Walter und Breckle - 1999 - Vegetation und Klimazonen Grundriß der globalen
Walter und Breckle - 1999 - Vegetation und Klimazonen Grundriß der globalen
Walter und Breckle - 1999 - Vegetation und Klimazonen Grundriß der globalen
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<strong>Vegetation</strong>, Böden jnd Klima sind die wichtigsten<br />
Komponenten ökniogischer Systeme. Das Buch stellt eine<br />
kompakte Synthese unseres Wissens über die Ökologie <strong>der</strong><br />
Erde dar <strong>und</strong> Ist damit die Basis für ein Verständnis <strong>der</strong><br />
großen Zusa' ¡menhänge in globaler Sicht.<br />
Das gut ringeführte Buch behandelt im ersten Teil <strong>der</strong><br />
großzügig illustrierten <strong>und</strong> völlig neu bearbeiteten 7. Auflage<br />
die w-.sentlichen Prozesse <strong>und</strong> Vorgänge auf <strong>der</strong> Erdoberfläche,<br />
die zur Ausbildung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sdecke mit ihrer<br />
ausgeprägten Zonierung führen. Im zweiten Teil werden die<br />
einzelnen <strong>Vegetation</strong>szonen als Groß-Ökosysteme<br />
(=Zonobiome <strong>der</strong> Biogeosphäre) konsequent nach bestimmten<br />
Kriterien vergleichend beschrieben. In kurzer, kompakter<br />
Form wird auf die wesentlichen Kennzeichen <strong>und</strong> Strukturen<br />
sov;ie auf Beispiele für Ökosystemprozesse eingegangen.<br />
Die Groß-Ökosysteme sind zugleich auch Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong><br />
Bezugssystem für alle anthropogenen Verän<strong>der</strong>ungen, die<br />
in den letzten Jahrtausenden, vor allem aber im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
die <strong>Vegetation</strong> verän<strong>der</strong>t haben.<br />
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Eine Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Verlage<br />
Wilhelm Fink Verlag München<br />
A. Francke Verlag Tübingen <strong>und</strong> Basel<br />
Paul Haupt Verlag Bern • Stuttgart • Wien<br />
Hüthig Fachverlage Heidelberg<br />
Verlag Leske + Budrich GmbH Opladen<br />
Lucius Er Lucius Verlagsgesellschaft Stuttgart<br />
Mohr Siebeck Tübingen<br />
Quelle Er Meyer Verlag Wiebelsheim<br />
Ernst Reinhardt Verlag München <strong>und</strong> Basel<br />
Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart<br />
Ferdinand Schöningh Verlag Pa<strong>der</strong>born • München • .Wien ■Zürich<br />
Eugen Ulmer Verlag Stuttgart<br />
Vandenhoeck Er Ruprecht Göttingen <strong>und</strong> Zürich<br />
WUV Wien
Abb. 1.<br />
Euryops walterorum, eine strauchige Asteracee, zu Ehren von Herrn Heinrich <strong>und</strong> Frau Erna <strong>Walter</strong> benannt.<br />
Ein Endemit des Gamsberg-Gebietes in Namibia (phot. U. KULL, Febr. 1993).
Heinrich <strong>Walter</strong> <strong>und</strong> Siegmar-<strong>Walter</strong> <strong>Breckle</strong><br />
<strong>Vegetation</strong> <strong>und</strong> <strong>Klimazonen</strong><br />
Gr<strong>und</strong>riß <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Ökologie<br />
7., völlig neu bearbeitete <strong>und</strong> erweiterte Auflage<br />
300 Abbildungen <strong>und</strong> 1 Weltkarte <strong>der</strong> Zonobiome<br />
Verlag Eugen Ulmer Stuttgart
Heinrich <strong>Walter</strong>, geb. 1898 in Odessa, Promotion (Dr. phil.) in Jena 1919, Assistent in Heidelberg<br />
1920 bis 1932 (Habilitation 1923), Rockefeller Fellow 1929/30 (USA), Seit 1932 Direktor des Bot.<br />
Institutes in Stuttgart, es folgte Posen <strong>und</strong> ab 1945 Hohenheim. Emer, seit 1966. Mitglied von vier<br />
Wiss. Akademien, Dr. h.c. nat. tech. (Wien), Ehrenmitglied in- <strong>und</strong> ausländischer wiss. Gesellschaften.<br />
Forschungsreisen: Nordamerika 1929/30, 1969; Afrika 1934/35; 1937/38, 1960, 1963,<br />
1975; Vor<strong>der</strong>er Orient 1954/55, Australien/Neuseeland 1958/59; Südamerika 1965/66, 1968. Gastprofessuren:<br />
Ankara 1954/55, Utah (USA) 1969.<br />
Heinrich <strong>Walter</strong> verstarb 91jährigam 15. 10. 1989.<br />
Siegmar-<strong>Walter</strong> <strong>Breckle</strong>, geb. 1938 in Stuttgart, Promotion (Dr.rer.nat.) in Hohenheim 1966,<br />
Dozent an <strong>der</strong> Universität Kabul 1966-1969, Assistent in Bonn 1970-1976 (Habilitation 1976), Privatdozent<br />
1976-1979, seit 1979 Leiter <strong>der</strong> Abteilung Ökologie an <strong>der</strong> Universität Bielefeld. Mitglied<br />
Akad. Wiss. <strong>und</strong> Kunst Peter I. St. Petersburg, Mitglied in zahlreichen in- <strong>und</strong> ausländ, wiss. Gesellschaften.<br />
Forschungsreisen: Spanien 1965, Afghanistan 1966-69, Ceylon 1967, Nepal 1968, Indien<br />
1968, Utah (USA) 1974, Uzbekistan 1975, Afghanistan 1976, Iran 1977, Australien 1981, Tunesien<br />
1985, südliches Afrika 1986, Domin. Rep. 1988, Costa Rica 1990, 1992, 1993 etc., Chile<br />
1990, 1995, Bolivien 1995, Israel 1964, 1971, 1985, 1990 etc., Türkei 1992, Taiwan 1993, Ägypten<br />
1997, Kazakhstan 1994, <strong>1999</strong>, Ecuador <strong>1999</strong>, Gastprofessuren: Kabul (1966-69), Marburg (1978).<br />
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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme<br />
<strong>Vegetation</strong> <strong>und</strong> <strong>Klimazonen</strong> : Gr<strong>und</strong>riß <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Ökologie<br />
<strong>Walter</strong> <strong>und</strong> Siegmar-<strong>Walter</strong> <strong>Breckle</strong> - 7., völlig neu bearbeitet)<br />
Auflage. - Stuttgart : Ulmer, <strong>1999</strong><br />
(UTB für Wissenschaft : Uni-Taschenbücher ; 14)<br />
ISBN 3-8252-0014-0 (UTB)<br />
ISBN 3-8001-2722-9 (Ulmer)<br />
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig <strong>und</strong> strafbar. Das gilt insbeson<strong>der</strong>e<br />
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen <strong>und</strong> die Einspeicherung <strong>und</strong> Verarbeitung in<br />
elektronischen Systemen.<br />
© 1970, <strong>1999</strong> Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co.<br />
Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)<br />
Printed in Germany<br />
Lektorat: Dr. Frie<strong>der</strong>ike Hübner, Dr. Nadja Kneissler<br />
Herstellung: Steffen Meier<br />
Zeichnungen: Helmuth Flubacher, Waiblingen (angefertigi nach Vorlagen <strong>der</strong> Verfasser)<br />
Einbandgestaltung: Alfred Krugmann, Stuttgart<br />
Satz: Irmi Putterer (KL-Grafik), München<br />
Druck: Gutmann, Talheim
Vorwort zur 5. Auflage (gekürzt)<br />
Als dieses Taschenbuch vor über einem Jahrzehnt zum erstenmal<br />
erschien, war es eine kurze Zusammenfassung <strong>der</strong><br />
zweibändigen „<strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Erde" des Verfassers. Aber die<br />
weitere Auswertung <strong>der</strong> über 60jährigen Forschungstätigkeit<br />
auf ökologischem Gebiet führte immer mehr dazu, die<br />
ökologische Betrachtung in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> zu stellen.<br />
1974 erschien die Auswertung <strong>der</strong> sehr reichen russischen<br />
Literatur (W alter: Die <strong>Vegetation</strong> Osteuropas, Nord- <strong>und</strong><br />
Zentralasiens, 452 S., Stuttgart), 1975 die klimatisch-ökologische<br />
Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erde (W alter, H arnickell, M u eller-D<br />
om bois: Klimadiagramm-Karten <strong>der</strong> einzelnen Kontinente<br />
<strong>und</strong> die ökologische Klimagliedemng <strong>der</strong> Erde,<br />
Stuttgart) <strong>und</strong> 1976 die Prinzipien <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung mit Beispielen<br />
(W alter: Die ökologischen Systeme <strong>der</strong> Kontinente,<br />
Geo-Biosphäre, 132 S., Stuttgart).<br />
Diese fortschreitend stärkere Betonung <strong>der</strong> ökologischen<br />
Prinzipien spiegelte sich in den weiteren Auflagen des<br />
UTB14 in den Jahren 1972, 1975, 1979 merklich wi<strong>der</strong>.<br />
Die vorliegende 5. Auflage, wohl die letzte, weil vom Verfasser<br />
im 85. Lebensjahr bearbeitet, entspricht in ihrem gedanklichen<br />
Kern bereits einer Kurzfassung des neuen im Erscheinen<br />
begriffenen Werkes „Ökologie <strong>der</strong> Erde“ (UTB<br />
Große Reihe) von H. W alter <strong>und</strong> S.-W. B reckle, dessen<br />
1. Band bereits erschienen ist (Stuttgart 1983) <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
2. Band 1984 gedruckt wird. Das soll durch den Untertitel<br />
dieser 5. Auflage betont werden.<br />
Im Gegensatz zu <strong>der</strong> heute vorherrschenden technisch orientierten,<br />
analytischen biologischen Forschung strebt die<br />
Ökologie die Synthese an, das heißt die Darstellung <strong>der</strong><br />
großen Zusammenhänge. Die Ergebnisse <strong>der</strong> analytischen<br />
Forschung sind die einzelnen Bausteine, die man, bildlich<br />
gesprochen, zu einem Bauwerk o<strong>der</strong> Mosaikbild zusammenfügen<br />
muß. Deswegen benötigt <strong>der</strong> Ökologe unbedingt ein
6 Vorwort<br />
umfassendes Wissen. Noch so gute Spezialkenntnisse auf einem<br />
begrenzten Gebiet genügen nicht. Es war deshalb stets<br />
mein Bestreben im Laufe des langen Lebens, nicht ein Son<strong>der</strong>gebiet<br />
sehr gründlich zu erforschen, son<strong>der</strong>n Erfahrungen<br />
<strong>und</strong> wissenschaftliche Erkenntnisse auf Forschungsreisen<br />
mit meiner Lebensgefährtin <strong>und</strong> Mitarbeiterin Dr. Erna<br />
<strong>Walter</strong> weltweit zu sammeln, alle Florenreiche <strong>und</strong> <strong>Klimazonen</strong><br />
persönlich zu durchforschen, um Vergleichsmöglichkeiten<br />
in globalem Maßstab zu erhalten. Denn die Ökologie<br />
kann nicht aus Büchern o<strong>der</strong> im Laboratorium erlernt <strong>und</strong><br />
verstanden werden, vielmehr gilt <strong>der</strong> Leitsatz:<br />
„Das Laboratorium des Ökologen ist Gottes Natur<br />
Und sein Arbeitsfeld - die ganze Welt."<br />
Auf die deutschen Pflanzennamen <strong>der</strong> im Text lateinisch benannten<br />
Arten <strong>und</strong> auf die Erklärungen <strong>der</strong> verwendeten<br />
Fach-Fremdwörter vor dem Sachregister sei hingewiesen.<br />
Ostern 1983<br />
Heinrich <strong>Walter</strong><br />
Vorwort zur 6. Auflage (gekürzt)<br />
Erfreulicherweise konnte ich auch diese 6. Auflage noch<br />
vorbereiten. Das geschah in meinem 70. Doktor-Jubiläumsjahr,<br />
denn die Promotion erfolgte an <strong>der</strong> Universität Jena am<br />
13. 12. 1919.<br />
Gegenüber <strong>der</strong> stark verän<strong>der</strong>ten 5. Auflage waren nur einige<br />
Verbesserungen notwendig.<br />
Herbst 1989<br />
Heinrich <strong>Walter</strong><br />
Professor Dr. Heinrich <strong>Walter</strong> verstarb am 15.10. 1989 im<br />
Alter von 91 Jahren.<br />
Vorwort zur 7. Auflage<br />
Die 6. Auflage erfreute sich großer Beliebtheit. Aber in den<br />
letzten Jahren wurden eine Fülle neuer Untersuchungsergebnisse<br />
bekannt, die das Bild <strong>der</strong> Speziellen Ökologie unse
Vorwort 7<br />
res Erdballs verfeinert haben. Eine Neubearbeitung einzelner<br />
Teile <strong>und</strong> wesentliche Ergänzungen in allen Kapiteln<br />
waren deshalb dringend erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Die Ökologie fächert immer weiter auf. Der Begriff Ökologie<br />
wird immer unscharfer <strong>und</strong> die Vorsilbe Öko- taucht an Stellen<br />
<strong>und</strong> in Wortverbindungen auf, die mit dem ursprünglichen<br />
wissenschaftlichen Sinn des Wortstammes nichts mehr<br />
zu tun haben, vielmehr fast eine neue Weltanschauung dokumentieren<br />
sollen. Dabei klaffen Worte <strong>und</strong> Taten diametral<br />
auseinan<strong>der</strong>, <strong>und</strong> dies nicht nur bei politischem Reden <strong>und</strong><br />
Handeln. Dies hat <strong>Walter</strong> schon immer angemahnt, <strong>der</strong> Stil<br />
seiner subjektiven Einschätzungen wurde nicht eliminiert.<br />
Die Konferenz von Rio 1992 war sehr bemerkenswert. Die<br />
Auswirkungen auf politisches Handeln sind aber bislang gering.<br />
Hier gilt es aus wissenschaftlicher Sicht Aufklärung zu<br />
leisten <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ökologie<br />
für eine globale Sichtweise aufzubereiten. Dies war das ursprüngliche<br />
Ziel dieses Taschenbuches <strong>und</strong> dies kann es auch<br />
in Zukunft nur sein.<br />
Die umfangreiche, ausführlichere Fassung, die „Ökologie<br />
<strong>der</strong> Erde" mit vier Bänden, ist bereits weitgehend in zweiter<br />
Auflage erschienen. Sie vertieft vieles, was in diesem Band<br />
nur kurz angesprochen werden kann.<br />
An <strong>der</strong> bewährten <strong>Walter</strong>'schen Gesamtkonzeption <strong>und</strong><br />
konsequenten Glie<strong>der</strong>ung ist nicht allzuviel verän<strong>der</strong>t worden,<br />
aber jedes Kapitel ist überarbeitet <strong>und</strong> durch neuere Ergebnisse<br />
ergänzt, manche Schwerpunkte sind nach neueren<br />
Erkenntnissen an<strong>der</strong>s gewichiei worden. Die Lesbarkeit<br />
wurde erleichtert durch eine stärkere Strukturierung des<br />
Textes, durch eine mo<strong>der</strong>nere Gestaltung <strong>und</strong> ein größeres<br />
Format. Viele Abbildungen <strong>und</strong> Tabellen wurden ersetzt, ergänzt<br />
o<strong>der</strong> erneuert. Auf eine reichliche Illustration wurde<br />
Wert gelegt.<br />
Beson<strong>der</strong>er Dank für ständige Hilfe bei den vielen technischen<br />
Arbeiten gebührt Frau Uta <strong>Breckle</strong>, ebenso meiner<br />
Tochter Margit <strong>Breckle</strong>. Dem Verlag sei gedankt für die gute<br />
Zusammenarbeit <strong>und</strong> das Verständnis <strong>und</strong> Entgegenkommen<br />
bei den vielen kleinen Wünschen.<br />
Bielefeld, Sommer 1998 S.-W. <strong>Breckle</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort .................................................................................. 5<br />
Inhaltsverzeichnis................................................................. 8<br />
Physikalische Einheiten <strong>und</strong> Umrechnungsfaktoren 13<br />
Abkürzungen <strong>und</strong> Sym bole............................................... 15<br />
Einleitung <strong>und</strong> B em erkungen.................................. 17<br />
1 Die Aufgabe <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ökologie........... 17<br />
2 Zur Bedeutung <strong>der</strong> heutigen Ökologie als<br />
Weltanschauung ........................................................ 19<br />
3 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Tropenökologie für Forschung<br />
<strong>und</strong> Lehre .................................................................. 20<br />
4 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Systematik <strong>und</strong> Taxonomie für<br />
die Biologie .................................................................... 22<br />
5 Zur Bedeutung <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen Dokumentation<br />
(zum Beispiel in Museen) ........................... 23<br />
6 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Exkursionen für den naturwissenschaftlichen<br />
Nachwuchs............................................. 23<br />
Allgemeiner Teil ........................................................... 25<br />
Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen ................................................... 25<br />
1 Der historische Faktor ............................................... 26<br />
2 Koevolution <strong>und</strong> Symbiosen .................................... 30<br />
3 Biodiversität <strong>und</strong> Populationsökologie..................... 31<br />
4 Das Klima <strong>und</strong> seine Darstellung<br />
(Homoklimate sowie Klimadiagrammkarten)........... 35<br />
5 Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb........................................... 41<br />
6 Die ökologischen Faktoren......................................... 49<br />
7 Strahlung, Licht <strong>und</strong> astronomische Gr<strong>und</strong>lagen . . . 51<br />
8 Die Temperatur .......................................................... 55<br />
9 Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> -<br />
poikilohydre <strong>und</strong> homoiohydre Pflanzen <strong>und</strong><br />
Anpassungen an Wassermangel................................ 59<br />
a Der Wasserfaktor ................................................... 59<br />
b Wasserhaushaltstypen <strong>und</strong> Dürreresistenz ........... 61<br />
c Bodenwasser .......................................................... 61<br />
d Wasserzustand <strong>der</strong> Zelle, Hydratur ........................... 62<br />
e Hydratur bei Xerophyten ...................................... 64<br />
f Wasserhaushalt von Ökosystemen ........................ 72<br />
10 Die Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome ............. 73<br />
11 Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden ........................... 82
Inhaltsverzeichnis 9<br />
12 Ökotypen sowie das Gesetz vom Biotopwechsel<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> relativen Standortskonstanz ........................ 90<br />
13 Azonale <strong>und</strong> Extrazonale <strong>Vegetation</strong> ....................... 91<br />
Fragen......................................................................... 92<br />
Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie ........ 93<br />
1 Geo-Biosphäre <strong>und</strong> Hydro-Biosphäre........................ 93<br />
2 Die Hydro-Biosphäre ................................................. 94<br />
3<br />
4<br />
Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geo-Biosphäre in Zonobiome...........<br />
Zonoökotone..............................................................<br />
96<br />
98<br />
5 Orobiome .................................................................. 99<br />
6 Pedobiome.................................................................. 101<br />
7 Rangstufen von ökologischen Systemen................... 102<br />
8 Biome ......................................................................... 104<br />
9 Kleine Einheiten des ökologischen Systems;<br />
Biogeozön <strong>und</strong> Synusien........................................... 104<br />
10 Ökosystem-Biologie <strong>und</strong> das Wesen <strong>der</strong> Ökosysteme 108<br />
11 Höchst produktive Ökosysteme ................................ 118<br />
12 Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Stoffkreisläufe verschiedener<br />
Ökosysteme................................................................ 120<br />
13 Die Bedeutung des Feuers für Ökosysteme............... 122<br />
14 Die einzelnen Zonobiome <strong>und</strong> ihre Verbreitung ....<br />
Fragen.........................................................................<br />
124<br />
132<br />
Spezieller T e il................................................................ 133<br />
I Zonobiom des im m ergrünen tropischen Regenwaldes<br />
(ZB des äquatorialen hum iden Tageszeitenklimas)<br />
............................................................ 134<br />
1 Typische Ausbildung des Klimas im ZB 1 ................. 134<br />
2<br />
3<br />
Böden <strong>und</strong> Pedobiome...............................................<br />
<strong>Vegetation</strong> ..................................................................<br />
137<br />
140<br />
a Struktur <strong>der</strong> Baumschicht, Blühperiodik .............<br />
b Mosaikstruktur <strong>der</strong> Bestände ................................<br />
140<br />
145<br />
c Krautschicht............................................................<br />
d Lianen ....................................................................<br />
147<br />
148<br />
e Epiphyten, Hemi-Epiphyten <strong>und</strong> W ürger............. 150<br />
f Epiphylle ................................................................ 154<br />
g Bio-Diversität.......................................................... 155<br />
4 Abweichende <strong>Vegetation</strong>stypen im ZB I um den<br />
Ä quator....................................................................... 159<br />
5 Orobiom I - tropische Gebirge mit Tageszeitenklima<br />
a Waldstufe................................................................<br />
163<br />
163<br />
b Waldgrenze ............................................................ 165<br />
c Alpine S tufe............................................................ 168<br />
6 Die Biogeozöne des Zonobioms I als Ökosysteme . . . 171<br />
7<br />
8<br />
Tierwelt <strong>und</strong> Nahrungsketten im Zonobiom I ...........<br />
Der Mensch im Zonobiom I ......................................<br />
173<br />
174<br />
9 Zonoökoton I/II - Halbimmergrüner W ald...............<br />
Fragen.........................................................................<br />
176<br />
179<br />
II Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden<br />
Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong> (ZB des hum ido-ariden<br />
tropischen Som m erregengebietes)..................... 180<br />
1<br />
2<br />
Allgemeines................................................................<br />
Zonale <strong>Vegetation</strong> .....................................................<br />
180<br />
183<br />
3 Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser) ................................ 188<br />
4 Parklandschaften ........................................................ 197
10 Inhaltsverzeichnis<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
III<br />
1<br />
2<br />
3<br />
8<br />
9<br />
10<br />
IV<br />
1<br />
2<br />
Beispiele großflächiger Savannengebiete .................<br />
a Llanos am Orinoko.................................................<br />
199<br />
200<br />
b Campos Cerrados................................................... 204<br />
c Das Chaco-Gebiet...................................................<br />
d Savannen <strong>und</strong> Parklandschaften Ostafrikas...........<br />
204<br />
206<br />
e <strong>Vegetation</strong> des australischen ZB 11..........................<br />
Ökosystemforschung .................................................<br />
206<br />
206<br />
a Lamto-Savanne ...................................................... 207<br />
b Nylsvley-Savanne...................................................<br />
c Tierwelt ..................................................................<br />
209<br />
211<br />
Tropische Hydrobiome im ZB 1 <strong>und</strong> ZB 11.................<br />
Mangroven als Halo-Helobiome im ZB 1<strong>und</strong> ZB 11 . .<br />
213<br />
214<br />
Strandformationen - Psammobiome ........................<br />
Orobiom 11 - tropische Gebirge mit einem Jahresgang<br />
219<br />
<strong>der</strong> Temperatur .......................................................... 220<br />
Der Mensch in <strong>der</strong> Savanne......................................<br />
Zonoökoton 11/111........................................................<br />
222<br />
222<br />
a Sahelzone................................................................ 222<br />
b Thar- o<strong>der</strong> Sindwüste.............................................<br />
c Caatinga..................................................................<br />
223<br />
226<br />
d Tropisches Ostafrika ............................................... 226<br />
e SW-Madagaskar..................................................... 228<br />
Fragen......................................................................... 229<br />
Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
(ZB des subtropischen ariden K lim as)............... 230<br />
Klimatische Subzonobiome .......................................<br />
Die Böden <strong>und</strong> ihr Wasserhaushalt ..........................<br />
230<br />
232<br />
Substratabhängige Wüstentypen ..............................<br />
a Steinwüste (Hamada).............................................<br />
235<br />
235<br />
b Kieswüste (Serir bzw. R eg)....................................<br />
c Sandwüsten (Erg bzw. Areg) ................................<br />
236<br />
236<br />
d Trockentäler (Wadis bzw. Oueds) ........................... 237<br />
e Pfannen (Sebkhas, Dayas o<strong>der</strong> Schotts) ................ 238<br />
f Oasen....................................................................... 238<br />
Wasserversorgung <strong>der</strong> Wüstenpflanzen ...................<br />
Ökologische Typen <strong>der</strong> Wüstenpflanzen...................<br />
238<br />
241<br />
Produktivität <strong>der</strong> Wüstenvegetation.......................... 245<br />
Die Wüstenvegetation in den verschiedenen<br />
Florenreichen ............................................................ 247<br />
a Sahara ....................................................................<br />
b Negev <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sinai...............................................<br />
248<br />
249<br />
c Arabische Halbinsel ...............................................<br />
d Sonora.....................................................................<br />
250<br />
250<br />
e Australische W üsten............................................... 251<br />
f Namib <strong>und</strong> Karoo................................................... 253<br />
g Atacama in Nordchile............................................. 262<br />
Orobiom 111 - die Wüstengebirge <strong>der</strong> Subtropen .... 264<br />
Der Mensch in <strong>der</strong> Wüste ......................................... 265<br />
Zonoökoton 111/lV - die Halbwüsten ........................ 266<br />
Fragen......................................................................... 267<br />
Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
(ZB <strong>der</strong> arldo-hum iden Winterregengebiete) . . 268<br />
Allgemeines................................................................<br />
Über die Entstehung des Zonobioms IV <strong>und</strong> die<br />
268<br />
Beziehungen zum Zonobiom V ................................<br />
Das mediterrane Gebiet .............................................<br />
272<br />
274
J<br />
Inhaltsverzeichnis 11<br />
8<br />
9<br />
10<br />
11<br />
12<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Sklerophyllie im Wettbewerb...........<br />
Arides mediterranes Subzonobiom............................<br />
279<br />
282<br />
Kalifornien <strong>und</strong> Nachbarregionen ............................ 284<br />
Mittelchilenisches Winterregengebiet mit den<br />
Zonoökotonen............................................................ 289<br />
Das Kapland in Südafrika........................................... 293<br />
SW- <strong>und</strong> S-Australien ............................................... 295<br />
Mediterrane Orobiome............................................... 299<br />
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln ......... 302<br />
Der Mensch in den Mediterrangebieten................... 309<br />
Fragen......................................................................... 312<br />
Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
(ZB des w arm tem perierten hum iden Klimas) . 313<br />
Allgemeines................................................................ 313<br />
Tertiärwäl<strong>der</strong>, Lauriphyllie <strong>und</strong> Sklerophyllie...........<br />
Humides Subzonobiom an den Ostseiten <strong>der</strong><br />
315<br />
Kontinente ................................................................ 316<br />
Subzonobiom an den Westseiten <strong>der</strong> Kontinente . . . 320<br />
Biome <strong>der</strong> Eucalyptus-Nothofagus-WAisr SE-<br />
