernahm zugleich das Sorgerecht seiner<br />

halbverwaisten Neffen. Diese Heirat war<br />

aber nicht nur eine gute Tat den Neffen gegenüber,<br />

sondern war auch „ganz der Familientradition<br />

entsprechend, das Vermögen in der Familie<br />

zu belassen“.“ ^ Die Familienbande wurden<br />

aber noch vielfältiger und enger verknüpft. Carl<br />

Heinrich Hoffmann (1831-1889), Bruder von<br />

Leberecht Fürchtegott und ehemaliger Lehrling<br />

bei Pokrantz & Co., verheiratete sich mit einer<br />

Frau aus Worring (heute Stadtteil von Köln), mit<br />

der er sieben Kinder hatte. Ihre Tochter Johanne<br />

(1870-1931) wiederum heiratete den Cousin Leberecht<br />

Hoffmann (1863-1928), der als Sohn<br />

Eduard Hoffmanns auch dessen Nachfolger als<br />

Geschäftsführer der Fabrik wurde. Eine weitere<br />

Tochter Carl Heinrich Hoffmanns, Else Hoffmann<br />

(1875-1942), verheiratete sich mit ihrem<br />

Cousin Richard Pokrantz (1862-1943), dem<br />

Sohn von Carl Pokrantz und Johanne Hoffmann.<br />

Dieses Heiratsverhalten zur Sicherung der geschäftlichen<br />

Verbindungen, des Familienvermögens<br />

sowie zum unbedingten Verbleib im eigenen<br />

Milieu war bei den Familien Hoiïmann und<br />

Pokrantz kein Einzelfall. Auf <strong>die</strong>se Art wurden<br />

in Bremen auch persönliche Netzwerke und<br />

Schnittstellen zwischen dem Reedereigeschäft,<br />

dem Tabak-, Baumwoll- oder eben <strong>Reishandel</strong><br />

geschaffen, <strong>die</strong> zumeist eine Stärkung der wirtschaftlichen<br />

Interessen bedeuteten, weil damit<br />

der private Reichtum der eng verbundenen Familien<br />

zusammenhing.<br />

5. Fazit<br />

Im ausgehenden 19. Jahrhundert gab es eine Reihe<br />

politischer und ökonomischer Veränderungen,<br />

<strong>die</strong> starke Auswirkungen auf den <strong>Reishandel</strong> und<br />

<strong>die</strong> verarbeitende Industrie in Deutschland hatten.<br />

Zuvorderst war <strong>die</strong>s der nach etlichen Verhandlungsjahren<br />

1888 umgesetzte Anschluss der<br />

Städte Hamburg und Bremen an das deutsche<br />

Zollgebiet. Mit der Weserkorrektion und dem<br />

Bau des neuen Hafens in Bremen hatte sich <strong>die</strong><br />

maritime Anbindung Bremens an den Welthandel<br />

strukturell verbessert. Zugleich barg der Zollanschluss<br />

<strong>die</strong> Chance einer besseren industriellen<br />

Entwicklung in der Hansestadt, weil der deutsche<br />

Absatz- und Konsummarkt nun ohne hinderliche<br />

Zollschranken erreicht werden konnte. Die Reisfabriken<br />

produzierten jedoch große Mengen für<br />

das Ausland. Nun lagen sie im Zollinland und<br />

mussten den einkommenden Rohreis verzollen<br />

und <strong>die</strong> Einträglichkeit des Exportgeschäfts sank.<br />

Eine Umsiedlung der Betriebe in das neu geschaffene<br />

Freihafengebiet war nicht möglich.<br />

Nachdem sich Bremen in den 1880er Jahren<br />

zum größten europäischen Platz für den Handel<br />

und <strong>die</strong> Verarbeitung von Reis entwickelt hatte,<br />

kam es im folgenden Jahrzehnt zu neuen und<br />

vielschichtigen Marktverschiebungen.<br />

In Deutschland boten sich nach dem Zollanschluss<br />

für Hamburg gute Aussichten im <strong>Reishandel</strong>.<br />

In den Freihäfen an der Elbe durfte sich<br />

verarbeitende Industrie ansiedeln, was für <strong>die</strong><br />

Reisverarbeitung mit anschließendem Export gute<br />

Voraussetzungen schuf. Die Rickmers AG<br />

machte sich <strong>die</strong>s zu Nutze, investierte in <strong>die</strong><br />

193


Hamburger Reismühle Anton Deppe & Co. und<br />

führte <strong>die</strong>se als Norddeutsche Reismühle m.b.H.<br />

als erste nichtbremische Dependance im Reisgeschäft<br />

weiter. Zusätzlich diversifizierte <strong>die</strong><br />

Rickmers AG ihre Geschäfte und gründete auf<br />

dem Gelände der einstmaligen Stärkefabrik in<br />

Hannoversch Münden eine Futtermittelfabrik.<br />

So konnte <strong>die</strong> Reederei sowohl <strong>die</strong> Schiffe auf<br />

großer Fahrt als auch <strong>die</strong> Leichterflotte auf der<br />

Weser dauerhaft und gewinnbringend beschäftigen.<br />

Die protektionistischen Zollschranken in Europa<br />

und der Aufbau eigener Reisindustrien in den<br />

Nachbarländern sowie <strong>die</strong> zunehmende Bedeutung<br />

des asiatischen Reismarkts und asiatischer<br />

Mühlen brachte eine Reihe von Marktveränderungen.<br />

Als Antwort und zur Sicherung der<br />

eigenen Marktstellung investierte Andreas Rickmers<br />

im Ausland. Wo Märkte nicht mehr eigenständig<br />

be<strong>die</strong>nt werden konnten, sollten Beteiligungen<br />

den Anteil am Geschäft sichern. So kam<br />

es 1894 zur Übernahme der deutschen Reismühle<br />

von Markwald & Co. in Bangkok. Nach einer<br />

Modernisierung wurde sie zur leistungsfähigsten<br />

Reisfabrik Bangkoks und war zudem in Siam,<br />

auf dem nach Birma zweitgrößten Exportmarkt<br />

für Reis, <strong>die</strong> einzige deutsche Mühle. In Europa<br />

ging Österreich-Ungarn als bedeutendster Absatzmarkt<br />

zunehmend verloren. Zur Minimierung<br />

der Verluste durch <strong>die</strong>se Entwicklung beteiligte<br />

sich <strong>die</strong> Rickmers AG 1895 an einer<br />

Reismühle im Adriahafen Triest und gründete<br />

drei Jahre darauf gemeinsam mit <strong>die</strong>ser eine weitere<br />

Fabrik in Aussig. Die dortige Mühle wiederum<br />

erhielt ihre technische Ausstattung und<br />

Rohstoffversorgung über <strong>die</strong> Elbe von der Hamburger<br />

Niederlassung Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H. Darüber hinaus gab es eine Reihe weiterer<br />

internationaler Investitionen der Rickmers<br />

AG, bei denen ein enger Zusammenhang zum<br />

Reisgeschäft aber nicht unmittelbar nachweisbar<br />

ist.<br />

Die Auslandsinvestitionen, besonders außerhalb<br />

Europas, zeigen auf, wie stark <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

zum Ende des 19. Jahrhunderts international verbunden<br />

war. Angebot und Nachfrage für <strong>die</strong><br />

Reisverarbeitung verschoben sich und Investitionen<br />

folgten <strong>die</strong>sen Veränderungen. Ausdruck<br />

und Symbol <strong>die</strong>ser ökonomischen Entgrenzung<br />

waren <strong>die</strong> seit 1851 stattfindenden Weltausstellungen<br />

und <strong>die</strong> ihnen nachempfundenen kleineren<br />

nationalen und internationalen Handelsmessen.<br />

In Bremen übernahm <strong>die</strong> Nordwestdeutsche<br />

Gewerbe-, Industrie-, Handels-, Marine-, Hochseefischerei<br />

und Kunstausstellung 1890 <strong>die</strong>se<br />

Funktion. Ein Schwerpunkt der Ausstellung war<br />

eine Handelsausstellung mit den großen bremischen<br />

Stapelartikeln, also auch mit Reis. Andreas<br />

Rickmers wurde von der Reichsregierung als<br />

der bedeutende Reiskaufmann Deutschlands<br />

wahrgenommen und in Fragen bezüglich des<br />

Reisbaus in Kolonien konsultiert. Er nutzte <strong>die</strong>s,<br />

um Reis aus Togoland in der Ausstellung von<br />

1890 zu zeigen. Zudem konnte sich <strong>die</strong> große<br />

Reisfirma Gebrüder Nielsen in ihrer Heimatstadt<br />

präsentieren und im Anschluss ihre Produkte mit<br />

der positiv bewerteten Prämierung einer Goldmedaille<br />

bewerben.<br />

Den Veränderungen des Weltmarktes konnten<br />

<strong>die</strong> Bremer Kaufleute ein Stück weit private Vernetzung<br />

entgegensetzen. Internationale Vernetzung<br />

bedeutete auf dem Reismarkt auch persönliche<br />

Vernetzung, was sich in den <strong>1850</strong>er und<br />

1860er Jahren in der engen Verzahnung von<br />

<strong>Reishandel</strong> und Konsulatswesen in den Reishäfen<br />

ausdrückte. Auch am Ende des Jahrhunderts<br />

blieben Marktkenntnisse und Firmenverbindungen<br />

ein hohes Gut, denn personelle Kontinuitäten<br />

verloren durch kürzere Reisewege und vereinfachtere<br />

Kommunikation an Bedeutung. Die<br />

Übernahme von Firmen, wie <strong>die</strong> der Mühle in<br />

Bangkok, waren nur durch eine gute Kenntnis<br />

des Marktes und entsprechenden Informationszugang<br />

möglich. Nicht zuletzt <strong>die</strong> persönlichen<br />

Bindungen in Bremen erleichterten <strong>die</strong> Behauptung<br />

der wirtschaftlichen Interessen des <strong>Reishandel</strong>s<br />

und der abhängigen Industrien. Ein auf<br />

soziale Abgrenzung bedachtes Heiratsverhalten<br />

der wirtschaftlichen Elite der Hansestadt schuf<br />

familiäre Verbindungen innerhalb der bremischen<br />

Überseekaufleute, den Banken und Industriellen.<br />

Die Protagonisten verschiedener Bremer


г<br />

Wirtschaftszweige waren im Privaten verbunden<br />

und entwickelten daher auch wirtschaftliche<br />

Kontakte zum Vorteil der Reisindustrie. Durch<br />

gemeinsame Beteiligungen an Reedereien oder<br />

auch der Stärkefabrik in Bad Salzuflen gab es<br />

immer wieder gemeinsame Interessenfelder, in<br />

denen sich der deutsche <strong>Reishandel</strong> mit seinem<br />

Zentium in Bremen bei allen globalen Veränderungen<br />

durchaus noch erfolgreich entwickeln<br />

konnte.<br />

195


1<br />

Kapitel V<br />

Der deutsche <strong>Reishandel</strong> <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

(1900-<strong>1914</strong>)<br />

I t i<br />

1. Veränderung des Reismarktes in Asien Die neue Bedeutung des innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong>s<br />

Im Jahr 1910 betrug <strong>die</strong> weltweite Reisproduktion<br />

- ohne China - 78 Millionen Tonnen. Weizen<br />

hingegen, das wichtigste europäische Brotgetreide,<br />

wurde nur in einer Menge von 40-45<br />

Millionen Tonnen produziert.®®^ Die Bedeutung<br />

von Reis als Versorgungsgrundlage vieler Menschen<br />

nahm im 20. Jahrhundert beständig zu.<br />

Damit einher gingen Veränderungen in den Anbauländern<br />

und den globalen Handelsströmen.<br />

In Siam, dem zweitgrößten Reisexporteur weltweit,<br />

entstanden viele Siedlungen jenseits der<br />

alten Zentren und Wasserwege. Das Land erlebte<br />

durch seine fortschreitende Erschließung als<br />

Reisproduzent eine starke Entwicklung, obwohl<br />

es keine großflächige Industrialisierung gab. Die<br />

Bauern arbeiteten nach wie vor mit einfachsten<br />

Werkzeugen, nur mit der Hilfe von Rindern und<br />

ohne Düngung. Der Ertrag je Fläche war daher<br />

gering, das Deltagebiet des Chao Phraya war<br />

aber so reich an natürlichen Mineralien, dass <strong>die</strong><br />

Ausbeute je Person dort so hoch wie nirgendwo<br />

anders in Asien war.®®® Dadurch konnte Siam,<br />

das schon im 19. Jahrhundert ein wichtiger Reisproduzent<br />

für <strong>die</strong> asiatische Nachfrage war, nach<br />

1900 im weltweiten <strong>Reishandel</strong> an Bedeutung<br />

gewinnen.<br />

Der gesamte asiatische Raum wurde für den<br />

weltweiten <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> Reisverarbeitung<br />

im 20. Jahrhundert wichtiger. Die europäischen<br />

Reisindustrien verloren dagegen an Bedeutung.<br />

“Up tili 1890 Europe was the principal importer<br />

of Burma rice, but from that date onwards the<br />

east became relatively more important. From<br />

1900 to <strong>1914</strong> 40 per cent of the exportable surplus<br />

went to Europe and the remainder was marketed<br />

mainly in the east.” ®®<br />

Eine verbesserte Infrastruktur erleichtert<br />

den Handel<br />

Ein Blick auf <strong>die</strong> beiden wichtigsten Reisanbaugebiete<br />

Asiens, Birma und Siam, zeigt, wie Ver- .<br />

besserungen der Infrastruktur den <strong>Reishandel</strong><br />

innerhalb Asiens erleichterten. In Siam gab es<br />

wenig staatlich gelenkte wirtschaftliche Entwicklungsbemühungen.<br />

Im frühen 20. Jahrhundert<br />

wurden in erster Linie königliche Bauwerke und<br />

Projekte zur Förderung des nationalen Zusammengehörigkeitsgefühls<br />

finanziert. Der Bau von<br />

Eisenbahnen war ursächlich auf <strong>die</strong> Zwecke der<br />

Landesverteidigung ausgerichtet. Dennoch gab<br />

es eine stetige Entwicklung des Wirtschaftslebens,<br />

in dem der Reisanbau und -handel eine<br />

dominante Rolle spielte. Die Bevölkerung Bangkoks<br />

wuchs von etwa 100.000 Einwohnern im<br />

Jahr <strong>1850</strong> auf 360.000 im Jahr 1912. Zugleich<br />

verlagerte sich das Leben vom Wasser hin zum<br />

Festland. Auf einer Vielzahl an Kanälen hatten<br />

sich große Teile des Lebens abgespielt. Diese<br />

Kanäle wurden schrittweise verfällt, um Raum<br />

für Siedlungen und Straßen zu schaffen. Die<br />

erste Straße war bereits 1857 gebaut worden,<br />

und doch gab es 1890 erst ein Straßennetz von<br />

neun Meilen Länge. Ab 1900 wurde der Straßenbau<br />

intensiviert und beschleunigt. Wichtigste<br />

Verkehrsadern waren nach wie vor <strong>die</strong> vielen<br />

Kanäle. 1900 wurde eine erste Eisenbahnlinie<br />

nach Khorat in Zentralsiam gebaut. Durch Drainagesysteme<br />

und Kanalbauten wurde zugleich<br />

begonnen, Ackerbaufläche im Delta des Chao<br />

Phraya zu erschließen. Diese Entwicklung hielt<br />

lange an und <strong>bis</strong> 1950 wurden so 1,6 Millionen<br />

Hektar Anbauflächen kultiviert. Außerhalb der<br />

großen Städte und abseits der Bahnlinien waren<br />

196


<strong>die</strong> Bauern auch im 20. Jahrhundert noch weitgehend<br />

vom Welthandel abgeschnitten. Die<br />

wichtigsten Verbindungswege zu ihnen waren<br />

nach wie vor Wasserstraßen. Der internationale<br />

Reisbedarf wurde gedeckt, indem Chinesen als<br />

Zwischenhändler den Überschuss der Reisbauem<br />

einsammelten und zu den Mühlen brachten.<br />

Frauen übernahmen dabei eine wichtige Funktion,<br />

denn sie galten als fleißig und ihnen gehörten<br />

oft <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Transporte zu den Mühlen verwendeten<br />

Schuten. Die Reismühlen lagen am<br />

Ende der Bahnlinie an den Ufern des Chao<br />

Phraya und waren damit sowohl für <strong>die</strong> Reistransporte<br />

per Schute oder Bahn aus dem Landesinneren<br />

als auch für <strong>die</strong> Reisschiffe vom Golf<br />

von Siam aus gut erreichbar.“ ’'<br />

In Birma wurde stärker in <strong>die</strong> Erschließung von<br />

Anbauflächen und in <strong>die</strong> Vermarktung des angebauten<br />

Reises investiert. Wichtigstes Transportmittel<br />

waren auch dort <strong>die</strong> Reisschuten und<br />

<strong>die</strong> wichtigste Infrastruktur waren <strong>die</strong> Wasserwege.<br />

Kanalbauten wurden bereits in den 1880er<br />

Jahren begonnen und in den folgenden Jahrzehnten<br />

fortgesetzt, was dazu führte, dass es im frühen<br />

20. Jahrhundert bereits eine ausgeprägte Verkehrsinfrastruktur<br />

gab. Zu <strong>die</strong>ser gehörten auch<br />

<strong>die</strong> Bahnlinien.<br />

Die erste Bahnstrecke wurde 1877 zwischen<br />

Rangun und Prome, heute Pyay, im Gebiet Oberbirma<br />

eröffnet. Es folgte eine Strecke nach Toungoo,<br />

heute Taunggyi, im Osten des Landes 1885<br />

und eine mehr als 700 Kilometer lange Bahnlinie,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> am Irrawady liegende Stadt Mandalay<br />

1894 mit Rangun verband. Mandalay war<br />

der nördlichste Eisenbahnpunkt Birmas im 19.<br />

Jahrhundert und dennoch war der Fluss Irrawady<br />

damit erst zur Hälfte in der Nordrichtung von<br />

Rangun aus per Eisenbahn erreichbar. 1899 folgte<br />

schließlich noch eine Eisenbahnlinie in das<br />

Grenzgebiet zu Siam.“ * Die Infrastruktur wurde<br />

in Birma so stark verbessert, dass auch das Landesinnere<br />

eine gute Verkehrsanbindung an <strong>die</strong><br />

Seehäfen und damit an <strong>die</strong> Weltwirtschaft hatte.<br />

In Birma ging der Einfluss der Zwischenhändler<br />

damit stark zurück und es boten sich auch abseits<br />

der großen Häfen neue Möglichkeiten, an den<br />

wichtigen Handelsströmen des <strong>Reishandel</strong>s zu<br />

partizipieren.<br />

Neue Umschlagplätze und Reismärkte in Asien<br />

Innerasiatischen Handel, country trade, und innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong> hatte es schon seit<br />

Jahrhunderten gegeben. Doch erst nach 1900 erreichten<br />

der asiatische und der innerasiatische<br />

<strong>Reishandel</strong> Quantitäten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> mit Europa gehandelten<br />

Reismengen in den Schatten stellten.<br />

Der weltweite <strong>Reishandel</strong> war durch den Anstieg<br />

der Bedeutung des asiatischen Reismarkts damit<br />

nicht nur international noch enger verflochten,<br />

sondern Asien auch durch den <strong>Reishandel</strong> noch<br />

enger in das Netz der Weltwirtschaft integriert.<br />

Im innerasiatischen Reisverkehr gab es ebenso<br />

wie im internationalen Handel einen Zusammenhang<br />

zwischen den einzelnen Reisqualitäten und<br />

den Absatzmärkten. “The bulk of the rices exported<br />

to the east is to feed the growing populations<br />

in the larger towns and on the plantations.”“<br />

^ „Big Mills Specials” war <strong>die</strong> niedrigste<br />

exportierte Reisqualität. Da es den darin zusammengefassten<br />

Sorten an der Gleichheit von Form,<br />

Größe und Härte mangelte, entstand bei der Bearbeitung<br />

<strong>bis</strong> zu 42 Prozent Bruch. Zielmärkte<br />

waren vor allem In<strong>die</strong>n und Niederländisch-Ostin<strong>die</strong>n.<br />

„Small Mills Specials“ ist eine qualitativ<br />

hochwertigere Variante von „Big Mills Special“<br />

mit <strong>bis</strong> zu 40 Prozent Bruch gewesen.'’„Small<br />

Mills Special“ wurde am häufigsten verarbeitet<br />

und nachgefragt. „Straits Quality“ hatte <strong>bis</strong> zu<br />

37 Prozent Bruch und wurde hauptsächlich -<br />

wie der Name sagt - nach Malaysia für den Bedarf<br />

der dortigen großen chinesischen Minderheit<br />

exportiert. Diese Sorte wurde aber auch direkt<br />

nach Kuba exportiert. Zu den beliebteren Sorten<br />

gehörte Parboiled-Reis, der <strong>bis</strong> zu 15 Prozent<br />

der Exportmenge ausmachte, weil er sich gekocht<br />

länger hielt und nicht sauer wurde. Bei<br />

der Herstellung wurden <strong>die</strong> Vitamine und Mineralien<br />

des Reises durch eine Dampfbehandlung<br />

aus den äußeren Schichten in das Innere des<br />

Korns gepresst und somit vor dem Schälen konserviert.<br />

Nachfrage bestand in Sri Lanka, in Süd-<br />

197


Tabelle V. 1.1, Reissorten für <strong>die</strong> asiatischen Konsummärkte inklusive des maximalen Anteils<br />

von Bruchreis<br />

Reissorte<br />

Anteil Bruchreis in<br />

Prozent<br />

Zieimärkte<br />

Big Mills Specials 42 In<strong>die</strong>n, Niederländisch-Ostin<strong>die</strong>n<br />

Small Mills Specials 40 Alle östlichen Märkte<br />

Straits Quality 37 Malaysia, Kuba<br />

Parboiled-Reis<br />

Sri Lanka, Südin<strong>die</strong>n, Karibik,<br />

Südafrika<br />

МП<br />

Tabelle V. 1.2, Reisexporte aus Birma in tons nach Europa, andere westliche Märkte und<br />

asiatische Märkte 1870-1917^^®<br />

Jahr<br />

Westliche Märkte<br />

Europa Andere<br />

Östliche Märkte<br />

Gesamtmenge<br />

1870 350.000 24.000 374.000<br />

1880 648.000 145.000 850.000<br />

1890 749.000 438.000 1.110.000<br />

1900-01 723.117 1.336.587 1.846.000<br />

1901-02 920.729 38.935 1.318.241 2.079.905<br />

1902-03 969.950 96.153 1.177.743 2.243.846<br />

1903-04 605.190 105.305 1.012.257 1.722.782<br />

1904-05 932.428 140.220 1.082.496 2.155.144<br />

1905-06 739.091 82.976 1.174.605 1.996.453<br />

1906-07 924.922 65.952 1.175.277 2.166.151<br />

1907-08 925.490 60.634 1.360.770 2.346.625<br />

1908-09 735.063 113.732 1.277.559 2.126.354<br />

1909-10 1.006.114 48.692 1.305.630 2.360.437<br />

1910-11 1.018.840 74.950 1.244.756 2.338.546<br />

1911-12 890.000 143.304 1.119.988 2.153.416<br />

1912-13 1.043.124 95.533 1.172.316 2.314.083<br />

1913-14 1.133.841 122.859 1.396.648 2.653.348<br />

<strong>1914</strong>-15 579.618 119.159 1.546.879 2.245.656<br />

1915-16 454.201 100.558 1.061.918 1.616.678<br />

1916-17 410.393 124.696 1.152.611 1.686.700


in<strong>die</strong>n, auf den Westindischen Inseln und in<br />

Südafrika - vor allem für <strong>die</strong> Versorgung von<br />

Plantagenkulis.®''' Ebenjene direkte Befriedigung<br />

der Reisnachfrage für Plantagenwirtschaften<br />

rund um den Globus nahm dem deutschen sowie<br />

dem gesamten europäischen <strong>Reishandel</strong> eine<br />

wichtige Funktion. Der asiatische <strong>Reishandel</strong><br />

wurde hingegen in seiner Wirtschaftskraft aufgewertet®''^<br />

(s. Tabelle V. 1.1, S. 198 oben).<br />

Zu den wichtigsten Umschlagplätzen für den innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> direkte Verschiffung<br />

nach Kuba entwickelten sich Singapur<br />

und Hongkong. Singapur war ein wichtiges Handelskreuz,<br />

auf dem Reis aus Birma und aus Französisch-Indochina<br />

aufeinandertraf und von dort<br />

hauptsächlich nach Niederländisch-Ostin<strong>die</strong>n<br />

und zu den Malaiischen Inseln weiterverschifft<br />

wurde. Hongkong war der Umverteilungsplatz<br />

für <strong>die</strong> Reisströme in den Fernen Osten mit China<br />

als einem großen Nachfrager.®’^<br />

Zwischen den asiatischen Reiserzeugern, in erster<br />

Linie Birma und nachfolgend Siam sowie Indochina,<br />

kam es zu einer Konkurrenz um den<br />

Reisabsatz. Indochina produzierte vor allem Reis<br />

der qualitativ niedrigen Sorte „Big Mills Specials“<br />

und musste sich daher besonders um den<br />

Absatz in Niederländisch-Ostin<strong>die</strong>n bemühen,<br />

wo <strong>die</strong>ser Reis viel für <strong>die</strong> Ernährung von Plantagenarbeitern<br />

nachgefragt wurde. In den Mühlen<br />

Siams wurden bessere Qualitäten der Sorten<br />

„Small Mills Specials“ und „Straits Quality“<br />

produziert. Entsprechend wichtig war für Siam<br />

der Absatz auf dem Malaiischen Archipel, in<br />

Hongkong und in ganz China.®’'* Für den Reis<br />

aus Birma waren ab 1910 In<strong>die</strong>n und Sri Lanka<br />

<strong>die</strong> bedeutendsten Märkte. “By 1910 Burma was<br />

sending more to this market than to the whole<br />

of Europe”®’®(s. Tabelle V. 1.2, S. 198 unten).<br />

Asiatische Reismiihlen konkurrieren mit<br />

europäischen Reismiihlen<br />

Der Aufschwung des innerasiatischen <strong>Reishandel</strong>s<br />

und <strong>die</strong> direkte Belieferung westlicher<br />

Märkte ohne Vermahlung des Reises in Europa<br />

hingen eng mit dem Aufschwung der asiatischen<br />

Reisindustrie zusammen. Bis kurz vor <strong>die</strong> Jahrhundertwende<br />

gab es einzig durch Europäer betriebene<br />

Reismühlen in den großen Exporthäfen.<br />

Ab etwa 1900 entstand vor allem in Birma eine<br />

neue asiatische Reisindustrie, <strong>die</strong> nicht nur Großmühlen<br />

in den Häfen kannte, sondern auch viele<br />

mittlere und kleine Betriebe im Landesinneren<br />

hatte. Zugleich stieg <strong>die</strong> Zahl der Asiaten unter<br />

den Mühlenbesitzern stark an.<br />

Nach Siam immigrierten zwischen 1882 und<br />

1910 etwa 1 Million Chinesen, von denen sich<br />

dort 370.000 dauerhaft niederließen. Die chinesische<br />

Minderheit Siams war einer der Träger<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes.<br />

Mit dem Aufstieg zu einer Wirtschaftselite nahm<br />

eine ganze Zahl von Chinesen auf Grund der<br />

Ver<strong>die</strong>nstmöglichkeiten <strong>die</strong> Reismüllerei auf.<br />

Die Reismühlen dominierten das ölfentliche Bild<br />

des wirtschaftlichen Lebens:<br />

“Equally prominent along the waterfront were<br />

the distinctive mansions of the Chinese merchant<br />

princes, often built in a large compound<br />

to house different branches of the joint family,<br />

and often with a mill or warehouse on one<br />

side, and a Chinese shrine on the other. Even<br />

more prominent were the rice mills, with their<br />

distinctive large warehouses and tall chimneys<br />

belching black smoke from burning rice husk.<br />

The early mills were situated on the city outskirts.<br />

But by the First World War, they had<br />

spread through the centre of the city on the<br />

western banks, and their chimneys vied with<br />

wat towers and palace spires in dominating<br />

the central city’s skyline.”®”<br />

Die Reismühlen, Fabriken und öffentlichen Einrichtungen<br />

benötigten eine große Zahl an Arbeitskräften.<br />

1910 gab es allein 10.000 <strong>bis</strong> 20.000<br />

Arbeiter in den Reismühlen. Insgesamt umfasste<br />

der Begriff Kuli um <strong>die</strong> 100.000 Arbeiter. Europäer,<br />

vor allem Schotten und Deutsche, arbeiteten<br />

nun als Ingenieure im Auftrag der chinesischen<br />

Mühlenbesitzer für <strong>die</strong> Wartung und den<br />

Erhalt der technischen Anlagen. Den europäischen<br />

oder amerikanischen Industriellen waren<br />

<strong>die</strong> chinesischen Reismüller teilweise überlegen,<br />

weil sie Arbeitskolonnen der Kulis ohne Sprach-<br />

199


Tabelle V. 1.3, Anstieg der Zahl der Reismühlen in Birma 1861-1919'’'<br />

Jahr 1861 1867-1869 1870-1874 1875-1877 1880-1881 1892-1894<br />

Mühlen in Birma 1 8 29 45 48 53<br />

Jahr 1896-1899 1900-1904 1905-1909 1910-<strong>1914</strong> 1915-1919<br />

Mühlen in Birma 73 100 149 216 318<br />

Tabelle V. 1.4, Nationalität der Mühlenbesitzer in Birma 1881-1921'’*^<br />

Jahr Birmanen Inder Chinesen Europäer Unbestimmt rGesamt —<br />

1881 2 3 3 41 0 49<br />

1898 10 7 10 45 0 72<br />

1921 224 61 53 45 5 388<br />

Tabelle V. 1.5, Zahl der Angestellten je Nationalität der Mühlenbesitzer in Birma“^<br />

Jahr Birmanen Inder Chinesen Europäer Unbestimmt Gesamt<br />

1898 228 368 535 4.763 0 5.894<br />

1929 11.927 7.148 3.641 15.002 957 38.675<br />

und Kulturbarrieren direkter und einfacher steuern<br />

konnten. Aus demselben Grund konnten sie<br />

<strong>die</strong> chinesischen Zwischenhändler, <strong>die</strong> den Reis<br />

im Landesinneren sammelten und zu den Großmühlen<br />

brachten, besser lenken.®''*<br />

In Birma stellte sich <strong>die</strong> Situation etwas anders<br />

dar, weil sich <strong>die</strong> räumliche Verteilung neuer<br />

Reismühlen stärker als in Siam von den Zentren<br />

löste. 1898 gab es in den drei wichtigsten Häfen<br />

von Rangun, Akyab und Bassein zusammen 39<br />

Reismühlen. Bei insgesamt 74 Mühlen in Birma<br />

waren das 52 Prozent aller Reismühlen. 1915<br />

standen dort 86, in ganz Birma aber bereits 281<br />

Mühlen. In den drei Hafenstädten waren also<br />

nur noch 31 Prozent aller Reismühlen Birmas<br />

angesiedelt. Die Reisindustrie hatte sich dezentralisiert.®^®<br />

Grund dafür war <strong>die</strong> besser ausgebaute<br />

Verkehrsinfrastruktur Birmas. Die Arbeit<br />

in den Mühlen war jedoch noch immer gleich:<br />

“Between January and April, huge country<br />

craft laden with new paddy converged on<br />

these mills. At peak periods the workforce<br />

was employed on a shift system for six days<br />

and nights, the machinery being switched off<br />

only on a Sunday. The mounds of husk produced<br />

were conveniently dumped into the river,<br />

were great patches either lay rotting in the<br />

water or were carried out to sea in long<br />

swirling swaths of gold.”®*®<br />

(s. Tabelle V. 1.3, oben)<br />

200


Tabelle V. 1.6, Verhältnis kleiner zu großen ReismUhlen in Birma®'<br />

Jahr Kleine Mühlen Großmühlen Gesamt<br />

1900 27 56 83<br />

<strong>1914</strong> 151 113 264<br />

Die von Europäern begründeten alten Reismühlen<br />

konnten Mengen von 100 <strong>bis</strong> 250 Tonnen an<br />

einem zwölfstündigen Arbeitstag vermahlen. Die<br />

nach 1900 gegründeten und oft im Landesinneren<br />

gelegenen kleineren Mühlen hatten dagegen<br />

nur Kapazitäten zwischen 10 und 75 Tonnen.<br />

Die Zahl der Mühlenbetriebe war vor 1900 kleiner,<br />

weil eher bei existierenden Fabriken Kapazitäten<br />

erweitert wurden, als dass <strong>die</strong> Besitzer<br />

neue Mühlen errichtet hätten. Die meisten Mühlen<br />

standen dabei in Niederbirma, erst ab 1912<br />

lassen sich auch welche in Oberbirma nachweisen.<br />

Die Zahl der europäischen Mühlenbesitzer<br />

in Birma blieb zwischen 1881 und 1921 konstant,<br />

<strong>die</strong> neuen Mühlen wurden von Birmanen,<br />

Chinesen und Indern betrieben.®*^<br />

(s. Tabelle V. 1.4, S. 200 Mitte)<br />

Die Größe der Belegschaft hing eng mit der Nationalität<br />

der Mühlenbesitzer zusammen. Für<br />

1898 galt noch, dass 81 Prozent aller Arbeiter in<br />

Reismühlen von Europäern arbeiteten. Es folgten<br />

chinesische Mühlen an zweiter Stelle im Vergleich<br />

der Belegschaftsgrößen. 1929 waren es<br />

nur noch 39 Prozent der Arbeiter, <strong>die</strong> in europäischen<br />

Mühlen arbeiteten, während 31 Prozent<br />

der Arbeiter in Reismühlen für Besitzer aus Birma<br />

arbeiteten. Den dritten Platz nahmen hier <strong>die</strong><br />

von Indem betriebenen Mühlen ein. Nach 1900<br />

besaßen Europäer zwar <strong>die</strong> kleinste Zahl an Reismühlen<br />

in Birma, aber <strong>die</strong> größte Zahl an Angestellten<br />

und entsprechende Produktionsmengen.<br />

Die Zahl der Angestellten in den europäischen<br />

Mühlen war immer sehr hoch, 1898 waren es<br />

im Schnitt 105 Arbeiter, 1936 im Schnitt 496<br />

Arbeiter.®*“<br />

(s. Tabelle V. 1.5, S. 200 unten)<br />

Aus den vorgenannten Zahlen ergibt sich, dass<br />

es ab der Jahrhundertwende zu einem Wachstum<br />

der kleineren Reismühlen außerhalb der Hafenstädte<br />

kam. Zum einen waren <strong>die</strong> Müller durch<br />

<strong>die</strong> Dezentralisierang der Reisindustrie näher an<br />

ihren Lieferanten, bei den Bauern, und damit<br />

weniger abhängig von den Zwischenhändlern.<br />

Zum anderen konnte in den kleinen inländischen<br />

Mühlen eher <strong>die</strong> wertmindemde Mischung verschiedener<br />

Reissorten verhindert werden, weil<br />

kleine Mühlen keine großen Rohstoffmengen<br />

brauchten, um rentabel zu arbeiten. Somit konnten<br />

kleine inländische Mühlen nach 1900 zunehmend<br />

direkt den Weltmarkt beliefern, weil<br />

sie in der Reisverarbeitung eine steigende Qualität<br />

erlangten.<br />

(s. Tabelle V. 1.6, oben)<br />

Des Weiteren waren <strong>die</strong> Arbeitskräfte im Inland<br />

günstiger. Die in der Emtesaison gebrauchte Zahl<br />

an Arbeitern konnte den Rest des Jahres nicht in<br />

der Landwirtschaft beschäftigt werden. Die<br />

Hochsaison der Reismühlen war erst im Anschluss<br />

an <strong>die</strong> Emtesaison und so konnten <strong>die</strong><br />

aus dem Reisbau freigesetzten Arbeiter in den<br />

Mühlen Unterkommen. Darüber hinaus sparten<br />

kleine inländische Mühlen an Transportkosten.<br />

Großmühlen zahlten für den Transport vom Landesinneren<br />

<strong>bis</strong> zur Schiffsverladung das Gewicht<br />

des Reises und der Reishüllen, <strong>die</strong> erst in den<br />

Häfen entfernt wurden. Inländische Mühlen<br />

kauften ihren Rohstoff vor Ort und mussten nur<br />

noch das verarbeitete Produkt zur Verschiffung<br />

bringen. Da bei der Verarbeitung <strong>bis</strong> zu einem<br />

Viertel an Gewicht des Reises verloren ging,<br />

konnte der entsprechende Teil der Frachtkosten<br />

eingespart werden.<br />

201


!■<br />

Tabelle V. 1.7, Jährliche Durchschnittsmengen und Verhältnisse im Export von Cargoreis und<br />

weißem Reis aus Birma 1881-1902'’*^<br />

Zeitraum<br />

M enge<br />

(in tons)<br />

C argoreis<br />

Anteile<br />

(Prozente)<br />

M enge<br />

(in tons)<br />

W e iß e r Reis<br />

Anteile<br />

(Prozente)<br />

G esam t<br />

M enge<br />

(in tons)<br />

1881/2-1883/4 748.316 79 199.516 21 947.832<br />

1884/5-1886/7 626.300 74,1 218.439 25,9 844.739<br />

1887/8-1889/90 498.965 59,7 337.251 40,3 836.216<br />

1890/1-1892/3 566.241 52 523.291 48 1.089.532<br />

1893/4-1895/6 521.552 50,8 504.541 49,2 1.026.093<br />

1896/7-1898/9 508.912 48,8 534.032 51,2 1.042.944<br />

1899/1900-1901/2 508.285 45,9 599.337 54,1 1.107.622<br />

“Milling machinery in Burma improved steadily<br />

and the final processes of polishing and coating<br />

were undertaken increasingly in Burma.” Die<br />

Menge des exportierten weißen Reises nahm<br />

kontinuierlich zu. Durch <strong>die</strong> schnellen Transportzeiten<br />

auf Dampfern mit Ladungs ventilation<br />

und <strong>die</strong> Verkürzung des Weges nach Europa<br />

durch den Suezkanal bestand kaum noch <strong>die</strong> Gefahr,<br />

dass der anfälligere weiße Reis während<br />

der Transporte verdarb. Dennoch waren <strong>die</strong> Mühlen<br />

der Verbrauchermärkte und internationalen<br />

Handelsplätze, also auch <strong>die</strong> deutschen Reismühlen,<br />

noch nicht überflüssig geworden. “But<br />

final processing in the consumer centres was not<br />

altogether done away with because of different<br />

consumer preferences in different markets.”®**<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass immer<br />

mehr weißer Reis aus Siam und vor allem aus<br />

Birma in <strong>die</strong> Welt verschickt wurde, ohne den<br />

Weg durch eine Mühle in Europa oder durch<br />

eine von einem Europäer betriebene Müble in<br />

Asien genommen zu haben. Dies bedeutete für<br />

<strong>die</strong> deutschen Reishändler, <strong>die</strong> nach den Engländern<br />

<strong>die</strong> zweitgrößte Gruppe der im Reisgeschäft<br />

aktiven Händler und Industriellen stellten,<br />

dass sie neue Wege suchen mussten, um an den<br />

internationalen <strong>Reishandel</strong>sströmen zu partizipieren.<br />

Dies konnte einerseits eine Spezialisierung<br />

im Politurgeschäft der Zielmärkte sein oder<br />

andererseits ein verstärktes Engagement im Speditionsgeschäft.<br />

N eue K onkurrenzsituationen im asiatischen<br />

R eisgeschäft<br />

Die neue Bedeutung des asiatischen Reismarktes<br />

für <strong>die</strong> deutsche Wirtschaft lässt sich durch das<br />

Verhalten der konkurrierenden Schifffahrtsgesellschaften<br />

für den Reistransport zwischen<br />

Bangkok, Hongkong und dem nördlich davon<br />

gelegenen Swatau, heute Shantou, aufzeigen.<br />

Aus konsularischen Berichten der Vertretungen<br />

in Bangkok, Singapur und Hongkong nach Berlin<br />

geht hervor, welche Bedeutung <strong>die</strong> aufstrebenden<br />

<strong>Reishandel</strong>splätze für <strong>die</strong> uns bereits bekannten<br />

deutschen Akteure, den NDL, <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG und <strong>die</strong> DDG „Hansa“, hatten. Da <strong>die</strong><br />

zahlreichen Neugründungen von Reismühlen<br />

nicht in deutschem Besitz waren und das Handelsvolumen<br />

nach Europa stagnierte, während<br />

<strong>die</strong> Reismengen, <strong>die</strong> nach Osten verschifft wurden,<br />

stark anstiegen, war der Transport im asia­


tischen <strong>Reishandel</strong> das gewinnträchtigste Geschäft<br />

für Deutsche. Entsprechend wichtig wurde<br />

eine gute Position auf dem Reedereimarkt.<br />

Nach dem Sieg im Russisch-Japanischen Krieg<br />

1905 und der Durchsetzung der japanischen Interessensphäre<br />

in Korea erlebte <strong>die</strong> japanische<br />

Wirtschaft eine deutliche Expansion im asiatischen<br />

Raum. Die Schifffahrt entwickelte sich<br />

positiv und wurde zu einem Konkurrenten des<br />

NDL. Die Bremer Reederei betrieb einen Linien<strong>die</strong>nst<br />

von Bangkok über Hongkong nach<br />

Swatau, auf dem vor allem Reis und Kulis transportiert<br />

wurden. Mit dem Auftauchen japanischer<br />

Konkurrenz auf <strong>die</strong>ser Route fielen <strong>die</strong> Frachtraten<br />

deutlich ab. Wie stark das Geschäft des<br />

NDL eingeschränkt wurde, zeigte sich, als <strong>die</strong><br />

japanische Konkurrenz 1908 aufgab. Das Konsulat<br />

aus Swatau berichtete, dass <strong>die</strong> bremische<br />

Reederei daraufhin <strong>die</strong> Preise für den Reistransport<br />

sofort um <strong>die</strong> Hälfte heraufsetzen konnte.**®<br />

Praktisch zeitgleich tauchte aber neue Konkurrenz<br />

auf. Die Gründung einer chinesisch-siamesischen<br />

Reederei konnte nicht verhindert werden.<br />

Der NDL versuchte, <strong>die</strong> Reismühlen Bangkoks<br />

durch ein Abkommen an sich zu binden. Diese<br />

aber erhofften sich durch einen Preiskampf noch<br />

günstigere Frachtraten als durch das vorgetragene<br />

Angebot und lehnten ab.*®° Die chinesischsiamesische<br />

Gesellschaft war aus einer Rivalität<br />

der aufstrebenden chinesischen Wirtschaftselite<br />

gegenüber den Europäern entstanden:<br />

“In the 1890s, some of the great old jao sua<br />

households jointly resolved to set up banks<br />

and shipping companies. [...] In part, they<br />

were motivated by rising Chinese nationalism<br />

and wanted to outdo the Europeans. But they<br />

lacked in expertise required for these novel<br />

ventures, and failed to provide enough capital<br />

to survive the ensuing price war with European<br />

firms. In addition, a series of poor harvests<br />

in 1904-08 meant that for several years<br />

very little rice could be exported, and rice<br />

mills were without profit. The banks that financed<br />

them went bust. The ambitious shipping<br />

venture fell into debt and was sold in<br />

China.”®'<br />

Die Chino-Siam Steam Navigation Company<br />

Limited dürfte als Folge des Scheiterns der siamesischen<br />

Reedereien 1908 entstanden sein. Die<br />

neue Gesellschaft charterte eine Reihe norwegischer<br />

Dampfer, und es trat wiederum der von<br />

den Reismüllern begrüßte Preiskampf um <strong>die</strong><br />

Frachtraten ein.<br />

Nach zwei Jahren, 1910, verlängerte <strong>die</strong> Chino-<br />

Siam Steam Navigation Company ihre Charterverträge<br />

für <strong>die</strong> norwegischen Dampfer. Der<br />

NDL verringerte daraufhin seine Bangkok anlaufende<br />

Dampferflotte von 21 auf nur noch 10<br />

Schiffe. Mit <strong>die</strong>ser Frachtraumverknappung sollten<br />

<strong>die</strong> Preise zum Vorteil des NDL nach oben<br />

gezogen werden, weil kurzfristige Neucharterungen<br />

für <strong>die</strong> asiatische Linie aus finanziellen<br />

Gründen nicht machbar waren.®^ Diese für alle<br />

Beteiligten schwierige wirtschaftliche Situation<br />

in Bangkok versuchte sich <strong>die</strong> Rickmers AG<br />

nutzbar zu machen. Andreas Rickmers hatte<br />

durch einen Neffen, der 1910 <strong>die</strong> Firma Markwald<br />

& Co. in Bangkok leitete, gute Kenntnisse<br />

des dortigen Geschäfts. Da <strong>die</strong> Chino-Siam Navigation<br />

Company günstige Dampfer brauchte,<br />

um sich weiter gegen <strong>die</strong> deutsche Konkurrenz<br />

behaupten zu können, bot <strong>die</strong> Rickmers AG ihr<br />

den billigen Bau von Schiffen an. Mit <strong>die</strong>sem<br />

Angebot sollte das noch immer schwierige<br />

Werftgeschäft in Bremerhaven gestützt werden.<br />

Obwohl es am Ende gar nicht zu <strong>die</strong>sem Geschäft<br />

kam, war <strong>die</strong> Empörung darüber doch<br />

groß. Die Bangkoker Vertretung des NDL war<br />

sehr erstaunt, weil sie in einer wirtschaftlich-patriotischen<br />

Erwartungshaltung „Rickmers eine<br />

solche Illoyalität nicht Zutrauen“ wollte.®^ Die<br />

politische Dimension <strong>die</strong>ses Angebots wurde<br />

noch einmal am Ende des Jahres deutlich, als<br />

sich Andreas Rickmers aus dem Reis- und Reedereigeschäft<br />

zurückzog und aus Bremen eine<br />

Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem<br />

NDL und der Rickmers AG nach Berlin übermittelt<br />

wurde:<br />

„[...] so ist zu hoffen, dass <strong>die</strong>se Interessen<br />

nicht mehr wie <strong>bis</strong>her gegen den Lloyd arbeiten,<br />

sondern Hand in Hand mit ihm gehen<br />

werden. Durch das neuerdings erfolgte Aus-<br />

203


scheiden des Herrn Andreas Rickmers aus<br />

dem Vorstand der Rickmer’sehen [!] Gesellschaft<br />

ist das gefährlichste Element für den<br />

Lloyd beseitigt. Es sind nun in den Aufsichtsrat<br />

der Rickmer’schen [!] Reederei zwei dem<br />

Lloyd günstig gesinnte Herren (einer ist sogar<br />

Mitglied des Aufsichtsrats des Lloyd) eingetreten<br />

und beide haben <strong>die</strong> Bedingung für ihren<br />

Eintritt gestellt, dass <strong>die</strong> Rickmers-Schiffe<br />

in Harmonie mit dem Lloyd und nicht gegen<br />

ihn verwandt werden sollen.“®^“*<br />

Da der Preiskampf zwischen den Reedereien in<br />

Siam nicht nachließ, kam es im November 1910<br />

zu einem Treffen prominenter Vertreter der Reedereien<br />

in Bangkok.<br />

“Several prominent officials of the Norddeutscher<br />

Lloyd and other companies arrived<br />

in Bangkok on the Wongkoi on November<br />

12. Among the party were Mr. Heineken, general<br />

director at Bremen, Mr. Legge, director<br />

at Singapore, Mr. Brutbja, director at<br />

Hongkong, Mr. Diehn, director of Behn, Meyer<br />

and Co., Ltd., Mr. Steffens, secretary to<br />

Mr. Heineken, and Mr. Brune, broker of the<br />

Chino-Siam Steam Navigation Co., at<br />

Hongkong. They were met on landing by Mr.<br />

S. H. Hendrick, the Bangkok broker of the<br />

Chino-Siam Co. The Bangkok Times understands<br />

that these gentlemen are in Bangkok<br />

with the object of holding a private conference<br />

with the directors of Chino-Siam Steam Navigation<br />

Co., Ltd., on the subjects of the China<br />

ports and Bangkok run, on which there has<br />

been severe competition for a long time.”^®^<br />

Die Verhandlungen, zu denen immerhin der Bremer<br />

Generaldirektor des NDL persönlich anreiste,<br />

zogen sich über eine Woebe hin. Die asiatische<br />

Reederei wollte <strong>die</strong> Vorschläge von Philipp<br />

Heineken nicht annehmen, woraufhin <strong>die</strong>ser <strong>die</strong><br />

Gespräche am 20. November ohne Einigung abbrach.<br />

Zur Sicherung der Frachten gelang es schließlich<br />

doch, einzelne Mühlen an <strong>die</strong> Reedereien zu binden.<br />

Es stellte sich heraus, dass sich der NDL<br />

zu Unrecht über politische Hilfe des Staates Siam<br />

an <strong>die</strong> Chino-Siam Steam Navigation Company<br />

beschwert hatte. Mit einem staatlichen Kredit,<br />

so der Vorwurf, war eine Reismühle gerettet worden,<br />

<strong>die</strong> an <strong>die</strong> asiatische Reederei angebunden<br />

sei. Tatsächlich stellte sich jedoch heraus, dass<br />

<strong>die</strong> Mühle durch ein Abkommen mit der Bremer<br />

Firma verbunden war.®’<br />

Bis zum Ersten Weltkrieg änderte sich <strong>die</strong> Situation<br />

im hart umkämpften Reisgeschäft innerhalb<br />

Asiens nicht grundlegend. Die Chino-Siam<br />

Navigation Company musste 1912 das Geschäft<br />

aufgeben und es setzte sich der NDL durch. Zugleich<br />

kamen aber auch regelmäßig neue Mitbewerber,<br />

<strong>die</strong> versuchten, am Reisgeschäft teilzuhaben.<br />

1913 gab es für den NDL noch immer<br />

Preiskämpfe auf der Strecke Bangkok-Hongkong<br />

und das Konsulat in Hongkong kam zu<br />

dem Schluss, dass dort der größere Teil der<br />

Frachten von Chinesen abgewickelt würde.®*<br />

Dennoch erfolgten <strong>1914</strong> immerhin drei Viertel<br />

der Reisexporte ganz Siams auf deutschen und<br />

britischen Schiffen.®^<br />

Die neuen Strukturen im internationalen <strong>Reishandel</strong><br />

können zuletzt auch noch an Hand der<br />

deutschen Reedereien betrachtet werden, <strong>die</strong><br />

Rangun, den wichtigsten Reishafen Birmas, anliefen.<br />

Dort wurde 1912 <strong>die</strong> Ankunft von 42<br />

Dampfschiffen verzeichnet. Alleine 24 Dampfer<br />

der DDG „Hansa“ legten dort an. Dazu kamen<br />

sieben Schiffe des NDL und fünf Schiffe<br />

der Reederei Jebsen & Co. Alle drei Reedereien<br />

waren nicht nur im Verkehr mit Europa aktiv,<br />

sondern sie wickelten auch einen großen Teil<br />

ihrer Geschäfte im innerasiatischen Verkehr ab.<br />

Hinzu kamen drei Dampfer der HAPAG und<br />

zwei Rickmers-Dampfer, <strong>die</strong> mit größerer Wahrscheinlichkeit<br />

eher Europa anliefen, und zuletzt<br />

auch noch ein Schiff der Deutsch-Australischen<br />

Dampfschiffs-Gesellschaft, das wohl nur zu einer<br />

besseren Frachtraumausnutzung den abseits der<br />

eigentlichen Route gelegenen Hafen von Rangun<br />

anlief. Deutsche Reishändler und deutsche Reeder<br />

konnten sich im 20. Jahrhundert nicht mehr<br />

darauf beschränken, Reis von Birma nach Bremen<br />

und Hamburg zu bringen, wenn sie im internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> noch eine Rolle spielen<br />

wollten. Sie engagierten sich daher verstärkt auf<br />

204


dem asiatischen Reismarkt, wo ihnen erstmals<br />

einheimische Reisindustrien und Reedereien<br />

Konkurrenz machten.<br />

2. Die Reis- und Handels Aktiengesellschaft<br />

Ein neues U nternehm en der deutschen<br />

R eishändler<br />

Die Ablösung Europas als wichtigster Verarbeitungsort<br />

für den internationalen <strong>Reishandel</strong> und<br />

das Empfinden, zollpolitisch gegenüber den europäischen<br />

Nachbarn benachteiligt zu sein, ließ<br />

<strong>die</strong> deutschen und besonders <strong>die</strong> bremischen<br />

Reismüller nach neuen Wegen im Reisgeschäft<br />

suchen. Einerseits wurde <strong>die</strong> Beeinflussung der<br />

Politik, Lobbyarbeit, zur Errichtung von Schutzzöllen<br />

beziehungsweise zum Abbau der Einfuhrzölle<br />

betrieben, andererseits wurde versucht, <strong>die</strong><br />

Einkaufsverhältnisse in Asien zu Gunsten der<br />

deutschen Reismüller zu verändern. In Asien<br />

gab es ein Kartell sechs großer europäischer Firmen,<br />

<strong>die</strong> den Markt beherrschten. Auf Grund<br />

der entstandenen asiatischen Konkurrenz durch<br />

zahlreiche kleine Mühlen war <strong>die</strong>ses Kartell gezwungen,<br />

den asiatischen Markt sehr günstig zu<br />

beliefern. Im Umkehrschluss „diktierte es aber<br />

umso höhere Preise für [<strong>die</strong> Einkäufer aus]<br />

Europa“.' Andreas Rickmers suchte nach Wegen,<br />

dem Preisdiktat der Verlader etwas entgegenzusetzen<br />

und sah eine Lösung in der Einigung<br />

aller deutschen Reiskäufer. So wurde am<br />

3. Januar 1901 unter seiner Leitung <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels Aktiengesellschaft, kurz Reis- und<br />

Handels AG, mit Sitz in Bremen als Zusammenschluss<br />

aller deutschen Reismühlen gegründet.<br />

In der Reis- und Handels AG schlossen sich neun<br />

Reismühlenbetriebe zusammen: <strong>die</strong> Reismühle<br />

der Rickmers AG, <strong>die</strong> Firmen Gebrüder Nielsen,<br />

Reismühle und Stärkefabrik AG sowie <strong>die</strong> Bremer<br />

Reismühlen, vorm. Anton Nielsen & Co.,<br />

AG aus Bremen. Dazu kam <strong>die</strong> Stärkefabrik und<br />

Reismühle der Osterholzer Reiswerke im benachbarten<br />

Osterholz-Scharmbeck. Die Norddeutsche<br />

Reismühle, <strong>die</strong> Reismühle Reiherstieg,<br />

<strong>die</strong> Hammerbroker Reiswerke sowie <strong>die</strong> Reismühle<br />