Australiens <strong>und</strong> Tasmaniens......................................<br />
Warmtemperierte Biome Neuseelands .....................<br />
321<br />
323<br />
Fragen......................................................................... 324<br />
VI<br />
VII<br />
Zonobiom <strong>der</strong> w interkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
(ZB des gemäßigten nem oralen Klimas) ...........<br />
Laubabwurf als Anpassung an die Winterkälte........<br />
325<br />
325<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Winterkälte für die Arten <strong>der</strong><br />
nemoralen Zone.......................................................... 327<br />
Verbreitung des Zonobioms V I ..................................<br />
Atlantische Heidegebiete ...........................................<br />
329<br />
331<br />
Der Laubwald als Ökosystem.................................... 336<br />
a Allgemeines ............................................................ 336<br />
b Der Buchenwald Im Solling ..................................<br />
c Ökophysiologie <strong>der</strong> Baumschicht ..........................<br />
340<br />
343<br />
d Ökophysiologie <strong>der</strong> Krautschicht (Synusien) .... 350<br />
e Wasserhaushalt .....................................................<br />
f Der lange Kreislauf (Konsumenten) .....................<br />
356<br />
358<br />
g Destruenten ln <strong>der</strong> Streu <strong>und</strong> im Boden............... 364<br />
h Ökosystem Solling ................................................. 365<br />
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald<strong>und</strong><br />
Baumgrenze........................................................<br />
a Höhenstufen ..........................................................<br />
367<br />
368<br />
b Waldgürtel.............................................................. 369<br />
c Alpine <strong>und</strong> Nivale S tu fe......................................... 373<br />
Zonoökoton VI/VII - die Waldsteppe ........................ 382<br />
Fragen......................................................................... 386<br />
Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
(ZB des ariden gemäßigten K lim as)................... 387<br />
Klima........................................................................... 387<br />
Böden <strong>der</strong> Steppenzone Osteuropas.......................... 388<br />
Wiesensteppen auf Mächtiger Schwarzerde <strong>und</strong> die<br />
Fe<strong>der</strong>grassteppen........................................................ 392<br />
Nordamerikanische Prärie ......................................... 395<br />
Ökophysiologie <strong>der</strong> Steppen- <strong>und</strong> Präriearten .........<br />
Asiatische Steppen.....................................................<br />
399<br />
403
12 Inhaltsverzeichnis<br />
7 Tierwelt <strong>der</strong> Steppen ................................................. 404<br />
8<br />
9<br />
Steppen <strong>der</strong> südlichen Erdhalbkugel .......................<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> Halbwüsten ..................................<br />
405<br />
409<br />
10 Subzonobiom <strong>der</strong> Mittelasiatischen W üsten............. 412<br />
11 Die Karakum-Sandwüste........................................... 416<br />
12 Orobiom VII (r 111) in Mittelasien.............................. 421<br />
13<br />
14<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> Zentralasiatischen W üsten..........<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> kalten Hochplateauwüsten von<br />
423<br />
Tibet <strong>und</strong> Pamir (sZB VII, tlX) .................................. 426<br />
15 Der Mensch in <strong>der</strong> Steppe ......................................... 429<br />
16 Zonoökoton VI/VIII - Boreo-nemorale Zone ...........<br />
Fragen.........................................................................<br />
430<br />
432<br />
VIII Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
(ZB des kalt-gemäßigten borealen Klimas) . . . 433<br />
1 Klima <strong>und</strong> Nadelholzarten <strong>der</strong> borealen Zone ........ 433<br />
2 Die ozeanischen Birkenwäl<strong>der</strong> im ZB VIII ............... 436<br />
3 Die europäische boreale Waldzone............................ 437<br />
4<br />
5<br />
Zur Ökologie des Nadelwaldes..................................<br />
Die sibirische Taiga.....................................................<br />
438<br />
443<br />
6 Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens mit<br />
den Thermokarsterscheinungen................................ 445<br />
7 Orobiom VIII - Gebirgst<strong>und</strong>ra .................................. 452<br />
8 Moortypen <strong>der</strong> borealen Zone (Peinohelobiome) . . . 452<br />
9 Ökologie <strong>der</strong> Hochmoore........................................... 456<br />
10 Die Westsibirische Nie<strong>der</strong>ung, das größte Moorgebiet<br />
<strong>der</strong> Erde....................................................................... 459<br />
11 Der Mensch in <strong>der</strong> Taiga ............................................ 462<br />
12 Zonoökoton VII/IX (Waldt<strong>und</strong>ra) <strong>und</strong> die polare<br />
Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze.............................................<br />
Fragen.........................................................................<br />
462<br />
464<br />
IX Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra (ZB des arktischen Klimas) 465<br />
1<br />
2<br />
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra ............................<br />
Ökophysiologische Untersuchungen..........................<br />
465<br />
468<br />
3 Tierwelt <strong>der</strong> Arktischen T<strong>und</strong>ra ................................ 469<br />
4 Der Mensch in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra......................................... 472<br />
5 Arktische Kältewüste <strong>und</strong> die Solifluktion............... 473<br />
6 Antarktis <strong>und</strong> subantarktische Inseln.......................<br />
Fragen.........................................................................<br />
476<br />
477<br />
Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen 478<br />
1 Phytomasse <strong>und</strong> primäre Produktion <strong>der</strong> einzelnen<br />
<strong>Vegetation</strong>szonen <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesamten Biosphäre .... 478<br />
2 Folgerungen aus ökologischer S icht.......................... 482<br />
3 Die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
4 .......................................................................<br />
Die Übertechnisierung in den Industrielän<strong>der</strong>n ....<br />
483<br />
486<br />
5<br />
6<br />
Nachhaltige Landnutzung .........................................<br />
Großprogramme <strong>und</strong> globale Projekte .....................<br />
491<br />
494<br />
7 Bekenntnisse..............................................................<br />
Fragen.........................................................................<br />
496<br />
499<br />
L iteraturverzeichnis........................................................<br />
Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Pflanzennamen<br />
500<br />
512<br />
Erklärungen verwendeter Fach-Fremdwörter ......... 517<br />
S achregister...................................................................... 520
Physikalische Einheiten <strong>und</strong><br />
Umrechnungsfaktoren<br />
Basis-Einheiten<br />
Länge<br />
Masse<br />
Zeit<br />
Temperatur<br />
Lichtstärke<br />
Stoffmenge<br />
Meter<br />
Kilogramm<br />
Sek<strong>und</strong>e<br />
Kelvin<br />
Candela<br />
Mol<br />
m<br />
kg<br />
s<br />
K<br />
cd<br />
mol<br />
Weitere Einheiten<br />
Kraft<br />
Newton<br />
1 N = 1 kg • m ■s“^ 0,102 kp<br />
Druck Pascal<br />
1 Pa = 105 Pa = 0,9869 at ^ 750 Torr = 750 mm Hg<br />
Energie Joule<br />
1 J = 1 N-m = 10^ erg<br />
Wärmemenge<br />
1 kcal = 4,187 kJ = 1,163 Wh<br />
1 J = 0,102 kp-m = 2,29-10-^ kcal<br />
= 2,78- 10-’ kWh<br />
Leistung<br />
Watt<br />
1 W = 1 J ■s“' = 1 N • m • s“'<br />
= 0,102 kp • m • s“*= 0,236 cal • s“'<br />
= 0,86 kcal • h“'<br />
Strahlung, Beleuchtungsstärke<br />
Lux<br />
1 Ix = 1 Im • m"' = ca. 10“^ W • m“^<br />
Lichtstrom<br />
Lumen<br />
Lichtstärke<br />
cd • m“^<br />
1 Ix (Rotlicht) = ca. 4 • 10'5 w • m"^<br />
1 Ix (Blaulicht = Weißlicht) = ca. 10'^ W m^^<br />
1 W • m“^ (PhAR) = 3-5 p,Einstein • m“^ ■s“'<br />
1 Einstein = 1 mol Photonen = 75 kcal (blau) = 3 • lO^J<br />
N<br />
Pa<br />
J<br />
W<br />
Ix<br />
Im<br />
Weitere Umrechnungen<br />
1 g TG • m“^ = 10“^ t • ha“'<br />
1 g organische Masse «= 0,45 g C 1,5 g CO2
14 Physikalische Einheiten <strong>und</strong> Umrechnungsfaktoren<br />
Transformationsenergien für Än<strong>der</strong>ungen des Aggregatzustandes von Wasser:<br />
fest
Abkürzungen <strong>und</strong> Symbole<br />
a Jahr<br />
A Oberflächenfluß<br />
A A-Horizont bei Böden (mit überwiegend organischem Anteil)<br />
B B-Horizont bei Böden (Übergangshorizont zwischen organischer Auflage <strong>und</strong><br />
verwittertem Muttergestein)<br />
BHD Brusthöhendurchmesser von Baumstämmen in Zentimeter<br />
BPP Bruttoprimärproduktion<br />
C C-Horizont bei Böden (Unterboden: verwittertes Muttergestein im Bodenprofil)<br />
°C Grad Celsius<br />
cal Kalorie<br />
CAM Diurnaler Säurestoffwechsel bei <strong>der</strong> Photosynthese (Crassulaceen Add Metabolism)<br />
CEC Kationen Austausch Kapazität (Cation Exchange Capacity)<br />
d Tag (24 h)<br />
D Tageslänge<br />
DI Diversitätsindex<br />
E Einstein (Lichtquantenmenge)<br />
E Ost<br />
Ea Aktuelle Evaporation<br />
Ep Potentielle Evaporation<br />
ET Evapotranspiration (Gesamtverdunstung)<br />
EG Erischgewicht<br />
g Gramm<br />
G G-Horizont bei Böden (staunasser, sauerstoffarmer Gley-Horizont)<br />
h St<strong>und</strong>e<br />
ha Hektar (IO“*m^)<br />
I Interzeption<br />
J Joule<br />
K Kelvin<br />
kg Kilogramm<br />
kW Kilowatt<br />
1 Liter<br />
LAI Blattflächenindex (leaf area index)
16 Abkürzungen <strong>und</strong> Symbole<br />
LG Lichtgenuß<br />
Ix Lux<br />
m Meter<br />
M Masse (Stoffproduktion)<br />
mg Milligramm<br />
min Minute<br />
ml Milliliter<br />
mm Millimeter<br />
mNN Meter über Normalnull (Meereshöhe)<br />
mol Mol<br />
p,m Mikrometer<br />
N Newton<br />
N Nie<strong>der</strong>schlag<br />
N Nord<br />
NPP Nettoprimärproduktion<br />
OB Orobiom<br />
p Dampfdruck<br />
Pg Dampfdruck reinen Wassers<br />
P Turgordruck<br />
Pa Pascal (IPa = 10"^bar)<br />
PB Pedobiom<br />
pH negativer dekadischer Logarithmus <strong>der</strong> Wasserstoffionenkonzentration<br />
(Säurestärke)<br />
Ph Photosynthese<br />
PhAR photosynthetisch aktive Strahlung<br />
ppb Teile pro Milliarde (parts per billion)<br />
ppm Teile pro Million (parts per million)<br />
TT* potentieller osmotischer Druck<br />
R Atmung (respiration)<br />
RF Relative Feuchte<br />
RQ Respirationsquotient (Kohlenhydrate = 1, Fette = 0,7)<br />
s Sek<strong>und</strong>e<br />
S Saugspannung<br />
S Süd<br />
sZB Subzonobiom<br />
t Zeit<br />
t Tonne (10^ kg)<br />
T Transpiration<br />
TG Trockengewicht<br />
Torr = mm Hg, veraltetes Druckmaß (750 Torr = lO^Pa)<br />
UV Ultraviolett (kurzwelliges Licht)<br />
W West<br />
WG Wassergehalt<br />
WSD Wassersättigungsdefizit<br />
ZB Zonobiom<br />
ZÖ Zonoökoton<br />
Wasserpotential
Einleitung <strong>und</strong> Bemerkungen<br />
1 Die Aufgabe <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ökologie<br />
Die Ökologie ist eine biologische Wissenschaft <strong>und</strong> damit<br />
ebenso wie das Leben (nach unseren heutigen Kenntnissen)<br />
in unserem Sonnensystem nur auf die Erde beschränkt. Leben<br />
als Ganzes ist mit offenen Kreisläufen <strong>und</strong> Energiedurchfluß<br />
verb<strong>und</strong>en - also einem Aufbau von Stoffen mit<br />
Bindung <strong>der</strong> Sonnenenergie sowie einem Abbau mit Freisetzen<br />
<strong>der</strong> geb<strong>und</strong>enen Energie meist in Form von Wärme.<br />
Die kleinste selbständige Einheit des Lebens ist die Zelle,<br />
mit <strong>der</strong>en Kompartimenten, <strong>der</strong>en Struktur <strong>und</strong> Funktion<br />
sich Molekularbiologie, Biochemie <strong>und</strong> Physiologie befassen.<br />
Dabei spielt die Ultrastrukturforschung mit neuesten<br />
Techniken heute eine große Rolle, ebenso wie die Erfassung<br />
<strong>und</strong> Manipulation des Erbguts.<br />
Die Einzeller bilden vor allem das Studienobjekt <strong>der</strong> Mikrobiologie.<br />
Die nächsthöhere lebende Einheit ist <strong>der</strong> Organismus<br />
mit seinen vielzelligen Geweben <strong>und</strong> Organen. Wir<br />
unterscheiden pflanzliche <strong>und</strong> tierische Organismen, die<br />
morphologisch, anatomisch <strong>und</strong> funktionell sehr verschiedenartig<br />
sind. Mit den ersteren beschäftigt sich die Phytologie<br />
(Botanik), mit den letzteren die Zoologie. Die grünen<br />
Pflanzen sind autotroph <strong>und</strong> aufbauend, die farblosen sowie<br />
die tierischen Organismen heterotroph <strong>und</strong> um- o<strong>der</strong> abbauend.<br />
Fleterotroph sind auch die Pilze, die heute meist als<br />
eigene Organismengruppe angesehen werden <strong>und</strong> mit <strong>der</strong><br />
sich die Mykologie befaßt.<br />
Die ökologischen Faktoren wirken auf unterschiedlichen<br />
Komplexitätsebenen, natürlich auch schon im molekularen<br />
Bereich (Tab. 1). Sie verursachen bestimmte Wirkungen <strong>und</strong><br />
Interaktionen. Auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Individuen erfolgt dabei<br />
die Anpassung über Modifikationen, Mutationen <strong>und</strong> Selektion.<br />
Dies ist unter an<strong>der</strong>em das Arbeitsgebiet des Teilbe-
18 Einleitung <strong>und</strong> Bemerkungen<br />
Tab. 1. Die verschiedenen Komplexitätsebenen <strong>und</strong> Beispiele für<br />
Einwirkungen<br />
Komplexitätsebene<br />
Interaktionen <strong>und</strong><br />
Wirkungen in Biomen,<br />
in <strong>der</strong> Biosphäre<br />
(Großökosysteme)<br />
Interaktionen <strong>und</strong><br />
Wirkungen in Ökosystemen<br />
Wirkungen auf<br />
Populationen<br />
Interaktionen mit<br />
intakten, ganzen<br />
Pflanzen, Individuen<br />
Interaktionen mit Zellen<br />
Interaktionen mit<br />
Geweben<br />
Effekte auf<br />
Zeliorganelle<br />
Effekte an<br />
Biomembranen<br />
Bioeffekte an Makromolekülen<br />
Beispiele für Reaktionen, mögliche Wirkungen (zum Beispiel<br />
bei Salzeinwirkung)<br />
Salz- <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Stoffkreisläufe, Stoffbilanzen, Energieflüsse,<br />
Sedimentation, Akkumulation in Erosionsbecken, geomorphologische<br />
Langzeitprozesse<br />
Salz- <strong>und</strong> Mineralstoffkreisläufe, Massengleichgewicht, Akkumulationen,<br />
Stoffbilanzen, Energieausbeute, Artenzusammensetzung<br />
(Frequenz <strong>und</strong> Dominanz)<br />
Reproduktion, Altersverteilung, Konkurrenzkraft, Selektion<br />
Mineralstoffwechsel, Vitalität, Wasserhaushalt, Anpassungen<br />
des Wachstums, <strong>der</strong> Entwicklungsstadien, Hormongleichgewicht<br />
Formative Effekte, verän<strong>der</strong>te Differenzierungen, verfrühte<br />
Seneszenz<br />
Formative Effekte, Defektbildungen, osmotischer Streß,<br />
loneneffekte<br />
Atmung, Photosynthese, Biosynthesen sek<strong>und</strong>ärer Pflanzenstoffe<br />
Permeabilitäts-, Potentialän<strong>der</strong>ungen<br />
Genregulation, Enzymaktivitäten, DNA-Verän<strong>der</strong>ungen<br />
reichs <strong>der</strong> Autökologie. Auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Ökosysteme bedeuten<br />
diese Anpassungen <strong>und</strong> sich ständig än<strong>der</strong>nde Populationsstrukturen<br />
eine immer wie<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>te Dynamik<br />
etwa für Stoffkreisläufe <strong>und</strong> Energieflüsse. Populationen<br />
werden durch die Demökologie erfaßt, die Synökologie<br />
untersucht Lebensgemeinschaften <strong>und</strong> ihre Zusammensetzung<br />
(statische Betrachtung), die Ökosystembiologie<br />
erforscht die Dynamik in Lebensgemeinschaften <strong>und</strong> damit<br />
auch die Eigenschaften, die die Energieflüsse <strong>und</strong> die Stoffkreisläufe<br />
bedingen.<br />
Die höchsten lebenden Einheiten sind die Lebensgemeinschaften<br />
<strong>der</strong> pflanzlichen <strong>und</strong> tierischen Organismen, jeweils<br />
aus Populationen aufgebaut, die zusammen mit den<br />
abiotischen Umweltfaktoren (Klima <strong>und</strong> Boden, vgl.<br />
S. 35, 49) Ökosysteme bilden, die durch einen ständigen<br />
Stoffkreislauf <strong>und</strong> Energiefluß ausgezeichnet sind. Die Untersuchung<br />
dieser Ökosysteme von den kleinsten bis zum
<strong>globalen</strong> - <strong>der</strong> Biosphäre - ist die Aufgabe <strong>der</strong> Ökologie im<br />
weitesten Sinne.<br />
Dieses Taschenbuch gibt eine kurze, verständliche Einführung<br />
in diese globale Ökologie.<br />
W alter, <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> dieses Lehrbuches, hat die Zusammenhänge<br />
zwischen Mensch <strong>und</strong> Biosphäre folgen<strong>der</strong>maßen<br />
ausgedrückt:<br />
„Die Biosphäre bildet die natürliche Welt, in die <strong>der</strong><br />
Mensch hineingestellt ist <strong>und</strong> die er dank seiner geistigen<br />
Fähigkeiten objektiv zu betrachten vermag - wodurch er<br />
sich aber auch über sie hinausheben kann. Einerseits ist<br />
er ein Kind dieser Außenwelt, abhängig von <strong>der</strong> Natur,<br />
an<strong>der</strong>erseits wird er durch seine Innenwelt mit dem Göttlichen<br />
verb<strong>und</strong>en.<br />
Nur wenn er sich dieser Bindungen nach unten <strong>und</strong> nach<br />
oben bewußt ist, kann er sich zu einem harmonischen,<br />
weisen Wesen entwickeln, das mit dem Tode seine Vollendung<br />
im Göttlichen findet. Der Mensch ist nicht nur<br />
berufen, die Natur zu nutzen, son<strong>der</strong>n sie auch in ihrem<br />
ökologischen Gleichgewicht zu verstehen, zu erhalten<br />
<strong>und</strong> sie nach Kräften zu bewahren."<br />
Um diese Aufgabe zu erfüllen <strong>und</strong> keinen Raubbau zu betreiben,<br />
<strong>der</strong> letztlich seine eigene Existenz in Frage stellt, muß<br />
<strong>der</strong> Mensch die ökologischen Gesetzmäßigkeiten <strong>der</strong> Natur<br />
erkennen <strong>und</strong> sie berücksichtigen, auch wenn es immer<br />
noch <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> Menschen gibt, die glauben, die Natur<br />
abschaffen zu können <strong>und</strong> ganz auf die Technik zu bauen.<br />
Wir werden uns vor allem mit den natürlichen ökologischen<br />
Verhältnissen beschäftigen, denn es würde den Rahmen<br />
dieser Kurzfassung sprengen, auch noch die sek<strong>und</strong>ären,<br />
durch den Menschen geschaffenen Ökosysteme <strong>und</strong><br />
die verschiedenen Degradationsstadien ausführlich zu behandeln,<br />
zumal die ökologischen Gesetzmäßigkeiten <strong>der</strong> Natur<br />
bei natürlichen Ökosystemen, die also in einem dynamischen<br />
Gleichgewicht sind, am besten erkennbar werden.<br />
Natürliche Ökosysteme sind die Bezugsgröße <strong>der</strong> Nachhaltigkeit.<br />
Sie haben Vorbildfunktion. Sie haben sich in mehr<br />
als jahrmillionenlanger Evolution entwickelt <strong>und</strong> optimiert.<br />
2 Zur Bedeutung <strong>der</strong> heutigen Ökologie<br />
als Weltanschauung<br />
Die Ökologie als Teil <strong>der</strong> Biologie, die Haushaltslehre <strong>der</strong> Natur,<br />
ist, wie H aeckel (1866) es formulierte, die gesamte Wissenschaft<br />
von den Beziehungen des örganismus zur umgebenden<br />
Außenwelt.<br />
Bedeutung <strong>der</strong> heutigen Ökologie als Weltanschauung 19
20 Einleitung <strong>und</strong> Bemerkungen<br />
Umfassen<strong>der</strong> wird die<br />
heutige wissenschaftliche<br />
Ökologie als die<br />
„Wissenschaft von den<br />
Wechselwirkungen <strong>der</strong><br />
Organismen untereinan<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> mit ihrer Umwelt"<br />
definiert.<br />
_ „Ökologisch ges<strong>und</strong>e<br />
Nahrung", „eine ökologisch<br />
intakte Wiese",<br />
„Öko-Politik", „ein Öko-<br />
Waschmittel", was soll damit<br />
ausgesagt werden:<br />
nichts als Augenwischerei<br />
o<strong>der</strong> gar Volksverdummung.<br />
Wo bleibt <strong>der</strong> „ges<strong>und</strong>e<br />
Menschenverstand",<br />
<strong>der</strong> gegen die<br />
Konsumflut kämpft,<br />
gegen die abstumpfende<br />
Flut an Werbung <strong>und</strong><br />
Lärmberieselung?<br />
Erst in den letzten beiden Jahrzehnten ist die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Ökologie auch in das Bewußtsein <strong>der</strong> Bevölkerung gelangt.<br />
Allerdings wurde sie mit <strong>der</strong> „Grünen Welle" dann<br />
auch vielfach in ihrer Bedeutung völlig verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> mit<br />
<strong>der</strong> Vorsilbe „Öko" wurden Begriffe ergänzt, die mit <strong>der</strong> eigentlichen<br />
wissenschaftlichen Ökologie gar nichts mehr zu<br />
tun haben. Ökologie wurde teilweise als Hellslehre verbrämt.<br />
Dabei gibt es in <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ökologie keinen<br />
Wertbegriff: eine Naturkatastrophe ist ökologisch nichts<br />
Schlechtes. Ein Hurrikan, ein Tsunami, ein Eisregen, Verbuschung<br />
<strong>der</strong> Savanne, Steppenbrände, all dies sind natürliche<br />
Prozesse. Sie sind Teil einer natürlichen Dynamik, die allerdings<br />
heute durch den Menschen <strong>und</strong> seine über das Lokale<br />
hinausgehende Beeinflussung <strong>der</strong> Natur über globale Wirkungsmechanismen<br />
erheblich modifiziert sein kann.<br />
Allerdings erhalten diese Prozesse sofort eine Wertkategorie,<br />
wenn sie die Lebensumstände, die Umwelt des Menschen<br />
negativ verän<strong>der</strong>n. Um ökologische Gesetzmäßigkeiten<br />
zu verstehen, sollte man davon zunächst abstrahieren<br />
<strong>und</strong> erst in einem zweiten o<strong>der</strong> dritten Schritt die „humanökologische"<br />
Tragweite erfassen.<br />
Es erscheint heute mehr denn je wichtig, mit klar definierten<br />
Begriffen zu arbeiten, die dann möglichst im gleichen<br />
Sinne von allen Biologen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Naturwissenschaftlern<br />
verwendet werden, sonst sind Mißverständnisse<br />
unvermeidlich. Hierzu leistet das Handbuch <strong>der</strong> Ökologie<br />
(R üttler 1995) einen wichtigen Beitrag.<br />
3 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Tropenökologie für<br />
Forschung <strong>und</strong> Lehre<br />
Es gibt keine an<strong>der</strong>e Lebensgemeinschaft auf dem Festland,<br />
die so bunt <strong>und</strong> formenreich mit einer unglaublichen Artenfülle,<br />
mit einer unglaublichen Vielfalt an vernetzten Prozessen<br />
ist, wie <strong>der</strong> tropische Regenwald. Das 20. Jahrh<strong>und</strong>ert ist<br />
durch eine rasche Beschleunigung <strong>der</strong> Zerstörung dieser<br />
Wäl<strong>der</strong> gekennzeichnet: eintönige Äcker, Viehweiden, Bananen-<br />
o<strong>der</strong> Kaffeeplantagen <strong>und</strong> die sich in die Wä<strong>der</strong><br />
hineinfressenden Siedlungen dokumentieren den Raubbau.<br />
Der Artenreichtum geht in rasantem Tempo verloren. Vieles<br />
wird unerkannt <strong>und</strong> unerforscht für immer verschwinden<br />
o<strong>der</strong> ist schon ausgerottet. Nur langsam setzt sich die Überzeugung<br />
durch, daß die tropischen Wäl<strong>der</strong>, aufgr<strong>und</strong> ihres<br />
ungeheuren genetischen Potentials, aufgr<strong>und</strong> ihrer <strong>globalen</strong><br />
Bedeutung für Klima <strong>und</strong> Boden, bewahrt werden müssen.
Bedeutung <strong>der</strong> Tropenökologie für Forschung <strong>und</strong> Lehre 21<br />
Die Tropenökologie hielt in Deutschland bislang einen<br />
Dornröschenschlaf, obwohl eigentlich A lexan<strong>der</strong> von H u m <br />
boldt die Tropenbiologie (wie es vielleicht besser heißen<br />
müßte) mit fast allen auch heute noch wichtigen Facetten<br />
begründet hat (S challer 1993). In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n (Nie<strong>der</strong>lande,<br />
USA, Frankreich) hat man eher erkannt, daß es<br />
großer wissenschaftlicher Anstrengungen bedarf, den vielfach<br />
größeren Artenreichtum <strong>und</strong> die damit zusammenhängenden<br />
unendlich vielfältigen Wechselwirkungen zu erfassen.<br />
Die Tropenökologie müßte durch eigene Lehrstühle,<br />
durch eigene Forschungszentren (warum gibt es nicht mehrere<br />
Max-Planck-Forschungszentren, zusätzlich zum MPI<br />
für Limnologie in Plön?) wesentlich gestärkt werden. Warum<br />
gibt es nicht wenigstens drei Son<strong>der</strong>forschungsbereiche<br />
<strong>der</strong> Df{i für die drei tropischen Hauptregionen?<br />
Sind viele <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit von Deutschland aus untersuchten<br />
Forschungsthemen in den Tropen tropenökologische<br />
Themen? fragt Schaller (1993) <strong>und</strong> fährt sinngemäß fort:<br />
Diese Frage stellt sich auch deswegen, weil die Mehrheit<br />
<strong>der</strong> Gutachter für tropische Forschungsprojekte zu einem<br />
Forschertyp gehört, <strong>der</strong> naturgemäß wenig Verständnis<br />
<strong>und</strong> Wohlwollen fürs Qualitative in <strong>der</strong> Ökologie, also für<br />
die nicht reaktiven Lebensäußerungen <strong>der</strong> Organismen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en komplexe Vernetzungen hat. „Auf jeden Fall<br />
wird es auch weiterhin nützlich sein, Begriff <strong>und</strong> Betrieb<br />
<strong>der</strong> sogenannten Tropenökologie kritisch im Auge zu behalten,<br />
damit dieses faszinierende Biologische Aufgabengebiet<br />
nicht in falsche Hände kommt".<br />
Ohne eine breite tropenökologische Forschung gibt es auch<br />
keine f<strong>und</strong>ierte Lehre. Wenn es keinen wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs gibt, kann auch wenig verän<strong>der</strong>t werden.<br />
„Stromausfälle in Computerräumen scheinen heute die<br />
schlimmsten Naturkatastrophen zu sein."<br />
Ökologische Gesetzmäßigkeiten lassen sich in Mitteleuropa,<br />
diesem erst seit <strong>der</strong> letzten Eiszeit kümmerlich mit Pflanzenarten<br />
besiedelten Raum, auch erfassen; sie helfen aber<br />
unseren Studenten wenig, wenn diese in die Tropen kommen<br />
<strong>und</strong> dort in <strong>der</strong> „Vielfalt an Arten <strong>und</strong> funktionalen<br />
Wechselwirkungen <strong>der</strong> Grünen Hölle ertrinken" .<br />
Ökologische Gesetzmäßigkeiten sollten heute zur Allgemeinbildung<br />
gehören <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e Tropenökologie ist<br />
ein wichtiges Teilfach, denn es berührt die Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
des Menschen, nicht nur in den Tropen. Diese Erkenntnis<br />
zu gewinnen, die ein sachgerechtes <strong>und</strong> umsichtiges<br />
Handeln möglich macht, erfor<strong>der</strong>t ein entsprechendes Ausbildungssystem.<br />
^ Ein Bruchteil <strong>der</strong> Forschungsgel<strong>der</strong><br />
z. B. für<br />
Kernphysik, Gentechnologie<br />
o<strong>der</strong> für die Antarktisforschung<br />
würde in<br />
Deutschland, heute einem<br />
Entwicklungsland <strong>der</strong> Tropenökologie,<br />
die Situation<br />
verbessern.<br />
^ Ökologie einschließlich<br />
Tropenökologie sollte<br />
Pflichtfach an deutschen<br />
Universitäten nicht nur<br />
für alle Naturwissenschaftler<br />
werden.
22 Einleitung <strong>und</strong> Bemerkungen<br />
L<br />
^ Systematik <strong>und</strong> Taxonomie<br />
sind wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>lagen bei <strong>der</strong> Verständigung<br />
zwischen den<br />
biologischen Disziplinen.<br />
Die Systematik bringt<br />
Ordnung in die Vielfalt.<br />
Sie muß einerseits konservativ<br />
<strong>der</strong> Verständigung<br />
dienen, an<strong>der</strong>erseits progressiv<br />
die Erkenntnisfortschritte<br />
<strong>der</strong> Phylogenetik<br />
auch in <strong>der</strong> Nomenklatur<br />
zum Ausdruck bringen.<br />
Ohne f<strong>und</strong>ierte Systematik<br />
<strong>und</strong> Taxonomie hängt<br />
nicht nur die Ökologie,<br />
son<strong>der</strong>n auch die ganze<br />
Biologie in <strong>der</strong> Luft.<br />
4 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Systematik <strong>und</strong> Taxonomie<br />
für die Bioiogie<br />
Die Vernichtung tropischer Ökosysteme vergrößert nicht<br />
nur degradierte Flächen <strong>und</strong> macht sie durch Erosion völlig<br />
unfruchtbar, viel schwerwiegen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Verlust an Artenvielfalt<br />
(B oerboom & WiERSUM 1983). Diese Vernichtung<br />
führt zu einem überproportional großen Verlust an Pflanzen-<br />
<strong>und</strong> Tierarten des Erdballs <strong>und</strong> entsprechend aufeinan<strong>der</strong><br />
abgestimmter Lebensgemeinschaften. Der Artenschw<strong>und</strong><br />
durch Urwaldsterben geht um ein Vielfaches<br />
rascher vor sich als etwa das Aussterben <strong>der</strong> Saurier o<strong>der</strong> die<br />
Verän<strong>der</strong>ungen während <strong>der</strong> Glazialzeiten.<br />
Derzeit sind etwa 1,5 Millionen Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten<br />
beschrieben, also wissenschaftlich dokumentiert. Dies ist<br />
aber, wie man heute annnehmen muß, nur ein Bruchteil<br />
<strong>der</strong> Arten auf dem Erdball. Die Diversität bestimmter Räume<br />
im Vergleich <strong>und</strong> bei Vergleich verschiedener Erfassungsmethoden<br />
läßt sich durch Extrapolation abschätzen, dabei gelangt<br />
man zu Zahlenwerten von fünf bis zehn Millionen Arten.<br />
An<strong>der</strong>e Ansätze, etwa durch Fraktalgeometrie, ergeben<br />
Artenzahlen um etwa 30 Millionen. Die realen Zahlen sind<br />
sehr unsicher abzuschätzen, aber jedes neue Expeditionsmaterial<br />
aus den Tropen erbringt stets eine Fülle neuer Arten.<br />
Die wissenschaftliche Bearbeitung des Materials hinkt oft<br />
Jahre nach. Die Zahl <strong>der</strong> Spezialisten für viele Tiergruppen<br />
ist so gering, daß sie mit <strong>der</strong> Bearbeitung des Materials nicht<br />
nachkommen, bzw. das meiste unbearbeitet liegen bleibt.<br />
Die systematische Zugehörigkeit, die taxonomisch-nomenklatorisch<br />
einwandfreie Benennung, o<strong>der</strong> erst recht die phylogenetischen<br />
Zusammenhänge sind in vielen Tiergruppen<br />
nur ganz grob bekannt. Bei den Höheren Pflanzen sieht <strong>der</strong><br />
Bearbeitungsstand deutlich besser aus, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> doch<br />
geringeren Artenzahlen. Aber bereits bei den Algen <strong>und</strong> erst<br />
recht bei den Pilzen sind noch so viele unbekannte neue Arten<br />
zu erwarten, daß es dringlich geboten wäre, den Unterricht,<br />
also Lehre <strong>und</strong> Forschung, in Systematik an den deutschen<br />
Hochschulen <strong>und</strong> manchen Forschungszentren nicht<br />
nur erheblich zu forcieren, son<strong>der</strong>n ihn wenigstens überhaupt<br />
wie<strong>der</strong> einmal einzuführen. Eigentlich arbeiten alle<br />
Biologen mit Organismen - manche Wissenschaftler, so hat<br />
man den Eindruck, scheinen aber oft gar nicht zu wissen,<br />
mit welchen Organismen sie tatsächlich arbeiten <strong>und</strong> was<br />
phylogenetische Zusammenhänge bedeuten.<br />
Ga m s: „Alle Erkenntnisse <strong>der</strong> verschiedenen Teildisziplinen<br />
<strong>der</strong> Biologie, also möglichst alle Merkmale, sollten letztlich ge-
Bedeutung <strong>der</strong> Exkursionen für den naturwissenschaftlichen Nachwuchs 23<br />
nutzt werden, um zu einer ständigen Verbesserung des natürlichen<br />
Systems <strong>der</strong> Organismen zu kommen" (mündl. Mitt.).<br />
Die Systematik ist die biologische Wissenschaft <strong>der</strong> Zukunft,<br />
es ist allerdings fraglich, ob auch in Deutschland?<br />
Vielleicht hilft die internationale Dachorganisation DIVER-<br />
SITAS, die jetzt sogar in Deutschland ein zentrales Büro <strong>und</strong><br />
Komittee gegründet hat, neben den schon lange eingeführten<br />
Forschungsverb<strong>und</strong>projekten {Weltklima, biogeochemische<br />
Kreisläufe etc.) im Rahmen von „Global Change", die<br />
Lücken zu verkleinern (vgl. S. 495).<br />
5 Zur Bedeutung <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen<br />
Dokumentation (zum Beispiel in Museen)<br />
Bei <strong>der</strong> systematisch-taxonomischen Bearbeitung <strong>der</strong> Artenvielfalt<br />
kommt <strong>der</strong> Dokumentation eine entscheidende Bedeutung<br />
zu. Typusmaterial, anhand dessen die Artdiagnosen<br />
beschrieben sind, muß als wesentliche Dokumentationsgr<strong>und</strong>lage<br />
in Museen, bzw. in den großen Herbarien, als den<br />
wesentlichen Dokumentationszentren aufbewahrt werden.<br />
Heute lassen sich Kataloge <strong>und</strong> taxonomische Übersichten,<br />
Bestimmungsschlüssel, Arealkarten im Internet hinterlegen,<br />
<strong>und</strong> sie können so allen Nutzern zugänglich gemacht<br />
werden. Aber auch hierfür fehlen ausreichend viele fähige<br />
Nachwuchsbiologen <strong>und</strong> erst recht die politische Einsicht<br />
zur richtigen zukunftsorientierten Prioritätensetzung.<br />
Es gibt noch immer viele Amateurwissenschaftler, die<br />
sich in ihrer Freizeit mit einer bestimmten Organismengruppe<br />
beschäftigen. Viele dieser privaten Sammler besitzen<br />
wertvolle kleine Sammlungen. Die Museen müssen in die<br />
Lage versetzt werden, solches Material als Schenkung o<strong>der</strong><br />
als Nachlaß o<strong>der</strong> auch käuflich zu erwerben. Heute scheitert<br />
dies oft an mangelnden finanziellen, personellen o<strong>der</strong> räumlichen<br />
Resourcen <strong>und</strong> wertvolles, vielleicht unwie<strong>der</strong>bringliches<br />
Material landet auf dem Müll.<br />
^ Museen haben neben<br />
<strong>der</strong> Aufgabe, wissenschaftliche<br />
Sachverhalte,<br />
Prozesse <strong>und</strong> Strukturen<br />
in Ausstellungen <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
eingängig zu<br />
präsentieren, vor allem<br />
die wichtige Aufgabe <strong>der</strong><br />
wissenschaftlichen Dokumentation.<br />
6 Zur Bedeutung <strong>der</strong> Exkursionen für den naturwissenschaftlichen<br />
Nachwuchs<br />
Der studentische Nachwuchs kann sich in organismischer<br />
Biologie nur zurecht finden, wenn ihm die Möglichkeiten<br />
im Gelände Organismen in ihrer LFmwelt kennenzulernen<br />
geboten werden. Manche Universitäten verlangen gar keine<br />
Exkursionen mehr.<br />
Offensichtlich gibt es mehr <strong>und</strong> mehr Biologen, die nie das<br />
Glück hatten, an einer guten Großen Exkursion teilzuneh
24 Einleitung <strong>und</strong> Bemerkungen<br />
^ Exkursionen sind die<br />
intensivste Form des Lernens.<br />
Durch analytisches<br />
Erfassen <strong>und</strong> synthetisches<br />
Verknüpfen von Zusammenhängen<br />
lernt man<br />
richtiges Schauen <strong>und</strong><br />
Verstehen unter Einsatz<br />
aller Sinne.<br />
men <strong>und</strong> zu erkennen, daß dies die intensivste Art des Lernens,<br />
des Erfassens nicht nur biologischer, son<strong>der</strong>n allgemein<br />
wissenschaftlicher Zusammenhänge ist. Nicht nur sehen,<br />
wie vor <strong>der</strong> „Glotze" einem etwas präsentiert wird, son<strong>der</strong>n<br />
zu schauen <strong>und</strong> synthetisch Zusammenhänge zu erfassen,<br />
zum Beispiel über die geologische, die geomorphologische Situation,<br />
die Möglichkeiten <strong>der</strong> Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft im<br />
betrachteten Gebiet, die Pflanzen- <strong>und</strong> Tierwelt <strong>und</strong> ihre<br />
gegenseitige Abhängigkeit, die raum-zeitliche Dynamik <strong>der</strong><br />
Produzenten, <strong>der</strong> Konsumenten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abbauprozesse, die<br />
Phänologie, die historischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Landschaftsentstehung,<br />
die Möglichkeiten <strong>der</strong> nachhaltigen Erhaltung, all<br />
dies kann man, auf einem Hügel stehend, den Studenten erläutern,<br />
aber ob Fakultäten (o<strong>der</strong> Ministerien) dies heute<br />
noch wollen? Biologie ohne gebührenden Anteil an Freilandbiologie<br />
ist eine amputierte Biologie. Bei Exkursionen<br />
steht <strong>der</strong> Teilnehmer mitten im Geschehen. Nur dann kann<br />
er auch möglichen Gefahren begegnen, nur dann sind auch<br />
entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ohne ängstliche Hysterie<br />
(zum Beispiel gegen Zecken) eine selbstverständliche Vorbeugung,<br />
<strong>und</strong> nur dann lernt er auch, sich in <strong>der</strong> Natur naturgerecht<br />
zu bewegen.<br />
Gerade auch für an<strong>der</strong>e Fachrichtungen sind Exkursionen<br />
heute von ausschlaggeben<strong>der</strong> Wichtigkeit. Erfreulicherweise<br />
haben dies manche studentische Fachschaften<br />
schneller erfaßt als mancher mehrfach reformierte <strong>und</strong> sogenannte<br />
mo<strong>der</strong>ne Fächer lehrende Lehrkörper.<br />
FRAGEN<br />
1 Warum sind für alle Biologen Gr<strong>und</strong>lagenkenntnisse in biologischer<br />
Systematik unabdingbar?<br />
2 Wieviele Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten gibt es?<br />
3 Welchen Wert hat eine hohe Biodiversität?<br />
4 Auf welcher Komplexitätsebene in <strong>der</strong> Biologie arbeiten Ökologen?<br />
5 Was ist eine ökologische Katastrophe?<br />
6 Welche Aufgabe haben naturwissenschaftliche Museen?<br />
7 Warum muß Freilandbiologie ein wichtiger Teil in <strong>der</strong> biologischen<br />
Ausbildung sein?<br />
8 Lassen sich Pflanzen <strong>und</strong> Tiere am Computer bestimmen?<br />
9 Was ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen Phylogenetik, Systematik,<br />
Taxonomie, Nomenklatur?<br />
10 Welcher wesentliche didaktische Unterschied besteht zwischen<br />
einer thematischen Freilandexkursion <strong>und</strong> einer Laborübung?
5^<br />
Allgemeiner Teil:<br />
Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen
26 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
1 Der historische Faktor<br />
^ Plattentektonik: Die<br />
heutige Lage <strong>der</strong> Platten<br />
ist geotektonisch gesehen<br />
nur eine bestimmte<br />
Momentaufnahme. Für<br />
das Verständnis <strong>der</strong> heutigen<br />
Verbreitung <strong>der</strong> Organismen<br />
ist die frühere<br />
Lage <strong>der</strong> Platten zueinan<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ablauf <strong>der</strong><br />
Evolution eine wichtige<br />
Gr<strong>und</strong>lage.<br />
Abb. 2.<br />
Übersicht über die wesentlichen<br />
tektonischen Platten <strong>der</strong> Erdkruste.<br />
Angegeben sind ferner die<br />
Bewegungsrichtung <strong>der</strong> Platten,<br />
Gebirgsbildungszonen, Subduktlonszonen<br />
<strong>und</strong> vulkanisch beson<strong>der</strong>s<br />
aktive Gebiete (nach<br />
SchOnwiesb 1994).<br />
Die heutige Geo-Biosphäre ist aufs engste mit <strong>der</strong> Erdgeschichte<br />
verknüpft. Sie ist das Ergebnis einerseits einer langen<br />
Entwicklung des Pflanzen- <strong>und</strong> Tierreichs, an<strong>der</strong>erseits<br />
einer langen geotektonischen Geschichte <strong>der</strong> festen Erdoberfläche.<br />
Deswegen muß man in <strong>der</strong> Ökologie stets die historische<br />
Entwicklung berücksichtigen.<br />
Die Kontinente waren früher in <strong>der</strong> heutigen Form nicht<br />
vorhanden, auch nahmen sie eine an<strong>der</strong>e Lage zu den Polen<br />
<strong>und</strong> dem Äquator ein. Diese WEGENERSche Kontinentalverschiebungstheorie<br />
ist heute fortentwickelt als Theorie <strong>der</strong><br />
Plattentektonik. Die Bewegungen <strong>der</strong> Landmassen werden<br />
durch die Großschollentektonik <strong>und</strong> Konvektionsströmungen<br />
im Erdmantel erklärt.<br />
Die Bewegung <strong>der</strong> Platten von einigen Zentimetern pro<br />
Jahr führt zu sehr langsamen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Platten zueinan<strong>der</strong>.<br />
Die heutige Lage <strong>der</strong> Platten ist in Abb. 2 gezeigt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> magmatischen Aufquellgebiete (zum Beispiel<br />
Öffnung, Erweiterung des Atlantiks) muß es an an<strong>der</strong>er<br />
Stelle zum „Untertauchen" von Plattenmaterial kommen,<br />
dies erfolgt im Bereich <strong>der</strong> Subduktionszonen. In ihrer<br />
Nähe sind meist beson<strong>der</strong>s aktive vulkanische Gebiete, die<br />
Pazifische<br />
Platte<br />
1 Indo-<br />
'i Australi-<br />
A sehe<br />
\ Platte<br />
Antarktische Platte<br />
Plattenbewegung<br />
■ Gebirgsregion<br />
• •• vulkanisch aktive Regionen<br />
Subduktionszone<br />
ozeanische Rücken
für die Evolutionsvorgänge von Flora <strong>und</strong> Fauna von Bedeutung<br />
sind.<br />
Gegenüber den sich verschiebenden Kontinentplatten erscheint<br />
offenbar das atmosphärische Windsystem mit den<br />
<strong>Klimazonen</strong> ein sehr stabiles System, das in dieser Ausprägung,<br />
zumindest in vergleichbarer Form, wohl weit ins Mesozoikum<br />
zurückreicht. Das Klimasystem als solches erscheint<br />
als <strong>der</strong> mehr stabile, die Kontinente als Lithosphäre<br />
schwimmen unter ihm hindurch <strong>und</strong> sind <strong>der</strong> mehr verän<strong>der</strong>liche<br />
Teil im Gesamtsystem <strong>der</strong> Biosphäre (K rutzsch<br />
1992).<br />
Das Leben begann im Wasser. Die ersten Landpflanzen<br />
sind seit <strong>der</strong> Wende Silur/Devon als Fossilien bekannt. Aus<br />
<strong>der</strong> Tatsache, daß NaCl, Flauptbestandteil des Meersalzes,<br />
von Kormophyten nicht benötigt wird <strong>und</strong> auf alle Pflanzen<br />
mit Ausnahme <strong>der</strong> Halophyten toxisch wirkt, muß man<br />
wohl schließen, daß die Vorfahren <strong>der</strong> Landpflanzen Süßwasseralgen<br />
waren, die vielleicht in Küstenlagunen unter<br />
feucht-tropischem Klima lebten. Die Halophyten unter den<br />
Angiospermen sind junge sek<strong>und</strong>äre Anpassungen an Salzböden<br />
im Küstenbereich o<strong>der</strong> in Salzwüsten.<br />
Die Eroberung des Landes wurde durch große Zellvakuolen<br />
ermöglicht, die in ihrer Gesamtheit, dem Vakuom, ein<br />
inneres wässriges Medium für das Cytoplasma bilden. Um<br />
das Plasma bildet die Zellwand ein wassergesättigtes,<br />
schwammartiges Außenmedium, das die Zelle umhüllt. Zur<br />
Außenwelt hin haben sich die Landpflanzen durch die Ausbildung<br />
einer Cuticula vor dem Austrocknen geschützt. Die<br />
Erfindung <strong>der</strong> Stomata ermöglichte die kontrollierte CO2 -<br />
Aufnahme für die Photosynthese, das Wurzel- <strong>und</strong><br />
Leitungssystem sorgte für den Ausgleich <strong>der</strong> Transpirationsverluste<br />
(W alter 1967) <strong>und</strong> dient gleichzeitig als Transportsystem<br />
für mineralische Nährstoffe,<br />
Durch-die Isolierung <strong>der</strong> Kontinente nach <strong>der</strong> Ausbildung<br />
<strong>der</strong> Angiospermen im ausgehendemMîscîzoikirm^schlug ihre<br />
Entwicklung verschiedene Wege ein, was zur Ärisbildung<br />
von sechs Florenreichen führte, die im wesentlichen auch<br />
den Faunenreichen entsprechen (Abb. 3), aber teilweise an<strong>der</strong>s<br />
bezeichnet werden.<br />
Bei <strong>der</strong> phylogenetisch relativ alten Gruppe <strong>der</strong> Nadelhölzer<br />
(Coniferen) zeigt es sich, daß die Podocarpaceen <strong>und</strong><br />
vor allem die Araucarien nur auf <strong>der</strong> Südhemisphäre Vorkommen,<br />
während die große Familie <strong>der</strong> Pinaceen <strong>und</strong> fast<br />
alle Taxodiaceen eine nordhemisphärische Wrbreitung aufweisen,"die<br />
Cupressaceen findet man dagegen über alle<br />
Kontinente verstreut.<br />
Der historische Faktor 27
28 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 3.<br />
Die Florenreiche <strong>der</strong> Erde (in<br />
Großbuchstaben, schwarz) <strong>und</strong><br />
die Faunenregionen (in Kleinbuchstaben,<br />
blau). Übergangsgebiete<br />
zwischen den Tierregionen<br />
sind schraffiert. Eine eigene capensische<br />
Tierregion wird nicht<br />
unterschieden. Auf Neuseeland<br />
<strong>und</strong> Tasmanien kommen sowohl<br />
antarktische als auch paläotropische<br />
bzw. australische Florenelemente<br />
vor (nach <strong>Walter</strong> &<br />
B reckle 1990).<br />
Eine viel stärkere Differenzierung zeigt die Verbreitung<br />
<strong>der</strong> Blütenpflanzen (Angiospermen), des jüngsten Zweiges<br />
des Pflanzenreichs. Ursprüngliche Formen, teilweise Relikte,<br />
findet man vor allem noch in Südostasien. Die ältesten Familien<br />
dieser Pflanzengruppe sind erst aus <strong>der</strong> frühen Kreidezeit<br />
bekannt, aber ihre Hauptentwicklung erfuhren die Blütenpflanzen<br />
im Tertiär, als sich bereits die Gondwana-Landmasse<br />
in die einzelnen Kontjiuente aüfgespallen hatte. Auf <strong>der</strong><br />
Nordhemisphäre war das nur in geringerem Maße <strong>der</strong> Fall,<br />
erst im Pleistozän trat ein^endgültige Trennung zwischen N-<br />
Amerika mit Grönland <strong>und</strong> Euroasien ein. Deshalb sind die<br />
floristischen Unterschiede in diesem Bereich gering, so daß<br />
man diese Kontinente zu einem Florenreich, <strong>der</strong> Holarktis,<br />
zusammenfaßt. Schon sehr viel stärker unterscheiden sich<br />
die tropischen Floren <strong>der</strong> sogenannten Neuen <strong>und</strong> Alten<br />
Welt. Man rechnet sie deshalb zu zwei verschiedenen Florenreichen,<br />
<strong>der</strong> Neotropis einerseits <strong>und</strong> <strong>der</strong> Paläotropis an<strong>der</strong>erseits.<br />
Noch weniger Gemeinsames haben die Floren <strong>der</strong><br />
südlichsten Teile von S-Amerika <strong>und</strong> Afrika sowie des sehr<br />
isoliert liegenden Australiens <strong>und</strong> Neuseelands. Die Differenzierung<br />
führte zur Ausbildung von drei Florenreichen: <strong>der</strong><br />
Antarktis, die die Südspitze S-Amerikas <strong>und</strong> die subantarktischen<br />
Inseln mit umfaßt, <strong>der</strong> Australis, die mit dem Kontinent<br />
Australien räumlich identisch ist, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Capensis,<br />
dem kleinsten, aber beson<strong>der</strong>s artenreichen Florenreich an<br />
<strong>der</strong> äußersten Südwestecke Afrikas (Abb. 3).
Diese sechs Florenreiche sind nicht scharf ahgegrenzt.<br />
Einzelne Florenelemente können aus einem Florenreich<br />
weit in das benachbarte einstrahlen. Auf Neuseeland findet<br />
man sowohl paläotropisch-melanesische Elemente als auch<br />
antarktische, die sich oft mosaikartig durchdringen. Deshalb<br />
ist die Zurechnung dieser Inseln zu einem <strong>der</strong> beiden Florenreiche<br />
eine Ermessensfrage.<br />
Mit den Florenreichen stimmen die Tierregionen <strong>der</strong> Zoologen<br />
weitgehend überein, nur die Capensis zeichnet sich<br />
nicht durch eine beson<strong>der</strong>e Fauna aus.<br />
Die Floren liefern die Bausteine, das heißt die Pflanzenarten<br />
bestimmen den Aufbau <strong>der</strong> Pflanzengemeinschaften,<br />
aus denen sich die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> einzelnen Gebiete zusammensetzt.<br />
Sind diese Bausteine_yerschieden, so können unter<br />
bestimmten extremen Außenbedingungen trotzdem<br />
ähnliche Lebensformen entstehen, man spricht dann von<br />
Konvergenzen. Diese sind jedoch mehr die Ausnahmen.<br />
Als ein bekanntes Beispiel führen wir die Stammsukkulenten<br />
an, die in den ariden, das heißt trockenen Gebieten<br />
Amerikas überwiegend zur Familie <strong>der</strong> Cactaceen gehören,<br />
in Afrika aber vor allem zur Gattung Euphorbia (Wolfsmilch).<br />
In Australien dagegen gibt es in klimatisch ähnlichen<br />
Trockengebieten überhaupt keine Sukkulenten, obgleich<br />
Australien sonst beson<strong>der</strong>s reich an an<strong>der</strong>en Konvergenzen<br />
ist, die man von den übrigen Kontinenten nicht kennt. Im<br />
gemäßigten Klima Neuseelands fehlen laubwerfende Wäl<strong>der</strong>,<br />
die in <strong>der</strong> Holarktis weit verbreitet sind. Der gesamte<br />
durch die historische Entwicklung bestimmte Genbestand<br />
<strong>der</strong> einzelnen Floren ist begrenzt, so daß sich nicht überall<br />
dieselben Lebensformen ausbildeten. Das gilt in beson<strong>der</strong>em<br />
Maße für das australische Florenreich, dessen <strong>Vegetation</strong><br />
sich physiognomisch stark von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Kontinente unterscheidet,<br />
auch die ursprüngliche Säugetierfauna ist sehr<br />
eigentümlich.<br />
Starke Spuren durch die mehrfachen Eiszeiten hinterließ<br />
das Pleistozän vor allem auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre. Die Flora<br />
in Europa verarmte. Viele Gattungen starben aus, während<br />
sie in Nordamerika <strong>und</strong> Ostasien heute noch Vorkommen.<br />
Dort war ein N-S-Ausweichen leichter möglich. In Europa<br />
hingegen blockierte <strong>der</strong> W-E-verlaufende Alpenriegel ein<br />
Ausweichen <strong>und</strong> Zurückwan<strong>der</strong>n.<br />
In Teilen <strong>der</strong> Sahara machten sich die Eiszeiten zeitweise<br />
durch Regen, also als Pluvialzeiten, bemerkbar in den Tropen<br />
dagegen eher als Trockenzeiten.<br />
Aus diesem'Gr<strong>und</strong>e muß bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong><br />
von Zonobiomen, die sich über mehrere Florenreiche<br />
Der historische Faktor 29
- A '<br />
1<br />
30 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
_ _ Endemismus auf<br />
Inseln (Prozentsatz ende-<br />
■— misdier Arten):<br />
Hawaii 97,5,')^o, Neuseelarfd<br />
72 % , Fidschi-Inseln<br />
70 % , Juan Fernandez<br />
68 % , Madagaskar 65 %,<br />
Galapagos-Inseln in <strong>der</strong><br />
Trockenstufe 64 % (in <strong>der</strong><br />
feuchten Bergstufe nur<br />
8-27 % <strong>und</strong> im Küstengebiet<br />
12 %), Neukaledonien<br />
60 %, Kanaren<br />
50-55 % , Inseln in Küstennahe<br />
0-12 %.<br />
erstrecken, <strong>der</strong> historische Faktor unbedingt berücksichtigt<br />
werden. Das gilt ganz beson<strong>der</strong>s für das Zonobiom IV mit<br />
Winterregen, das aus Teilgebieten in <strong>der</strong> Holarktis, Neotropis.<br />
Australis <strong>und</strong> Capensis besteht. Es ist zweckmäßig, dieses<br />
in fünf vegetationshistorisch bedingte Biomgruppen zu<br />
glie<strong>der</strong>n (mediterrane, californische, mittelchilenische, australische<br />
uitd capensische), die sich durch den Florenbestand<br />
trotz ähnlicher Lebensformen stark unterscheiden.<br />
Auch die Inseln zeichnen sich infolge ihrer Isolierung<br />
durch einen starken Endemismus aus, das heißt durch viele<br />
Arten, die nur auf ihnen <strong>und</strong> sonst nirgends Vorkommen.<br />
In Prozenten <strong>der</strong> Gesamtflora werden für die einzelnen Inseln<br />
o<strong>der</strong> Inselgruppen nebenstehende Zahlen genannt (siehe<br />
Kasten).<br />
Der Endemismus ist umso ausgeprägter, je weiter die Inseln<br />
vom Festland entfernt <strong>und</strong> je länger sie bereits isoliert<br />
sind, doch spielen auch Meeresströmungen eine Rolle.<br />
2 Koevolution <strong>und</strong> Symbiosen<br />
Die Ausprägung <strong>der</strong> verschiedenen Ökosysteme ist nicht<br />
verständlich ohne die Vorgänge <strong>der</strong> Koevolution im Laufe<br />
<strong>der</strong> historischen Entwicklung. In vielen Ökosystemen ist die<br />
Verzahnung, die gegenseitige Abhängigkeit zwischen bestimmten<br />
Pflanzen <strong>und</strong> Tieren so eng, daß man von einem<br />
obligaten Verhältnis sprechen muß. Nicht selten sind dabei<br />
Vernetzungen zwischen Bestäubern, Herbivoren <strong>und</strong> bestimmten<br />
Pflanzenarten gegeben, die im Jahreslauf wechseln,<br />
was aber nur in einem großflächigen Bestand aufrecht<br />
erhalten werden kann. Im Laufe <strong>der</strong> Evolution sind solche<br />
engen Abhängigkeiten durch gegenseitiges „Aufschaukeln"<br />
zustandegekommen. Dies gilt in gleicher Weise für zahlreiche<br />
Beziehungen zwischen den unterschiedlichsten örganismen.<br />
Ein solches enges Beziehungsgeflecht ist beson<strong>der</strong>s<br />
vielfältig in jenen Ökosystemen, die eine beson<strong>der</strong>s<br />
lange Entwicklungszeit (im <strong>und</strong> seit dem Tertiär) hinter sich<br />
haben. Enge funktionelle Verknüpfungen von örganismen<br />
machen es schwieriger in einer Ökosystemanalyse die funktionalen<br />
Kompartimente noch klar auseinan<strong>der</strong>zuhalten.<br />
Hervorgehoben werden sollen vor allem die verschiedenen<br />
Symbiosen (ein enges Zusammenleben, bei dem sozusagen<br />
zwei Partner gegenseitig aufeinan<strong>der</strong> „parasitieren":<br />
im Gleichgewicht liefert je<strong>der</strong> dem an<strong>der</strong>en etwas Lebensnotwendiges).<br />
Symbiosen, die allgegenwärtig auftreten, sind<br />
zum Beispiel die verschiedenen Mykorrhizaformen, auf die<br />
wir noch genauer hinweisen werden (s. S. 121). Aber auch
die stickstoffbindenden Symbionten, die nicht nur an Leguminosen<br />
in Form von Knöllchen mit Rhizobium, son<strong>der</strong>n<br />
auch an einer Reihe an<strong>der</strong>er Arten auftreten (zum Beispiel<br />
Frankia an Erle), verbessern die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Arten, o<strong>der</strong> die Symbiosen ermöglichen gar erst die Eroberung<br />
bestimmter, eigentlich lebensfeindlicher Räume, wie<br />
im Falle <strong>der</strong> Flechten, die dadurch die dominanten primärproduzierenden<br />
Organismen in <strong>der</strong> Antarktis o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nivalstufe<br />
<strong>der</strong> Gebirge sind.<br />
Die beson<strong>der</strong>s enge Verzahnung außerordentlich vieler<br />
verschiedener Organismen untereinan<strong>der</strong> führte im Laufe<br />
langer Evolutionszeiten zu einem unglaublich vielfältigen<br />
Beziehungsnetz <strong>und</strong> zu einem Funktionalgeluge im Falle<br />
des tropischen Regenwaldes, das in sich unter den gleichmäßigen<br />
Klimabedingungen am Äquator sehr stabil ist.<br />
Nach einer Zerstörung aber ist dieses rückgekoppelte Netzwerk<br />
in überschaubarer Zeit nicht wie<strong>der</strong> regenerierbar. Der<br />
meist viel artenärmere Sek<strong>und</strong>ärwald weist daher ein sehr<br />
viel weiteres, lockeres funktionales Netzwerk auf.<br />
Biodiversität <strong>und</strong> Populationsökologie 31<br />
3 Biodiversität <strong>und</strong> Populationsökologie<br />
Ein vielfältiges Beziehungsgefüge ist eine typische qualitative<br />
Eigenschaft eines Ökosystems. Die Artenzahl <strong>der</strong> einzelnen<br />
Organismengruppen kann dies nur grob zum Ausdruck<br />
bringen.<br />
Die Biodiversität ist oft ein gutes Maß für die Ursprünglichkeit<br />
<strong>und</strong> Natürlichkeit eines Ökosystems. Unter extremen<br />
ökologischen Bedingungen allerdings kann auch ein<br />
völlig unberührtes Ökosystem artenarm sein, dann, wenn<br />
nur noch beson<strong>der</strong>s angepaßte Spezialisten durchhalten<br />
können.<br />
Bei sehr hoher Diversität ist die Frage nach <strong>der</strong> Regeneration<br />
<strong>der</strong> zahlreichen Arten meist nicht zu beantworten. Die<br />
Schwankungen in den Populationsgrößen <strong>der</strong> vielen beteiligten<br />
Arten (Samenbank -►Keimling ^ Sämling ^ Jungwuchs<br />
->■Adultpflanze; bzw. Ei ->■Larve ->■Puppe ->• Imago<br />
etc.) sind meist nicht erfaßbar, Geburts- <strong>und</strong> Sterberaten nur<br />
für wenige Organismen in ihrem zeitlichen Ablauf bekannt,<br />
noch weniger die Einflußgrößen, die die Populationsgrößen<br />
steuern. Das hängt auch damit zusammen, daß <strong>der</strong> Eintrag<br />
<strong>und</strong> Austrag von Samen (bzw. Diasporen) räumlich <strong>und</strong> zeitlich<br />
sehr variabel sein kann, <strong>und</strong> daß zudem in manchen<br />
Ökosystemen einige Arten eine sehr große Samenbank aufweisen,<br />
die unter verän<strong>der</strong>ten Bedingungen (zum Beispiel<br />
Wiese wird zur umgebrochenen Brachfläche) schnell, noch<br />
^ Biodiversität:<br />
a-Diversität: die Artenzahlen<br />
innerhalb <strong>der</strong> einzelnen<br />
Organismengruppen<br />
o<strong>der</strong> auch die Vielfältigkeit<br />
<strong>der</strong> Taxa.<br />
ß-Diversität: die Vielfältigkeit<br />
<strong>der</strong> Biotope <strong>und</strong> Ökosysteme.