Hansa in Hamburg. Außerdem schloss<br />

sich noch <strong>die</strong> Flensburger Reismühle an.’“<br />

Kartelle in der Reiswirtschaft und der Konzern<br />

der Reis- und Handels AG<br />

Welche Firmen dem Verkäufer- beziehungsweise<br />

Verschifferkartell in Birma angehörten, ist leider<br />

nicht eindeutig zu klären. Es lässt sich aber vermuten,<br />

dass <strong>die</strong> größten englischen und deutschenglischen<br />

Firmen zu dem Kartell gehörten. Betrachtet<br />

man <strong>die</strong> Statistik der in Liverpool einkommenden<br />

Reisschiffe, so waren <strong>die</strong> Verlader,<br />

<strong>die</strong> am häufigsten dorthin Reisschiffe sandten,<br />

<strong>die</strong> Firmen W. Steel & Co., Bulloch Brothers &<br />

Co. sowie <strong>die</strong> Aracan Company und Mohr<br />

Brothers. Einen Beleg, dass <strong>die</strong>se Firmen wirklich<br />

zu dem Kartell gehörten, gibt es nicht. Die<br />

Marktposition, <strong>die</strong> sich aus der Liverpooler Statistik<br />

ergibt, ist aber ein Hinweis darauf.’"^ Zudem<br />

kam es 1921, als es keine deutschen Wettbewerber<br />

mehr in Birma gab, zur Gründung des<br />

Bullinger Pools, der viele kleine Mühlen vom<br />

Markt drängte und <strong>die</strong> Eisenbahntarife zu beeinflussen<br />

suchte. Zu <strong>die</strong>sem Kartell gehörten<br />

<strong>die</strong> Firmen Steel Brothers, Bulloch Brothers,<br />

Ellerman’s Arakan Rice and Trading Co. and<br />

the Anglo-Burma Rice Company. Denkbar ist,<br />

dass <strong>die</strong> beiden erstgenannten Firmen 1921 ein<br />

Geschäftsmodell wiederholten, mit dem sie<br />

bereits Ende des 19. Jahrhunderts ihre Marktstellung<br />

in Birma behauptet hatten. Nach Prüser<br />

waren sieben englische oder deutsch-englische<br />

Firmen, was wiederum auf Mohr Brothers &<br />

Co. deutet, an dem Kartell beteiligt. Eine der<br />

Firmen war demnach auch <strong>die</strong> Firma Krüger &<br />

C o .’°5<br />

Dass sich Firmen zusammenschlossen, um den<br />

Markt zu beeinflussen, war im internationalen<br />

Reisgeschäft keine neue Entwicklung. Schon<br />

1892 hatte „Die Mühle“ über einen „Reisring“<br />

in New Orleans berichtet:<br />

„Ein Reisring ist in New-Orleans gebildet<br />

worden, indem sich <strong>die</strong> Besitzer von 14 Reismühlen<br />

zu einem solchen vereinigten, eine<br />

wegen Minderjährigkeit der Besitzer nicht<br />

205


käufliche Mühle pachteten und <strong>die</strong> Socock-<br />

Mühle, deren Besitzer sich weigerte, dem<br />

Ring beizutreten, einfach aufkauften. An der<br />

Spitze der neuen Vereinigung sollen newyorker<br />

und chicagoer Großhändler stehen.“’“<br />

Die Bildung von Kartellen war im ausgehenden<br />

19. und angehenden 20. Jahrhundert nicht ungewöhnlich.<br />

Deutschland galt als Hochburg der<br />

Kartelle. Anfang der 1890er Jahre gab es weniger<br />

als 100 Kartelle, 1905 bereits 385.’ Diese Entwicklung<br />

blieb auch der zeitgenössischen Wissenschaft<br />

nicht verborgen. Der bei Max Weber<br />

promovierte Freiburger Nationalökonom Robert<br />

Liefmann befasste sich bereits 1897 ausführlich<br />

mit Unternehmerverbänden und deren spezifischer<br />

Ausformung. Dabei erarbeitete Liefmann<br />

eine Reihe von Spezifika, <strong>die</strong> ein Kartell auszeichneten,<br />

<strong>die</strong> sich auch bei der Reis- und Handels<br />

AG fanden: Eine Voraussetzung zur Entstehung<br />

der Unternehmerverbände war eine wachsende<br />

Kduft zwischen dem Kapitalrisiko und der<br />

Gewinnerwartung einer Unternehmung. Je höher<br />

das Risiko im Vergleich zur Gewinnerwartung,<br />

desto größer war <strong>die</strong> Neigung, ein Kartell zu<br />

bilden. Dieses Kapitalrisiko war bei Produktions-<br />

und Transportunternehmen größer als bei<br />

Handelsunternehmen. Die Rickmers AG, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Gründung der Reis- und Handels AG initiierte,<br />

war Produktions- und Transportunternehmen.<br />

Zudem waren steigende Rohstoffpreise ein<br />

Grund zur Kartellierung, was wiederum für den<br />

<strong>Reishandel</strong> zutraf.’“ Des Weiteren unterschied<br />

Liefmann zwischen zwei Kartellarten: Verbände<br />

der Abnehmer und Verbände der Unternehmen<br />

als Anbieter.<br />

Die Rickmers AG war durch ihren vertikalen<br />

Aufbau als Transport-, Verarbeitungs- und Verkaufsunternehmen<br />

sowohl Abnehmer als auch<br />

Verkäufer und entsprach den dafür von Liefmann<br />

genannten Eigenschaften der jeweihgen Art eines<br />

Kartells. Diese Doppelfunktion blieb auch der<br />

Reis- und Handels AG erhalten. Als Abnehmer<br />

war es das Ziel, gegenüber dem Anbieterkartell<br />

in Birma Höchstpreise zu verhindern und im<br />

Transport nach Deutschland Frachtkosten weiter<br />

zu senken. Als Anbieter von Reis war <strong>die</strong> Bremer<br />

Vereinigung ein beschränkendes Kartell und ziel-"”<br />

te darauf ab, Produktionsmengen festzulegen,<br />

ein Gebietskartell zu sein, das den deutschen<br />

Markt vollständig erfasste, und dadurch endlich<br />

selber Preise vorgeben zu können.’“<br />

Eine genauere Betrachtung der Kartellgeschichte<br />

offenbart, dass Fusionsbewegungen nicht<br />

zwangsläufig zu klassischen Kartellen geführt<br />

haben. Per Definition ist ein Kartell „der freiwillige<br />

Zusammenschluss selbstständig bleibender<br />

Unternehmungen zumeist des gleichen Produktionszweiges<br />

und der gleichen Produktionsstufe<br />

zum Zweck des gemeinsamen und<br />

gleichartigen Verhaltens auf dem Markt“.’Die<br />

Verkaufsgesellschaften für Reisstärke müssen<br />

nach <strong>die</strong>ser Definition also als Kartelle betrachtet<br />

werden. Ein weiteres Signum von Kartellen ist,<br />

dass <strong>die</strong> Bedeutung einzelner Unternehmer zu<br />

Gunsten der Bedeutung des gesamten Verbandes<br />

zurücktrat. Es kam in Kartellen weniger auf Führungspersönlichkeiten<br />

und den einzelnen Unternehmenschef<br />

an als auf den Interessenausgleich<br />

innerhalb des Kartells. Aber eine Abschaffung<br />

seiner gestaltenden Führungsposition wird Andreas<br />

Rickmers sicher nicht im Sinn gehabt haben.<br />

Er war, ähnlich wie Rickmer Glasen Rickmers,<br />

ein Großunternehmer und in vielen geschäftlichen<br />

Dingen Autodidakt. Dennoch war<br />

sein persönlicher Führungsanspruch sehr hoch.<br />

Um auch den personellen Führungsanspruch innerhalb<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s aufrechterhalten<br />

zu können, erreichte Andreas Rickmers<br />

einen Konzentrationsprozess, der nicht in einer<br />

Kartellbildung nebeneinander operierender Unternehmen<br />

mündete, sondern einen Reiskonzern<br />

begründete.<br />

Der Vorteil eines Konzerns gegenüber einem<br />

Kartell war vor allem <strong>die</strong> Führungsstruktur. Ein<br />

Konzern ist „<strong>die</strong> Zusammenfassung mehrerer<br />

Unternehmungen, <strong>die</strong> rechtlich ganz und in der<br />

Produktion mehr oder minder selbständig bleiben,<br />

zu einer Gesamtunternehmung unter einheitlicher<br />

Leitung mit Zusammenfassung, Verflechtung<br />

und Verschränkung des Kapitals“.’“<br />

Eine vertikale Vereinigung oder wenigstens Beeinflussung<br />

der verschiedenen Produktionsstu-


fen, also eine bestmögliche Verfügung über <strong>die</strong><br />

Rohstoffversorgung und -Verarbeitung, wurde<br />

als einer der Vorteile eines Konzerns angesehen.<br />

Zeitgenössisch wurde über Konzentrationsbestrebungen<br />

kontrovers diskutiert, ob ein Kartell<br />

oder ein Konzern <strong>die</strong> beste Organisationsform<br />

sei, um <strong>die</strong> beschriebenen Vorteile im Einkauf<br />

und Verkauf zu erreichen. Gegenüber einem Kartell<br />

hatte ein Konzern nur eine Führungsstruktur<br />

und es mussten keine Entscheidungen langwierig<br />

zwischen verschiedenen Strukturen und Personen<br />

auf Augenhöhe ausgehandelt werden. Außerdem<br />

gab <strong>die</strong> Organisationsform eines Konzerns<br />

dem klassischen Familienunternehmer <strong>die</strong><br />

Option, seine Stellung als prägende und letztinstanzliche<br />

Führungspersönlichkeit zu bewahren.’'^<br />

Hierin dürfte auch für Andreas Rickmers<br />

der Grund gelegen haben, eine Vereinigung der<br />

deutschen Reismühlen in einem Konzern unter<br />

seiner Leitung anzustreben. Die Kartellstrukturen<br />

der Reisstärkeindustrie kannte Andreas Rickmers,<br />

kopierte und übertrug sie aber bewusst<br />

nicht auf <strong>die</strong> reisverarbeitende Industrie. Stattdessen<br />

bestand seit 1901 „in der Reismühlenindustrie<br />

eine monopolistische Kontrollgesellschaft<br />

in der *Reis und Handels-A.-G.* in Bremen, in<br />

der sämtliche deutsche Reismühlen, sechs<br />

G.m.b.H. und drei Aktiengesellschaften, zusammengefasst<br />

wurden“.” ^<br />

Die Geschichte der Aktiengesellschafien in<br />

Deutschland<br />

Zur Einordnung der Geschichte der Reis- und<br />

Handels AG soll hier zuerst ein kurzer Blick auf<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der Aktiengesellschaften in<br />

Deutschland geworfen werden, weil sich aus der<br />

Historie Fehlentwicklungen erklären, welche <strong>die</strong><br />

wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Reis- und<br />

Handels AG <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg erhellen.<br />

Aktiengesellschaften kamen parallel mit der<br />

Hochphase der Industrialisierung auf und können<br />

als Signum neuer Ausformungen der industrialisierten<br />

Privatwirtschaft verstanden werden. Der<br />

Beginn des Eisenbahnbaus in Deutschland war<br />

zugleich der Beginn erster Gesetzgebungsverfahren<br />

zu Aktiengesellschaften und kann auf das<br />

Jahr 1838 datiert werden. In jenem Gesetz wurden<br />

private Eisenbahngesellschaften zugelassen,<br />

weil dem preußischen Staat das nötige Kapital<br />

zum Eisenbahnbau fehlte. Es folgte 1843 das<br />

erste allgemein gültige, nicht nur auf Eisenbahngesellschaften<br />

bezogene, Aktiengesetz Preußens.<br />

Das darin festgelegte Grundprinzip sah vor, dass<br />

Aktiengesellschaften eine Konzession beantragten.<br />

Diese wurde erteilt, „wenn das Unternehmen<br />

aus Gesichtspunkten des Gemeinnutzes der Förderung<br />

wert erschien und sein Zweck wegen der<br />

Höhe des erforderlichen Kapitals von einem einzelnen<br />

nicht erreicht werden konnte“.D i e<br />

Kontrollfunktion der Gesellschaften lag beim<br />

Staat und wurde durch <strong>die</strong> Verpflichtung zur Vorlage<br />

von Bilanzen ermöglicht.<br />

Mit der Einführung des Allgemeinen Deutschen<br />

Handelsgesetzbuches durch <strong>die</strong> Bundesversammlung<br />

des Deutschen Bundes 1861 gab es<br />

erstmals ein für alle deutschen Staaten gültiges<br />

Handelsgesetz, ln dem auch <strong>die</strong> Stellung der<br />

noch immer nicht weit verbreiteten Rechtsform<br />

der Aktiengesellschaft geklärt wurde. Dabei wurde<br />

den Einzelstaaten des Deutschen Bundes freigestellt,<br />

ob sie am staatlichen Konzessionsrecht<br />

festhalten wollten. Neben Hamburg, Lübeck und<br />

Oldenburg verzichtete Bremen auf das staatliche<br />

Konzessionswesen. Zur gleichen Zeit wurde in<br />

Bremen <strong>die</strong> Gewerbefreiheit eingeführt, und der<br />

Verzicht auf staatliche Konzessionen erklärt sich<br />

aus der Einstellung der politischen Führung Bremens.<br />

Der überwältigende Teil der Bremer Eliten<br />

war wirtschaftsliberal eingestellt, und <strong>die</strong> Aufgabe<br />

der Politik wurde in vielen Bereichen vorrangig<br />

als <strong>die</strong> Verhinderung von Beschränkungen<br />

einer freien Entwicklung der Wirtschaft verstanden.<br />

Als Kontrollorgan einer Aktiengesellschaft<br />

waren im Gesetz von 1861 Aufsichtsräte fakultativ<br />

vorgesehen, <strong>die</strong> tatsächliche Einführung eines<br />

Aufsichtsrats war jeder Gesellschaft also<br />

freigestellt. Zudem konnten einem Aufsichtsrat<br />

auch Verwaltungsaufgaben übertragen werden.<br />

Die Aktienrechtsnovelle von 1870 beendete das<br />

Konzessionssystem in ganz Deutschland und begründete<br />

ein Normativsystem. Nach Eingabe ei-<br />

207


iîl<br />

niger Nachweise bei einem Registergericht bestand<br />

das gesetzliche Recht zur Gründung einer<br />

Aktiengesellschaft. Den Aktionären wurde ein<br />

hohes Maß an Selbstverwaltung zugestanden<br />

und abgefordert, <strong>die</strong> Generalversammlung aller<br />

Aktionäre erhielt eine rechtlich starke Stellung.<br />

Als Kontrollorgan sollte weiterhin der Aufsichtsrat<br />

fungieren, der aus mindestens drei Aktionären<br />

zu bestehen hatte. Durch einen Gesellschaftsvertrag<br />

war es aber weiterhin möglich, dem Aufsichtsrat<br />

Verwaltungsaufgaben zu übertragen.<br />

Die Aktionäre im Aufsichtsrat befassten sich so<br />

öfter mit der Geschäftsführung als mit der Kontrolle<br />

derselben. Viele Aktionäre brachten sich<br />

auch über <strong>die</strong> Generalversammlungen kaum ein,<br />

weil ihr Interesse an der Dividende höher war<br />

als an der Aufsicht einer ordentlichen Geschäftsführung.<br />

Dies führte in der Gründerzeit zu einer<br />

ganzen Reihe unseriöser Firmengründungen, bei<br />

denen vorzugsweise <strong>die</strong> Höhe der eingebrachten<br />

Firmenwerte oder des tatsächlich eingezahlten<br />

Kapitals falsch angegeben wurden. Im folgenden<br />

Gründerkrach, der Wirtschaftskrise von 1873,<br />

waren <strong>die</strong>se Unternehmen besonders betroffen,<br />

weil es an nötiger Kontrolle gefehlt hatte.^'^ Wie<br />

sich zeigte, „war der Aufsichtsrat aber nicht nur<br />

ein falsch bezeichnetes Mitverwaltungsorgan,<br />

sondern das dominierende Leitungsorgan der<br />

Aktiengesellschaft“ gewesen, das sich zu oft einer<br />

wirksamen Kontrolle entzogen hatte.’’®<br />

Diese Erfahrungen prägten <strong>die</strong> Aktienrechtsnovelle<br />

von 1884.” ’ Der Aufsichtsrat sollte stärker<br />

zu einem Kontrollgremium werden, konnte nur<br />

noch aus der Generalversammlung gewählt werden<br />

und es konnten dort nun auch Nichtaktionäre<br />

einziehen. Vorstands- und Aufsichtsratsmandate<br />

mussten getrennt werden. Strukturell war geplant,<br />

dass <strong>die</strong> Generalversammlung das Willensorgan,<br />

der Vorstand das Ausführungsorgan<br />

und der Aufsichtsrat das Kontrollorgan einer Aktiengesellschaft<br />

war. Es blieb jedoch dabei, dass<br />

der Aufsichtsrat Verwaltungsaufgaben übernehmen<br />

konnte.<br />

„Von <strong>die</strong>ser Möglichkeit machten <strong>die</strong> Aktionäre<br />

in der Praxis so umfassenden Gebrauch,<br />

dass der Aufsichtsrat auch am Ende des 19.<br />

Jahrhunderts noch immer maßgeblich an der<br />

Geschäftsführung mitwirkte. Nach außen<br />

musste sich hingegen das Bild des Aufsichtsrats<br />

als Überwachungsorgan verfestigen, da<br />

<strong>die</strong> Novelle von 1884 zur Verbesserung seiner<br />

Überwachungstätigkeit zahlreiche Außenwirksame<br />

Maßnahmen getroffen hatte. Dadurch<br />

verschärfte sich der Widerspruch zwischen<br />

den gesetzlichen Aufgaben des Aufsichtsrats<br />

und seiner Tätigkeit in der<br />

Praxis.“” ®<br />

Im Fazit war <strong>die</strong> Novelle von 1884 ein Kompromiss<br />

verschiedener Interessengruppen und konnte<br />

daher <strong>die</strong> in der Gründerkrise erkannten Missstände<br />

nicht konsequent bekämpfen.” ’ Die Berücksichtigung<br />

der Geschichte des Aktienrechts<br />

erlaubt es bei der Betrachtung der Reis- und<br />

Handels AG, neben den ökonomischen Gegebenheiten<br />

des internationalen <strong>Reishandel</strong>s auch<br />

<strong>die</strong> innere Struktur des Reiskonzems und deren<br />

Anteil an seiner wirtschaftlichen Entwicklung<br />

mit einzubeziehen.<br />

Die Gründung der Reis- und Handels AG<br />

Neun Mühlen werden zu einem Konzern<br />

Am 3. Januar 1901 begann <strong>die</strong> Geschichte der<br />

Reis- und Handels AG mit einer notariellen Erklärung<br />

bezüglich des Gründungsaufwandes.<br />

Das Gründungskapital betrug 4 Millionen Mark<br />

und wurde in 4.000 Aktien zu 1.000 Mark aufgebracht.<br />

Da entsprechende Betriebswerte noch<br />

nicht vorhanden waren, wurden <strong>die</strong> Aktien zu<br />

einem Viertel des Nennbetrages erworben. Die<br />

Rickmers AG als größter Aktionär übernahm<br />

3.840 Aktien, investierte 960.000 Mark in <strong>die</strong><br />

neue Aktiengesellschaft und erwarb dadurch Anteile<br />

mit dem nominalen Wert von 3.840.000<br />

Mark. Alle weiteren Gesellschafter übernahmen<br />

jeweils 20 Aktien. Dem Aufsichtsrat gehörten<br />

Andreas Rickmers als Vorsitzender, Robert Rickmers,<br />

Julius Nielsen, Detmar Einke, Johann<br />

Reinken, Anton Deppe, Johannes Zipperling,<br />

Gustav Adolf Classen, Hans Seelmann und Heinrich<br />

Christian Kallsen an. Vorstand der Reis-<br />

208


г<br />

und<br />

Handels AG wurde Hermann Friedrich Upmann7^°<br />

Ein wirklicher Konzern zur Verarbeitung von<br />

Reis wurde <strong>die</strong> Reis- und Handels AG aber erst<br />

mit der außerordentlichen Generalversammlung<br />

vom 1. April 1903. Wichtigster Tagesordnungspunkt<br />

war <strong>die</strong> Erhöhung des Aktienkapitals von<br />

4 auf 30 Millionen Mark durch <strong>die</strong> Ausgabe<br />

26.000 neuer Aktien à 1.000 Mark. Zudem wurde<br />

festgelegt, dass <strong>die</strong> Reis- und Handels AG<br />

eine Höchstzahl von 20 Aufsichtsratsmitgliedem<br />

haben sollte. Mit den neu ausgegebenen Aktien<br />

wurden zugleich <strong>die</strong> Besitzer der in dem neuen<br />

Konzern aufgehenden Reismühlen entschädigt.<br />

Dafür wurden jeweils einzeln Verträge mit den<br />

Besitzern oder Hauptaktionären der Reismühlen<br />

geschlossen. Robert Rickmers als Vorstand der<br />

Rickmers AG übertrug <strong>die</strong> Anteile der Reis werke<br />

Rickmers GmbH an <strong>die</strong> Reis- und Handels AG.<br />

Der Wert der Rickmers-Reismühle wurde mit<br />

6.600.000 Mark beziffert und war damit <strong>die</strong> mit<br />

Abstand wertvollste Mühle im neuen Konzern.<br />

An zweiter Stelle folgte <strong>die</strong> Firma Gebrüder<br />

Nielsen, Reismühle und Stärkefabrik AG, <strong>die</strong><br />

mit einem Wert von 3.360.000 Mark beziffert<br />

wurde. Für <strong>die</strong> Osterholzer Reiswerke musste<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG 3.031 Aktien ausgeben.<br />

Alle weiteren Mühlen wurden nur mit Beträgen<br />

zwischen 1 und 2 Millionen Mark veranschlagt,<br />

<strong>die</strong> kleine Hansa Reismühle in Hamburg<br />

sogar nur mit 415.000 Mark.<br />

Tabelle V. 2.1, Liste der in <strong>die</strong> Reis- und Handels AG eingebrachten Mühlen mit Wert’^'<br />

Eingebrachter Betrieb<br />

Wert<br />

Erhaltene Aktien der<br />

Reis- und Handels AG<br />

Reiswerke Rickmers GmbH 6.600.000 M ark 6.600<br />

Gebr. Nielsen, Reismühle und<br />

Stärkefabrik AG<br />

Alle 2.773 Aktien der A G plus<br />

2.400 M ark bar<br />

Vertragspartner und<br />

frühere Besitzer<br />

Rickm ers A G (Varstand<br />

Robert Rickm ers)<br />

3.330 Bernhard Loose & Co.<br />

Osterholzer Reiswerke 3.031.000 Mark 3.031 Johann Reinken<br />

Norddeutsche RelsmUhle m.b.H. 1.948.000 Mark 1.948<br />

Bremer Reismühlen, vorm. Anton<br />

Nielsen & Co. AG<br />

Aktien Reismühle Hamburg<br />

(Reismühle Reiherstieg)<br />

Alle 1.500 Aktien der AG 1.591<br />

Aktien m it dem Nom inalw ert<br />

von 970.000 Mark<br />

Hammerbrooker Reiswerke 1.350.000 Mark 1.350<br />

Flensburger Reismühle 1.000.000 Mark 1.000<br />

Hansa Reismühle 415.000 M ark 415<br />

Summe 20.833.309,38 Mark 20.764<br />

Robert R ickm ers/A n to n<br />

Deppe<br />

Detm ar Finke / A.<br />

Unkraut<br />

1.499 Vereinsbank Hamburg<br />

Gustav A d o lf Classen /<br />

Julius Wilhelm Classen<br />

Heinrich Christian<br />

Kallsen<br />

A d o lf Brock / Hans Oskar<br />

Seelm ann<br />

Einlagen bei Gründung der Relsund<br />

Handels AG<br />

Aktienzeichnung der Rickmers<br />

AG durch Robert Rickmers<br />

Aktienzeichnung durch Heinrich<br />

Christian Kallsen privat<br />

4.000.000 M ark 4.000<br />

4.936.000 Mark 4.936<br />

300.000 M ark 300<br />

Rickm ers A G sow ie acht<br />

weitere Gesellschafter<br />

Gesamtsumme 30.000<br />

209


I<br />

I<br />

Zusätzlich zu den neun Reismühlen gingen in<br />

Bremen mehrere „Oberländische Häuser“ in den<br />

neuen Konzern ein. Als Oberländische Häuser<br />

wurden Handelsunternehmen bezeichnet, <strong>die</strong> den<br />

Absatz in das Umland und Landesinnere, teilweise<br />

aber auch in das Ausland Vornahmen. Somit<br />

bemächtigte sich <strong>die</strong> Reis- und Handels AG<br />

auch der Vertriebswege des bearbeiteten Reises,<br />

um <strong>die</strong> möglichen Gewinne im Handel innerhalb<br />

Deutschlands selber zu realisieren. Dabei handelte<br />

es sich um <strong>die</strong> Firmen Nielsen & Grabau,<br />

Schmidt & Fuhrken sowie Kahrweg & Walte.<br />

Der Einfluss der Familie Rickmers<br />

Die Auflistung der einzelnen Firmen und ihrer<br />

Werte, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Reis- und Handels AG eingebracht<br />

wurden, zeigt <strong>die</strong> überragende Stellung<br />

der Familie Rickmers in der deutschen Reisindustrie.<br />

Einerseits lässt sich das durch <strong>die</strong> Firmenwerte<br />

belegen. Die aus der Rickmers AG<br />

herausgetrennten und in <strong>die</strong> neue Aktiengesellschaft<br />

eingebrachten Rickmers-Reiswerke machten<br />

fast ein Drittel der gesamten Betriebswerte<br />

aus. Es gingen neben der Reismühle in Bremen<br />

auch deren Tochterfirmen, <strong>die</strong> Mühle Markwald<br />

& Co. in Bangkok und <strong>die</strong> Futtermittelfabrik<br />

„Union“ in Hannoversch Münden, in den Besitz<br />

der Reis- und Handels AG über.’^^ Besonders<br />

<strong>die</strong> Mühle in Siam hatte durch ihre Stellung auf<br />

dem Rohstoffmarkt eine strategische Bedeutung<br />

für <strong>die</strong> Neugründung. Andererseits war <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG bereits durch <strong>die</strong> Übernahme von 3.840<br />

Aktien am 3. Januar der alles bestimmende Aktionär<br />

des Unternehmens. Drittens gehörte der<br />

Familie Rickmers mindestens <strong>die</strong> Hälfte der<br />

Norddeutschen Reiswerke m.b.H., Robert Rickmers<br />

war dort Geschäftsführer und <strong>die</strong> Hamburger<br />

Mühle hatte den viertgrößten Betriebswert<br />

eingebracht. Zudem hatte <strong>die</strong> Rickmers AG<br />

durch Robert Rickmers bei der Kapitalerhöhung<br />

noch weitere 4.936 Aktien im Wert von fast 5<br />

Millionen Mark gezeichnet.<br />

Die Leitungsstruktur der neuen Aktiengesellschaft<br />

war stark auf Proporz ausgerichtet. Andreas<br />

Rickmers als faktischer Geschäftsführer<br />

der Rickmers AG übernahm auch <strong>die</strong> Leitung<br />

der Reis- und Handels AG. Er wurde Vorsitzender<br />

des Verwaltungsrats. Dort standen ihm neun<br />

Kollegen zur Seite. Dies war für <strong>die</strong> Reismühle<br />

der Rickmers’ Robert Rickmers, der ein profunder<br />

Kenner des Reisgeschäfts war. Neben der<br />

bremischen Mühle vertrat er auch noch <strong>die</strong> Interessen<br />

der Norddeutschen Reismühle m.b.H.<br />

und war auch der Vertreter für <strong>die</strong> Beteiligung<br />

in Triest und <strong>die</strong> Tochtergesellschaften in Hannoversch<br />

Münden und Bangkok. Anton Deppe,<br />

ebenso Geschäftsführer der Hamburger Reismühle,<br />

zog gleichfalls in den Aufsichtsrat ein.<br />

Die Eabrik der Gebrüder Nielsen, Reismühle<br />

und Stärkefabrik AG, wurde durch Julius Nielsen<br />

vertreten, <strong>die</strong> Bremer Reismühlen, vorm. Anton<br />

Nielsen & Co. AG, durch Detmar Finke. Für <strong>die</strong><br />

Osterholzer Reis werke zog Johann Reinken in<br />

den Aufsichtsrat der Reis- und Handels AG ein.<br />

Die Besitzerfamilie der Flensburger Mühle erhielt<br />

ebenfalls einen Sitz, den Heinrich Christian<br />

Kallsen einnahm. Johannes Zipperling erhielt<br />

ein Aufsichtsratsmandat für <strong>die</strong> Reismühle Reiherstieg<br />

in Hamburg und Gustav Adolf Classen<br />

für <strong>die</strong> dortigen Hammerbrooker Reiswerke.<br />

Hans Seelmann erhielt für <strong>die</strong> Hansa Reismühle<br />

in Hamburg einen Platz im obersten Gremium<br />

der neuen Gesellschaft. Hermann Friedrich Upmann,<br />

dessen Handelshaus alle Aktien der Osterholzer<br />

Reiswerke eingebracht hatte, wurde der<br />

einzige Direktor. Prokura erhielten sieben leitende<br />

Angestellte, <strong>die</strong> auch aus den eingebrachten<br />

Firmen übernommen wurden. Unter ihnen<br />

waren Johann Wilhelm Nielsen, Bruder des neuen<br />

Aufsichtsrats und Sohn des Firmengründers<br />

von Gebr. Nielsen, Reismühle und Stärkefabrik<br />

AG, Johannes Wilhelm Grabau, Helmrich Kahrweg<br />

und Paul Wagenknecht. Sie alle hatten vorher<br />

als Kaufleute im oberländischen Verkehr gearbeitet<br />

und ihre Firmen in <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG eingebracht.<br />

An der Verteilung der Mandate zeichneten sich<br />

<strong>die</strong> inneren Machtverhältnisse des Konzerns<br />

deutlich ab. Schon das Verhältnis von 10 Aufsichtsräten<br />

zu einem Direktor zeigt an, dass alle<br />

Entscheidungen - wenn überhaupt - im Auf­


sichtsrat diskutiert wurden. Einerseits war der<br />

Vorstand Hermann Friedrich Upmann eine der<br />

wenigen Besetzungen, <strong>die</strong> aus fachlichen Argumenten<br />

vorgenommen wurden, weil er als Direktor<br />

mit dem alltäglichen Geschäft der Reisund<br />

Handels AG konfrontiert war. Darüber hinaus<br />

hatte er aber auch ein besonders enges und<br />

vertrauensvolles Verhältnis zu Andreas Rickmers.<br />

Andererseits ist absehbar gewesen, dass<br />

Finke nicht nur vom Aufsichtsrat kontrolliert<br />

werden sollte, sondern auch nur dessen Vorgaben<br />

Umsetzen durfte. Dazu hieß es im Gesellschaftsvertrag<br />

wörtlich:<br />

„§8<br />

Der Vorstand besteht nach Bestimmung des<br />

Aufsichtsrats aus einem oder mehreren Mitgliedern.<br />

Die Mitglieder des Vorstandes werden vom<br />

Aufsichtsrate ernannt und entlassen, der auch<br />

<strong>die</strong> Anstellungsverträge mit ihnen abschliefst<br />

[!] und ihre etwaigen Tantièmen bestimmt.<br />

Der Vorstand führt <strong>die</strong> Geschäfte der Gesellschaft.<br />

Er ist an <strong>die</strong> Beobachtung aller vom<br />

Aufsichtsrate zu treffenden Vorschriften und<br />

zu erlassenden Instruktionen gebunden.<br />

Der größte Wert der Gesellschaft wurde durch<br />

<strong>die</strong> von der Rickmers AG gekauften Aktien und<br />

<strong>die</strong> Firmenwerte der Rickmers AG eingebracht.<br />

Wenn mit Andreas Rickmers als Leiter der Rickmers<br />

AG und Robert Rickmers, der <strong>die</strong> Reismühlen<br />

der Rickmers AG und <strong>die</strong> Norddeutsche<br />

Reismühle m.b.H. leitete, beide Familienmitglieder<br />

in den Aufsichtsrat einzogen, dann wurden<br />

alle wichtigen Entscheidungen auch sehr sicher<br />

dort gefällt. Entscheidungsfähig war der<br />

Aufsichtsrat nach Paragraf 3 des Gesellschaftsvertrages,<br />

sobald ein Drittel seiner Mitglieder<br />

oder wenigstens 3 Mitglieder anwesend waren.<br />

Beschlüsse wurden nach absoluter Mehrheit gefasst.’“<br />

Andreas und Robert Rickmers konnten<br />

also im Zweifel gemeinsam mit ihrem langjährigen<br />

Geschäftspartner in Hamburg, Anton Deppe,<br />

allein einen beschlussfähigen Aufsichtsrat<br />

einberufen. Da von den 30.000 Aktien mindestens<br />

10.740 Aktien der Rickmers AG gehörten<br />

oder über <strong>die</strong> Hamburger Beteiligung an <strong>die</strong><br />

Rickmers AG gebunden waren, hatte <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers zudem das mit Abstand größte Gewicht<br />

in der Generalversammlung.<br />

Dass jede der in dem neuen Konzern aufgegangenen<br />

Gesellschaften einen Vertreter in den Aufsichtsrat<br />

entsandte, bedeutete keinesfalls, dass<br />

Entscheidungen basisdemokratisch getroffen<br />

wurden. Ohne <strong>die</strong> Führung der Geschäfte aus<br />

der Hand zu geben, konnte Andreas Rickmers<br />

auf <strong>die</strong>se Art als Vorsitzender des Aufsichtsrats<br />

<strong>die</strong> Geschäfte am alleinigen Vorstand Upmann<br />

vorbei bestimmen. Die Entmachtung der früheren<br />

Reismühlenbesitzer wurde <strong>die</strong>sen durch ein<br />

Aufsichtsratsmandat, <strong>die</strong> entsprechende Vergütung<br />

und den Eindruck der Möglichkeit zur Mitbestimmung<br />

im obersten Kontrollgremium versüßt.<br />

Neben den Reisekosten und Tagesgeldern<br />

wurde <strong>die</strong> Stellung der Aufsichtsratsmitglieder<br />

besonders vergütet:<br />

„§24<br />

Der sich aus der Bilanz ergebende Reingewinn<br />

wird wie folgt verwendet:<br />

fünf Prozent zur Bildung des gesetzlichen Reservefonds,<br />

solange derselbe noch nicht den<br />

zehnten Teil des Grundkapitals erreicht bezw.<br />

bei erfolgter Inanspruchnahme noch nicht<br />

wieder erreicht hat;<br />

sodann vier Prozent an <strong>die</strong> Aktionäre auf <strong>die</strong><br />

eingezahlten Aktienbeträge;<br />

von dem verbleibenden Überreste werden 10<br />

% Tantième an den Aufsichtsrat und <strong>die</strong> vertragsgemäfse<br />

[!] Tantième an Angestellte verteilt;<br />

der Rest wird als Superdividende verteilt, soweit<br />

<strong>die</strong> Generalversammlung nicht eine anderweitige<br />

Verwendung oder Verbuchung beschliefst.“”<br />

’<br />

Damit war <strong>die</strong> Reis- und Handels AG ein klassisches<br />

Beispiel für eine Aktiengesellschaft, <strong>die</strong><br />

nicht zwischen Geschäftsführung und deren<br />

Kontrolle, zwischen Verwaltungsrat und Aufsichtsrat,<br />

unterschied.<br />

Kurz nach der Gründung der Reis- und Handels<br />

AG gelang es Andreas Rickmers, seine Macht<br />

im Konzern durch <strong>die</strong> Übernahme weiterer Aktien<br />

auszubauen. Möglich wurde <strong>die</strong>s durch den<br />

211


Tod Georg Kallsens in Flensburg. Dieser war<br />

als Besitzer der Reismühle in zweiter Generation<br />

der Seniorchef und nicht mehr im Tagesgeschäft<br />

aktiv, als alle Betriebswerte im Tausch gegen<br />

Aktien an <strong>die</strong> Bremer Gesellschaft übertragen<br />

worden waren. Er starb 1901 und hinterließ ein<br />

Vermögen von etwa 800.000 Mark, das zu einem<br />

großen Teil aus Firmenwerten, nun also Aktien<br />

der Reis- und Handels AG, bestand. Laut Erbvertrag<br />

mussten aber 600.000 Mark an seine Erben<br />

ausgezahlt werden. Damit <strong>die</strong>s möglich war,<br />

nahm <strong>die</strong> Familie Kredite bei Banken auf, <strong>die</strong><br />

als Sicherheit <strong>die</strong> Aktien des Reiskonzerns erhielten.<br />

Da so aber noch nicht genügend Bargeld<br />

aufgetrieben werden konnte, mussten auch noch<br />

Aktien verkauft werden. Als Käufer fand sich<br />

<strong>die</strong> Familie Rickmers, welche <strong>die</strong> Aktien zu einem<br />

Kurs von 50 Prozent des tatsächlichen Wertes<br />

aufkaufte.’^* Wie viele Aktien den Besitzer<br />

wechselten, ist unbekannt. Es bleibt auch offen,<br />

ob ein Mitglied der Familie Rickmers <strong>die</strong> Aktien<br />

privat erwarb oder ob <strong>die</strong> Rickmers AG als Käufer<br />

auftrat. Klar ist jedoch, dass <strong>die</strong> Rickmers’<br />

ihren Einfluss in der Reis- und Handels AG unter<br />

Ausnutzung der Lage der Familie Kallsen noch<br />

weiter vergrößerten. Heinrich Christian Kallsen<br />

wechselte nach drei Jahren im Aufsichtsrat in<br />

den Vorstand der Gesellschaft, zog nach Bremen<br />

und arbeitete als Direktor der Firma. Der Verkauf<br />

der Aktien 1901 und das Festhalten Kallsens an<br />

seinen verbliebenen Aktien trotz einer Wertminderung<br />

hatte mittelfristig dazu geführt, dass <strong>die</strong><br />

Familie Heinrich Kallsens bei dessen Tod 1908<br />

verarmt war.'<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung der<br />

Reis- und Handels AG<br />

Rationalisierung und Expansion<br />

Ein Wesenszug von Kartellen und auch Konzernen,<br />

<strong>die</strong> eine monopolähnliche Marktmacht anstrebten,<br />

war, kein Kapital brachliegen zu lassen.''“<br />

Dies galt auch für <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG. Es sollte keine Arbeitskraft ungenutzt bleiben<br />

und keine Maschine betrieben werden, <strong>die</strong><br />

überflüssig war. Der Zusammenschluss der deutschen<br />

Reismühlen sollte zu einer Effizienzsteigerung<br />

der gesamten Industrie durch weniger<br />

Konkurrenz führen. Aus <strong>die</strong>sem Grund stand <strong>die</strong><br />

Entwicklung der Reis- und Handels AG <strong>bis</strong> <strong>1914</strong><br />

in einem Spannungsfeld zwischen Betriebsstilllegungen<br />

in Deutschland und der Expansion des<br />

Unternehmens in Europa und Asien.<br />

Für <strong>die</strong> Flensburger Reismühle wurde 1904 entschieden,<br />

<strong>die</strong> Produktion stark zu drosseln. Daher<br />

wurden nicht mehr zwei Geschäftsführer vor Ort<br />

benötigt. Bis dahin waren <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Brüder Ernst<br />

und Heinrich Christian Kallsen. Letzterer gab<br />

nun seinen Sitz im Aufsichtsrat auf und wechselte<br />

als Direktor in den Konzernvorstand nach<br />

Bremen.'^' Wieder war hier das Prinzip angewendet<br />

worden, <strong>die</strong> Zustimmung zu den Zielen<br />

Andreas Rickmers durch einen Posten, also auch<br />

wirtschaftliche Sicherheit, zu erleichtern. 1908,<br />

im Todesjahr Heinrich Christian Kallsens, wurde<br />

<strong>die</strong> Produktion in Flensburg endgültig eingestellt<br />

und dort nur noch eine Verkaufsabteilung betrieben.<br />

In Hamburg war zwar eine eigene Abteilung<br />

des Konzerns eingerichtet worden^^^, dennoch<br />

kam es auch dort zu Betriebsstilllegungen.<br />

Die kleinste der neun Mühlen, <strong>die</strong> Hansa Reismühle,<br />

wurde vermutlich zuerst stillgelegt. Es<br />

bleibt offen, wann es zu <strong>die</strong>ser Schließung kam,<br />

sie wird aber vermutlich vor 1905 gewesen sein<br />

und war nachweislich vor 1 9 1 1 Die Reismühle<br />

Reiherstieg wurde 1909 stillgelegt und verkauft.<br />

Im Hamburger Freihafen waren 1908 <strong>die</strong><br />

vormaligen Hamburg-Indisehen Reiswerke Paul<br />

Munckel & Co. übernommen worden. Deren<br />

Maschineneinrichtungen waren besser als <strong>die</strong><br />

der Reismühle Reiherstieg, so dass Letztere abgestoßen<br />

wurde.’^'*<br />

1905 gab <strong>die</strong> Rickmers AG ihre Beteiligungen<br />

in Österreich-Ungarn auf. Sowohl <strong>die</strong> an der Fabrik<br />

in Triest als auch <strong>die</strong> über Triest gemeinsam<br />

mit der Norddeutschen Reismühle m.b.H. gehaltene<br />

Beteiligung in Aussig wurden abgestoßen.<br />

Damit einher ging eine Reduzierung des<br />

Stammkapitals von 30 auf 20 Millionen Mark.<br />

Die Aktien wurden eingezogen, neue Aktien ausgegeben<br />

und 4.160.000 Mark an <strong>die</strong> Aktionäre<br />

212


ausgezahlt.’^^ Im gleichen Jahr wurde entschieden,<br />

<strong>die</strong> Anlagen der Bremer Reismühle, vormals<br />

Anton Nielsen AG, nicht zu modernisieren und<br />

den Betrieb dort einzustellen. 1909 beendete <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG <strong>die</strong> Futtermittelproduktion<br />

an der Oberweser. Die von der Rickmers AG<br />

als Tochtergesellschaft in den Konzern eingebrachte<br />

Futtermittelfabrik „Union“ in Hannoversch<br />

Münden wurde 1909 geschlossen, weil<br />

sie nicht rentabel arbeitete. Zuletzt wurden 1910<br />

<strong>die</strong> Osterholzer Reis werke geschlossen. 1910<br />

war auch das Todesjahr des aus der Osterholzer<br />

Fabrik kommenden Direktors Hermann Friedrich<br />

Upmann. Offenbar wurde, wie im Fall Kallsen,<br />

mit der Betriebsstilllegung gewartet, <strong>bis</strong> kein<br />

Widerstand aus dem Vorstand mehr zu erwarten<br />

war. Wegen der Aufgabe der Fabriken kam es<br />

1910 zu einer weiteren Verminderung des<br />

Stammkapitals auf 15 Millionen Mark.” ^<br />

Die Reis- und Handels AG expan<strong>die</strong>rte aber auch<br />

und eröffnete neue Mühlen, übernahm einzelne<br />

Betriebe in Deutschland und Birma und kaufte<br />

eine ganze Gesellschaft mit mehreren Mühlen<br />

in Asien. Den Anfang machte 1903 <strong>die</strong> „Riseria<br />

Romana Societate Anonima“ in Braila, Rumänien.<br />

Diese Firma war eine vollständige Tochtergesellschaft<br />

des Bremer Unternehmens und<br />

verarbeitete nach dem Vorbild der zu <strong>die</strong>sem<br />

Zeitpunkt noch zur Reis- und Handels AG gehörenden<br />

Fabrik in Aussig außer Reis auch Graupen<br />

und Gerste.’^’ Andreas Rickmers wollte <strong>die</strong><br />

Position des Konzerns im internationalen <strong>Reishandel</strong><br />

weiter stärken und sich auf dem asiatischen<br />

Markt behaupten. Daher wurde 1906 eine<br />

Reismühle in Rangun gepachtet und somit hatte<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG eigene Betriebe in<br />

den größten Häfen der beiden wichtigsten Produktionsmärkte,<br />

in Birma und in Siam. Im folgenden<br />

Jahr, 1907, wurde <strong>die</strong> englische Firma<br />

Gillespie & Co. damit beauftragt, weitere Mühlen<br />

für das Bremer Unternehmen in Birma zu<br />

errichten. Die Schäleinrichtungen wurden vermutlich<br />

durch <strong>die</strong> deutsche Firma Eisenwerk<br />

(vorm. Nagel & Kaemp) AG’^* aus Winterhude<br />

bei Hamburg produziert.’^^ Eine Mühle in Rangun<br />

wurde für den Bremer Konzern umgebaut.<br />

eine weitere am gleichen Ort dazugepachtet und<br />

ein Fabrikumbau in Bassein in Auftrag gegeben.<br />

Damit besaß der deutsche Reiskonzem vier Reismühlen<br />

in Birma. Zeitgleich ergab sich <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

<strong>die</strong> deutsch-englische Firma Krüger &<br />

Co. Limited zu kaufen, <strong>die</strong> 1870 von zwei Bremern<br />

gegründet worden war und selber in den<br />

vier wichtigen Häfen Birmas je eine Reismühle<br />

unterhielt. Unabhängig davon konnte <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG noch eine Fabrik in Moulmein,<br />

<strong>die</strong> einzige europäische Mühle mit eigenem Eisenbahnanschluss<br />

dort, dazukaufen.’''“ Diese<br />

Möglichkeiten nutzte Andreas Rickmers, um <strong>die</strong><br />

Stellung des Unternehmens gegenüber den englischen<br />

Verschiffern in Birma auszubauen und<br />

von ihnen unabhängig zu werden.<br />

Die Fabriken der Reis- und Handels AG in Birma<br />

sowie <strong>die</strong> von Krüger & Co. wurden in ein gemeinsames<br />

Tochterunternehmen nach englischem<br />

Recht eingebracht. Unter dem Namen<br />

Burma Rice & Trading Company Limited, kurz<br />

Burma Rice & Trading Co., besaß <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG daher seit 1907 insgesamt neun<br />

Mühlen in Asien und war zu einem wichtigen<br />

europäischen Betrieb in Birma geworden. Zudem<br />

besaß <strong>die</strong> Gesellschaft nun in allen wichtigen<br />

Exporthäfen Betriebe, was ihre Position weiter<br />

stärkte. Drei Mühlen waren in Rangun, je zwei<br />

in Bassein und Moulmein sowie eine Fabrik in<br />

Akyab. Die Burma Rice & Trading Co. konnte<br />

jährlich <strong>bis</strong> zu 4 Millionen Doppelzentner Reis<br />

bearbeiten und zusätzlich <strong>die</strong> Mühle Markwald<br />

& Co. in Bangkok weitere 800.000 Doppelzentner.<br />

Die neue Tochtergesellschaft war mit einem<br />

Kapital von 267.000 britischen Pfund (etwa<br />

5.454.810 Mark) ausgestattet und ihr Direktor<br />

wurde der aus Bremen stammende Carl Rosenkranz.<br />

Dieser war ein Neffe der Brüder Buchholtz,<br />

den Gründern von Krüger & Co. Da er<br />

für <strong>die</strong>se auch <strong>die</strong> Betriebe von Krüger & Co. in<br />

Birma geleitet hatte, war er ein guter Kenner<br />

des dortigen Reisgeschäfts. 1908 wechselte er<br />

allerdings in <strong>die</strong> Leitung der Reis- und Handels<br />

AG nach Bremen.<br />

Neben der Expansion in Europa und vor allem<br />

in Birma gab es für <strong>die</strong> Reis- und Handels AG<br />

213


aber auch einen Mühlenausbau in der Heimat.<br />

Trotz der Schließungen in Bremen und Osterholz<br />

wurde der Standort an der Weser durch Modernisierungen<br />

gestärkt. Die Mühle der vormaligen<br />

Gebrüder Nielsen, Reismühle und Stärkefabrik<br />

AG, wurde 1904 durch ein Feuer zerstört. Der<br />

Neubau, „der auf das vollkommenste eingerichtet<br />

wird“, wurde aber sofort in Angriff genommen<br />

und 1905 abgeschlossen.’''^' Durch weitere Anund<br />

Neubauten verdoppelte <strong>die</strong> Fabrik ihre Verarbeitungskapazitäten<br />

1910.’''^ Die Rickmers-<br />

Mühle erhielt zwischen den Lagerschuppen und<br />

dem Mühlengebäude eine Förderanlage. Außerdem<br />

wurde 1912 eine Hängebahn zwischen den<br />

Schuppen und dem Weserkai in Betrieb genommen,<br />

damit <strong>die</strong> Kähne, <strong>die</strong> den Reis brachten,<br />

nicht mehr per Hand ausgeladen werden mussten.'«<br />

Die Reis- und Handels AG bereedert <strong>die</strong> Flotte<br />

der Rickmers AG<br />

Andreas Rickmers sorgte als entscheidender Akteur<br />

in der Leitung der Reis- und Handels AG<br />

dafür, dass sich der Bremer Konzern kurz nach<br />

der Gründung gemeinsam mit seinem Stammunternehmen,<br />

der Rickmers AG, auch als Reederei<br />

betätigte. Zum Verständnis, warum er für <strong>die</strong><br />

neue Gesellschaft in der Reisindustrie nun neben<br />

der Verarbeitung und den Verkauf von Reis auch<br />

Schifffahrt als neues Geschäftsfeld aufnahm,<br />

muss zuerst auf <strong>die</strong> Schifffahrtsuntemehmungen<br />

der Rickmers AG geschaut werden.<br />

Ab Oktober 1899 betrieb <strong>die</strong> Rickmers Reederei<br />

gemeinsam mit der in China etablierten deutschen<br />

Firma Melchers & Co. einen gemeinsamen<br />

Linien<strong>die</strong>nst für Flussdampfer auf dem Fluss<br />

Yangtse.’"’'' Die beiden Unternehmen hatten vereinbart,<br />

<strong>die</strong> Strecke Shanghai-Hankow gemeinsam<br />

zu be<strong>die</strong>nen und später <strong>die</strong> Linie von Hankow<br />

nach Ichang auszuweiten. Als erstes europäisches<br />

Unternehmen überhaupt wollte <strong>die</strong><br />

Rickmers AG oberhalb Ichangs auf dem Yangtse<br />

Flussschifffahrt betreiben, obwohl <strong>die</strong> Anforderungen<br />

an <strong>die</strong> dafür nötigen Schiffe sehr groß<br />

waren. Die Dampfer durften kaum Tiefgang haben,<br />

brauchten aber starke Maschinen wegen der^<br />

schnellen Strömung, gegen <strong>die</strong> es zu fahren galt. ,<br />

Die hauseigene Werft entwickelte ein Dampf- ^<br />

schiff, das <strong>die</strong>sen Anforderungen gerecht werden j<br />

sollte. Die S u i- H s ia n g , ein Raddampfer mit der "<br />

Baunummer 118, trat im Dezember 1900 ihre '<br />

Jungfernfahrt an.’'« Doch noch während der ers- ^<br />

ten Reise lief der Flussdampfer bei einer Wende<br />

in Stromschnellen auf einen Felsen und sank. ^<br />

Ein eigenständiger Linien<strong>die</strong>nst auf dem oberen<br />

Yangtse war damit gescheitert und hatte einen '<br />

erheblichen finanziellen Verlust gebracht.'« Da "<br />

auch <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit Melchers & Co.<br />

auf den unteren Flussabschnitten nicht <strong>die</strong> er- --<br />

warteten Ergebnisse brachte, verkaufte <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG ihren Anteil daran schließlich für 1,5<br />

Millionen Mark an <strong>die</strong> HAPAG.<br />

Zeitgleich mit der Flussschifffahrt hatte <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers begonnen, einen Küsten<strong>die</strong>nst<br />

mit Dampfern aufzubauen. Dafür war <strong>die</strong> Werft<br />

endlich auf zeitgemäßen Eisenschiffbau umgestellt<br />

und modernisiert worden. Seit 1902 hatte<br />

sie sogar einen eigenen Eisenbahnanschluss für<br />

den Transport des Baustahls. Mit den beiden<br />

Dampfern S h a n t u n g und T s in t a u begann <strong>die</strong><br />

Reederei ihren chinesischen Küsten<strong>die</strong>nst und<br />

setzte in den beiden folgenden Jahren je zwei<br />

neue Dampfschiffe in Fahrt."*' Aber auch <strong>die</strong>ses<br />

Geschäft entwickelte sich schwierig, nicht zuletzt,<br />

weil Peter und Andreas Rickmers nicht<br />

mehr direkt miteinander redeten. Jede geschäftliche<br />

Entscheidung musste durch Paul und Robert<br />

Rickmers, den Söhnen von Peter, zwischen<br />

den beiden Seniorchefs vermittelt werden. Die '<br />

wirtschaftliche Situation der Reederei verschlechterte<br />

sich zunehmend, weil in der chinesischen<br />

Küstenschifffahrt auch nicht so viel Geld<br />

ver<strong>die</strong>nt wurde wie erhofft. Der Aufbau neuer<br />

Linien in China, sei es auf dem Fluss oder an<br />

den Küsten, kam nicht recht voran und <strong>die</strong> Einnahmen<br />

aus dem Reistransport flössen nicht<br />

mehr direkt an <strong>die</strong> Rickmers AG, sondern zuerst<br />

einmal an <strong>die</strong> Reis- und Handels AG.<br />

ln <strong>die</strong>ser Situation machte sich Andreas Rickmers<br />

gegen den Willen seines Neffen Paul, der<br />

das Reedereigeschäft in China weiter ausbauen<br />

214


wollte, <strong>die</strong> Konkurrenz zwischen der HAPAG<br />

und dem NDL zu Nutze. Die Bremer Gesellschaft<br />

wollte ihre Marktstellung in China sichern<br />

und machte ein Angebot zur Übernahme der<br />

Rickmers’schen Küstendampfer. Der NDL übernahm<br />

sowohl <strong>die</strong> in Fahrt als auch <strong>die</strong> in Bau<br />

befindlichen Schiffe für 6.120.000 Mark, <strong>die</strong> innerhalb<br />

der nächsten fünf Jahre <strong>bis</strong> 1908 in Teilsummen<br />

von mindestens 500.000 Mark an <strong>die</strong><br />

Rickmers AG zu zahlen waren. Im Gegenzug<br />

verpflichtete sich Andreas Rickmers, zehn Jahre<br />

nicht mit den Linien<strong>die</strong>nsten des NDL in Konkurrenz<br />

zu treten. Daher wurde <strong>die</strong>ser Vertrag<br />

auch als Konkurrenzausschlussvertrag bezeichnet.<br />

Der Vertrag war innerhalb der Familie Rickmers<br />

umstritten. Paul Rickmers verließ <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG sogar und machte sich in Hamburg<br />

selbstständig, weil er den Vertrag für zutiefst gegen<br />

<strong>die</strong> Interessen der Rickmers AG laufend bewertete.<br />

Seiner Ansicht nach war nun jede strategische<br />

Ausrichtung der Rickmers AG unmöglich.<br />

Der Konkurrenzausschlussvertrag hatte<br />

jedoch auch sehr positive Aspekte für <strong>die</strong> Geschäfte<br />

der Rickmers AG. Es wurde <strong>die</strong> Weiterbeschäftigung<br />

aller Kapitäne, Offiziere und<br />

Mannschaften auf den ehemals Rickmers gehörenden<br />

Schiffen für mindestens zwei Jahre festgelegt.<br />

Außerdem übernahm der NDL alle bereits<br />

im Voraus bezahlten Versicherungsprämien für<br />

<strong>die</strong> Schiffe. Der wichtigste Verhandlungserfolg<br />

war aber, dass <strong>die</strong> inzwischen zur Reis- und<br />

Handels AG gehörende Firma Markwald & Co.<br />

und <strong>die</strong> zu ihr gehörende Agentur Windsor in<br />

Bangkok zum Interessenvertreter der großen<br />

Bremer Schifffahrtsgesellschaft in der Region<br />

ernannt wurden. Die Agentur erhielt das Recht,<br />

Frachtraten für den NDL auszuhandeln und<br />

festzulegen und übernahm für jeden dritten<br />

Dampfer des Küstenlinien<strong>die</strong>nstes zwischen<br />

Bangkok und Hongkong alle Agenturaufgaben.’''®Damit<br />

wurde ein sehr sicheres Geschäftsfeld<br />

für Markwald & Co. erschlossen. Wieder<br />

zeigt sich, wie eng der <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> weiteren<br />

Aktivitäten der Rickmers AG zusammenhingen<br />

und auch, wie eng der deutsche <strong>Reishandel</strong><br />

über den Schifffahrts- und Logistiksektor mit<br />

den wachsenden globalen Warenströmen verbunden<br />

war.<br />

Nachdem nun aber innerhalb der Rickmers AG<br />

vorerst alle Versuche gescheitert waren, ein sicheres<br />

Auskommen für <strong>die</strong> hauseigenen Segelschiffe<br />

außerhalb der Reissaison zu finden, ergab<br />

sich in der Zusammenarbeit mit der Reis- und<br />

Handels AG ein neuer Anlauf zur Sicherung des<br />

Reedereigeschäfts. 1903 nahm Andreas Rickmers<br />

für <strong>die</strong> Rickmers AG Verhandlungen über<br />

eine langfristige Vercharterung der Segelschiffe<br />

auf. Diese waren in der Reissaison gut ausgelastet,<br />

in den anderen Jahreszeiten aber nur schwierig<br />

mit Frachten zu lohnenden Raten in Fahrt zu<br />

bringen. Verhandlungspartner der Rickmers AG<br />

um <strong>die</strong> Übernahme der Schiffe war <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG. Vertreter der Reis- und Handels<br />

AG war Hermann Upmann. Dieser war aber ein<br />

enger Vertrauter von Andreas Rickmers und hatte<br />

den Ruf, der verlängerte Arm des Letztgenannten<br />

zu sein. Zudem war Andreas Rickmers zugleich<br />

größter Aktionär der Rickmers AG, <strong>die</strong> wiederum<br />

größter Aktionär der Reis- und Handels AG war.<br />

Man kann sagen, dass Andreas Rickmers mit<br />

sich selbst verhandelte und am Ende einen Vertrag<br />

schaffte, „der für <strong>die</strong> Zukunft beider Gesellschaften<br />

folgenschwer sein sollte“.<br />

Das entstandene Vertragswerk umfasste zwei<br />

Bereiche. Einerseits einen im Mai 1903 geschlossenen<br />

„Reedereivertrag“, andererseits einen<br />

„Baucontract“ vom folgenden November.<br />

Der Reedereivertrag bestimmte <strong>die</strong> Charterung<br />

der gesamten bereits in Fahrt befindlichen Flotte<br />

der Rickmers Reederei durch <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG. Die gesamte Abwicklung des Geschäftsbetriebs<br />

der damit auf Kosten und Risiko<br />

der Reis- und Handels AG laufenden Reederei<br />

wurde aber weiterhin durch <strong>die</strong> Rickmers AG<br />

betrieben. Die Rickmers AG hatte für das Abkommen<br />

kein vertragsmäßiges Kündigungsrecht,<br />

früher als nach zehn Jahren auszuscheiden. Der<br />

Reiskonzem hingegen konnte jederzeit und ohne<br />

Einverständnis des Vertragspartners von der Vereinbarung<br />

zurücktreten. Für <strong>die</strong>sen Fall war aber<br />

zusätzlich festgelegt worden, dass <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG eine Strafzahlung in Höhe von 3<br />

215


S'A-,<br />

A;<br />

Millionen Mark an <strong>die</strong> Rickmers AG zu zahlen<br />

hätte.<br />

Der Baukontrakt sah vor, dass <strong>die</strong> Rickmers-<br />

Werft sechs Segelschiffe in der Größe von 3.000<br />

Bruttoregistertonnen und sechs weitere, doppelt<br />

so große Dampfschiffe bauen sollte. Diese Neubauten<br />

sollten dann auch sofort an <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG verchartert werden. Wie in früheren<br />

Jahren <strong>die</strong> Rickmers-Reederei den Fortbestand<br />

der Werft sicherte, war es nun <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Werftauslastung sogar<br />

vertraglich herangezogen wurde. Gemeinsam<br />

mit der Reedereivereinbarung wurde der Baukontrakt<br />

von Andreas Rickmers als Befrachtungsabkommen<br />

definiert, das lediglich das operative<br />

Geschäft betreffe. Dadurch mussten <strong>die</strong><br />

Verträge nicht durch <strong>die</strong> Gesellschafterversammlung<br />

abgesegnet werden, wo sich eventuell Kritik<br />

an dem weitreichenden und folgenschweren Geschäft<br />

hätte regen können.<br />

Der Preis, <strong>die</strong> Risiken und <strong>die</strong> Nachteile <strong>die</strong>ser<br />