Tod<br />
Abb. 4.<br />
Einzelne Komponenten zur<br />
Regeneration einer Pflanzenart<br />
bzw. <strong>der</strong> Aufrechterhaltung<br />
ihrer Population an einem<br />
bestimmten Standort<br />
(nach B urrows 1990).<br />
_ _ Periodische Ereignisse<br />
sind vorhersagbar, treten<br />
regelmäßig ein.<br />
(-* Winter im ZB VII; die<br />
Tiden an <strong>der</strong> Küste, etc.);<br />
Episodische Ereignisse<br />
sind nicht vorhersagbar,<br />
sie treten in unregelmäßigen,<br />
meist größeren Abständen<br />
auf.<br />
(-* Gewitter im ZB III,<br />
El Niño, Fröste im Kaffeeanbau<br />
Brasiliens, etc.)<br />
nach Jahren, wie<strong>der</strong> aktiviert werden kann. Dies gibt das allgemeine<br />
Schema in Abb. 4 für die Reproduktion bei Pflanzen<br />
wie<strong>der</strong>. Die Samenbank selbst kann bei Biodiversitätsbestimmungen<br />
meist nicht berücksichtigt werden. Allgemein stößt<br />
die Bestimmung <strong>der</strong> Biodiversität oft auf große Schwierigkeiten.<br />
Man kann sie nur für bestimmte Organismengruppen<br />
angeben, <strong>und</strong> es gibt außerdem sehr viele unterschiedliche<br />
Verfahren, Indices etc. ( H u m p h r ie s et al. 1995).<br />
Nicht selten führen bestimmte einschneidende Ereignisse<br />
zu neuen Entwicklungsanstößen von Arten. Die stetige Entwicklung<br />
von Populationen wird also weniger durch periodische<br />
als durch episodische Schadensereignisse (Feuer,<br />
Sturm, Überschwemmung) immer wie<strong>der</strong> unterbrochen<br />
<strong>und</strong> von Neuem angeregt.<br />
Beson<strong>der</strong>s auffällig ist dies im tropischen immergrünen<br />
Regenwald, wo die Bestandesstruktur sehr heterogen ist,<br />
<strong>und</strong> wo durch Astfall o<strong>der</strong> Baumfall immer wie<strong>der</strong> unterschiedlich<br />
große Lücken („gaps"; vgl. Abb. 78, S. 145) gerissen<br />
werden, die rasch von schnellwachsenden Arten gefüllt<br />
werden, wo sich aber die Bestandesarten ebenfalls<br />
verjüngen. Wahrscheinlich sind in viel mehr Ökosystemen,<br />
als wir bisher gedacht haben, solche episodischen Ereignisse<br />
Voraussetzung für ihren langfristigen Erhalt durch sukzessive<br />
Erneuerung ihrer Strukturen. Dies führt dann aber auch<br />
zu einer unterschiedlich langen zyklischen Erneuerung, die
überwiegend stochastisch {zufallsbedingt) <strong>und</strong> weniger de-<br />
"ferministisch ist; einzelne Teile eines Bioms sind jünger, an<strong>der</strong>e<br />
älter; <strong>der</strong> Mosaikcharakter <strong>und</strong> die zeitliche Dynamik<br />
natürlicher Ökosysteme ist schon vor Jahrzehnten von Au-<br />
BREViLLE (1938) gekennzeichnet worden. Esjst ein wichtiges<br />
Prinzip <strong>der</strong> Erhaltung hoher Artenzahlen in einem dynami-<br />
Scbeh'Neben- <strong>und</strong> Miteinan<strong>der</strong>.<br />
Dle’^oßrätim ige Biodiversität <strong>der</strong> einzelnen Regionen<br />
<strong>der</strong> Erde ist von Barthlott et al. (1996) in einer Karte mit<br />
Diversitätsindices zusammengestellt worden. Beispiele für<br />
beson<strong>der</strong>s artenreiche Gebiete auf <strong>der</strong> Erde sind die folgenden<br />
sechs Diversitätszentren (DI =10, über 5000 Pflanzenarten<br />
pro 10 000 km^):<br />
1. ) Chocó-Costa Rica-Zentrum (südliches Zentralamerika,<br />
ZB I)<br />
2. ) Tropisches Ostanden-Zentrum (Kolumbien <strong>und</strong> Ecuador,<br />
ZB I)<br />
3. ) Atlantisches Brasilien-Zentrum (ZB II,V)<br />
4. ) Osthimalaya-Yunnan-Zentrum (ZB II)<br />
5. ) Nordborneo-Zentrum (ZB I),<br />
6. ) Neuguinea-Zentrum (ZB I).<br />
Nahezu so artenreich sind ferner (DI = 9, 4500 bis 5000 Arten<br />
pro 10 000 km^):<br />
die Kapregion in Südafrika (ZB IV), Kamerun-Gabun (ZB<br />
I/ll), Südmexico/Chiapas (ZB II), dann folgen Cuba, Ostafrika,<br />
Madagaskar, Südindien, Südwest- <strong>und</strong> Nordostaustralien<br />
<strong>und</strong> Venezuela/Guayana.<br />
Beson<strong>der</strong>s artenarme Gebiete sind (DI = 1 , unter 100 Gefäßpflanzenarten<br />
pro 10 OOOkm^): Libyische Wüste (ZB III),<br />
Arabische Wüste (ZB III), Wüste Gobi (ZB VII), Teile Zentralaustraliens<br />
(ZB III), Atacama (ZB III), Arktische T<strong>und</strong>ra<br />
in Nordkanada <strong>und</strong> Nordsibirien (ZB IX), Antarktis (ZB IX).<br />
Für die einzelnen Staaten <strong>der</strong> Erde gibt G roombridge<br />
(1992) umfangreiche Übersichten über die Artenzahlen. Die<br />
artenreichsten Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde bezüglich <strong>der</strong> Blütenpflan- j<br />
zen sind in Tab. 2 angegeben sowie <strong>der</strong> Grad an Endemismen,<br />
also an Arten, die in ihrem Vorkommen auf dieses<br />
Land beschränkt sind.<br />
Gerade in den letzten Jahren sind großangelegte nationale<br />
<strong>und</strong> internationale Initiativen gestartet worden zum Erhalt<br />
<strong>der</strong> Biodiversität (Groombridge 1992, Heywood 1995,<br />
W ilson 1992). Man hat erkannt, daß die heutige Aussterberate<br />
von Organismen um ein Vielfaches größer geworden ist<br />
als die natürliche „geologische Aussterberate". Die Konvention<br />
von Rio von 1992 (Biologische Diversitätskonvention)<br />
versucht dem erstmals international entgegenzusteuern.<br />
Biodiversität <strong>und</strong> Populationsökologie 33<br />
_ Es ist eine <strong>der</strong> gut belegten<br />
ökologischen Gesetzmäßigkeiten,<br />
daß die<br />
Zahl <strong>der</strong> Arten pro Fläche<br />
von den Polen zum Äquator<br />
stark zunimmt. Sie gilt<br />
für nahezu alle Gebiete,<br />
Biotoptypen <strong>und</strong> Organis-^<br />
mengruppen.
34 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Tab. 2. Die 25 artenreichsten Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde bezüglichj<br />
ihrer Artenzahl an Blütenpflanzen sowie einigej<br />
europäische Län<strong>der</strong> ,<br />
Land Artenzahl (ca.) Endemismus [<br />
1 Brasilien 55000 7?<br />
2 Kolumbien 35 000 4,3<br />
3 China 30000 55,9<br />
4 Mexico 20-30000 13,9<br />
5 USSR * 22000 7?<br />
6 Indonesien 20000 66,7<br />
7 Venezuela 15-25 000 38,0<br />
8 Ecuador 17-20000 20,7<br />
9 USA 18956 20,7<br />
10 Bolivien 15-18 000 77<br />
11 Australien 15 000 ca. 80<br />
12 Indien 15 000 31,3<br />
13 Peru 13 000 77<br />
14 Südafrika 13 000 ca. 70-80<br />
14 Costa Rica 10-12 500 15,0<br />
15 Malaysia 12 000 77<br />
16 Thailand 12 000 77<br />
17 Zaire 11 000 29,1<br />
18 Papua/Neuguinea 10000 ca. 55<br />
19 Tanzania 10 000 11,2<br />
20 Argentinien 9 000 ca. 25-30<br />
21 Madagaskar 8-10000 68,4<br />
22 Panama 9000 12,7<br />
23 Türkei 8472 30,9<br />
24 Kamerun 8000 1,9<br />
25 Guatemala 8000 13,5<br />
Italien 5463 12,7<br />
Jugoslawien * 5 250 2,6<br />
Spanien 4916 18,6<br />
Griechenland 4900 14,9<br />
Österreich 2 850-3 050 1,2<br />
Schweiz 2 927 0,1<br />
Deutschland 2 600 0,2<br />
Finnland 1040 0,0<br />
Andorra 980 0,0<br />
zum Teil nach G r o o m brid ge 1992;<br />
(* Län<strong>der</strong> im früheren Umfang; ??: keine Daten bekannt)
Das Klima <strong>und</strong> seine Darstellung 35<br />
4 Das Klima <strong>und</strong> seine Darstellung<br />
(Homoklimate sowie Klimadiagrammkarten)<br />
Als Einteilungsprinzip für die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geo-Biosphäre<br />
in Zonobiome (s. S. 96) verwenden wir das Klima. Auf die<br />
räumlichen <strong>und</strong> zeitlichen Größenordnungen (Frage <strong>der</strong><br />
Skalen, des Maßstabs), die dabei berücksichtigt werden<br />
müssen, kommen wir noch zurück (vgl. S. 102f.)<br />
Wie die beiden Integrationen (vom Wetter zur Witterung,<br />
von <strong>der</strong> Witterung zum Klima) durchzuführen sind, wird in<br />
keiner Klimak<strong>und</strong>e eindeutig angegeben. Für den Ökologen<br />
sind sie aber wichtig. Klimaformeln <strong>und</strong> Indizes sind dafür<br />
unbrauchbar. Ein Weg ist die graphische Darstellung des Klimas,<br />
aus <strong>der</strong> auch <strong>der</strong> jahreszeitliche Verlauf ersichtlich sein<br />
muß.<br />
Eine solche Darstellung ist das ökologische Klimadiagramm.<br />
Es ist eine bildliche Darstellung des Gesamtklimas<br />
im bodennahen Bereich. Die Darstellung muß übersichtlich<br />
sein, also nur die für Ökosysteme wichtigsten Angaben enthalten.<br />
Das sind die Temperatur- <strong>und</strong> Hydraturverhältnisse<br />
im Laufe eines Jahres. Über 8000 Klimadiagramme von meteorologischen<br />
Stationen <strong>der</strong> ganzen Erde sind bereits im<br />
Klimadiagramm-Weltatlas von W alter & Lieth (1967) enthalten.<br />
Die Erläuterung einiger typischer Diagramme bringt<br />
Abb. 5. Die dort angeführten Klimadiagramme sind Beispiele<br />
für die neun Zonobiome, jeweils von Stationen in geringer<br />
Meereshöhe.<br />
Zusätzlich sind in Abb. 6 Klimadiagramme von Orobiomen<br />
(ÖB) gezeigt: ÖB I mit Tageszeitenklima (Páramo) <strong>und</strong><br />
die weiteren örobiome II-IX. örobiom IX (Wostok) ist mit<br />
einer mittleren Jahrestemperatur von -56 °C wohl eine <strong>der</strong><br />
kältesten Stationen auf <strong>der</strong> Erde, bei <strong>der</strong> es aber noch <strong>Vegetation</strong><br />
gibt, im Gegensatz zu ähnlich kalten antarktischen<br />
Stationen.<br />
Aus den Klimadiagrammen sind nicht nur die Temperatur-<br />
<strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>schlagswerte zu ersehen, auch die Dauer<br />
<strong>und</strong> die Intensität einer relativ humiden <strong>und</strong> relativ ariden<br />
Jahreszeit, ebenso wie die Dauer <strong>und</strong> Intensität eines kalten<br />
Winters <strong>und</strong> die Möglichkeit des Auftretens von Spät- o<strong>der</strong><br />
Frühfrösten.<br />
In einem ariden Gebiet überwiegt in <strong>der</strong> hydrologischen<br />
Wasserbilanz (vgl. S. 72 Wasserhaushaltsgleichung) die Verdunstung.<br />
Es wird sich also im Gegensatz zu einem humiden<br />
Gebiet kein geschlossenes, permanentes Flußsystem ausbilden.<br />
Beckenlandschaften enthalten nur kleine Endseen (vgl.<br />
^ Unter Klima versteht<br />
man den mittleren Verlauf<br />
<strong>der</strong> Witterung (Witterungsfaktoren)<br />
eines Jahres,<br />
also gemittelt über<br />
möglichst viele Jahre.<br />
Unter Witterung (Großwetterlagen)<br />
versteht man<br />
das Zusammenwirken <strong>der</strong><br />
verschiedenen meteorologischen<br />
Faktoren über einen<br />
kürzeren Zeitraum<br />
(Wochen, Monate).<br />
Unter Wetter versteht<br />
man den aktuellen Zustand<br />
<strong>der</strong> meteorologischen<br />
Faktoren.
L L<br />
1<br />
36 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
o o<br />
Yangambi (487 m)<br />
[25] 0<br />
O 0<br />
24,4M 994 gjjg<br />
Bultenzorg (240 m)<br />
Salisbury (1472 m)<br />
300<br />
200<br />
100<br />
80<br />
80<br />
60<br />
60<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
6,7<br />
0,0<br />
0<br />
0<br />
Cairo (20 m)<br />
300<br />
200<br />
100<br />
o<br />
o<br />
Los Angeles (95 m) ^ ^<br />
mm<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Nagasaki (133 m)<br />
15,5° 1967<br />
mm<br />
300<br />
200<br />
100<br />
80<br />
80<br />
60<br />
60<br />
40<br />
40<br />
40<br />
20<br />
20<br />
20<br />
0<br />
0<br />
0<br />
mm<br />
300<br />
200<br />
100 Odessa (70 m)<br />
[11-25]<br />
9,9° 392 7,7° 255<br />
°C<br />
60 30- [-60 30 -<br />
40 20- 40 20 •<br />
20 10 ■20 10-[|<br />
n -5,6 n -13,7<br />
° -25 ° -37><br />
Archangelsk (10 m) Karskije Vorota (Vaigatsch) (11 m)
Abb. 5.<br />
Erläuterung <strong>der</strong> Klimadiagramme mit typischen Beispielen, zugleich Beispiele<br />
für die verschiedenen Zonobiome (s.u.).<br />
Abszisse (horizontale Achse): Auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre Monate von Januar bis<br />
Dezember, auf <strong>der</strong> Südhemisphäre von Juli bis Juni (warme Jahreszeit liegt also<br />
immer in <strong>der</strong> Mitte des Diagramms.<br />
Ordinate (vertikale Achsen): Temperatur in °C, Nie<strong>der</strong>schläge in mm. l Teilstrich<br />
= 10 °C, bzw. 20 mm Nie<strong>der</strong>schlag (Zahlen werden normalerweise weggelassen).<br />
Die Bezeichnungen <strong>und</strong> Zahlenwerte auf den Diagrammen bedeuten:.<br />
O = Station: Q = Höhe über dem Meer: Q = Zahl <strong>der</strong> Beobachtungsjahre (eventuell<br />
erste Zahl für Temperatur <strong>und</strong> zweite Zahl für Nie<strong>der</strong>schläge): Q = mittlere<br />
Jahrestemperatur: 0 = mittlere jährliche Nie<strong>der</strong>schlagsmenge: 0 = mittleres tägliches<br />
Minimum des kältesten Monats: Q = absolutes Minimum (tiefstegemessene<br />
Temperatur): 0 = mittleres tägliches Maximum des wärmsten Monats: 0 = absolutes<br />
Maximum (höchste gemessene Temperatur): ® = mittlere tägliche Temperaturschwankung.<br />
Die Angaben 0, 0 <strong>und</strong> ® werden nur für tropische Stationen<br />
mit Tageszeitenklima eingetragen. 0 = Kurve <strong>der</strong> mittleren Monatstemperaturen:<br />
® = Kurve <strong>der</strong> mittleren monatlichen Nie<strong>der</strong>schläge (l Skalenteil = 20 mm, also<br />
im Verhältnis 10°C = 20 mm): ® = für das betreffende Klimagebiet relative Dürrezeit<br />
(punktiert): © = entsprechend relativ humide Jahreszeit (vertikal schraffiert):<br />
® = mittlere monatliche Nie<strong>der</strong>schläge, die WO mm übersteigen (Maßstab<br />
auf I/IO reduziert, schwarze Fläche = perhumide Jahreszeit: = Nie<strong>der</strong>schlagskurve,<br />
erniedrigt, im Verhältnis I0°C = 30 mm, darüber horizontal gestrichelte<br />
Fläche = relative Trockenzeit (nur bei Steppenstationen): © = Monate mit mittlerem<br />
Tagesminimum unter 0 °C (schwarz) = kalte Jahreszeit: © = Monate mit absolutem<br />
Minimum unter 0 °C (schräg schraffiert), d. h. Spät- o<strong>der</strong> Frühfröste können<br />
auftreten: © = Zahl <strong>der</strong> Tage mit Mitteltemperaturen über +0 °C; ® = Zahl<br />
<strong>der</strong> Tage mit Mitteltemperaturen über +/0 °C (Dauer <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit).<br />
Nicht für alle Stationen liegen sämtliche Daten vor. Wenn sie fehlen, bleiben die<br />
entsprechenden Stellen im Diagramm frei.<br />
Die Diagramme gehören zu folgenden Zonobiomen:.<br />
ZJi T (humides, äquatoriales Tageszeitenklima): Yangambi am mittleren<br />
1 Kongo: Buitenzorg (Bogor) auf Java:.<br />
ZB II (tropisches Sommerregenklima): Salisbury in Simbabwe:.<br />
i<br />
ZB III (subtropisches Wüstenklima): Cairo (Kairo) am unteren Nil:.<br />
1<br />
ZB IV (mediterranes Winterregenklima): Los Angeles in Süd-Kalifornien:.<br />
ZB V<br />
ZB VI<br />
ZB VII<br />
(warmtemperiertes Klima): Nagasaki in Japan:.<br />
(gemäßigtes, nemorales Klima mit kurzer kalter Jahreszeit): Washington<br />
D.C.<br />
(gemäßigtes semiarides Steppenklima mit langer Trockenzeit <strong>und</strong> geringer<br />
Dürre): Odessa am Schwarzen Meer:.<br />
1<br />
ZB Vlla (gemäßigtes arides Halbwüstenklima mit ausgesprochener Dürrezeit)<br />
Achtuba an <strong>der</strong> unteren Wolga:.<br />
1 ZB VII (rill) (Extrem arides Wüstenklima mit kalten Wintern): Nukuss in<br />
.4<br />
Mittelasien:.<br />
ZB VIII<br />
ZB IX<br />
(kaltes, gemäßigtes Klima mit sehr langen Wintern): Archangelsk in<br />
<strong>der</strong> borealen Taigazone:.<br />
(arktisches T<strong>und</strong>renklima mit Julimittel unter +10 °Cj; Karskije<br />
Vorota (Insel Vaigatsch).<br />
Das Klima <strong>und</strong> seine Darstellung 37
38 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Paramo de Mucuchies<br />
(4221 m) 2,8° 682<br />
San Antonio de los Cobres<br />
(3777 m)<br />
[5]<br />
Calama (2260 m)<br />
[2] 13,3° 0<br />
Cedres (1930 m) Hotham Heights (2000 m) Zugspitze (2962 m)<br />
[7] 9,1° 768 [6] 3,8° 1820 [50-40] -5,0° 1350<br />
Pikes Peak, Co. (4301 m)<br />
-7,0° 752<br />
Aishihik (966 m)<br />
[10-15] -3,6° 248<br />
Wostok (3420 m)<br />
-56,0° 100<br />
hnTíÉífínv-<br />
- t TTTTTTTTI<br />
i<br />
Abb. 6. Beispiele von Gebirgsstationen <strong>der</strong> verschiedenen Orobiome: OB I: Páramo de Mucuchies in Venezuela: OB<br />
II: San Antonio de Los Cobres in <strong>der</strong> peruanischen Puna; OB III: Calama in <strong>der</strong> nord-chilenischen Wüstenpuna:<br />
OB IV: Cedres im Libanon; OB V: Hotham Heights in den Snowy Mountains (Australien): OB VI:<br />
Zugspitze in den Nord-Alpen: OB VII: Pikes Peak in den Rocky Mountains über den Great Plains von Nordamerika:<br />
OB VIII: Aishihik in Südalaska: OB IX: Wostok auf <strong>der</strong> Eiskappe <strong>der</strong> Antarktis.
Das Klima <strong>und</strong> seine Darstellung 39<br />
Abb. 7.<br />
Schema des Wasserkreislaufs auf<br />
<strong>der</strong> Erde in humiden <strong>und</strong> ariden<br />
Gebieten, a: arid: E: Evaporation:<br />
ET: Evapotranspiration: h:<br />
humid: nt: marin: P: Nie<strong>der</strong>schlag:<br />
R: ober- <strong>und</strong> unterirdischer<br />
Abfluß (run-off): T: Transpiration.<br />
Abb. 7), die versalzen (Totes Meer, Großer Salzsee in Utah,<br />
Aralsee, Lop-Nor), in hum iden Gebieten haben solche<br />
Beckenlandschaften (zum Beispiel Bodensee) einen Überlauf<br />
<strong>und</strong> sind „randvoll" mit Wasser gefüllt. Der interne<br />
Wasserkreislauf (P -i- ET in Abb. 7) größerer Regionen ist<br />
also, je nachdem, ob diese humid o<strong>der</strong> arid sind, sehr unterschiedlich.<br />
Mit <strong>der</strong> schematischen Darstellung <strong>der</strong> Klimadiagramme<br />
erhalten wir die Gr<strong>und</strong>lage für die Beurteilung des Klimas in<br />
ökologischer Hinsicht. Der Hinweis auf die Aridität bzw. Humidität<br />
<strong>der</strong> Jahreszeiten kommt auf dem Klimadiagramm<br />
durch die Anwendung des Maßstabes 10 °C 4 20 mm Nie<strong>der</strong>schlag<br />
zustande. Die Temperaturkurve ersetzt dabei<br />
annäherungsweise die Kurve <strong>der</strong> potentiellen Evaporation<br />
^'(<strong>der</strong>en Werte meist nicht bekannt sind) <strong>und</strong> kann somit zur<br />
'Darstellung <strong>der</strong> Wasserbilanz im Vergleich mit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagskurve<br />
in Beziehung gesetzt werden. Die vertikale Erstreckung<br />
<strong>der</strong> punktierten Fläche, das heißt <strong>der</strong> Dürrezeit,<br />
ist ein Maß ihrer Intensität, die horizontale Erstreckung ein<br />
Maß ihrer Dauer. Dasselbe gilt auch für die Humiditätsfläche.<br />
Das Verhältnis 10 °C A 20 mm Regen hat Gaussen für<br />
das Mediterrangebiet als beson<strong>der</strong>s gut mit den tatsächlichen<br />
Witterungsbedingungen im Einklang stehend gef<strong>und</strong>en.<br />
Für Steppen- <strong>und</strong> Präriediagramme ist es allerdings<br />
zweckmäßig, außerdem noch den Maßstab 10 °C 4 30 mm<br />
zu verwenden, um eine Trockenzeit zur Darstellung zu bringen,<br />
die weniger extrem ist als die Dürrezeit.<br />
Die im Klimadiagramm angezeigte aride Jahreszeit (Dürrezeit)<br />
ist nur als relativ arid im Vergleich zur humiden Jahreszeit<br />
des betreffenden Klimatypus anzusehen. Denn die<br />
Temperaturkurve, die wir an Stelle <strong>der</strong> Kurve <strong>der</strong> potentiellen<br />
Evaporation benutzen, ist nicht mit dieser identisch, son<strong>der</strong>n<br />
verläuft zu <strong>der</strong>selben nur mehr o<strong>der</strong> weniger parallel.<br />
Sie bleibt hinter <strong>der</strong>selben quantitativ um so mehr zurück, je<br />
ari<strong>der</strong> o<strong>der</strong> auch windreicher (zum Beispiel Patagonien) das
L i<br />
1<br />
40 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
^ Homoklimate auf verschiedenen<br />
Erdteilen sind<br />
gekennzeichnet durch<br />
sehr ähnliche Klimabedingungen,<br />
das heißt sie sind<br />
durch Stationen mit einem<br />
sehr ähnlichen bis<br />
fast identischen Klima<br />
charakterisiert.<br />
Abb. 8.<br />
Homoklimate <strong>der</strong> Stationen<br />
Karachi (Pakistan) <strong>und</strong> Bombay<br />
(Indien) in den an<strong>der</strong>en Kontinenten.<br />
betreffende Klima ist. Genauer konstruierte Hydroklimadiagramme<br />
hat Henning (1994) bzw. Lauer et al. (1996) zusammengestellt.<br />
Absolut genommen ist die aride Jahreszeit<br />
im ökologischen Klimadiagramm um so ari<strong>der</strong>, je größer die<br />
Aridität des Gesamtklimas ist, das heißt eine aride Jahreszeit<br />
zum Beispiel auf dem Klimadiagramm einer Station in <strong>der</strong><br />
Steppe ist nicht so extrem wie die einer Mittelmeerstation<br />
o<strong>der</strong> gar einer in <strong>der</strong> Sahara. Das ist vom ökologischen<br />
Standpunkt günstig, weil die Empfindlichkeit <strong>der</strong> Pflanzen<br />
gegen Trockenheit um so mehr abnimmt, je trockener das<br />
Klima ist, in dem sie beheimatet sind. Für die Arten des tropischen<br />
Regenwaldes ist schon ein nicht perhumi<strong>der</strong> Monat<br />
(weniger als 100 mm Regen) relativ trocken, die an trockenen<br />
Standorten Mitteleuropas wachsenden Xerophyten<br />
würden in den Wüsten eher als Hygrophyten eingestuft<br />
werden. Wir werden bei <strong>der</strong> Besprechnung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sgebiete<br />
die entsprechenden Diagramme beifügen, da wir auf<br />
diese Weise auf lange Tabellen verzichten können.<br />
Die Klimadiagramme sind beson<strong>der</strong>s geeignet, um Homoklimate<br />
herauszufinden, was bei Verwendung von umfangreichen<br />
Klimatabellen äußerst langwierig ist.<br />
Man braucht nur das gegebene Klimadiagramm mit solchen<br />
im Klimadiagramm-Weltatlas aus Gebieten zu vergleichen,<br />
in denen Homoklimate vermutet werden. Abb. 8 zeigt<br />
die Homoklimate von Karachi (Pakistan) aus Zonobiom 111<br />
(leichter Übergang zu ZB 11) <strong>und</strong> von Bombay (sehr typisch<br />
für ZB 11) in an<strong>der</strong>en Teilen <strong>der</strong> Erde. Die Kenntnis <strong>der</strong> Ho-<br />
Pakistan bzw. Indien<br />
Afrika<br />
nördlich des Äquators<br />
Afrika<br />
südlich des Äquators<br />
Mittel- <strong>und</strong><br />
Südamerika<br />
Karachi {4 m)<br />
[30-60] 25,2M96<br />
N'Guigmi (303 m)<br />
[10-32] 27,3° 197<br />
Tulear (6 m)<br />
[27-15] 24,2° 344<br />
Guaymas (4 m)<br />
24,5“ 253<br />
Roeburne (13 m)<br />
[11-44] 26,9“ 301<br />
Bombay (11 m)<br />
M a d ag aska r<br />
W est-A ustralien<br />
Ziguinchor (10 m) Mayumba (46 m) Santa Cruz Porilio (28 m) Mapoon (7 m)
moklimate ist für die Neueinführung von Kulturpflanzen in<br />
Gebiete, in denen sie noch nicht bekannt sind, sehr wichtig.<br />
Will man eine rasche Übersicht <strong>der</strong> Klimaglie<strong>der</strong>ung von<br />
ganzen Kontinenten o<strong>der</strong> größeren Teilgebieten erhalten, so<br />
greift man zu Klimadiagrammkarten. Man erhält diese,<br />
wenn man auf großen Wandkarten von einzelnen Kontinenten<br />
die Klimadiagramme aus dem Klimadiagramm-<br />
Weltatlas auf die geographisch richtige Stelle klebt. Die<br />
Übersichtlichkeit wird erhöht, wenn man die Fläche <strong>der</strong><br />
Dürrezeiten rot <strong>und</strong> die <strong>der</strong> humiden Zeiten blau kennzeichnet.<br />
Dann ist die Glie<strong>der</strong>ung mit einem Blick zu übersehen.<br />
Solche Klimadiagrammkarten aller Kontinente im<br />
großen Format (schwarz-weiß) wurden an an<strong>der</strong>er Stelle<br />
veröffentlicht (<strong>Walter</strong> et al. 1975). Hier können wir als Beispiel<br />
nur eine Klimadiagramm-Karte von Afrika auf Abb. 9<br />
in kleinem Format mit nur wenigen Klimadiagrammen<br />
bringen (<strong>der</strong> Weltatlas enthält von Afrika über 1000 Diagramme).<br />
Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb 41<br />
5 Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Das Klima eines Standorts bedingt dessen <strong>Vegetation</strong>. Aber<br />
die häufig gemachte Annahme, daß die Verbreitung <strong>der</strong><br />
Pflanzenarten direkt durch die Standortverhältnisse verursacht<br />
wird, ist fast nie richtig. Diese sind nur von indirekter<br />
Bedeutung, indem sie die Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> Arten<br />
verän<strong>der</strong>n. Nur an den absoluten Verbreitungsgrenzen in<br />
<strong>der</strong> Trocken- <strong>und</strong> Kältewüsle, am Rande <strong>der</strong> Salzwüste, also<br />
dort, wo die Einzelpflanzen isoliert stehen, sind die Standortläktoren<br />
(meistens ein gewisser extremer Faktor) direkt<br />
bestimmend. Sieht man von diesen Ausnahmefällen ab, so<br />
können die Pflanzenarten noch weit außerhalb ihres Areals<br />
wachsen, wenn man sie vor <strong>der</strong> Konkurrenz <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Arten schützt. Zum Beispiel verläuft die nordöstliche Verbreitungsgrenze<br />
<strong>der</strong> Buche durch das Weichselgebiet, aber<br />
die Buche wächst noch in den botanischen Gärten von Kiew<br />
<strong>und</strong> Helsinki. Die mediterrane, immergrüne Steineiche<br />
(Quercus Hex) erreicht im südlichen Rhonetal ihre Arealnordgrenze,<br />
kultivierte Bäume halten noch in den Botanischen<br />
Gärten von Bonn, Kopenhagen o<strong>der</strong> Leipzig durch, die<br />
Korkeiche ln Gärten bei Stuttgart <strong>und</strong> Bielefeld.<br />
Die natürliche Verbreitungsgrenze einer Art ist dort erreicht,<br />
wo durch die sich än<strong>der</strong>nden Umweltbedingungen<br />
ihre Wettbewerbsfähigkeit o<strong>der</strong> Konkurrenzkraft so stark<br />
herabgesetzt wird, daß sie von an<strong>der</strong>en Arten verdrängt<br />
werden kann. Sie hängt also vor allem vom Vorhandensein
42 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen
Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb 43<br />
Abb. 9.<br />
Beispiel einer Klimadiagrammkarte<br />
mit nur 66 Stationen. Zonobiome<br />
von Nord nach Süd: IV-<br />
III-II-I-II-III-IV, aber nördlich<br />
vom Äquator ist <strong>der</strong> Osten zu<br />
trocken (Monsun), südlich dagegen<br />
zu feucht (SE-Passat).
44 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
bestimmter Konkurrenten {o<strong>der</strong> einer bestimmten Fauna)<br />
ab. Diese sind für die Buche an <strong>der</strong> Ostgrenze die Hainbuche,<br />
an <strong>der</strong> Nordgrenze die Eiche <strong>und</strong> im Gebirge die Fichte.<br />
Wenn die nordöstliche Buchengrenze einen ähnlichen<br />
Verlauf zeigt wie die Januarisotherme von -2 °C, o<strong>der</strong> die<br />
Nordgrenze des Eichenareals mit <strong>der</strong> Temperaturlinie von<br />
vier Monaten über -I-IO °C, bzw. die nördliche Fichtengrenze<br />
mit <strong>der</strong> Juliisotherme von -tlO °C zusammenfällt, so brauchen<br />
dabei keine direkten kausalen Zusammenhänge zu bestehen.<br />
Man könnte höchstens daraus schließen, daß bei <strong>der</strong><br />
Buche wahrscheinlich <strong>der</strong> nach Osten zunehmend kältere<br />
Winter <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Eiche <strong>und</strong> Fichte <strong>der</strong> nach Norden hin<br />
kürzere Sommer die Wettbewerbsfähigkeit dieser Arten<br />
stark herabsetzt.<br />
Wenn wir als ökologisches Optimum die Bedingungen<br />
bezeichnen, unter denen eine Art in <strong>der</strong> Natur am häufigsten<br />
vorkommt, <strong>und</strong> als physiologisches Optimum die<br />
Bedingungen, unter denen sie im Laboratorium (Klimakammer)<br />
o<strong>der</strong> in Einzelkultur am besten gedeiht, so entsprechen<br />
sich diese Optima oft nicht (Abb. 10).<br />
Aus <strong>der</strong> Verbreitung einer Art kann man somit nicht ihre<br />
physiologischen Ansprüche erkennen. Wenn zum Beispiel<br />
die Kiefer bei uns unter natürlichen Verhältnissen nur an<br />
trockenen Kalkhängen, aber auch auf sehr trockenen, sauren<br />
Sandhängen o<strong>der</strong> gar auf übernäßten sauren Moorböden<br />
anzutreffen ist (vgl. Ökogramm Abb. 11), so kommt es,<br />
weil sie von den für sie günstigeren Standorten durch stärkere<br />
Konkurrenten verdrängt wird. An<strong>der</strong>erseits gibt uns die<br />
Kenntnis <strong>der</strong> in Klimakammern ermittelten physiologischen<br />
Ansprüche einer Art noch nicht die Möglichkeit, ihre Ver-<br />
Physiologisches Optimum<br />
1l<br />
Abb. 10.<br />
Wachstumskurven (graue<br />
Fläche) einer Art ohne (A)<br />
o<strong>der</strong> unter<br />
(B-F) Konkurrenzdruck (blaue<br />
Fläche-). Ordinate: Wachstumsintensität<br />
bzw. Stoffproduktion;<br />
Abszisse: Verän<strong>der</strong>liche<br />
Standortfaktoren.<br />
Ökologisches<br />
Optimum<br />
Ökologisches<br />
Physiologisches Optimum
sehr trocken<br />
trocken<br />
mäßig trocken<br />
mäßig frisch<br />
frisch<br />
mäßig feucht<br />
feucht<br />
mäßig naß<br />
naß<br />
(Pinus)<br />
für Wald zu trocken<br />
Viele Uchtholzarten <strong>und</strong> Sträucher<br />
Quercus petraea, robur o<strong>der</strong> pubescens<br />
Quercus- Arten. Sortus- Arten, Tilia- Arten<br />
Betula pendula<br />
Quercus- Arten<br />
: Tilia cordata<br />
\ Carpinus belulus<br />
Acer-Arten<br />
Fraxinus excelsior<br />
Fagus s y lv a t ic a<br />
Fraxinus excelsior<br />
Acer pseudoplatanus<br />
Ulmus glabra<br />
(Pinus)<br />
Betula pubescens Carpinus betulus Acer pseudoplatanus<br />
Quercus robur<br />
Fraxinus exc.<br />
Ulmus Arten<br />
Betula<br />
pubescens Alnus glutinosa<br />
(Pinus)<br />
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Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb 45<br />
Abb. 11.<br />
Ökogramm <strong>der</strong> wichtigsten<br />
waldbildenden Baumarten Mitteleuropas<br />
<strong>der</strong> submontanen<br />
Stufe bei gemäßigt-subozeanischem<br />
Klima. Die Schriftgröße<br />
drückt ungefähr den Anteil an<br />
<strong>der</strong> Baumschicht aus, wie er als<br />
Ergebnis des natürlichen Konkurrenzkampfes<br />
zu erwarten<br />
wäre (aus E l l l e n b e r g 1983).<br />
sehr naß<br />
Wasser<br />
für Wald zu naiB<br />
stark sauer sauer mäßig sauer schwach sauer neutral alkalisch<br />
breitung in <strong>der</strong> Natur vorauszusagen o<strong>der</strong> im einzelnen zu<br />
erklären. Ob sie den ihren physiologischen Ansprüchen<br />
nach besiedelbaren Standort einnimmt o<strong>der</strong> nicht, darüber<br />
entscheiden neben dem historischen Faktor eben meist die<br />
Mitbewerber. Im Ökogramm läßt sich für bestimmte ökologische<br />
Faktorenkombinationen darstellen, welche Arten dominant<br />
auftreten <strong>und</strong> wo ihre jeweiligen ökologischen Optima<br />
liegen. In Abb. II ist dies für die mitteleuropäischen<br />
Baumarten gezeigt.<br />
Wettbewerb ist kein direktes Abhängigkeitsverhältnis zwischen<br />
Arten. Man erkennt es daran, daß Pflanzen isoliert stehend<br />
sich üppiger entwickeln als die in einer Pflanzengemeinschaft.<br />
Die Hemmung beim Wettbewerb ist meistens auf<br />
Entzug von Licht durch oberirdische Organe o<strong>der</strong> von Wasser<br />
bzw. von Nährstoffen bei Wurzelkonkurrenz zurückzuführen.<br />
Ob außerdem noch gewisse durch die Pflanzen ausgeschiedene<br />
Hemmstoffe eine wichtige Rolle im Konkurrenzkampf<br />
spielen (Allelopathie), ist unter natürlichen Bedingungen<br />
schwer nachweisbar. Nur in einigen Fällen scheint dies zuzutreffen.<br />
In an<strong>der</strong>en Fällen gibt es wohl auch gegenseitige För<strong>der</strong>ung,<br />
insbeson<strong>der</strong>e durch Stoffaustausch über das Pilzhyphengeflecht<br />
im Boden, das die Mykorrhiza verschiedener<br />
Bäume miteinan<strong>der</strong> verbinden <strong>und</strong> Jungen Sämlingen zusätzlich<br />
Nährstoffe zuführen kann (Ammensystem). In Ökosystemen<br />
überwiegen aber die Prozesse <strong>der</strong> Konkurrenz diejenigen<br />
einer solchen Kooperation bei weitem.<br />
^ Von Wettbewerb o<strong>der</strong><br />
Konkurrenz spricht man<br />
ganz allgemein, wenn das<br />
Wachstum o<strong>der</strong> die Entwicklung<br />
einer Art durch<br />
die Anwesenheit an<strong>der</strong>er<br />
Arten ungünstig beeinflußt<br />
wird (ohne daß Parasitismus<br />
vorliegt). Der<br />
Wettbewerb ist überall<br />
wirksam, wo mehrere Arten<br />
dicht beieinan<strong>der</strong> Vorkommen.<br />
Wettbewerb bezieht<br />
sich auf begrenzte<br />
Ressourcen <strong>der</strong> Wurzel<br />
o<strong>der</strong> des Sprosses: Wasser,<br />
Licht, Nährstoffe o<strong>der</strong><br />
Raum.
1<br />
46 Ökologische Gruncilagen<br />
Beim Wettbewerb unterscheidet man zwischen dem intraspezifischen,<br />
<strong>der</strong> sich unter Individuen <strong>der</strong>selben Art<br />
abspielt, <strong>und</strong> dem interspezifischen unter solchen verschiedener<br />
Arten. Der erste för<strong>der</strong>t das Überleben <strong>der</strong> kräftigsten<br />
Individuen <strong>und</strong> dient <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Art. Beim interspezifischen<br />
Wettbewerb kann eine Art die Vorherrschaft<br />
erlangen <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>e verdrängen, o<strong>der</strong> es bildet sich ein<br />
Gleichgewicht in Mischbeständen aus, je nach <strong>der</strong> Konkurrenzkraft<br />
<strong>der</strong> einzelnen Partner. Im Gebirge kann man zum<br />
Beispiel an <strong>der</strong> Buchen-Fichtengrenze beobachten, daß an<br />
Südhängen die Buche vorherrscht, an den Nordhängen die<br />
Fichte, während an Ost- <strong>und</strong> Westhängen beide sich mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger die Waage halten <strong>und</strong> Mischbestände bilden.<br />
Diese werden sich auch dann ausbilden, wenn die Sämlinge<br />
einer Art sich unter fremden Arten besser entwickeln als unter<br />
Individuen <strong>der</strong> gleichen Art, was im tropischen Urwald<br />
zuzutreffen scheint, vielleicht, weil <strong>der</strong> Herbivoren- <strong>und</strong> Parasitendruck<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hemmende Faktoren entsprechend<br />
abgestuft sind.<br />
Die Konkurrenzkraft einer Art ist ein sehr kompliziertes<br />
<strong>und</strong> schwer erfaßbares Phänomen insbeson<strong>der</strong>e, wenn man<br />
bedenkt, daß sie sich stark mit dem Entwicklimgsstadium<br />
än<strong>der</strong>n kann. Sie ist am schwächsten bei Keim- <strong>und</strong> Jungpflanzen<br />
<strong>und</strong> nimmt mit dem Alter insbeson<strong>der</strong>e bei Bäumen<br />
zu. Sie gilt immer nur für ganz bestimmte Umweltbedingungen.<br />
Die Gesamtheit aller morphologischen <strong>und</strong><br />
physiologischen Eigenschaften einer Art ist dabei von Bedeutung.<br />
Bienne Arten sind konkurrenzkräftiger als annuelle,<br />
weil sie im zweiten Jahr das Wachstum mit größeren,<br />
während des ersten Jahres aufgespeicherten Reserven beginnen.<br />
Aus demselben Gr<strong>und</strong>e sind vom dritten Jahr ab die<br />
perennen Kräuter den biennen überlegen. Flolzarten tragen<br />
gegenüber perennierenden Kräutern den Sieg davon, wenn<br />
sie nicht in den ersten Lebensjahren unterdrückt werden,<br />
wenn es ihnen also gelingt, verholzte Achsenorgane zu bilden,<br />
die sich über die Krautschicht erheben.<br />
Durch den Wettbewerb kommen an ähnlichen Standorten<br />
in einem begrenzten Gebiet immer wie<strong>der</strong> ähnliche<br />
Kombinationen von Pflanzenarten zustande, die man als<br />
Pflanzengemeinschaften (Phytozönosen) bezeichnet. Als<br />
Beispiel seien in Mitteleuropa genannt: Buchenwäl<strong>der</strong> auf<br />
Kalkböden mit ihrer Krautflora o<strong>der</strong> Auenwäl<strong>der</strong>, bestimmte<br />
Moortypen o<strong>der</strong> Röhrichte etc.<br />
ln einer stabilen Pflanzengemeinschaft befinden sich die<br />
Arten in einem gewissen ökologischen Gleichgewicht untereinan<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> mit ihrer Umwelt. Sie bilden mit den tieri-
sehen Organismen eine Biozönose. Für dieses Gleichgewicht<br />
sind maßgebend, wenn man von <strong>der</strong> Einwirkung <strong>der</strong> Tiere<br />
absieht:<br />
1. <strong>der</strong> Wettbewerb <strong>der</strong> Arten untereinan<strong>der</strong><br />
2 .<br />
3.<br />
die Abhängigkeit <strong>der</strong> jeweiligen Arten vom Vorhandensein<br />
an<strong>der</strong>er (zum Beispiel Schattenarten)<br />
das Vorkommen von komplementären Arten, die sich<br />
räumlich o<strong>der</strong> zeitlich ergänzen, so daß jede ökologische<br />
Nische ausgefüllt wird.<br />
Die natürliche Gemeinschaft ist somit einigermaßen „abgesättigt"<br />
<strong>und</strong> fremde, eingeschleppte Arten können kaum<br />
eindrlngen, während sie bei gestörtem Gleichgewicht viel<br />
eher die Möglichkeit dazu haben. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e spielt<br />
<strong>der</strong> Ferntransport von Samen für die Verbreitung <strong>der</strong> Pflanzen<br />
nur bei noch nicht besiedelten Flächen eine bedeutsame<br />
Rolle, zum Beispiel bei jungen vulkanischen Inseln.<br />
Das Gleichgewicht einer Pflanzengemeinschaft ist kein<br />
statisches, son<strong>der</strong>n ein dynamisches. Individuen sterben ab,<br />
an<strong>der</strong>e keimen <strong>und</strong> wachsen heran. Dabei findet zwischen<br />
den einzelnen Arten meistens ein ständiger Platzwechsel<br />
Umwelt <strong>und</strong> Wettbewerb 47<br />
Abb. 12.<br />
Schema <strong>der</strong> verschiedenen Phasen<br />
<strong>und</strong> ihrer Übergänge bei Urwäl<strong>der</strong>n,<br />
abgeleitet aus Erhebungen<br />
im Rothwald bei Lunz<br />
am See (Nie<strong>der</strong>österreich, nach<br />
Z u K R iG L et al. 1963). Entsprechend<br />
lassen sich auch die in<br />
Bialowiecz (Ostpolen) feststellbaren<br />
Phasen <strong>und</strong> Mosaikbestände<br />
in ein solches zyklisches Schema<br />
einordnen.<br />
Anfangsphase<br />
bergangswald<br />
Schlusswald
I<br />
48 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 13.<br />
Schema des Sukzessionszyklus<br />
<strong>der</strong> anthropogenen Formationen<br />
in Mitteleuropa, mit Angabe <strong>der</strong><br />
wesentlichen Einflußfaktoren.<br />
Statt. Gerade in unbeeinflußten Beständen, in Mooren,<br />
mehr noch in Urwäl<strong>der</strong>n tritt ein ständig wechselndes Mosaik<br />
verschiedener Entwicklungsphasen nebeneinan<strong>der</strong> auf.<br />
In Urwäl<strong>der</strong>n sind diese Prozesse offenbar sehr langfristige.<br />
Sie führen dazu, daß auf größeren Flächen alle Phasen vertreten<br />
sind. Die dabei unterscheidbaren Phasen stehen in einem<br />
Abhängigkeitsverhältnis <strong>und</strong> können in unterschiedlicher<br />
Weise mit bestimmten Zyklen ineinan<strong>der</strong> übergehen<br />
(vgl. Abb. 12).<br />
Mengenmäßig zeigt die Artenzusammensetzung gewisse<br />
o<strong>der</strong> auch erhebliche Schwankungen. Auch die Artengarnitur<br />
bleibt nicht dieselbe. Erst recht, wenn die Außenbedingungen<br />
von Jahr zu Jahr wechseln, auf Regenjahre Trockenperioden<br />
folgen etc. Dadurch werden bald die einen Arten<br />
im Wettbewerb begünstigt, bald die an<strong>der</strong>en. Än<strong>der</strong>n sich<br />
die Standortsbedingungen dauernd in einer bestimmten<br />
Richtung, zum Beispiel, wenn <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel viele<br />
Jahre hindurch langsam ansteigt, so verän<strong>der</strong>t sich auch die<br />
Artenkombination: Gewisse Arten werden verschwinden.
Die ökologischen Faktoren 49<br />
an<strong>der</strong>e dringen von außen ein, bis schließlich eine neue<br />
Pflanzengemeinschaft entsteht.<br />
Erfolgen die Eingriffe des Menschen lange Zeit hindurch<br />
auf gleiche Weise, so bildet sich ein anthropogen bedingtes<br />
Gleichgewicht aus, <strong>und</strong> es entstehen die Pflanzengemeinschaften,<br />
die man als K u ltu rfo rm a tio n e n bei intensiver<br />
Nutzung o<strong>der</strong> als Halbkulturformationen bei mehr extensiver<br />
Nutzung bezeichnet. Aus ihnen besieht die <strong>Vegetation</strong><br />
<strong>der</strong> von Menschen dichtbesiedelten Gebiete. Die wesentlichen<br />
Kulturformationen werden durch bestimmte Maßnahmen<br />
erhalten, die Sukzessionsfolge kommt bei einem Wechsel<br />
<strong>der</strong> Nutzung immer wie<strong>der</strong> in Gang (vgl. Abb. 13). Die<br />
Abfolge <strong>der</strong> Sukzession ist meist zufallsbedingt, je nachdem<br />
welche Samen (Diasporen) zuerst o<strong>der</strong> in größerer Menge<br />
auf <strong>der</strong> Fläche ankommen <strong>und</strong> wie dann gerade die Keimungsbedingungen<br />
<strong>der</strong> Samen <strong>und</strong> Etablierungsmöglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Keimlinge sind.<br />
6 Die ökologischen Faktoren<br />
In einem floristisch einheitlichen Gebiet wird die Glie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> durch die Umwelt, also vor allen Dingen<br />
durch das Klima <strong>und</strong> den Boden bedingt, allerdings vor allem<br />
indirekt gesteuert, wie wir gesehen haben, über eine<br />
Beeinflussung <strong>der</strong> Konkurrenzkraft <strong>der</strong> vorkommenden Arten.<br />
Die einzelnen ökologischen Faktoren ergänzen sich in<br />
ihrer auslesenden Wirkung oft sehr unterschiedlich. Das<br />
Klima übt auf die <strong>Vegetation</strong> einen direkten <strong>und</strong> einen indirekten<br />
Einfluß über den Boden aus. Man kann die gegenseitigen<br />
Beziehungen durch das Schema in Abb. 14 verdeutlichen.<br />
^ Eine zeitliche Aufeinan<strong>der</strong>folge<br />
von Pflanzengemeinschaften<br />
auf einer<br />
bestimmten Fläche wird<br />
als Sukzession bezeichnet.<br />
Gehen die Verän<strong>der</strong>ungen<br />
auf natürliche Ursachen<br />
zurück <strong>und</strong> von Rohböden<br />
aus, so handelt es<br />
sich um primäre Sukzessionen,<br />
die wegen <strong>der</strong><br />
fehlenden Diasporenbank<br />
meist sehr langsam verlaufen.<br />
Viel häufiger handelt es<br />
sich um sek<strong>und</strong>äre Sukzessionen,<br />
die auf Eingriffe<br />
des Menschen o<strong>der</strong> Katastrophen<br />
(Windbruch,<br />
Überschwemmungen <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e) zurückzuführen<br />
sind <strong>und</strong> rasch ablaufen,<br />
wie zum Beispiel bei <strong>der</strong><br />
Entwässerung von W iesen,<br />
auf Kahlschlägen im<br />
Walde, auf aufgelassenen<br />
Äckern, auf nicht mehr<br />
gemähten Wiesen, Brachflächen<br />
etc.<br />
Abb. 14.<br />
Schema <strong>der</strong> Wechselwirkungen<br />
zwischen verschiedenen Umweltbereichen<br />
<strong>und</strong> den pflanzlichen<br />
Organismen.
\ 1<br />
50 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
^ Ökologische Primärfaktoren:<br />
1. die Wärme-o<strong>der</strong> Temperaturverhältnisse<br />
-<br />
<strong>der</strong> Temperaturfaktor<br />
2. die Wasser- o<strong>der</strong> Hydratu<br />
rverhältnisse -<br />
<strong>der</strong> Wasserfaktor<br />
3. die Lichtintensität <strong>und</strong><br />
die Tageslänge - <strong>der</strong><br />
Lichtfaktor<br />
1. die verschiedenen chemischen<br />
Faktoren<br />
(Nähr- o<strong>der</strong> Giftstoffe)<br />
5. die mechanischen Faktoren<br />
(Wind, Feuer,<br />
Tierverbiß <strong>und</strong> Tritt).<br />
Der Bodentypus <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>stypus werden durch<br />
das Klima geprägt, aber für den ersteren ist das Muttergestein,<br />
für die <strong>Vegetation</strong> die Flora (<strong>und</strong> sek<strong>und</strong>är die Fauna)<br />
nicht ohne Bedeutung. Zwischen Boden <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> bestehen<br />
außerdem so enge Wechselbeziehungen, daß man<br />
fast von einer Einheit sprechen darf. Einen gewissen Einfluß<br />
üben sowohl <strong>der</strong> Boden als auch die <strong>Vegetation</strong> ihrerseits<br />
auf das Klima aus, unmittelbar aber doch nur im Bereich <strong>der</strong><br />
bodennahen Luftschicht, das heißt sie beeinflussen das Mikroklima.<br />
Die Gesamtheit <strong>der</strong> auf die Pflanzen o<strong>der</strong> allgemein<br />
auf einen Organismus wirkenden Faktoren bildet ihre<br />
U m w e lt, wobei man die physikalisch-chemischen Faktoren<br />
(ohne Wettbewerb) als ihren S ta n d o rt bezeichnet,<br />
während die Stelle, an <strong>der</strong> sie wachsen. W u chso rt, B io to p<br />
o<strong>der</strong> Ökotop genannt wird. Die für das Wachstum <strong>und</strong> die<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Pflanze maßgebenden Faktoren kann man<br />
in fünf Gruppen von Primärfaktoren einteilen (s. Kasten).<br />
Es ist dabei für die Pflanzen gleichgültig, ob zum Beispiel<br />
die günstigen Wärmeverhältnisse durch das Großklima bedingt<br />
werden o<strong>der</strong> durch den Wuchsort an einem geschützten<br />
Südhang. Ebenso macht es für die Pflanze keinen Unterschied,<br />
ob die notwendige Bodenfeuchtigkeit auf eine<br />
günstige Nie<strong>der</strong>schlagsverteilung o<strong>der</strong> die geringe Verdunstung<br />
an einem Nordhang o<strong>der</strong> schließlich durch die Bodenstruktur<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wassernähe zustande kommt; die<br />
Hauptsache ist, daß die Pflanze nicht unter Wassermangel<br />
leidet.<br />
Diese fünf Gruppen von Standortfaktoren bedingen in<br />
ihrer wechselseitigen Wirkung die Ausprägung von komplexen<br />
Standortläktoren (Sek<strong>und</strong>ärfaktoren, Komplexfaktoren),<br />
nämlich klimatische, orographische, edaphische (Boden)<br />
<strong>und</strong> biotische, wie dies im Schema (vgl. Abb. 15) mit<br />
einigen wesentlichen Standortparametern dargestellt ist.<br />
Standortfaktoren<br />
Faktorengruppe<br />
Klimatische (Klima)<br />
Orographische (Relief)<br />
Abb. 15.<br />
Schema <strong>der</strong> verschiedenen ökologischen<br />
Faktoren <strong>und</strong> ihrer<br />
Wirkungen auf die Pflanze.<br />
Edaphische (Boden)
7 Strahlung, Licht <strong>und</strong> astronomische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Die von <strong>der</strong> Sonne stammende Strahlung, die auf die Erde<br />
fällt, ist Voraussetzung für nahezu alle Lebensvorgänge<br />
(wenn man einmal von dem Son<strong>der</strong>fall <strong>der</strong> „Schwarzen<br />
Raucher" <strong>der</strong> Tiefseegräben absieht). Die einfallende Strahlung<br />
<strong>der</strong> Sonne auf die Erde ist aus geometrischen (Einstrahlungswinkel<br />
auf die Kugel) <strong>und</strong> astronomischen Gründen<br />
(Erdbahn, Erdrotation) von <strong>der</strong> geografischen Breite<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Jahreszeit abhängig, wie dies Abb. 16 zeigt. Diese<br />
extraterrestrische Sonneneinstrahlung erreicht die Erdoberfläche<br />
nur indirekt, da ein Teil <strong>der</strong> Strahlung in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />
absorbiert o<strong>der</strong> gestreut wird. Ein Teil <strong>der</strong> Strahlung<br />
wird reflektiert <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> in den Weltraum zurückgestrahlt.<br />
Die Maxima <strong>der</strong> Einstrahlung übertreffen im polaren<br />
Sommer (Polartag = 24 h) sogar die Werte in den Tropen, sie<br />
weisen einen starken Jahresgang auf, in den Tropen fehlt ein<br />
solcher fast ganz. Über das ganze Jahr hinweg allerdings ist<br />
die Sonneneinstrahlung am Äquator am größten <strong>und</strong> nimmt<br />
zu den Polen kontinuierlich ab. Die Summe <strong>der</strong> sommerli-<br />
Strahlung, Licht <strong>und</strong> astronomische Gr<strong>und</strong>lagen 51<br />
Abb. 16.<br />
Die extraterrestrische Sonneneinstrahlung<br />
auf die Erde im Jahreslauf<br />
in Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />
geografischen Breite (Zahlenwerte<br />
in I0f> (aus S chOn -<br />
wiESE 1994).