Abkommen waren für den Reiskonzern recht<br />

hoch. Einerseits profitierte <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG zwar von der Erfahrung der Rickmers-Reederei<br />

und war für ihre Reistransporte nicht auf<br />

den freien Markt angewiesen. Alle Reistransporte<br />

konnten frei durch <strong>die</strong> nun eigene und in dem<br />

Geschäftsfeld sehr erfahrene Reederei disponiert<br />

werden. Andererseits musste <strong>die</strong> gesamte Infrastruktur<br />

der Rickmers-Reederei durch <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG getragen werden. Darüber hinaus<br />

hatte <strong>die</strong> Rickmers-Reederei <strong>die</strong> Probleme<br />

der Befrachtung der Schiffe außerhalb der Reissaison<br />

einfach nur an den Reiskonzern weitergegeben.<br />

Ein hoher Kostenpunkt - oder zum<br />

Vorteil der Rickmers AG eine Einnahme - war<br />

<strong>die</strong> jährlich zu zahlende Gebühr von fünf Prozent<br />

des Buchwertes der Flotte an <strong>die</strong> Rickmers AG.<br />

Diese wiederum hatte ab 1903 also nicht nur<br />

eine vertraglich zugesicherte, wertschöpfende<br />

Vergrößerung ihrer Flotte auf Kosten der Reisund<br />

Handels AG, sondern gleichzeitig auch noch<br />

einen finanziellen Ausgleich der altersbedingten<br />

Abschreibungen durch eine jährliche Gebühr.<br />

Des Weiteren wurde beim Abschluss des Vertrags<br />

für <strong>die</strong> Neubauten der Stahlpreis mit 110 Mark<br />

je Tonne veranschlagt und für den Fall einer<br />

Preissteigerung zusätzlich festgelegt, dass Mehrkosten<br />

von der Reis- und Handels AG zu tragen<br />

waren.’^“<br />

Zuletzt ist auch noch das einseitige Kündigungsrecht<br />

des Reiskonzerns - im Unterschied zu Einschätzungen<br />

in früheren Schriften zur Geschichte<br />

der Rickmers AG - kritisch zu bewerten.^^* Der<br />

Rickmers AG wäre es bei einer einseitigen Kündigung<br />

durch ihren Vertragspartner nicht schlecht<br />

ergangen. Bis zu einer möglichen Kündigung<br />

des Vertrages machte sie jedes Jahr ein finanziell<br />

gutes Geschäft und sollte eine Kündigung durch<br />

den Bremer Konzern erfolgen, wäre <strong>die</strong> gesamte<br />

Infrastruktur der Rickmers-Reederei auf Kosten<br />

des Vertragspartners erhalten worden. Die Rickmers<br />

AG hätte problemlos <strong>die</strong> Geschäfte fortführen<br />

können, was durch <strong>die</strong> hohe Summe von<br />

3 Millionen Mark zusätzlich erleichtert worden<br />

wäre. Soweit <strong>die</strong> Gewinne der Reis- und Handels<br />

AG nicht einbrachen, war <strong>die</strong> Übernahme der<br />

Rickmers-Flotte mit allen Nebenbestimmungen<br />

ein interessantes Geschäft, das wiederum <strong>die</strong><br />

überragende Stellung von Andreas Rickmers innerhalb<br />

der beiden beteiligten Firmen aufzeigt.<br />

Im Geschäftsbericht der Reis- und Handels AG<br />

für das Jahr 1906 heißt es zum Reedereibetrieb<br />

und dessen Vorteilen:<br />

„Die Ende 1906 aus 5 großen Dampfern, 6<br />

Seglern und 1 Segler mit Hilfsmaschine, sowie<br />

einer Anzahl von Leichtern und Schleppdampfern<br />

bestehende Rhederei wird einstweilen<br />

von Rickmers Reismühlen, Rhederei<br />

& Schiffbau A.G. in Bremerhaven geleitet<br />

I...]. Infolge der leider in den letzten Jahren<br />

ungewöhnlich niedrigen Seefrachten hat der<br />

Rhedereibetrieb der Seeschiffe und Leichterfahrzeuge<br />

uns <strong>bis</strong>lang außer den reichlich bemessenen<br />

Abschreibungen nur etwas mehr<br />

als 5% auf das Anlagekapital geliefert. Indirekt<br />

erwächst uns aus dem Rhedereibetrieb<br />

der Vorteil, unseren Reis in Schiffen zu beziehen,<br />

<strong>die</strong> sich für den Transport <strong>die</strong>ses leicht<br />

dem Verderb ausgesetzten Artikels besonders<br />

gut eignen [...]. Auch ist es von großem Werte<br />

für uns, einen Teil des Reises, der in In<strong>die</strong>n<br />

216


in der trockenen Jahreszeit verschifft wird, in<br />

Segelschiffen zu beziehen, um so im Spätsommer<br />

und Herbst, wenn alle Dampfer Ware<br />

anbringen, welche mehr oder weniger durch<br />

Feuchtigkeit gelitten hat, noch weißen Reis<br />

zu erhalten. [...] Rhederei und Reisexport<br />

und Reismüllerei [können] noch mehr als <strong>bis</strong>her<br />

einander in <strong>die</strong> Hände arbeiten<br />

Sobald sich aber wirtschaftliche Schwierigkeiten<br />

für das deutsche Reisgeschäft und damit <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG zeigten, wurde der Reedereivertrag<br />

zu einer einseitigen Bereicherung<br />

der Rickmers AG auf Kosten des <strong>Reishandel</strong>skonzerns.<br />

Der Vertrag über <strong>die</strong> Bereederung der<br />

Rickmers-Schiffe durch <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG war also für das Familienunternehmen<br />

durchaus vorteilhaft, für den Reiskonzem jedoch<br />

ein sehr riskantes Agreement.<br />

Eine Entwicklung mit Konflikten<br />

Englische Verschiffer und deutsche Importeure<br />

drängen in neue Märkte<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung der Reis- und<br />

Handels AG <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg war insgesamt<br />

positiv. Es gab aber einige Jahre mit<br />

schlechten Geschäftsergebnissen und auch eine<br />

Reihe von prägenden Konflikten. Der älteste<br />

Konflikt bestand zwischen den europäischen<br />

Reisverschiffern in Birma einerseits und den<br />

reiskaufenden Mühlen in Europa andererseits.<br />

Die Verschiffer hatten sich bereiterklärt, keinen<br />

Reis der Eastern Quality, wie er von Birma in<br />

immer größeren Mengen nach Asien exportiert<br />

wurde, nach Europa zu bringen. Sie verpflichteten<br />

sich, dorthin nur Cargoreis zu senden. Damit<br />

hatten <strong>die</strong> europäischen Mühlen weiterhin <strong>die</strong><br />

Aufgabe, Reis wirklich zu vermahlen und nicht<br />

bloß zu polieren. Besonders für <strong>die</strong> deutschen<br />

Mühlen war das bedeutsam, weil es auf <strong>die</strong> Einfuhr<br />

von poliertem Reis keinen Schutzzoll gab<br />

und sie daher besonders unter dem Import von<br />

weißem Reis litten. Andreas Rickmers verfolgte<br />

mit der Gründung des Reiskonzerns das Ziel, in<br />

den Preisverhandlungen mit den Verschiffern in<br />

Birma durch <strong>die</strong> Stärkung der Abnehmerseite<br />

bessere Einkaufspreise aushandeln zu können.<br />

Dass es der Reis- und Handels AG gelang, eine<br />

Monopolstellung in der Reis verarbeitenden Industrie<br />

in Deutschland zu erreichen, rief jedoch<br />

auch Widerstand hervor. Einige deutsche Unternehmer<br />

fürchteten, zukünftig einem Preisdiktat<br />

des Bremer Konzerns zu unterliegen. Eine erste<br />

Reaktion der europäischen Verlader in Asien war<br />

ein Aufruf an <strong>die</strong> deutschen Kunden der nun zusammengeschlossenen<br />

Fabriken, keine Ware bei<br />

der Reis- und Handels AG zu kaufen. Dieser<br />

Aufruf be<strong>die</strong>nte negative Befürchtungen und<br />

führte in Salzuflen dazu, dass <strong>die</strong> Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG eine eigene Reismühle auf<br />

dem Firmengelände errichtete, um nicht vom<br />

Bremer Monopolisten abhängig zu sein. Wirklich<br />

eingesetzt wurde <strong>die</strong>se betriebsinteme Mühle allerdings<br />

nicht.^’^<br />

Gegen <strong>die</strong> Monopolisierung des Reisgesehäfts<br />

in Deutschland sprachen sich auch Hamburger<br />

Kaufleute aus. Einige von ihnen gründeten dort<br />

1901, „in dem Glauben, Hamburger Belange gegenüber<br />

Bremen zu vertreten, als Antwort auf<br />

<strong>die</strong> Gründung der Reis- und Handels Aktiengesellschaft<br />

1901 <strong>die</strong> , Hamburg-Indischen Reiswerke<br />

Paul Munckel & Co.“‘.’^'‘ Die Neugründung<br />

siedelte sich im Hamburger Freihafenbezirk<br />

an und setzte ganz bewusst auf ein anderes<br />

Geschäftsmodell als der Bremer Konkurrent mit<br />

seinen dazugehörigen Mühlen in Hamburg. Es<br />

sollte kein Cargoreis verarbeitet, sondern ganz<br />

bewusst der günstigere Reis der Eastern Qualities<br />

eingekauft werden. Nach einer wenig aufwendigen<br />

Politur und Veredelung war der Reis dann<br />

mit deutlich geringeren Kosten verkaufsfertig.<br />

So eingängig <strong>die</strong>ses Geschäftsmodell auch war,<br />

langfristiger Erfolg war den Hamburg-Indischen<br />

Reiswerken Paul Munckel & Co. nicht beschieden.<br />

Im Jahr 1908 ging <strong>die</strong> Hamburger Freihafenmühle<br />

in den Besitz der Reis- und Handels<br />

AG über. Als Hamburger Reiswerke m.b.H. wurde<br />

sie ein Teil des Bremer Konzerns, der damit<br />

einer Monopolstellung in Deutschland wieder<br />

ein Stück näher gekommen war. Auch bei <strong>die</strong>ser<br />

Fusion wurde das bereits 1901 praktizierte Mo-<br />

217


dell zur Übernahme von Führungskräften in den<br />

Gesamtkonzern angewandt. Paul Munckel wurde<br />

zum 1. Januar 1909 Vorstandsmitglied der Reisund<br />

Handels AG und Leiter der Hamburger Abteilung<br />

des Bremer Konzerns.’^^<br />

Das Abkommen mit den englischen Reisverschiffern<br />

in Birma, nur Cargoreis nach Deutschland<br />

zu senden, endete 1906. Deutschland war<br />

jedoch noch immer der größte europäische Absatz-<br />

und Veredelungsmarkt, so dass <strong>die</strong> Verschiffer<br />

Birmas eine eigene Reismühle in Hamburg<br />

gründeten. Die Allgemeine Reisgesellschaft<br />

Limited hatte ihr Gelände im Freihafengebiet<br />

und konnte unbehelligt von der deutschen Steuergesetzgebung<br />

ihren Geschäften nachgehen.<br />

Auf der anderen Seite versuchte sich <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG von den englischen Verkäufern,<br />

<strong>die</strong> nun zum direkten Konkurrenten geworden<br />

waren, auf dem asiatischen Markt unabhängig<br />

zu machen:<br />

„Seitens einer Anzahl von Reisverschiffern in<br />

Burmah ist neuerdings eine Niederlassung in<br />

Hamburg errichtet worden, um Reis nach Hamburg<br />

zu importieren und daselbst zu verkaufen.<br />

Das ist uns Veranlassung gewesen, eine Reismühle<br />

in Rangoon zu pachten, womit wir ein<br />

geeignetes Gegengewicht erlangt zu haben glauben.“^^®<br />

Damit hatten <strong>die</strong> deutschen Reismüller um Andreas<br />

Rickmers einen weiteren Schritt getan, um<br />

ihre Wertschöpfungskette über Kontinente hinweg<br />

zu verlängern. Zum ersten Mal, seitdem<br />

Deutsche in Birma Reis kauften und verschifften,<br />

kümmerten sie sich selber um <strong>die</strong> Vorbearbeitung<br />

des Reises, <strong>bis</strong> er in einem verschiffbaren Zustand<br />

war. Unter <strong>die</strong>sem Blickwinkel ist auch<br />

<strong>die</strong> kurz dai'auf erfolgte Gründung der Burma<br />

Rice & Trading Company einzuordnen. Im Geschäftsbericht<br />

der Reis- und Handels AG für<br />

1907 hieß es dazu:<br />

„In unserem letzten Jahresberichte war bereits<br />

erwähnt worden, daß wir eine Reismühle in<br />

Rangoon gepachtet und damit in Burma Fuß<br />

gefaßt hätten. Die bei <strong>die</strong>sem Unternehmen<br />

gemachten Erfahrungen und das wenig entgegenkommende<br />

Verhalten der Burma-Verschiffer<br />

haben uns veranlaßt, in <strong>die</strong>ser Rieh-"!<br />

tung weiter vorzugehen, um uns von dem Verkaufsringe<br />

der Verschiffer unabhängig zu machen.<br />

Nach eingehenden Erwägungen und<br />

Unterhandlungen ist im September vorigen<br />

Jahres von uns im Verein mit angesehenen<br />

englischen Kaufleuten eine Gesellschaft, <strong>die</strong><br />

Burma Rice & Trading Company, Limited,<br />

mit dem Hauptsitz in London und Niederlassungen<br />

in den Burma-Häfen gegründet worden.<br />

Das autorisierte Kapital <strong>die</strong>ser Gesellschaft<br />

beträgt £stlg 500.000, von denen aber<br />

vorläufig nur Aktien im Betrage von £stlg<br />

300.000 ausgegeben werden sollen. Auf <strong>die</strong><br />

Leitung der Gesellschaft haben wir uns einen<br />

maßgeblichen Einfluß gesichert.<br />

Durch unsere Vermittlung ist <strong>die</strong> Burma Rice<br />

& Trading Co. alsdann zu einem niedrigen<br />

Kaufpreise Besitzerin der alten angesehenen<br />

Firma Krüger & Co., Limited, in London geworden,<br />

welche Reismühlen in allen Burma-<br />

Häfen betreibt. Die Übernahme <strong>die</strong>ser Firma<br />

ist für <strong>die</strong> Burma Rice & Trading Co. von<br />

sehr großem Nutzen, denn sie hat dadurch<br />

nicht allein gut eingerichtete Mühlen erhalten,<br />

sondern auch ein ganz vorzüglich eingearbeitetes<br />

Personal.“’^’<br />

Durch den Besitz von insgesamt neun Mühlen<br />

im wichtigsten Reisproduktionsland der Welt<br />

konnten <strong>die</strong> deutschen Reismüller nun, ohne <strong>die</strong><br />

Hilfe anderer Europäer, ihren Reis direkt von<br />

den Bauern und den Zwischenhändlern beziehen.<br />

Die Reis verarbeitende Industrie Deutschlands<br />

war so unmittelbar mit dem asiatischen Markt<br />

verbunden, weil sich <strong>die</strong> Reis- und Handels AG<br />

von den konkurrierenden englischen Verschiffern<br />

emanzipiert hatte.<br />

Während in Asien <strong>die</strong> Abhängigkeit von den<br />

englischen Verschiffern 1906/07 aufgelöst und<br />

sich mit der Übernahme der Hamburg-Indischen<br />

Reis werke Paul Munckel <strong>die</strong> Marktposition der<br />

Reis- und Handels AG in Deutschland festigte,<br />

erschien in Hamburg ein weiterer Konkurrent<br />

auf dem umkämpften Reismarkt. 1909 wurde<br />

<strong>die</strong> Reismühle A. Lüthke & Co. in Hamburg gegründet.<br />

A. Lüthke & Co. waren der erste Wett-<br />

218


Tabelle V. 2.2, Aufteilung der Hamburger Reiseinfuhr 1911’^*<br />

Hamburger Reisimport nach<br />

Mühlenstandorten<br />

Mühlen der Reis- und Handels<br />

AG<br />

Freie Reismühlen<br />

N a m e R e isim p o rt N am e R e isim p o rt<br />

Mühlen im Zollinland<br />

N o rd d e u tsc h e<br />

R e ism ü h le<br />

54.000<br />

A. Lüth ke &<br />

Co.<br />

102.000<br />

Mühlen im Freihafengebiet<br />

H a m b u rg e r<br />

, 60.000<br />

R e isw e rk e<br />

A llg e m e in e<br />

R eisg e se llsch<br />

aft<br />

57.000<br />

in Tonnen<br />

bewerber der Reis- und Handels AG, <strong>die</strong> ebenfalls<br />

eine zollinländische Reismühle betrieben.<br />

Obwohl sie ihre Rohware vor der Veredelung<br />

verzollen mussten, während der Bremer Reiskonzern<br />

mit den Hamburger Reiswerken m.b.H.<br />

zusätzlich eine zollausländische Mühle mit all<br />

ihren Vorteilen betrieb, erlangten A. Lüthke &<br />

Co. in nur zwei Jahren eine bedeutende Stellung<br />

im Hamburger Reisgeschäft. Von 288.000 Tonnen<br />

Reis, <strong>die</strong> 1911 nach Hamburg eingeführt<br />

wurden, verarbeitete <strong>die</strong> neue Mühle über ein<br />

Drittel.<br />

Konflikte im eigenen Haus und auf dem<br />

heimischen Markt<br />

1904 entspann sich eine Diskussion zwischen<br />

Behörden in Berlin und den deutschen Reishändlem<br />

über <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong> Politur von Reis<br />

mit Talkum erlaubt sei. Der Verdacht der Gesundheitsschädigung<br />

für den Konsumenten durch<br />

<strong>die</strong> Bearbeitung der Reiskörner stand im Raum.<br />

Zudem wurde der Vorwurf der Konsumententäuschung<br />

durch eine Gewichtserhöhung der Ware<br />

durch den Zusatz von Talkumpulver und durch<br />

<strong>die</strong> Verschleierung minderwertiger Qualitäten<br />

bei der Politur geäußert. Diese Verdachtsmomente<br />

formulierte das Reichsgesundheitsamt im<br />

September 1904 und wies seine Nahrungsmittelkontrolleure<br />

an, glacierten Reis zu beanstanden.<br />

Die Staatsanwaltschaften sollten sodann gegen<br />

<strong>die</strong> Händler wegen des Verstoßes gegen das<br />

Nahrungsmittelgesetz vorgehen.’^^^<br />

Die Reis- und Handels AG verwahrte sich gegen<br />

<strong>die</strong> Vorwürfe, weil sie ihren Absatz im Landesinneren<br />

in Gefahr sah. Heinrich Kallsen wandte<br />

sich an <strong>die</strong> Handelskammer in Bremen und forderte<br />

dort Unterstützung „am geeigneten Ort zur<br />

Aufhebung der gegen den Handel mit geglättetem<br />

Reis eingeleiteten Maßnahmen“ ein.’®“ Er<br />

wandte sich in <strong>die</strong>sem Brief gegen <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Vorwürfe, denn<br />

- eine gesundheitsschädliche Wirkung der Talkumpolitur<br />

bestehe nicht, da Magnesiumsilikat<br />

für den Menschen ungefährlich sei;<br />

- eine Täuschung bestehe nicht, da in keiner<br />

deutschen Mühle fehlerhafter und gelber Reis<br />

mit Hilfe von Schwefel gefärbt würde;<br />

- der Reis werde nur aus wirtschaftlichen Gründen<br />

mit Talkum unter dem Zusatz von Ultramarinblau<br />

poliert, weil sich <strong>die</strong> Haltbarkeit so<br />

erhöhe und der Befall der Ware mit Milben<br />

und Motten reduziert würde;<br />

- bei einem Zusatz von 0,02 Prozent <strong>bis</strong> 0,25<br />

Prozent Talkum könne nicht von Gewichtserhöhung<br />

und Konsumententäuschung gesprochen<br />

werden, und<br />

- Reis werde nicht allgemein gefärbt, sondern<br />

nur da, wo <strong>die</strong> Konsumenten es verlangten.<br />

Zur Unterstützung ihrer Haltung gab <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG ein Gutachten bei dem Handelschemiker<br />

Dr. Langfurth in Altona in Auftrag.<br />

Dort wurden insgesamt 19 verschiedene Sorten<br />

Reis aus Hamburg, den Niederlanden und England,<br />

teilweise glasiert, teilweise unglasiert, analysiert<br />

und verglichen. Das Gutachten bestätig-<br />

219


te, dass <strong>die</strong> Politur den Reis haltbarer machte.<br />

„Dass das Glasieren des Reises nicht den Zweck<br />

hat, der Ware ein besseres Aussehen zu geben,<br />

davon kann sich jeder Laie durch den Augenschein<br />

überzeugen, da durch <strong>die</strong> Glasur jeder<br />

Schälfehler deutlicher hervortritt und der Reis<br />

tatsächlich an gutem Aussehen verliert, hier am<br />

Platz werden daher vorwiegend unglasierte Preise<br />

gehandelt. [...] Durch das Glasieren wird daher<br />

weder ein Täuschung, noch eine Beschwerung<br />

vorgenommen. Es kann daher auch keine<br />

Verletzung des Nahrungsmittelgesetztes vorliegen.“’®'<br />

Im Februar 1905 tauschten sich <strong>die</strong> Handelskammern<br />

in Bremen und Hamburg zu <strong>die</strong>ser<br />

Frage aus. In den beiden Hansestädten war praktisch<br />

<strong>die</strong> gesamte deutsche Reisindustrie angesiedelt,<br />

was dem Thema dort eine gewisse Bedeutung<br />

verlieh. Der Bremer Präses berichtete<br />

dabei von dem Altonaer Gutachten und auch davon,<br />

dass ein Erfurter Händler, der vor Gericht<br />

angeklagt worden war, auf Grund von Gutachteraussagen<br />

freigesprochen wurde.’®’ Das<br />

Reichsgesundheitsamt nahm trotzdem vorerst<br />

keinen Abstand von seinen Empfehlungen an<br />

<strong>die</strong> Nahrungsmittelkontrolleure, <strong>die</strong> vermeintlichen<br />

Verstöße an <strong>die</strong> Staatsanwaltschaften weiterzuleiten.<br />

Das führte dazu, dass der Bremer<br />

Reiskonzern ein weiteres Mal im Juli 1905 bei<br />

der Handelskammer in Bremen um Unterstützung<br />

bat. Direktor Upmann berichtete dorthin,<br />

dass seit Mai fünf Händler in Kassel, Koblenz,<br />

Zwickau, Mühlheim am Rhein und in Elberfeld<br />

Probleme wegen des Verkaufs von poliertem<br />

Reis gehabt hätten.’®’<br />

Erst im März 1906 gab es einen vertraulichen<br />

Erlass durch das Reichsamt des Inneren, dass<br />

der Verkauf von glasiertem Reis nicht länger beanstandet<br />

und an <strong>die</strong> Gerichte weitergeleitet werden<br />

sollte.’®^ Die Diskussion über Talkumzusätze<br />

bei der Reispolitur zog sich damit über ein Jahr<br />

hin und brachte sogar einzelne Händler vor Gericht.<br />

Da es aber zu keiner Verurteilung kam,<br />

kann nicht von einer nachhaltigen Schädigung<br />

der deutschen Reisindustrie oder dem Handel<br />

ausgegangen werden.<br />

Konflikte gab es auch zwischen Klein- und'<br />

Großaktionären. Es war nicht unumstritten, dass<br />

<strong>die</strong> Rickmers AG fast ungehindert <strong>die</strong> Politik<br />

der Reis- und Handels AG bestimmen konnte.<br />

Die Generalversammlung 1913 zeigte, dass<br />

Kleinaktionäre <strong>die</strong> Geschicke des Reiskonzerns<br />

zwar nicht beeinflussen konnten, es aber durchaus<br />

eine Opposition gegen <strong>die</strong> Macht der Großaktionäre<br />

und deren Geschäftsgebaren gab. Nach<br />

Versendung des Geschäftsberichts für das Jahr<br />

1912, für das keine Dividende ausgezahlt wurde,<br />

schickte der Kleinaktionär August Dörge am 8.<br />

April 1913 ein Einschreiben mit einem Fragenkatalog<br />

an den Vorstand der Reis- und Handels<br />

AG.’ ®Die Fragen bezüglich der Werte von Abschreibungen<br />

und Ähnlichem wurden am 15.<br />

April öffentlich in der Abendausgabe der Hamburgischen<br />

Börsen-Halle durch den Konzernvorstand<br />

beantwortet. Spannender noch ist eine stenographische<br />

Zusammenfassung des Ablaufs der<br />

Generalversammlung am 14. April, <strong>die</strong> eine ganze<br />

Reihe von Vorwürfen des Kleinaktionärs gegen<br />

<strong>die</strong> in der Geschäftsführung arbeitenden<br />

Großaktionäre enthält.<br />

Dörge beantragte zu Beginn der Generalversammlung,<br />

den Geschäftsbericht des Vorstands<br />

zu diskutieren, eine Revisionskommission einzuberufen<br />

und darüber hinaus, den Vorstand<br />

eventuell abzuwählen, da er nicht erfolgreich<br />

gearbeitet habe. Der Aufsichtsratsvorsitzende<br />

Franz Boner bat <strong>die</strong> Versammlung, <strong>die</strong> Anträge<br />

Dörges abzulehnen. Ein weiterer Kleinaktionär,<br />

Dr. Hertel, ersuchte <strong>die</strong>se von Boner initiierte<br />

Abstimmung über den Antrag Dörges geheim<br />

vorzunehmen. Von 9.002 Stimmen der anwesenden<br />

43 Aktionäre votierten nur 2.805 Stimmen<br />

für eine geheime Abstimmung über den Vorschlag<br />

Dörges. „Zu der Abstimmung selbst<br />

möchte er [Dörge] noch bemerken, dass es vielleicht<br />

im allgemeinen Interesse gelegen hätte,<br />

wenn eine ,geheime Abstimmung* stattgefunden<br />

hätte, da aus Freundschaftsrücksichten etc. vielleicht<br />

ein ganz anderes Resultat gezeitigt worden<br />

wäre.“’®®Die Großaktionäre hatten kein Interesse<br />

daran, dass sich einzelne Aktionäre im vermeintlichen<br />

Schutz der Anonymität gegen sie stellten.


Im Folgenden kamen <strong>die</strong> Vorwürfe und Forderungen<br />

Dörges an <strong>die</strong> Unternehmensspitze doch<br />

zur Sprache und lauteten im Einzelnen:<br />

- Seit 1904 seien an <strong>die</strong> Aktionäre 4,5 Millionen<br />

Mark gezahlt, aber durch Reduzierungen des<br />

Stammkapitals 20 Millionen Mark verloren<br />

worden.<br />

- 1906 wurden <strong>die</strong> Betriebe mit 14 Millionen<br />

Mark Wert verzeichnet. Trotz vieler Stilllegungen<br />

seien sie nun Ende 1912 mit 20 Millionen<br />

Mark beziffert.<br />

- Der Markteintritt mit eigenen Mühlen in Birma<br />

habe das Geschäft dort durch <strong>die</strong> neue Konkurrenzsituation<br />

erschwert. Besser wäre gewesen,<br />

sich mit den Verschilfem weiterhin gut<br />

zu stellen.<br />

- Der Versicherungsfonds werde zu gering finanziert,<br />

um Rückstellungen für höhere Verluste<br />

in der Zukunft bilden zu können.<br />

- Bei vergangenen Kursschwankungen sei <strong>die</strong><br />

Gesellschaft selber als Käufer und Verkäufer<br />

von Aktien aufgetreten, um Kurssteigerungen<br />

zu erzielen.<br />

- Die Burma Rice & Trading Co. habe seit 1907<br />

jedes Jahr Geld gekostet, daher seien alle Ausländsbeteiligungen<br />

abzustoßen.<br />

August Dörge geißelte <strong>die</strong> Geschäftsführung regelrecht<br />

und kam zu einer vernichtenden Bewertung<br />

der Geschäfte und der Geschäftspraxis.<br />

Besonders herausstechend ist der Vorwurf, <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG habe Kursmanipulationen<br />

vorgenommen. Trotz der Schwere der Vorwürfe<br />

wurden <strong>die</strong> Einwände der Kleinaktionäre übergangen,<br />

der Vorstand sowie der Aufsichtsrat entlastet<br />

und neu gewählt.^®'' Ob alle Vorwürfe<br />

stimmten oder nicht, kann nicht rekonstruiert<br />

werden. Zwingend ist wiederum <strong>die</strong> Erkenntnis,<br />

dass ohne <strong>die</strong> Großaktionäre, besonders <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG, keine Entscheidungen getroffen wurden<br />

und auch das von <strong>die</strong>sen vorgegebene Geschäftsgebaren<br />

nicht korrigiert werden konnte.<br />

Die Affäre Andreas Rickmers<br />

Der wohl tiefgreifendste Konflikt, dem sich <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

ausgesetzt sah, war <strong>die</strong> sogenannte Affäre Andreas<br />

Rickmers. 1908 machte Andreas Rickmers<br />

der Familie seines verstorbenen Bruders Peter,<br />

also in erster Linie seinen Neffen Robert und<br />

Paul, das Angebot, <strong>die</strong> Werft aus der Rickmers<br />

AG auszugliedem und zu verkaufen. Das so gewonnene<br />

Kapital wollte Andreas Rickmers in<br />

<strong>die</strong> Rickmers AG investieren. Infolge <strong>die</strong>ses Angebots<br />

entspann sich ein regelrechter Wirtschaftskrimi,<br />

der sich zwischen Robert und Paul<br />

Rickmers einerseits und Andreas Rickmers andererseits<br />

abspielte. Bis eine Юärung gelang,<br />

standen <strong>die</strong> Rickmers AG und auch <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG kurz vor der Insolvenz. Wie es<br />

dazu kommen konnte, dass eine einzelne Familie<br />

<strong>die</strong> größte Reisindustrie Europas fast in den Ruin<br />

geführt hätte, soll im Eolgenden kurz nachgezeichnet<br />

werden.<br />

Über den Prokuristen der Rickmers AG, Johannes<br />

Behrends, ließ Andreas Rickmers kurz nach<br />

dem ersten ein neues Angebot an seine Familie<br />

übermitteln. Nun wollte er <strong>die</strong> gesamte Rickmers<br />

AG liqui<strong>die</strong>ren und nur <strong>die</strong> Werft erhalten. Der<br />

Teil der Familie, der <strong>die</strong> Werft übernahm, sollte<br />

eine Ausgleichszahlung von 2 Millionen Mark<br />

an den anderen Familienteil vornehmen. Dieses<br />

Angebot zielte auf eine Auszahlung Andreas<br />

Rickmers’ durch seine Verwandten ab. Er wusste,<br />

dass seine Neffen <strong>die</strong> Werft, <strong>die</strong> ohne <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG beziehungsweise deren Verträge mit<br />

der Reis- und Handels AG nicht lebensfähig war,<br />

gerne erhalten wollten. Die Werft hatte keine<br />

Rücklagen und der Familie Peter Rickmers fehlten<br />

<strong>die</strong> liquiden Mittel, um <strong>die</strong> Baukontrakte erfüllen<br />

zu können. Zugleich erfuhren Paul und<br />

Tabelle V. 2.3, Stand der Verbindlichkeiten<br />

der Reis- und Handels AG 1908<br />

Position<br />

Aktien d e r Reis- und Handels AG in Besitz<br />

d e r Familie Rickmers<br />

Barvorschüsse an <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG<br />

An <strong>die</strong> Reis- und Handels AG verkaufte,<br />

unbezahlte Schiffe. V erzinst m it 5% /Jahr<br />

W ert<br />

8.200.000<br />

7.500.000<br />

10.000.000<br />

in M ark<br />

221


Ш-<br />

ш<br />

222<br />

Robert Rickmers von Behrends, wie bedenklich<br />

<strong>die</strong> finanziellen Verhältnisse der Rickmers AG<br />

und des Reiskonzems waren.<br />

Andreas Rickmers zog seinen Liquidationsvorschlag<br />

nur zwei Tage später zurück. Das vemrsachte<br />

einen so großen Argwohn, dass sich <strong>die</strong><br />

Nachkommen und Erben Peter Rickmers’, vor<br />

allem Paul als Vertreter der Witwe Peters, also<br />

seiner Mutter, vermehrt in <strong>die</strong> Arbeit der Rickmers<br />

AG einbrachten und deutlich öfter an Gremiensitzungen<br />

teilnahmen. Andreas Rickmers<br />

hatte das Vertrauen seiner Neffen verloren.’**<br />

1909 gab es ein neues Angebot von Andreas<br />

Rickmers an seine Neffen. Diese sollten <strong>die</strong><br />

Werft übernehmen und damit praktisch einer<br />

vorgezogenen Erbteilung zustimmen.’*®Die Angesprochenen<br />

werteten <strong>die</strong>s jedoch als Versuch<br />

des Onkels, ihre Eamilie einerseits aus der Rickmers<br />

AG zu drängen und andererseits <strong>die</strong> Werftbesitzer<br />

in eine Abhängigkeit von Andreas Rickmers<br />

zu bringen, weil <strong>die</strong> Werft nur mit den Aufträgen<br />

der Reis- und Handels AG lebensfähig<br />

war. Die Haltung von Robert und Paul Rickmers<br />

gegenüber Andreas Rickmers schlug von kritischer<br />

Skepsis in deutliche Opposition um. Sie<br />

wollten sich von ihrem Onkel unabhängig machen.<br />

Robert Rickmers formulierte <strong>die</strong>s so:<br />

„Die ganzen Pläne, <strong>die</strong> er schmiedet, der Mangel<br />

an Offenheit, <strong>die</strong> augenscheinliche Verzerrung<br />

der Verhältnisse, zwingt uns leider<br />

aus einem Selbsterhaltungstrieb, ihn als einen<br />

übelwollenden Eeind ansehen zu müssen, anstatt<br />

ihn als väterlichen Freund zu sehen, dem<br />

wir unser Geschick auch weiterhin in <strong>die</strong> Hände<br />

legen können!“” ®<br />

Vorerst wollten sie ihr Ansinnen gegen den Onkel<br />

aber nicht offenlegen, weshalb sie ihre Korrespondenz<br />

verschlüsselten. Dabei verwendeten sie<br />

viele Begriffe und Analogien aus der Jagd.<br />

(s.TabelleV. 2.4, S. 223)<br />

Anfang November 1909 thematisierte der Weser-Kurier<br />

in einem Zeitungsartikel <strong>die</strong> Situation<br />

der Reis- und Handels AG und den enormen<br />

Rückgang des Kurses, nachdem ein großer Aktionär<br />

versucht habe, seinen Anteil zu veräußern.’”<br />

Daraufhin geriet Andreas Rickmers immer<br />

mehr unter Druck. Nach dem Tod Hermann<br />

Upmanns verlor er seine stärkste Unterstützung<br />

innerhalb der Führung der Reis- und Handels<br />

AG. Die Erben von Upmann und der Hamburger<br />

Paul Munckel trugen den Kurs der unkritischen<br />

Zustimmung zu allen Entscheidungen von Andreas<br />

Rickmers nicht weiter und leiteten ebenfalls<br />

eine Юärung der Zustände ein. Anfang 1910<br />

kam es zu einer Reihe von Aufsichtsratssitzungen,<br />

in denen schwere Vorwürfe gegen Andreas<br />

Rickmers erhoben wurden. Kernpunkte der Vorwürfe<br />

waren, dass<br />

- der Wert der Rickmers-Flotte bei Abschluss<br />

des Reedereivertrags 30-40 Prozent zu hoch<br />

veranschlagt war und<br />

- Markwald & Co. in Bangkok und <strong>die</strong> Stärkefabrik<br />

Union in Hannoversch Münden mit<br />

überhöhten Werten in den Büchern geführt<br />

worden waren sowie dass<br />

- Andreas Rickmers vielfach Unternehmungen<br />

der Reis- und Handels AG einzig zu Gunsten<br />

der Rickmers AG vorgenommen hatte.<br />

Als Reaktion schlug Robert Rickmers seinem<br />

Bruder vor, künftig Juristen in den Aufsichtsrat<br />

der Rickmers AG zu berufen. Erstmals wollten<br />

Beteiligte fachfremdes Expertenwissen in den<br />

Aufsichtsrat holen, was ihnen nach der Gesetzgebung<br />

von 1884 schon immer möglich gewesen<br />

wäre.<br />

Andreas Rickmers bot ein Schweigegeld, wenn<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG nicht weiter gegen<br />

ihn Vorgehen würde und er so ohne Gesichtsverlust<br />

<strong>die</strong> Affäre beenden könnte. Robert und<br />

Paul Rickmers wollten <strong>die</strong> Probleme jedoch innerhalb<br />

der Familie veröffentlichen und erst danach<br />

mit der Reis- und Handels AG eine Lösung<br />

aushandeln. Ihr Ziel war der Erhalt der Rickmers<br />

AG und <strong>die</strong> Verhinderung der Insolvenz für <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG. Damit blieb Andreas<br />

Rickmers zwar zumindest innerhalb der großen<br />

Rickmers-Familie der Gesichtsverlust nicht erspart,<br />

sein Lebenswerk aber sollte gerettet werden.<br />

Die Verhandlungen mit der Reis- und Handels<br />

AG ergaben <strong>die</strong> Auflösung des Reedereivertrags<br />

und den Verzicht der Rickmers AG auf<br />

<strong>die</strong> Erfüllung etlicher finanzieller Verpflichtun-


Tabelle V. 2.4, Die von Paul und Robert Rickmers während der Rickmers-АЖге verwendeten<br />

Decknamen^^'<br />

Klarnarne<br />

Andreas Rickmers<br />

Johannes Behrends<br />

Paul Rickmers<br />

Deckname<br />

Fuchs (Fox)<br />

S chlepper (E arthstopper)<br />

F iam burger M a ster<br />

Familie Peter Rickmers H a m b u rg er Feld (H a m b u rg er B a n d e)<br />

Sophie Rickmers<br />

Helene Rickmers (Frau von Andreas)<br />

Bremer Kontor der Rickmers AG<br />

Privathaus von Andreas Rickmers<br />

Ellen von Meyer (Witwe von Wilhelm Rickmers)<br />

Familie Andreas Rickmers<br />

Revisor der Reis- und Handels AG<br />

Aktionäre der Reis- und Handels AG<br />

Vertragsangebot Andreas Rickmers<br />

Ä lte ste Führerin<br />

Leithündin<br />

F uchsbau<br />

Farm<br />

P olnische Gräfin<br />

M e u te<br />

H u n tsm a n<br />

R a d fa h rer<br />

Losung<br />

gen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Reiskonzern.<br />

Die zwei Aktiengesellschaften blieben<br />

aber weiterhin eng verbunden. Um der Reis- und<br />

Handels AG <strong>die</strong> Insolvenz zu ersparen, gab sie<br />

eine Anleihe in Höhe von 6 Millionen Mark aus.<br />

Die Rickmers AG verpflichtete sich zur Übernahme<br />

des größten Teils. Der Restbetrag wurde<br />

von der Bremer Disconto-Gesellschaft gedeckt.<br />

Deren Direktor, Franz Boner, wurde neuer Aufsichtsratsvorsitzender<br />

des so geretteten Reiskonzerns.<br />

Auch <strong>die</strong> Rickmers AG trennte sich von Andreas<br />

Rickmers. Dort war sein Verhalten aus unparteiischer<br />

Perspektive betrachtet ebenfalls problematisch<br />

gewesen, weil Mitglieder seiner Familie<br />

Immobilien an <strong>die</strong> Rickmers AG verkauft<br />

hatten und zugleich Nutzungsrechte behielten.<br />

Zudem war in Verträgen der Unterhalt und <strong>die</strong><br />

Bezahlung von Hauspersonal durch <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG festgehalten worden. Somit war in der<br />

Realität nicht Privatbesitz in Firmenbesitz übergegangen,<br />

sondern Privatbesitz war durch <strong>die</strong><br />

Firma getragen worden. Nach längeren Verhandlungen<br />

übernahm <strong>die</strong> Familie Peter Rickmers<br />

<strong>die</strong> Rickmers AG komplett von Andreas Rickmers,<br />

dessen Auszahlung vertraglich gesichert<br />

wurde. Sein Vertrauter Johannes Behrends musste,<br />

mit einer Rentenabsicherung versehen, das<br />

223


-i<br />

.■<br />

Geschäft verlassen. Mit Heinrich Nolze, dem<br />

Direktor der Dampfschiffahrts-Gesellschaft<br />

„Neptun“ AG, und dem Juristen Heinrich Wuppesahl<br />

wurden erstmals zwei familienfremde Experten<br />

in den Aufsichtsrat der Rickmers AG berufen.<br />

Die Bilanz der Reis- und Handels AG 1902—<strong>1914</strong><br />

Die wirtschaftliche Bilanz der Reis- und Handels<br />

AG von 1902-<strong>1914</strong> fällt ambivalent aus. Auf<br />

den ersten Blick schrieb der Bremer Reiskonzern<br />

eine Erfolgsgeschichte. Die Märkte veränderten<br />

sich, in Asien wurde <strong>die</strong> Konkurrenz für europäische<br />

Reismüller immer größer, in Europa litt<br />

der Absatz unter dem zunehmenden Wettbewerb<br />

zwischen den nationalen Reisindustrien. Und<br />

dennoch erzielte ein Aktionär je Aktie im Wert<br />

von 1.000 Mark in den 13 Jahren insgesamt 445<br />

Mark an Dividendenzahlungen.<br />

Dem gegenüber steht <strong>die</strong> zweimalige Kapitalherabsetzung<br />

der Gesellschaft, welche <strong>die</strong> in der<br />

Rickmers-Affäre publik gewordenen Vorwürfe<br />

der Bilanzfälschung beziehungsweise der bilanziellen<br />

Überbewertung einzelner Untemehmensteile<br />

bestätigte. Bei der ersten Kapitalherabsetzung<br />

wurde jede dritte Aktie eingezogen.<br />

4.160.000 Mark wurden zwar an <strong>die</strong> Aktionäre<br />

zurückbezahlt, damit blieb aber immer noch ein<br />

Wertverlust von 5.840.000 Mark. Selbst wenn<br />

man <strong>die</strong>sem Verlust <strong>die</strong> <strong>bis</strong> dahin gezahlten 3<br />

Millionen Mark Dividenden entgegensetzt, verlor<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG in vier Jahren fast<br />

3 Millionen Mark oder zehn Prozent an Wert.<br />

Tabelle V. 2.5, Bilanz der Reis- und Handels AG 1902-<strong>1914</strong>’’^<br />

Jahr<br />

Eigenkapital der<br />

Reis- und<br />

Handels AG<br />

Dividende<br />

(Mark je<br />

Aktie)<br />

Ausschüttung<br />

Jahresbilanz<br />

(Geschäftsgewinne/-<br />

verluste abzüglich Zinsen)<br />

Bemerkung<br />

1902 30.000.000 4% (40) 1.200.000 1.338.757<br />

1903 30.000.000 6% (60) 1.800.000 2.073.338<br />

1904 30.000.000 4% (40) 1.200.000 1.272.073<br />

1905 30.000.000 0 0 72.162<br />

1906 20.000.000 8% (80) 1.600.000 1.629.299<br />

Aktienkapitalreduzierung wg.<br />

Verkauf der Beteiligungen in<br />

Aussig/Triest<br />

1907 20.000.000 6% (60) 1.200.000 1.201.310<br />

1908 20.000.000 0 0 -1.608.546<br />

1909 20.000.000 0 0 -3.297.846<br />

Aktienkapitalreduzierung wg.<br />

Mühlenstilllegungen nach der<br />

Übernahme der Reiswerke Paul<br />

Munckel in Hamburg<br />

1910 15.000.000 4% (40) 600.000 660.961<br />

1911 15.000.000 4,5% (45) 675.000 765.140<br />

1912 15.000.000 0 0 -42.453<br />

1913 15.000.000 3% (30) 450.000 493.590<br />

<strong>1914</strong> 15.000.000 5% (50) 750.000 1.792.978<br />

in Mark<br />

224


1909 folgte eine weitere Kapitalreduzierung um<br />

5 Millionen Mark (s. Tabelle V. 2.5, S. 224).<br />

Für <strong>die</strong> Familie Rickmers und für <strong>die</strong> anderen<br />

Reisindustriellen Deutschlands, <strong>die</strong> sich am Bremer<br />

Konzern beteiligten, war <strong>die</strong> Geschichte der<br />

Reis- und Handels AG dennoch durchaus auskömmlich.<br />

Es ist bekannt, dass <strong>die</strong> Familie Heinrich<br />

Kallsens nach dessen Tod verarmte, doch<br />

<strong>bis</strong> dahin verschaffte ihm <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG ein sicheres Einkommen. Alle <strong>bis</strong> 1901<br />

selbstständigen Reismüller waren im Vorstand<br />

oder Aufsichtsrat vertreten und profitierten - neben<br />

ihren Aktionärsdividenden - von den gezahlten<br />

Vergütungen und Tantiemen.<br />

Von einer 1901 eingesetzten Summe von<br />

15.367.000 Mark blieb der Rickmers AG <strong>1914</strong><br />

in Summe des Aktien wertes und der seit 1902<br />

erhaltenen Dividenden ein Wert von 12.506.275<br />

Mark. Auf den ersten Blick wäre <strong>die</strong>s ein Minusgeschäft<br />

von etwa 2,5 Millionen Mark gewesen.<br />

Die Rickmers AG hätte aber ohne <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG vermutlich ihre Werft<br />

schließen müssen. Zusätzlich hatte <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG <strong>bis</strong> zum Ende des Reederei- und<br />

Bauvertrages Verbindlichkeiten aufgebaut, <strong>die</strong><br />

allein 1908 10 Millionen Mark betrugen und mit<br />

jährlich 5 Prozent verzinst wurden. Allein <strong>die</strong>se<br />

Zinsen beliefen sich für <strong>die</strong> Jahre 1908-1910<br />

auf 1,5 Millionen Mark und <strong>die</strong> Werft hätte wei-<br />

Tabelle V. 2.6, Aktienzahl, -werte und Dividenden der Reis- und Handels AG im Besitz der<br />

Rickmers AG 1901-<strong>1914</strong>’’®<br />

Jahr<br />

Stammkapital der<br />

Reis- und Handels AG<br />

Zahl der Aktien der<br />

Rickmers AG<br />

Aktienwert<br />

1901 30.000.000 15.376 15.376.000<br />

Dividende<br />

1902 30.000.000 15.376 15.376.000 614.680<br />

1903 30.000.000 15.376 15.376.000 922.560<br />

1904 30.000.000 15.376 15.376.000 614.680<br />

1905 30.000.000 15.376 15.376.000<br />

1906 20.000.000 10.250 10.250.000 820.000<br />

1907 20.000.000 10.250 10.250.000 615.000<br />

1908 20.000.000 10.250 10.250.000<br />

1909 20.000.000 10.250 10.250.000<br />

1910 15.000.000 7.687 7.687.000 307.480<br />

1911 15.000.000 7.687 7.687.000 345.915<br />

1912 15.000.000 7.687 7.687.000<br />

1913 15.000.000 7.687 7.687.000 230.610<br />

<strong>1914</strong> 15.000.000 7.687 7.687.000 348.350<br />

Summe 7.687 7.687.000 4.819.275<br />

in Mark<br />

225


■<br />

!l I<br />

tere Gewinne verbucht, wenn der Reiskonzern<br />

seine Verbindlichkeiten hätte begleichen können.<br />

Darüber hinaus strichen <strong>die</strong> in der Leitung der<br />

Rickmers AG engagierten Familienmitglieder<br />

noch ihre Tantiemen ein. Ein Kleinaktionär, der<br />

1901 im Besitz von drei Aktien war, hätte von<br />

seinen 3.000 Mark Kapitaleinsatz im Jahr <strong>1914</strong><br />

nach Kapitalreduzierungen und Dividendenausschüttungen<br />

nur noch 1.945 Mark besessen. Für<br />

einen Kleinaktionär war <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG kein wirtschaftliches Erfolgsmodell, für <strong>die</strong><br />

Familie Rickmers und <strong>die</strong> Rickmers AG hingegen<br />

hatte sich <strong>die</strong> Konzemgründung auch wirtschaftlich<br />

gelohnt.<br />

Trotz der Umstände, unter denen Andreas Rickmers<br />

seinen Konzern verlassen musste, war <strong>die</strong><br />

Familie Rickmers nicht nur Antreiber der Reisund<br />

Handels AG, sondern auch der größte Profiteur.<br />

Ohne <strong>die</strong> fragwürdigen Baukontrakte und<br />

den Reedereivertrag hätte <strong>die</strong> Werft kaum überlebt<br />

und auch <strong>die</strong> Existenz der Rickmers AG<br />

wäre trotz des recht ordentlichen Reisgeschäfts<br />

bedroht gewesen. Die globale Bedeutung des<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong>s ging <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

immer weiter zurück. Dies lag vor allem<br />

an den Veränderungen auf dem asiatischen<br />

Markt. Dass der deutsche <strong>Reishandel</strong> dort weiterhin<br />

eine wichtige Stellung einnahm und in<br />

Europa Marktführer der Branche blieb, war nicht<br />

unwesentlich ein Erfolg der Reis- und Handels<br />

AG.<br />

3. Zolldiskussionen<br />

Trotz aller Bestrebungen gelang es der Reis- und<br />

Handels AG nicht, jemals ein wirkliches Monopol<br />

in der reisverarbeitenden Industrie Deutschlands<br />

zu erreichen. 1901 wurden in Konkurrenz<br />

zum Bremer Reiskonzern <strong>die</strong> Hamburg-Indischen<br />

Reiswerke Paul Munckel gegründet, und<br />

als <strong>die</strong>se Ende 1908 mit dem Bremer Konzern<br />

zusammengingen, wurden in Hamburg durch <strong>die</strong><br />

Allgemeine Reisgesellschaft Ltd., und kurz darauf<br />

auch durch <strong>die</strong> Firma A. Lüthke & Co., wiederum<br />

unabhängige Mühlen betrieben. Zwischen<br />

den Mühlen der Reis- und Handels AG und den<br />

von ihr unabhängigen Mühlen gab es einen regen<br />

Wettstreit um <strong>die</strong> bestmögliche Beeinflussung<br />

der Politik hinsichtlich der Zollbehandlung von<br />

Reis. Eine weitere Konfiiktlinie zog sich zwischen<br />

den zollinländischen Mühlen, zu denen<br />

der Bremer Reiskonzern trotz seiner Dependancen<br />

in Hamburg gerechnet werden kann, einerseits<br />

und den im Zollausland liegenden Mühlen<br />

andererseits. Sowohl <strong>die</strong> Bremer Reismüller als<br />

auch ihre Hamburger Kollegen beantragten Veränderungen<br />

des Schälregulativs, über das <strong>die</strong><br />

Höhe der zu verzollenden Anteile des importierten<br />

Reises festgelegt wurde. Dafür schrieben <strong>die</strong><br />

Reismühlen Eingaben an ihre zuständigen Handelskammern,<br />

Senatskommissionen oder auch<br />

direkt an <strong>die</strong> gesetzgebenden Organe nach Berlin.<br />

In ihren Eingaben scheuten <strong>die</strong> Industriellen<br />

nicht davor zurück, <strong>die</strong> Konkurrenz der Vorlage<br />

falscher Zahlen oder der Lüge zu bezichtigen.<br />

Obwohl der Erfolg <strong>die</strong>ser regen Lobbyarbeit<br />

zweifelhaft war, wurden <strong>die</strong> Diskussionen sehr<br />

intensiv und über Jahre hinweg geführt. Nachfolgend<br />

soll <strong>die</strong>ser Schlagabtausch durch <strong>die</strong> Betrachtung<br />

einiger Eingaben nachvollzogen und<br />

erläutert werden.<br />

1906 galt noch das gleiche Zollregulativ, das<br />

1888 mit der Unterscheidung von fünf Bearbeitungsstufen<br />

des mit vier Mark je 100 Kilogramm<br />

verzollten importierten Reises eingeführt worden<br />

war. Die Normalsätze des Schälregulativs konnten<br />

bei dem Nachweis eines größeren Mahl Verlustes,<br />

als er dort vorgesehen war, noch einmal<br />

auf einen Mindestsatz gesenkt werden. Die Reisund<br />

Handels AG beantragt jedoch neue, niedrigere<br />

Ausbeutesätze für das Schälregulativ (s. Tabelle<br />

V. 3.1, S. 227).<br />

Anträge und Eingaben der Reis- und<br />

Handels AG<br />

Die Einfuhr von bereits in Birma geschältem<br />

Reis, den <strong>die</strong> Hamburg-Indischen Reiswerke<br />

weiterverarbeiteten, so eine Eingabe der Reisund<br />

Handels AG aus dem Oktober 1906, sei<br />

schon von nicht näher genannten Sachverständigen<br />

als „Umgestaltung des <strong>Reishandel</strong>s“ be-<br />

226


Tabelle V. 3.1, Positionen des Schälregulativs 1906’’’<br />

Position Bedeutung der Position Normalsatz Mindestsatz<br />

Beantragter<br />

Normalsatz<br />

a. Reis in der Strohhülse 0,66 0,60<br />

b.<br />

c.<br />

d.<br />

G em ische von bioß von der Strohhüise befreitem Reis<br />

und von Reis in d er Strohhüise<br />

A us den G em ischen zu b ausgeschiedener, bioß von<br />

der Strohhülse b efreiter Reis<br />

Ohne Beim ischung von Reis in der Strohhülse<br />

eingehender, bloß von d er Strohhülse befreiter Reis<br />

Reis, der ledigiich m it der letzten fein e n Hüise<br />

versehen und bioß zu m Roheren b e stim m t ist<br />

0,82 1 0 ,77<br />

0,85 1 0,82<br />

0,88 1 0,85<br />

0,96 1<br />

0,94<br />

zeichnet worden. Eine Verbesserung der Lage<br />

der zollinländischen Mühlen könne daher nicht<br />

weiter aufgeschoben werden.” * Mit <strong>die</strong>sen Worten<br />

wurden in dem Antrag eine Reihe von Begründungen<br />

und Schlussfolgemngen eingeleitet,<br />

warum das Schälregulativ verändert werden sollte.<br />

Die Debatten um <strong>die</strong> Zollbehandlung hatte<br />

es schon im 19. Jahrhundert gegeben” ^, nun erreichten<br />

sie aber eine neue Intensität.<br />

Die erste Forderung bezog sich auf Reis der Position<br />

a. Dieser werde nur selten importiert, dann<br />

aber sei <strong>die</strong> Ausbeute aus <strong>die</strong>sem Reis nur bei<br />

60-62 Prozent. Sodann wurde erläutert, warum<br />

Reis der Position e im Zollregulativ nur um zwei<br />

Prozent besser gestellt werden sollte. Dieser Reis<br />

werde nur von den britisch-indischen Verschiffern,<br />

der eigentlichen Konkurrenz der deutschen<br />

Reisindustrie, nach Deutschland eingeführt. Eine<br />

weitere Ermäßigung auf einen Ausbeutesatz von<br />

unter 94 Prozent helfe daher überdurchschnittlich<br />

den nicht-deutschen Importeuren und würde so<br />

mehr Schaden als Nutzen für <strong>die</strong> deutschen Mühlen<br />

bedeuten. Eine Veränderung der Position e<br />

sei gleichzusetzen mit einem Erfolg der Allgemeinen<br />

Reisgesellschaft Ltd., was im Umkehrschluss<br />

der deutschen Reisindustrie ihre Bedeutung<br />

nähme.’*®Dieses Argument erklärt sich daraus,<br />

dass gerade 1906 das Abkommen mit den<br />

englischen Verschiffern, nachdem <strong>die</strong>se keine<br />

Mühle in Deutschland errichten durften, endete<br />

und von ihnen <strong>die</strong> Allgemeine Reisgesellschaft<br />

Ltd. im Hamburger Freihafen gegründet worden<br />

war. Ohne nationales Pathos richtete sich <strong>die</strong>se<br />

Forderung aber auch gegen <strong>die</strong> Hamburg-Indischen<br />

Reiswerke Paul Munckel & Co.<br />

Drittens wurde begründet, warum dem Reis der<br />

Position b ein besonders deutlich gesenkter Ausbeutesatz<br />

zugesprochen werden sollte. Denn „<strong>die</strong><br />

für das Schicksal der zollinländischen Reismühlen<br />

bedeutungsvollste Position ist <strong>die</strong> Position<br />

b, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Verschiffungsware betrifft, wie sie in<br />

den weitaus größten Mengen von Birma für <strong>die</strong><br />

kontinentalen Mühlen verladen und von <strong>die</strong>sen<br />

verarbeitet wird“.’*' Die Position b bezeichnete<br />

also Cargoreis. Weiter wurde behauptet, dass einerseits<br />

<strong>die</strong> Mühlen in Asien den Anteil des geschälten<br />

Reises in den Ladungen für Europa<br />

nicht erhöhen würden, weil sie dann mehr Spelzen<br />

vor Ort entsorgen müssten, und andererseits<br />

<strong>die</strong> Menge der Schälabfälle <strong>die</strong>ser Position ein<br />

in Deutschland wirtschaftlich bedeutender Faktor<br />

sei, weil davon auch <strong>die</strong> Futtermittelindustrie<br />

abhänge.<br />

Anschließend wurde der Nutzen eines veränderten<br />

Schälregulativs allgemein erörtert. Niedrige<br />

Ausbeutesätze verhießen zwar geringere Zolleinnahmen,<br />

<strong>die</strong>se Nachteile würden jedoch durch<br />

ein übergeordnetes Wirtschaftsinteresse aufgewogen:<br />

„Das Opfer ist in der Tat klein gegenüber den<br />

wirtschaftlichen Interessen, <strong>die</strong> im höchsten<br />

Grade gefährdet sind. Besonders erwägens-<br />

227


wert aber erscheint ein Preisgeben nicht bedeutender<br />

Zolleinnahmen im Hinblick darauf,<br />

daß bei der vorgeschlagenen Änderung der<br />

Verzollungsgewichtssätze ein Wiederaufblühen<br />

der krankenden zollinländischen Reisschälindustrie<br />

zu erwarten ist.“’*^<br />

Die Zollkosten wurden ganz allgemein bemängelt.<br />

Neben den zu schlechten Sätzen des Zollregulativs<br />

wurden auch <strong>die</strong> Verfahrens- und Zollerhebungskosten<br />

kritisiert. Die ordentliche Trennung<br />

des Reises verschiedener Positionen, <strong>die</strong><br />

notwendige sorgfältige Bearbeitungsweise, um<br />

<strong>die</strong> Ausbeutesätze zu erfüllen, und <strong>die</strong> benötigte<br />