52 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
A b b . 17.<br />
Die extraterrestrische Sonneneinstrahlung<br />
(1), Tageslänge (D)<br />
<strong>und</strong> Sonnenhöhe (H) während<br />
des Sommer- (s) <strong>und</strong> des Winterpunkts<br />
(w) <strong>der</strong> Sonne auf <strong>der</strong><br />
Nordhemisphäre <strong>der</strong> Erde (nach<br />
Schönwiese 1994). r9 0 °<br />
80°<br />
70°<br />
-60° I<br />
0)<br />
=o<br />
50° c<br />
40°<br />
W<br />
-30°<br />
- 20°<br />
- 10°<br />
30° 40° 50° 60°<br />
geografische Breite<br />
70° 80° 90° N<br />
0°<br />
l<br />
eben <strong>und</strong> winterlichen Einstrahlung {Abb. 17) ist am Äquator<br />
am höchsten. Der Sonnenhöchststand (im Zenith) im<br />
Sommer (H^ in Abb. 17) liegt im Bereich des jeweiligen<br />
Wendekreises (ca. 23 1/2°, Solstizien: Sommer- bzw. Winterpunkt).<br />
Umgekehrt erreicht die Tageslänge D im Bereich<br />
des Polarkreises (ca. 66 1/2°) <strong>und</strong> bis zu den Polen den Maximalwert<br />
von 24 h, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Neigung <strong>der</strong> Erdachse<br />
gegen die Erdbahn. Die atmosphärischen Prozesse <strong>und</strong> die<br />
jeweiligen breitenabhängigen Einstrahlungswinkel bedingen<br />
letztlich das, was an <strong>der</strong> Erdoberfläche noch an Strahlung<br />
übrigbleibt (Abb. 18). Sie erklären auch die Abfolge <strong>der</strong><br />
Jahreszeiten in den verschiedenen Breitenlagen <strong>und</strong> die Unterschiede<br />
zwischen Nord- <strong>und</strong> Südhalbkugel. Die nicht<br />
kreisförmige, son<strong>der</strong>n leicht elliptische Umlaufbahn <strong>der</strong><br />
Erde um die Sonne mit einem Sonnenfernen <strong>und</strong> einem<br />
sonnennahen Punkt wirkt sich allerdings kaum merklich auf<br />
die Jahreszeiten aus. Die Jahreszeitenfolge <strong>und</strong> ihre Entstehung<br />
erklärt Abb. 19.<br />
Der Tagesgang <strong>der</strong> Einstrahlung führt zu ständigen Än<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Lufttemperatur als Resultat <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Komponenten von Ein- <strong>und</strong> Ausstrahlung in <strong>der</strong> Strahlungsbilanz.<br />
Der relative Energieumsatz erreicht sein Maxi-
Strahlung, Licht <strong>und</strong> astronomische Gr<strong>und</strong>lagen 53<br />
mum an Energiegewinn um die Mittagszeit, die Energieverluste<br />
sind unmittelbar nach Sonnenuntergang beson<strong>der</strong>s<br />
groß (Abb. 20).<br />
Von <strong>der</strong> Erde aus gesehen erscheint <strong>der</strong> Tag/Nachtwechsel<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> astronomischen Gegebenheit (Erdbahn<br />
um die Sonne mit 365 1/4 Tagen <strong>und</strong> Neigung <strong>der</strong> Erdachse<br />
mit 24 h Rotation) je nach geografischer Breitenlage<br />
ganz unterschiedlich. Die scheinbare Bahn <strong>der</strong> Sonne am<br />
Firmament (Abb. 21) ist am Äquator fast stets zwölf St<strong>und</strong>en<br />
lang, in mittleren Breitenlagen, zum Beispiel Mainz, ist <strong>der</strong><br />
Unterschied <strong>der</strong> Tageslänge zwischen Sommer <strong>und</strong> Winter<br />
schon beträchtlich <strong>und</strong> am Pol ist es ein halbes Jahr Nacht<br />
<strong>und</strong> ein halbes Jahr Tag (Polarnacht, Polartag).<br />
Genau genommen ist nur am Frühjahrs- <strong>und</strong> Herbstpunkt,<br />
wenn die Sonne über dem Äquator steht, die Tageslänge<br />
zwölf St<strong>und</strong>en lang (Äquinoktien).<br />
Diese kurz besprochenen astronomischen Gegebenheiten<br />
sind Voraussetzungen für das Klimageschehen, das durch erhebliche<br />
Modifizierungen durch die Atmosphäre zur Temperaturverteilung<br />
an <strong>der</strong> Erdoberfläche, zu Luftdruckschwan-<br />
_ Die Sonneneinstrahlung<br />
än<strong>der</strong>t sich an einem<br />
bestimmten Punkt <strong>der</strong><br />
Erde einerseits jahreszeitlich<br />
(-►annuelle Periodik,<br />
Jahresgänge), an<strong>der</strong>erseits<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Erdrotation<br />
auch täglich<br />
(-► diurnale Periodik,<br />
Tagesgänge). Auch die<br />
meisten an<strong>der</strong>en ökologischen<br />
Faktoren weisen<br />
daher annuelle <strong>und</strong> diurnale<br />
Rhythmen auf.<br />
kcal cirr^<br />
Wm-2<br />
"Solarkonstante" (extraatmosphärisch)<br />
_____ Absorption Erdoberfläche<br />
......... Reflexion Wolken<br />
_____Reflexion Erdoberfläche<br />
.............. Reflexion Gase<br />
_______Absorption Gase<br />
_______ Absorption Wolken<br />
Abb. 18.<br />
Der Umsatz an Einstrahlungsenerßie<br />
<strong>der</strong> Sonne in<br />
<strong>der</strong> Atmosphäre <strong>und</strong> an <strong>der</strong><br />
Erdoberfläche <strong>und</strong> die Solarkonstante<br />
in Abhängigkeit<br />
von <strong>der</strong> geografischen Breite<br />
(aus Schönwiese 1994).
54 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 19.<br />
Schema zur Erklärung <strong>der</strong><br />
Jahreszeiten aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
astronomischen Gegebenheiten<br />
<strong>der</strong> Erdbahn <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erdachsenneigung<br />
gegenüber <strong>der</strong><br />
Umlaufebene (Ekliptik) (Solstiziallinie:<br />
Sommer- bzw.<br />
Winterpunkt: Äquinoktiallinie:<br />
Tag- <strong>und</strong> Nachtgleichen,<br />
Frühlings- bzw. Herbstpunkt)<br />
(aus Schonwiese 1994).<br />
21.Juni<br />
23. September<br />
Abb. 20.<br />
Schema des Tagesgangs <strong>der</strong><br />
Sonneneinstrahlung <strong>und</strong> <strong>der</strong> terrestrischen<br />
Ausstrahlung. Die<br />
Sinus-Kurve entspricht zugleich<br />
dem Temperaturgang an klaren<br />
Tagen (nach Schonwiese 1994).
Äquator<br />
Frankfurt/Main<br />
Pol<br />
kungen, Luftströmungen, <strong>und</strong> damit zu Wetter <strong>und</strong> Witterungserscheinungen<br />
führt. Dies bestimmt auch das Geschehen<br />
im kleinräumigen Bereich, das Mikroklima, etwa im Bereich<br />
eines Blattes. Dabei ist <strong>der</strong> Lichtfaktor allerdings selten<br />
ein Minimumfaktor, <strong>der</strong> vegetationsbestimmend wäre. Unmittelbarer<br />
wirken sich vielmehr an<strong>der</strong>e Faktoren wie Temperatur<br />
<strong>und</strong> Wasser aus.<br />
Abb. 21.<br />
Scheinbare B ahn <strong>der</strong> Sonne am<br />
H im m e l in verschiedenen geograßsehen<br />
Breiten (aus S chOn -<br />
wiESE 1994).<br />
8 Die Temperatur<br />
Neben dem Wasserfaktor (s. Seite 59ff.) spielen die Temperaturverhältnisse<br />
am Standort eine große Rolle. Leben spielt<br />
sich nur in bestimmten Temperaturbereichen ab. Temperaturextreme<br />
werden von den verschiedenen Organismen unterschiedlich<br />
gut toleriert. Die Hitzeresistenzgrenze <strong>der</strong><br />
meisten Pflanzenartcn liegt zwischen 50 <strong>und</strong> 60 °C. Bis zu<br />
einem gewissen Grade können sich Pflanzen durch Strahlungsreflexion,<br />
durch Transpirationskühlung o<strong>der</strong> auch physiologisch<br />
(Hitzeschockproteine) vor Hitzestreß schützen.<br />
Die Kälteresistenzgrenze ist nicht so scharf wie die Hitzeresistenzgrenze.<br />
Neben den abkühltings- o<strong>der</strong> erkältungsempfindlichen<br />
Pflanzen (meist tropischer Herkunft) gibt es<br />
die gefrierempfindlichen (die Eisbildung in den Geweben<br />
vermeiden, zum Beispiel durch Erhöhung <strong>der</strong> Zellsaftkonzentration)<br />
<strong>und</strong> die gefriertoleranten Pflanzen (die statt einer<br />
großen Zentralvakuole oft viele kleine Vakuolen bilden,<br />
in denen Membranschäden durch Eiskristalle klein gehalten<br />
werden).<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Temperatur unterscheiden wir unter den<br />
tierischen Organismen einerseits die Kaltblüter o<strong>der</strong> poikilothermen<br />
Arten, <strong>der</strong>en Körpertemperatur <strong>und</strong> damit auch<br />
die Temperatur des Plasmas von <strong>der</strong> Außentemperatur abhängt<br />
<strong>und</strong> sich mit dieser gleichsinnig än<strong>der</strong>t, an<strong>der</strong>erseits<br />
die Warmblütler o<strong>der</strong> homoiothermen Arten (Abb. 22), die
56 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 22.<br />
Temperaturabhäncjigkeit <strong>der</strong><br />
Dauer <strong>der</strong> Embryonalentwicklung<br />
<strong>der</strong> Wanze Eurygaster<br />
maura (Pentatomidae) (aus<br />
Tischler 1984).<br />
Tage<br />
eine eigene, von <strong>der</strong> Außentemperatur weitgehend unabhängige<br />
<strong>und</strong> ziemlich konstante Körpertemperatur besitzen.<br />
Bei diesen Organismen ist es unsinnig, die Außentemperatur<br />
zu messen, um sie in direkte Beziehung zu dem Ablauf<br />
<strong>der</strong> Lebensfunktionen im Protoplasma zu setzen.<br />
Alle Pflanzen sind poikilotherme Organismen (auch<br />
wenn gelegentlich, wie beim Aronstab <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Araceen,<br />
Blütenkolben Eigenwärme erzeugen können). Die<br />
Temperatur <strong>der</strong> umgebenden Luft gibt deshalb einen Anhaltspunkt<br />
für die maßgebenden Temperaturverhältnisse im<br />
Plasma. Gewisse rein physikalisch bedingte kleinere Abweichungen<br />
kommen namentlich bei starker Strahlung vor. Bei<br />
ökophysiologischen Untersuchungen muß man sie unbedingt<br />
berücksichtigen, schließlich können zum Beispiel die<br />
Chloroplasten o<strong>der</strong> Mitochondrien tagsüber im Blatt oft<br />
über 10 K Übertemperatur gegenüber <strong>der</strong> Umgebungsluft<br />
aufweisen. Bei ökologischen Übersichten wird man sich<br />
meistens damit begnügen, die Lufttemperatur anzugeben.
Bei den meisten poikilothermen Tieren ist die Entwicklung<br />
sehr von <strong>der</strong> Temperatur abhängig, meist aber noch<br />
modifiziert vom Wasserfaktor, zum Beispiel <strong>der</strong> Luftfeuchtigkeit.<br />
Die Entwicklungsdauer läßt sich dabei oft sehr präzise<br />
durch eine entsprechende mathematische Funktion (in<br />
Abb. 23), zum Beispiel durch eine Hyperbelfunktion angeben.<br />
Das Beispiel in Abb. 23 gibt neben <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Embryonalentwicklung<br />
auch die Mortalität <strong>der</strong> Eier in Abhängigkeit<br />
von Lufttemperatur <strong>und</strong> relativer Feuchte an. Man<br />
erkennt, daß ein bestimmter Temperaturbereich bei relativ<br />
hoher Feuchtigkeit den Optimalbereich darstellt. Dementsprechend<br />
kann man sich leicht vorstellen, wie unterschiedlich,<br />
je nach Außenbedingungen, die Vermehrungsraten,<br />
<strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Einfluß mancher Insektenarten in bestimmten<br />
Biotopen von Jahr zu Jahr sein kann, auch ohne sonstige<br />
biotische Interaktionen.<br />
Gefrieren ist eng gekoppelt mit dem Verhalten des Gewebe-<br />
bzw. Zellwassers in <strong>der</strong> Zelle. Gefrieren <strong>der</strong> Vakuole bedeutet<br />
in aller Regel ein starkes Zerreißen <strong>der</strong> Membranen<br />
<strong>und</strong> damit erhebliche Zellschäden. Dazu kommt die Blockierung<br />
<strong>der</strong> Nachlieferung von Wasser, so daß bei längerer<br />
Frosteinwirkung oft eher ein Vertrocknen <strong>der</strong> Pflanzen auftritt,<br />
als ein echter Gefrierschaden (Frosttrocknis).<br />
Die verschiedenen Zonobiome (Übersicht über die Zonobiome<br />
vgl. S. 97) sind aufgr<strong>und</strong> des Temperaturfaktors gekennzeichnet.<br />
Dabei sind weniger die Mittelwerte <strong>der</strong> Temperatur,<br />
als vielmehr die Extreme von Bedeutung. Und es<br />
kommt darauf an, ob Fröste in einem Gebiet regelmäßig im<br />
Wechsel <strong>der</strong> Jahreszeiten o<strong>der</strong> ob sie episodisch auftreten.<br />
Einmal Frost in 20 Jahren in den Kaffeeanbaugebieten Brasiliens<br />
läßt den Weltmarktpreis des Kaffees steigen.<br />
Die Temperatur 57<br />
Entwicklungsdauer (Tage)<br />
ia -d n pn-i.a q-7 v -s<br />
12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 °C<br />
Abb. 23.<br />
Abhängigkeit <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Embryonalentwicklung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Mortalität <strong>der</strong> Eier des Luzerne-<br />
Rüßlers (Hypera postica, Curculionidae)<br />
von <strong>der</strong> Temperatur<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> relativen Luftfeuchte<br />
(aus Tischler 1984).
58 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
I<br />
□ A<br />
H C<br />
Abb. 24.<br />
Das Auftreten von Frost auf <strong>der</strong><br />
Erde (aus L a r c h e r 1994).<br />
A: frostfreie Gebiete; B: episodische<br />
Fröste bis -10 °C: C: winterkalte<br />
Gebiete mit mittlerem Jahresminimum<br />
zwischen -10 °C<br />
<strong>und</strong> -40 °C: D: mittleres Jahresminimum<br />
unter -40 °C;<br />
E: Polareis <strong>und</strong> Permafrost.<br />
------+5 °C-Minimum-Isotherme;......<br />
-30 °C Minimum-<br />
Isotherme.<br />
I . .■>I D<br />
H E<br />
— + 5”C<br />
...... -30°C<br />
Auf alljährlich wie<strong>der</strong>kehrende Winterkälte bereiten sich<br />
die Pflanzen vor. Die wesentlichen Frostkategorien sind für<br />
die ganze Erde auf Abb. 24 gezeigt. Da Wasser unter 0 °C gefriert<br />
<strong>und</strong> dabei an Volumen zunimmt, hat dies für Lebewesen<br />
ganz beson<strong>der</strong>e Bedeutung. Die Nullgradgrenze, das<br />
Auftreten von Frost, prägt daher die verschiedenen Biome<br />
ganz entscheidend.<br />
Für die einzelnen Zonobiome gilt: Zonobiom I bis III sind<br />
frostfrei (außer in den höheren Berglagen). Im Zonobiom IV<br />
<strong>und</strong> V können gelegentlich leichte (episodische, zum Teil periodische)<br />
Fröste auftreten. Zonobiom VI weist bereits regelmäßig<br />
einen typischen, wenn auch kurzen <strong>und</strong> wenig strengen<br />
Winter auf. Im Zonobiom VII hingegen sind die Winter,<br />
bei kontinentalem Klima, sehr ausgeprägt <strong>und</strong> teilweise sehr<br />
streng (kalte Halbwüsten <strong>und</strong> Wüsten). Im Zonobiom VIII,<br />
in <strong>der</strong> Taiga, kann <strong>der</strong> Winter bereits mehrere o<strong>der</strong> viele Monate<br />
lang <strong>und</strong> sehr streng sein; die T<strong>und</strong>ra (ZB IX) ist gekennzeichnet<br />
durch den Winter, es ist die bei weitem längste<br />
Jahreszeit im Jahreslauf. Das Auftreten von Frost<br />
bestimmt das Vorkommen unterschiedlich resistenter Pflanzentypen.<br />
In <strong>der</strong> äquatorialen Zone mit Minima nicht unter<br />
+5 °C überwiegen kälteempfindliche Pflanzen. In <strong>der</strong> Zone D
(Abb. 24) hingegen können nur völlig gefrierbeständige<br />
Pflanzen durchhalten, während in Zone C <strong>und</strong> B auch begrenzt<br />
gefriertolerante Pflanzen <strong>und</strong> Bäume Vorkommen,<br />
die zumindest durch Gefrierdepression <strong>und</strong> gute Unterkühlung<br />
geschützt sind.<br />
jlj Nur etwa 30 % <strong>der</strong> Landfläche <strong>der</strong> Erde sind frostfrei, d,<br />
l 42 % dagegen weisen regelmäßig strengen Frost auf mitf j<br />
l/ymittlerem Jahresminimum unter -20 °C.<br />
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 59<br />
9 Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> -<br />
poikilohydre <strong>und</strong> homoiohydre Pflanzen<br />
<strong>und</strong> Anpassungen an Wassermangel<br />
a Der Wasserfaktor<br />
Für die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Biosphäre sind von allen Standorto<strong>der</strong><br />
Umweltfaktoren die Wärme- <strong>und</strong> die Wasserverhältnisse<br />
von größter Bedeutung. Licht ist großräumig nirgends<br />
im Minimum, denn die lange Polarnacht trifft die Pflanzen<br />
im Winterruhezustand an.<br />
Die Wärme o<strong>der</strong> Temperatur nimmt ziemlich stetig vom<br />
Äquator zu den Polen ab. Wichtig ist hierbei, wie kurz besprochen,<br />
die Frostgrenze zwischen den tropischen <strong>und</strong><br />
außertropischen Gebieten. Noch viel stärker differenzierend<br />
wirkt <strong>der</strong> Wasserfäktor. Die Nie<strong>der</strong>schläge sind sehr ungleichmäßig<br />
verteilt (Abb. 25). Die Höhe <strong>der</strong> mittleren Jahresnie<strong>der</strong>schläge<br />
schwankt zwischen über 10 000 mm (Assam)<br />
<strong>und</strong> praktisch Null in den extremsten Wüsten.<br />
Abb. 25.<br />
Karte <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schläge.<br />
Die Gebirgsnie<strong>der</strong>schläge wurden<br />
nicht berücksichtigt.<br />
E3uiunler250mm CUzSO-SOO mm IM I5OO-IOOO mm ® 1000-2000 mm ■ ü b e r 2000 n
60 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
I<br />
Abb. 26. Vereinfachte Karte <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szonen (ohne edaphische o<strong>der</strong> anthropogene Abwandlungen):<br />
1 Immergrüne Regenwäl<strong>der</strong>; 2 Halbimmergrüne <strong>und</strong> regengrüne Wäl<strong>der</strong>; 2a Savannen, Grasland, tropische<br />
Gehölzfluren; 3 Heiße Wüsten <strong>und</strong> Halbwüsten (bei 35°N,S in 7a übergehend); 4 Hartlaubgehölze<br />
mit Winterregen; 5 Warmtemperierte Feuchtwäl<strong>der</strong>; 6 Memórale sommergrüne Wäl<strong>der</strong>; 7 Steppen <strong>der</strong><br />
gemäßigten Zonen; 7a Halbwüsten <strong>und</strong> Wüsten mit kalten Wintern; 8 Boreale Nadelwaldzone; 9 T<strong>und</strong>ra;<br />
10 Gebirge.
Die Abb. 26 zeigt zum Vergleich schematisch die hier unterschiedenen<br />
Zonobiome, die im wesentlichen den großen<br />
<strong>Vegetation</strong>szonen entsprechen, für die außer den Verteilungen<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge auch die Temperaturverhältnisse von<br />
beson<strong>der</strong>er Bedeutung sind, was in <strong>der</strong> stärker zonalen Anordnung<br />
parallel zu den Breitengraden zum Ausdruck<br />
kommt.<br />
Aber nicht nur im Großen, son<strong>der</strong>n ebenso im Kleinen<br />
wirkt Temperatur <strong>und</strong> Wasser durch die wechselnde Feuchtigkeit<br />
<strong>der</strong> Biotope auf die Pflanzendecke stark differenzierend.<br />
Überhaupt spielt das Wasser im Leben <strong>der</strong> Pflanze ökologisch<br />
eine ganz beson<strong>der</strong>e Rolle, eine viel größere als bei<br />
den Tieren, weil die Pflanzen ortsgeb<strong>und</strong>en sind. Sowohl auf<br />
<strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Zelle sowie <strong>der</strong> Gesamtpflanze als auch auf<br />
<strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Ökosysteme läßt sich <strong>der</strong> Wasserhaushalt jeweils<br />
auch quantitativ beschreiben.<br />
b Wasserhaushaltstypen <strong>und</strong> Dürreresistenz<br />
Je nach Wasserangebot am Standort unterscheidet man Hygrophyten,<br />
Mesophyten <strong>und</strong> Xerophyten. Die H y g ro <br />
p h yten als Besiedlet gleichmäßig feuchter o<strong>der</strong> nasser Standorte<br />
(wie auch manche schattenliebenden Kräuter im<br />
Walde) haben kaum Wassermangel. Die M e s o p h y te n sind<br />
schon besser an gewisse trockene Zeitperioden angepaßt. Zu<br />
ihnen gehören die meisten Arten <strong>der</strong> gemäßigten Breiten.<br />
Die X e ro p h y te n haben vielerlei Anpassungen an den mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger starken <strong>und</strong> langandauernden Wassermangel<br />
an ihrem Standort entwickelt. Für die Mechanismen <strong>der</strong><br />
Dürreresistenz hat L e v i t t (1972) verschiedene Möglichkeiten<br />
gekennzeichnet: die meisten Pflanzen meiden Dürre<br />
(drought avoidancei durch räumliches o<strong>der</strong> zeitliches Ausweichen;<br />
fiTr eine echte Dürretoleranz (drought tolerance)<br />
braucht es spezielle Anpassungen, wie wir bei einigen Beispielen<br />
von Xerophyten noch sehen werden (s. S. 64f.).<br />
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 61<br />
c Bodenwasser<br />
Die Verfügbarkeit von Wasser für die Pflanzen hängt nicht<br />
allein vom Wassergehalt des Bodens ab. Auch die Korngrößenverteilung<br />
<strong>und</strong> damit das Porenvolumen <strong>und</strong> ^die<br />
Größe <strong>der</strong> Kapillarräume im Boden hat großen Einfluß. Maximal<br />
kann ein Boden soviel Wasser aufnehmen, wie das<br />
Porenvolumen umfaßt, allerdings ist dann keine Bodenluft,<br />
also auch kein Sauerstoff mehr im Boden. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Schwerkraft fließt aber ein Teil des Wassers in die Tiefe.<br />
Die Feldkapazität ist stark von <strong>der</strong> Korngrößenverteilung<br />
abhängig, wie Abb. 27 demonstriert.<br />
_ Der Teil des Bodenwassers,<br />
den ein Boden<br />
gegen die Schwerkraft<br />
festhält, wird Feldkapazität<br />
genannt.
62 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 27.<br />
Die Verfügbarkeit des Bodenwassers<br />
in Abhängigkeit vom Wassergehalt<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bodenart.<br />
40-<br />
30<br />
« f -<br />
pflanzenverfügbares Wasser<br />
2> 2 0 -<br />
10<br />
Sand sandiger Lehm Schluff toniger<br />
Lehm<br />
Lehm<br />
Bodenart (zunehmen<strong>der</strong> Tonanteil ->)<br />
Ton<br />
_ Die den Pflanzen zur<br />
Verfügung stehende<br />
Wassermenge eines Bodens<br />
liegt zwischen dem<br />
„Permanenten Welkepunkt"<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> „Feldkapazität".<br />
Sie ist bei<br />
Schluffböden am größten.<br />
Darüber hinaus gibt es einen Anteil an Wasser im Boden,<br />
<strong>der</strong> sehr fest durch Absorptionskräfte an den Bodenteilchen<br />
(zum Beispiel elektrostatisch) festgehalten wird, sowie einen<br />
Anteil, <strong>der</strong> durch Kapillarkräfte (Absorptions- <strong>und</strong> Kohäsionskräfte)<br />
in kleinen Poren sehr fest geb<strong>und</strong>en bleibt. Beide<br />
Fraktionen an Wasser sind den Pflanzenwurzeln nicht zugänglich.<br />
Enthält ein Boden nur noch diese l'cstgeb<strong>und</strong>cncn<br />
Anteile an Wasser, so spricht man vom „Permanenten<br />
Welkepunkt".<br />
Bei beson<strong>der</strong>s feinkörnigen Tonböden kann <strong>der</strong> Wassergehalt<br />
fast 2 0 ^ betr^^n, trotzdem ist davon für die Pflanzen<br />
nichtTffiehr verfügbar aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Feinkörnigkeit.<br />
Allerdings ist auch die Verfügbarkeitsgrenze an Wasser nicht<br />
für alle Pflanzen gleich. Xerophyten <strong>und</strong> Halophyten, die<br />
sehr hohe Saugkräfte durch ihre Wurzeln entwickeln können,<br />
sind durchaus in <strong>der</strong> Lage, noch etwas Wasser aufziinehmen,<br />
das heißt <strong>der</strong> Permanente Welkepunkt ist für verschiedene<br />
Pflanzentypen verschieden.<br />
So sind hinsichtlich des Wasserfaktors die Verhältnisse bei<br />
den Pflanzen ähnlich kompliziert wie bei den Tieren in bezug<br />
auf die Temperatur.<br />
d Wasserzustand <strong>der</strong> Zelle, Hydratur<br />
Man muß zwischen wechselfeuchten (poikilohydren) <strong>und</strong><br />
eigenfeuchten (homoiohydren) Pflanzen unterscheiden.
Das Plasma ist nur im stark wasserhaltigen, das heißt gequollenen<br />
o<strong>der</strong> hydratisierten Zustand physiologisch aktiv.<br />
Trocknen die Zellen aus, dann geht das Plasma in einen<br />
latenten Lebenszustand über (das heißt, es weist keine meßbaren<br />
Lebenserscheinungen auf) o<strong>der</strong> es stirbt ab. Die Thermodynamik<br />
<strong>der</strong> Quellkörper lehrt uns, daß <strong>der</strong> Quellungszustand<br />
von <strong>der</strong> relativen Aktivität des Wassers (a) abhängt,<br />
wobei a = p/p^ ist, also <strong>der</strong> relativen Dampfspannung gleichgesetzt<br />
werden kann.<br />
Reines Wasser hat eine Hydratur von 100 %. Die Hydratur<br />
entspricht <strong>der</strong> Luftfeuchtigkeit (auch in %). Über Salzlösungen<br />
stellt sich ein bestimmter Wasserdampfdruck ein, <strong>der</strong><br />
niedriger ist als <strong>der</strong> über reinem Wasser, dementsprechend<br />
ist die Hydratur niedriger.<br />
Da die Lebensfunktionen in starkem Ausmaß vom Quellungszustand<br />
des Protoplasmas abhängen, ist es wichtig, dessen<br />
Hydratur (bzw. Aktivität des Wassers) zu kennen. Bei<br />
den poikilohydren Pflanzen, zu denen die Nie<strong>der</strong>en Pflanzen<br />
(Bakterien, Algen, Pilze <strong>und</strong> Flechten) gehören, also einzellige<br />
o<strong>der</strong> wenigzeilige Organismen, hängt die Hydratur, soweit<br />
diese Pflanzen außerhalb des Wassers Vorkommen,<br />
ganz von <strong>der</strong> Feuchtigkeit <strong>der</strong> umgebenden Luft ab. Stehen<br />
sie mit Wasser in Berührung o<strong>der</strong> ist die umgebende Luft<br />
dampfgesättigt, so ist das Protoplasma dieser Arten fast maximal<br />
gequollen <strong>und</strong> aktiv. In trockener Luft dagegen tritt<br />
eine starke Entquellung ein, <strong>und</strong> das Plasma geht ohne abzusterben<br />
in den latenten Zustand über. Die Zellen dieser<br />
Organismen haben keine o<strong>der</strong> nur sehr kleine Vakuolen, die<br />
Volumenän<strong>der</strong>ungen des Zellinhalts sind deshalb beim Austrocknen<br />
gering, <strong>und</strong> die Plasmastruktur wird nicht geschädigt.<br />
Die untere Hydraturgrenze (Luftfeuchtigkeit), bei<br />
<strong>der</strong> noch Wachstum nachzuweisen ist, liegt bei den meisten<br />
Bakterien sehr hoch, meist bei 98 bis 94 %; bei den einzelligen"Slgen<br />
<strong>und</strong> Schimmelpilzen sehr verschieden hoch, <strong>und</strong><br />
nur b^ei wenigen sinkt sie bis auf 70 %, einen Wert, <strong>der</strong> dem<br />
absoluten Hydraturminimum aktiver Lebenserscheinungen<br />
entspricht.<br />
Die Produktivität <strong>der</strong> poikilohydren Organismen ist gering,<br />
ihr Anteil an <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>smasse auf dem Lande heute<br />
klein. Man hat sie deshalb bisher wenig beachtet, obgleich<br />
sie an <strong>der</strong> Bodenoberfläche, namentlich in den Wüsten, oft<br />
viel verbreiteter sind, als man annimmt.<br />
Sie dürften vor <strong>der</strong> Eroberung des Landes durch Höhere<br />
Pflanzen bereits auf periodisch befeuchteten Flächen weit<br />
verbreitet gewesen sein, wie heute auf periodisch überschwemmten<br />
Tonflächen in den Wüsten (Takyre, vgl.<br />
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 63<br />
^ Die relative Aktivität<br />
des Wassers (a), ausgedrückt<br />
als relative Dampfspannung<br />
gegenüber reinem<br />
Wasser, ausgedrückt<br />
als Prozentwert (% ), bezeichnet<br />
man als Hydratur.