Buchführung für <strong>die</strong> Zollaufsicht sowie deren<br />

Kosten wurden als Zumutung für <strong>die</strong> Müller dargestellt<br />

und abgelehnt.<br />

„Von <strong>die</strong>sem Gesichtspunkte aus betrachtet,<br />

handelt es sich bei einer Ermäßigung der Ausbeutesätze<br />

nicht um eine Art von Zollerlaß,<br />

sondern um eine Änderung des zollamtlichen<br />

Verfahrens für <strong>die</strong> Reismühlen überhaupt zur<br />

Beseitigung der durch <strong>die</strong>ses herbeigeführten<br />

Schädigungen und Erschwerungen.“’*^<br />

Die Herabsetzung der Ausbeutesätze im Schälregulativ<br />

wurde als allgemeine Entschädigung<br />

für <strong>die</strong> vermeintlich nachteilige Behandlung der<br />

Reisindustrie gefordert. Nachteilig behandelt,<br />

ging es im Forderungskatalog weiter, war <strong>die</strong><br />

deutsche Industrie auch gegenüber den europäischen<br />

Nachbarn. In Österreich und Schweden<br />

seien <strong>die</strong> Zollsätze allgemein niedriger und in<br />

Österreich würde bei der Ausfuhr zuweilen sogar<br />

der gesamte Zoll rückerstattet.<br />

Die vermeintlich besten Argumente für eine zollrechtliche<br />

Besserstellung der zollinländischen<br />

Reismühlen war der Rückgriff der Reis- und<br />

Handels AG auf Aussagen der Handelskammer<br />

in Hamburg aus den Jahren 1892, 1896 und<br />

1901. Diese erkannte in ihren Stellungnahmen<br />

in den 1890er Jahren <strong>die</strong> schwierige Stellung<br />

der deutschen Reismühlen im Zollinland und<br />

-ausland an und lehnte jegliche Schutzmaßnahmen<br />

nur ab, weil sie das „hinsichtlich der Branntwein-<br />

und der Zuckersteuer“ auch getan habe.’*“*<br />

Somit sei nur der grundsätzliche und freihändlerische<br />

Standpunkt der Hamburger Kammer im<br />

Wege gewesen, doch eigentlich unterstütze <strong>die</strong><br />

dortige Handelskammer das Bremer Anliegen.<br />

In der Sache bewerte <strong>die</strong> Hamburger Kammer<br />

das Reisgeschäft ebenso wie <strong>die</strong> Bremer es taten,<br />

nur übergeordnete Prinzipien hätten sie von einem<br />

entsprechenden politischen Engagement abgehalten.<br />

Gezeichnet war der Bremer Antrag und<br />

seine umfassende Begründung durch Heinrich<br />

Kallsen für <strong>die</strong> Reis- und Handels AG, durch<br />

Robert Rickmers für <strong>die</strong> Rickmers-Reismühle<br />

sowie Julius Nielsen für <strong>die</strong> Reismühle Gebrüder<br />

Nielsen. Dabei waren <strong>die</strong> letztgenannten Firmen<br />

Teile der Reis- und Handels AG. Vermutlich sollte<br />

durch mehrere Unterzeichner das Gewicht der<br />

Eingabe erhöht werden.<br />

Der Antrag auf Veränderung des Schälregulativs<br />

zeigte keinen Erfolg. Die Hamburger Konkurrenten<br />

der Reis- und Handels AG hatten sich dagegengestellt.<br />

So entwickelte sich ein langjähriger<br />

Konflikt um <strong>die</strong> Argumentationshoheit in<br />

Zollfragen. Im Mai 1912 griff <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG in einem Schreiben an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Bremen <strong>die</strong> Hamburger Firma Lüthke &<br />

Co. scharf an und verwahrte sich gegen Vorwürfe,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>se gegen den Bremer Konzern Ende<br />

1911 erhoben hatte.’** Dabei entgegneten <strong>die</strong><br />

Bremer den Vorwürfen und Argumenten aus<br />

Hamburg, dass<br />

- das Schälen von Cargoreis eine veraltete Geschäftsmethode<br />

ist: In Holland würde nur eine<br />

von sieben Mühlen vorpolierten Reis verarbeiten,<br />

in Österreich sogar alle Mühlen Rohreis<br />

beziehen und außerdem zeige <strong>die</strong> Einfuhrstatistik<br />

keinen Rückgang an Cargoreis an.<br />

- <strong>die</strong> Herabsetzung der Ausbeute den Müllern<br />

von Cargoreis eine Prämie im Vergleich zur<br />

Bearbeitung von bereits vorgeschältem Reis<br />

bringt: Die Hamburger würden für Holland<br />

einen Schälverlust von 23 Prozent für <strong>die</strong> Position<br />

c anerkennen, dasselbe für deutsche<br />

Mühlen aber nicht machen. Außerdem werde<br />

durch Lüthke & Co. nicht berücksichtigt, dass<br />

<strong>die</strong> zollrechtliche Ausgangslage in Holland<br />

günstiger sei.<br />

- der Aufschwung der Firma Lüthke & Co. der<br />

Beweis für den generellen Aufschwung des<br />

228


Reisgeschäfts ist; Einerseits erwarte das Absatzgebiet<br />

von Lüthke & Co. keine so hohen<br />

Qualitäten wie <strong>die</strong> Käufer des Bremer Reises,<br />

und andererseits beruhten <strong>die</strong> großen Erfolge<br />

der Hamburger Mühle auf geglückten Spekulationen<br />

durch Leerverkäufe 1910. Zudem siebe<br />

Lüthke & Co. nur Reis, statt ihn zu vermahlen.<br />

Daher bräuchten sie weniger Maschinen<br />

und Personal und wären Vertreter einer<br />

weniger Wert schöpfenden, einer deshalb geringerwertigen<br />

Industrie.<br />

- <strong>die</strong> Reis- und Handels AG nur zur Stützung<br />

ihrer Tochtergesellschaft, der Burma Rice &<br />

Trading Co., von <strong>die</strong>ser ihren Cargoreis beziehe,<br />

obwohl <strong>die</strong>se unwirtschaftlich arbeitet<br />

und den Reis zu überhöhten Preisen verkauft:<br />

Nur <strong>die</strong> Hälfte des von der Burma Rice & Trading<br />

Co. 1911 nach Europa verkauften Reises<br />

sei nach Bremen gegangen. Dass <strong>die</strong> anderen<br />

Verkäufe nach Holland, Österreich, Ungarn<br />

und <strong>die</strong> Levante gingen, zeige <strong>die</strong> Leistungsfähigkeit<br />

der asiatischen Tochtergesellschaft<br />

hinreichend.<br />

- <strong>die</strong> Anlagen der Bremer Mühlen veraltet und<br />

deswegen unwirtschaftlich sind: Die Bremer<br />

könnten mit ihren Mühlen sowohl vorgeschälten<br />

als auch rohen Reis bearbeiten, Lüthke &<br />

Co. aber nur vorgeschälten Reis. Damit seien<br />

<strong>die</strong> Hamburger eindeutig schlechter maschinell<br />

eingerichtet.<br />

- <strong>die</strong> Bremer auf Grund einer Überkapitalisierung<br />

Schwierigkeiten haben: Bei der Kapitalreduzierung<br />

seien über 4 Millionen Mark an<br />

<strong>die</strong> Aktionäre zurückgeflossen und außerdem<br />

weitere Gelder in Reserve- und Versicherungsfonds<br />

gezahlt.<br />

- <strong>die</strong> Freihafenmühle der Reis- und Handels AG<br />

gar nicht genutzt wird: ln der Freihafenmühle<br />

der Reis- und Handels AG seien nur qualitativ<br />

schlechtere Endprodukte zu vermahlen, weshalb<br />

sie wenig in Betrieb sei.’**<br />

Die Bremer Reismüller sahen sich durch ihre<br />

Hamburger Konkurrenten verleumdet. Dazu formulierte<br />

<strong>die</strong> Bremer Handelskammer in Abwägung<br />

der Bremer und der Hamburger Argumente:<br />

„[Es] scheint uns hervorzugehen, daß von der<br />

Gegenseite [Lüthke & Co.] in erheblichem<br />

Umfang mit unrichtigen Zahlenangaben operiert<br />

worden, und daß <strong>die</strong> Behauptung, <strong>die</strong><br />

Verarbeitung des sog. Cargoreises sei eine<br />

unmoderne Geschäftsmethode geworden, unzutreffend<br />

ist. [...] Der erhebliche Vorteil der<br />

,e‘ Reisverarbeiter liegt demnach in der Ausnutzung<br />

der billigen Auslandsprodukte gegen<br />

<strong>die</strong> heimische Industrie; er wird aber dadurch,<br />

daß Cargoreisbezieher gleichfalls als Käufer<br />

für den vorgeschälten Reis im Rangoonmarkte<br />

auftreten, ausgeglichen. Daraus ergibt sich<br />

bereits, daß <strong>die</strong> Verarbeitung des Reises der<br />

Pos. e <strong>die</strong> Cargoreismüllerei zwar beschränken,<br />

aber nicht verdrängen kann.“’*’<br />

Durch das Hamburger Geschäftsmodell, <strong>die</strong> Verarbeitung<br />

von bereits in Asien geschältem Reis,<br />

sahen <strong>die</strong> Bremer Müller ihre Existenzgrundlage<br />

bedroht’** und versuchten ihre Position durchzusetzen,<br />

indem sie ein nationales Interesse an<br />

einer prosperierenden deutschen Reisindustrie<br />

zeichneten. Mit Bezichtigungen der Angabe falscher<br />

Zahlen, falscher Interpretationen und vermeintlich<br />

gelogener Argumente sparten weder<br />

<strong>die</strong> Bremer Reisindustriellen noch ihre Opponenten<br />

an der Elbe.<br />

Anträge und Eingaben der hamburgischen<br />

Mühlen<br />

Die Handelskammer Hamburg gab der dortigen<br />

„Deputation für Handel und Schiffahrt“ nach<br />

Rücksprache mit den ansässigen Reismüllern im<br />

März 1907 eine Stellungnahme zum Antrag der<br />

Bremer Mühlen ab. Darin griff sie etliche Aussagen<br />

der Bremer Eingabe scharf an und machte<br />

deutlich, wo <strong>die</strong> Konfliktlinien der Reis- und<br />

Handels AG mit den Hamburger Freihafenmühlen<br />

lagen. Zuallererst wurde verworfen, dass <strong>die</strong><br />

zollausländischen Reismühlen einen Wettbewerbsvorteil<br />

gegenüber den Mühlen im Zollinland<br />

haben. Auch im Freihafengebiet, so <strong>die</strong> Argumentation,<br />

gab es eine große Zahl an Kostennachteilen<br />

für <strong>die</strong> Reisindustrie. Die Grundstücke<br />

konnten nur gepachtet werden und <strong>die</strong> Mühlen<br />

229


waren zur Begleichung der Pacht daher in jedem<br />

Jahr gezwungen, ausreichenden Überschuss zu<br />

erzielen. Darüber hinaus sei der Pachtzins durch<br />

<strong>die</strong> begrenzte Zahl an Grundstücken im Freihafengehiet<br />

deutlich höher, als es ein Kreditzins<br />

für den Kauf eines Firmengrundes außerhalb des<br />

Freihafens gewesen wäre. Zudem gäbe es noch<br />

eine besondere Belastung durch <strong>die</strong> Deklarationsabgabe<br />

bei der Ein- und Ausfuhr in das Freihafengebiet.<br />

Es folgte ein direkter Angriff auf<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG: Der geschäftliche<br />

Abschwung des Bremer Konzerns könne nicht<br />

an der Lage im Zollinland liegen. Schließlich<br />

besaßen <strong>die</strong> Bremer mit der Reismühle Reiherstieg<br />

auch eine Mühle im Hamburger Freihafen,<br />

doch <strong>die</strong>se nahm „keineswegs eine andere Entwicklung“<br />

als <strong>die</strong> zollinländischen Mühlen der<br />

Reis- und Handels AG. Darüber hinaus werde<br />

<strong>die</strong> Freihafenmühle des Konzerns kaum genutzt,<br />

was wohl anders wäre, wenn es im Freihafengebiet<br />

wirklich einen großen Geschäftsvorteil<br />

gäbe.’'*®<br />

Anschließend verwahrten sich <strong>die</strong> Verfasser der<br />

Eingabe dagegen, dass der Import von vorpoliertem<br />

Reis den Niedergang und Qualitätsverlust<br />

der deutschen Reisindustrie bedeute. Die englische<br />

Industrie, besonders in Liverpool, sei niedergegangen,<br />

weil <strong>die</strong> Technik dort veraltet war.<br />

Zudem sei <strong>die</strong> Abhängigkeit von den sieben großen<br />

Verladern in Birma zu groß gewesen und<br />

<strong>die</strong> englische Industrie zuletzt auch einfach in<br />

<strong>die</strong> Erzeugerländer, besonders also nach Birma,<br />

verlagert worden. Außerdem lasse sich, im Widerspruch<br />

zu der Behauptung der Bremer Mühlen,<br />

aus in Asien vorpoliertem Reis in Deutschland<br />

noch ein Verkaufsprodukt bester Qualität<br />

hersteilen.<br />

In den nächsten Punkten der Schrift wurden <strong>die</strong><br />

vorgestellten Strukturen und Schwierigkeiten der<br />

Reis- und Handels AG angegriffen und es kam<br />

zu einer vernichtenden Bewertung der Geschäftspolitik<br />

des Bremer Konzerns. Die fehlende positive<br />

Geschäftsentwicklung, hieß es, lag an der<br />

Überbewertung der Betriebe und an veralteten<br />

Anlagen. Des Weiteren mache <strong>die</strong> Eirma trotz<br />

ihrer Beschwerden durchaus gute Geschäfte,<br />

zahle aber einfach zu hohe Vorstandsgehälter<br />

von jährlich 300.000 Mark, <strong>die</strong> vor Dividenden<br />

und Tantiemen abgingen und somit das Ergebnis<br />

kleiner aussehen ließen. Die beklagte Einfuhr<br />

aus Österreich sei im Übrigen zurückgegangen,<br />

seitdem <strong>die</strong> Reis- und Handels AG ihre Mühle<br />

in Aussig 1905 veräußerte. Also habe letztgenannte<br />

Mühle fatalerweise zur beklagten Belieferung<br />

des deutschen Marktes aus Österreich<br />

beigetragen, und nicht nur <strong>die</strong> dort bessere zollrechtliche<br />

Behandlung der Reisindustrie den<br />

deutschen Müllern das Leben schwer gemacht.<br />

Insgesamt, so das Fazit der Hamburger Handelskammer,<br />

prosperiere <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

durch <strong>die</strong> Freihafenmühlen und deren Schutz läge<br />

somit im nationalen Interesse.<br />

„Angesichts <strong>die</strong>ser Entwicklung erscheint es<br />

zurzeit dringend geboten, von allen Maßnahmen<br />

abzusehen, welche eine Schwächung <strong>die</strong>ser<br />

aufstrebenden Kräfte in dem Wettbewerb<br />

auf dem ausländischen Markte herbeiführen<br />

könnten, da <strong>die</strong> Industrie des Auslandes sofort<br />

derartige Störungen benutzen würde, um <strong>die</strong><br />

von Deutschland kommende Ware wieder von<br />

dem ausländischen Markte zu verdrängen,<br />

und <strong>die</strong> Entwicklung der hiesigen Reismühlenindustrie<br />

für <strong>die</strong> deutsche Schiffahrt einen<br />

nicht unerheblichen Gewinn bedeutet, auch<br />

soweit sich hinfort ausländisches Kapital an<br />

der Reismühlenindustrie beteiligt.“’®^<br />

Die Klagen der Bremer Reismüller gegen <strong>die</strong><br />

im Ereihafen ansässigen Mühle der Hamburg-<br />

Indischen Reiswerke Paul Munckel sowie der<br />

Allgemeinen Reisgesellschaft Ltd. wiesen <strong>die</strong><br />

Hamburger Wirtschafts vertreter folgendermaßen<br />

zurück: Bis zum Frühjahr 1906 gab es ein Abkommen<br />

der europäischen Reismüller mit den<br />

sieben großen Verschiffern in Birma. Alle kontinentalen<br />

Reiskäufer bezogen ihre Ware bei dem<br />

Kartell der Verlader und dafür lieferten <strong>die</strong>se<br />

keinen polierten Reis nach Europa. Die Hamburg-Indischen<br />

Reiswerke standen außerhalb <strong>die</strong>ser<br />

Vereinbarung, denn sie durften laut Vertrag<br />

nicht von den großen Verschiffern in Birma mit<br />

poliertem Reis beliefert werden und bezogen ihn<br />

tatsächlich auch selbstständig auf dem asiati-<br />

230


sehen Markt. Die Reis- und Handels AG ersetzte<br />

1906 das bestehende Abkommen insofern, dass<br />

sie nun aus den eigenen in Birma errichteten<br />

und gepachteten Mühlen Reis bezog und nur<br />

noch <strong>die</strong> darüber hinausgehenden benötigten<br />

Quantitäten von dem Kartell der Verschiffer bezog.<br />

Im Gegenzug erhielt das Kartell das Recht,<br />

eine Mühle in Deutschland zu errichten. Der<br />

Bremer Konzern, so <strong>die</strong> Schlussfolgerung, habe<br />

sich <strong>die</strong> Konkurrenz der Allgemeinen Reisgesellschaft<br />

Ltd. also selber geschaffen.<br />

Um den Wettbewerb der Mühlen im Zollinland<br />

und -ausland nicht noch weiter zu verschärfen,<br />

wurde in der Eingabe dafür plä<strong>die</strong>rt, den Bremer<br />

Anträgen nicht stattzugeben. Denn bei einer Änderung<br />

des Zollregulativs müssten <strong>die</strong> Hamburger<br />

Mühlen auch Niederlassungen außerhalb des<br />

Zollfreigebiets errichten, um von den Vorteilen<br />

des Schälregulativs zu profitieren. Das aber würde<br />

<strong>die</strong> Konkurrenzsituation zuspitzen und <strong>die</strong><br />

Gesamtlage der deutschen Reisindustrie kaum<br />

verbessern.D ie Handelskammer Hamburg bat<br />

daher, „dem Antrag auf Herabsetzung der Ausbeutesätze,<br />

gegen welchen <strong>die</strong> Handelskammer<br />

auch früher aus allgemeinen Gründen stets Einspruch<br />

erhoben hat, nicht stattzugeben“.’®“<br />

Die Diskussion um <strong>die</strong> Veränderung der Ausbeutesätze<br />

des Schälregulativs setzte sich noch<br />

über Jahre fort. 1911/12 führten <strong>die</strong> 1909 im<br />

Hamburger Zollinland errichtete Eirma A. Lüthke<br />

& Co. und <strong>die</strong> Reis- und Handels AG einen<br />

Streit und überzogen sich in Denkschriften mit<br />

Vorwürfen. Interessanterweise wurde dabei nun<br />

nicht mehr <strong>die</strong> unterschiedliche Zollbehandlung<br />

angeführt, da beide Mühlen der gleichen Zollbehandlung<br />

unterlagen. Der Gegensatz zeichnete<br />

sich zwischen dem Bremer Marktführer und der<br />

kleineren, freien und auch erfolgreichen Konkurrenz<br />

ab. Bei der Ablehnung des Antrages der<br />

Reis- und Handels AG erhoben Lüthke & Co.<br />

eine ganze Reihe von Vorwürfen.’®’ Diese lauteten<br />

unter anderem, dass<br />

- das Schälen von Cargoreis ein veraltetes Geschäftsmodell<br />

sei,<br />

- <strong>die</strong> Herabsetzung der Ausbeute den Müllern<br />

von Cargoreis eine Prämie im Vergleich zur<br />

Bearbeitung von bereits vorgeschältem Reis<br />

bringe,<br />

- der Aufschwung der Firma Lüthke & Co. der<br />

Beweis für den generellen Aufschwung des<br />

Reisgeschäfts sei und<br />

- <strong>die</strong> Reis- und Handels AG nur zur Stützung<br />

ihrer Tochtergesellschaft, der Burma Rice &<br />

Trading Co., von <strong>die</strong>ser ihren Cargoreis beziehe,<br />

obwohl <strong>die</strong>se unwirtschaftlich arbeite<br />

und den Reis zu überhöhten Preisen verkaufe,<br />

- <strong>die</strong> Anlagen der Bremer Mühlen veraltet und<br />

deswegen unwirtschaftlich seien,<br />

- <strong>die</strong> Bremer auf Grund einer Überkapitalisierung<br />

Schwierigkeiten hätten,<br />

- <strong>die</strong> Freihafenmühle der Reis- und Handels AG<br />

gar nicht genutzt würde.’®*<br />

Auch nach fünf Jahren Diskussion waren <strong>die</strong><br />

Konflikte nicht kleiner geworden und <strong>die</strong> Angaben<br />

der deutschen Reismüller über <strong>die</strong> grundsätzlichen<br />

Schwierigkeiten des Geschäfts so gegensätzlich,<br />

dass sie der Politik kaum als sachliche<br />

Informationsgrundlagen <strong>die</strong>nen konnten.<br />

Zudem blieb <strong>die</strong> Frage unbeantwortet, ob es eine<br />

Aufgabe der Politik war, <strong>die</strong> Reisindustrie im<br />

internationalen Wettbewerb durch eine Änderung<br />

des Schälregulativs zu unterstützen und ob eine<br />

Reduzierung der Ausbeutesätze wirklich den erhofften<br />

Vorteil für <strong>die</strong> gesamte deutsche Reisindustrie<br />

gebracht hätte.<br />

Politische Positionen im Konflikt über<br />

Veränderungen am Zollregulativ für<br />

Reismühlen und der Zollbehandlung von<br />

Reis in Deutschland<br />

Zuweilen sollte <strong>die</strong> deutsche Politik im Interesse<br />

der Reishändler und -müller nicht nur in<br />

Deutschland, sondern auch in den Absatzländern<br />

politische Entscheidungen revi<strong>die</strong>ren. 1904<br />

schlug, auf amerikanischen Druck hin, eine<br />

Kommission des Kongresses in Kuba eine Erhöhung<br />

des Reiszolls von 1,20 Dollar auf 2,25<br />

Dollar Goldstandard vor. Mehrere Bremer Firmen,<br />

H. Schütte, Gieseken & Co., W. B. Michaelsen<br />

& Co., Kniest & Tiedemann, H. H. Meier<br />

& Co., der NDL und <strong>die</strong> Reis- und Handels AG,<br />

231


aten daher <strong>die</strong> Bremer Senatskommission, beim<br />

Auswärtigen Amt vorstellig zu werden. Die<br />

Reichsregierung sollte auf eine Beibehaltung des<br />

momentanen Reiszolls hinwirken. Die Bremer<br />

befürchteten, dass bei einer Zollerhöhung der<br />

deutsche Export dorthin völlig zum Erliegen<br />

kommen würde. Die Exporte von Bremen nach<br />

Kuba und Puerto Rico hatten 1902 fast 19.000<br />

Tonnen, 1903 über 10.000 Tonnen und 1904 immerhin<br />

noch 6.600 Tonnen betragen. Die Vereinigten<br />

Staaten genossen in Kuba bereits bei der<br />

Einfuhr von Reis eine Zollbegünstigung von 40<br />

Prozent gegenüber allen anderen Nationen. Dies<br />

allein führte dazu, dass der europäische Import<br />

zurückgedrängt wurde. Bei einer Zollerhöhung<br />

wurde eine Verstärkung <strong>die</strong>ser Tendenz befürchtet.<br />

„Durch den Ausfall des Exports von Reis<br />

würden <strong>die</strong> hiesigen Verschiffer, Reismühlen und<br />

Rheder hart betroffen werden, deren Geschäfte<br />

nach Cuba durch eine solche Massregel fast vollständig<br />

gelähmt würden.Am 24. August 1905<br />

konnte <strong>die</strong> Reis- und Handels AG schließlich erfreut<br />

an <strong>die</strong> Handelskammer melden, dass ihr<br />

per Depesche eine Ablehnung der kubanischen<br />

Zollpläne berichtet wurde. Der Kongress hatte<br />

den Plänen zur Zollerhöhung zwar zugestimmt,<br />

der Senat Kubas jedoch abgelehnt. Als politischer<br />

Erfolg deutscher Außenwirtschaftspolitik<br />

darf <strong>die</strong>s jedoch nicht gewertet werden. Denn<br />

<strong>die</strong> amerikanische Reisindustrie hätte <strong>die</strong> kubanische<br />

Nachfrage vermutlich nicht vollständig<br />

be<strong>die</strong>nen können und eine Zollerhöhung hätte<br />

somit höhere Lebensmittelpreise in Kuba verursacht,<br />

was nicht gewollt wurde.’®*<br />

Deutlich mehr Dynamik zeigten <strong>die</strong> innerdeutschen<br />

Debatten um <strong>die</strong> Lage der deutschen Reisindustrie.<br />

Politikern und politischen Gremien<br />

fiel es schwer, sich ein Bild von der tatsächlichen<br />

Lage der Reisindustrie zu verschaffen. Zu unterschiedlich<br />

waren <strong>die</strong> Forderungen der Reismüller<br />

aus Bremen und aus Hamburg. Bereits<br />

1901 meldete der Hamburger Senat nach Berlin,<br />

dass der Schälverlust für <strong>die</strong> Position b <strong>die</strong> festgesetzten<br />

18 Prozent Mahlverlust bei der Verarbeitung<br />

gar nicht erreichte. In drei Hamburger<br />

Mühlen wurden nur 17,78 Prozent, 16,22 Prozent<br />

und 15,81 Prozent Verlust festgestellt. Allein <strong>die</strong><br />

Norddeutsche Reismühle m.b.H. konnte so über<br />

5.500 Tonnen unverzollten Reis verkaufen. Ei- ^<br />

nen wirklichen Wissensstand gab es deswegen<br />

aber noch lange nicht. Als 1906 der Antrag der<br />

Bremer Mühlen auf neue Ausbeutesätze in Berlin<br />

eintraf, galt es erst einmal zu klären, was unter<br />

poliertem Reis denn überhaupt zu verstehen war.<br />

Dazu hieß es im amtlichen Warenverzeichnis .<br />

1906, das am 1. März desselben Jahres in Kraft ^<br />

trat:<br />

„Der Begriff unpolierter Reis umfaßt den ^<br />

noch in der Strohhülse befindlichen Reis, fer- j<br />

ner den lediglich von der Strohhülse befreiten —<br />

Reis, sowie Gemische aus unenthülstem und<br />

bloß enthülsten Reis, als polierter Reis gilt<br />

dagegen jeder Reis, welcher nach der Enthülsung<br />

durch weitere Bearbeitung ganz oder<br />

teilweise von der inneren Haut (der sogenannten<br />

Silberhaut) befreit worden ist.“*® :<br />

Nach <strong>die</strong>ser Klärung standen <strong>die</strong> Verantwort- -<br />

liehen, also <strong>die</strong> Senatskommissionen der Han- ;<br />

sestädte, das Innenministerium unter dem j<br />

Reichskanzler und <strong>die</strong> beteiligten Ausschüsse ¿<br />

des Bundesrats in Berlin noch immer vor der<br />

Herausforderung, dass sie reine Behauptungen ><br />

und Fakten in den Anträgen und Gegenanträgen ^<br />

der Reismüller unterscheiden mussten. Zur Klärung<br />

einzelner Aussagen ließen sie sich daher<br />

beraten. Die Hamburger Senatskommission für<br />

Zollwesen fragte bezüglich der finanziellen Be- ,<br />

lastung der zollinländischen Mühlen im Gene- —<br />

ralzolldirektorat nach und erhielt folgende Be- “<br />

Wertung:<br />

„Im Übrigen erweckt <strong>die</strong> Prüfung der Eingabe<br />

den Eindruck, als ob hauptsächlich <strong>die</strong> ursprüngliche<br />

Investition und <strong>die</strong> geschäftliche ;<br />

Leitung dazu beigetragen haben, einen Teil ■<br />

der am Reisgeschäft beteiligten Firmen dadurch<br />

in eine schwierige Lage zu bringen,<br />

dass es ihnen nicht gelungen ist, ihre Organisation<br />

den geltenden Verhältnissen und Vor-<br />

j<br />

seits das Hamburger Geschäft offenbar ver- 4<br />

Schriften anzupassen. Wenigstens darf <strong>die</strong>s ’<br />

daraus geschlossen werden, dass es anderer- 1<br />

standen hat, der ausländischen Konkurrenz<br />

j<br />

232


im Freihafen selbst <strong>die</strong> Spitze zu bieten. Unter<br />

<strong>die</strong>sen Umständen ist vom Standpunkt der<br />

Zollverwaltung gar kein Anlass geboten, zu<br />

Gunsten eines Teils durch Änderung der Zollvorschriften<br />

einzugreifen, besonders deshalb<br />

nicht, weil, wie in der Eingabe selbst anerkannt<br />

wird, <strong>die</strong>se gewissermassen nur durch<br />

eine Prämie aus allgemeinem Reichsfond<br />

möglich wäre, während nicht einmal feststeht,<br />

dass dadurch im allseitigen Interesse wenigstens<br />

<strong>die</strong> ausländische Konkurrenz zurückgedrängt<br />

würde.<br />

Dieses externe Urteil nahm dem Argument der<br />

Reis- und Handels AG, auf Grund der hohen<br />

Kosten im Zollverfahren wirtschaftlich benachteiligt<br />

zu sein, jede Grundlage. Vielmehr wurde<br />

eine schlechte Organisation der internen Betriebsabläufe<br />

dafür verantwortlich gemacht, dass<br />

<strong>die</strong> Mühlen sich mit der Verarbeitung unter Zollaufsicht<br />

schwertaten. Darüber hinaus wird <strong>die</strong><br />

gesamte Argumentation, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Sicherung<br />

der Stellung im internationalen Wettbewerb abzielte,<br />

ausgehebelt. Die Generalzolldirektion sah<br />

keinen direkten Zusammenhang zwischen dem<br />

aufwändigen deutschen Zollverfahren und der<br />

Stellung der Reisindustrie im internationalen<br />

Wettbewerb.<br />

Etwa fünf Jahre nach dem Bremer Antrag auf<br />

eine Veränderung der Ausbeutesätze, Ende Oktober<br />

1911, sah sich der Reichskanzler so gut<br />

informiert, dass er den Bundesratsausschüssen<br />

für Zoll- und Steuerwesen sowie für Handel und<br />

Verkehr <strong>die</strong> Annahme eines Kompromissvorschlags<br />

antrug. Die Position b sollte auf 74 Prozent,<br />

<strong>die</strong> Position c auf 80 Prozent gesenkt werden.<br />

Zugleich sollte ein Spelzenmahlverbot in<br />

Kraft treten, damit durch <strong>die</strong> große Menge an<br />

Schälabfall und deren Verarbeitung kein Futtermittel<br />

schlechterer Qualität auf den Markt komme.<br />

Der Beschlussvorschlag des Reichskanzlers<br />

formulierte einen erwarteten Verlust von 600.000<br />

Mark an Zolleinnahmen zu Gunsten der Reisund<br />

Handels AG.*“ Diese Beschlussvorlage<br />

brachte umgehend Kritik hervor, und <strong>die</strong> Hamburger<br />

Handelskammer forderte noch im November<br />

den Senat auf, den Bundesratsbeschluss<br />

aufzuschieben. Dabei rechnete <strong>die</strong> Kammer vor,<br />

dass sich dem Bremer Konzern für 1911 ein Vorteil<br />

von 364.800 Mark ergeben hätte und je Doppelzentner<br />

der von den Bremern oft verarbeiteten<br />

Position b ein Preisvorteil von 32 Pfennigen ergebe.*“<br />

Damit war eine Entscheidung wiederum aufgeschoben.<br />

Im März 1913 setzte das Reichsschatzamt<br />

fest, dass zur Юärung der widersprüchlichen<br />

Auffassungen in Bremen und Hamburg „eine<br />

amtlich geleitete Anhörung“ stattfmden sollte.<br />

Diese Anhörung sollte <strong>die</strong> im Raum stehenden<br />

Vorwürfe und Argumente erhellen und als Entscheidungsgrundlage<br />

<strong>die</strong>nen.*“ An <strong>die</strong>ser Stelle<br />

enden <strong>die</strong> Akten über <strong>die</strong> Gegensätze der deutschen<br />

Reismüller. Zu einer Entscheidung ist es<br />

vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs nicht<br />

mehr gekommen. Es blieb nur noch ein Jahr, <strong>bis</strong><br />

<strong>die</strong> Reisimporte aus Asien kriegsbedingt abbrachen.<br />

Keine politische Entscheidung und Veränderung<br />

des Zollregulativs hätte in <strong>die</strong>ser kurzen<br />

Zeit von nur einer Reissaison den Wettbewerb<br />

zwischen den beiden großen Standorten<br />

der deutschen Reisindustrie sowie <strong>die</strong> Konkurrenz<br />

der deutschen Reisindustrie mit den europäischen<br />

Wettbewerbern nachhaltig verändert.<br />

4. Reisanbau als deutsche Kolonialaufgabe<br />

Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert<br />

gab es einen Zusammenhang zwischen dem<br />

staatlichen Imperialismus und der globalen Reiswirtschaft.<br />

In fast allen deutschen Kolonialgebieten<br />

gab es staatliche oder private Versuche,<br />

Reis anzubauen. Die ältesten Anbauversuche in<br />

der Kolonie Togo sind im Zusammenhang mit<br />

der Nordwestdeutschen Gewerbeschau in Bremen<br />

1890 bereits angesprochen worden. Ein Büschel<br />

Reis von dort gelangte nach Bremen und<br />

sollte durch Andreas Rickmers hinsichtlich der<br />

Qualität bewertet werden. Dieser kam jedoch zu<br />

keinem Ergebnis, da <strong>die</strong> Reisprobe zu klein war,<br />

um ein valides Urteil abgeben zu können. Über<br />

staatlich veranlasste oder beaufsichtigte Reisanpflanzungen<br />

in Togo gibt es keine Erkenntnisse.<br />

Dennoch muss es dort Reisbau für den Eigen-<br />

233


1<br />

verzehr durch <strong>die</strong> indigene Bevölkerung gegeben<br />

haben. Denn im Januar 1890 berichtete der Afrikakaufmann<br />

Friedrich Karl Victor in einem Brief<br />

davon, dass Reis „an der Küste des Togo-Gebiets<br />

von den Eingeborenen gepflanzt und geerntet<br />

wird“. Darüber hinaus wachse der Reis dort sogar<br />

ohne künstliche Bewässerung.**“<br />

In Kamerun gab es mehrere Anläufe, eine Reiswirtschaft<br />

zu begründen. 1891 war eine landwirtschaftliche<br />

Versuchsanstalt gegründet worden,<br />

<strong>die</strong> sich auch mit Reispflanzungen befasste.<br />

1903 erbat das Kaiserliche Gouvernement für<br />

Kamerun von der Kolonialabteilung des Auswärtigen<br />

Amts Reis für Versuchszwecke. In Berlin<br />

wurde der botanische Garten für <strong>die</strong> landwirtschaftliche<br />

Expertise miteinbezogen. Dieser<br />

sorgte dafür, dass Reis aus Java Anfang 1904<br />

nach Kamerun geschickt wurde. Schließlich<br />

brachte der für <strong>die</strong> afrikanische Versuchsanstalt<br />

neu eingestellte Botaniker Hubert Winkler drei<br />

Kisten Saatreis mit nach Kamerun, <strong>die</strong> im April<br />

ausgesät werden sollten. Doch den Versuchen,<br />

Reis anzubauen, war vorerst kein Erfolg beschieden.<br />

1909 wurde ein neuer Anlauf unternommen,<br />

Reis als Nutzpflanze in Kamerun einzuführen.<br />

Nach einer erneuten Anforderung von Saatreis<br />

aus Singapur oder Rangun, <strong>die</strong>smal ging es um<br />

100 Kilogramm, wurden 1910 Reisfelder durch<br />

<strong>die</strong> Versuchsanstalt für Landkultur in Victoria,<br />

dem heutigen Limbe, angelegt.*“<br />

Im Mai 1913 meldete das Kaiserliche Gouvernement<br />

für Kamerun an das Reichskolonialamt,<br />

dass <strong>die</strong> Bemühungen, Reis anzubauen, endgültig<br />

gescheitert waren: Versuche, im Inneren der<br />

Kolonie Trockenreis anzubauen, um beim<br />

Marsch durch unbewohnte Strecken „eine haltbare<br />

und ausreichende Verpflegung zu haben<br />

[...] sind als gescheitert zu betrachten“. Des Weiteren<br />

wurde in <strong>die</strong>sem Brief eine Reihe von<br />

Gründen genannt, warum Reis nicht wirtschaftlich<br />

lohnend in Kamerun angebaut werden konnte.<br />

Es fehlte an handbetriebenen Reisschälmühlen<br />

und eine Industriemühle rentierte sich nicht,<br />

weil <strong>die</strong> Anbauflächen nicht groß genug waren.<br />

Darüber hinaus war <strong>die</strong> Notwendigkeit des Reisanbaus<br />

nicht mehr gegeben, weil <strong>die</strong> Stationsbesatzungen<br />

durch <strong>die</strong> einheimische Bevölkerung<br />

versorgt wurden. Außerdem war der arbeitsintensive<br />

Anbau von Wasserreis nicht möglich,<br />

weil dafür <strong>die</strong> Bevölkerungszahl zu niedrig<br />

war. Ausdrücklich dafür müssten Arbeiter aus<br />

In<strong>die</strong>n oder Asien nach Afrika gebracht werden,<br />

was eine Reihe von Problemen mit sich geführt<br />

hätte. Außerdem wären <strong>die</strong> Kosten für Bewässerungsanlagen<br />

sehr hoch gewesen. Zudem betrachtete<br />

<strong>die</strong> indigene Bevölkerung <strong>die</strong> Arbeit in<br />

Reisfeldern als Zwangsarbeit und müsste ständig<br />

überwacht werden. Daher sollte zukünftig nur<br />

der Anbau von Tabak, Kakao und Ölpalmen vorangetrieben,<br />

der Reisanbau jedoch eingestellt<br />

werden.*®’'<br />

Der Deutsche Reichsanzeiger vom 16. Januar<br />

<strong>1914</strong> meldete, dass in Hamburg <strong>die</strong> Ulanga Reis-<br />

& Handels-Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

gegründet worden war. Der Ulanga war ein<br />

Fluss im Hinterland von Deutsch-Ostafrika und<br />

bezeichnete dort später auch einen Verwaltungsbezirk.<br />

Der Gesellschaftsvertrag vom 3. Januar<br />

sah ein Stammkapital von 120.000 Mark vor.<br />

Gesellschafter waren der Hamburger Kaufmann<br />

Alfred Christian Stärken und der Hauptmann<br />

a.D. Karl Ludwig Klinghardt.*®* Alfred Stärken<br />

hat vermutlich zu der Hamburger Firma und<br />

Traun, Stärken & Co. gehört, <strong>die</strong> in Deutsch-<br />

Ostafrika nach der Jahrhundertwende eine Kautschukplantage<br />

betrieb. Karl Klinghardt war ehemaliger<br />

Kolonialsoldat in Deutsch-Ostafrika, der<br />

wohl einschlägige Landeskenntnisse hatte. Die<br />

Pläne der neuen Gesellschaft gingen indessen<br />

nicht auf. Auf Grund des Ersten Weltkriegs konnte<br />

keine Probe mehr unternommen werden, ob<br />

sich in Deutsch-Ostafrika erfolgreich Reis handeln<br />

und vermahlen ließ.<br />

Der Industrie in Deutschland blieb es nicht verborgen,<br />

dass immer wieder Überlegungen und<br />

Versuche angestellt wurden, in deutschen Kolonien<br />

Reisindustrien anzusiedeln. So erreichte<br />

1913 ein Brief der Eisenwerk (vorm. Nagel &<br />

Kaemp) AG <strong>die</strong> Handelskammer Bremen, in<br />

dem <strong>die</strong> Hamburger Maschinenfabrik ihre Reismühlen<br />

für den Einsatz in den deutschen Kolonien<br />

anpries:


„In der Annahme, dass Sie fuer <strong>die</strong> weitere<br />

Ausdehnung des Reisbaues in den deutschen<br />

Kolonien ein Interesse haben, erlauben wir<br />

uns, Ihnen beifolgend unseren neuesten Katalog<br />

ueber Maschinen fuer <strong>die</strong> Schaelindustrie<br />

zur gefaelligen Be<strong>die</strong>nung ergebenst zu<br />

ueberreichen und bemerken dazu, dass wir<br />

<strong>die</strong> älteste [!] Spezialfabrik fuer Reismühlen<br />

[!] sind. Unsere vielfach patentierten Spezialmaschinen<br />

und vollstaendigen Anlagen haben<br />

ueber <strong>die</strong> ganze Erde Verbreitung gefunden<br />

und sich durchaus bewaehrt.“*“®<br />

Um Auskunft gebeten, attestierte <strong>die</strong> Reis- und<br />

Handels AG der Maschinenfabrik einen tadellosen<br />

Ruf: „Zu der Firma Eisenwerk (vorm. Nagel<br />

& Kamp) A.G. möchten wir bemerken, dass <strong>die</strong>selbe<br />

unsere Hauptmühle in Birma zu unserer<br />

vollen Zufriedenheit gebaut hat und dass deren<br />

Maschinen den Reismühlen in Birma wohl bekannt<br />

sind.“*“' Das Werben des Hamburger Unternehmens<br />

führte gleichwohl nicht zu einer weiteren<br />

positiven Entwicklung der Geschichte des<br />

<strong>Reishandel</strong>s in den Kolonien.<br />

In Deutsch-Neuguinea wurde ebenso wie in der<br />

Kolonie Togo überlegt, Reis staatlich anzubauen.<br />

Dazu erkundigte sich das Kaiserlich Deutsche<br />

Konsulat für Südaustralien beim Residenten der<br />

Northern Territories in Australien, ob der Anbau<br />

von Bergreis möglich sei. Offenbar war <strong>die</strong> Antwort<br />

negativ, denn das Konsulat schrieb nach<br />

Berlin, dass der Anbau von Bergreis nicht verlangt<br />

werden könne.*" 1913 gab es dennoch das<br />

Ansinnen, in Deutsch-Neuguinea Reisfelder privat<br />

anzulegen. Die „Katholische Mission vom<br />

Heiligen Geiste“ bat um Unterstützung. Die<br />

kirchliche Mission plante Maschinen zur Reisbearbeitung<br />

aus Amerika für 22.000 Mark und<br />

eine Reismühle aus Deutschland für 13.000<br />

Mark zu erwerben. Für ein Reisfeld von 400<br />

Hektar, also vier Quadratkilometern, erbat <strong>die</strong><br />

Missionsgesellschaft 6.000 Mark je 100 Hektar,<br />

insgesamt also 24.000 Mark. Die Kolonialverwaltung<br />

von Deutsch-Neuguinea befürwortete<br />

<strong>die</strong> Anfrage und schlug dem Kolonialamt in Berlin<br />

Ende 1913 vor, dem Gesuch stattzugeben<br />

und für 1915 eine erste Rate von 6.000 Mark zu<br />

zahlen. Das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee<br />

in Berlin bekundete im Januar <strong>1914</strong> zwar lebhaftes<br />

Interesse, lehnte eine Unterstützung aber<br />

ab, weil schon aUe Mittel nach Deutsch-Ostafrika<br />

vergeben worden seien. Unterstützung erhielt<br />

das Projekt trotzdem, denn im März <strong>1914</strong> erklärte<br />

<strong>die</strong> „Wohlfahrtslotterie zu Zwecken der<br />

Deutschen Schutzgebiete“ dem Reichs-Kolonialamt,<br />

dass es 6.000 Mark als Beihilfe für den<br />

Missionsorden zur Verfügung stellt.*'^ Auch hier<br />

konnten <strong>die</strong> Pläne auf Grund des Kriegsausbruchs<br />

nicht mehr umgesetzt werden. Deutsch-<br />

Neuguinea wurde nach Kriegsausbruch umgehend<br />

von australischen beziehungsweise von japanischen<br />

Truppen besetzt. Die benötigten Mittel<br />

konnten <strong>die</strong> Kolonie nicht mehr erreichen und<br />

eine Reiswirtschaft nicht mehr aufgebaut werden.<br />

5. Fazit<br />

Um 1900 veränderte sich der globale Reismarkt.<br />

Die europäischen Firmen, <strong>die</strong> Großmühlen in<br />

den asiatischen Häfen betrieben, Reis nach<br />

Europa verschifften und ihn von dort nach einer<br />

weiteren Vermahlung auf <strong>die</strong> weltweiten Abnehmermärkte<br />

brachten, waren nicht mehr <strong>die</strong> wichtigsten<br />

Akteure des Marktes. Die Infrastruktur<br />

in Birma und Siam war immer weiter ausgebaut<br />

worden, so dass es keine Lücke mehr zwischen<br />

den Anbaugebieten und den Häfen als Knotenpunkte<br />

des weltweiten Handels gab. Darüber hinaus<br />

war <strong>die</strong> technische Entwicklung der Reisindustrie<br />

in Asien so weit fortgeschritten, dass<br />

nun auch vor Ort jede gewünschte Qualität für<br />

<strong>die</strong> Endkunden, egal, ob in Asien, Europa oder<br />

Amerika, produziert werden konnte. Eine große<br />

Zahl kleinerer Reismühlen wurde in Birma gegründet<br />

und von Birmanen, Indem und Chinesen<br />

betrieben. Zeitgleich stieg der Export von Reis<br />

aus Birma und Siam in andere asiatische Länder<br />

deutlich an, während <strong>die</strong> Exportmengen nach<br />

Europa ab 1900 stagnierten. Deutschland, das<br />

<strong>die</strong> größte Reisindustrie Europas hatte, verlor<br />

als Verarbeitungsstandort an Bedeutung.<br />

Die deutschen Reismüller reagierten auf <strong>die</strong>se<br />

235


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Entwicklung, indem sie sich unter der Führung<br />

von Andreas Rickmers zusammenschlossen und<br />

ihre Mühlen in <strong>die</strong> 1901 gegründete Reis- und<br />

Handels AG einbrachten. Mit der Bündelung aller<br />

Interessen in einem Konzern sollten <strong>die</strong> Herausforderungen<br />

des veränderten Weltmarkts bewältigt<br />

werden. Bis <strong>1914</strong> nahm der Bremer Reiskonzem<br />

eine wechselhafte Entwicklung. Etliche<br />

Produktionsstandorte wurden geschlossen, um<br />

Überkapazitäten abzubauen, und 1905 <strong>die</strong> Beteiligungen<br />

an Reismühlen in Österreich-Ungarn<br />

verkauft. Einzelne Betriebe wurden aber auch<br />

modernisiert und vergrößert. 1906 löste sich <strong>die</strong><br />

Reis- und Handels AG aus der Abhängigkeit von<br />

den englischen Reisverschiffern in Birma, von<br />

denen alle europäischen Mühlen <strong>bis</strong> dahin ihre<br />

Ware bezogen hatten, indem sie eine eigene<br />

Mühle in Rangun pachtete. Kurz darauf übernahm<br />

der deutsche Reiskonzern <strong>die</strong> deutsch-englische<br />

Firma Krüger & Co. und betrieb somit<br />

auf einen Schlag acht Reismühlen in Birma. Um<br />

am Reisgeschäft weiterhin zu partizipieren, und<br />

um <strong>die</strong> eigene Marktposition im härter umkämpften<br />

asiatischen <strong>Reishandel</strong> behaupten zu<br />

können, folgte <strong>die</strong> Reis- und Handels AG den<br />

globalen Marktverschiebungen. Der Preis dafür<br />

war, dass <strong>die</strong> englischen Verschiffer nun ihrerseits<br />

eine Mühle auf dem deutschen Markt betrieben<br />

und <strong>die</strong> Konkurrenz innerhalb Deutschlands<br />

größer wurde.<br />

Die Reis- und Handels AG nahm auch wegen<br />

ihrer inneren Strukturen eine wechselhafte Entwicklung.<br />

Bis zu seinem Geschäftsaustritt 1910<br />

war Andreas Rickmers <strong>die</strong> unangefochtene Führungsperson<br />

des Konzerns. Die durch das deutsche<br />

Aktienrecht vorgesehenen Kontrollfunktionen<br />

des Aufsichtsrats wurden nicht wahrgenommen,<br />

was eine fatale Wirkung zeigte. Andreas<br />

Rickmers führte neben dem Reiskonzern auch<br />

<strong>die</strong> Rickmers AG, <strong>die</strong> außerdem der größte Aktionär<br />

der Reis- und Handels AG war. Zwischen<br />

beiden Firmen initiierte Andreas Rickmers Verträge,<br />

<strong>die</strong> der Rickmers AG den Erhalt ihrer<br />

Werft und <strong>die</strong> Bereederung ihrer Flotte auf Kosten<br />

der Reis- und Handels AG sicherten. Sieben<br />

Jahren lang flössen hohe Summen an <strong>die</strong> Rickmers<br />

AG und trieben den Reiskonzern beinahe<br />

in <strong>die</strong> Insolvenz. Robert und Paul Rickmers<br />

konnten einen Bankrott verhindern, ihr Onkel<br />

Andreas musste jedoch aus dem Reiskonzern<br />

und aus der Rickmers AG ausscheiden.<br />

Die Reis- und Handels AG versuchte über viele<br />

Jahre, <strong>die</strong> deutsche Zollpolitik zu beeinflussen.<br />

Das Schälregulativ für Reismühlen sollte verändert<br />

werden. Da der bei der Verarbeitung entstehende<br />

Verlust nicht verzollt werden musste, zielten<br />

<strong>die</strong> Bremer Reismüller darauf ab, höhere<br />

Verlustsätze anerkannt zu bekommen. Doch <strong>die</strong><br />

in Hamburg arbeitenden Reismühlen, <strong>die</strong> nicht<br />

zur Reis- und Handels AG gehörten, bemühten<br />

sich nach Kräften, <strong>die</strong>s zu verhindern. So entspann<br />

sich eine lebhafte Debatte zwischen den<br />

Hamburger und Bremer Firmen mit den Handelskammern,<br />

den Senatsdeputationen in Hamburg<br />

und Bremen sowie den gesetzgebenden Organen<br />

in Berlin, was das Beste für <strong>die</strong> deutsche<br />

Reisindustrie sei. Bis <strong>1914</strong> führten <strong>die</strong> Diskussionen<br />

zu keinen Ergebnissen.<br />

Der Zusammenschluss der meisten deutschen<br />

Reismühlen in einem Konzern zeigte <strong>bis</strong> <strong>1914</strong><br />

ein ambivalentes Ergebnis. Einerseits gelang es,<br />

auch im 20. Jahrhundert weiterhin eine wichtige<br />

Stellung auf dem internationalen Reismarkt zu<br />

behaupten. In Asien wurden Betriebe gebaut und<br />

gepachtet und im nun wichtigsten Gebiet des<br />

weltweiten Reismarktes konnten <strong>die</strong> deutschen<br />

Reismüller Fuß fassen. Dem gegenüber stehen<br />

aber andererseits zwei Reduzierungen des<br />

Stammkapitals und ein Wertverlust des Unternehmens<br />

von 30 auf 15 Millionen Mark. Für <strong>die</strong><br />

als Aufsichtsräte eingesetzten Großaktionäre war<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG eine Versorgungseinrichtung,<br />

<strong>die</strong> neben den Dividenden - <strong>die</strong> sich<br />

von 1901 <strong>bis</strong> <strong>1914</strong> immerhin auf 9.475.000 Mark<br />

summierten - regelmäßige Vorstandsgehälter garantierte,<br />

ohne dass dafür wirklich Arbeit geleistet<br />

wurde. Dies änderte sich erst mit dem Ausscheiden<br />

von Andreas Rickmers 1910. Ob sich<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG langfristig auf dem<br />

Weltmarkt, im europäischen Wettbewerb und<br />

auch gegen <strong>die</strong> neu entstehende deutsche Konkurrenz<br />

hätte halten können, kann nur spekuliert


werden, da der Ausbruch des Ersten Weltkriegs<br />

<strong>die</strong> deutsche Reisindustrie vollständig lähmte.<br />

237


Kapitel VI<br />

Die deutsche Reisindustrie im 20. Jahrhundert<br />

(nach <strong>1914</strong>)<br />

1. Die deutsche Reisindustrie während des<br />

Ersten Weltkriegs<br />

Die Reis- und Handels AG verliert ihre<br />

Mühlen in Asien und Europa<br />

Deutsche Finnen mit Niederlassungen in Territorien<br />

der deutschen Kriegsgegner waren während<br />

des Krieges der Gefahr ausgesetzt, liqui<strong>die</strong>rt<br />

zu werden. Ein Beispiel dafür ist <strong>die</strong> Geschichte<br />

der von Bremern geführten Firma Schröder,<br />

Smidt & Co. Limited in Kalkutta. Das Gesellschaftsvermögen<br />

in In<strong>die</strong>n fiel mit Kriegsausbruch<br />

unter Aufsicht des „Liquidator of hostile<br />

firms, Bengal in Calcutta“. Bis 1929 zog sich<br />

<strong>die</strong> Löschung des Unternehmens hin. Vermögenswerte<br />

in In<strong>die</strong>n bestanden nach dem Krieg<br />

nicht mehr und frühere Vermögenswerte der Firma<br />

in Deutschland waren dafür verwendet worden,<br />

deutsche und neutrale Gläubigeransprüche<br />

zu erfüllen.*'^<br />

Ein solches Schicksal wollte <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG mit ihren erheblichen Werten in Birma<br />

unbedingt verhindern, wie der Geschäftsbericht<br />

des Jahres 1915 darlegt:<br />

„Die gegen einen Teil unserer Reisladungen<br />

von den Abladern gezogen auf <strong>die</strong> Burma<br />

Rice & Trading Company, Limited, London,<br />

unter unserer Garantie gezogenen, recht erheblichen<br />

Wechselbeträge waren wir zwecks<br />

Erhaltung unserer Tochtergesellschaft genötigt,<br />

vor Ablauf des englischen Moratoriums<br />

abzudecken. Wir erhielten <strong>die</strong> erforderliche<br />

Erlaubnis der Regierung zur Zahlung, doch<br />

war <strong>die</strong> Abdeckung infolge der uns gestellten<br />

kurzen Frist mit sehr erheblichem Kursagio<br />

verbunden. Seitdem sind Nachrichten eingelaufen,<br />

daß <strong>die</strong> Existenz deutscher Unternehmungen<br />

im feindlichen Auslande durch<br />

zwangsweise Liquidation in Frage gestellt ist.<br />

Nach den letzten uns gewordenen Mitteilungen<br />

glauben wir, uns in <strong>die</strong>ser Hinsicht jedoch<br />

beruhigt fühlen zu können, indem unsere<br />

Tochtergesellschaft nur unter Zwangsverwaltung<br />

genommen ist, und deren Mühlen in Burma<br />

an eine indische Firma verpachtet sind.“*''*<br />

Die Burma Rice & Trading Co. schuldete englischen<br />

Banken bei Kriegsausbruch ca. 320.000<br />

Pfund für unbezahlte Reisladungen. Bürgschaft<br />

dafür hatte nicht <strong>die</strong> Londoner Zentrale der Burma<br />

Rice & Trading Co., sondern deren Bremer<br />

Mutterkonzem geleistet. In Absprache mit der<br />

Reichsregierung wurde das Geld nach London<br />

transferiert, um den Konkurs des Unternehmens<br />

oder <strong>die</strong> zwangsweise Löschung zu verhindern.<br />

Die Burma Rice & Trading Co. war eine Gesellschaft<br />

nach englischem Recht und <strong>die</strong> deutschen<br />

Aktienbesitzer, <strong>die</strong> Reis- und Handels AG,<br />

hofften, das Unternehmen unbehelligt erhalten<br />

zu können. Dennoch nahm man in Bremen 1915<br />

Abschreibungen in Höhe von über 3,5 Millionen<br />

Mark auf <strong>die</strong> ausländischen Beteiligungen vor.<br />

Zum Vergleich: 1912 wurden alle ausländischen<br />

Beteiligungen des Bremer Reiskonzerns, <strong>die</strong><br />

Mühle in Rumänien sowie <strong>die</strong> asiatischen Mühlen<br />

in Birma und Siam, mit knapp über 6 Millionen<br />

Mark bewertet.**^<br />

Trotz der zuvor ausgedrückten Hoffnung waren<br />

<strong>die</strong> Abschreibungen auf <strong>die</strong> Ausländsbeteiligungen<br />

der Reis- und Handels AG angemessen. Eine<br />

ausführliche Bewertung der Frage, was mit den<br />

deutschen Mühlen während des Krieges passierte,<br />

schickte Heinrich Huchting®'®, Leiter der Burma<br />

Rice & Trading Co. in Rangun, im Sommer<br />

1915 nach Bremen. Huchting war Kaiserlich<br />

<strong>Deutscher</strong> Konsulatsverweser in Birma und meldete<br />

sich aus Maymyo in Upper Burma, wo er<br />

als Kriegsgefangener mit Haftmilderungen interniert<br />

war. Demnach wurden in Birma eine<br />

Menge Artikel veröffentlicht, <strong>die</strong> dafür agitierten,<br />

238


<strong>die</strong> Burma Rice & Trading Co. als deutsche Firma<br />

zu zerschlagen.<br />

“I hope that private property will not be attached<br />

by the Government and that our properties<br />

will be handed back to us in good condition<br />

when the war is over. - [ ...]<br />

There can be no doubt that these letters are<br />

written with a view to favor [!] the interests<br />

of a small community that has suffered from<br />

a keen competition in the trade of India and<br />

Burma. - They now see a chance of getting<br />

rid of this unpleasant competition and they<br />

are trying hard to convince the Authorities of<br />

the absolute necessity to put the whole trade<br />

into the hands of British firms. - [ ...]<br />

If we get back our properties and our founds<br />

at the end of the war we shall, in my opinion<br />

at least, have very little to complain about.”*'^<br />

Ein Spruch des Obersten Gerichtshofes in Rangun<br />

hatte dennoch bestätigt, dass <strong>die</strong> Burma Rice<br />

& Trading Co. als englische Firma galt, obwohl<br />

das gesamte Aktienkapital in deutscher Hand<br />

war und der größte Teil der Belegschaft Deutsche<br />

waren. Damit war der Schutz und Bestand der<br />

Firma aber noch nicht abschließend gesichert.<br />

Im Juli 1916 gab <strong>die</strong> Reis- und Handels AG der<br />

Handelskammer Bremen in einem umfangreichen<br />

Schreiben Auskunft, wie es der Burma Rice<br />

& Trading Co. seit Kriegsausbruch ergangen<br />

war. Demzufolge hatte <strong>die</strong> Burma Rice & Trading<br />

Co. <strong>1914</strong> einen Wert von 9 Millionen Mark.<br />

Der Vorstand bestand aus sechs Deutschen und<br />

zwei Engländern. Der offizielle Hauptsitz war<br />

in London, wo fünf Deutsche arbeiteten, in Birma<br />

bestand das Personal aus 24 Deutschen, fünf<br />

Engländern und einem Niederländer. Das Personal<br />

aus Birma wurde nach Kriegsausbruch in<br />

dem Lager Ahmednagar im Bezirk Bombay im<br />

Westen In<strong>die</strong>ns interniert. Die Mitarbeiter in<br />

London blieben <strong>bis</strong> April 1915 frei. Alle deutschen<br />

Direktoren wurden im September <strong>1914</strong><br />

ihres Amtes enthoben und durch Engländer ersetzt.<br />

In London wählte man dafür <strong>die</strong> Inhaber<br />

der Firma Gillespie & Co. Ltd., <strong>die</strong> den Bremer<br />

Reishändlem nahe standen. In Birma wurden<br />

zwei ehemalige englische Mitarbeiter eingesetzt.<br />

<strong>die</strong> aber eher <strong>die</strong> Interessen der englischen Regierung<br />

als <strong>die</strong> Geschäftsinteressen der Burma<br />

Rice & Trading Co. im Auge gehabt haben sollen.<br />

Zusätzlich wurden Supervisoren eingesetzt,<br />

<strong>die</strong> alle Vorgänge kontrollierten, und <strong>die</strong> Geschäfte<br />

wurden so weit beschränkt, dass in keinem<br />

Fall Reis nach Deutschland oder in verbündete<br />

Länder gelangen konnte.<br />

Es gab <strong>1914</strong> den Verdacht, dass <strong>die</strong> Firma durch<br />

<strong>die</strong> deutsche Regierung finanziert worden sei<br />

und große Reismengen an <strong>die</strong>se verkauft habe.<br />

Um <strong>die</strong>s zu klären, wurden alle Geschäftsräume<br />

durchsucht, <strong>die</strong> Kasse versiegelt und sogar <strong>die</strong><br />

Privatkorrespondenz der Frauen deutscher Mitarbeiter<br />

beschlagnahmt. Ziel war es, der Burma<br />

Rice & Trading Co. einen Landesverrat nachzuweisen.<br />

Bemerkenswert ist der Hinweis der Reisund<br />

Handels AG, dass <strong>die</strong> angestellten englischen<br />

Ingenieure trotz der öffentlichen Anfeindungen<br />

gegen <strong>die</strong> Firma in Birma <strong>die</strong>ser <strong>die</strong><br />

Treue hielten. Heinrich Huchting wurde es verwehrt,<br />

offene Forderungen bei einheimischen<br />

Händlern und Bauern, <strong>die</strong> bereits für noch nicht<br />

gelieferte Reisladungen bezahlt worden waren,<br />

einzutreiben. Stattdessen suggerierte <strong>die</strong> englische<br />

Konkurrenz, dass Forderungen der Burma<br />

Rice & Trading Co. nicht mehr erfüllt werden<br />

müssten. Die englische Regierung hatte jedoch<br />

ein Interesse am Erhalt der Firma, damit es im<br />

<strong>Reishandel</strong> Birmas nicht wieder zu einem Monopol<br />

kam. Daher wurden der Firma auch kurzzeitig<br />

günstige Kredite eingeräumt. Als <strong>die</strong>se<br />

aber zurückgezogen wurden, mussten, wie im<br />

Geschäftsbericht der Reis- und Handels AG von<br />

1915 dargestellt, mit Genehmigung der Reichsregierung<br />

und mit hohen Verlusten im Oktober<br />

<strong>1914</strong> 357.000 Pfund nach England transferiert<br />

werden. Andernfalls wäre <strong>die</strong> Burma Rice &<br />

Trading Co. in Konkurs gegangen.<br />

Im Januar 1915 kam <strong>die</strong> Nachricht nach Bremen,<br />

dass der Betrieb der Burma Rice & Trading Co.<br />

eingestellt und <strong>die</strong> Firma an einen Inder namens<br />

Jamal verpachtet worden sei. Mohr Brothers &<br />

Co. Ltd., <strong>die</strong> zweite große deutsche Firma nach<br />

englischem Recht, wurde durch <strong>die</strong> Firma Steel<br />

Brothers & Co. Ltd. übernommen. Kurz darauf<br />

239


• I<br />

erhielt der Bremer Mutterkonzem <strong>die</strong> Bestätigung,<br />

dass <strong>die</strong> Verpachtung der Mühlen an einen<br />

Inder für <strong>die</strong> Dauer des Krieges vor dem Abschluss<br />

stand. Zudem wurden <strong>die</strong> liquiden Mittel<br />

der Firma fest angelegt und zu zwei Prozent verzinst.<br />

„Im großen und ganzen“, folgert <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG, „haben wir somit trotz unliebsamer<br />

Vorkommnisse kaum Grund zur Klage,<br />

so lange uns unser Eigentum wieder ausgehändigt<br />

und <strong>die</strong> Fortsetzung unseres Unternehmens<br />

in <strong>bis</strong>heriger Weise gestattet wird.“***<br />

Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Nach dem<br />

Krieg gingen <strong>die</strong> Mühlen der Burma Rice & Trading<br />

Co. mit Grundbesitz und einer Flotte von<br />

annähernd 300 Booten sehr günstig und unter<br />

Wert in den Besitz der verbliebenen englischen<br />

Verschiffer über. Sehr negativ wirkte sich aus,<br />

dass bei dem Verkauf der Vorkriegskurs zwischen<br />

indischer Rupie und englischem Pfund zu Grunde<br />

gelegt wurde, der nur halb so hoch wie der<br />

Nachkriegskurs war.<br />

Die Mühle von Markwald & Co. wurde <strong>1914</strong><br />

mit einem Kapital von 1.500.000 Mark ausgestattet,<br />

um möglichen kriegsbedingten Verlusten<br />

vorzubeugen. Dort kaufte man 15.000 Tonnen<br />

Reis, der direkt nach Kriegsende mit gecharterten<br />

Dampfern nach Deutschland gebracht werden<br />

sollte. Doch am 22. Juli 1917 gab Siam seine<br />

Neutralität auf und trat auf Seiten der Alliierten<br />

in den Krieg ein. Daraufhin wurde Markwald &<br />

Co. zwangsliqui<strong>die</strong>rt und ging der Reis- und<br />

Handels AG verloren. Eine 1924 rückwirkend<br />

ausgehandelte Sonderentschädigung belief sich<br />

auf 225.817 Mark. Das war deutlich weniger als<br />

der Lohn des Liquidators für seine Mühen und<br />

änderte somit für den Bremer Konzern nichts an<br />

dem Verlust.<br />

Die einzige europäische Mühle der Reis- und<br />

Handels AG außerhalb Deutschlands stand in<br />

Braila in Rumänien. Bis 1916 hatte das dortige<br />

Tochtemntemehmen durch das Putzen von Graupen<br />

gut ver<strong>die</strong>nt. Nach dem Kriegseintritt Rumäniens,<br />

und als sich Braila zum Kampfgebiet<br />

entwickelte, wurden <strong>die</strong> Anlagen der dortigen<br />

Mühle zerstört, bevor sie deutschen Soldaten in<br />

<strong>die</strong> Hände fallen konnten.**’<br />

In der Jubiläumsschrift zum 50-jährigen Bestehen<br />

der Reis- und Handels AG 1951 wurden allein<br />

<strong>die</strong> Verluste des Konzerns in Asien durch<br />

den Ersten Weltkrieg auf I Million Pfund geschätzt.*“<br />

Die Reisindustrie in Deutschland<br />

Nach dem Reichsgesetzblatt Nr. 51 vom 22.<br />

April 1915 wurde ab dem 26. April aller Reis in<br />

Deutschland beschlagnahmt und der Handel<br />

schlagartig stillgelegt. Die Hamburger Firma Cuno<br />

Hering hatte einen Vertrag mit der Rickmers<br />

Reismühle, nach dem sie eine Ladung Reis zum<br />

30. April 1915 übernehmen sollte. Nach der<br />

Ankündigung von Beschlagnahmungen weigerte<br />

sich das Hamburger Haus jedoch, <strong>die</strong> Ladung<br />

abzunehmen. Ein daraufhin eingesetztes<br />

Schiedsgericht entschied, dass <strong>die</strong> Firma Hering<br />

den Vertrag zu erfüllen hatte. Da <strong>bis</strong> dahin <strong>die</strong><br />

Rickmers Mühle aber schon einen mit 16.000<br />

Mark Verlusten versehenen Notverkauf vorgenommen<br />

hatte, strebte <strong>die</strong> Bremer Mühle eine<br />

Kompensation der Einbußen an. Der Hamburger<br />

Senat setzte sich auch in <strong>die</strong>sem Sinne für <strong>die</strong><br />

Reismühle ein, musste aber im Sommer 1917<br />

einsehen, dass <strong>die</strong> Zentrale-Einkaufs-Gesellschaft,<br />

<strong>die</strong> alle ausländischen Waren beschlagnahmt<br />

hatte und deren Weiterverwendung steuerte,<br />

nicht für den entstandenen Schaden aufkommen<br />

würde.*^* Ein freier Handel mit Reis<br />

war innerhalb Deutschlands ab 1915 nicht mehr<br />

möglich, der Handel mit dem Ausland war vollständig<br />

unterbunden.<br />

Reishändler erlitten finanzielle Verluste, für <strong>die</strong><br />

es keinen Ausgleich gab. Ein gutes Beispiel dafür<br />

bietet der Verlust einer Hamburger Eirma während<br />

des 2. Balkankrieges. Die Balkankriege waren<br />

Kriege auf der Balkanhalbinsel 1912 und<br />

1913, <strong>die</strong> sich im Vorfeld des Ersten Weltkrieges<br />

abspielten. Nachdem Bulgarien und Griechenland<br />

im 1. Balkankrieg Bündnispartner gegen<br />

das Osmanische Reich waren, standen sie im<br />

Sommer 1913 auf verschiedenen Seiten. In <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang wurde eine Reisladung<br />

der Eirma Horn & Samsche auf dem Dampfer<br />

240


Mudros durch <strong>die</strong> griechische Regierung beschlagnahmt.<br />

Am 25. Juni 1913 verließ <strong>die</strong> Mudros Hamburg,<br />

ohne zu wissen, dass Griechenland und Bulgarien<br />

demnächst iCrieg führen würden. Am 11.<br />

Juli traf <strong>die</strong> Nachricht ein, dass das Schiff in Piräus<br />

festgehalten wurde, und sechs Tage später<br />

wurde <strong>die</strong> Reisladung in Saloniki beschlagnahmt.<br />

Der Reis war Teil eines Auftrags über<br />

1.000 Tonnen Reis, <strong>die</strong> in Teilladungen an verschiedene<br />

Plätze in Bulgarien ausgeliefert werden<br />

sollten und vom bulgarischen Kriegsministerium<br />

ausgeschrieben worden war. Erst mit der<br />

Abnahme der Ladung in bulgarischen Häfen wäre<br />

der Reis in den Besitz des iCriegsministeriums<br />

übergegangen. Horn & Samsche baten <strong>die</strong> Handelskammer<br />

in Hamburg um Unterstützung, um<br />

Schadensersatzansprüche gegen <strong>die</strong> griechische<br />

Regierung durchzusetzen. Die Handelskammer<br />

unterstützte <strong>die</strong>sen Antrag und forderte ihrerseits<br />

<strong>die</strong> zuständige Deputation für Handel, Schifffahrt<br />

und Gewerbe auf, Hilfe zu leisten und den Vorgang<br />

völkerrechtlich prüfen zu lassen. 1915,<br />

nach zwei Jahren vergeblicher Mühe, erklärten<br />

Horn & Samsche gegenüber dem Auswärtigen<br />

Amt, dass <strong>die</strong> Meldungen aus Griechenland jede<br />

ernsthafte Prüfung der Angelegenheit vollständig<br />

vermissen lassen und nur den Spruch des Prisengerichts<br />

stützen würden. Es blieb nichts anderes<br />

übrig, als auf eine Klärung der Schadensersatzansprüche<br />

nach Kriegsende zu hoffen.<br />

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs lagerten<br />

160.000 Tonnen Reis und 60.000 Tonnen Reisfuttermehl<br />

in den Lagern der Reis- und Handels<br />

AG. Als der Reisnachschub versiegte, wurden<br />

<strong>die</strong> Betriebsanlagen auf <strong>die</strong> Herstellung von Hafemährmitteln<br />

umgestellt. In erster Linie wurde<br />

<strong>die</strong> Mühle Gebrüder Nielsen mit Haferbearbeitung<br />

betraut, <strong>die</strong> damit zur größten Hafermühle<br />

Deutschlands wurde und 25 Prozent der gesamten<br />

deutschen Haferproduktion ab d eck te.D es<br />

Weiteren blieben dann noch eine Mühle in Hamburg<br />

und <strong>die</strong> Reiswerke in Flensburg beschäftigt,<br />

wo erstmals seit 1908 wieder Produktionsanlagen<br />

liefen. Die Stärkeherstellung in der Fabrik<br />

Gebrüder Nielsen wurde nicht aufgegeben,<br />

musste aber verändert werden und basierte im<br />

Krieg auf Kastanien als Rohstoff. Die Hammerbroker<br />

Reiswerke verarbeiteten in den Kriegs-<br />

Jahren erst Reisfuttermehl und später Gerste. Die<br />

einst größte Bremer Reismühle der Rickmers-<br />

Reiswerke wurde stillgelegt. Die Packhäuser<br />

wurden zur Lagerung von Lebensmitteln verwendet,<br />

unter anderem wurden dort alle Bremer<br />

Kartoffelvorräte untergebracht. Später wurde<br />

dort auch <strong>die</strong> Produktion von Kartoffelflocken<br />

begonnen. Entsprechend der Produktions- und<br />

Geschäftseinschränkungen wurde das Stammkapital<br />

der Reis- und Handels AG 1916 auf<br />

3.500.000 Mark, später sogar auf nur 2 Millionen<br />

Mark herabgesetzt.*^“<br />

So wie <strong>die</strong> Reis- und Handels AG ihre Besitzungen<br />

im britischen Birma verlor, mussten <strong>die</strong><br />

englischen Verschiffer in Deutschland ihre Geschäfte<br />

einstellen und ihre Mühle im Hamburger<br />

Freihafen, <strong>die</strong> Allgemeine Reisgesellschaft Ltd.,<br />

im Krieg aufgeben. Der Ablauf ist leider nicht<br />

zu rekonstruieren, so dass nicht verglichen werden<br />

kann, ob <strong>die</strong> Vorgänge in Hamburg stark<br />

von denen in Birma abwichen. Klar ist aber, dass<br />

im April 1919 der Handelskammer in Hamburg<br />

bestätigt wurde, dass <strong>die</strong> Löschung der Allgemeinen<br />

Reisgesellschaft Ltd. vollzogen sei.*^^<br />

2. Der deutsche <strong>Reishandel</strong> nach 1918<br />

Ein veränderter Weltmarkt<br />

1918 hatte sich der internationale Reismarkt gegenüber<br />

der Vorkriegszeit deutlich verändert.<br />

Neue Handelswege und Zentren der globalen<br />

Reisindustrie waren entstanden und <strong>die</strong> Marktmechanismen<br />

hatten sich entsprechend gewandelt.<br />

Deutschland hatte seine Position als europäischer<br />

Marktführer verloren, und statt weniger<br />

Zentren gab es nun in Europa und auch auf anderen<br />

Kontinenten mehrere Standorte der Reisindustrie.<br />

Die Versorgung der Welt mit Reis war<br />

nicht länger allein von den Fabriken in Deutschland<br />

und England sowie den Reismühlen in Birma<br />

und Siam abhängig. Zudem wurden um 1930<br />

nur noch fünf Prozent des weltweit gehandelten<br />

241


Reises in Europa konsumiert.*^* Ägypten, Italien<br />

und Spanien traten als neue Reisproduzenten<br />

und Exporteure auf dem Weltmarkt auf. Die Vereinigten<br />

Staaten belieferten erstmals seit über<br />

50 Jahren wieder den internationalen Reismarkt.<br />

In Brasilien wurde Reis angebaut und auch in<br />

Kuba und Peru entstanden eigenständige Reisindustrien.<br />

“The Western branch was up till 1913-14 supplied<br />

mainly by the better grades of Burma<br />

(Ngasein) and by Garden Siam rices for medium<br />

quality, but the demand in Europe has<br />

changed since the Great War and Burma rice<br />

no longer occupies the predominant position<br />

it held in 1913-14, on account of the competition<br />

from the higher grades that have been<br />

produced in increasing quantities in Spain,<br />

Italy and America, and are now in demand in<br />

the European market, as they are of good<br />

milling qualities and attractive appearance<br />

when milled and polished.”*^*<br />

Deutschland war nach dem Ersten Weltkrieg vorerst<br />

noch von den Exportmärkten in Birma, Siam<br />

und Indochina abgeschnitten. Um dort wieder<br />

einen Zugang zu erhalten, gründete <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG 1921 <strong>die</strong> N.V. Mercantile en<br />

Industrieele Compagnie, kurz Mico, mit einem<br />

nominellen Kapital von 1.500.000 Gulden. Diese<br />

Gesellschaft erwarb eine Reismühle in Zandaam,<br />

<strong>die</strong> für den Reisabsatz in Westdeutschland produzierte.<br />

Die Mühle des deutschen Konzerns<br />

war auch <strong>die</strong> erste Reismühle in den Niederlanden,<br />

<strong>die</strong> nach dem Krieg eine Ladung Reis in<br />

das Land holen kormte. Außerdem ging <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG eine Beteiligung in Portugal<br />

bei der Companhia Arrozeira Mercantil S.A.R.L.<br />

ein.*^®<br />

Trotz der schwierigen Lage in der Nachkriegszeit<br />

gelang es der deutschen Reisindustrie, sich wieder<br />

eine wichtige Position im großen Wettbewerb<br />

des internationalen <strong>Reishandel</strong>s zu erarbeiten:<br />

“After the war, the Germans returned [to Burma]<br />

and by the early 1920’s had completely<br />

recovered their pre-war position. [...]<br />

About 1925, the German rice milling industry<br />

suffered a setback. The reason was the prohibitive<br />

differential duties between polished<br />

and cargo rice which had been imposed by<br />

neighbouring countries to encourage their<br />

own rice milling industries. German intake<br />

of Burma rice therefore decreased considerably.<br />

This was also due to the increasing competition<br />

of Italien rice in southern Gerтапу.”*зо<br />

Neue Mühlen und der <strong>Reishandel</strong><br />

in Deutschland<br />

Von der Weimarer Republik <strong>bis</strong> in <strong>die</strong><br />

1930er Jahre<br />

In der Rückschau von 1951 wurde <strong>die</strong> Lage der<br />

deutschen Reisindustrie und besonders <strong>die</strong> Situation<br />

auf dem deutschen Markt nach dem Ersten<br />

Weltkrieg als sehr schwierig bewertet:<br />

„Deutschland wurde zu einem Kampffeld für<br />

<strong>die</strong> nach Absatz suchenden alten und neuen<br />

Erzeugungsländer, und <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

wurde dadurch in ihren Daseinsgrundlagen<br />

aufs schwerste gefährdet, zumal nicht<br />

nur Deutschland, sondern überhaupt Europa<br />

als Zwischenhändler mehr und mehr ausgeschaltet<br />

war.“**'<br />

Dennoch gelang es auch auf dem Binnenmarkt,<br />

<strong>die</strong> Reisindustrie wieder in Gang zu bringen und<br />

Reismühlen zu errichten. Die Strukturen veränderten<br />

sich jedoch gegenüber der Situation von<br />

<strong>1914</strong>.<br />

Die Reis- und Handels AG veräußerte ihre Mühle<br />

im Hamburger Zollausland und bot, weil sie das<br />

Reisgeschäft auf das Zollinland beschränken<br />

wollte, auf <strong>die</strong> Mühle der liqui<strong>die</strong>rten Allgemeinen<br />

Reisgesellschaft, da <strong>die</strong>s <strong>die</strong> letzte Mühle<br />

im Freihafengebiet war. Der Hamburger Senat<br />

verkaufte aber an andere Bieter, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mühle<br />

an <strong>die</strong> Firma Rudolf Meyerkort verpachtete und<br />

als Hamburger Reismühle A.G. betrieben. Die<br />

Mitarbeiter der Firma Meyerkort waren vorher<br />

mehrheitlich bei der Burma Rice & Trading Co.<br />

beschäftigt, also Kenner des Reisgeschäfts. Zusätzlich<br />

konnte <strong>die</strong>se neue Firma in Bremen mit<br />

einer Ausnahmegenehmigung eine Reismühle<br />

242


im Freihafen errichten, was seit dem Zollbeitritt<br />

1888 keinem Unternehmen gelungen war.<br />

Zum Anschub des <strong>Reishandel</strong>s nach dem Krieg<br />

erfolgte 1919 <strong>die</strong> Gründung der Reiseinkaufsgesellschaft<br />

m.b.H. mit einem Stammkapital von<br />

500.000 Mark. Davon wurden 250.000 Mark<br />

durch <strong>die</strong> Reismühlen aufgebracht. Der Anteil<br />

der Reis- und Handels AG belief sich auf<br />

150.000 Mark. Eine neue Konkurrenzsituation<br />

entstand, weil Importeure verkaufsfertigen Reis<br />

direkt von englischen Verschiffern kauften und<br />

ohne weitere Bearbeitung in einer Mühle in<br />

Deutschland in den Handel brachten. Erstmals<br />

waren in Deutschland Reishändler aktiv, <strong>die</strong> keine<br />

Verbindung zu den deutschen Reismühlen<br />

hatten. Die Reismüller wehrten sich dagegen,<br />

indem sie ihren Reis in Asien von Mühlen mit<br />

asiatischen Besitzern kauften. Dabei erwarben<br />

sie Loonzain-Reis, der nur noch zwei Prozent<br />

Rohreis enthielt. Nun kamen <strong>die</strong> gleichen Mechanismen<br />

zum Tragen, wie sie 1906 zu beobachten<br />

waren, als sich <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />

AG von den englischen Verschiffern in Birma<br />

unabhängig machte: Die englischen Verlader errichteten<br />

wieder eine Mühle im Hamburger Ereihafengebiet<br />

und nannten sie Neue Allgemeine<br />

Reisgesellschaft.®^^<br />

Das Aktienkapital der Reis- und Handels AG<br />

entwickelte sich mit der Geldentwicklung. 1921<br />

wurde es auf 31.600.000 Mark erhöht, nach der<br />

Inflation der frühen 1920er Jahre wurde das Kapital<br />

1925 auf 4.532.000 Reichsmark umgestellt<br />

und 1941 auf 6.000.000 Reichsmark erhöht. Die<br />

Hamburger Reiswerke wurden 1920 veräußert<br />

und 1927 <strong>die</strong> Gebäude und Grundstücke der<br />

Flensburger Reismühle für 312.500 Reichsmark<br />

verkauft.Die Hammerbroker Reiswerke<br />

brannten 1931 ab und wurden nicht wieder aufgebaut.<br />

Stattdessen wurde dort eine Siedlung<br />

mit kleinen Wohnungen errichtet, <strong>die</strong> vor allem<br />

von den Arbeitern der Norddeutschen Reismühle<br />

mbH in Hamburg bezogen wurden. 1931 waren<br />

nur noch wenige Fabriken der Reis- und Handels<br />

AG in Betrieb. Die Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H. in Hamburg hatte 1.000 Tonnen Verarbeitungskapazität<br />

pro Tag und ein Lager, das<br />

50.000 Tonnen fasste. Die Fabrik Gebr. Nielsen,<br />

Reismühle und Stärkefabrik AG konnte täglich<br />

450 Tonnen Reis und 220 Tonnen Hafer verarbeiten<br />

sowie 60.000 Tonnen lagern. Die Rickmers-Mühle<br />

mit ihrem 40.000-Tonnen-Lager<br />

hatte 1924 kurzzeitig <strong>die</strong> Produktion von Reismehl<br />

aufgenommen, wurde dann aber nur noch<br />

zum Speichern von Getreide genutzt. In den Betrieben<br />

der Reis- und Handels AG wurde nicht<br />

mehr in jeder Fabrik sowohl Reis als auch Stärke<br />

hergestellt, sondern eine Spezialisierung der<br />

Standorte festgelegt. Die Osterholzer Reiswerke<br />

nahmen 1924 <strong>die</strong> Produktion von Teigwaren auf<br />

und dort wurde auch nach 1930 <strong>die</strong> gesamte<br />

Stärkeproduktion des Konzerns vorgenommen.<br />

Fast 70 Prozent der produzierten Stärke gingen<br />

ins Ausland. Insgesamt wurden 39 Länder beliefert.*^“*<br />

1927 wurde der Verein Hamburger und Bremer<br />

Reismühlen gegründet. Die innerdeutsche Konkurrenz<br />

wurde 1931 gemildert, als der Reis- und<br />

Handels AG mit zwei anderen Mühlen eine Produktionsabsprache<br />

gelang. Die Firma Rudolf<br />

Meyerkort gab im Zuge <strong>die</strong>ser eingerichteten<br />

Arbeitsgemeinschaft ihre Freihafenmühlen in<br />

Bremen und Hamburg auf.**^ Die Reisverarbeitung<br />

wurde in den Fabriken der Norddeutschen<br />

Reismühle m.b.H. und der Gebr. Nielsen, Reismühle<br />

und Stärkefabriken AG zusammengefasst.<br />

Wiederum hatte <strong>die</strong> Reis- und Handels AG zur<br />

Stärkung ihrer Marktposition einen Konzentrationsprozess<br />

erfolgreich umgesetzt.<br />

Von der Zeit des Nationalsozialismus <strong>bis</strong> zum<br />

Ende der deutschen Reisindustrie 1970<br />

1933 wurden alle deutschen Reismühlen<br />

zwangsweise zusammengeschlossen. Noch vor<br />

dem Zweiten Weltkrieg formulierte Friedrich<br />

Prüser das in einer der nationalsozialistischen<br />

Ideologie angepassten Weise:<br />

„Die deutschen Reismühlen mußten sich 1933<br />

in Erkenntnis der wirtschaftlichen Grundsätze<br />

des Nationalsozialismus, <strong>die</strong> den Zusammenklang<br />

der Erfordernisse der Ernährung<br />

von eigener Scholle und des Warenaus-<br />

243


ш<br />

tausches mit anderen Ländern erstreben, zu<br />

einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen.<br />

Das bedingt einen gemeinschaftlichen<br />

Ein- und Verkauf unter Preis- und Absatzaufsicht<br />

der Reichsstelle für Getreide und eines<br />

vom Reichsnährungsministerium ernannten<br />

Schlichters.“®^*<br />

Unter solch ideologischen Gesichtspunkten gab<br />

es Stimmen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Einfuhr eines nicht-deutschen<br />

Lebensmittels, wie es Reis war, komplett<br />

ablehnten. Dieses Ansinnen wurde aber durch<br />

eine Veröffentlichung des Reichsbauernführers<br />

und Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft,<br />

Walther Darré, eindeutig zurückgewiesen.*^’<br />

Die zur Reis- und Handels AG gehörende<br />

Mühle der Gebr. Nielsen, Reismühle und<br />

Stärkefabrik AG, wurde 1937 zu einem nationalsozialistischen<br />

Musterbetrieb.®®® Im Zweiten<br />

Weltkrieg wurden alle Mühlen des Bremer Reiskonzerns<br />

in Hamburg und Bremen sowie <strong>die</strong> Arbeiterwohnungen<br />

in Hamburg durch Luftangriffe<br />

zerstört. Der entstandene Schaden an Maschinen<br />

und Gebäuden wurde auf 10.000.000 Deutsche<br />

Mark beziffert.<br />

1947 wurde mit dem Wiederaufbau einer deutschen<br />

Reisindustrie begonnen und <strong>die</strong> Eabrik<br />

der Gebrüder Nielsen an der Weser war <strong>die</strong> erste<br />

Mühle, <strong>die</strong> wieder Reis schälte. 1948 nach der<br />

Währungsreform wurde auch in Hamburg der<br />

Neubeginn bei der Norddeutschen Reismühle<br />

m.b.H. angebahnt und in Osterholz-Scharmbeck<br />

wurden Maschinenemeuerungen vorgenommen.<br />

Asien war vorerst kein Reisausfuhrgebiet mehr,<br />

<strong>die</strong> innerasiatische Nachfrage hatte <strong>die</strong> Produktion<br />

des Kontinents überschritten. Von den<br />

60.000 Tonnen Reis, <strong>die</strong> 1949 vor allem aus Italien<br />

nach Deutschland kamen, wurde ein Drittel<br />

nach Bremen geliefert, im folgenden Jahr erreichten<br />

25.000 Tonnen Reis <strong>die</strong> Mühlen an der<br />

Weser, was ein Viertel der deutschen Importe<br />

ausmachte.®®^ Doch <strong>die</strong> Größe und Bedeutung<br />

der Vorkriegszeit und vor allem zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts erreichte <strong>die</strong> deutsche Reisindustrie<br />

nicht wieder.<br />

1961 baute <strong>die</strong> Reis- und Handels AG eine neue<br />

Siloanlage auf dem Werksgelände an der Weser<br />

und wurde so wieder zur größten Reismühle<br />

Europas. Im Folgejahr übernahm der Bremer<br />

Konzern den Vertrieb von Kellogg-Produkten in<br />

Deutschland und <strong>die</strong> Kellogg Company übernahm<br />

Aktien des Reiskonzerns. 1963 folgte <strong>die</strong><br />

Gründung der Kellogg Deutschland GmbH und<br />

es wurden schrittweise mehr Anteile der Reisund<br />

Handels AG durch Erstgenannte übernommen.<br />

1964 wurde eine Mühle in Weil am Rhein<br />

erworben, um sich besser gegenüber den Konkurrenten<br />

aus den Niederlanden und Italien zu<br />

positionieren. Mit der Beteiligung durch Kellogg<br />

wurden <strong>die</strong> seit 1901 bestehende Aktiengesellschaft<br />

in eine GmbH umgewandelt und 95 Prozent<br />

des Stammkapitals von der Kellogg<br />

Deutschland GmbH 1966 übernommen. 1970<br />

schließlich ging <strong>die</strong> Reis- und Handels GmbH<br />

vollständig in der Firma Kellogg auf und <strong>die</strong><br />

Geschichte der deutschen Reismüllerei in Bremen<br />

endete.<br />

Das Reisgeschäft wurde in einem kleinen Rahmen<br />

weitergeführt und mit dem Verkauf der Markenrechte<br />

„Rickmers-Reismühle“ an eine italienische<br />

Reisfirma 1988 firmiert mit der Rickmers<br />

Reismühle GmbH wieder ein Reisunternehmen<br />

mit klangvollem Namen am Bremer Weserufer.®^°<br />

Im Jahr 2011 verließen nahezu 30.000<br />

Tonnen Reis <strong>die</strong> Rickmers-Reismühle.<br />

244


Schlussbetrachtung<br />

Reis war Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland<br />

eine alltägliche Speise geworden. Als Nahrungsmittel<br />

war er in Europa seit Jahrhunderten<br />

bekannt, auf den Speiseplänen des Bürgertums<br />

und des einfachen Volks hatte er <strong>bis</strong>lang aber<br />

nicht gestanden. Was hatte Reis von einer besonderen<br />

Köstlichkeit, einem Fürstenessen und<br />

einer Hochzeitsspeise, zu einem gewöhnlichen<br />

Grundnahrungsmittel gemacht? Was machte besonders<br />

Bremen zum Nabel der Reiswelt?<br />

In Bremen wurde Reis ein Stapelartikel, als <strong>die</strong><br />

Stadt an der Weser zum größten deutschen Auswandererhafen<br />

wuchs. Viele Schiffe steuerten<br />

den Süden der Vereinigten Staaten an und setzten<br />

ihre menschliche Fracht in South Carolina oder<br />

Georgia an Land. Die dort angebauten Produkte<br />

wurden als Rückfracht für Europa geladen. Nach<br />

Tabak und Baumwolle wurde Reis so zum drittgrößten<br />

Stapelartikel Bremens. Die Reisindustrie<br />

in den Vereinigten Staaten prosperierte um <strong>1850</strong>.<br />

Bewässerungssysteme auf den Feldern und Verarbeitungsmaschinen<br />

in den Mühlen wurden stetig<br />

verbessert, <strong>die</strong> Erträge stiegen und mit ihnen<br />

auch <strong>die</strong> Exportmengen. Dennoch war der Anbau<br />

von Reis so arbeitsintensiv und mühsam, dass<br />

er sich nicht mit weißen Lohnarbeitern realisieren<br />

ließ. Die amerikanischen Reisplantagen<br />

waren nur durch <strong>die</strong> schwarzen Sklaven wirtschaftlich<br />

zu betreiben. Mit dem amerikanischen<br />

Bürgerkrieg änderte sich <strong>die</strong>se Situation grundlegend,<br />

weil <strong>die</strong> Sklaverei abgeschafft wurde.<br />

Innerhalb weniger Jahre wurden <strong>die</strong> Vereinigten<br />

Staaten vom wichtigsten Reislieferanten Europas<br />

zu einem Reiseinfuhrland. Der Aufstieg Asiens<br />

zum Reislieferanten für <strong>die</strong> Welt folgte. Schon<br />

bevor <strong>die</strong> Geschichte des deutschen <strong>Reishandel</strong>s<br />

begann, wurde Reis über Kontinente hinweg gehandelt.<br />

Erstaunlich bleibt einzig, dass sich in<br />

der Folgezeit deutsche Unternehmer in <strong>die</strong>sem<br />

- vorerst nicht mit Deutschland verbundenen -<br />

Markt nachhaltig etablieren sollten. Deutschland<br />

besaß Mitte des 19. Jahrhunderts keine Kolonien<br />

und doch waren deutsche Kaufleute an der wirtschaftlichen<br />

Erschließung der Welt stark beteiligt.<br />

Obwohl es <strong>1850</strong> in In<strong>die</strong>n und Asien noch keine<br />

großen Produktionsüberschüsse an Reis gab und<br />

<strong>die</strong> britischen Häfen für Händler anderer europäischer<br />

Nationen durch <strong>die</strong> <strong>bis</strong> 1849 gültigen<br />

britischen Navigationsgesetze kaum Handel zuließen,<br />

ergänzten einzelne Reisladungen <strong>die</strong> flächendeckende<br />

Versorgung aus Amerika. Auch<br />

deutsche Kapitäne sammelten in <strong>die</strong>ser Zeit, kurz<br />

vor der rasanten Beschleunigung des internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong>s, erste Erfahrungen mit dem<br />

asiatischen Handelsraum. Mit der britischen Eroberung<br />

Birmas 1852 änderten sich <strong>die</strong> Strukturen<br />

des globalen <strong>Reishandel</strong>s grundsätzlich.<br />

Die Erschließung Birmas durch <strong>die</strong> britische Kolonialmacht<br />

war eine der wichtigsten Voraussetzungen<br />

für <strong>die</strong> Entwicklung des deutschen <strong>Reishandel</strong>s.<br />

Staatlich geförderte Projekte zur Landkultivierung<br />

machten Birma in wenigen Jahren<br />

zum weltgrößten Reisproduzenten und -exporteur.<br />

Auch in Birma waren Migranten, zumeist<br />

aus In<strong>die</strong>n und China, <strong>die</strong> Träger der Reisindustrie.<br />

Die Bauern waren oft Geldverleihern, Zwischenhändlern<br />

und Großeinkäufern ausgeliefert,<br />

<strong>die</strong> Kulis in den Reismühlen arbeiteten unter<br />

sklavereiähnlichen Bedingungen. Die Nutznießer<br />

der neuen Reiswirtschaft waren in erster Linie<br />

englische Reisverlader, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Pioniere der industriellen<br />

Reismüllerei in den Häfen Birmas<br />

waren. Deutsche Kaufleute gehörten zu den Ersten,<br />

<strong>die</strong> sich neben den Engländern in der Wirtschaft<br />

Birmas etablierten.<br />

Dies taten deutsche Händler einerseits im innerasiatischen<br />

Handel, indem sie Tee und Gewürze<br />

von Ostasien Richtung Westen brachten und Reis<br />

von Birma nach Osten <strong>bis</strong> nach China verschifften.<br />

Andererseits gelang es den Deutschen in<br />

Birma, sich dort gut zu integrieren. Deutsche<br />

bildeten <strong>die</strong> zweitgrößte europäische Minderheit<br />

in Birma nach den Engländern. Im Gegensatz<br />

zu <strong>die</strong>sen waren sie aber eher bereit, <strong>die</strong> einheimische<br />

Sprache zu lernen und sich auf <strong>die</strong> lokale<br />

245


Kultur einzulassen. Der wirtschaftliche Imperialismus<br />

der deutschen Reishändler bewahrte<br />

sich einen Respekt vor der einheimischen Kultur<br />

und Bevölkerung. Dies erleichterte den Deutschen<br />

den Zugang auf den Reismarkt Birmas.<br />

Die Reismiiller in London und Liverpool mussten<br />

sich einen neuen Rohstoffmarkt suchen und<br />

intensivierten ihren Auftritt in Akyab, in Rangun,<br />

Bassein und Moulmein. In Akyab war bereits<br />

1837 <strong>die</strong> deutsche Firma Mohr Brothers & Co.<br />

gegründet worden. 1858 und 1859 gründete <strong>die</strong>se<br />

Firma, <strong>die</strong> von Deutschen betrieben wurde, aber<br />

als englische Firma nach englischem Recht arbeitete,<br />

Niederlassungen in den drei anderen<br />

wichtigen Reishäfen Birmas. Dieser Umweg<br />

deutscher Firmen über London war bezeichnend.<br />

Wenn es keinen direkten Weg in das internationale<br />

Reisgeschäft gab, scheuten deutsche Geschäftsleute<br />

nicht davor zurück, sich auf kleinen<br />

Umwegen eine besondere Marktposition zu erarbeiten.<br />

Die Stellung englischer Firmen in Birma<br />

war überragend, den deutschen Händlern gelang<br />

es nicht, eigene Großmühlen in den Häfen<br />

zu betreiben. In Asien spielten <strong>die</strong> deutschen<br />

Reishändler nur <strong>die</strong> zweite europäische Geige,<br />

<strong>die</strong> Positionierung Deutschlands in der Spitze<br />

des internationalen <strong>Reishandel</strong>s nahm seinen<br />

Anfang in Bremen.<br />

In Bremen entstanden zur Jahrhundertmitte mehrere<br />

Reismühlen. Die Bremer Brüder Anton und<br />

Carl Friedrich Nielsen gehörten zu den Pionieren<br />

der Dampfmüllerei an der Weser und betrieben<br />

eine Dampfmühle seit 1839. Mit <strong>die</strong>sen technischen<br />

Fähigkeiten ausgestattet gründete Anton<br />

Nielsen 1855 eine eigene Reismühle. Das<br />

Stammhaus Nielsen nahm erst 1862 als dritte<br />

Bremer Mühle <strong>die</strong> Reisvermahlung auf. Der<br />

zweite Bremer Reismüller war Friedrich Konitzky<br />

1858. Zwei Jahre später übernahm Louis<br />

Ichon <strong>die</strong>se Mühle, <strong>die</strong> zur Keimzelle bremischer<br />

Weltgeltung im <strong>Reishandel</strong> wurde. Im Jahr 1872<br />

trafen zwei Entwicklungen in der Mühle von<br />

Louis Ichon zusammen; Einerseits bestand für<br />

<strong>die</strong> Reismühle ein dringender Modernisierungsbedarf,<br />

für den Louis Ichon einen Investor suchte.<br />

Andererseits hielt der Bremerhavener Schiffbauer<br />

und Reeder Rickmer Ciasen Rickmers nach<br />

einer Beteiligung an einer Reismühle Ausschau.<br />

Die Rickmers-Werft fand auf dem freien Markt<br />

keine Käufer für ihre Schiffe, stellte sie daher in<br />

den eigenen Reederei<strong>die</strong>nst ein und transportierte<br />

immer regelmäßiger Reis. Dieser bot der Reederei<br />

eine siehere Fracht. Ein Gewinn konnte aber<br />

erst bei einem ebenso regelmäßigen Absatz des<br />

Reises in Bremen erzielt werden. Die Stellung<br />

Bremens im internationalen <strong>Reishandel</strong> kam<br />

nicht zuletzt deshalb zustande, weil <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers ihre unrentable Werft durch das Zusatzgeschäft<br />

im <strong>Reishandel</strong> subventionierte.<br />

20 Jahre nach dem zweiten Britisch-Birmanischen<br />

Krieg von 1852, nach dem der Reisexport<br />

Birmas in <strong>die</strong> Welt begann, und 17 Jahre nachdem<br />

<strong>die</strong> erste Reismühle in Bremen gegründet<br />

worden war, erarbeiteten sieh Rickmer Ciasen<br />

Rickmers und sein Sohn Andreas einen wichtigen<br />

Platz im internationalen Reisgesehäft. Innerhalb<br />

weniger Jahre vergrößerten sie <strong>die</strong> Kapazitäten<br />

der Firma Ichon & Rickmers und<br />

drängten <strong>die</strong> Familie Ichon aus dem Geschäft.<br />

Andreas Rickmers nutzte <strong>die</strong> wirtschaftlichen<br />

Möglichkeiten der globalisierten Welt des späten<br />

19. Jahrhunderts konsequent und wurde <strong>die</strong> prägende<br />

Gestalt des deutschen <strong>Reishandel</strong>s. Die<br />

Einfuhr, Verarbeitung und Ausfuhr von Reis erreichte<br />

in Bremen industrielle Maßstäbe. Die<br />

traditionellen europäischen Reisplätze in London<br />

und Liverpool waren 1888 von Bremen und<br />

Hamburg überholt worden.<br />

Als Reeder, Reishändler und Reismüller war Andreas<br />

Rickmers in einem Geschäftsfeld aktiv,<br />

das von der wirtschaftlich enger werdenden Vernetzung<br />

der Welt profitierte. Ohne Kontinente<br />

überspannenden Handel hätte es keine Reisindustrie<br />

geben können, auch nicht ohne <strong>die</strong> Schifffahrt,<br />

<strong>die</strong> Träger <strong>die</strong>ses Handels war. Rickmer<br />

Ciasen Rickmers und Andreas Rickmers nutzten<br />

den <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> Verarbeitung, um den<br />

Fortbestand der Werft und der Reederei zu sichern.<br />

Sie waren Nutznießer davon, dass Asien<br />

durch vielerlei Entwicklungen näher an Europa<br />

heranrückte. Gleiches galt natürlich für <strong>die</strong> Absatzmärkte<br />

des in England und Deutschland ver-


arbeiteten Reises in Europa, der Karibik, Nordund<br />

Südamerika. Durch <strong>die</strong> Verbesserung der<br />

Segeleigenschaften von Schiffen und <strong>die</strong> Durchsetzung<br />

der Dampfschifffahrt verloren Entfernungen<br />

an Bedeutung. Besonders der Suezkanal<br />

ist dafür ein Sinnbild. Die Gewinnspannen des<br />

weltweiten Handels wuchsen, je günstiger Entfernungen<br />

überbrückt werden konnten. Dazu<br />

kam, dass <strong>die</strong> verbesserte Kommunikation durch<br />

ein geregeltes Postwesen, <strong>die</strong> Telegrafie sowie<br />

<strong>die</strong> schrittweise Vereinheitlichung von Maßen<br />

und Gewichten dem Handel entgegenkamen. Die<br />

Ablösung Englands durch Bremen und Hamburg<br />

an der Spitze des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

lag auch daran, dass <strong>die</strong> Bremer Reishändler und<br />

-müller <strong>die</strong> Möglichkeiten <strong>die</strong>ser Entwicklungen<br />

besser nutzten. Sie reagierten zielgerichtet auf<br />

Angebots- und Nachfrageschwankungen, nutzten<br />

ihre Kommunikationsmittel und Marktkenntnisse<br />

konsequent und erzielten durch <strong>die</strong> bestmögliche<br />

Nutzung der Mahltechniken bessere Ergebnisse<br />

in ihren Fabriken. Dass wirtschaftlicher Erfolg<br />

von einem Informationsvorsprung abhängen<br />

kann, ist keine Erfahrung des digitalen Zeitalters<br />

im späten 20. und im 21. Jahrhundert, sondern<br />

wurde schon in der weltwirtschaftlichen Vernetzung<br />

des 19. Jahrhunderts gesehen.<br />

Andreas Rickmers erkannte, dass der <strong>Reishandel</strong><br />

zwischen Asien und Europa einen Umfang erreichen<br />

würde, der <strong>die</strong> Kapazitäten seiner eigenen<br />

Reederei überstieg. Norddeutschland war<br />

ein Nachzügler in der Dampfschifffahrt, sowohl<br />

im Bau von Dampfschiffen auf den dortigen<br />

Werften als auch in der Dampfschiffsreederei.<br />

In Bremen gab es als einzige große Dampfschiffsreederei<br />

den Norddeutschen Lloyd. Dieser<br />

transportierte Reis durchaus als Beiladung. Andreas<br />

Rickmers trug 1881 wesentlich zur Gründung<br />

der DDG „Hansa“ bei, <strong>die</strong> sehr regelmäßig,<br />

später sogar fahrplanmäßig, Frachtfahrten zwischen<br />

Bremen und Birma unternahm. Damit<br />

stärkte Andreas Rickmers zwar <strong>die</strong> Konkurrenz<br />

in der Reisschifffahrt, doch er stärkte auch den<br />

Standort Bremen als Zentrum des internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong>s und vernetzte Rohstoffmarkt und<br />

Veredelungsort enger. Inzwischen ging es im internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> nicht mehr nur um Angebot<br />

in Asien und Nachfrage in Europa und<br />

den anderen Kontinenten. Es waren Warenterminbörsen<br />

entstanden. Händler spekulierten Monate<br />

im Voraus auf fallende oder steigende Kurse<br />

oder auf Schwankungen der indischen Weizenpreise,<br />

<strong>die</strong> Einfluss auf <strong>die</strong> Reispreise hatten,<br />

oder auf den Zustand der kommenden Reisernte.<br />

Ebenfalls 1881 lagen in Bremen <strong>die</strong> Pläne für<br />

<strong>die</strong> Weserkorrektion vor. Ab 1887 wurde <strong>die</strong> Weser<br />

begradigt und vertieft, 1888 wurde der Freihafen<br />

I eingeweiht und seegängige Schilfe konnten<br />

<strong>die</strong> Stadt Bremen anlaufen. Mit Abschluss<br />

der Weserkorrektion 1895 rückte Bremen noch<br />

enger an <strong>die</strong> internationalen Handels- und Schifffahrtsrouten.<br />

Gute Kenntnisse der Angebots- und<br />

Nachfragemärkte, hochwertige Reisverarbeitung<br />

der Bremer Mühlen und <strong>die</strong> gute Verkehrsinfrastruktur<br />

Bremens führten dazu, dass dort 1888<br />

mehr Reis eingeführt wurde als in London. Bremen<br />

war endgültig zu dem internationalen Umschlags-<br />

und Verarbeitungsplatz für Reis geworden.<br />

In den 1880er Jahren endete in Europa ein Vierteljahrhundert<br />

des Wirtschaftsliberalismus. Während<br />

<strong>die</strong> Industrialisierung durch das Ende vieler<br />

zunftständischen Gewerbezwänge erleichtert<br />

worden war, hatte der Abbau von Zollschranken<br />

den internationalen Handel beflügelt. Davon hatte<br />

Bremen, dessen Eliten sich immer zum Freihandel<br />

bekannt hatten, besonders profitiert. Nach<br />

1879 wurden schrittweise protektionistische<br />

Zollschranken in ganz Europa errichtet und dennoch<br />

wuchs der internationale Handel weiter.<br />

Die deutschen Nachbarländer, besonders <strong>die</strong> Niederlande<br />

und Österreich, bauten eigene Reisund<br />

Reisstärkeindustrien auf und erhoben Einfuhrzölle<br />

zu deren Schutz. Der Rohstoffbezug<br />

wurde für <strong>die</strong> deutschen Reismüller immer einfacher,<br />

<strong>die</strong> Konkurrenz um den Absatz des polierten<br />

Produkts aber zugleich größer. Der Handel<br />

mit Reis über Kontinente hinweg war keine<br />

Pionierleistung mehr, sondern das weltweite<br />

Handelsnetz war so eng verflochten, dass auch<br />

andere Länder außer England und Deutschland<br />

247


an ihm teilnehmen konnten. Die Niederländer<br />

erreichten über den Rhein den deutschen Markt<br />

sehr gut und konkurrierten hier erfolgreich mit<br />

den norddeutschen Reismühlen. Aus Triest und<br />

Fiume wurden <strong>die</strong> grenznahen deutschen Märkte<br />

beliefert. Dies zwang Andreas Rickmers zu einer<br />

neuen Geschäftsstrategie.<br />

Mit dem Zollanschluss Bremens und Hamburgs<br />

gehörten <strong>die</strong> Reismühlen an der Weser auf einen<br />

Schlag dem deutschen Zollgebiet an und mussten<br />

entsprechende Abgaben leisten. Der Reexport<br />

wurde erschwert. In Hamburg konnte sich <strong>die</strong><br />

kleine Reisindustrie hingegen ohne Zollbeschränkungen<br />

entwickeln. Daher beteiligte sich<br />

Andreas Rickmers 1893 an der Reismühle Anton<br />

Deppe & Co. in Hamburg und fasste so auf dem<br />

zweiten Standort der deutschen Reisindustrie<br />

Fuß. Ähnlich ging er in den Ländern vor, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> deutschen Reismüller wegen der Zollschranken<br />

und der dortigen Konkurrenz als Absatzmärkte<br />

verloren hatten. Trotz verschiedener Freihandelsabkommen<br />

kommt es auch heute des Öfteren<br />

zu Handelsblockaden. Ein Beispiel sei der<br />

Import von asiatischen Autos in <strong>die</strong> Vereinigten<br />

Staaten von Amerika, an dem sich regelmäßig<br />

Konflikte entzünden. Das Gefühl einer Benachteiligung<br />

durch eine dichte, Kontinente übergreifende<br />

wirtschaftliche Verbundenheit und daraus<br />

entstehende Abschottungstendenzen, gab es<br />

schon vor über 120 Jahren. Die Lösung lag früher<br />

wie heute in der Erschließung alter Märkte<br />

auf neuen Wegen oder der Schaffung neuer Absatzgebiete.<br />

1895 gelang Andreas Rickmers ein Vertragsabschluss,<br />

nach dem <strong>die</strong> Rickmers AG und <strong>die</strong> halb<br />

zu Rickmers gehörende Hamburger Reismühle<br />

gemeinsame Gesellschafter der Ersten Triester<br />

Reisschälfabrik wurden. Der in den Jahren zuvor<br />

zunehmend verlorene wichtigste Absatzmarkt in<br />

Europa, Österreich-Ungarn, wurde so für den<br />

deutschen <strong>Reishandel</strong> neu erschlossen. Gemeinsam<br />

mit der Triester Reismühle gründeten <strong>die</strong><br />

beiden zur Rickmers AG gehörenden Mühlen<br />

aus Bremen und Hamburg 1898 eine weitere Fabrik<br />

in Aussig an der Elbe. So festigte Andreas<br />

Rickmers <strong>die</strong> Marktposition in Österreich, erreichte<br />

deutsche Grenzregionen, <strong>die</strong> nicht mehr<br />

von Norddeutschland aus mit poliertem Reis beliefert<br />

werden konnten und erhöhte <strong>die</strong> Bedeutung<br />

Hamburgs als Reisstandort in Deutschland.<br />

Von dort aus wurde <strong>die</strong> Aussiger Fabrik sowohl<br />

mit ihren technischen Anlagen ausgerüstet als<br />

auch der Rohstoff immer elbaufwärts nach Aussig<br />

gebracht.<br />

Solche Verschiebungen sind ein deutlicher Hinweis,<br />

dass der Reismarkt hochentwickelt war.<br />

Um Gewinne zu realisieren, mussten alle Vorteile<br />

eines Standortes ausgeschöpft werden oder eben<br />

Standorte gewechselt werden. Dabei kann eindeutig<br />

auch davon gesprochen werden, dass der<br />

Reismarkt ein globalisierter Reismarkt war. Das<br />

galt nicht nur, weil <strong>die</strong> Rohstoffmärkte sich von<br />

Amerika nach Asien verschoben. Seit dem frühen<br />

20. Jahrhundert wurde auch wieder in Amerika<br />

und teilweise sogar in Europa nennenswert<br />

Reis angebaut. Die internationale Verflechtung<br />

des <strong>Reishandel</strong>s wurde auch dadurch aufgezeigt,<br />

dass mit der Rickmers AG zum ersten Mal ein<br />

nicht-britisches Unternehmen aus Europa eine<br />

Reismühle in Asien erwarb. Die Rickmers AG<br />

erwarb 1894 <strong>die</strong> Reismühle Markwald & Co. in<br />

Bangkok und baute <strong>die</strong>se zur größten Reisfabrik<br />

Siams aus. Adolph Markwald, der vermutete<br />

Gründer der Reismühle, war zwar ein <strong>Deutscher</strong>,<br />

der in Siam als Kaufmann lebte, aber kein Reishändler.<br />

Somit war der Kauf der Rickmers AG<br />

<strong>die</strong> erste Niederlassung eines deutschen Reishändlers<br />

in Asien.<br />

Der Übergang vom 19. in das 20. Jahrhundert<br />

brachte einen Bedeutungsverlust des gesamten<br />

europäischen Kontinents für den internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> mit sich. Infolge der engen Vernetzung<br />

zwischen Europa und Asien gelang es asiatischen<br />

Firmen, Techniken und Fähigkeiten der<br />

Europäer zu übernehmen. Durch verkürzte Reisezeiten<br />

konnte inzwischen sogar vollständig in<br />

Asien polierter Reis in guter Qualität nach<br />

Europa und Amerika verschifft werden. Die europäischen<br />

Reismühlen waren damit zwar noch<br />

nicht vollständig überflüssig, für einen internationalen<br />

Reismarkt aber nicht länger zwingend<br />

notwendig.