64 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
S. 238). Diese sind für Höhere Pflanzen unbesiedelbar, weil<br />
sie keinen Wurzelraum bieten. Da jedoch von Nie<strong>der</strong>en<br />
Pflanzen fossile Reste nur ausnahmsweise erhalten bleiben,<br />
findet man sie in den ältesten Gesteinen nur relativ selten.<br />
Die homoiohydren Landpflanzen spielen eine viel größere<br />
Rolle. Zu ihnen gehören alle Kormophyten, die sich ursprünglich<br />
aus Grünalgen entwickelt haben. Ihre Zellen<br />
zeichnen sich durch eine große zentrale Vakuole aus. Infolgedessen<br />
grenzt das Plasma direkt an den Zellsaft in <strong>der</strong><br />
Vakuole an, <strong>und</strong> die Hydratur des Plasmas steht mit <strong>der</strong> des<br />
Zellsaftes weitgehend im Gleichgewicht, ist somit nicht direkt<br />
von den Wasserverhältnissen außerhalb <strong>der</strong> Zellen abhängig.<br />
Der Zellsaft <strong>der</strong> Vakuolen stellt bei den Höheren<br />
Pflanzen, wie erwähnt, ein „inneres wässriges Medium" dar,<br />
die Zellwand aus Zellulose ein „äußeres wässriges Medium",<br />
das ihnen im Laufe <strong>der</strong> phylogenetischen Entwicklung den<br />
Übergang vom Leben im Wasser zum Landleben <strong>und</strong> eine<br />
immer bessere Anpassung an aride Verhältnisse ermöglichte.<br />
Solange es den Landpflanzen gelingt, die Konzentration des<br />
Zellsaftes im Vakuom niedrig zu halten, bleibt das Plasma<br />
stark gequollen, das heißt, es besitzt eine hohe Hydratur, unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Feuchtigkeit <strong>der</strong> umgebenden Luft. Das ist<br />
um so eher <strong>der</strong> Fall, je sicherer <strong>der</strong> Wassernachschub aus<br />
dem feuchten Boden durch das Wurzel- <strong>und</strong> Leitungssystem<br />
ist. Bei den Moosen sind diese Einrichtungin nur unvollkommen<br />
entwickelt, sie sind deshalb im allgemeinen an<br />
sehr feuchte Standorte geb<strong>und</strong>en. Auch bei den Farngewächsen<br />
ist das Leitungssystem noch wenig leistungsfähig.<br />
Auch sie meiden deshalb trockene Standorte, abgesehen von<br />
<strong>der</strong> noch stark von Feuchtigkeit abhängigen Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Gametophyten. Soweit Moose <strong>und</strong> einzelne Farne {Ceterach,<br />
Notholaena, Cheilanthes <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) sowie Selaginelia-<br />
Arten in Wüstengebiete vorgedrungen sind, mußten sie sek<br />
u n d är zur poikilohydren Lebensweise übergehen, das<br />
heißt, sie vertragen das Austrocknen während <strong>der</strong> Dürrezeit,<br />
ohne abzusterben („Auferstehungspflanzen"). Sie erlangten<br />
diese Austrocknungsfähigkeit wie<strong>der</strong>, die den Pflanzen mit<br />
stark vakuolisierten Zellen sonst abgeht, durch eine Zellverkleinerung<br />
mit Reduktion <strong>der</strong> Vakuolen, die sich schon bei<br />
geringen Wasserverlusten verfestigen, wodurch eine Deformation<br />
<strong>und</strong> Schädigung des Plasmas beim Austrocknen verhin<strong>der</strong>t<br />
wird.<br />
Lik<br />
e Hydratur bei Xerophyten<br />
Die vollkommenste Anpassung des Wasserhaushalts an das<br />
Landleben ist den Angiospermen gelungen. Sie sind bis in
extreme Wüsten vorgedrtingen. Die Messung ihrer Zellsaftkonzentration<br />
zeigt, daß sie trotzdem fähig sind, eine niedrige<br />
Zellsaftkonzentration <strong>und</strong> damit eine hohe Hydratur des<br />
Plasmas aufrechtzuerhalten, ohne den für die Photosynthese<br />
notwendigen Gaswechsel zu stark zu bremsen. Eine Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Zellsaftkonzentration (= Abnahme des osmotischen<br />
Potentials) <strong>und</strong> damit Entquellung des Plasmas <strong>und</strong><br />
erhöhte osmotische Anpassung durch entsprechende Substanzen<br />
(compatible solutés) ist für Wüstenpflanzen in aller<br />
Regel keine nützliche Anpassung, son<strong>der</strong>n ein Zeichen einer<br />
gestörten Wasserbilanz <strong>und</strong> einer Gefährdung ihrer Existenz.<br />
Für die Kenntnis <strong>der</strong> Wasseraktivität im Plasma, das<br />
heißt dessen Hydratur- <strong>und</strong> Quellungsztistand, genügt die<br />
Messung <strong>der</strong> Außenfaktoren (Nie<strong>der</strong>schläge, Luftfeuchtigkeit,<br />
Bodenwasser etc.) ebensowenig wie die Messung <strong>der</strong><br />
Außentemperatur bei den Warmblütlern.<br />
Nur die Bestimmung <strong>der</strong> Zellsaftkonzentration (des<br />
potentiellen osmotischen Druckes bzw. des osmotischen Potentials),<br />
die in direkter Beziehung zur relativen Dampfspannung<br />
(Hydratur) steht, gibt Auskunft darüber, ob die<br />
Pflanze durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Außenbedingungen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch eine Dürrezeit, im Hinblick auf den Quellungszustand<br />
des Plasmas betroffen wird o<strong>der</strong> nicht. Die<br />
Messung <strong>der</strong> Saugspannung (des Wasserpotentials) ist dagegen<br />
notwendig, wenn man sich mit <strong>der</strong> Durchströmung<br />
<strong>der</strong> Pflanze von den Wurzeln zu den transpirierenden Organen<br />
beschäftigt. Dies läßt sich am einfachsten durch die<br />
Charakterisierung <strong>der</strong> einzelnen Wi<strong>der</strong>stände in <strong>der</strong> Pflanze<br />
im hydraulischen Durchströmungsmodell (Abb. 28) veranschaulichen.<br />
Einige dieser Durchströmungswi<strong>der</strong>stände sind<br />
konstant, an<strong>der</strong>e mehr o<strong>der</strong> weniger variabel. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> stomatäre Wi<strong>der</strong>stand ist hervorzuheben, da er ja in weiten<br />
Grenzen eine Regulierung <strong>der</strong> Wasserverluste ermöglicht.<br />
Entsprechend dem Ohm'schen Gesetz hängt auch hier<br />
<strong>der</strong> Wasserdurchfluß (Strom) von den Wi<strong>der</strong>ständen <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Spannung ab. Die gesamte „Spannung" entspricht <strong>der</strong><br />
Saugkraftdifferenz zwischen Boden <strong>und</strong> Atmosphäre. Diese<br />
Differenz im Wasserpotential ist fast stets sehr groß, selbst in<br />
gemäßigten Klimaten.<br />
Über den Hydraturzustand des Plasmas, von dem <strong>der</strong> Ablauf<br />
aller Lebenserscheinungen abhängt, sagt die Saugspannung<br />
(Wasserpotential) nichts aus. Beide stehen natürlich,<br />
wie die osmotische Zustandsgleichung es beschreibt, in enger<br />
Beziehung.<br />
Man muß zur Standortcharakterisierung zwar die üblichen<br />
Angaben über die Außenfaktoren machen, aber zu-<br />
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 65
66 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 28.<br />
Der Wasserstrom durch eine<br />
Pflanze vom Boden in die Atmosphäre<br />
ist mit einem Schema<br />
vergleichbar, das <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />
entlehnt ist. Der Strom<br />
(I) wird angetrieben durch die<br />
Spannung (U). hier die Wasserpotentialdifferenz<br />
zwischen Boden<br />
<strong>und</strong> Atmosphäre. Er fließt<br />
gegen die addierbaren Wi<strong>der</strong>stände<br />
(R) in <strong>der</strong> Pflanze, die<br />
teils konstant, teils variabel (Stomawi<strong>der</strong>sland<br />
als Regelungsmöglichkeit<br />
für die Pflanze)<br />
sind. Das Ohmsche Gesetz<br />
(U= R-l) ist anwendbar (nach<br />
H illel 1980).<br />
— m Werte aus älteren Arbeiten,<br />
die Angaben in<br />
atm enthielten, <strong>und</strong> aus<br />
neueren, die Werte in bar<br />
nennen, geben wir jeweils<br />
jetzt einheitlich in MPa an<br />
(1 atm = 1,013 bar; 1 bar<br />
= 750 Torr = 750 mmHg =<br />
10^ Pa = 0,1 MPa; 1 MPa =<br />
10 bar = 10 atm; vgl. Physik.<br />
Einheiten, 5. 13)<br />
sätzlich auf die Zellsaftkonzentration <strong>und</strong> ihre Än<strong>der</strong>ung zur<br />
Charakterisierung <strong>der</strong> Hydratur des Protoplasmas hinweisen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Besprechung <strong>der</strong> ariden Gebiete,<br />
in denen <strong>der</strong> Wasserfaktor eine überragende Rolle spielt.<br />
Daher müssen wir die Anpassungen an Dürre genauer<br />
betrachten <strong>und</strong> auf die osmotischen Zustandsgrößen hinweisen.<br />
Untersuchte Arten werden im Experiment als stabile Einheiten<br />
betrachtet, aber sie sind bei längerer Beobachtung<br />
doch sehr verän<strong>der</strong>lich. Jede Pflanze paßt sich dauernd auch<br />
morphologisch an die jeweiligen Umweltbedingungen an.<br />
Das ist notwendig, um zu überleben. Diese Erscheinungen<br />
sind mit Wachstum verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> machen sich erst nach<br />
Wochen o<strong>der</strong> Monaten bemerkbar. Ökologisch sind sie beson<strong>der</strong>s<br />
bedeutsam <strong>und</strong> in ariden Gebieten sehr auffallend,<br />
wenn man eine Pflanze nach einer Regenzeit, also während<br />
<strong>der</strong> Dürrezeit bis zum Beginn <strong>der</strong> nächsten Regenzeit untersucht.<br />
Bei den Anpassungen an Wassermangel sind die verschiedenen<br />
osmotischen Zustandsgrößen <strong>der</strong> Pflanzenteile<br />
zu berücksichtigen:
- Die Saugspannung (S) = - Wasserpotential (),<br />
- <strong>der</strong> potentielle osmotische Druck (tr*) = - osmotisches Potential<br />
($ 5)<br />
- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Turgordruck (P).<br />
Es gelten die Gleichungen; S = tr* - P o<strong>der</strong> d» = (1)^ + p.<br />
Die Zustandsgrößen werden im Druckmaß gemessen (heute<br />
in MPa). S <strong>und</strong> sowie ir* <strong>und</strong> sind numerisch immer<br />
gleich <strong>und</strong> unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen (d><br />
<strong>und</strong>
68 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 29.<br />
Verschieden gestaltete Blätter von<br />
Encelia: oben wenig behaarte<br />
hygromorphe Blätter, unten<br />
rechts mesomorphe, unten links<br />
xeromorphe, in <strong>der</strong> Mitte Zweige<br />
mit Endknospen (Blätter alle abgefallen).<br />
TT* beträgt 2,2 bis 2,3 MPa. In <strong>der</strong> Dürrezeit wird die Wasserversorgung<br />
erschwert, wobei tt* auf 2,8 MPa ansteigt;<br />
dies bewirkt auch eine leichte Hydraturabnahme des Protoplasmas<br />
<strong>der</strong> Meristemzellen; die dann vom Meristem neugebildeten<br />
Blätter sind kleiner, mesomorpher sowie stärker behaart<br />
<strong>und</strong> lösen die hygromorphen ab. Bei Fortdauer def<br />
Dürre steigt ir* auf 3,2 MPa <strong>und</strong> die nächsten Blätter sind<br />
noch kleiner, dicklich <strong>und</strong> dicht weiß behaart (Abb. 29), was<br />
eine weitere Transpirationsreduktion ermöglicht. Bei extrem<br />
langer Dürrezeit werden sämtliche Blätter abgeworfen, sobald<br />
4,0 MPa erreicht sind. Es verbleiben nur die Endknospen<br />
mit sich nicht weiter entwickelnden kleinen Blattanlagen.<br />
Die Wasserabgabe <strong>der</strong> Pflanze ist dann so gering, daß<br />
selbst bei minimaler Wasseraufnahme aus dem Boden die<br />
Wasserbilanz ausgeglichen bleibt.<br />
Sobald die nächste Regenzeit einsetzt, sinkt <strong>der</strong> potentielle<br />
osmotische Druck ( tt* ) wie<strong>der</strong> auf den Ausgangswert von<br />
wenig über 2,0 MPa, die Hydratur <strong>der</strong> Meristemzellen steigt<br />
<strong>und</strong> die neugebildeten Blätter werden groß <strong>und</strong> hygromorph;<br />
infolge <strong>der</strong> intensiven Photosynthese setzt ein starkes<br />
Wachstum bei starker Transpiration, aber nach wie vor<br />
ausgeglichener Wasserbilanz ein. Dieser Zyklus wie<strong>der</strong>holt<br />
sich immer wie<strong>der</strong>.<br />
Wie eng die Beziehungen zwischen Wuchsgröße <strong>und</strong> -ir*<br />
(-cbj) sind, zeigt Abb. 30 für Solanum elaeagnifolium. Diese<br />
annuelle Art <strong>der</strong> Sonora-Wüste entwickelt sich auf Lehmboden<br />
nach guten Regen. In kleinen Senken, wo Wasser steht.
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 69<br />
Höhe (cm)<br />
(MPa)<br />
Abb. 30.<br />
Beziehungen zvzischen osmotischem<br />
Potential C-tt*) in<br />
0,1 MPa (rechts) <strong>und</strong> dem<br />
Höhenwachstum bei Solanum<br />
elaeagnifolium in cm (links).<br />
A - D Probenentnahme von den<br />
oben angegebenen Pflanzen.<br />
Abb. 31.<br />
Wachstum von Erbsenkeimlingen<br />
bei verschieden hoher, jedoch<br />
konstanter Hydratur bzw. potentiellem<br />
osmotischem Potential
70 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
a b c d e<br />
Abb. 32.<br />
Brasska-Keimlincie in verschieden<br />
feuchtem Sand gewachsen<br />
(5 Tage nach <strong>der</strong> Keimung).<br />
Wassergehalt des Sandes:<br />
a = 15.5 %, h = 6,7 %,<br />
c = 4,3 %, d = 2,5 %,<br />
e = 1,3 % (aus je<strong>der</strong> Gruppe je<br />
3 Keimlinge gezeigt).<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Boden tief durchfeuchtet wird, werden die Pflanzen<br />
60 cm hoch; zum Rand hin wird <strong>der</strong> Boden immer trockener,<br />
<strong>und</strong> entsprechend bleiben die Pflänzchen immer kleiner<br />
bis zu Zwergen von wenig über 1 cm. Die verschiedene Wasserversorgung<br />
wird durch die (h^-Werte angezeigt. Beide<br />
Kurven laufen fast parallel (Abb. 30). Solche Zwergephemeren<br />
sieht man überall nach schlechten Regenzeiten.<br />
Interessant ist, daß die Wurzel auf eine Hydraturabnahme<br />
<strong>der</strong> Meristemzellen an<strong>der</strong>s reagiert als <strong>der</strong> Sproß. Sie wird<br />
dünner, aber länger <strong>und</strong> bildet keine Seitenwurzeln; erst bei<br />
stärkerer Hydraturabnahme erfolgt eine Wachstumshemmung,<br />
die beim Sproß sofort einsetzt (Abb. 31).<br />
Brassica-Keimlinge, die in Sand mit verschiedenem Wassergehalt<br />
aufgezogen wurden, zeigen dieses Verhalten sehr<br />
deutlich (Abb. 32). Auch diese Reaktion erleichtert den<br />
Ephemeren den Ausgleich <strong>der</strong> Wasserbilanz <strong>und</strong> damit das<br />
Überleben: Der kleinere Sproß bedingt eine geringere Was<br />
serabgabe, die Verlängerung <strong>der</strong> Wurzeln ermöglicht ihr das<br />
Erreichen <strong>der</strong> tieferen Bodenschichten, die länger feucht<br />
bleiben, wenn die Regenzeit ungünstig ist.<br />
Beson<strong>der</strong>s eindrucksvoll ist, daß bei Säulenkakteen die<br />
verschiedenen Seiten unterschiedlich reagieren, weil die SW-<br />
Seite am stärksten erwärmt wird <strong>und</strong> am meisten transpiriert,<br />
während das auf <strong>der</strong> NE-Seite am wenigsten <strong>der</strong> Fall ist.<br />
Abb. 33.<br />
Verteilung des osmotischen Potentials<br />
bzw. des potentiellen osmotischen<br />
Druckes (-ar *) auf<br />
dem Querschnitt von Ferocactus<br />
wislizenii. Isosmosen = Linien<br />
gleichen Druckes (Zellsaftkonzentration,<br />
Zahlen in MPa,<br />
höchster Druck bei * im Südwesten).
Wasserhaushalt <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> 71<br />
Abb. 34.<br />
Ferocactus wislizenn in <strong>der</strong> Sonora-Wüste<br />
nach SW geneigt<br />
(phot. E. <strong>Walter</strong>).<br />
Abb. 35.<br />
Pachycereus pringlei auf <strong>der</strong><br />
SW-Seite mit Blütenknospen<br />
(eine Blüte bereits geöffnet)<br />
(phot. E. <strong>Walter</strong>).<br />
Als Beispiel sei <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Sonora-Wüste verbreitete Ferocactus<br />
wislizenii genannt. Ein Querschnitt zeigt, daß die Isosmosen<br />
(Linien mit gleichem tt* ) die Asymmetrie <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Wasserbeanspruchung deutlich wie<strong>der</strong>geben, tt* ist am<br />
höchsten im SW <strong>und</strong> am niedrigsten im NE, entsprechend ist<br />
die SW-Seite xeromorpher ausgebildet (mit schmäleren,<br />
dichter stehenden Rippen <strong>und</strong> stärkerem Holzkörper, - vgl.<br />
Abb. 33). Auch das Höhenwachstum ist auf <strong>der</strong> SW-Seite reduziert,<br />
so daß sich <strong>der</strong> Kaktus allmählich nach SW neigt<br />
(Abb, 34) <strong>und</strong> im hohen Alter sogar umkippen kann.
72 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Weiter ist auffallend, daß bei den Säulenkakteen die ersten<br />
Blütenknospen auf <strong>der</strong> SW-Sefte gebildet werden <strong>und</strong><br />
auf <strong>der</strong> NE-Seite überhaupt keine (Abb. 35). Man muß daraus<br />
schließen, daß höherer tt*, also niedrigeres osmotisches<br />
Potential, den Übergang vom vegetativen Wachstum zum<br />
generativen för<strong>der</strong>t, was auch bei den Ephemeren <strong>der</strong> Fall<br />
ist; denn Zwergpflanzen mit höherer Zellsaftkonzentratior<br />
blühen immer zuerst. Das bestätigt die Erfahrung <strong>der</strong> Gärtner,<br />
daß bei erschwerter Wasserversorgung die Pflanzen<br />
stärker blühen, während sie bei guter Wasserversorgung<br />
hauptsächlich vegetativ wachsen.<br />
f Wasserhaushalt von Ökosystemen<br />
Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für das Überleben in Trockengebieten<br />
ist die Ausbildung eines ausreichend großen Wurzelsystems.<br />
Ist das durchwurzelbare Bodenvolumen groß genug,<br />
so können von den mehrjährigen Pflanzen unter<br />
Umständen mehrere Trockenjahre überstanden werden,<br />
wenn Wasser in tieferen Schichten erreichbar ist. Manche<br />
Pflanzen, die beson<strong>der</strong>s tief wurzeln, scheinen sogar in <strong>der</strong><br />
Lage zu sein, dieses Wasser so zu heben („hydraulic lift"),<br />
daß davon sogar an<strong>der</strong>e Pflanzen profitieren können, wie<br />
Caldwell et al. (1991) zeigen konnten.<br />
Das durchwurzelte Bodenvolumen ist zum Beispiel bei<br />
Ölbäumen umso größer, je trockener das Gebiet ist. In Tu*<br />
nesien machen die Bauern aus Erfahrung heraus die Abstände<br />
zwischen den gepflanzten Bäumen von Norden nach<br />
Süden immer größer.<br />
Allgemein lassen sich die Wasserverhältnisse einer Biogeozönose,<br />
eines bestimmten Gebiets, eines ganzen Landschaftsausschnittes<br />
o<strong>der</strong> eines ganzen Landes mit <strong>der</strong><br />
Wasserhaushaltsgleichung quantifizieren. Danach ist, an<br />
gr<strong>und</strong>wasserfernen Standorten, die Eintragsgröße in das System<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlag N.<br />
Wasserhaushaltsgleichung eines Ökosystems:<br />
N = ±5W + (E -I- I -I- T) -t (A + S)<br />
|.<br />
N = Nie<strong>der</strong>schlag E = Evaporation<br />
I = Interzeption T = Transpiration<br />
A = Oberflächenabfluß S = Versickerung<br />
8 W = gespeicherter Wasservorrat im System<br />
Der Austrag kann auf verschiedene Weise erfolgen, einerseits<br />
durch Evaporation E (vom Boden) <strong>und</strong> durch Transpi-
ation T (durch die Pflanzen), dazu kommt die Interzeption<br />
I (oberflächliche Befeuchtung <strong>der</strong> Blätter <strong>und</strong> Verdampfen),<br />
ferner Ist Austrag durch Oberflächenabfluß A <strong>und</strong> durch<br />
Versickerung S in den Boden (unterirdischer Abfluß zum<br />
Gruiidwasser) möglich. Der Boden selbst, bzw. das ganze<br />
Ökosystem, hat einen gewissen Wasservorrat als Speichergröße<br />
8W, die zu (-I-) o<strong>der</strong> abnehmen (-) kann.<br />
Häufig werden E <strong>und</strong> T zusammen (mit I) als Evapotranspiration<br />
(E T ) bezeichnet. Der Überschuß an Wasser, <strong>der</strong><br />
nicht wie<strong>der</strong> durch E T an die Atmosphäre abgegeben wird,<br />
kommt dem Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Speisung benachbarter<br />
Quellen zugute <strong>und</strong> damit schließlich <strong>der</strong> Ausbildung<br />
eines Bach- <strong>und</strong> Flußsystems.<br />
An gr<strong>und</strong>wasserbeeinflußten Standorten kann allochthone<br />
Wasserzufuhr in das System erfolgen, so daß außer dem<br />
Nie<strong>der</strong>schlag auch noch aufsteigendes Wasser dazukommt<br />
<strong>und</strong> die Verlustgröße Sickerwasser sich umkehrt.<br />
In Trockengebieten wird das meiste Wasser durch E T verlorengehen,<br />
eine Speisung des Gr<strong>und</strong>wassers erfolgt nicht<br />
mehr (vgl. S. 39, aride <strong>und</strong> humide Gebiete).<br />
Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome 73<br />
10 Die Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome<br />
Eine in vielen Wüsten sehr wichtige Gruppe sind die Salzpflanzen<br />
o<strong>der</strong> Halophyten. Sie sind an das Auftreten von<br />
Salzböden geb<strong>und</strong>en. Viele Halophyten sind sukkulent,<br />
trotzdem dürfen sie nicht mit den echten Sukkulenten zusanimengefaßt<br />
werden. Ihre Sukkulenz ist die Folge einer<br />
starken Kochsalz-, bzw. Chloridspeicherung; aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e ist ihre Zellsaftkonzentration oft sehr hoch <strong>und</strong><br />
kann 5 MPa überschreiten. Einen gewissen Übergang von<br />
den echten Sukkulenten mit niedriger Zellsaftkonzentration<br />
zu den Halophyten mit sehr hoher Zellsaftkonzentration bilden<br />
die Mesembryanthemen (Mittagsblumen), die extrem<br />
sukkulent sein können, oft auch auf nicht salzigen Böden<br />
Vorkommen, aber trotzdem im Zellsaft stets eine gewisse<br />
o<strong>der</strong> auch größere Menge an Chloriden enthalten.<br />
Die Halophyten o<strong>der</strong> Salzpflanzen besiedeln die Salzböden<br />
an den Meeresküsten <strong>und</strong> in den Wüsten. Die Salzböden<br />
dürften erst relativ spät von Pflanzen erobert worden<br />
sein. Denn auf diesen mußten die Landpflanzen nicht nur<br />
das Wasserproblem, son<strong>der</strong>n auch das <strong>der</strong> physiologischen<br />
Wirkung <strong>der</strong> Salze lösen.<br />
Es ist angebracht, bei <strong>der</strong> Definition von den Pflanzen<br />
selbst auszugehen: Echte Halophyten sind Pflanzen, die in<br />
ihren Organen größere Mengen von Salzen anreichern <strong>und</strong><br />
^ Halophyten sind<br />
Pflanzen, die auf salzhaltigen<br />
bis salzreichen Böden<br />
(Halobiomen) wachsen.