г<br />

Die Rickmers AG reagierte darauf, indem sie<br />

eine Vereinigung aller deutschen Reismüller anstrebte.<br />

Dies gelang 1901 mit der Gründung der<br />

Reis- und Handels AG. Ein wirkliches Monopol<br />

konnte der Bremer Reiskonzem nie aufbauen.<br />

Zu groß war <strong>die</strong> Angst auch in Deutschland,<br />

dann einem Preisdiktat unterworfen zu werden.<br />

Eine monopolähnliche Stellung hielt <strong>die</strong> Reisund<br />

Handels AG dennoch <strong>bis</strong> etwa 1910. Erst<br />

danach gelang es mehreren kleinen Reismühlen<br />

in Hamburg, sich eine nennenswerte Stellung<br />

innerhalb der deutschen Reisindustrie zu erarbeiten.<br />

Andreas Rickmers verbesserte mit der<br />

Reis- und Handels AG <strong>die</strong> Stellung der deutschen<br />

Reishändler gegenüber den englischen Verschiffern<br />

in Birma. Ein Abkommen wurde erzielt,<br />

nachdem <strong>die</strong> Verschiffer keinen polierten Reis<br />

nach Deutschland brachten. Das sicherte den<br />

deutschen Reismühlen ihr Auskommen. Im Gegenzug<br />

mussten sie aber ihren gesamten Rohstoffbedarf<br />

bei dem Kartell der Verschiffer ankaufen.<br />

Dennoch wurde der weltweite <strong>Reishandel</strong><br />

immer weniger über Deutschland und<br />

zunehmend direkter über Birma abgewickelt.<br />

1906 pachtete <strong>die</strong> Reis- und Handels AG eine<br />

Reismühle in Rangun, kaufte <strong>die</strong> alteingesessene,<br />

vormals von Deutschen gegründete englische<br />

Firma Krüger & Co., <strong>die</strong> mehrere Reismühlen<br />

besaß, und schuf sich so eine eigene Stellung<br />

auf dem wichtigsten asiatischen Markt. In der<br />

Folge gründeten <strong>die</strong> englischen Verschiffer aus<br />

Birma eine Reismühle in Hamburg und trugen<br />

<strong>die</strong> Konkurrenz so auch nach Deutschland. Bis<br />

zum Ersten Weltkrieg zeigten sich nun drei<br />

grundsätzliche Entwicklungen. Erstens gab es<br />

in Deutschland ständige Konflikte zwischen den<br />

zollinländischen Reismühlen, fast ausschließlich<br />

der Reis- und Handels AG zugehörig und den<br />

Mühlen im Hamburger Freihafengebiet über <strong>die</strong><br />

bestmögliche deutsche Zollpolitik im Interesse<br />

des deutschen Reisgewerbes. Zweitens bestätigte<br />

<strong>die</strong> Gründung der Reis- und Handels AG durch<br />

Andreas Rickmers, dass er und das Rickmers’sche<br />

Familienimperium <strong>die</strong> entscheidenden<br />

Akteure des deutschen <strong>Reishandel</strong>s zwischen<br />

<strong>1850</strong> und <strong>1914</strong> waren. Das änderte sich auch<br />

nach dem erzwungenen Ausscheiden von Andreas<br />

Rickmers 1910 nicht. Drittens aber zeigte<br />

sich auch, dass Andreas Rickmers und alle Großaktionäre<br />

<strong>die</strong> Reis- und Handels AG ausnutzen.<br />

Hohe Dividenden, Tantiemen und Gehälter wurden<br />

wichtiger genommen als nachhaltiges Wirtschaften.<br />

Der deutsche <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> Familie Rickmers<br />

erlangten im globalen Wettbewerb eine herausragende<br />

Spitzenposition. Der technische<br />

Fortschritt, <strong>die</strong> Vernetzung und Verflechtung des<br />

Reismarktes und der internationalen Wirtschaft<br />

waren dafür eine notwenige Grundbedingung.<br />

Zugleich waren <strong>die</strong>se positiv wahrgenommenen<br />

Eigenschaften einer globalisierten Welt aber auch<br />

der Grundstein für den schnell folgenden Bedeutungsverlust<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s in<br />

der Welt. Nach etwas mehr als zehn Jahren Weltmarktführung<br />

ging <strong>die</strong>se an den innerasiatischen<br />

<strong>Reishandel</strong> zwischen Rangun, Bangkok und Singapur<br />

über. Nun wurde <strong>die</strong> Welt von dort mit<br />

Reis versorgt. Eine wichtige Stellung hatten<br />

deutsche Reishändler und Reismüller <strong>bis</strong> zum<br />

Ersten Weltkrieg weiterhin inne. Keine andere<br />

europäische Nation war in <strong>die</strong>sem Wirtschaftszweig<br />

erfolgreicher. Doch seit 1894 waren Deutsche<br />

nicht mehr Taktgeber des internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong>s, sondern behaupteten sich, indem<br />

sie <strong>die</strong> Mechanismen einer globalisierten Wirtschaft<br />

erkannten und <strong>die</strong> gebotenen Spielräume<br />

in ihrem Interesse bestmöglich zu nutzen suchten.<br />

Mit dem Ersten Weltkrieg brach <strong>die</strong> deutsche<br />

Reiswirtschaft zusammen. Die asiatischen Produktionsmärkte<br />

wurden nicht mehr erreicht, <strong>die</strong><br />

Mühlen in Hamburg und Bremen wurden stillgelegt<br />

oder für <strong>die</strong> Verarbeitung anderer Nahrungsmittel<br />

umgerüstet. Nach dem Krieg war<br />

<strong>die</strong> Spitzenposition im europäischen und im globalen<br />

<strong>Reishandel</strong> verloren. Doch der Wirtschaftszweig<br />

konnte sich neu etablieren. Ersten Mühlen<br />

in Deutschland folgten Tochterunternehmen in<br />

den Niederlanden und Ende der 1920er Jahre<br />

gab es auch wieder eine bedeutende Stellung<br />

deutscher Reishändler in Birma.<br />

Die durch den Ersten Weltkrieg entstandene Zä-<br />

249


sur im deutschen <strong>Reishandel</strong> ist ein Hinweis darauf,<br />

dass sich <strong>die</strong> Welt - zumindest doch viele<br />

Aspekte der menschlichen Lebenswelt - seit<br />

<strong>1850</strong> einer zunehmend engeren Vernetzung ausgesetzt<br />

sah. Globalisierung ist kein Kind des 20.<br />

oder 21. Jahrhunderts. Oft wird Globalisierung<br />

als ökonomisches Phänomen wahrgenommen,<br />

von dem einige Menschen profitieren und dem<br />

sich viele andere Menschen hilflos ausgeliefert<br />

fühlen. All <strong>die</strong> Prozesse, <strong>die</strong> unter Globalisierung<br />

zusammengefasst werden, können mit der Geschichte<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s nicht erklärt<br />

oder gar bewertet werden. Aber <strong>die</strong> Geschichte<br />

des deutschen <strong>Reishandel</strong>s von <strong>1850</strong> <strong>bis</strong> <strong>1914</strong><br />

zeigt, dass globale Verflechtungen verständlich<br />

gemacht werden können. Die Benennung von<br />

einzelnen Akteuren und Prozessen sowie deren<br />

Wechselwirkungen miteinander ist auch für das<br />

Verständnis gegenwärtiger globaler Entwicklungen<br />

eine gute Strategie. Dem Gefühl, Globalisierung<br />

hilflos ausgesetzt zu sein, kann ein sachliches<br />

Verständnis entgegengesetzt werden.<br />

250


Quellenverzeichnis<br />

1. Ungedruckte Quellen<br />

Státní oblastni archiv Litomefice, Podnikovy<br />

archiv Severoceskych tukovych tukovych<br />

závodu Usti nad Labem, fond Bohemia<br />

Reiswerke-Aktiengesellschaft in Aussig<br />

1899-1941.<br />

Protokoll der Verwaltungsratssitzung der „Austria“<br />

Reiswerke-Actiengesellschaft im Hotel<br />

Englischer Hof in Aussig, 5.6.1900.<br />

Vereinbarung der Zusammenarbeit zwischen der<br />

Ersten Triester Reisschälfabrik und der „Austria“<br />

Reiswerke Aussig, 3.12.1901.<br />

Protokoll der 5. ordentlichen Generalversammlung<br />

der „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft<br />

im Bureau der Anglo-Österr. Bankfiliale<br />

in Aussig, 4.6.1904.<br />

Verzeichnis der bei der 6ten General-Versammlung<br />

der „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft<br />

in Aussig am 20. Mai 1905 anwesenden<br />

Herren Actionäre.<br />

Stadtarchiv Bad Salzuflen<br />

H VI 249, Reismaklerbericht 1875.<br />

H V I250, Statistisches Handbuch für den Artikel<br />

Reis 1882.<br />

Bundesarchiv Berlin<br />

R 1001/7918 Reis in Togo.<br />

R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in Siam<br />

1907-10.<br />

R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in Siam<br />

1910-12.<br />

R 901/76695 Schifffahrtsverhältnisse in Siam<br />

1912-14.<br />

R 901/76892 Schifffahrtsberichte deutsches Konsulat<br />

Rangun.<br />

R 1001/7916 Reis in Kamerun.<br />

R 8024/115 Ulanga Reis- & Handels-Gesellschaft.<br />

R 1001/7920 Reis in Deutsch-Neuguinea.<br />

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz,<br />

Berlin<br />

I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe<br />

C V III1 Nr. 90, Akte Handel mit Reis.<br />

I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe<br />

C XIII 18 Nr. 27, Akten betreffend<br />

Anam und Indo-China.<br />

I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe<br />

C X III18 Nr. 8 Bd. I, Akten betreffend<br />

Siam.<br />

III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten<br />

II Nr. 54563, Akten betreffend<br />

Schifffahrtsverhältnisse zwischen den Hansestädten<br />

und Siam 1859-1861.<br />

Archiv der Handelskammer Bremen<br />

900 01 К 14 Reis- und Handels AG.<br />

C VI 87 Handel mit Reis.<br />

Protokollbuch der Handelskammer Vili 1863<br />

<strong>bis</strong> 1865.<br />

WI128 1875-1934, 1938, Akte <strong>Reishandel</strong> und<br />

Schlussschein.<br />

Staatsarchiv Bremen<br />

4,75/5 - HRB 720, Band 1, Reis- und Handels<br />

AG.<br />

4,75/5 - HRB S654II, Schröder, Smidt & Co.<br />

Universitäts- und Forschungsbibliothek<br />

Erfurt/Gotha<br />

Pol 2° 01778/13 (20). Schöllkopf, Johann, Hoher<br />

Zollbundesrath!: Johann Schöllkopf, Eabrikant<br />

von Reisstärke bittet ehrfurchtsvoll um<br />

Beseitigung der Anomalie in der Zollbelegung,<br />

Ulm, 3. April 1870.<br />

Stadtarchiv Flensburg<br />

IIE, 02431 (NV), Verkauf der Elensburger Reismühle.<br />

XII Hs, 01422 (S). Luise Kallsen, „Reismühle“.


Archiv der Handelskammer Hamburg<br />

ll.D.40.4 Das handelsübliche Gewicht eines<br />

Sackes Reis.<br />

1 l.D.40.6 Gewichtsschwankungen bei Reis, Gewichtsschwund<br />

bei Reis.<br />

ll.D.40.14 Begriff Sack bzw. Ballen im <strong>Reishandel</strong>.<br />

20.H.2.1 Die Verhandlungen zur Schaffung eines<br />

Zollregulativs (1881-1888).<br />

20.H.2.3.1 Änderung des Zollregulativs für Reisschälmühlen.<br />

24.C.2.5. Hamburger Preisstatistik über Reis.<br />

Staatsarchiv Hamburg<br />

111-1 CI. VI Nr. 14І Voi. 1 Fase. 1 Handelsvertrag<br />

mit Birma 1877-1885.<br />

132 6/5 1 Konsulat Bassein.<br />

132-H 208 Beschlagnahmung einer Reissendung<br />

der Fa. Horn & Samsche, Hamburg, auf dem<br />

deutschen D „Mudros“ durch griechische Seestreitkräfte<br />

1913-1915.<br />

132-11 1244 Bd. 1 Änderung Zollregulative geschälter<br />

Reis 1906.<br />

132-H 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative geschälter<br />

Reis 1907-1913.<br />

132-112339 Einfuhr von Paddy-Reis 1899.<br />

132-11 3939 Enteignung Ea. Cuno Hering.<br />

Rickmers-Familieuarchiv, Hamburg<br />

Kopierbuch VI, Reisetagebuch Paul Rickmers.<br />

PK 1/7, Austritt Andreas Rickmers.<br />

PK 1/11, Rickmers AG - 1910 Unregelmäßigkeiten<br />

Reis- & Handels AG Korrespondenz<br />

Robert und Paul Rickmers.<br />

PK 1/13, Dossier Andreas Rickmers, Anhang<br />

Rickmers AG 1908-1910.<br />

PK 7/16,1883,1885 u. 1886 Dokumentensammlung<br />

Rickmers AG.<br />

PK 8/2,1889-1909 Beteiligungen der Rickmers<br />

AG an anderen Unternehmen.<br />

PK 10/7, Kopien von Zusammenfassungen biographischer<br />

Eorschungen zu Rickmer Ciasen<br />

Rickmers (1807-1886).<br />

PK 11/13, Personenakte Robert Henry Rickmers<br />

1864-1948.<br />

PK 12/7, Sammelbox Willi Heinrich Rickmers<br />

Asienreiseberichte 1876-1877.<br />

PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891.<br />

ST 7, Manuskripte Pestschrift.<br />

ST 7Я1, Manuskripte Pestschrift.<br />

ST 9, Diverse Korrespondenzen.<br />

Liverpool Record Office and History Library<br />

MD 285.1, Rice Cargoes.<br />

MD 285.3, Eraser & Co.’s Review of the Rice<br />

Trade for 1885.<br />

Kreisarchiv Osterholz<br />

989/11, Landkauf zwischen Gastwirt Müller und<br />

Maurer Steeneck für Lange 12.10.1876.<br />

989/20, Kauf Pfarrweide 1877.<br />

989/6, Landkauf Ziegelkampe 1877.<br />

989/66, Arbeitsordnung ab dem 14.1.1910.<br />

989/67, 67a, 67d, 67e, Verträge der Vereinigten<br />

Reisstärke Fabriken.<br />

989/67b, Statut der Deutschen Reisstärke-Verkaufs-Gesellschaft<br />

vom 14.6.1911.<br />

989/67f, Brief Joseph Colman Limited et al. an<br />

Gebr. Nielsen vom 22.7.1908.<br />

989/80, Artikel Osterholzer Kreisblatt 6./7. Januar<br />

1979, 60 Jahre Osterholzer Reiswerke.<br />

989/82, Konzessionsurkunde vom 5.10.1875.<br />

Onlinequellen<br />

http://www.bitterfeld-online.de/index.php?<br />

id= 111303000513&cid= 111303000213<br />

(zuletzt abgerufen am 29.7.2011).<br />

h ttp://w w w .peter-hug.ch/lexikon/fium e?<br />

Typi^PDF<br />

(zuletzt abgerufen am 11.10.2011).<br />

http://faostat.fao.org/site/535/DesktopDefault.as<br />

px?PagelD=535#ancor<br />

(Statistiken der Food and Agriculture Organization<br />

of the United Nations, zuletzt abgerufen<br />

am 4.1.2012).<br />

http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/<br />

Sites/destatis/lnternet/DE/Content/Statisti<br />

ken/lnternationalesЯnternationaleStatistik/Th<br />

ema/Landwirtschaft/TabJB 1l_A_13_2,property=file.pdf<br />

252


(Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch<br />

2011, S. 708, zuletzt abgerufen am 4.1.<br />

2012).<br />

http://de.academic.ru/dic.nsf/konversations_lexikon/56765/Pikul<br />

(Brockhaus 1911, zuletzt abgerufen am 28.1.<br />

2012).<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Cambodian_tical<br />

(Wikipedia, zuletzt abgerufen am 11.4.2011).<br />

Verhandlungen der Bremischen Bürgerschaft<br />

vom Jahre 1858, Stenographisch aufgezeichnet,<br />

Bremen 1858.<br />

Zeitungen<br />

Weser-Zeitung vom 10.2.1846.<br />

The Straits Times, 22.11.1910, S. 7. Zitiert nach:<br />

http://newspapers.nl.sg/Digltised/Article/<br />

straitstimesl9101122.2.68.aspx<br />

(zuletzt abgerufen am 1.11.2011).<br />

The Straits Times, 29.11.1910, S. 7. Zitiert nach:<br />

http://newspapers.nl.sg/Digitised/Article/straitstimesl9101129.2.57.aspx<br />

(zuletzt abgerufen am 1.11.2011).<br />

2. Gedruckte Quellen<br />

Böckh, Richard (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch<br />

der Stadt Berlin, 8. Jahrgang 1880 <strong>bis</strong> 25.<br />

Jahrgang 1898, Berlin 1882 <strong>bis</strong> 1900.<br />

Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch<br />

für Bremische Statistik, Jahrgang 1848 <strong>bis</strong><br />

Jahrgang 1916, Bremen 1849 <strong>bis</strong> 1917.<br />

Hirschberg, Ernst (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch<br />

der Stadt Berlin, 29. Jahrgang 1904, Berlin<br />

1905.<br />

Kaiserlich Statistisches Amt (Hrsg.), Statistisches<br />

Jahrbuch für das Deutsche Reich, Zehnter<br />

Jahrgang 1889 <strong>bis</strong> Vierunddreißigster Jahrgang<br />

1913, Berlin 1889 <strong>bis</strong> 1913.<br />

Kunis, Karl W. u.a. (Hrsg.), Die Mühle. Wochenschrift<br />

zur Förderung der Deutschen<br />

Mühlenindustrie. Amtliches Vereinsblatt des<br />

Verbandes deutscher Müller und der Müllerei<br />

Berufsgenossenschaft, 17. Jahrgang 1880 <strong>bis</strong><br />

33. Jahrgang 1896, Leipzig 1880 <strong>bis</strong> 1896.<br />

Silbergleit, Heinrich (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch<br />

der Stadt Berlin, 31. Jahrgang 1906/07,<br />

Berlin 1909.<br />

253


Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle II. 4.1, Reissorten mit ihren äußeren Eigenschaften ....................................................... 70<br />

Tabelle II. 4.2, Handelsnamen von R e is......................................................................................... 72<br />

Tabelle II. 4.3, Reisverbrauch pro Kopf in Deutschland 1836-1910 ........................................... 73<br />

Tabelle II. 4.4, Reisverbrauch gesamt in Deutschland 1897-1913 ................. 74<br />

Tabelle II. 4.5, Reispreise in Rangun 1845-1916 ........................................................................... 76<br />

Tabelle II. 4.6, Großhandelspreise für Reis in Deutschland 1879-1912 .................................... 77<br />

Tabelle II. 4.7, Vergleich der Einkaufspreise in Rangun mit Großhandelspreisen in<br />

Bremen 1880-1912 ........................................................................................................................... 78<br />

Tabelle II. 4.8, Kleinhandelspreise für Reis in Berlin 1878-1907 ............................................... 79<br />

Tabelle III. 2.1, Chemische Analyse und Stärkegehalt von Reis, Weizen, Mais und<br />

Kartoffeln 1893 .................................................................................................................................... 118<br />

Tabelle III. 2.2, Zollpolitische Eingaben und Entscheidungen im Zusammenhang mit<br />

Reisstärke 1869-1906 ......................................................................................................................... 122<br />

Tabelle 111. 2.3, Einfuhrzölle auf Stärke in Deutschland 1868-1906 ........................................... 123<br />

Tabelle III. 2.4, Reisstärkefabriken in Deutschland 1885 .............................................................. 130<br />

Tabelle III. 2.5, Absatz von deutscher Reisstärke im In- und Ausland 1890-1913 ................... 131<br />

Tabelle III. 2.6, Einfuhrzölle auf deutsche Reisstärke in Europa zwischen 1879 und 1892 . . . 133<br />

Tabelle III. 2.7, Nettoschutz deutscher Reisstärke in Deutschland im Vergleich zum Ausland 133<br />

Tabelle III. 2.8, Verkaufspreise für Reisstärke 1887-<strong>1914</strong> ............................................................ 135<br />

Tabelle III. 3.1, Reisexport aus Birma je Hafen und Gesamt 1880-1889 .................................. 138<br />

Tabelle III. 4.1, Import von Rohreis, Produktion von poliertem Reis und Export von<br />

poliertem Reis in Bremen 1844-1874 .............................................................................................. 145<br />

Tabelle III. 4.2, Import von Rohreis, Produktion von poliertem Reis und Export von<br />

poliertem Reis in Bremen 1874-1881 .............................................................................................. 147<br />

Tabelle III. 4.3, Reisexport Birmas nach Europa 1876-1885 ....................................................... 151<br />

Tabelle III. 4.4, Reisexport Bengalens nach Europa 1876-1885 ................................................. 151<br />

Tabelle III. 4.5, Reisexporte Birmas und anderer asiatischer Häfen 1880-1885 ........................ 151<br />

Tabelle III. 4.6, Import von Rohreis sowie Verbrauch und Export von poliertem Reis<br />

in Bremen 1881-1885 ....................................................................................................................... 152<br />

Tabelle III. 4.7, Reisexporte Birmas per Dampfschiff 1886-1889 ............................................... 152<br />

Tabelle III. 4.8, Reisexporte Birmas nach Europa 1886-1889 ..................................................... 153<br />

Tabelle III. 4.9, Reisexporte aller asiatischen Häfen 1868-1874 ................................................. 155<br />

Tabelle III. 4.10, Reisexporte aller asiatischen Häfen nach Europa 1868-1881 ........................ 155<br />

Tabelle III. 4.11, Gesamte Reisexporte Birmas nach Europa 1868-1874 .............................. 156<br />

Tabelle III. 4.12, Gesamte Reisexporte Birmas nach Europa 1877-1890 .............................. 156<br />

Tabelle III. 4.13, Vergleichende Darstellung der Reisimporte in Bremen, Hamburg, London<br />

und Liverpool 1877-1895 ................................................................................................................... 156<br />

Tabelle III. 4.14, Vergleichende Darstellung der Reisexporte von Bremen, Hamburg und<br />

aus England 1872-1895 ..................................................................................................................... 157<br />

Tabelle III. 5.1, Reisausfuhr der vier Reishäfen Birmas 1859-1890 ........................................... 158<br />

Tabelle III. 5.2, Export von poliertem Reis aus London und Liverpool 1881-1885 ................ 159<br />

Tabelle III. 5.3, Reisexporte Bremens nach Preußen und in ausgewählte Länder 1872-1887 . . 160<br />

Tabelle III. 5.4, Reisexporte deutscher Reismüller auf <strong>die</strong> wichtigsten Absatzmärkte<br />

nach 1900 ............................................................................................................................................. 161


Tabelle IV. 2.1, Verluste der „Austria“ Reiswerke-Actiengesellschaft in Aussig 1900-1905 . . 180<br />

Tabelle IV. 2.2, Aktionäre und Stimmen der Generalversammlung der „Austria“<br />

Reiswerke-Actiengesellschaft in Aussig 1904/05 ........................................................................ 180<br />

Tabelle IV. 2.3, Internationale Beteiligungen der Rickmers AG 1898 ........................................ 185<br />

Tabelle V. 1.1, Reissorten für <strong>die</strong> asiatischen Konsummärkte inklusive des maximalen<br />

Anteils von Bruchreis....................................................................................................................... 200<br />

Tabelle V. 1.2, Reisexporte aus Birma in tons nach Europa, andere westliche Märkte<br />

und asiatische Märkte 1870-1917 .................................................................................................. 200<br />

Tabelle V. 1.3, Anstieg der Zahl der Reismühlen in Birma 1861-1919 ...................................... 202<br />

Tabelle V. 1.4, Nationalität der Mühlenbesitzer in Birma 1881-1921 ......................................... 202<br />

Tabelle V. 1.5, Zahl der Angestellten je Nationalität der Mühlenbesitzer in B irm a................... 202<br />

Tabelle V. 1.6, Verhältnis kleiner zu großen Reismühlen in Birma ............................................. 203<br />

Tabelle V. 1.7, Jährliche Durchschnittsmengen und Verhältnisse im Export von Cargoreis<br />

und weißem Reis aus Birma 1881-1902 ....................................................................................... 204<br />

Tabelle V. 2.1, Liste der in <strong>die</strong> Reis- und Handels AG eingebrachten Mühlen mit W e rt........... 211<br />

Tabelle V. 2.2, Aufteilung der Hamburger Reiseinfuhr 1911 ........................................................ 221<br />

Tabelle V. 2.3, Stand der Verbindlichkeiten der Reis- und Handels AG 1908 ............................ 223<br />

Tabelle V. 2.4, Die von Paul und Robert Rickmers während der Rickmers-Affäre verwendeten<br />

Decknamen........................................................................................................................................ 225<br />

Tabelle V. 2.5, Bilanz der Reis- und Handels AG 1902-<strong>1914</strong> ..................................................... 226<br />

Tabelle V. 2.6, Aktienzahl, -werte und Dividenden der Reis- und Handels AG im Besitz der<br />

Rickmers AG 1901-<strong>1914</strong> ................................................................................................................. 227<br />

Tabelle V. 3.1, Positionen des Schälregulativs 1906 ........................................................................ 229<br />

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Wasch- und Toiletten-Stärke und des künstlichen<br />

Sago, sowie der Verwerthung aller bei<br />

der Stärkefabrikation sich ergebenden Abfälle,<br />

namentlich des Klebers und der Fabrikation<br />

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ancor (zuletzt abgerufen am 4.1.2012).<br />

3 Teuteberg, Hans Jürgen, Günter Wiegelmann, Nahrungsgewohnheiten<br />

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4 Menniger, Annero.se, Genuss im kulturellen Wandel. Tabak, Kaffee,<br />

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2008. Siehe auch: Jacob, Heinrich-Eduard, Kaffee: Die Biographie<br />

eines weltwirtschaftlichen Stoffes, München 2(Ю6.<br />

5 Roder, Hartmut (Hrsg.), Schokolade. Geschichte, Geschäft und<br />

Genuss, Bremen 2002.<br />

6 Niehoff, Lydia, Bremer Bier im Baltikum? Eine Suche nach<br />

Bremer Brauprodukten im Ostseeraum. In: Bremisches Jahrbuch.<br />

Band 80, 2001, S. 51-73.<br />

7 Foster, Robert J., Cola: Coca-Globalization Following Soft<br />

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8 Ein Beispiel für eine moderne Wirtschaftsgeschichtsschreibung:<br />

Wixforth, Harald, „Unserer lieben ältesten Tochter“. 150 Jahre<br />

Bremer Bank. Eine Finanz- und Wirtschaftsgeschichte der Han-<br />

.sestadt Bremen, Bremen 2006.<br />

9 Seling-Biehusen, Petra, Kaffee-Handel und Kaffee-Genuß in der<br />

Stadt Bremen im 17., 18. und 19. Jahrhundert, Dissertation, Bremen<br />

1995. Siehe auch: Engel, Karin, Die Kaffeeprinzessin, München<br />

2008.<br />

10 Schildknecht, Karl-Heinz, Bremer Baumwollbörse: Bremen und<br />

Baumwolle im Wandel der Zeiten, Bremen 1999.<br />

11 Zum Beispiel: Engelsing, Rolf, Herrn. Dauelsberg. Schiffsmakler<br />

1857-1957, Bremen 1957. Oder: Wätjen, Hans, Weißes W im<br />

blauen Feld. Die bremische Reederei und Überseehandlung D.<br />

H. Wätjen & Co. 1821-1921, Wolfsburg 1983.<br />

12 Roder, Hartmut, Reis-Weltmarkt Bremen: Aufstieg und Niedergang.<br />

In: Ders. (Hrsg.), Bremen - Handelsstadt am Ruß, Bremen<br />

1995,8.231-237.<br />

13 Zum Beispiel: Prüser, Friedrich, Aus der Geschichte der Reisund<br />

Handels-Aktiengesellschaft Bremen, Bremen 1937. Oder<br />

auch: Ders., 1000 Jahre Bremer Kaufmann, Bremen 1965.<br />

14 Oppel, Alwin, Der Reis, Bremen 1891.<br />

15 Schuhmacher, Hermann, Der Reis in der Weltwirtschaft, München,<br />

Leipzig 1917.<br />

16 Blankenburg, Paul, Der Reis. Eine wirtschaftsgeographische Untersuchung,<br />

Berlin 1933.<br />

17 Siok-Hwa, Cheng, The Rice Industry of Burma 1852-1940,<br />

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18 Grant, James William (ed.), The Rice Crop in Burma. Its History,<br />

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19 Chamey, Michael W., A History of Modem Burma, Cambridge<br />

2009. Oder: Baker, Chris and Pasuk Phongpaichit (eds.), A History<br />

of Thailand, Cambridge 2009.<br />

20 Fuhse, Georg, Die Freie Hansestadt Bremen in wirtschaftsgeschichtlicher<br />

Entwicklung, Bremen 1927.<br />

21 Rauers, Friedrich, Bremer Handelsgeschichte im 19. Jahrhundert:<br />

Bremer Handelsstatistik vor dem Beginn der öffentlichen administrativen<br />

Statistik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,<br />

Bremen 1913.<br />

22 Für eine Zusammenfassung der Argumente unterschiedlicher<br />

Globalisierungsepochen in der Geschichte siehe: Steams, Peter<br />

N., Globalization in World History, New York 2010.<br />

23 Siehe: Miller, James Innés, The Spiee Trade of the Roman Empire,<br />

Oxford 1998.<br />

24 Siehe: Osterhammel, Jürgen und Niels P. Pelersson, Geschichte<br />

der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, München<br />

2006'.<br />

25 Siehe: Pohl, Hans, Aufbruch der Weltwirtschaft. Geschichte der<br />

Weltwirtschaft von der Mitte des 19. Jahrhunderts <strong>bis</strong> zum Ersten<br />

Weltkrieg, Stuttgart 1989.<br />

26 Conrad, Sebastian und Andreas Eckert, Globalgeschichte, Globalisierung,<br />

multiple Modernen: Zur Geschichtsschreibung der<br />

modernen Welt. In: Freitag, Ulrike u.a. (Hrsg.), Globalgeschichte.<br />

Theorien, Ansätze, Themen, Frankfurt 2007, S. 20.<br />

27 Ebd„ S. 37.<br />

28 Conrad, Sebastian, Globalisierung und Nation im Deutschen<br />

Kaiserreich, München 2006, S. 33.<br />

29 Torp, Cornelius, Die Herausforderung der Globalisierung. Wirtschaft<br />

und Politik in Deutschland 1860-<strong>1914</strong>, Göttingen 2005,<br />

S. 21, 356, 363.<br />

30 „Rickmers Rhederei, Reismühlen und Schiffbau A.G.“ ist ein<br />

Eigenname und „Rhederei“ daher in seiner altertümlichen<br />

Schreibweise belassen. In Zitaten und bei der Nutzung von Eigennamen<br />

werden <strong>die</strong>se auch künftig in der ursprünglichen<br />

Schreibweise wiedergegeben.<br />

31 Historiker nutzen in der Analyse zumeist „Kategorien“ oder<br />

„Chiffren“, um Vemetzungs- und Verdichtungsprozesse zu benennen.<br />

Einen guten Überblick der „Chiffren“, unter denen Globalisiemng<br />

im 19. Jahrhundert erkennbar wird, bieten Nussbaumer<br />

und Exenberger. Siehe: Nussbaumer, Josef und Andreas<br />

Exenberger, Chiffren zur Globalisierung in der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts (ca. <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong>), Innsbruck 2003. Beitrag<br />

zur Tagung „Geschichten der Globalisierung“ an der FH Kufstein-Tirol,<br />

9./10. Jänner 2003. Siehe: http://homepage.uibk.<br />

ac.at/~c43207/<strong>die</strong>/papers/globchiff.pdf (zuletzt abgerufen am<br />

12.3.2010).<br />

32 Migration bedeutete vielfach Arbeitsmigration und war in mehrfacher<br />

Hinsicht wichtig für <strong>die</strong> Entstehung eines internationalen<br />

Reismarktes. Dennoch sollen in <strong>die</strong>ser Arbeit nicht explizit Ansätze<br />

der Global Labour History im Vordergrund stehen. Dies<br />

würde dem Faceltenreichtum an Prozessen, <strong>die</strong> auf den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> Einfluss nahmen, nicht gerecht und den Fokus der<br />

Arbeit zu einseitig ausrichten. Zu Global Labour History siehe:<br />

van der Linden, Marcel, Workers of the World. Essay towards a<br />

Globa! Labor History, Leiden 2(Ю8.<br />

33 Blankenburg, Der Reis, S. 4.<br />

34 Witthöft, Harald, Deutsche Maße und Gewichte des 19. Jahrhunderts:<br />

Nach Gesetzen, Verordnungen und autorisierten Publikationen<br />

deutscher Staaten, Territorien und Städte, St. Katharinen<br />

1993. S. 108.<br />

35 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 25.<br />

36 Grant, Rice Crop in Burma, S. 52.<br />

37 Dethloff, Henry C., A History of the American Rice Industry<br />

1685-1985, Texas 1988,5.26.<br />

38 Nach Roche begann der Reisbau in Nordamerika bereits im frühen<br />

17. Jahrhundert, Schneider spricht vom Jahr 1694, weist<br />

aber darauf hin, dass es bereits 1647 erfolglose Versuche im Anbau<br />

von Reis gegeben habe. Siehe: Roche, Julian, The International<br />

Rice Trade, Cambridge 1992, S. 18. Sowie: Schneider,<br />

Heinz, Der Reisbau in den Vereinigten Staaten unter dem Einfluß<br />

des Welthandels, Berlin 1938, S. 26, besonders FN 45.<br />

39 Wenig überzeugt <strong>die</strong> Angabe aus einer Warenkunde und Rezeptschrift<br />

der Rickmers Reismühlen GmbH, <strong>die</strong> aus der Zeit<br />

zwischen 1988 und 1993 stammt, nach der spanische Eroberer<br />

den Reis um 1690 nach Nordamerika brachten. Siehe: Rice<br />

Council of America (Hrsg.), Reis: Warenkund-Rezepte: Kochen<br />

mit amerikanischem Langkomreis, ohne Ort, ohne Jahr, S. 7.<br />

265


40 Schönfeldl nennt zwar keine Jahreszahl, schildert den möglichen<br />

Ablauf der Ereignisse aber sehr anschaulich. Während der Reparatur<br />

einer holländischen Brigg aus Madagaskar habe sich der<br />

Gouverneur besonders interessiert an Reis gezeigt und daher einen<br />

Sack Reis geschenkt bekommen, auf dem sich <strong>die</strong> amerikanische<br />

Reisindustrie gründete. Siehe: Schönfeld, Sybil Gräfin,<br />

Dem Reis auf der Spur. Historisches, ln: Lampe, Klaus u.a.<br />

(Hrsg.), Das große Buch vom Reis, Füssen 1997, S. 6-9, hier<br />

S. 6.<br />

41 Dethloff. American Rice Industry, S. 8 f.<br />

42 Ebd., S. 10. Davon abweichende Angaben von 76,5 Millionen<br />

Pfund exportiertem Reis 1770 und jährliche Exportmengen<br />

1717-1838 siehe: Smith, Julia Floyd, Slavery and Rice Culture<br />

in Low Country Georgia 1750-1860, Knoxville 1985, S. 214.<br />

43 Stopel, Ursula, Der Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag<br />

der Hansestädte mit Sansibar 1859-61. In: Rektor der<br />

Karl-Marx-Universität Leipzig (Hrsg.), Wissenschaftliche Zeitschrift<br />

der Karl-Marx-Universität Leipzig. Gesellschafts- und<br />

Sprachwissenschaftliche Reihe Heft 1/2, 4. Jg., 1954/55, S. 95-<br />

124, hierS.97,F N 20.<br />

44 Damit dürfte <strong>die</strong> Angabe Krügers, dass erst 1844 das erste direkt<br />

nach Bremen klarierte Reisschiff <strong>die</strong> Weser erreichte, kaum stimmen.<br />

Die früheren Schiffe mögen ihre Reisladung eventuell nicht<br />

als solche angegeben haben, dass Bremen aber schon früher auf<br />

direktem Weg Reis aus Nordamerika erreichte, ist unzweifelhaft.<br />

Siehe: Krüger, Almut, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen<br />

in den englischen Kolonien in Amerika, Asien und Australien<br />

im 19. Jahrhundert (1840-1870), Göttingen 1960, S. 20.<br />

45 Mitte des 17. Jahrhunderts verlor London seine Stellung als alleiniger<br />

wichtiger Hafen im englischen Atlantikhandel und <strong>die</strong><br />

wirtschaftliche Bedeutung der Häfen in Bristol und Liverpool<br />

wuchs. Siehe: Haan, Heiner, Gottfried Niedhart, Geschichte<br />

Englands vom 16. <strong>bis</strong> zum 18. Jahrhundert. Geschichte Englands<br />

in 3 Bänden, Bd. II, München 1993, S. 106.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 13 ff., 27.<br />

62. Brief aus Bremerhaven an N. Gloystein Söhne, Bremen,<br />

vom 23.8.1849. In: Buller<strong>die</strong>k, Jöm und Daniel Tilgner (Hrsg.),<br />

„Was ferner vorkömmt werde ich prompt berichten.“ Der Auswanderer-Kapitän<br />

Heinrich Wieting. Briefe 1847-1856, Bremen<br />

2008, S. 91.<br />

48 35. Brief aus Grimsby/Hull an N. Gloystein Söhne, Bremen,<br />

vom 31.8./1.9.1848. In; Buller<strong>die</strong>k, Der Auswanderer-Kapitän<br />

Heinrich Wieting, S. 63.<br />

49 1 Morgen entspricht etwa Ѵл Hektar. 50 Morgen entsprechen<br />

also 12,5 Hektar.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 17.<br />

Smith, Slavery and Rice Culture in Low Country Georgia, S.<br />

18.<br />

Ebd.,S. 18 ff.<br />

Ebd., S. 22.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 19.<br />

Smith, Slavery and Rice Culture in Low Country Georgia, S.<br />

30 ff.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 18.<br />

57 Smith, Slavery and Rice Culture in Low Country Georgia, S.<br />

61 f.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 20.<br />

Smith, Slavery and Rice Culture in Low Country Georgia, S.<br />

43. Siehe auch: Dethloff, American Rice Industry, S. 23.<br />

Ebd., S. 36. Siehe auch: Smith, Slavery and Rice Culture in<br />

Low Country Georgia, S. 18.<br />

70. Brief aus Charleston an N. Gloystein Söhne, Bremen, vom<br />

23.1.1851. In: Buller<strong>die</strong>k, Der Auswanderer-Kapitän Heinrich<br />

Wieting, S. 115.<br />

Dethloff, American Rice Industry, S. 38. Siehe auch: Smith,<br />

Slavery and Rice Culture in Low Country Georgia, S. 76.<br />

63<br />

64<br />

65<br />

66<br />

67<br />

68<br />

69<br />

70<br />

71<br />

72<br />

73<br />

74<br />

75<br />

Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.): Jahrbuch für Bremische<br />

Statistik, Jahrgang 1851, Bremen 1852.<br />

Archiv Handelskammer Bremen, C V I87 Handel mit Reis, Brief<br />

der Agricultural Society of South Carolina an das Collegium<br />

der Äldermänner in Bremen, Januar 1828, S. 1.<br />

Ebd.<br />

Ebd., S. 2.<br />

Ebd., S. 3.<br />

Französisch-Indochina führte seinen Reis vornehmlich nach<br />

Frankreich aus. In China, Japan, auf Java und den Philippinen<br />

wurde auch Reis angebaut, zumeist wurde aber zur Deckung<br />

des Bedarfs noch zusätzlicher Reis eingeführt. Siehe: Schuhmacher,<br />

Reis in der Weltwirtschaft, S. 32-50.<br />

Hunter, William, Kurze Nachricht von dem Königreich Pegu.<br />

Dessen Klima, Erzeugnissen, Handel und Regierung, wie auch<br />

den Sitten und Gebräuchen der Einwohner; gesammelt auf einer<br />

dem Befehl der ostindischen Kompanie zufolge unternommenen<br />

Seereise von W. Hunter der Weltweisheit Doktor und Wundarzt.<br />

Aus dem Englischen übersetzt, Hamburg 1787.<br />

Zugleich wird aber später im Text behauptet, dass das Schiff<br />

Hunters nur auf Grund eines Sturms und nötig gewordener Reparaturen<br />

den Fluss Syrinam in Pegu anlief. Siehe S. 14.<br />

Allerdings wurde bereits in Zcdlcrs Univcrsallcxikon von 1742,<br />

also noch vor dem Reisebericht Hunters, unter dem Stichwort<br />

Reis davon berichtet, dass in Pegu Alkohol aus Reis gewonnen<br />

wird: „[...] und in Pegu ein starckes Wasser, welches unserm<br />

Aquavite kaum nachgiebet.“ Siehe: Ze<strong>die</strong>r, Johann Heinrich,<br />

Grosses vollständiges Universal-Lexikon, Band 31, Leipzig,<br />

Halle 1742. Nachdruck Graz 1961, S. 352.<br />

Hunter, Kurze Nachricht von dem Königreich Pegu, S. 11.<br />

Hunter, Kurze Nachricht von dem Königreich Pegu, S. 16 f.<br />

Wahrscheinlich um das Jahr 1757. Siehe: Siok-Hwa, The Rice<br />

Industry of Burma, S. 1, bes. FN 3.<br />

Singer, Noel F., Old Rangoon: City of Shwedagon, Gartmore<br />

1995, S. 34. Siehe auch: Hunter, Kurze Nachricht von dem Königreich<br />

Pegu, S. 63.<br />

Ebd., S. 40 f.<br />

Barbosa, Duarte, A Description of the Coasts of East Africa and<br />

Malabar in the Beginning of the Sixteenth Century. Translated<br />

from an Early Spanish Manuscript in the Barcelona Library,<br />

with Notes and Preface by the hon. E. J. Stanley, London 1866,<br />

S. 183.<br />

Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 2.<br />

Zöllner, Hans Bemd, Birma zwischen „Unabhängigkeit Zuerst -<br />

Unabhängigkeit Zuletzt“. Die birmanische Unabhängigkeitsbewegung<br />

und ihre Sicht der zeitgenössischen Welt am Beispiel<br />

der birmanisch-deutschen Beziehungen zwischen 1920 und 1948,<br />

Hamburg 2000, S. 190. Johann Wilhelm Helfer stammte aus<br />

Prag. Auch wenn er der deutschsprachigen Mehrheit angehörte,<br />

war er korrekt formuliert Österreicher. Dies ist jedoch von untergeordneter<br />

Bedeutung, da <strong>die</strong> Beschreibung von Helfers Reisen,<br />

in Leipzig veröffentlicht, einer preußischen Prinzessin sowie<br />

deren Töchtern gewidmet wurde und damit deutsche Leser ansprach.<br />

Zur Widmung und der Herkunft Helfers siehe: Nostitz,<br />

Pauline Gräfin, Johann Wilhelm Heifer’s Reisen in Vorderasien<br />

und In<strong>die</strong>n, Leipzig 1873, S. V sowie S. 1.<br />

Zöllner, Birma zwischen „Unabhängigkeit Zuerst - Unabhängigkeit<br />

Zuletzt“, S. 191.<br />

Akyab war durch den Vertrag von Yandaboo in Folge des ersten<br />

Britisch-Birmanischen Krieges von 1824-1826 bereits 1826<br />

unter britische Herrschaft geraten.<br />

102. Brief aus Bremerhaven an N. Gloystein Söhne, Bremen,<br />

vom 26.8.1852. In; Buller<strong>die</strong>k, Der Auswanderer-Kapitän Heinrich<br />

Wieting, S. 154.<br />

Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 4.


82 Zur Aufhebung der Navigationsakte siehe: Lührs, Wilheim, Die<br />

Freie Hansestadt Bremen und England in der Zeit des Deutschen<br />

Bundes 1815-1867, Kiel 1955, S. 146-149.<br />

83 Wende, Peter, Das Britische Empire. Geschichte eines Weltreichs,<br />

München 2008, S. 133.<br />

84 Magee, Gary B. and Andrew S. Thompson, Empire and Globalisation.<br />

Networks of People, Goods and Capital in the British<br />

World, c. <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong>, Cambridge 2010, S. 13.<br />

85 Chamey, Modern Burma, S. 10.<br />

86 Glade, Dieter, Bremen und der Ferne Osten, Bremen 1966, S.<br />

28.<br />

87 Magee, Empire and Globalisation, S.26.<br />

88 Baker, Chris, Phongpaichit, Pasuk (Hrsg.), A History of Thailand,<br />

Cambridge 2009, S. 18.<br />

89 Ebd., S. 33.<br />

90 Ebd., S. 33.<br />

91 Ebd., S. 45.<br />

92 Glade, Bremen und der Ferne Osten, S. 33.<br />

93 Siehe zu Deutschen in der Vereinigten Ostindischen Kompanie:<br />

van Gelder, Roelof, Das ostindische Abenteuer. Deutsche in<br />

Diensten der Vereinigten Ostindischen Kompanie der Niederlande<br />

(VOC), 1600-1800, Hamburg 2004, S. 42-56. Sowie zu<br />

Bremern in der Vereinigten Ostindischen Kompanie: Glade, Bremen<br />

und der Feme Osten, S. 12 ff.<br />

94 Ebd., S. 17 ff.<br />

95 Nach einer Festschrift der Reis- und Handels AG gehörte Reis<br />

„angeblich“ zur Ladung der Schiffe. Siehe: Handelskammer<br />

Bremen (Hrsg.), Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft in<br />

Bremen. 50 Jahre deutscher Reisindustrie 1901-1951, Bremen<br />

1952, S. 5.<br />

96 Glade, Bremen und der Ferne Osten, S. 29 f., 35.<br />

97 Weser-Zeitung vom 10.2.1846, S. 1.<br />

98 Lührs, Bremen und England, S. 141. Sowie: Glade, Bremen und<br />

der Ferne Osten, S. 27, S. 29 f.<br />

99 Lührs, Bremen und England, S. 125, 132. Sowie: Glade, Bremen<br />

und der Ferne Osten, S. 27.<br />

100 Lührs, Bremen und England, S. 188.<br />

101 Ebd., S. 179.<br />

102 Ebd., S. 195.<br />

103 Glade, Bremen und der Feme Osten, S. 32.<br />

104 Ebd., S.51.<br />

105 Teilweise war es trotz Hafengebühren billiger, beladene Schiffe<br />

im Hafen liegen zu lassen, als <strong>die</strong> Ladung an Land zu lagern,<br />

nur weil der endgültige Abnehmer noch nicht festsland. Siehe:<br />

Kennedy, Alston, A North West European Shipping Communication<br />

and Servicing Hub: Falmouth for Orders, Repair and Supply,<br />

1881-1935. Paper for the 5"'International Congress of Maritime<br />

History, Greenwich 2008, University of Plymouth 2009.<br />

106 Mager, Johannes u.a.. Die Kulturgeschichte der Mühlen, Tübingen<br />

1989, S. 121 ff.<br />

107 Engelsing, Rolf, Bremisches Unternehmertum. Sozialgeschichte<br />

1780/1870. In: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen, Bd. 2, Hannover<br />

1958,8.7-112, hier S. 97.<br />

108 Pust, Dieter, Flensburger Straßennamen, Flensburg 1995^, S.<br />

155.<br />

109 Stadtarchiv Flensburg, Xll Hs, 01422 (S). Luise Kallsen, „Reismühle“,<br />

S. 2 ff. Maschinengeschriebene Erinnemng an <strong>die</strong> Reismühle<br />

in Flensburg von Rektorin Luise Kallsen, Urenkelin des<br />

Reismühlenkäufers H. C. Kallsen. Siehe auch: Pust, Flensburger<br />

Straßennamen, S. 155.<br />

110 Schwarzwälder, Herbert, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen<br />

II. Von der Franzosenzeit <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />

(1810-1918), Bremen 1995, S. 232 f.<br />

111 Schäfer, Max, Bremen und <strong>die</strong> Kontinentalsperre. In: Verein für<br />

Hansische Geschichte (Hrsg.), Hansische Geschichtsblätter, Bd.<br />

XX, <strong>1914</strong>, S. 4 13^62, hier S. 459.<br />

112 Hardegen, Friedrich und Käthi Smidt, H. H. Meier. Der Gründer<br />

des Norddeutschen Lloyd. Lebensbild eines Bremer Kaufmanns<br />

1809-1898, Berlin, Leipzig 1920, S. 38. Sowie: Schwarzwälder,<br />

Geschichte der Freien Hansestadt Bremen II, S. 73.<br />

113 Verhandlungen der Bremischen Bürgerschaft vom Jahre 1858,<br />

Stenographisch aufgezeichnet, Bremen 1858, Sitzung vom 3.<br />

März 1858, S. 32 ff.<br />

114 Schulz, Andreas, Vormundschaft und Protektion. Eliten und Bürger<br />

in Bremen 1750-1880, München 2002, S. 579.<br />

115 Prüser, Friedrich, Aus der Geschichte der Reis- und Handels-<br />

Aktiengesellschaft Bremen, Bremen 1937, S. 8, 13 ff. Siehe<br />

auch: Bargmann, Robert, 700 Jahre Bremer Mühlen, Bremen<br />

1937.<br />

116 Schuhmacher, Der Reis in der Weltwirtschaft, S. 98.<br />

117 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 17 ff.<br />

118 Über den Erfolg Buschmanns als Müller zeigt sich ein Widerspruch<br />

in der Literatur. Engelsing berichtet davon, dass <strong>die</strong> 1826<br />

gegründete Mühle Buschmanns trotz zwischenzeitlicher Blüte<br />

kein langfristig erfolgreiches Geschäft war. 1844 habe sich<br />

Buschmann daher zum Schiffsmakler wählen lassen. Andererseits<br />

hat er laut Prüser aber eine Mühle gegründet und aus dem guten<br />

Geschäft <strong>die</strong> Idee der Reismüllerei gewonnen. Dieser Widerspruch<br />

lässt sich hier nicht auflösen, ist aber andererseits für <strong>die</strong><br />

Geschichte des bremischen <strong>Reishandel</strong>s nicht von großem Belang,<br />

da Buschmann nur ein Grundstück verkaufte, auf dem später<br />

<strong>die</strong> Reismühle der Rickmers’ stand. Siehe dazu: Engelsing,<br />

Bremisches Unternehmertum, S. 97. Sowie: Prüser, Reis- und<br />

Handels-Aktiengesellschaft, S. 21.<br />

119 Lee, Robert, Regionale Strukturen: Seehandel und <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen Hafen und Hinterland in Bremen, 1815-<strong>1914</strong>.<br />

ln: Bremisches Jahrbuch, Band 86, Bremen 2007, S. 136-175,<br />

hierS. 149.<br />

120 Engelsing, Bremisches Unternehmertum, S. 98.<br />

121 Schäfer, Bremen und <strong>die</strong> Kontinentalsperre, S. 437 f., 442. Vergleiche<br />

auch: Nielsen, Friedrich Carl Ferdinand, Meine Lebensbeschreibung.<br />

Ergänzungen von Niels Rodewald 1996, Bremen<br />

1877-78,5.6.<br />

122 Leonhard, Melanie, Die Untemehmerfamilie Rickmers<br />

1834-1918, Bremen 2009, S. 17 f.<br />

123 Kellner-Stoll, Rita, Bremerhaven 1827-1888. Politische, wirtschaftliche<br />

und soziale Probleme einer Stadtgründung, Bremen<br />

1982, S. 74. Zur Gründungsgeschichte Bremerhavens siehe ebd.<br />

S .2 1 -^ .<br />

124 Ein Fuß entspricht etwa 0,305 Metern.<br />

125 Leonhard, Rickmers, S. 19-26.<br />

126 Nachfolgend nur DDG „Hansa“ genannt.<br />

127 Nachfolgend nur NDL genannt.<br />

128 Prager, Hans Georg, DDG Hansa. Vom Linien<strong>die</strong>nst <strong>bis</strong> zur Spezialschiffahrt,<br />

Herford 1976, S. 9. Zu einer Definition siehe<br />

auch: Schamow, Ulrich, Transpress Lexikon. Seefahrt, Berlin<br />

1988.<br />

129 Leonhard, Rickmers, S. 35—41.<br />

130 Scholl, Lars U., Im Schlepptau Großbritanniens. Abhängigkeit<br />

und Befreiung des deutschen Schiffbaus von britischem Knowhow<br />

im 19. Jahrhundert. In: Verein <strong>Deutscher</strong> Ingenieure (Hrsg.):<br />

Technikgeschichte, Bd. 50, 1983, S. 213-223, hier S. 215 f.<br />

131 Vergleiche: Kozian, Walter, Klipperschiffe und Schneilsegler,<br />

Wien, Graz 2002, bes. S. 166.<br />

132 Leonhard, Rickmers, S. 4L<br />

133 Karting, Herbert, Die Ida Ziegler. Der erste von R. C. Rickmers<br />

gebaute Klipper (Teil 1 und 2). In: Arbeit.skreis Historischer<br />

Schiffbau e.V. (Hrsg.), Das Logbuch. Zeitschrift für Schiffbaugeschichte<br />

und Schiffsmodellbau, 45. Jahrgang, Heft 2/2009, S.<br />

80-88, Heft 3/2009, S. 119-125.<br />

134 Zur Weltwirtschaftskrise 1857 siehe; Hahn, Hans-Werner, Die<br />

industrielle Revolution in Deutschland. Enzyklopä<strong>die</strong> Deutsche<br />

Geschichte Bd. 49, München 201U.<br />

267


135 Leonhard, Rickmers, S. 52-55, 60 f.<br />

136 Scholl, Lars U., Im Schlepptau Großbritanniens, S. 213.<br />

137 Behrens, Georg, Geschichte der Stadt Geestemünde, Wesermünde<br />

1928, S. 63.<br />

138 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 89. Die Bedeutung<br />

von Kohle für <strong>die</strong> Entwicklung hatte <strong>die</strong> East India Company<br />

bereits 1836 erkannt, da Johann Helfer bei der Erkundung Tenasserims<br />

besonders nach Kohleflözen suchen sollte. Siehe: Nostitz,<br />

Heifer’s Reisen in Vorderasien und In<strong>die</strong>n, Teil II, S. 69.<br />

139 Leonhard, Rickmers, S. 63 f., 84.<br />

140 Das International Rice Research Institute wurde 1959/60 durch<br />

zwei amerikanische Stiftungen, <strong>die</strong> Ford- und <strong>die</strong> Rockefeller-<br />

Stiftung, auf den Philippinen gegründet. Ziel war es, <strong>die</strong> erwarteten<br />

Emährungskrisen in In<strong>die</strong>n und Asien abzuwenden. Bereits<br />

1965 stellte das Reisforschungsinslitut mit der Züchtung IR8<br />

den ersten Hochertragsreis vor. Siehe: Lampe, Klaus u.a. (Hrsg.),<br />

Das große Buch vom Reis, Füssen 1997, S. 15 f. Siehe auch:<br />

http://irri.org/ (zuletzt abgerufen am 16.12.2010).<br />

141 Lampe, Buch vom Reis, S. 18.<br />

142 Brockhaus, Enzyklopä<strong>die</strong> in 30 Bänden. 21., völlig neu bearbeitete<br />

Auflage, Band 22, Leipzig, Mannheim 2006, S. 755 f.<br />

143 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 11. Siehe auch:<br />

Schönfeld, Dem Reis auf der Spur, S. 6.<br />

144 Brockhaus, Band 22, S. 756.<br />

145 Ze<strong>die</strong>r, Johann Heinrich, Grosses vollständiges Universal-Lexikon,<br />

Band 31, Leipzig, Halle 1742, Nachdruck Graz 1961, S.<br />

351-358, hier S. 352.<br />

146 Siehe Kapitel I.<br />

147 Ze<strong>die</strong>r, Grosses vollständiges Universal-Lexikon, Band 31, S.<br />

353.<br />

148 Ebd., S. 352.<br />

149 Ebd., S. 356.<br />

150 Ebd.<br />

151 Flörke, Heinrich Gustav (Hrsg.), D. Johann Georg Krünitz’s<br />

ökonomisch-technologische Encyklopä<strong>die</strong> oder allgemeines System<br />

der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft und der Kunstgeschichte<br />

in alphabetischer Ordnung, Band 122, Berlin 1813,<br />

S. 222-268.<br />

152 Ebd., S. 232.<br />

153 Schönfeld, Dem Reis auf der Spur, S. 8.<br />

154 Flörke, Krünitz’s Encyklopä<strong>die</strong>, Band 122, S. 235.<br />

155 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Reisfuttermehl<br />

aus den Reisdampfmühlen von R. C. Rickmers Bremen, S. 15.<br />

156 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 3 f.<br />

157 Blankenburg. Der Reis, S. 50-54.<br />

158 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 110.<br />

159 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 3. Siok-Hwa gibt<br />

den Gewichtsverlust mit <strong>bis</strong> zu 21 Prozent an. Siehe: Siok-Hwa,<br />

The Rice Industry of Burma, S. 109.<br />

160 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 8 f.<br />

161 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 30.<br />

162 Bachmann, Carl, Der Reis: Geschichte, Kultur und geographische<br />

Verbreitung, seine Bedeutung für <strong>die</strong> Wirt.schaft und den Handel,<br />

Berlin 1912, S. 326.<br />

163 Ebd.<br />

164 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 28 f.<br />

165 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 10.<br />

166 Ebd.,S. 15 f.<br />

167 Teuteberg, Nahrungsgewohnheilen.<br />

168 Wiegelmann, Günter, Alltags- und Festspeisen in Mitteleuropa.<br />

Innovationen. Strukturen und Regionen vom späten Mittelalter<br />

<strong>bis</strong> zum 20. Jahrhundert. Münster u.a. 2СЮ6^, S. 42 f.<br />

169 Ebd., S.41,45.<br />

170 Schönfeld, Dem Reis auf der Spur, S. 8.<br />

171 Ebd.,S. 9.<br />

172 Teuteberg, Nahrungsgewohnheiten, S. 227 f.<br />

173 Ze<strong>die</strong>r, Grosses vollständiges Universal-Lexikon, Band 31, S.<br />

353.<br />

174 Flörke, Krünitz’s Encyklopä<strong>die</strong>, Band 122, S. 243.<br />

175 Ebd., S. 248-268.<br />

176 Wiegelmann, Alltags- und Festspeisen in Mitteleuropa, S. 65.<br />

177 Spiekermann, Uwe, Historischer Wandel der Ernährungsziele<br />

in Deutschland - Ein Überblick. Vortrag zur 22. Wissenschaftlichen<br />

Jahrestagung der AGEV, Karlsruhe, 11.-13. Oktober 2000.<br />

Siehe: www.agev-rosenheim.de/wissenswertes/ev/historie.htm<br />

(zuletzt abgerufen am 4.9.2009).<br />

178 Siehe FN 35.<br />

179 Büsing, Eduard, Der Reis in seiner Bedeutung für <strong>die</strong> Volksernährung.<br />

Reis- und Handels Aktiengesellschaft Bremen-Hamburg<br />

aus Anlaß der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden<br />

1911,Bremen 1911,S. lOff.<br />

180 Ebd., S. 11.<br />

181 Zu den Wechselkursen von Rupie zu Pfund siehe Abschnitt 4,<br />

Jährlicher deutscher Reiskonsum und Rohstoffpreise.<br />

182 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 2-7.<br />

183 Für einen kurzen Überblick über <strong>die</strong> Entwicklung des Reisexports<br />

siehe auch: Grant, Rice Crop in Burma, S. 35.<br />

184 Charney, Modem Burma, S. 10.<br />

185 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 113.<br />

186 Ebd.,S. 114f.<br />

187 Charney, Modem Burma, S. 8.<br />

188 Siok-Hwa, The Rice Indu.stry of Burma, S. 118.<br />

189 Ebd., S. 119f.<br />

190 Charney, Modem Burma, S. 19.<br />

191 Rickmers Familienarchiv, Kopierbuch VI, Reisetagebuch Paul<br />

Rickmers, Bericht vom 14. Dezember 1899.<br />

192 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 120 ff.<br />

193 Ebd., S. 123 f.<br />

194 Singer, Old Rangoon, S. 141.<br />

195 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 131.<br />

196 Blankenburg, Der Reis, S. 78.<br />

197 Charney, Modem Burma, S. 24.<br />

198 Ebd., S. 23.<br />

199 Charney, Modem Burma, S. 24 f.<br />

200 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma 1852, S. 133-136.<br />

201 Ebd.,S. 137 f.<br />

202 Ebd., S. 138 f.<br />

203 In In<strong>die</strong>n war Patta ein gebräuchlicher Ausdruck für <strong>die</strong> Zuteilung<br />

von Land. Siehe: Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S.<br />

139, FN 6.<br />

204 Ebd., S. 139 f.<br />

205 Ebd.. S. 141.<br />

206 Ebd., Tabelle VI.5, S. 157.<br />

207 Ebd., S. 141 f.<br />

208 Blankenburg, Der Reis, S. 81 f.<br />

209 Ebd., S. 95.<br />

210 Siok-Hwa, The Rice Indu.stry of Burma, Tabelle IX.4, S. 227.<br />

211 Tsubouchi, Yoshihiro, Types of Rice Cultivation and Types of<br />

Society in Asia. In: Hayami, Akira and Yoshihiro Tsubouchi<br />

(eds.). Economic and Demographic Development in Rice Producing<br />

Societies: Some Aspects of East Asian Economic History<br />

(1500-19СЮ). Tenth International Economic History Congress<br />

Leuven 1990, p. 6-20, hierS. 18.<br />

212 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 124.<br />

213 Bei Siok-Hwa wird <strong>die</strong> Fläche des Reisbaugebiets in Fünfjahresdurchschnitten<br />

angegeben, während Grant anfangs ebenfalls<br />

Fünfjahresdurchschnitte nennt und ab dem Jahr 19(Ю jährliche<br />

Werte anbietet. Allerdings ist Grant eine der Quellen für Siok-<br />

Hwa. Siehe: Siok-Hwa, The Rice Indu.stry of Burma, Tabelle<br />

II.5, S. 25. Sowie: Grant, Rice Crop in Burma, Appendix I, S.<br />

44.


214 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 22.<br />

215 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 28 f. Grant nennt<br />

ebenfalls den Ertrag von 1.500 Pfund je Hektar um 1900. Siehe:<br />

Grant, Rice Crop in Burma, S. 18. Sowie Zahlen für <strong>die</strong> einzelnen<br />

Regionen Birmas: Ebd., Appendix III, S. 46 f.<br />

216Ebd„ S. 19 f.<br />

217 Die Reisexporte von Nieder- nach Oberbirma schwankten zwischen<br />

1865 und 1896 stark von etwa 5.000 <strong>bis</strong> zu 150.000 Tonnen<br />

pro Jahr. Siehe: Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, Appendix<br />

Vili, S. 275.<br />

218 Ebd., Appendix V.C, S. 265.<br />

219 Alle nach Siok-Hwa. Siehe: Siok-Hwa, The Rice Industry of<br />

Burma, Tabelle II.5, S. 25.<br />

220 Grant, Rice Crop in Burma, S. 35.<br />

221 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 45.<br />

222 Ebd., S. 45 ff.<br />

223 Ebd., S. 77 f.<br />

224 Ebd., S. 77, FN 1.<br />

225 Ebd., S. 9 f.<br />

226 Ebd., Appendix I.B, S. 239.<br />

227 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.1, Rice<br />

Cargoes.<br />

228 Die Zahlen entstammen der eigenen Auswertung der vorgenannten<br />

Quelle.<br />

229 Grant, Rice Crop in Burma, S. 29.<br />

230 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 79.<br />

231 K. W. Kunis (Hrsg.), Die Mühle. Wochenschrift zur Förderung<br />

der Deutschen Mühlenindustrie. Amtliches Vereinsblatt des Verbandes<br />

deutscher Müller und der Müllerei Berufsgenossenschaft,<br />

Leipzig 1878-1964. Im Folgenden nur Die Mühle genannt. Hier:<br />

ohne No., 17. Jg., 1880. Vergleiche dazu auch Kapitel IV 1.<br />

232 Singer, Old Rangoon, S. 140.<br />

233 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 95.<br />

234 Die Mühle, No. 28, 29. Jg., 1892, S. 455 f.<br />

235 Shway Yoe [Sir James George Scott], The Burman: His Life<br />

and Notions, 2 Vols., London 1882, S. 249. Zitiert nach: Siok-<br />

Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 65.<br />

236 Ebd., S. 64 ff.<br />

237 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 27.<br />

238 Singer, Old Rangoon, S. 96.<br />

239 Blankenburg. Der Reis, S. 55-68, 75.<br />

240 Latham, A. J. H. and Larry Neal, The International Market in<br />

Rice and Wheat, 1868-<strong>1914</strong>, University College of Swansea<br />

1983. In: Economic History Review, 36, 1983, p. 260-280, hier<br />

S. 266.<br />

241 Siehe Kapitel V 1.<br />

242 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S. 267,<br />

274.<br />

243 Siehe Kapitel III 4.<br />

244 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S. 270,<br />

272 f.<br />

245 Zur stückweisen Besetzung Vietnams durch Frankreich siehe:<br />

Giesenfeld, Günter, Land der Reisfelder. Vietnam, Laos, Kampuchea.<br />

Geschichte und Gegenwart, Köln 1981, S. 54-72, besonders<br />

S. 59.<br />

246 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 30, 32 f.<br />

247 Blankenburg, Der Reis, S. 96, 104 f.<br />

248 Ebd., S. 103-109.<br />

249 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 27, Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

250 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.3, Fraser<br />

& Co.’s Review of The Rice Trade for 1885, S. 2.<br />

251 Die Mühle, No. 12, Zweites Blatt, 28. Jg., 1891, S. 190 f. Sowie<br />

ebd., No. 16, Zweites Blatt, 28. Jg., 1891, S. 263.<br />

252 Die Mühle, No. 35, Zweites Blatt, 28. Jg., 1891, S. 567.<br />

253 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C ХПІ 18 Nr. 27, Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

254 Baker, A History of Thailand, S. 90.<br />

255 Ebd., S. 81 ff.<br />

256 Blankenburg, Der Reis, S. 119-123.<br />

257 Baker, A History of Thailand, S. 83.<br />

258 Ebd., S. 86.<br />

259 Ebd., S. 89 f., 93.<br />

260 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 54.<br />

261 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 207.<br />

262 In Asien wurde fast überall, also in mehr als den zuvor genannten<br />

Gebieten, Reis angebaut. Für <strong>die</strong> indonesischen Inseln beispielsweise<br />

gilt, dass qualitativ hochwertiger Java-Reis nur zur Kolonialmacht<br />

in <strong>die</strong> Niederlande exportiert wurde. Die ebenfalls in<br />

Indonesien angebauten anderen Reissorten waren nicht für den<br />

Export und <strong>die</strong> industrielle Verarbeitung geeignet und wurden<br />

daher nur für den Eigenbedarf angebaut. Da <strong>die</strong> Quantitäten an<br />

Java-Reis, <strong>die</strong> Europa erreichten, keinen Einfluss auf den deutschen<br />

<strong>Reishandel</strong> hatten, wurde hier ebenso wie bei weiteren<br />

Regionen auf eine noch detailliertere Betrachtung asiatischer<br />

Reisanbaugebiete verzichtet.<br />

263 Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch für Bremische<br />

Statistik, Jahrgänge 1896 <strong>bis</strong> 1906, Bremen 1897-1907.<br />

264 Blankenburg, Der Reis, S. 234, 237.<br />

265 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 54.<br />

266 Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch für Bremische<br />

Statistik, Jahrgänge 1892 und 1913, Bremen 1893 und <strong>1914</strong>.<br />

267 Blankenburg, Der Reis, S. 215-218.<br />

268 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 54. Sowie: Bremisches<br />

Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch für Bremische Statistik,<br />

Jahrgang 1911, Bremen 1912.<br />

269 Bachmann, Der Reis: Geschichte, Kultur und geographische<br />

Verbreitung, S. 320 f.<br />

270 Ebd., S. 323 ff.<br />

271 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 6 f.<br />

272 Bachmann, Der Reis: Ge.schichte, Kultur und geographische<br />

Verbreitung, S. 355.<br />

273 Blankenburg, Der Reis, S. 46.<br />

274 Grant, Rice Crop in Burma, S. 26 f.<br />

275 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 171 f.<br />

276 Ebd., S. 54 f.<br />

277 Ebd., S. 56.<br />

278 Ebd.,S. 55,FN 17.<br />

279 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 27, Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

280 Brockhaus 1911 (http://de.academic.ru/dic.nsf/konversations_lexikon/56765/Pikul,<br />

zuletzt abgerufen am 28.1.2012).<br />

281 Zur Definition des Coyan siehe: http://www.sizes.com/units/coyan.htm<br />

(zuletzt abgerufen am 10.2.2011).<br />

282 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 23 f.<br />

283 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 57.<br />

284 Ebd., S. 58.<br />

285 Ebd., S. 58 f.<br />

286 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 25.<br />

287 Flörke, Krünitz’s Encyklopä<strong>die</strong>, Band 122, S. 224.<br />

288 Grant, Rice Crop in Burma, S. 8. Sowie: Siok-Hwa, The Rice<br />

Industry of Burma, S. 36 f.<br />

289 Grant, Rice Crop in Burma, Tabelle S. 9. Siehe auch: Siok-Hwa,<br />

The Rice Industry of Burma, S. 38. Siok-Hwa bezieht sich auf<br />

ein Bulletin des landwirtschaftlichen Forschungsinstituts von<br />

1927. Der einzige Unterschied beider Tabellen ist das Verhältnis<br />

von Länge zu Breite bei enthülstem Reis der Gruppe E, Byat.<br />

Die Obergrenze <strong>die</strong>ses Verhältnisses wird bei Grant mit 2,50<br />

Millimetern um 0,25 Millimeter höher angegeben als bei Siok-<br />

Hwa. Dieser Unterschied dürfte zu vernachlässigen sein.<br />

269


290 Über <strong>die</strong> Eigenschaft der einzelnen Sorten siehe: Siok-Hwa, The<br />

Rice Industry of Burma, S. 38 f. Sowie ebenfalls und unter der<br />

Nennung mehrerer Namen von Unterarten der jeweiligen Gruppe:<br />

Grant, Rice Crop in Burma, S. 9 ff.<br />

291 Blankenburg, Der Reis, S. 49.<br />

292 Flörke, Krünitz’s Encyklopä<strong>die</strong>, Band 122, S. 238 ff., 242.<br />

293 Ebd., S. 241.<br />

294 Siehe zum „country trade“: Krieger, Martin: Konkurrenz und<br />

Kooperation in Ostin<strong>die</strong>n: Der europäische country trade auf<br />

dem Indischen Ozean zwischen 16. und 18. Jahrhundert, in:<br />

Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd.<br />

84, Stuttgart 1997, S. 322-355.<br />

295 Blankenburg, Der Reis, S. 49.<br />

296 Völlers, Arend, Christian Eduard Freye, Meine Lehrzeit bei der<br />

Überseefirma Schröder, Smidt & Co. in Bremen. In: Roder,<br />

Hartmut (Hrsg.), Bremen - Ostasien. Eine Beziehung im Wandel.<br />

100 Jahre Ostasiatischer Verein Bremen, Bremen 2001, S. 108-<br />

114, hierS. 113.<br />

297 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2, Änderung Zollregulativ<br />

geschälter Reis 1907-1913, Antrag Bremer Reismühlen<br />

auf Änderung der Ausbeutesätze vom 1.10.1906, S. 18.<br />

298 Siehe Kapitel V3.<br />

299 Siehe Kapitel V 2.<br />

300 Tabelle nach: Blankenburg, Der Reis, S. 292. Die gleichen Zahlen<br />

auch bei Herbert van der Borght nach der Reichsstatistik. Siehe:<br />

van der Borght, Herbert, Die Entwicklung der deutschen Reisstärkeindustrie,<br />

Berlin 1918, S. 7.<br />

301 Zahlen für den Zeitraum 1863-1883 bei Oppel weichen für den<br />

Durchschnitt der Jahre 1863/65 leicht auf einen Verbrauch von<br />

0,82 kg und 1883 auf 1,9 kg ab. Siehe: Oppel, Der Reis, S. 57.<br />

Ebenfalls leicht abweichend <strong>die</strong> Zahlen im Reismakler-Bericht<br />

von Huisken & Reuther 1875. Siehe: Stadtarchiv Bad Salzuflen,<br />

H VI 249, Reismaklerbericht 1875, Statistik IX.<br />

302 Blankenburg, Der Reis, S. 292.<br />

303 Tabelle nach: Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 76.<br />

304 Grant, Rice Crop in Burma, Appendix I, S. 44.<br />

305 Schneider, Jürgen u.a. (Hrsg.), Währungen der Welt IV. Asiatische<br />

und australische Devisenkurse im 19. Jahrhundert, Stuttgart<br />

1992, S. 4 3 ^ 8 .<br />

306 Ein Sovereign war eine Goldmünze im Wert von 1 Pfund Sterling.<br />

307 Denzel, Markus A., Handbook of World Exchange Rates, 1590-<br />

<strong>1914</strong>, Famham, Burlington 2010, S. 496 ff.<br />

308 Ebd.,S. 192-206, 242 ff.<br />

309 Kaiserlich Statistisches Amt (Hrsg.): Slatisli.sches Jahrbuch für<br />

das Deutsche Reich, Vierzehnter Jahrgang 1893, S. 120, Vierundzwanzigster<br />

Jahrgang 1903, S. 18, Achfundzwanzigster Jahrgang<br />

1907, S. 236, Vierunddreißigster Jahrgang 1913, S. 286,<br />

Berlin 1893-1913.<br />

310 Zu Preisen für ungeschälten Reis aus Rangun in Hamburg von<br />

1910 <strong>bis</strong> 1913, unverzollt, gab <strong>die</strong> Handelskammer Hamburg<br />

1928 folgende Werte an: 1910 = 18,90 Mark, 1911 = 20,40<br />

Mark, 1912 = 24,80 Mark, 1913 = 20,90 Mark. Siehe: Archiv<br />

der Handelskammer Hamburg, 24.C.2.5 Hamburger Preisslatistik<br />

über Reis.<br />

311 Böckh, Richard (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin,<br />

8. Jahrgang 1880, S. 155,21. Jahrgang 1894, S. 273,25. Jahrgang<br />

1898, S. 281, Berlin 1882 <strong>bis</strong> 1900. Sowie: Hirschberg, Emst<br />

(Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, 29. Jahrgang<br />

1904, Berlin 1905, S. 178 und Silbergleit, Heinrich (Hrsg.), Statistisches<br />

Jahrbuch der Stadt Berlin, 3 1. Jahrgang 1906/07, Berlin<br />

1909, S. 103.<br />

312 Krieger, Konkurrenz und Kooperation in Ostin<strong>die</strong>n, S. 325 ff.<br />

313 Krüger, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen, S. 22-28.<br />

314 Prüser, Jürgen, Die Handelsverträge der Hansestädte Lübeck,<br />

Bremen und Hamburg mit überseeischen Staaten im 19. Jahrhundert,<br />

Bremen 1962, S. 108.<br />

315 Krüger, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen, S. 45-57.<br />

316 Im Folgenden zeigt sich, dass Preußen, Österreich und <strong>die</strong> deutschen<br />

Kleinstaaten - oder auch einfach nur: Deutschland - auch<br />

in der Hochphase der Restauration des Deutschen Bundes nach<br />

der Revolution von 1848 und in der Zeit der Nationalstaatsbildung<br />

eben nicht nur mit sich selber und innenpolitischen Problemen<br />

befasst waren. Vielmehr wurden wirtschafts- und außenpolitische<br />

Notwendigkeiten erkannt und erfolgreiche Wege<br />

zur Stärkung der deutschen Wirtschaft in Übersee beschritten.<br />

Zum Deutschen Bund siehe: Angelow, Jürgen, Der Deutsche<br />

Bund, Darmstadt 2003.<br />

317 Krüger, Die Konsuln der Freien Han.sestadt Bremen, S. 32.<br />

318 Ebd.,S. 33 f.<br />

319 Archiv der Handelskammer Bremen, Protokollbuch der Handelskammer<br />

VIII 1863 <strong>bis</strong> 1865, 1. Sitzung, 2.1.1863, S. 2 f.<br />

320 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 27, Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

321 Ebd.<br />

322 Glade, Bremen und der Feme Osten, S. 37.<br />

323 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 27. Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

324 Möring, Maria, Siemssen & Co. 1846-1971, Hamburg 1971,<br />

S.46 f.<br />

325 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 27, Akten<br />

betreffend Anam und Indo-China.<br />

326 Staatsarchiv Hamburg, 111-1 CI. VI Nr. 14i Voi. I Fase. I Handelsvertrag<br />

mit Birma 1877-1885.<br />

327 Die Geschenke waren im Einzelnen „vier Spiegel mit Rahmen,<br />

ein Frauenhofersches Teleskop, ein Satz Blasinstrumente für<br />

Militärmusik, drei farbenprächtige Uniformen preußischer Garderegimenter<br />

sowie Waffen und viele Säbel für <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Würdenträger“. Siehe: Prüser, Die Handelsverträge der Hansestädte<br />

Lübeck, Bremen und Hamburg mit überseeischen Staaten,<br />

S. 68,FN 190.<br />

328 Glade, Bremen und der Feme Osten, S. 57.<br />

329 Prüser, Die Handelsverträge der Hansestädte Lübeck, Bremen<br />

und Hamburg mit überseeischen Staaten, S. 68 f.<br />

330 Ebd., S. 82.<br />

331 Ebd., S. 103-106.<br />

332 Tical war eine Gewichtseinheit für Edelmetalle und andere Güter<br />

in Siam. Darüber hinaus wurde es von Ausländem statt der einheimischen<br />

Bezeichnung Bäht auch als Begriff für <strong>die</strong> Währung<br />

verwendet. Ein Tical basierte auf einer 15-Gramm-Silber-Münze<br />

und hatte einen der indischen Rupie ähnlichen Wert. Siehe:<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Cambodian_tical (zuletzt abgerufen<br />

am 11.4.2011).<br />

333 Aus einem Anträge der Bürgerschaft an den Senat Hamburgs,<br />

den Vertrag mit Siam zu ratifizieren. In: Geheimes Staatsarchiv<br />

Preußischer Kulturbesitz, III. HA Ministerium der auswärtigen<br />

Angelegenheiten II Nr. 54563, Akten betreffend Schifffahrtsverhältnisse<br />

zwischen den Hansestädten und Siam 1859-1861.<br />

334 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C XIII 18 Nr. 8 Bd.<br />

1, Akten betreffend Siam.<br />

335 Prüser, Die Handelsverträge der Hansestädte Lübeck, Bremen<br />

und Hamburg mit überseeischen Staaten, S. 72 ff., bes. FN 197.<br />

336 Stöpel, Schiffahnsvertrag der Hansestädte mit Sansibar, S.<br />

101-107, 118.<br />

337 Das Reglement der Konsuln der Freien Hansestadt Bremen von<br />

1855 legte in 21 Paragraphen <strong>die</strong> Pflichten eines Konsuls dar.<br />

Siehe: Krüger, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen, S.<br />

133-147.<br />

338 Ebd., S. 35 f.


339 Siehe zu Carl Mohr den folgenden Abschnitt: Deutsche Gesellschaft<br />

und Bremer Reishändler in Birma.<br />

340 Nach Zöllner hieß der Konsul Ernst Sandorf und nicht Pandorf<br />

und begann seine Konsulzeit in Bassein bereits Ende 1859 und<br />

nicht erst 1860. Zudem soll laut Zöllner das erste Konsulat in<br />

Akyab 1853 und nicht 1854 eröffnet worden sein. Diese Widersprüche<br />

können hier nicht aufgelöst werden. Siehe: Zöllner, Birma<br />

zwischen „Unabhängigkeit Zuerst - Unabhängigkeit Zuletzt“,<br />

S. 191.<br />

341 Krüger, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen, S. 124-127.<br />

342 Bechtloff, Dagmar, Bremer Kaufleute im Asienhandel während<br />

des 19. Jahrhunderts. In: Roder, Hartmut (Hrsg.), Bremen - Ostasien.<br />

Eine Beziehung im Wandel. 1(Ю Jahre Ostasiatischer Verein<br />

Bremen, Bremen 2001, S. 44—53, hier S. 48. Sowie: Glade,<br />

Bremen und der Ferne Osten, S. 100. Siehe auch: Chia, Joshua<br />

Yeong Jia, Behn, Meyer & Co., Singapur 2006. Siehe: http://infopedia.nl.sg/articles/SIP_1250_2008-10-08.html<br />

(zuletzt abgerufen<br />

am 11.4.2011).<br />

343 Zöllner, Birma zwischen „Unabhängigkeit Zuerst - Unabhängigkeit<br />

Zuletzt“, S. 191.<br />

344 Chamey, Modem Burma, S. 18.<br />

345 Fhd.. S. 18 f.<br />

346 Ebd., S. 23 f.<br />

347 Glade, Bremen und der Feme Osten, S. 52, FN 150.<br />

348 Singer, Old Rangoon, S. 153.<br />

349 Ebd., S. 153.<br />

350 Gerhard Altmann, Rezension: Magee. Gary B. and Andrew<br />

S. Thompson. Empire and Globalisation. Networks of People,<br />

Goods and Capital in the British World, c. <strong>1850</strong>-<strong>1914</strong>, Cambridge<br />

2010. In: H-Soz-u-Kult, 1.10.2010. Siehe: http://hsozkult.<br />

geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-4-001 (zuletzt abgemfen<br />

am 14.4.2011).<br />

351 Magee, Empire and Globalisation, S. 6.<br />

352 Ebd., S. 7f., 19.<br />

353 Ebd., S. 57.<br />

354 Ebd., S. 45-57.<br />

355 Historische Gesellschaft zu Bremen (Hrsg.), Bremische Biographie<br />

des 19. Jahrhunderts, Bremen 1912, S. 341 ff.<br />

356 Krüger, Die Konsuln der Freien Hansestadt Bremen, S. 128.<br />

357 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 77, FN 1.<br />

358 Siehe zum politischen Selbstverständnis der Kaufmannselite<br />

Bremens im 19. Jahrhundert: Schulz, Vormundschaft und Protektion.<br />

359 Zu den deutschen Besitzern von Mohr Brothers & Co. siehe:<br />

Zöllner, Birma zwischen „Unabhängigkeit Zuerst - Unabhängigkeit<br />

Zuletzt“, S. 191,FN43.<br />

360 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.1, Rice<br />

Cargoes, eigene Auswertung.<br />

361 van Oosten, F. C., Dampfer erobern <strong>die</strong> Meere. Die Anfänge der<br />

Dampfschiffahrt, Oldenburg 1975, S. 14—20.<br />

362 Scholl, Im Schlepptau Großbritanniens; S. 213. Siehe auch: van<br />

Oosten, Dampfer erobern <strong>die</strong> Meere, S. 112.<br />

363 Scholl, Im Schlepptau Großbritanniens, S. 215 f.<br />

364 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 234.<br />

365 van Oosten, Dampfer erobern <strong>die</strong> Meere, S. 24, 96 ff.<br />

366 Ebd., S. 108-111.<br />

367 Ebd., S. 79 ff. Sowie: Scholl, Im Schlepptau Großbritanniens,<br />

S. 217.<br />

368 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 214.<br />

369 Wende, Das Britische Empire. S. 128.<br />

370 Nachfolgend HAPAG genannt.<br />

371 Laas, Walter, Die grossen Segelschiffe. Ihre Entwicklung und<br />

Zukunft, Fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1908, Kassel<br />

1972,5.23-28, 38 ff.<br />

372 Rickmers-Famiiienarchiv, PK 1/7, Austritt Andreas Rickmers,<br />

Schreiben H. Schwetmann, Newcastle, an Rickmers-Reismühlen,<br />

Rhederei und Schiffbau AG über Ausbau der Hilfsmaschine der<br />

R ickm er C la sen R ick m ers vom 30. November 1910.<br />

373 Laas, Die grossen Segelschiffe, S. 40 ff. Siehe zur Entwicklung<br />

der Segelschifffahrt auch: Laas, Walter: Die Segelschiffahrt der<br />

Neuzeit. In: Paul Dinse (Hrsg.), Meereskunde. Sammlung volkstümlicher<br />

Vorträge zum Verständnis der nationalen Bedeutung<br />

von Meer und Seewesen, 3. Jg., 3. Heft 1909.<br />

374 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 214.<br />

375 Scholl, Im Schlepptau Großbritanniens, S. 214 f.<br />

376 Ebd., S.216.<br />

377 Leonhard, Rickmers, S. 67 f.<br />

378 Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen II,<br />

S.30I f.<br />

379 Zu Wilhelm Anton Riedemann siehe: Hieke, Emst, Wilhelm Anton<br />

Riedemann. Anfang und Aufstieg des Petroleumhandels in<br />

Geestemünde und Hamburg 1860-1894, Hamburg 1963.<br />

380 Leonhard, Rickmers, S. 88-93.<br />

381 Grant, Rice Crop in Burma, S. 27.<br />

382 Ebd., S. 26.<br />

383 Archiv der Handelskammer Hamburg, ll.D.40.14, Begriff Sack<br />

bzw. Ballen im <strong>Reishandel</strong>.<br />

384 Grant, Rice Crop in Burma, S. 27.<br />

385 van Oosten, Dampfer erobern <strong>die</strong> Meere, S. 51-55.<br />

386 Grant, Rice Crop in Burma, S. 2.<br />

387 Ebd., S. 27.<br />

388 Ebd., S. 2.<br />

389 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S. 264 f.<br />

390 Ziegler, Heide, Bremens politische, ökonomische und soziokulturelle<br />

Beziehung zu China <strong>bis</strong> zum Ende des Ersten Weltkrieges,<br />

Göttingen 2003. Siehe: Ebd., Anhang, Tabelle Hongkong 1859,<br />

ohne Seite.<br />

391 Leonhard, Rickmers, S. 64.<br />

392 Möring, Siemssen & Co., S. 46 f., 57.<br />

393 Ebd., S. 66 f.<br />

394 Stielow, Frank, Deutsche Küstenschiffahrt in chinesischen Gewässern.<br />

In: Roder, Hartmut (Hrsg.), Bremen - Ostasien. Eine<br />

Beziehung im Wandel. КЮ Jahre Ostasiatischer Verein Bremen,<br />

Bremen 2(Ю1, S. 188 ff., hierS. 188.<br />

395 Deissmann, Gerhard, Theodor August Behn (1816-1886), erster<br />

bremischer Konsul in Singapur. In: Roder, Hartmut (Hrsg.), Brem<br />

en-Ostasien. Eine Beziehung im Wandel. 100 Jahre Ostasiatischer<br />

Verein Bremen, Bremen 2001, S. 78-82, hier S. 81.<br />

396 Ziegler, Bremens politische, ökonomische und soziokulturelle<br />

Beziehung zu China, Anhang, Tabelle Hongkong 1859, ohne<br />

Seite.<br />

397 Zahlen ad<strong>die</strong>rt nach: Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma,<br />

Tabelle ѴШ.5, S. 214, und Tabelle VIII.7, S. 217.<br />

398 Nostitz, Heifer’s Reisen in Vorderasien und In<strong>die</strong>n, Teil I, Kapitel<br />

7, bes. S. 182, 187, 216, 247-251.<br />

399 Brinton, John: Mr. Waghom’s Route To India. In: Aramco World,<br />

Voi. 19, No. 6 1968, p. 32-36. Zitiert nach: www.saudiaramcoworld.com/issue/196806/mr.waghom.s.route.to.india.htm<br />

(zuletzt<br />

abgerufen 8.6.2011).<br />

400 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 216 f.<br />

401 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 12 f.<br />

402 62. Brief aus Bremerhaven an N. Gloystein Söhne, Bremen,<br />

vom 23.8.1849. In: Buller<strong>die</strong>k, Der Auswanderer-Kapitän Heinrich<br />

Wieting, S. 91. Siehe auch: Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft,<br />

S. 25.<br />

403 Blankenburg, Der Reis, S. 47.<br />

404 Pawlik, Peter-Michael, Von der Weser in <strong>die</strong> Welt. Die Geschichte<br />

der Segelschiffe von Weser und Lesum und ihrer Bauwerften<br />

1770 <strong>bis</strong> 1893, Hamburg 1993, S. 442.<br />

405 Engelsing, Dauelsberg, Bremen 1957, bes. S. 68.<br />

406 Möring, Siemssen & Co., S. 56 f.<br />

407 Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt<br />

und starker Staat, München 1983, S. 193.<br />

271


; .î ü<br />

408 Möring, Siemssen & Co., S. 51 f. Siehe auch: Pohl, Aufbruch<br />

der Weltwirtschaft, S. 238.<br />

409 Nussbaumer, Josef und Andreas Exenberger, Chiffren zur Globalisierung<br />

in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (ca. <strong>1850</strong>-<br />

<strong>1914</strong>), Innsbruck 2003. Beitrag zur Tagung „Geschichten der<br />

Globalisierung“ an der FH Kufstein-Tirol, 9./10. Jänner 2003,<br />

S. 9. Siehe: http://homepage.uibk.ac.at/~c43207/<strong>die</strong>/papers/globchiff.pdf<br />

(zuletzt abgerufen am 12.3.2010).<br />

410 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 237 f.<br />

411 Wieger, Hermann, Wievag-Code. <strong>Deutscher</strong> Depeschenkürzer<br />

für den Großhandel in Getreide, Hülsenfrüchten, Saaten, Mühlenfabrikaten,<br />

Reis und sonstigen Nährmitteln, Futter- und Düngemitteln,<br />

Düsseldorf 1912, S. 58.<br />

412 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 239.<br />

413 Nussbaumer, Chiffren zur Globalisierung, S. 10. Siehe auch:<br />

Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 215.<br />

414 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 86.<br />

415 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S.<br />

270-273.<br />

416 Nussbaumer, Chiffren zur Globalisierung, S. 6. Seit 1947 ist der<br />

Weltostverein eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.<br />

417 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 242.<br />

418 Nussbaumer, Chiffren zur Globalisierung, S. 4 f.<br />

419 Hirschfeld, Paul, Hannovers Gross-Industrie und Gross-Handel,<br />

ohne Ort, ohne Jahr, S. 139 f.<br />

420 Zur Entwicklung des Unternehmens nach 1872 siehe auch: Klencke,<br />

Anja, Unternehmensbiographie der Rickmers Reismühle<br />

GmbH, Bremen 1995, S. 1, 7. Sowie: Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft,<br />

S. 25.<br />

421 Siebs, Benno Eide, 125 Jahre Rickmers. Ein Buch von Schiffbau<br />

und Schiffahrt, Bremerhaven 1959, S. 28.<br />

422 Diese fünf Schiffe brachten es zusammen immerhin auf 6.220<br />

BRT und eine Tragfähigkeit von 9.080 Tonnen. Siehe: Siebs,<br />

125 Jahre Rickmers, S. 112.<br />

423 Leonhard, Rickmers 1834, S. 85 f.<br />

In der älteren Literatur wird von dem Konflikt der zur Mühlenübemahme<br />

führte, nur sehr verharmlosend gesprochen. Über<br />

Ichon hieß es: „[...] man vermochte dem atemberaubenden Rickmersschen<br />

Tempo nicht mehr zu folgen.“ Zum Schutz des Ansehens<br />

der Firma wurde das wirtschaftliche Risiko, das Rickmer<br />

Ciasen Rickmers einging, offensichtlich verschwiegen. Siehe:<br />

Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 25.<br />

424 Rickmers-Familienarchiv, PK 12/7, Sammelbox Willi Heinrich<br />

Rickmers’Asienreiseberichte 1876-1877, Brief Willy an Andreas<br />

Rickmers aus Rangun am 24. Februar 1877.<br />

Anmerkung: ln der Archivsignatur des Rickmers-Familienarchivs<br />

wird Wilhelm Rickmers als „Willi“ abgekürzt. Innerhalb der Familie<br />

wurde <strong>die</strong> Form „Willy“ verwandt, wie <strong>die</strong> Namen der<br />

1868 und 1895 in Dienst gestellten Schiffe mit den Namen<br />

W illy R ick m ers zeigen.<br />

425 Leonhard, Rickmers, S. 87.<br />

426 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 28. Während es stimmte, dass <strong>die</strong><br />

Rickmers-Reismühle <strong>die</strong> größte in Bremen war, scheinen <strong>die</strong><br />

Ausfuhrzahlen deutlich zu niedrig zu liegen.<br />

427 Die Mühle, No. 15, Zweites Blatt, 26. Jg., 1889, S. 238.<br />

428 Die Mühle, No. 10, 33. Jg., 1896, S. 157.<br />

429 Die Mühle, No. 2, 31. Jg., 1894, S. 22.<br />

430 Die Mühle, No. 10, 33. Jg., 1896, S. 157.<br />

431 Ebd.<br />

432 Die Mühle, No. 2, 31. Jg., 1894, S. 22.<br />

433 Die Mühle. No. 26, 24. Jg., 1887, S. 410.<br />

434 Die Mühle, No. 1, 24. Jg., 1887, ohne Seite. Siehe auch:<br />

hltp://www.bitterfeld-online.de/index.php?id=l 11303000513<br />

&cid=l 11303000213 (zuletzt abgerufen am 29.7.2011).<br />

435 Die Mühle, No. 10, 33. Jg., 1896, S. 158 f.<br />

436 Nielsen, Meine Lebensbeschreibung, S. 13.<br />

437 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 19.<br />

438 Zur Geschichte der Reismühlen von Friedrich Carl Ferdinand<br />

und Anton Heinrich Nielsen siehe: Prüser, Reis- und Handels-<br />

Aktiengesellschaft, S. 7-19. Sowie: Nielsen, Meine Lebensbeschreibung.<br />

439 Die Mühle, No. 8, 19. Jg., 1882, S. 122.<br />

440 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Prospekt vom<br />

8. November 1880.<br />

441 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Prospekt ohne<br />

Jahr.<br />

442 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Prospekt ohne<br />

Jahr.<br />

443 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Reisfutteimehl<br />

aus den Reisdampfmühlen von R. C. Rickmers.<br />

444 Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 180.<br />

445 Ebd., S. 198.<br />

446 Steinbach, Peter, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitalter.<br />

Sozialstruktur und Industrialisierung des Fürstentums Lippe im<br />

19. Jahrhundert, Lemgo 1976, S. 103.<br />

447 van der Borghi, Herbert, Reisstärkeindustrie, Vorwort o. S.<br />

448 Otto Künne war Generaldirektor der Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

AG. Siehe: Künne, Otto, Die Lage des deutschen Reisstärke-<br />

Gewerbes Ende 1934, Bad Salzuflen 1934.<br />

449 Den Namenszusatz „Bad“ erhielt <strong>die</strong> Stadt Salzuflen erst <strong>1914</strong>.<br />

450 Wiesekopsieker, Stefan, Hoffmann’s Stärkefabriken in Salzuflen,<br />

2005, S. 109. Ausführlich zum Forschungsstand sowie zur Übernahme<br />

des Firmenarchivs in den Bestand des Stadtarchivs Bad<br />

Salzuflen siehe: Ebd., S. 13-40.<br />

451 Zu den Anfängen der Stärkefabrik Salzuflen <strong>bis</strong> 1881 hier und<br />

im Folgenden siehe: Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken,<br />

S. 109-118.<br />

452 Steinbach, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitaller, S. 103.<br />

453 Ebd., S. 114.<br />

454 Diese Zahl, zitiert von Wiesekopsieker nach Delpy, ist zu hinterfragen.<br />

80.(КЮ Zentner entsprechen 4.000 Tonnen. Dass auf<br />

dem gesamten Gelände <strong>bis</strong> zu 4.0(Ю Tonnen zugleich lagerten,<br />

wo wöchentlich nur 2,5 Tonnen Reis verarbeitet wurden, ist auszuschließen.<br />

Das würde bedeuten, dass <strong>die</strong> Verarbeitungsmenge<br />

von über 30 Jahren in der Fabrik zeilgleich gelagert wurde.<br />

Wahrscheinlicher sind 80.000 Pfund, was 40 Tonnen entsprechen<br />

würde. Siehe: Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S.<br />

117, bes. FN 267.<br />

455 Zur Geschichte der Stärkefabrik siehe: Wiesekopsieker, Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken, bes. S. 113-119, 125 ff., 140.<br />

456 Plinius der Ältere (23-79 n.Chr.), römischer Schriftsteller und<br />

Gelehrter, der in 37 Bänden der Naturalis historia das zeitgenössische<br />

naturkundliche Wissen zusammenfasste.<br />

457 Rehwald, Felix, Die Stärkefabrikation. Ein Handbuch für Stärke-<br />

und Traubenzuckerfabrikanlen, sowie für Ökonomiebesitzer<br />

und Branntweinbrenner, Wien 1895, S. 1.<br />

458 von Looz-Corswarem, Clemens, Stärkefabrikanten in Köln. Ein<br />

Problem des Umweltschutzes im 18. Jahrhundert. In: Hans Blum<br />

(Hrsg.), Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins, Band 48,<br />

Köln 1977, S. 81-112, hier S. 82, besonders FN 4.<br />

459 van der Borghi, Herbert, Reisslärkeindustrie, S. 6, 13 ff., 34.<br />

460 von Looz-Corswarem, Stärkefabrikanlen in Köln, S. 81-112,<br />

hier S. 85. (Abweichend gibt van der Borghi für <strong>die</strong> Einführung<br />

der Stärkeproduktion ohne Gärung das Jahr 1840 an.)<br />

461 van der Borghi, Herbert, Reisslärkeindustrie, S. 28-32.<br />

462 Rehwatd, Die Stärkefabrikation, S. 163, bes. Fig. 36.<br />

463 Ebd., S. 160 ff.<br />

464 van der Borghi, Herbert, Reisstärkeindustrie, S. 32 f.


г<br />

465 Ebd., S. 40 ff.<br />

466 Steinbach, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitalter, S. 104.<br />

467 An <strong>die</strong>ser Stelle sind Steinbach und Wiesekopsieker widersprüchlich.<br />

Nach Steinbach hatte Hoffmann beim preußischen<br />

Finanzminister eine Senkung des Eingangszolls für Reis auf<br />

1,50 M/Zentner gefordert, nach Wiesekopsieker jedoch eine totale<br />

Zollfreiheit für Bruchreis unter Zollaufsicht gefordert, soweit<br />

<strong>die</strong> gewonnene Stärke exportiert würde. Siehe: Steinbach, Der<br />

Eintritt Lippes in das Industriezeitalter, S. 104. Sowie: Wiesekopsieker,<br />

Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 113.<br />

468 Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Pol 2°<br />

01778/13 (20). Schöllkopf, Johann, Hoher Zollbundesrath!: Johann<br />

Schöllkopf, Fabrikant von Reisstärke bittet ehrfurchtsvoll<br />

um Beseitigung der Anomalie in der Zollbelegung, Ulm, 3. April<br />

1870.<br />

469 Steinbach, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitalter, S. 104 f.<br />

470 Eigene Tabelle, zusammengestellt nach Peter Steinbach und Herbert<br />

van der Borght.<br />

471 Eigene Tabelle nach: van der Borght, Herbert, Reissiärkeindustrie,<br />

S. 55-60.<br />

472 Reis zum Brauen erfreute sich Ende des 19. Jahrhunders zunehmender<br />

Beliebtheit und in Deutschland machte er etwa fünf Prozent<br />

der Braustoffe, in einzelnen Brauereien <strong>bis</strong> zu einem Drittel<br />

der Braustoffe aus. Der jährliche Verbrauch stieg von 968 Tonnen<br />

1887 auf 10.225 Tonnen 1898. Mit der Übernahme des süddeutschen<br />

Reinheitsgebots in ein Reichsgesetz 1906 endete <strong>die</strong> Karriere<br />

des Braureises, der nur noch für Exportbier verwendet werden<br />

durfte. 1907-13 sank der jährliche Verbrauch auf 35 Tonnen.<br />

Siehe: Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 123-127.<br />

473 Prüser, Friedrich, <strong>Reishandel</strong> und Reisindustrie in Bremen. In:<br />

Ders. und Wilhelm Treue (Hrsg.), Beiträge zur bremischen Firmengeschichte.<br />

Tradition, Beiheft 5, 1966, S. 7-19, hier S. 13.<br />

474 Ein hannoverscher Morgen entsprach nach 1836 2.621 m^. 30<br />

Morgen entsprachen also 78.630 m^ beziehungsweise rund 7,9<br />

Hektar.<br />

475 Leonhard berichtet von 140 Arbeitskräften im ersten Betriebsjahr.<br />

Siehe: Leonhard, Rickmers, S. 101.<br />

476 Brethauer, Karl, Münden. Gesammelte Aufsätze. Erste Folge,<br />

Münden 1981, S. 89 f.<br />

477 von Pezold, Johann Dietrich, Die Industrialisierung, Münden<br />

1981,5.51 f.<br />

478 Kludas, Arnold, 150 Jahre Rickmers. 1834/1984, Herford 1984,<br />

S. 114.<br />

479 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891, Prospekt von<br />

1884.<br />

480 Rickmers Familienarchiv PK 7/16, 1883, 1885 u. 1886 Dokumentensammlung<br />

Rickmers AG, Schreiben der Stärkefabrik<br />

„Union“ an ihre Vertreter zur Versicherung der Leistungsfähigkeit<br />

der eigenen Fabrik vom 15.9.1883.<br />

481 Ebd.<br />

482 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 119, bes. FN<br />

273.<br />

483 von Pezold, Die Industrialisierung, S. 52.<br />

484 Leonhard, Rickmers, S. 101.<br />

485 Wiesekopsieker gibt kein genaues Datum des Firmeneintritts<br />

Georg Woldes bei Hoffmann’s Stärkefabriken AG an. Dem Aufsichtsrat<br />

gehörte Georg Wolde seit 1887 an. Siehe: Wiesekopsieker,<br />

Stefan, Die Bremer Aufsichtsratsmitglieder der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG Bad Salzuflen. Eine kaum bekannte<br />

Beziehung Bremer Kaufleute und Bankiers zu Lippes größtem<br />

Industrieunternehmen. In: Lippische Mitteilungen, 67. Bd., 1998,<br />

S. 91-125, hierS. 104 f.<br />

486 von Pezold, Die Industrialisierung, S. 52.<br />

487 Kreisarchiv Osterholz, 989/82, Konzessionsurkunde vom<br />

5.10.1875.<br />

488 Kreisarchiv Osterholz, 989/11, Landkauf zwischen Gastwirt<br />

M üllerund Maurer Steeneck für Lange 12.10.1876.<br />

489 Kreisarchiv Osterholz, 989/6, Landkauf Ziegelkampe 1877 und<br />

989/20, Kauf Pfarrweide 1877.<br />

490 von Looz-Corswarem, Stärkefabrikanten in Köln, S. 81, 93.<br />

491 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 123.<br />

492 Archiv der Handelskammer Hamburg, 20. H. 2.1 Die Verhandlungen<br />

zur Schaffung eines Zollregulativs (1881-1888), Brief<br />

Rudolf Lichtenberg an Georg Woermann, 4.8.1883.<br />

493 Gesetzliche Verankerung der Krankenversicherung 1883, der<br />

Unfallversicherung 1884 und der Invaliditätsversicherung 1889.<br />

Siehe: Metzler, Gabriele, Der deutsche Sozialstaat. Vom <strong>bis</strong>marckschen<br />

Erfolgsmodell zum Pflegefall, Stuttgart 2003, S.<br />

20.<br />

494 Kreisarchiv Osterholz, 989/66, Arbeitsordnung ab dem<br />

14.1.1910.<br />

495 Die Mühle, No. 48, Zweites Blatt, 30. Jg., 1893, S. 784.<br />

496 Zur Geschichte der Stärkefabrik siehe besonders: Kreisarchiv<br />

Osterholz, 989/80, Artikel Osterholzer Kreisblatt 6./7. Januar<br />

1979, 60 Jahre Osterholzer Reiswerke.<br />

497 Kreisarchiv Osterholz, 989/80, Artikel Osterholzer Kreisblatt<br />

6./7. Januar 1979, 60 Jahre Osterholzer Reis werke.<br />

498 Tabelle nach: Wiesekopsieker, Stefan, Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

in Salzuflen, 2005, S. 119, FN 273.<br />

499 Die Fabrik Haartja ist bei van der Borght abweichend von Wiesekopsieker<br />

Hartje geschrieben. Siehe: van der Borght, Herbert,<br />

Reisstärkeindustrie, S. 34.<br />

500 Pierenkemper, Toni, Untemehmensgeschichte. Eine Einführung<br />

in ihre Methoden und Ergebnisse, Stuttgart 2000, S. 177.<br />

501 Zum Vergleich der Stärkesorten: 1911 wurden 255.644 DZ Reisstärke<br />

im Wert von 10,87 Millionen Mark, 2.343.456 DZ Kartoffelstärke<br />

im Wert von 41,73 Millionen Mark und 180.451 DZ<br />

im Wert von 5,14 Millionen Mark produziert. Siehe: van der<br />

Borght, Herbert, Reisstärkeindustrie, S. 45.<br />

502 Ebd., S. 85.<br />

503 Tabelle nach: Sartorius, Otto, 100 Jahre Hoffmann’s Stärkefabriken<br />

Bad Salzuflen, Bielefeld 1950, S. 56.<br />

504 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 119, 137 ff.<br />

505 Zur Entwicklung der deutschen Zollpolitik sowie zu deren Zusammenhang<br />

mit der globalisierten deutschen Wirtschaft im 19.<br />

Jahrhundert siehe: Torp, Die Herausforderung der Globalisierung.<br />

506 Ebd., S. 271.<br />

507 Eigene Tabelle nach: van der Borght, Herbert, Reisstärkeindustrie,<br />

S. 55-60.<br />

508 Tabelle siehe: van der Borght, Herbert, Reisstärkeindustrie, S.<br />

63.<br />

509 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, Tabelle 8: Jahresüberschuss<br />

in Mark und Dividendenzahlung der Hoffmann's<br />

Stärkefabriken AG (1887-<strong>1914</strong>) nach den Geschäftsberichten,<br />

S. 124.<br />

510 Ebd., S. 122 ff.<br />

511 Kreisarchiv Osterholz, 989/67, 67a, 67d, 67e, Verträge der Vereinigten<br />

Reisstärke Fabriken.<br />

512 Kreisarchiv Osterholz, 989/67e, Verträge der Vereinigten Rei.sstärke<br />

Fabriken.<br />

513 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 136.<br />

514 Steinbach, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitalter, S. 111.<br />

515 Kreisarchiv Osterholz, 989/67b, Statut der Deutschen Reisstärke-Verkaufs-Gesellschaft<br />

vom 14.6.1911.<br />

516 van der Borght, Herbert, Reisstärkeindustrie, S. 17, 53.<br />

517 Kreisarchiv Osterholz, 989/67 f., Brief Joseph Colman Limited<br />

et al. an Gebr. Nielsen vom 22.7.1908.<br />

518 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 139. Siehe auch:<br />

van der Borght, Herbert, Reisstärkeindustrie, Tabelle S. 79.<br />

273


w<br />

519 Zu den bremischen Debatten über den Zollanschluss und der<br />

Position der politischen Eliten siehe: <strong>Dannhauer</strong>, Sören, Der Politiker<br />

Hermann Henrich Meier - Mehr als Kaufmann und Reeder?,<br />

unveröffentlichte Magisterarbeit, Bremen 2008, S. 80 f.<br />

520 Zum Zollanschluss, Bau des Freihafens und der Weserkorrektion<br />

siehe: Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen<br />

II, S. 349-354.<br />

Zu Ludwig Franzius siehe auch: Hofmeister, Adolf, Ludwig<br />

Franzius korrigierte den Weserstrom. In : ЮоЛ, Hans u.a. (Hrsg.),<br />

Innovationen aus Bremen. Persönlichkeiten aus Kultur, Technik<br />

und Wirtschaft. Jahrbuch der Wittheit zu Bremen 2006/2(Ю7,<br />

Bremen 2008, S. 71-82.<br />

521 Die Mühle, No. 26, Zweites Blatt, 27. Jg., 1890, ohne Seite.<br />

522 Die Mühle, No. 26, Zweites Blatt, 27. Jg., 1890, S. 77.<br />

523 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 112 f.<br />

524 Christoph Hellwig Papen<strong>die</strong>ck (1839-1891) gehörte zu den einflussreichsten<br />

Bremer Kaufleuten und war 1886 auch Gründungsmitglied<br />

der Bremer Schleppschiffahrtsgesellschaft. Seine<br />

politische Führungsposition in Bremen zeigt sich auch in seiner<br />

Mitgliedschaft in der Bremer Handelskammer von 1875 <strong>bis</strong> 1889<br />

sowie in der Bremer Bürgerschaft von 1868 <strong>bis</strong> 1891.<br />

525 Prager, DDG Hansa, S. 13.<br />

526 Ebd., S. 16-27.<br />

527 Roder, Hartmut, Bremen - Handelsstadt am Fluß, Bremen 1995,<br />

S. 175.<br />

528 Magee, Empire and Globalisation, S. 7 f.<br />

529 Ebd., S. 100.<br />

530 Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 249, Reismaklerbericht 1875.<br />

Darin auch <strong>die</strong> nachfolgenden Inhaltsbeschreibungen und Zitate.<br />

531 Die Maßeinheit Ballen ist aus den Statistiken nicht genau in Kilogramm<br />

umzurechnen. Im vorliegenden Reismaklerbericht ergeben<br />

sich im statistischen Anhang Hinweise darauf, dass <strong>die</strong><br />

angegebenen Tons eine metrische Tonne bezeichneten und <strong>die</strong>se<br />

wiederum 10,5 Ballen hatte. Damit ergäbe sich für einen Ballen<br />

ein Gewicht von 95,24 Kilogramm.<br />

Die Größe der Ballen oder Säcke scheint nicht immer identisch<br />

gewesen zu sein. 1915 fragte beispielsweise <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Hamburg bei einer Hamburger Mühle an, ob der Handel mit<br />

Reis in Säcken zu 100 Kilogramm rechtens sei, da sonst ja mit<br />

Säcken zu 110 Kilogramm gehandelt würde und sich daher eine<br />

Preissteigenmg von zehn Prozent ergebe. Laut der Hamburger<br />

Firma, der Allgemeinen Reis-Gesellschaft Limited, war der Handel<br />

mit den größeren Säcken üblich. Siehe: Archiv der Handelskammer<br />

Hamburg, 11 .D.40.4 Das handelsübliche Gewicht eines<br />

Sackes Reis.<br />

532 Quellen von 1894 und 1899 nennen fünf Reismühlen in Hamburg.<br />

Das waren nach der Menge ihrer Reiseinfuhren von 1899,<br />

bei der Größten beginnend: Die Norddeutsche Reismühle m.b.H.;<br />

Schuhmacher, Deppe & Co.; Brock & Schnars; Hermann Berkan<br />

& Co.; Völckers & Richers.<br />

Siehe: Staatsarchiv Hamburg, 132-11 2339 Einfuhr von Paddy-<br />

Reis 1899. Sowie: Archiv der Handelskammer Hamburg, 20. H.<br />

2.3.1 Änderung des Zollregulativs für Reisschälmühlen.<br />

533 Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 249, Reismaklerbericht 1875,<br />

Tabelle III. Aufgrund der Lagerbestände übertraf der Export in<br />

einzelnen Jahren <strong>die</strong> im selben Jahr polierte Menge Reis.<br />

534 Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 250, Statistisches Handbuch<br />

für den Artikel Reis 1882.<br />

535 Ebd., S. 5-10.<br />

536 Ebd., S. 11-16.<br />

537 Ebd., S. 17-19.<br />

538 Ebd., S. 22.<br />

539 Ebd., S. 21.<br />

540 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.3, Fraser<br />

& Co.’s Review of the Rice Trade for 1885. Darin auch <strong>die</strong><br />

nachfolgenden Inhaltsbeschreibungen und Zitate.<br />

541 Zur Umrechnung von Pfund in Mark siehe Kapitel II. Angenommen<br />

ist hier, dass ein britisches Pfund zu 20 Schillingen beziehungsweise<br />

240 Pence dem Wert von 20,25 Mark entsprach.<br />

542 In der Quelle sind keine Angaben gemacht, auf welche Menge<br />

Reis sich <strong>die</strong> Frachtraten beziehen. Dies kann hier nur vermutet<br />

werden. Nach Kapitel II, Tabelle II 4.5, ergibt sich für 1885 ein<br />

Einkaufspreis von knapp unter 60 Schillinge je Tonne. Demnach<br />

hätten <strong>die</strong> Frachtraten <strong>bis</strong> zu zwei Drittel des Warenwertes ausgemacht.<br />

Für 1912 wurden Frachtraten <strong>bis</strong> zu etwa 20 Prozent<br />

des Warenwertes festgestellt (ebenfalls Kapitel II4). Nussbaumer<br />

und Exenberger stellten fest, dass <strong>die</strong> Frachtraten für Reis von<br />

Birma nach Europa zwischen 1882 und <strong>1914</strong> von 74 Prozent<br />

auf 18 Prozent des Warenwertes fielen (Siehe: Nussbaumer,<br />

Chiffren zur Globalisierung, S. 8.). Diese Angabe sowie <strong>die</strong> eigene<br />

Berechnung in Kapitel II 4 lassen vermuten, dass sich <strong>die</strong><br />

angegebenen Frachtraten auf je eine Tonne beziehen.<br />

543 Kennerly, Shipping Communication and Servicing Hub, S. 9.<br />

544 Ebd., Table 5, S. 8.<br />

545 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.3, Fraser<br />

& Co.’s Review of the Rice Trade for 1885. Darin auch <strong>die</strong><br />

nachfolgenden Tabellen, Inhaltsbe.schreibungen und Zitate.<br />

546 Siok-Hwa, Rice Industry of Burma, S. 203 f.<br />

547 Die Mühle, No. 26, Zweites Blatt, 27. Jg., 1890, ohne Seite.<br />

Darin auch <strong>die</strong> nachfolgenden Tabellen, Inhaltsbeschreibungen<br />

und Zitate.<br />

548 Die Mühle, No. 26, Zweites Blatt, 27. Jg., 1890, ohne Seite.<br />

549 Die Mühle, No. 12, Zweites Blatt, 28. Jg., 1891, S. 190 f. Darin<br />

auch <strong>die</strong> nachfolgenden Inhaltsbeschreibungen und Zitate.<br />

550 Die Mühle, No. 3, 33. Jg., 1896, S. 49. Darin auch <strong>die</strong> nachfolgenden<br />

Tabellen, Inhaltsbeschreibungen und Zitate.<br />

551 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 249,<br />

Reismaklerbericht 1875.<br />

552 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 249,<br />

Reismaklerbericht 1875. Sowie: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H<br />

VI 250, Statistisches Handbuch für den Artikel Reis 1882, S.<br />

11-16. Zahlen für <strong>die</strong> Jahre 1875 und 1876 fehlen.<br />

553 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 249,<br />

Reismaklerbericht 1875.<br />

554 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 250,<br />

Statistisches Handbuch für den Artikel Reis 1882, S. 5-16. Sowie:<br />

Die Mühle, No. 26, Zweites Blatt, 27. Jg., 1890, ohne Seite,<br />

No. 12, Zweites Blatt, 28. Jg., 1891, S. 190 f.<br />

555 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 250,<br />

Statistisches Handbuch für den Artikel Reis 1882, S. 11-16. Sowie:<br />

Die Mühle, No. 8, 33. Jg., 1896, ohne Seite.<br />

556 Zahlen entnommen aus: Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 250,<br />

Statistisches Handbuch für den Artikel Reis 1882, S. 21 f. Sowie:<br />

Die Mühle, No. 8,33. Jg., 1896, ohne Seite. Teilweise übersteigen<br />

<strong>die</strong> genannten Exportzahlen <strong>die</strong> Importzahlen. Teile des Exports<br />

wurden über vorhandene Lagerbestände gedeckt und <strong>die</strong> Einfuhrzahlen<br />

beziehen sich eventuell teilweise nur auf rohen Reis,<br />

während in den Exportzahlen auch Reis mitgezählt ist, der bereits<br />

in Asien geschält wurde und vor dem weiteren Verkauf in den<br />

europäischen Mühlen nur noch poliert wurde.<br />

557 Oppel, Der Reis, S. 52.<br />

558 Blankenburg, Der Reis, S. 278.<br />

559 Liverpool Record Office and History Library, MD 285,3, Fraser<br />

& Co.’s Review of the Rice Trade for 1885.<br />

560 Stadtarchiv Bad Salzuflen, H VI 250, Statistisches Handbuch<br />

für den Artikel Reis 1882, S. 25.<br />

561 Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch für Bremische<br />

Statistik, Jahrgang 1887, Bremen 1888, S. 167 f., 182.<br />

562 Oppel, Der Reis, S. 58.<br />

563 Bremisches Statistisches Amt (Hrsg.), Jahrbuch für Bremische<br />

Statistik, Jahrgang 1887, Bremen 1888, S. 168.<br />

564 Siehe Kapitel IV 2.


565 Blankenburg, Der Reis, S. 287.<br />

566 Grant, Rice Crop in Burma, Appendix VI, S. 52.<br />

567 Leonhard, Rickmers, S. 105 ff.<br />

568 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 112 f.<br />

569 Leonhard, Rickmers, S. 112 ff.<br />

570 Ebd.,S. 116.<br />

571 Ebd.,S. 116-122.<br />

572 „[...] und es verstand sich einfach von selbst, daß der Sohn, Robert,<br />

für den Reis aufgezogen wurde wie sein jüngerer Bruder<br />

Paul für <strong>die</strong> Schiffe und <strong>die</strong> Werft.“ Siehe: Priiser, Friedrich,<br />

Robert Rickmers. 1864-1948. Sonderdruck aus Niedersachsi.sche<br />

Lebensbilder 8, Hildesheim 1973. In: Rickmers Familienarchiv,<br />

PK 11/13, Personenakte Robert Henry Rickmers 1864—1948.<br />

573 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 112 f., 116 f. Sowie: Leonhard,<br />

Rickmers, S. 116, 125 ff.<br />

574 Ebd., S. 82.<br />

575 Zur Geschichte der Aktiengesellschaft im 19. Jahrhundert siehe:<br />

Schnorr, Tanja, Historie und Recht des Aufsichtsrats - Deutsche<br />

Erfahrungen als Beitrag zum Statut der Europäischen Aktiengesellschaft<br />

1991, Dissertation, Würzburg 2000, S. 10-39.<br />

576 Pierenkemper, Untemehmensgeschichte, S. 91, 100.<br />

577 Leonhard, Rickmers, S. 87.<br />

578 Zur Auflösung von Strukturen in der Bremer Gesellschaft und<br />

der politischen Elite siehe: Schulz, Vormundschaft und Protektion.<br />

Sowie: <strong>Dannhauer</strong>, Der Politiker Hermann Henrich Meier<br />

- Mehr als Kaufmann und Reeder?<br />

579 Loose, Hans-Dieter (Hrsg.), Hamburg. Geschichte der Stadl und<br />

ihrer Bewohner. 1. Von den Anfängen <strong>bis</strong> zur Reichsgründung.<br />

Hamburg 1982, S. 24.<br />

580 Schwarzwälder, Geschichte der Freien Hansestadt Bremen II,<br />

S. 349.<br />

581 Zur Geschichte des Zollanschlusses Bremens siehe: Schwarzwälder,<br />

Geschichte der Freien Hansestadt Bremen II, S. 345-351.<br />

Sowie: Herms, Doris, Die Anfänge der bremischen Industrie.<br />

Vom 17. Jahrhundert <strong>bis</strong> zum Zollanschluß (1888), Bremen<br />

1952, S. 27.<br />

582 Kunz, Andreas und Lars U. Scholl (Hrsg.), Die Deutsche Seeschifffahrt<br />

1821-1989. Ein Datenhandbuch, Bremen 2011,<br />

S. 13 f.<br />

583 Weder in der Literatur noch im Staatsarchiv oder im Archiv der<br />

Handelskammer Hamburg finden sich Hinweise oder Akten, <strong>die</strong><br />

auf eine ähnlich wichtige Stellung des <strong>Reishandel</strong>s in Hamburg<br />

vor 1888 hinweisen, wie sie Bremen hatte.<br />

584 Prüser, <strong>Reishandel</strong> und Reisindustrie in Bremen, S. 17.<br />

585 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Antrag Bremer Reismühlen<br />

auf Änderung der Ausbeutesätze vom 1.10.1906.<br />

586 Archiv der Handelskammer Hamburg, 20. H. 2.1. DieVerhandlungen<br />

zur Schaffung des Zollregulativs für Reisschälmühlen<br />

(1881-1888).<br />

Ort und Zweck des Abdrucks aus dem Bremer Gesetzblatt lassen<br />

sich aus der Akte nicht erschließen.<br />

587 Archiv der Handelskammer Hamburg, 20. H. 2.1. Die Verhandlungen<br />

zur Schaffung des Zollregulativs für Reisschälmühlen<br />

(1881-1888).<br />

588 Ebd.<br />

589 Ebd.<br />

590 Die Mühle, ohne No., 17. Jg., 1880, ohne Seite.<br />

591 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 117.<br />

592 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 26.<br />

593 Rickmers Familienarchiv. PK 8/2, 1889-1909 Beteiligungen an<br />

anderen Unternehmen.<br />

594 Leonhard, Rickmers, S. 132, besonders FN 573. Zum Wert der<br />

Norddeutschen Reismühle m.b.H. im Jahr 1901 siehe: Bargmann,<br />

700 Jahre Bremer Mühlen, S. 65.<br />

595 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 117 f.<br />

596 von Pezold, Die Industrialisierung, S. 52 f. Siehe auch: Leonhard,<br />

Rickmers, S. 136 f.<br />

597 Weser-Zeitung, kurz vor dem 28.10.1893. Siehe: Geheimes<br />

Staatsarchiv Preußischer Kullurbesitz, I. HA Rep. 120 Ministerium<br />

für Handel und Gewerbe C VIII 1 Nr. 90, Akte Handel mit<br />

Reis.<br />

598 Torp, Die Herausforderung der Globalisierung, S. 84.<br />

599 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep.<br />

120 Ministerium für Handel und Gewerbe C Vili 1 Nr. 90, Akte<br />

Handel mit Reis.<br />

600 Torp, Die Herausforderung der Globalisierung, S. 182 f.<br />

601 Weser-Zeitung vom 1.11.1893, Morgenausgabe. Siehe: Geheimes<br />

Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 120 Ministerium<br />

für Handel und Gewerbe C VIII 1 Nr. 90, Akte Handel mit<br />

Reis.<br />

602 Nationalzeitung vom 29.10.1893. Siehe: Geheimes Staatsarchiv<br />

Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel<br />

und Gewerbe C VIII 1 Nr. 90, Akte Handel mit Reis.<br />

603 http://www.peter-hug.ch/lexikon/fiume?Typ=:PDF (zuletzt abgerufen<br />

am 11.10.2011).<br />

604 Die Mühle, No. 09, Zweites Blatt, 30. Jg., 1893, S. 143.<br />

605 Leonhard, Rickmers, S. 135, bes. FN 586.<br />

606 Im Archiv der Stadt Ústí nad Labern.<br />

607 Der Gulden wurde 1892 durch <strong>die</strong> österreichisch-ungarische<br />

Goldkrone ersetzt. Ein Gulden entsprach zwei Kronen. Eine<br />

Goldkrone wiederum hatte im Wechsel auf <strong>die</strong> Mark (Goldmark)<br />

den Wert von 0,85 Mark. Demnach waren 18.337 Gulden =<br />

36.674 Kronen = 31.172,90 Mark.<br />

608 Státní oblastni archiv Litoméîice, Podnikovÿ archiv Severoôeskÿch<br />

tukovych tukovych zävodö Ústí nad Labern, fond Bohemia<br />

Reiswerke-Aktiengesellschaft in Aussig 1899-1941. Alle<br />

Angaben über <strong>die</strong> Reismühle in <strong>die</strong>sem Abschnitt entstammen<br />

dem genannten Bestand des Archivs der Stadt Ústí nad Labern.<br />

609 Im Folgenden nur „Austria“ genannt.<br />

610 Státní oblastni archiv Litoménce, Podnikovy archiv Severo&skych<br />

tukovych tukovych závodñ Ústí nad Labern, fond Bohemia<br />

Reiswerke-Aktiengesellschaft in Aussig 1899-1941. Protokoll<br />

der Verwaltungsratssitzung der „Austria“ Reiswerke-<br />

Actiengesellschaft im Hotel Englischer Hof in Aussig, 5.6.<br />

1900.<br />

611 Státní oblastni archiv Litoméfice, Podnikovy archiv Severoceskych<br />

tukovych tukovych zàvodÔ Ústí nad Labern, fond Bohemia<br />

Reiswerke-Aktiengesellschaft in Aussig 1899-1941. Vereinbarung<br />

der Zusammenarbeit zwischen der Ersten Triester<br />

Reisschälfabrik und der „Austria“ Reiswerke Aussig, 3.12.1901.<br />

612 Státní oblastni archiv Litoméfice, Podnikovÿ archiv Severoceskych<br />

tukovych tukovych zàvodô Ústí nad Labern, fond Bohemia<br />

Reis werke-Aktiengesellschaft in Aussig 1899-1941. Protokoll<br />

der 5. ordentlichen Generalversammlung der „Austria“<br />

Reiswerke-Actiengesellschaft im Bureau der Anglo-Österr.<br />

Bankfiliale in Aussig, 4.6.1904. Sowie: Verzeichnis der bei der<br />

6ten General-Versammlung der „Austria“ Reiswerke-Acliengesellschaft<br />

in Aussig am 20. Mai 1905 anwesenden Herren Actionäre.<br />

613 Prüser, <strong>Reishandel</strong> und Reisindustrie in Bremen, S. 15.<br />

614 Torp, Die Herausforderung der Globalisierung, S. 363.<br />

615 Leonhard, Rickmers, S. 133.<br />

616 Baker, A History of Thailand, S. 90.<br />

617 Schuhmacher, Reis in der Weltwirtschaft, S. 30.<br />

618 Rickmers-Familienarchiv, ST 7/II, Manuskripte Festschrift,<br />

S. 31f.<br />

619 Bargmann, 700 Jahre Bremer Mühlen, S. 66.<br />

620 Prüser, <strong>Reishandel</strong> und Reisinduslrie in Bremen, S. 14.<br />

621 Baker, A History of Thailand, S. 93.<br />

622 Siebs, 125 Jahre Rickmers. S. 116.<br />

623 Rickmers-Familienarchiv, PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers-Reismühlen 1880-1891.


624 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 35.<br />

625 Riedemann (1832-1920) war ein Pionier der Tankschifffahrl.<br />

1890 war er gemeinsam mit Franz und Carl Schütte sowie der<br />

Standard Oil Company von John D. Rockefeller <strong>die</strong> Deutsch-<br />

Amerikanische Petroleum Gesellschaft, aus der 1950 Esso hervorging.<br />

626 Rickmers-Familienarchiv, PK 8/2, 1889-1909 Beteiligungen an<br />

anderen Unternehmen.<br />

627 Eine Anfrage an das Archiv in Braila blieb ohne Auskunft.<br />

628 Bargmann, 700 Jahre Bremer Mühlen, S. 67.<br />

629 Fuchs, Eckhardt (Hrsg.), Weltausstellungen im 19. Jahrhundert,<br />

Leipzig 2000, S. 9.<br />

630 Leonhard, Rickmers, S. 41.<br />

631 Fuchs, Weltausstellungen, S. 87 f.<br />

632 Kom, Oliver, Hanseatische Gewerbeausstellungen im 19. Jahrhundert.<br />

Republikanische Selbstdarstellung, regionale Wirtschaftsförderung<br />

und bürgerliches Vergnügen, Opladen 1999,<br />

S. 138 ff.<br />

633 Roder, Hartmut, Bremen, Sommer 1890. Eine Stadt ganz im<br />

Zeichen einer Ausstellung. In: Ders. (Hrsg), Bremen - Handelsstadt<br />

am Fluß, Bremen 1995, S. 39,42.<br />

634 Kom, Hanseatische Gewerbeausstellungen, S. 145, 148.<br />

635 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7918 Reis in Togo. Brief Andreas<br />

Rickmers an F. Wilhelm Delius vom 17.1.1890.<br />

636 Bundesarchiv Berlin, R КЮ1/7918 Reis in Togo. Brief aus Hamburg<br />

an Bismarck vom 24.2.1890.<br />

637 Bundesarchiv Berlin, R КЮ1/7918 Reis in Togo. Brief an Jesko<br />

von Puttkammer, ohne Datum.<br />

638 Die Mühle, No. 15, Zweites Blatt, 26. Jg., 1889, S. 238.<br />

639 Roder, Eine Stadt ganz im Zeichen einer Ausstellung, S. 41.<br />

640 Kom, Hanseatische Gewerbeausstellungen, S. 145 f.<br />

641 Rickmers Familienarchiv PK 13/10, Prospekte und Informationsmaterial<br />

Rickmers Reismühlen 1880-1891, Prospekt von<br />

1884.<br />

642 Leonhard, Rickmers, S. 189.<br />

643 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 17 ff.<br />

6 4 4 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 118.<br />

645 Staatsarchiv Hamburg, 132 6/5 1 Konsulat Bassein.<br />

646 Rickmers-Familienarchiv, Kopierbuch VI, Reisetagebuch Paul<br />

Rickmers.<br />

647 Leonhard, Rickmers, S. 133.<br />

648 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 34.<br />

649 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.1, Rice<br />

Cargoes. Siehe auch: Kellenbenz, Hermann, Der Bremer Kaufmann.<br />

Versuch einer sozialgeschichtlichen Deutung. In: Bremisches<br />

Jahrbuch, Band 51, 1969, S. 19-49, hier S. 4L<br />

650 Historische Gesellschaft zu Bremen (Hrsg.), Bremische Biographie<br />

1912-1962, Bremen 1969, S. 425.<br />

651 Magee, Empire and Globalisation, S. 171.<br />

652 Wiesekopsieker, Hoffmann’s Stärkefabriken, S. 118.<br />

653 Wätjen, Hans, Weißes W im blauen Feld. Die bremische Reederei<br />

und Überseehandlung D. H. Wätjen & Co. 1821-1921, Wolfsburg<br />

1983,5.96.<br />

654 Ebd.,S.98 ff.<br />

655 Wiesekopsieker, Die Bremer Aufsichtsratsmitglieder der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG, S. 100.<br />

656 Ebd.,S. 105 f., 114 ff.<br />

657 Prager, DDG Hansa. S. 20.<br />

658 Rickmers-Familienarchiv, PK 1/7, Austritt Andreas Rickmers.<br />

659 Leonhard, Rickmers, S. 187.<br />

660 Rickmers-Familienarchiv, PK 1/7, Austritt Andreas Rickmers.<br />

661 Siehe: Schulz, Vormundschaft und Protektion.<br />

662 Siehe: Brandes, Erika, Der Bremer Überseekaufmann in seiner<br />

gesellschaftsgeschichtlichen Bedeutung im „geschlossenen Heiratskreis“.<br />

In: Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte<br />

zu Berlin (Hrsg.), Genealogisches Jahrbuch, Bd.<br />

3, Neustadt an der Aisch 1963, S. 25-52.<br />

663 Wiesekopsieker, Die Bremer Aufsichtsratsmitglieder der Hoffmann’s<br />

Stärkefabriken AG, S. 110.<br />

664 Pohl, Aufbruch der Weltwirtschaft, S. 103.<br />

665 Baker. A History of Thailand, S. 84 f.<br />

666 Grant, James, Rice Crop in Burma, S. 35.<br />

667 Baker, A History of Thailand, S. 84-99.<br />

668 Grant, Rice Crop in Burma, S. 2.<br />

669 Ebd., S. 36.<br />

670 Nach anderen Angaben enthielt Big Mills Specials sogar <strong>bis</strong> zu<br />

45 Prozent Bruch und Small Mills Specials <strong>bis</strong> zu 42 Prozent<br />

und Straits Quality <strong>bis</strong> zu 35 Prozent Bruchreis. Siehe: Siok-<br />

Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 105, Tabelle IV.14.<br />

671 Grant, Rice Crop in Burma, S. 36 f.<br />

672 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S. 262.<br />

673 Zur Reisnachfrage Chinas und dem Transport des Reises auf<br />

deutschen Schiffen siehe: Ziegler, Bremens politische, ökonomische<br />

und soziokulturelle Beziehung zu China, S. 179, bes.<br />

FN816.<br />

674 Grant, Rice Crop in Burma, S. 37.<br />

675 Latham, The International Market in Rice and Wheat, S. 262.<br />

676 Grant, Rice Crop in Burma, Appendix VI, S. 52.<br />

677 Baker, A History of Thailand. S. 101.<br />

678 Ebd., S. 92-94.<br />

679 Grant, Rice Crop in Burma, Appendix V, S. 48 f.<br />

680 Singer, Old Rangoon, S. 140.<br />

681 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 78, Tabelle IV. 1.<br />

682 Ebd., S. 78.<br />

683 Ebd., S. 83, Tabelle IV.4.<br />

684 Ebd., S. 85-91 sowie S. 92, Tabelle IV. 11.<br />

685 Ebd., S. 85, Tabelle IV.5.<br />

686 Ebd., S. 93, Tabelle IV. 12.<br />

687 Ebd., S. 97, Tabelle IV.13.<br />

688 Ebd., S. 96.<br />

689 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1907-10, Brief Kaiserlich Deutsches Konsulat Swatau an<br />

Reichskanzler von Bülow vom 18. März 1908.<br />

690 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1907-10, Brief Kaiserlich Deutsches Konsulat Bangkok<br />

an Reichskanzler von Bülow vom 24. März 1908.<br />

691 Baker, A History of Thailand, S. 91 f.<br />

692 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1907-10, Brief Kaiserlich Deutsches Generalkonsulat Singapur<br />

an Reichskanzler von Bethmann Hollweg vom 1. Februar<br />

1910.<br />

693 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1907-10, Brief Kaiserlich Deutsche Gesandtschaft Bangkok<br />

an Reichskanzler von Bethmann Hollweg vom 7. Februar<br />

1910.<br />

694 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1910-12, Brief Königlich Preußische Gesandtschaft in<br />

Mecklenburg und den Hansestädten an den Minister der Auswärtigen<br />

Angelegenheiten von Bethmann Hollweg vom 31. Dezember<br />

1910.<br />

695 The Straits Times. 22.11.1910, S. 7.<br />

Zitiert nach: http://newspapers.nl.sg/Digitised/Article/.straitstimesl9IOl<br />

122.2.68.aspx (zuletzt abgerufen am 1.11.2011).<br />

696 The Straits Times, 29.11.1910, S. 7.<br />

Zitiert nach: http://newspapers.nl.sg/Digitised/Article/slraitstim<br />

esl9101129.2.57.aspx (zuletzt abgerufen am 1.11.2011).<br />

697 Bundesarchiv Berlin, R 901/18001 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1910-12, Brief Kaiserlich Deutsche Gesandtschaft Bangkok<br />

an Reichskanzler von Bethmann Hollweg vom 24. April<br />

1911.<br />

698 Bundesarchiv Berlin, R 901/76695 Schifffahrtsverhältnisse in<br />

Siam 1912-14, Brief Kaiserlich Deutsches Konsulat Hongkong<br />

an Reichskanzler von Bethmann Hollweg vom 18. Juli 1913.


699 Baker, A History of Thailand, S. 89.<br />

700 Bundesarchiv Berlin, R 901/76892 Schifffahrtsberichle Deutsches<br />

Konsulat Rangun.<br />

701 Bargmann, 700 Jahre Bremer Mühlen, S. 64.<br />

702 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 11.<br />

703 Liverpool Record Office and History Library, MD 285.1, Rice<br />

Cargoes.<br />

704 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 67 f.<br />

705 Prüser, <strong>Reishandel</strong> und Reisindustrie in Bremen, S. 17.<br />

706 Die Mühle, No. 7, Zweites Blatt, 29. Jg., 1892, S. 111.<br />

707 Bamikel, Hans-Heinrich, Marktwirtschaft. Kartelle, Konzentration,<br />

Kontrolle, Heidelberg 1989, S. 12 f.<br />

708 Liefmann, Robert, Untemehmerverbände (Konventionen, Kartelle).<br />

Ihr Wesen und ihre Bedeutung, Freiburg 1897, S. 43 ff.,<br />

55.<br />

709 Ebd., S. 74 f., 83-89.<br />

710 Maschke, Erich, Grundzüge der deutschen Kartellgeschichte <strong>bis</strong><br />

<strong>1914</strong>, Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte, Heft<br />

10, Dortmund 1964, S. 5.<br />

711 Ebd., S. 6.<br />

712 Ebd., S. 30-34.<br />

713 Liefmann, Robert, Die Unternehmungen und ihre Zusammenschlüsse.<br />

Bd. II Kartelle, Konzerne und Trusts, Stuttgart 1927,<br />

S. 315.<br />

714 Schnorr, Historie und Recht des Aufsichtsrals, S. 10.<br />

715 Ebd., S. 14-23.<br />

716 Thiäner, Frank, Das Verhältnis von Aufsichtsrat und Abschlussprüfern<br />

in der rechtshistorischen Entwicklung <strong>bis</strong> 1937, Frankfurt<br />

2007, S. 77.<br />

717 Söhnchen, Markus, Die historische Entwicklung der rechtlichen<br />

Gründungsvoraussetzungen von Handels- und Aktiengesellschaften,<br />

Berlin 2005, S. 196-211.<br />

718 Thiäner, Das Verhältnis von Aufsichtsrat und Abschlussprüfern,<br />

S. 77.<br />

719 Siehe auch: Schnorr, Historie und Recht des Aufsichtsrats, S.<br />

30-39.<br />

720 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 1-3.<br />

721 Zusammengestellt aus: Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720,<br />

Band 1, Reis und AG, Blatt 28-37. Sowie: Handelskammer Bremen,<br />

Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft in Bremen, S.<br />

12.<br />

722 Bargmann, 7(Ю Jahre Bremer Mühlen, S. 65.<br />

723 Eigene Tabelle nach: Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720,<br />

Band I, Reis- und Handels AG, Blatt 17, 26. Sowie: Bargmann.<br />

700 Jahre Bremer Mühlen, S. 65.<br />

724 Leonhard, Rickmers, S. 165.<br />

725 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 2.<br />

726 Ebd.<br />

727 Ebd.<br />

728 Staatsarchiv Flensburg, XII Hs, 01422 (S). Luise Kallsen, „Reismühle“,<br />

S. 15.<br />

729 Ebd., S. 16.<br />

730 Liefmann, Unternehmerverbände, S. 46.<br />

731 Staatsarchiv Flensburg, XII Hs, 01422 (S). Luise Kallsen, ,^eismühle“,<br />

S. 16.<br />

732 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 42 f.<br />

733 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Antrag Handelskammer Hamburg<br />

an <strong>die</strong> Deputation für Handel, Schiffahrt und Gewerbe vom<br />

20. November 1911.<br />

Hier wird als einzige Mühle der Reis- und Handels AG <strong>die</strong> der<br />

Hamburger Reiswerke mbH, <strong>bis</strong> 1908 Hamburg-Indische Reiswerke<br />

Paul Munckel & Co., genannt.<br />

734 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 91.<br />

735 Ebd., Blatt 68. Siehe auch: Prüser, <strong>Reishandel</strong> und Reisindustrie<br />

in Bremen, S. 18.<br />

736 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 105.<br />

737 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 14 f.<br />

738 1865 wurde <strong>die</strong> Maschinenfabrik „Nagel & Kaemp, Zivilingenieure“<br />

in Winterhude bei Hamburg gegründet und firmierte ab<br />

1889 als Eisenwerk (vorm. Nagel & Kaemp) AG. Ab 1890 wurden<br />

neben Reismühlen in erster Linie Kräne für Schiffe und Hafenanlagen<br />

produziert.<br />

739 Siehe dazu den Brief der Reis- und Handels AG an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Bremen vom 15. Februar 1913. In: Archiv der Handelskammer<br />

Bremen, W II28 1875-1934, 1938, Akte <strong>Reishandel</strong><br />

und Schlussschein.<br />

740 Hamburgische Börsen-Halle, Abendausgabe, 15. April 1913. In:<br />

Rickmers Familienarchiv, ST 9, Diverse Korrespondenzen.<br />

741 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 63.<br />

742 Ebd., Blatt 114.<br />

743 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 34 ff.<br />

744 Melchers, Henning, Die Geschichte der Firma Melchers<br />

1806-2006. Bremen 2008, S. 23, 25.<br />

745 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 114.<br />

746 Leonhard, Rickmers, S. 149-153.<br />

747 Siebs, 125 Jahre Rickmers, S. 113 f.<br />

748 Leonhard, Rickmers, S. 158-164,<br />

749 Ebd., S. 165.<br />

750 Ebd., S. 165 ff.<br />

75! Vergleiche: Kludas, 150 Jahre Rickmers, S. 40.<br />

752 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 79.<br />

753 Steinbach, Der Eintritt Lippes in das Industriezeitalter, S. 111.<br />

754 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 34.<br />

755 Bargmann, 700 Jahre Bremer Mühlen, S. 67.<br />

756 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 71.<br />

757 Ebd,, Blatt 82.<br />

758 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Antrag Handelskammer Hamburg<br />

an <strong>die</strong> Deputation für Handel, Schiffahrt und Gewerbe vom<br />

20.11.1911.<br />

759 Archiv der Handelskammer Bremen, W II28 1875-1934, 1938,<br />

Akte <strong>Reishandel</strong> und Schlussschein.<br />

760 Ebd., Brief der Reis- und Handels AG an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Bremen vom 20. Dezember 1904.<br />

761 Ebd., Brief Dr. Langfurth an <strong>die</strong> Reis- und Handels AG vom 17.<br />

Januar 1905.<br />

762 Ebd., Brief der Handelskammer Bremen an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Hamburg vom 6. Februar 1905.<br />

763 Ebd., Brief der Reis- und Handels AG an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Bremen vom 25. Juli 1905.<br />

764 Ebd., nach einem Brief der Handelskammer Bremen an <strong>die</strong> Marinestation<br />

der Nordsee in Wilhelmshaven vom 23. September<br />

1907.<br />

765 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 113.<br />

766 Rickmers-Familienarchiv, ST 9, Diverse Korrespondenzen, Stenographische<br />

Notizen vom 17. April zur General-Versammlung<br />

der Reis- und Handels AG in Bremen am 14. April 1913.<br />

767 Ebd.<br />

768 Leonhard, Rickmers, S. 176 ff., bes. FN 778.<br />

769 Rickmers-Familienarchiv, PK 1/13, Dossier Andreas Rickmers,<br />

Anhang Rickmers AG 1908-1910, Andreas Rickmers’ Offerte<br />

an Familie Peter Rickmers vom 14. September 1909.


770 Ebd., Paul Rickmers an Robert Rickmers im Oktober 1909.<br />

771 Siehe: Leonhard, Rickmers, Tabelle S. 181.<br />

772 Siehe: Rickmers-Familienarchiv, PK 1/11, Rickmers AG - 1910<br />

Unregelmäßigkeiten Reis- & Handels AG Korrespondenz Robert<br />

und Paul Rickmers.<br />

773 Leonhard, Rickmers, S. 185 ff.<br />

774 Ebd, S. 168, 187 ff.<br />

775 Eigene Auswertung nach: Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB<br />

720, Band I, Reis- und Handels AG.<br />

776 Die Zahlen sind auf Grundlage der oben abgebildeten Bilanzen<br />

berechnet. Das Aktienkapital ist auf Grund der Gründungsvorgänge<br />

berechnet worden. Nicht berücksichtigt sind weitere Aufkäufe<br />

von Aktien der Reis- und Handels AG durch <strong>die</strong> Familie<br />

Rickmers beziehungsweise <strong>die</strong> Rickmers AG. So sind laut Leonhard<br />

1908 nicht 7.687 Aktien, sondern 8.200 Aktien im Besitz<br />

der Rickmers AG. Damit wären <strong>die</strong> Einkünfte der Rickmers AG<br />

durch Dividenden ab 1908 um weitere 120.645 Mark und der<br />

Aktienbesitz um 513.000 Mark höher gewesen als in der Tabelle<br />

dargestellt.<br />

777 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Antrag Bremer Reismühlen<br />

auf Änderung der Ausbeutesätze vom 1. Oktober 1906, S. 18 f.<br />

778 Ebd., S. 18.<br />

779 Archiv der Handelskammer Hamburg, 20.H.2.3.1 Änderung des<br />

Zollregulativs für Reisschälmühlen - Antrag der zollinländischen<br />

Mühlen auf Herabsetzung der Ausbeutesätze durch den Verein<br />

<strong>Deutscher</strong> Reismüller in Bremen, 1. Februar 1894.<br />

Vorsitzender des Vereins war Julius Nielsen aus der Familie der<br />

Bremer Reismüller. Unterzeichnet haben in Bremen: Rickmers<br />

Reismühlen, Rhederei und Schiffbau Aktien-Gesellschaft; Gebr.<br />

Nielsen; Osterholzer Reiswerke m.b.H., Zweigniederlassung<br />

Bremen. In Hamburg Unterzeichneten <strong>die</strong> Mühlen Schumacher,<br />

Deppe & Co.; Anton Deppe für <strong>die</strong> Norddeutsche Reismühle<br />

m.b.H.; Hermann Berkan & Co.; Brock & Schnars; Völckers &<br />

Richers. In Flensburg zeichnete Heinrich Christian Kallsen den<br />

Antrag.<br />

780 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Antrag Bremer Reismühlen<br />

auf Änderung der Ausbeutesälze vom l. Oktober 1906, S. 19.<br />

781 Ebd., S. 19 f.<br />

782 Ebd., S. 20.<br />

783 Ebd., S. 22.<br />

784 Ebd., S. 35.<br />

785 Zu den Vor\^’ürfen der Firma Lüthke & Co. siehe den nachfolgenden<br />

Abschnitt über <strong>die</strong> Anträge und Eingaben der Hamburger<br />

Mühlen.<br />

786 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Erwiderung der Reis- und<br />

Handels AG vom 9. Mai 1912 an <strong>die</strong> Handelskammer Bremen<br />

auf <strong>die</strong> Eingabe der Firma Lüthke & Co. vom Dezember 1911.<br />

787 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Die Handelskammer Bremen<br />

über den Gegensatz hamburgischer und bremischer Reismüller<br />

am 18. Mai 1912.<br />

788 Die Großhandelspreise für Reis lagen in Hamburg immer etwas<br />

niedriger als in Bremen. Vergleiche dazu Kapitel II, 4. Handelsablauf,<br />

Handelsklassen/Reissorten, Rohstoffprei.se.<br />

789 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Die Handelskammer Hamburg<br />

an <strong>die</strong> Deputation für Handel und Schiffahrt am 2. März 1907,<br />

S. 33.<br />

790 Ebd., S. 34 f.<br />

791 Ebd., S. 35 f.<br />

792 Ebd., S. 36 f.<br />

793 Ebd., S. 37 f.<br />

794 Ebd., S. 39.<br />

795 Diese Vorwürfe sind der Erwiderung der Reis- und Handels AG<br />

entnommen. Siehe: Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2<br />

Änderung Zollregulative geschälter Reis 1907-1913. Erwiderung<br />

der Reis- und Handels AG an <strong>die</strong> Handelskammer Bremen am<br />

9. Mai 1912 auf <strong>die</strong> Eingabe der Firma Lüthke & Co. vom Dezember<br />

1911.<br />

796 Zur Erwiderung der Reis- und Handels AG siehe den vorstehenden<br />

Abschnitt über Anträge und Eingaben der Reis- und Handels<br />

AG.<br />

797 Archiv der Handelskammer Bremen, W II 28 1875-1934, 1938,<br />

Akte <strong>Reishandel</strong> und Schlussschein. Brief Michelsen & Co. an<br />

<strong>die</strong> Senatskommission für Reichs- und Auswärtige Angelegenheiten<br />

vom 28. Dezember 1904.<br />

798 Archiv der Handelskammer Bremen, Reis- und Handels AG an<br />

<strong>die</strong> Handelskammer Bremen vom 24. August 1905.<br />

799 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 1 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1906. Senat der Freien und Hansestadt<br />

Hamburg an den Reichskanzler am 3. Juni 190!.<br />

800 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 1 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1906. Senatskommission für Reichs- und<br />

Auswärtige Angelegenheiten Hamburg an den Reichskanzler<br />

am 12. Februar 1906.<br />

801 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Der Generalzolldirektor an<br />

<strong>die</strong> Senatskommission für Zollwesen in Hamburg am 8. August<br />

1907.<br />

802 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulalive<br />

geschälter Reis 1907-1913. Der Reichskanzler an den<br />

Bundesrat am 30. Oktober 1911.<br />

803 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulative<br />

geschälter Reis 1907-1913. Die Handelskammer Hamburg<br />

an den Senat am 20. November 1911.<br />

804 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 1244 Bd. 2 Änderung Zollregulalive<br />

geschälter Reis 1907-1913. Reichsschatzamt an den Senat<br />

in Hamburg am 6. März 1913.<br />

805 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7918 Reis in Togo. Brief Victor<br />

an Delius vom 23.1.1890.<br />

806 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7916 Reis in Kamerun. Briefe<br />

1903-1910.<br />

807 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7916 Reis in Kamerun. Brief des<br />

Kaiserlichen Gouvernements Kamerun an das Reichskolonialamt<br />

vom 5. Mai 1913.<br />

808 Bundesarchiv Berlin, R 8024/115 Ulanga Reis- & Handelsgesellschaft.<br />

<strong>Deutscher</strong> Reichsanzeiger vom 16. Januar <strong>1914</strong>.<br />

809 Archiv der Handelskammer Bremen, W II 28 1875-1934, 1938,<br />

Akte <strong>Reishandel</strong> und Schlussschein. Brief Eisenwerk (vorm.<br />

Nagel & Kämp) an <strong>die</strong> Handelskammer Bremen vom 4. Februar<br />

1913.<br />

810 Archiv der Handelskammer Bremen, W 11 28 1875-1934,1938,<br />

Akte <strong>Reishandel</strong> und Schlussschein. Brief der Reis- und Handels<br />

AG an <strong>die</strong> Handelskammer Bremen vom 15. Februar 1913.<br />

811 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7920 Reis in Deutsch-Neuguinea.<br />

Brief Kaiserlich Deutsches Konsulat an Reichskanzler Bülow<br />

vom 27. April 1909.<br />

812 Bundesarchiv Berlin, R 1001/7920 Reis in Deutsch-Neuguinea.<br />

Briefe 1913/14.<br />

813 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB S654II, Schröder, Smidt &<br />

Co.<br />

814 Staatsarchiv Bremen 4,75/5 - HRB 720, Band I, Reis- und Handels<br />

AG, Blatt 140.<br />

815 Ebd.<br />

816 Heinrich Huchting arbeitete seit 1899 für Krüger & Co. in Rangun.<br />

Seil 1908 war er Generalmanager der Burma Rice & Trading<br />

Company. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Huchting Teilhaber<br />

der Firma Rudolf Meyerkort und baute deren Reisabteilung auf.<br />

Siehe: Roder, Hartmut, Wie das Teakholz nach Europa kam. Ein


Bremer Kaufmann in den Wäldern Burmas. In: Ders. (Hrsg.),<br />

Bremen - Ostasien. Eine Beziehung im Wandel. 100 Jahre<br />

Ostasiatischer Verein Bremen, Bremen 2001, S. 256-260, hier<br />

S. 260.<br />

817 Archiv der Handelskammer Bremen, 900 01 К 14 Reis- und<br />

Handels AG, Brief Huchting an den Vorstand der Reis- und Handels<br />

AG vom 22. Juli 1915.<br />

818 Archiv der Handelskammer Bremen, 900 01 К 14 Reis- und<br />

Handels AG, Brief der Reis- und Handels AG an <strong>die</strong> Handelskammer<br />

Bremen vom 6. Juli 1916.<br />

819 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 39.<br />

820 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 22.<br />

821 Staatsarchiv Hamburg, 132-11 3939, Enteignung Fa. Cuno Hering.<br />

822 Staatsarchiv Hamburg, 132-11208, Beschlagnahmung einer Reissendung<br />

der Fa. Hom & Samsche, Hamburg auf dem deutschen<br />

D „Mudros“ durch griechische Seestreitkräfte 1913-1915.<br />

823 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 17.<br />

824 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 38 f., 42.<br />

825 Archiv der Handelskammer Hamburg, ll.D .40.6 Gewichtsschwankungen<br />

bei Reis, Gewichtsschwund bei Reis, Brief der<br />

Hamburger Reismühle AG an <strong>die</strong> Handelskammer Hamburg<br />

vom 9. April 1919.<br />

826 Robertson, C. J., The rice export from Burma, Siam and French<br />

Indo-China. In: Pacific Affairs, ѴЫ. 9, No. 2 1936, p. 243-253,<br />

hier S. 250.<br />

827 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 18. Siehe auch; Blankenburg, Der Reis, S.<br />

223 f.<br />

828 Grant, Rice Crop in Burma, S. 34.<br />

829 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 18. Siehe auch: Prüser, Reis- und Handels-<br />

Aktiengesellschaft, S. 40.<br />

830 Siok-Hwa, The Rice Industry of Burma, S. 204 f.<br />

831 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 17 f.<br />

832 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 40.<br />

833 Staatsarchiv Flensburg, II E, 02431 (NV), Verkauf der Flensburger<br />

Reismühle.<br />

834 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 19 ff., 29.<br />

835 Roder, Wie das Teakholz nach Europa kam, S. 260.<br />

836 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 43.<br />

837 Bargmann, 700 Jahre Bremer Mühlen, S. 75.<br />

838 Prüser, Reis- und Handels-Aktiengesellschaft, S. 43.<br />

839 Handelskammer Bremen, Die Reis- und Handels-Aktiengesellschaft<br />

in Bremen, S. 22, 26.<br />

840 Roder, Reis-Weltmarkt Bremen, S. 237.


Personenregister<br />

Bandow, Johann Heinrich 83,188<br />

Behrends, Johannes 221-223<br />

Bismarck, Otto von 111,130,134,174<br />

Caprivi, Leo von 130, 173, 174<br />

Cassel, Carl Philipp 30<br />

Delius, Friedrich Wilhelm 185<br />

Deppe, Anton 171,176-178,188,189,<br />

208-211<br />

Duckwitz, deorg 98<br />

Escher, Alfred 175-179<br />

Franzius, Ludwig 134, 135<br />

Hachez, Joseph 115,188,191<br />

Heineken, Philipp Cornelius 204<br />

Helfer, Johann Wilhelm 27, 78, 84, 89, 96<br />

Hoffmann, Eduard 10, 112-115, 118-120,<br />

125, 127, 130, 188, 191, 193<br />

Hoffmann, Leberecht Fürchtegott 113, 114,<br />

191, 193<br />

Huchting, Heinrich 238, 239<br />

Hunter, William 26, 27, 78<br />

Hütterott, Georg Ritter von 177, 178<br />

Ichon, Louis Eduard 10, 33, 104, 165, 189,<br />

246<br />

Kallsen, Heinrich Christian 178, 208-210,<br />

212,213,219, 225,228<br />

Lange, Gerhard 124-126,128<br />

Markwald, Adolph 59, 60, 65, 80-82, 95,<br />

180, 181,248<br />

Mohr, Carl 83, 84, 86, 87, 188<br />

Morse, Samuel 99<br />

Munckel, Paul 218,222<br />

Nielsen, Anton Heinrich 33, 108, 109, 134,<br />

187, 246<br />

Nielsen, Friedrich Carl Ferdinand 31,33, 108,<br />

109, 187,246<br />

Papen<strong>die</strong>ck, Christoph Hellwig 136<br />

Pokrantz, Carl 114, 115, 187, 188, 191, 193<br />

Puttkammer, Jesko von 185<br />

Rickmers, Andreas Ciasen 21, 37, 39, 40, 91,<br />

92, 103-106, 123, 137, 138, 141, 161-167,<br />

171, 172, 175-177, 179-182, 185-190, 192,<br />

194, 203-208, 210-218, 221-223, 226, 233,<br />

236, 246-249<br />

Rickmers, Paul 48, 164, 166, 189, 214, 215,<br />

221-223, 236<br />

Rickmers, Peter 91, 123, 161, 162, 164—166,<br />

187,214, 221-223<br />

Rickmers, Rickmer Ciasen 13, 34, 36-39, 55,<br />

72, 92, 103-106, 109, 110, 121, 123, 137,<br />

138, 141, 161, 162, 165, 166, 187, 190, 206,<br />

246<br />

Rickmers, Robert 164, 166, 176, 177, 179,<br />

208-211, 214, 221-223, 228, 236<br />

Rickmers, Wilhelm (Willy) 105, 123, 124,<br />

161, 164-166, 172, 187, 191<br />

Riedemann, Wilhelm Anton 92,182<br />

Rosenkranz, Carl 189, 190, 213<br />

Smidt, Johann 36<br />

Soemmerring, Samuel Thomas 99<br />

Thörl,Friedrich 132<br />

Upmann, Hermann Friedrich 126, 209-211,<br />

213,215,220, 222<br />

Victor, Friedrich Karl 185,234<br />

Wätjen, Diedrich Heinrich 114, 191<br />

Wätjen, Eduard 114, 115, 188, 191<br />

Wieting, Heinrich 23, 24, 27, 98<br />

Wolde, August 123<br />

Wolde, Georg 122-124, 132, 137, 192


Summary:<br />

German Rice Trading from <strong>1850</strong> to <strong>1914</strong><br />

Background<br />

By the middle of the 19* Century, rice had become<br />

a standard cooking ingre<strong>die</strong>nt in Germany.<br />

It had been known in Europe for centuries as a<br />

foodstuff, but until then it had not featured on<br />

the menus of middle-class or working-class society.<br />

Now, however, as a result of the ever growing<br />

volume of rice imported, it was no longer<br />

considered exotic and had become a familiar<br />

household item.<br />

In Bremen rice became a standard commodity<br />

around the time that the city on the Weser advanced<br />

to become Germany’s biggest port of<br />

emigration. Many ships were leaving for the<br />

southern states of the USA with a cargo of slaves<br />

bound for South Carolina or Georgia. The crops<br />

cultivated there were then taken on board for the<br />

return voyage. After tobacco and cotton, rice became<br />

the third most important commodity in<br />

Bremen. The American rice industry was booming<br />

around <strong>1850</strong>. Irrigation systems and processing<br />

machinery in the mills were being constantly<br />

improved, and this led to improved harvests and<br />

higher export volumes. Nevertheless, cultivating<br />

rice was so labour-intensive and difficult that it<br />

could not be done using white labourers. Black<br />

slaves were the foundation on which the American<br />

rice plantations prospered. This situation<br />

changed dramatically with the onset of the Civil<br />

War. Within a few years, the USA changed from<br />

being Europe’s main supplier of rice to a country<br />

which had to import the same commodity. The<br />

emergence of Asia as the top supplier of rice to<br />

the world had begun. Even before the advent of<br />

German rice trading, the commodity had been<br />

bought and sold across continents. The surprising<br />

thing is that in the time that followed, German<br />

entrepreneurs were able to establish themselves<br />

sustainably in a market which had previously<br />

had no ties with Germany.<br />

Although there was no great surplus of rice from<br />

India and Asia in <strong>1850</strong>, and in spite of British<br />

navigation laws which until 1849 restricted access<br />

of foreign trading vessels to British territorial<br />

ports, occasional shipments of rice from Asia<br />

did sometimes complement the large-scale imports<br />

from America. At this time, German captains<br />

were also able to gather their first experience<br />

in the Asian trading zone shortly before the<br />

rapid growth of the rice trade. The structure of<br />

the global rice business changed fundamentally<br />

after the British took over Burma in 1852.<br />

Colonisation of Burma<br />

The British colonisation of Burma was a major<br />

step in the development of the German rice<br />

trade. Within a few years, state-subsidised cultivation<br />

projects transformed Burma into the<br />

world’s largest producer and exporter of rice. As<br />

in America, the rice industry here was also based<br />

on migrant labour, in this case mostly from India<br />

or China. Peasants were often at the mercy of<br />

money-lenders, middle-men and bulk buyers,<br />

while the labourers in the mills were forced to<br />

toil like slaves. The main beneficiaries of the<br />

new rice economy were British merchants, who<br />

played a pioneer role in establishing rice mills<br />

in the ports of Burma. German entrepreneurs<br />

were among the first to follow in setting up operations<br />

in the Burmese economy.<br />

German traders achieved this on the one hand<br />

through shipping activity within Asia - bringing<br />

tea and spices to the west from eastern Asia and<br />

returning with rice from Burma to points as far<br />

east as China. At the same time, the Germans<br />

managed to establish a strong foothold in Burma.<br />

After the British, the Germans made up the<br />

largest European minority group in Burma. Unlike<br />

the British, Germans were willing to learn<br />

the local language and assimilate the local culture,<br />

which in turn facilitated German access to<br />

the Burmese rice market.<br />

281


The rice mills in London and Liverpool were<br />

forced to look for new sources of raw material<br />

and expanded their presence in Akyab, Rangoon,<br />

Bassein and Moulmein. The German company<br />

Mohr Brothers & Co. had been founded in<br />

Akyab as early as 1837. In 1858 and 1859 this<br />

firm (which was run by Germans but operated<br />

under British law) set up branches in Burma’s<br />

three other major rice ports. This re-routing of<br />

German companies through London was significant.<br />

English companies dominated in Burma<br />

and German merchants were not able to operate<br />

their own mills in the ports. In Asia, German rice<br />

merchants played second fiddle and it was only<br />

through Bremen that they became established at<br />

the top of the global rice market.<br />

Changes in Bremen<br />

Around the middle of the century, several rice<br />

mills were established in Bremen. The brothers<br />

Anton and Carl Friedrich Nielsen were among<br />

the pioneers and they operated a steam-powered<br />

mill as from 1839. Using the skills he acquired<br />

there, Anton Nielsen founded his own rice mill<br />

in 1855. It was not until 1862 that the Nielsen<br />

parent company became Bremen’s third ricemilling<br />

enterprise. Friedrich Konitzky had inaugurated<br />

Bremen’s second rice-milling operation<br />

in 1858. This mill was taken over two years later<br />

by Louis Ichon and it was to play a crucial role<br />

in establishing Bremen’s position in the global<br />

rice market. In 1872, two events coincided at<br />

Louis Ichon’s mill: on the one hand Louis Ichon<br />

was searching for an investor as the mill was in<br />

urgent need of modernisation while at the same<br />

time the Bremerhaven-based shipper and shipbuilder<br />

Rickmer Ciasen Rickmers was looking<br />

for a shareholding in a rice mill. The Rickmers<br />

yard was experiencing difficulties in finding<br />

buyers for their ships in the free market and so<br />

they deployed the vessels in their own fleet for<br />

the ever more frequent transportation of rice. For<br />

the shipping line, this was a safe cargo but a<br />

profit could be made only if there was a steady<br />

turnover of rice in Bremen.<br />

Twenty years after the war between Britain and<br />

Burma in 1852 which led to the first exports of<br />

rice from that country, and seventeen years after<br />

the establishment of Bremen’s first rice mill,<br />

Rickmer Ciasen Rickmers and his son Andreas<br />

had secured a strong position in the international<br />

rice economy. Within a few years, the Ichon &<br />

Rickmers company had expanded their capacities<br />

and pushed the Ichon family out of the business.<br />

Andreas Rickmers took full advantage of<br />

the economic opportunities presented by the<br />

globalised market of the Nineteenth Century and<br />

became the most important figure in the German<br />

rice trade. The import, processing and export of<br />

rice was handled on an industrial scale in Bremen.<br />

The traditional rice-handling ports of London<br />

and Liverpool had been overtaken by Bremen<br />

and Hamburg by the year 1888.<br />

Andreas Rickmers takes advantage<br />

of globalisation<br />

As ship owner, rice merchant and rice miller,<br />

Andreas Rickmers was active in a business sector<br />

which benefitted from the economic effects<br />

of increased global networking. The rice industry<br />

would never have come about without intercontinental<br />

trade links and shipping. Rickmer<br />

Ciasen and Andreas Rickmers used the rice trade<br />

to secure the existence of their shipyard and<br />

shipping line. They also benefitted from many<br />

developments which brought Europe and Asia<br />

closer together. The same was true of course for<br />

the sales of German-processed rice in the markets<br />

of Europe, the Caribbean and North and<br />

South America. Improved sailing technology<br />

and the advent of steamships meant that distance<br />

was no longer a problem. This aspect was epitomised<br />

by the creation of the Suez Canal. The<br />

profit margins of global trade grew as shipping<br />

routes became less of a challenge. This trend<br />

was reinforced by improved communication<br />

channels resulting from a reliable postal service<br />

as well as the introduction of telegraphy and a<br />

gradual standardisation of the weights and measures<br />

system. England’s ousting from the top of


рпthe<br />

international rice trade by Bremen and Hamburg<br />

was also the result of Bremen rice merchants<br />

and millers being able to take better advantage<br />

of these developments. They did so by<br />

reacting appropriately to fluctuations in supply<br />

and demand. They also made better use of their<br />

market knowledge and communication technology.<br />

And they were also successful in improving<br />

factory production by optimising milling techniques.<br />

Andreas Rickmers recognised that there was a<br />

possibility that the rice trade between Europe<br />

and Asia would soon reach a level which would<br />

overstretch the capacity of his fleet. Northern<br />

Germany lagged behind as far as steam shipping<br />

was concerned - both in the construction of<br />

steam ships at the local yards and in the commissioning<br />

of steamships by the shipping lines.<br />

Norddeutscher Lloyd was the only shipping line<br />

in Bremen to operate steam vessels on a large<br />

scale and it did in fact transport rice as a secondary<br />

cargo. In 1881 Andreas Rickmers made an<br />

important contribution to the founding of the<br />

DDG „Hansa“, which was to offer initially a regular<br />

and later a scheduled cargo service between<br />

Bremen and Burma. In doing so, Andreas Rickmers<br />

may have strengthened the competition in<br />

the rice business, but he also reinforced Bremen’s<br />

position as the centre of the international<br />

rice trade and at the same time tightened ties between<br />

commodity suppliers abroad and processors<br />

in Germany. By this time it was not only a<br />

question of connecting producers in Asia with<br />

consumers in Europe and the other continents.<br />

Commodity futures markets had been created<br />

and traders were speculating months in advance<br />

on rising or falling prices or on fluctuations in<br />

the price of Indian wheat, which had an influence<br />

on the price of rice. They also speculated<br />

on the quality of the next rice crop.<br />

In 1881 there were also plans being made for<br />

dredging work on the River Weser. Beginning in<br />

1887, the channel was straightened and deepened.<br />

In 1888, Freihafen I was inaugurated,<br />

which then allowed ocean-going vessels to reach<br />

the city limits of Bremen. With the completion<br />

of this construction work in 1895, Bremen had<br />

easier access to international trading and shipping<br />

routes. A good knowledge of market conditions<br />

combined with excellent rice processing<br />

facilities and a good transport infrastructure all<br />

meant that by 1888 more rice was being imported<br />

to Bremen than to London. Bremen had finally<br />

become the most important international port<br />

in the handling and processing of rice.<br />

Changes in Europe<br />

The eighteen-eighties saw the end of a quarter<br />

century of economic liberalism in Europe. Industrialisation<br />

had been facilitated by the breaking<br />

down of many restrictions resulting from old<br />

labour demarcation rules while at the same time<br />

international commerce benefited from the relaxation<br />

of many import duties. Bremen’s business<br />

leaders had always advocated free trade and<br />

the town now became one of the main beneficiaries<br />

of this development. Some of Germany’s<br />

neighbours, in particular the Netherlands and<br />

Austria, had built up their own rice and starch<br />

industries which had been protected by import<br />

duties. The sourcing of raw material now became<br />

much easier for German millers, but at the<br />

same time competition intensified for sales of<br />

the finished product. The trading of rice across<br />

several continents was no longer restricted to a<br />

few pioneers. Global trade networks were now<br />

very tight and this allowed countries other than<br />

Germany and Britain to claim their share of the<br />

market. The Dutch could reach Germany easily<br />

by simply crossing the Rhine and were able to<br />

compete successfully with producers in Northern<br />

Germany. German markets close to the border<br />

were also supplied from Trieste and Fiume<br />

(Rijeka). This meant that Andreas Rickmers had<br />

to adopt a new business strategy.<br />

Through customs restructuring in Bremen and<br />

Hamburg, the rice mills on the Weser were<br />

placed within the German customs zone and at<br />

a stroke became subject to certain customs duties.<br />

The re-exporting of rice was thus made<br />

more difficult. In Hamburg, on the other hand.<br />

283


ш<br />

the small rice industry was able to develop without<br />

any customs barriers. For this reason, Andreas<br />

Rickmers acquired in 1893 a share of the<br />

Anton Deppe & Co. rice mill in Hamburg and<br />

thus secured a foothold in a second location in<br />

Germany. He proceeded with a similar strategy<br />

in those countries which had been lost to the<br />

German rice industry as a result of customs barriers<br />

or local competition. In 1895 Andreas Rickmers<br />

succeeded in completing a contract which<br />

saw the Rickmers AG and its 50% subsidiary<br />

Hamburger Reismühle becoming shareholders<br />

in the “Erste Triester Reisschälfabrik”. This led<br />

to the regaining of recently lost major markets<br />

in Europe and the Austro-Hungarian Empire. In<br />

cooperation with the plant in Trieste, the two<br />

Rickmers AG mills in Bremen and Hamburg<br />

founded another production unit in 1898 in Aussig<br />

on the Elbe. Andreas Rickmers thus consolidated<br />

his market position in Austria while at the<br />

same allowing himself access to border areas of<br />

Germany which had previously been beyond the<br />

reach of polished rice producers in northern Germany.<br />

This development also raised Hamburg’s<br />

importance as a rice producing location since it<br />

was from here that the Aussig facility (downstream<br />

from Hamburg, also on the Elbe) was<br />

supplied with both technical equipment and raw<br />

material.<br />

Changes like these are an indication of how<br />

highly developed the international rice market<br />

had become. In order to make a profit, the opportunities<br />

presented by any given location had<br />

to be exploited to the full; failing this, re-location<br />

was the only alternative. There can be no doubt<br />

that the rice market was a globalised market.<br />

This was not only because rice was sourced initially<br />

from America, then from Asia and finally<br />

in the Twentieth Century from America again.<br />

Another illustration of this intertwining within<br />

the rice market could be seen in the fact that<br />

Rickmers AG had become the first non-British<br />

company to acquire a rice mill in Asia. In 1894<br />

the company bought the Markwald & Co. rice<br />

mill in Bangkok and proceeded to make it the<br />

largest rice producing plant in Siam (Thailand).<br />

Adolph Markwald is assumed to have been the<br />

founder. He was a German and worked as a merchant<br />

in Siam, but he was not a rice trader. And<br />

so the purchase by Rickmers AG meant that<br />

theirs was the first operation of a German rice<br />

trader in Asia.<br />

Reis- und Handels AG<br />

The transition from the Nineteenth to the Twentieth<br />

Century involved a drop in prominence for<br />

the entire European continent in the international<br />

rice trade. As a result of the close ties between<br />

Europe and Asia, Asian firms were able to adopt<br />

European skills and technology. Shorter shipping<br />

times meant that fully processed rice from<br />

Asia could now be transported to Europe and<br />

America with little loss in quality. This did not<br />

make the European mills completely redundant,<br />

but it did mean that they were no longer essential<br />

to the international rice market.<br />

Rickmers AG reacted by advocating a union of<br />

all German rice milling companies. This was<br />

achieved in 1901 with the founding of the Reisund<br />

Handels AG. Nevertheless, the Bremenbased<br />

rice concern was not able to establish a<br />

true monopoly. This was due to the fear in Germany<br />

of being subject to uncontrolled pricing<br />

policies. But the Reis- und Handels AG did hold<br />

a quasi-monopoly until about 1910. It was only<br />

then that a few smaller rice mills in Hamburg<br />

succeeded in gaining any kind of foothold in the<br />

German rice industry. By founding the Reis- und<br />

Handels AG, Andreas Rickmers improved the<br />

position of German rice traders who were in<br />

competition with British shippers in Burma. An<br />

agreement was reached which banned British<br />

shippers from exporting polished rice to Germany.<br />

This guaranteed the survival of the German<br />

mills, but in return they were forced to<br />

source their entire supply of raw material from<br />

the shippers’ monopoly. In spite of this development,<br />

international rice trade via Germany continued<br />

to decline as more and more commerce<br />

was carried out directly with Burma.<br />

In 1906 the Reis- und Handels AG leased several


ice mills in Rangoon as well as purchasing<br />

Krüger & Co., a long-established British company<br />

which had been founded by Germans and<br />

at that time owned several rice mills. In doing so<br />

it claimed a strong position in the most important<br />

Asian market. The British shippers in Burma<br />

then took the competition to Germany by founding<br />

their own rice mill in Hamburg. There now<br />

followed three fundamental developments which<br />

continued until the outbreak of World War I. The<br />

first of these was the constant conflict in Germany<br />

between, on the one hand, the domestic<br />

mills which were subject to duty and almost all<br />

of which belonged to the Reis- und Handels AG,<br />

and, on the other, the mills located in the Hamburg<br />

harbour’s customs-free zone. These disputes<br />

centred around deciding on the best customs<br />

policy for the German rice industry as a<br />

whole. Secondly, the founding of the Reis- und<br />

Handels AG by Andreas Rickmers confirmed<br />

that he and the Rickmers family empire were the<br />

prime movers in the German rice trade between<br />

<strong>1850</strong> and <strong>1914</strong>. This remained the case even after<br />

Andreas Rickmers was forced out in 1910.<br />

Thirdly, it was also becoming apparent that Andreas<br />

Rickmers and all the major shareholders<br />

were exploiting their positions at the Reis- und<br />

Handels AG, by placing more importance on<br />

high dividends, royalties and salaries than on<br />

sustainable economic management.<br />

The German rice trade and the Rickmers family<br />

especially attained an outstanding position in the<br />

global market. Technological progress and increased<br />

networking of the rice market and the<br />

international economy were key factors in this<br />

development. These were considered positive aspects<br />

of a globalised world but at the same time<br />

they also triggered the rapid demise of the international<br />

German rice trade. After market leadership<br />

lasting a little more than ten years, this position<br />

was taken over by inner-Asian trade between<br />

Rangoon, Bangkok and Singapore. The<br />

world was now supplied with rice from these<br />

ports. German rice traders and producers held on<br />

to their position until World War I. No other European<br />

nation was more successful in this sector.<br />

But after 1894, Germans no longer set the tone<br />

in the international rice trade. Instead, they were<br />

forced to cling to their position by recognising<br />

the mechanisms of a globalised economy and<br />

exploiting the opportunities presented to their<br />

best advantage.<br />

The outbreak of World War I led to the closure<br />

of production facilities in Germany and the confiscation<br />

of German-owned rice mills in Asia,<br />

which in turn resulted in the collapse of the German<br />

rice economy.<br />

Bayerische<br />

Staatsbibliothek<br />

München<br />

285


Die auf der Karte<br />

Rangun vermerkten<br />

Firmen mit Bezug<br />

zum <strong>Reishandel</strong>;<br />

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CEM TRAL RANGOON<br />

1<br />

1, 6 Arracan Company<br />

Limited<br />

2, 11, 12, 14, 15, 16,<br />

23, 24, 25 Steel<br />

Brothers & Company<br />

Limited<br />

3,4,7, 8, 10, 20<br />

Bulloch Brothers &<br />

Company Limited<br />

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5 Anglo Burma Rice<br />

Company Limited<br />

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9, 19 Allerman Rice<br />

Mills Burma Limited<br />

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13, 18, 21 (gemeinsam)<br />

Bulloch<br />

Brothers & Company<br />

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Arracan Company<br />

Limited + Steel<br />

Brothers & Company<br />

Limited<br />

17 (gemeinsam) Steel<br />

Brothers & Company<br />

Limited + The<br />

Burma Company<br />

Limited<br />

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22 Ellerman’s Rice<br />

Mill (wahrscheinlich<br />

= Allerman Rice Mills<br />

Burma Limited)<br />

Karte aus Privatbesitz<br />

Dr. Jürgen Schulze-<br />

Smidt, Ostasiatischer<br />

Verein Bremen<br />

Wahrscheinlich frühes<br />

20. Jahrhundert<br />

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dannhauer,<br />

Jahrgang 1983, stu<strong>die</strong>rte<br />

Politikwissenschaft<br />

an der Carl-von-Ossietzky-<br />

Universität Oldenburg<br />

und Geschichte an der<br />

Universität Bremen.<br />

Stu<strong>die</strong>nschwerpunkte<br />

waren politische Soziologie<br />

sowie <strong>die</strong> Geschichte<br />

des 19. und 20. Jahrhunderts<br />

mit einem Fokus auf Politik-<br />

und Schifffahrtsgeschichte.<br />

Überraschenderweise<br />

der weltweit grSete Hai<br />

Einen entscheidenden<br />

Schiffbauer- und Ce?d<<br />

portgut für sich entdeck^<br />

Bremen in der Fo*ge lu<br />

tionalen Reisindustrie<br />

und Asien bezogen we<br />

<strong>zentrale</strong> Drehscheibe <strong>die</strong>ser!<br />

In einer globalisieruni<br />

es, ökonomische, noli<br />

und Zusammenhänge z ^ i<br />

lern, der entstehe<br />

gen. In <strong>die</strong>sem Buch wei<br />

ten betrachtet, <strong>die</strong> sieh<br />

machten, um sich im i |<br />

Andreas Ricumers sdM^^ilPlffîi<br />

Sinne des Wortes global Urtscb<br />

dete Reis- und Handeis Afr besad<br />

land weitere Reismöl<br />

sowie vor allem in Ь о тй і<br />

nicht nur Europa,<br />

Südamerika, in <strong>die</strong> Kartbl


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îsoren dannhauer DEUTSCHER REISHANDEL<br />

<strong>1850</strong> BIS <strong>1914</strong><br />

Die <strong>zentrale</strong> Rolle<br />

Bremens und der Familie Rickmers<br />

auf einem weltweiten<br />

Nahrungsmittelmarkt<br />

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I Deutsches %<br />

I Schiffahrtsmuseum<br />

22<br />

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