74 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 36.<br />
<strong>Vegetation</strong>sprofil am Großen<br />
Salzsee (U tah, U SA) m it A ngabe<br />
<strong>der</strong> Chloridgehalte im Boden<br />
(TG) in den einzelnen <strong>Vegetation</strong>sgürteln<br />
(K earney et al. 1914,<br />
B reckle 1976).<br />
durch diese nicht geschädigt, son<strong>der</strong>n bei nicht extrem hohen<br />
Konzentrationen sogar geför<strong>der</strong>t werden; die entsprechenden<br />
Salze sind meistens NaCl, zuweilen auch N32S04<br />
o<strong>der</strong> organische Na-Salze.<br />
Die Konzentration des Zellsaftes in den Vakuolen kann<br />
nicht niedriger sein als die <strong>der</strong> Bodenlösung, die bei Salzböden<br />
meist sehr hoch ist. Wenn im Zellsaft zusätzlich osmo<br />
tisch wirksame Substanzen gebildet würden, wie zum Beispiel<br />
Zucker, müßte die Hydratur des Plasmas sehr stark<br />
absinken, was ungünstig wäre. Die Lösung des Problems erfolgt<br />
deshalb auf an<strong>der</strong>e Weise; Es werden aus dem Boden so<br />
viele Salze in die Zellen aufgenommen, daß die Konzentration<br />
<strong>der</strong> Bodenlösung äquilibriert wird. Durch diese aufgenommenen<br />
Elektrolyte (Na+, CI“) erfolgt keine Dehydrierung<br />
des Plasmas, son<strong>der</strong>n eher eine zusätzliche<br />
Hydratation, was eine Sukkulenz <strong>der</strong> Organe bedingt. Umgekehrt<br />
werden im Cytoplasma zusätzlich Substanzen synthetisiert,<br />
die dort den osmotischen Ausgleich hersteilen,<br />
aber plasmaverträglich sind („compatible solutes"). Diese<br />
Substanzen können aus recht verschiedenen Stoffklassen<br />
stammen. Oft sind sie typisch für bestimmte Pflanzenfamilien<br />
o<strong>der</strong> Gattungen, also taxonspezifisch ( P o p p 1995).<br />
In größerer Konzentration sind Salze toxisch. Die Halophyten<br />
müssen also salzresistent sein, was jedoch nur bis<br />
zu einem gewissen Grade möglich ist, so daß sehr stark ver*<br />
salzte Böden vegetationslos bleiben (Abb. 36, zum Beispiel<br />
am Salzseeufer).<br />
Aufgr<strong>und</strong> des unterschiedlichen Verhaltens <strong>der</strong> Pflanzen<br />
gegenüber hoher Salzbelastung aus dem Boden, kann man<br />
verschiedene Anpassungstypen unterscheiden. Die Nichthalophyten<br />
(Halophobe) - die Mehrzahl <strong>der</strong> Pflanzen -<br />
gehen wegen fehlen<strong>der</strong> osmotischer Anpassung bei Salzeinwirkung<br />
an Wassermangel ein. Salze sind für salzempfindliche<br />
Arten toxisch. Diese können deshalb nicht auf<br />
Salzböden wachsen. Die fakultativen Halophyten (Pseudo-Halophyten)<br />
sind zu einem gewissen Grade befähigt.<br />
Normale Haloserie am Großen Salzsee/Utah<br />
S a lz s e e n ,$• j<br />
2 0 %<br />
3 % 2 ,5 % 2 ,5 % ' 1,2 % 0 ,8 % 0 ,8 % 0 ,5 %<br />
Salicornia<br />
rubra<br />
Salicornia<br />
utahensis<br />
Allenrolfea<br />
occidentalis<br />
Sarcobatus<br />
vermiculatus<br />
Sarcobatus<br />
+ Atriplex<br />
Atriplex<br />
confertifolia+<br />
A.nutallii<br />
_ zunehmen^troctener<br />
0,4% 0,04%er<br />
Atriplex *<br />
Ceratoides<br />
lanata<br />
Artemisia<br />
tridentata
ihr Aufnahmesystem in <strong>der</strong> Wurzel durch Salzaufnahme osmotisch<br />
zu adaptieren, das Salz aber im Wurzelbereich festzulegen<br />
<strong>und</strong> dadurch den Sproß relativ salzarm zu halten.<br />
Solche salztoleranten Pflanzen halten eine nicht zu hohe<br />
Salzkonzentration aus, entwickeln sich jedoch besser auf<br />
nicht salzigen Böden.<br />
Für alle Halophyten gilt, worauf auch bei den Mangroven<br />
(Seite 218) hingewiesen wird, daß die Wurzeln wie ein<br />
Ultrafilter wirken, also aus <strong>der</strong> salzigen Bodenlösung praktisch<br />
nur fast reines Wasser aufnehmen <strong>und</strong> dieses durch die<br />
Leitbahnen den Blättern zuführen. In den Gefäßen <strong>der</strong> Halophyten<br />
wurden hohe Kohäsionsspannungen nachgewiesen.<br />
Auch bei den Euhalophyten wirkt das Wurzelsystem<br />
wie ein Ultrafilter, das nur wenige Salze in das Leitsystem<br />
durchläßt. Diese Salze reichern sich aber allmählich doch im<br />
Sproßsystem an <strong>und</strong> rufen durch formative Differenzierungsvorgänge<br />
<strong>der</strong>en Halosukkulenz hervor: Blattsukkulenz<br />
(zum Beispiel Suaeda) o<strong>der</strong>/<strong>und</strong> Sproßsukkulenz (zum<br />
Beispiel Salicornia). Die Euhalophyten werden durch eine<br />
gewisse Salzanreicherung im Wachstum stimuliert. Auf gewöhnlichen<br />
Böden, die nur Spuren von NaCl enthalten,<br />
reißen sie diese an sich, so daß ihr Salzgehalt auch dann relativ<br />
hoch ist. Diese Stimulation kommt durch das Chlorid-<br />
Ion zustande, das auf Eiweißkörper quellend wirkt. Die Folge<br />
davon ist eine Hypertrophie <strong>der</strong> Zellen durch starke<br />
Wasseraufnahme, das heißt eine Sukkulenz <strong>der</strong> Organe. Die<br />
Sukkulenz ist um so ausgeprägter, je höher <strong>der</strong> Chloridgehalt<br />
des Zellsaftes ist. Diese Wirkung hat nur das Chlorid-<br />
Ion, nicht dagegen das auf Eiweißstoffe entquellend wirkende<br />
Sulfat-Ion. Es gibt Halophyten, die neben Chloriden auch<br />
größere Mengen an Sulfaten im Zellsaft speichern; diese Halophyten<br />
sind nicht o<strong>der</strong> nur schwach sukkulent. Man muß<br />
also zwischen Chloridhalophyten <strong>und</strong> Sulfathalophyten<br />
unterscheiden. Sie können nebeneinan<strong>der</strong> auf ein <strong>und</strong> demselben<br />
Boden wachsen. Die Salzaufnahme ist meist artspezifisch<br />
(<strong>Breckle</strong> 1976). Bei den Untersuchungen über das Halophytenproblem<br />
genügt es deshalb nicht, die Böden auf<br />
ihren Salzgehalt zu untersuchen; denn für die Pflanze sind<br />
nur die Salze von Bedeutung, mit denen das Plasma in<br />
Berührung kommt. Man muß dabei stets die Konzentration<br />
<strong>und</strong> die Zusammensetzung <strong>der</strong> Salze im Zellsaft kennen.<br />
Wie verschieden die Zusammensetzung des Zellsaftes von<br />
Halophyten <strong>und</strong> Nichthalophyten ist, soll Abb. 37 zeigen.<br />
Auch für die Euhalophyten besteht eine obere Grenze <strong>der</strong><br />
Salzkonzentration im Zellsaft, die von Art zu Art verschie-<br />
Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome 75
76 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 37.<br />
Konzentration anorganischer<br />
Salze im Zeilsaft <strong>der</strong> transpirierenden<br />
Organe von Halophyten.<br />
Zahlen rechts = Konzentration<br />
MPa entsprechend den Kationen-Equivalenten<br />
als NaCl berechnet.<br />
1-5 Chlorid-Halophyten<br />
(alle halosukkulent bis auf das<br />
absalzende Gras Distichlis):<br />
6-8 Alkali-Halophyten (hohe<br />
Gehalte organischer Anionen, oft<br />
sehr viel Oxalsäure): 9 schwach<br />
halosukkulenter Pseudohalophyt,<br />
oft mit hohem K- statt<br />
Na-Gehalt, ähnlich wie <strong>der</strong><br />
Nichthalophyt 10 (mit sehr<br />
wenig Na) (nach A lbert 1982).<br />
0,5 g - Äquival. 1,5<br />
43<br />
Salicornia rubra<br />
53<br />
Allenrolfea occid.<br />
Suaeda erecta<br />
Distichlis stricta (absaizend)<br />
Halogeton (Anabasis) giomeratus<br />
|1 9<br />
Saisoia kaii<br />
_l 11<br />
Artemisia tridentata<br />
Natrium Kaiium<br />
Chioride Suifate<br />
den ist. Wird diese zu hoch, so kümmern die Pflanzen, was<br />
bei den Chenopodiaceen meistens durch eine Rotfärbun^<br />
(N-haltige Farbstoffe: Betalaine) angezeigt wird, bis sie<br />
schließlich absterben. Es gibt noch eine weitere Gruppe von<br />
Halophyten, in <strong>der</strong>en Zellsaft Na"^ in einer bedeutend höhe-»<br />
ren Äquivalentkonzentration vorkommt, als CI“ <strong>und</strong> S0 4 ^“<br />
zusammengenommen. Es müssen also Na-Ionen durch<br />
Anionen <strong>der</strong> organischen Säuren äquilibriert werden. Nach<br />
dem Absterben dieser Pflanzen werden bei <strong>der</strong> Verwesung<br />
die organischen Säuren zu Kohlensäure abgebaut. Das Natrium<br />
gelangt als NajCOj (Soda) in den Boden, wodurch dieser<br />
alkalisch wird. Wir bezeichnen diese Halophyten als Alkalihalophyten.<br />
Unter den Halophyten gibt es auch mit Salzdrüsen versehene,<br />
meist nicht sukkulente Arten. Diese Rekretohalophyten<br />
sind Arten, die das aufgenommene Salz laufend<br />
wie<strong>der</strong> ausscheiden, wie Limonium, Reaumuria, Frankenia,<br />
Glaux, Spartina <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e halophile Gräser. Salzdrüsen hat<br />
auch ein wichtiger Baum, die Tamariske (Tamarix), die in ariden<br />
Gebieten durch viele Arten vertreten ist. Wenn man die<br />
Zweige dieses Baumes schüttelt, dann fällt Salzstaub von ihnen<br />
ab. Da Tamarix vorwiegend NaCl ausscheidet, überwiegen<br />
im Zellsaft die Sulfate <strong>und</strong> die Blattorgane sind nicht<br />
sukkulent.<br />
Salzausscheidung ist auch durch Einlagerung in isolierte<br />
Blasenhaare (Atriplex etc.) möglich, die einen Überzug bil-
den o<strong>der</strong> auch abgeworfen werden können. Auch durch Abwurf<br />
zum Beispiel salzreicher, alter Blätter ist eine Entledigung<br />
von Salz möglich. Letzteres ist auch bei fakultativen<br />
Halophyten bekannt, zum Beispiel bei Juncus, wo die Blätter<br />
früh vergilben, o<strong>der</strong> bei Rosettenpflanzen {Limonium etc.),<br />
wo laufend neue Blätter gebildet werden. Neben dieser<br />
mehr autökologischen Kennzeichnung <strong>der</strong> Halophyten (vgl.<br />
Abb. 38) wird auch eine verbreitungsökologische Charakterisierung<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Halophytentypen verwendet:<br />
obligate Halophyten - fakultative Halophyten - standortsindifferente<br />
Halophyten - Nichthalophyten, die sich natürlich<br />
größerenteils mit <strong>der</strong> autökologischen Typenbildung deckt.<br />
Entlang eines Salzgradienten im Gelände, etwa um einen<br />
Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome 77<br />
Abb. 38.<br />
Schematische Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
verschiedenen Halophytentypen<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Regulation des internen<br />
Salzgehalts<br />
(nach B reckle 1976).
78 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Salzsee herum, treten die Halophyten meist in einer bestimmten<br />
Zonierung auf. Ganz innen überwiegen stammsukkulente<br />
Euhalophyten, nach außen schließen sich blattsukkulente<br />
an, dann gibt es oft eine Zone mit beson<strong>der</strong>s<br />
vielen Rekretohalophyten, weiter außen folgen die Pseudohalophyten<br />
<strong>und</strong> außen dann (ohne Salzbelastung) die<br />
Nichthalophyten. Eine solche Halo-Catena ist in den Gebieten,<br />
wo es floristisch sehr viele verschiedene Halophytenarten<br />
gibt, wie in Zentral- <strong>und</strong> Mittelasien, am besten ausgebildet<br />
(<strong>Breckle</strong> 1986).<br />
Für viele Elalophyten <strong>der</strong> ariden Gebiete ist, wie schon erwähnt,<br />
nicht das Wasser das Problem, weil sie auf nassen<br />
Salzböden <strong>der</strong> Salzpfannen (Hygrohalophyten) wachsen,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Salzhaushalt. Aber es gibt auch solche, die auf<br />
trockenen Salzböden Vorkommen <strong>und</strong> oft unter Wassermangel<br />
leiden, ungeachtet einer starken Salzspeicherung<br />
(Xerohalophyten); zu diesen gehören Atriplex-, Haloxylon-,<br />
Zyßophyllum-Arten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e, bei denen man oft eine präzise<br />
auf die Wasserverfügbarkeit abgestimmte Reduktion <strong>der</strong><br />
transpirierenden Oberfläche während <strong>der</strong> Dürrezeit beobachten<br />
kann; zum Beispiel wirft Zygophyllum dumosum zuerst<br />
die Fie<strong>der</strong>blättchen ab, dann die Blattstiele, an<strong>der</strong>e die jungen<br />
Endsprosse o<strong>der</strong> sogar die grüne Rinde <strong>der</strong> blattlosen<br />
vorjährigen Triebe.<br />
In allen Trockengebieten besteht ständig die Gefahr def<br />
B o d en versalzu n g . Der Eintrag von Regenwasser bedeutet<br />
zwar nur eine geringe Zufuhr an Salz (im Mittel enthält Regenwasser<br />
0,001 % NaCl), doch auf die Dauer akkumuliert<br />
sich eine erhebliche Menge, wenn kein entsprechen<strong>der</strong> Austrag<br />
erfolgt, wie dies in allen ariden Gebieten (definitionsgemäß:<br />
potentielle Verdunstung übertrifft Nie<strong>der</strong>schlag)<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger <strong>der</strong> Fall ist. Aride Gebiete sind dementsprechend<br />
auch geomorphologisch gekennzeichnet (vgl.<br />
Abb. 7, s. S. 39). Sie weisen endorheische Becken auf, <strong>der</strong><br />
Abfluß erreicht in aller Regel nicht das Weltmeer, son<strong>der</strong>n<br />
führt nur in lokale Becken, die die Erosionsbasis darstellen.<br />
Dort wird das Salz des Nie<strong>der</strong>schlagswassers <strong>und</strong> Salz, das<br />
durch Auslaugung <strong>der</strong> umgebenden Gesteine freigesetzt<br />
wird, angereichert (Salzpfannen o<strong>der</strong> Salzseen, zum Beispiel<br />
Totes Meer, Aralsee, Großer Salzsee in Utah etc.).<br />
In allen ariden Gebieten führt Bewässerung (auch<br />
mit einem Bewässerungswasser, das zum Beispiel nur<br />
0,02 % NaCl [= 200 ppm] enthält <strong>und</strong> damit beste Qualität<br />
hat) zur langsamen Versalzung, wenn man nicht dafür sorgt,<br />
daß das angereicherte Salz immer wie<strong>der</strong> aus den Fel<strong>der</strong>n<br />
ausgewaschen wird, so wie <strong>der</strong> Nil in Ägypten mit seinen
jährlichen Überschwemmungen - vor Errichtung des Assuan-Staudammes<br />
- seit Jahrtausenden im Niltal für Entsalzung<br />
gesorgt hat.<br />
In ariden Gebieten ist das <strong>Vegetation</strong>smosaik stark von<br />
den Salzgehalten im Boden beeinflußt. Die verschiedenen<br />
Biome sind dort gekennzeichnet durch ihre Salzbelastung.<br />
Nicht selten findet man ausgeprägte Gradienten zunehmen<strong>der</strong><br />
Salzbelastung (<strong>und</strong> sinken<strong>der</strong> Bodenkorngröße) in Richtung<br />
auf die Beckenlandschaften hin. Ein Beispiel aus dem<br />
Gebiet des Großen Salzsees ist in Abb. 36 angegeben. Weitere<br />
Beispiele hierzu werden bei <strong>der</strong> Besprechung <strong>der</strong> ariden<br />
Zonobiome III <strong>und</strong> VII gebracht (s. S. 238 <strong>und</strong> S. 415).<br />
Die langen Dürrezeiten in ariden Gebieten führen dazu,<br />
daß die Flüsse nur periodisch o<strong>der</strong> sogar episodisch fließen.<br />
Da die potentielle Evaporation höher ist als <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schlag,<br />
existieren in ariden Gebieten abflußlose Senken,<br />
in denen alles Wasser verdunstet, das durch die Zuflüsse in<br />
dieselben gelangt. Die im Wasser gelösten Salze reichern<br />
sich, wie schon ausgeführt, im Laufe <strong>der</strong> Zeit immer mehr<br />
an. Es kann eine gesättigte Lösung entstehen <strong>und</strong> das Salz<br />
auskristallisieren. Salzseen o<strong>der</strong> Salzbecken sind Kennzeichen<br />
für aride Klimate. Letztendlich ist auch das Weltmeer<br />
ein Endsee, in den im Laufe <strong>der</strong> Jahrmilliarden alles Lösliche<br />
hineintransportiert wurde. Der größte Teil <strong>der</strong> löslichen Salze<br />
besteht aus NaCl, denn die Hydrocarbonate werden frühzeitig<br />
nach Verlust von COj als CaCO,, die Sulfate etwas später<br />
als Gips (= CaS0 4 ) ausgefällt. Die Kalisalze kristallisieren,<br />
wenn überhaupt, am spätesten aus, so entsteht eine typische<br />
Abfolge dieser Evaporite als Sedimentfolge.<br />
Natrium-Ionen werden durch Verwitterung aus Silikaten<br />
frei, dagegen sind Chlorid-Ionen zwar im Meerwasser in einer<br />
Menge von fast 20 g/Liter (Sulfat nur 2,7 g) enthalten,<br />
aber chlorhaltige Mineralien sind selten. Durch Verwitterung<br />
von Mineralien können somit nur wenig Chlorid-Ionen<br />
frei werden. Trotzdem läßt sich NaCl im Flußwasser<br />
stets nachweisen. Es dürfte auch durch HCl-haltige Exhalationen<br />
<strong>der</strong> Vulkane im Laufe <strong>der</strong> langen Erdgeschichte angereichert<br />
worden sein.<br />
Das NaCl <strong>der</strong> Salzböden ari<strong>der</strong> Gebiete kann verschiedenen<br />
Ursprungs sein:<br />
1. Es handelt sich um Meersalz, das in Gesteinen eingeschlossen<br />
ist, die als Meeressedimente (E v a p o rite ) abgelagert<br />
wurden. Bei <strong>der</strong> Verwitterung dieser Gesteine wird<br />
das Salz vom Regenwasser gelöst <strong>und</strong> in die abflußlosen<br />
Senken transportiert. Stark verbrackt sind deshalb die<br />
Wüsten mit anstehenden Meeressedimentgesteinen (ju<br />
Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Haiobiome 79
80 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
rassische, kretazische, tertiäre) zum Beispiel die nördliche<br />
Sahara <strong>und</strong> die Ägyptische Wüste, während aride Gebiete<br />
mit anstehenden magmatischen Gesteinen o<strong>der</strong> terrestrischen<br />
Sandsteinen viel weniger Salzböden aufweisen,<br />
2. Verbracht sind ebenfalls die ariden Gebiete, die in jüngster<br />
geologischer Vergangenheit See- o<strong>der</strong> Meeresbecken waren,<br />
die langsam austrockneten, zum Beispiel die Gebiete<br />
um den Great Salt Lake (Utah; Lake Bonneville als glazialer<br />
See), um den Kaspi- <strong>und</strong> Aralsee (Mittelasien), um<br />
den Tuz Gölü (Zentralanatolien), Totes Meer im Nahen<br />
Osten (Lisansee als glazialer See), Lago Enriqulllo (Hispaniola)<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
3. Wenn an ariden Meeresküsten eine starke Brandung<br />
herrscht, so wird Meerwasser fein zerstäubt, die Salzwassertröpfchen<br />
trocknen aus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Salzstaub wird viele<br />
Kilometer landeinwärts verweht. Er kommt entwe<strong>der</strong> als<br />
solcher zur Ablagerung o<strong>der</strong> wird dem Boden durch Regen<br />
o<strong>der</strong> Nebel zugeführt. Dieser Vorgang findet auch in<br />
humiden Gebieten statt, aber in diesen wird das abgelagerte<br />
Salz ständig ausgewaschen <strong>und</strong> durch die Flüsse<br />
wie<strong>der</strong> dem Meer zugeführt (zyklisches Salz). In ariden<br />
Gebieten ohne Abfluß reichert sich dagegen das Salz an.<br />
Auf diese Ursache ist die Verbrackung <strong>der</strong> Äußeren Namib<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> ariden Teile W-Australiens zurückzuführen. Sind<br />
in den Senken Salzflächen entstanden, so kann <strong>der</strong> Wind<br />
Salzstaub von diesen weiter verwehen. Aber auch fernab<br />
<strong>der</strong> Küsten bringt Regen (mit 10 bis 20 ppm NaCl) stetig<br />
Spuren von Salz mit sich.<br />
4. Eine Verbrackung kann auch eintreten, wenn mit Salz beladenes<br />
Quellwasser an die Oberfläche tritt, zum Beispiel<br />
in <strong>der</strong> nördlichen Kaspi-Nie<strong>der</strong>ung. In diesem Falle hank<br />
I<br />
■<br />
I<br />
I<br />
Verdunstung des W assers<br />
i i i<br />
I I<br />
* Salzkruste *<br />
Abb. 39.<br />
Bildung einer Salzkruste durch<br />
kapillaren Aufstieg (ausgezogene<br />
Pfeile) des Gr<strong>und</strong>wassers <strong>und</strong><br />
Verdunstung des Wassers (gestrichelte,<br />
farbige Pfeile): Salzanreicherung<br />
an <strong>der</strong> Bodenoberfläche<br />
(nach <strong>Walter</strong> ¡990).<br />
kapillarer Aufstieg des W assers<br />
Gr<strong>und</strong>wasser
delt es sich um Salz von in früheren geologischen Zeiten<br />
ausgetrockneten Meeresbecken (Perm, Muschelkalk), das<br />
in größeren Tiefen Lagerstätten bildet. In ariden Gebieten<br />
sammelt sich dieses Salz an, in humiden Gebieten (Salzquellen<br />
zum Beispiel in Bad Salzuflen, Salzdetfurth, Salzgitter,<br />
Salzburg) wird es wie<strong>der</strong>um rasch zum Meer abgeführt.<br />
In den Wüsten findet nach jedem Regen eine Verlagerung<br />
des Salzes von den höheren Stellen des Reliefs zu den tieferen<br />
statt, so daß die Senken verbracken. Sind die anstehenden<br />
Sedimentgesteine sehr salzhaltig <strong>und</strong> die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
sehr gering, wie zum Beispiel um Kairo-Heluan o<strong>der</strong> im<br />
Zentralen Iran, so kann auch <strong>der</strong> Boden <strong>der</strong> Plateaustandorte<br />
Salz enthalten. In <strong>der</strong> regenlosen Zentralsahara findet keine<br />
Salzverlagerung statt, somit fehlt eine Salzanreicherung<br />
in Senken ganz.<br />
Für die Pflanzen ist nicht <strong>der</strong> Salzgehalt des Bodens auf<br />
das Trockengewicht berechnet von Bedeutung, son<strong>der</strong>n die<br />
Salzkonzentration <strong>der</strong> Bodenlösung in <strong>der</strong> Wurzelregion. In<br />
schwach salzigen Böden, die zugleich trocken sind, ist die<br />
Konzentration oft höher als in stark verbrackten, aber nassen<br />
Böden.<br />
Eine Salzverlagerung wird auch durch Verdunstung von<br />
<strong>der</strong> Bodenoberfläche herbeigeführt, wenn das Gr<strong>und</strong>wasser<br />
weniger als 1 m unter <strong>der</strong> Oberfläche steht, so daß es kapillar<br />
bis zur Bodenoberfläche aufsteigen kann; es bildet sich an <strong>der</strong><br />
Oberfläche eine Salzkruste (Abb. 39), selbst wenn das Gr<strong>und</strong>wasser<br />
nur sehr geringe Salzmengen enthält (Abb. 40). Das<br />
Salz (%)<br />
0 2 10<br />
Halophyten <strong>und</strong> Salzböden, Halobiome 81<br />
NaCl<br />
Abb. 40.<br />
Salzgehalt in verschiedener Bodentiefe<br />
bei einem bewässerten<br />
Beet (links) mit Gr<strong>und</strong>wasseranstieg<br />
<strong>und</strong> einem unbewässerten<br />
Beet im Swakoptal (Namibia).<br />
NaCl = ausgezogene, Na2S04 =<br />
gestrichelte Linie. Die Salze reichern<br />
sich nur an <strong>der</strong> Oberfläche<br />
an (nach <strong>Walter</strong> 1990).
82 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Salzausblühungen<br />
Junge Flußterrasse<br />
Abb. 41.<br />
Salzanreicherung im Swakoptal<br />
(Namibwüste). Die Pfeile geben<br />
Richtung <strong>und</strong> Stärke <strong>der</strong> Wasserströmung<br />
im Boden an, die<br />
gestrichelten Pfeile die Verdunstung,<br />
Die Salzkonzentration<br />
steigt zum Rande des Tales an;<br />
das Salz blüht am Fuße <strong>der</strong> Terrasse<br />
aus, wo <strong>der</strong> Wasserstrom<br />
außört (nach <strong>Walter</strong> 1990).<br />
Für nachhaltige Bewässerungskulturen<br />
in<br />
Trockengebieten gilt, um<br />
die sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />
anreichernden Salze zu<br />
entfernen, generell die<br />
Regel: Keine Bewässerung<br />
ohne Entwässerung.<br />
Salz scheidet sich immer dort aus, wo <strong>der</strong> kapillare Wasserstrom<br />
sein Ende findet; das sind die höchsten Stellen des Mikroreliefs<br />
(Abb. 41).<br />
Das Auftreten einer Salzkruste in den Dürrezeiten behin<strong>der</strong>t<br />
das Wachstum <strong>der</strong> Pflanzen nicht unbedingt, wenn diese<br />
in dem nicht brackigen Gr<strong>und</strong>wasser wurzeln. In <strong>der</strong><br />
Pampa de Tamarugal in <strong>der</strong> Atacama-Wüste wachsen Prosopw-Bäume<br />
in Löchern einer halbmeterdicken Salzkruste nur<br />
deswegen, weil ihre Wurzeln Gr<strong>und</strong>wasserströme mit Süßwasser<br />
erreichen.<br />
Je<strong>der</strong> Acker, <strong>der</strong> in ariden Gebieten bewässert wird, ohne<br />
daß eine gewisse Entwässerung erfolgt, stellt ein abflußloses<br />
Becken dar <strong>und</strong> muß mit <strong>der</strong> Zeit auch dann verbracken,<br />
wenn das zur Bewässerung verwendete Wasser nur sehr<br />
kleine Salzmengen enthält. Auf diese Weise sind weite Kulturflächen<br />
in Mesopotamien <strong>und</strong> im Indusgebiet zur<br />
Salzwüste geworden. Bei den nicht dränierten Baumwollfel<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> Gezira im Sudan ist das bis jetzt nicht <strong>der</strong> Fall, weil<br />
das zum Bewässern benutzte Wasser des Blauen Nils beson<strong>der</strong>s<br />
salzarm ist. Kleine Salzmengen werden vom Acker jedesmal<br />
mit <strong>der</strong> geernteten Pflanzenmenge entfernt.<br />
Wo die Regel „keine Bewässerung ohne Entwässerung"<br />
nicht befolgt wird, brechen die Kulturen wegen Versalzung<br />
in wenigen Jahrzehnten zusammen, wie dies viele „kurzlebige"<br />
Entwicklungsprojekte zeigen <strong>und</strong> gezeigt haben.<br />
11 Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden<br />
Neben <strong>der</strong> Wirkung von Salz (NaCl) müssen auf Salzstandorten<br />
auch immer die Wirkungen an<strong>der</strong>er Ionen mitbedacht<br />
werden, zum Beispiel Hydrogenkarbonat {Alkaliböden, Sodaböden),<br />
Sulfat, Borat. Aber nicht nur <strong>der</strong> speziellere Fall<br />
<strong>der</strong> Belastung mit Salz (NaCl) im Boden <strong>der</strong> Trockengehiete<br />
führt zur <strong>Vegetation</strong>sdifferenzierung, ganz allgemein stellt<br />
<strong>der</strong> Bodenläktor (also die edaphische Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Mine-
alstoffversorgiing <strong>der</strong> Pflanzen) eine wichtige Voraussetzung<br />
für das Gedeihen <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> damit für die normale<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Ausbildung von Ökosystemen dar<br />
<strong>und</strong> prägt damit den Charakter <strong>der</strong>selben. Nicht nur die Bereitstellung<br />
<strong>der</strong> wesentlichen Nährstoffe für die Pflanzen,<br />
auch die Wasserhaltefähigkeit in Abhängigkeit vom Porenvolumen,<br />
von <strong>der</strong> Korngrößenverteilung <strong>der</strong> Bodenbestandteile,<br />
übt einen großen Einfluß auf das Gedeihen aus, vor allem<br />
dadurch, daß die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen<br />
am Standort sehr unterschiedlich sein kann (vgl. S. 62).<br />
Die notwendigen, also essentiellen Mineralstoffe für<br />
Pflanzen (<strong>und</strong> Tiere) stammen letztlich aus dem Muttergestein,<br />
aus dem durch Verwitterung die einzelnen Mineralien<br />
freigesetzt werden. Durch Vergrößerung <strong>der</strong> Oberflächen<br />
<strong>und</strong> durch Umbau werden die Nährstoffe verfügbar. Im Laufe<br />
<strong>der</strong> Prozesse <strong>der</strong> Bodenbildung (im Wechselspiel mit den<br />
Pflanzen) werden die Stoffkreisläufe im Ökosystem gespeist.<br />
Laufende Verluste durch Austrag ins Gr<strong>und</strong>wasser (vgl.<br />
Abb. 42) o<strong>der</strong> Staubauswehung etc. müssen, durch Nachschub,<br />
im wesentlichen eben durch Verwitterung, ergänzt<br />
werden. Nur dann bleibt das Ökosystem nachhaltig, erhält<br />
sich also über lange Zeit. Das Stoffgleichgewicht im System<br />
Boden/Pflanze wird langfristig durch Einträge <strong>und</strong> Verwitterung<br />
<strong>und</strong> durch die Austräge ausbalanciert (Abb. 42).<br />
Einträge aus<br />
<strong>der</strong> Atmosphäre<br />
Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden 83<br />
System Pflanze-Boden<br />
Blätter<br />
Holz<br />
Streu<br />
o<br />
Unterirdische Biomasse<br />
Zersetzung Aufnahme<br />
Boden j Boden<br />
Nichtaustauschbare --------------- Austauschbare<br />
Fraktionen Verwitterung . Fraktionen<br />
Ober- <strong>und</strong> unterirdischer Abfluß<br />
Auslaugung (run-off, leaching)<br />
Abb. 42.<br />
Das Sysiem Pflanze/Boden mit<br />
<strong>der</strong> engen Verflechtung <strong>der</strong> Kompartimente.
84 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Sediment-Fracht<br />
{t-km-2.a'^)<br />
H i >1000<br />
500-1000<br />
B S a 100-500<br />
I I 0-100<br />
I<br />
1Wüsten<br />
i Inlandeis<br />
Abb. 43.<br />
Globale Übersicht über die Sedimentfrachten<br />
mittelgroßer<br />
Abflußbecken (nach White et al.<br />
1992) .<br />
Aber auch Staubeintrag ist bekannt. So dürfte ein nicht<br />
unerheblicher Teil <strong>der</strong> Nährstoffe des amazonischen Regenwaldes<br />
auch über Ferntransport von Feinstaub (zum Beispiel<br />
aus <strong>der</strong> Sahara) stammen.<br />
Auf dem Erdball spielt sich insgesamt gesehen ständig efn<br />
ganz erheblicher Transport von Feinmaterial ab. Die bei <strong>der</strong><br />
Verwitterung freiwerdenden <strong>und</strong> zerkleinerten Gesteinsteiichen,<br />
Mineralien etc. sedimentieren zeitweise o<strong>der</strong> werden<br />
weiter verfrachtet, bis sie schließlich im Weltmeer landen<br />
o<strong>der</strong> zum Beispiel große Flußdeltas aufbauen. Die Sedimentfracht<br />
(Abb. 43) aus den verschiedenen Gebieten <strong>der</strong><br />
Erde hängt einerseits von <strong>der</strong> Reliefenergie <strong>und</strong> den Höhenunterschieden<br />
ab, an<strong>der</strong>erseits von <strong>der</strong> Struktur des Materials,<br />
so wird <strong>der</strong> leicht erodierende Löß aus China in großen<br />
Mengen verfrachtet (über den Gelben Fluß ins Gelbe Meer).<br />
Die Verfrachtung des durch Verwitterung zerkleinerten<br />
Materials erfolgt entwe<strong>der</strong> durch Wind o<strong>der</strong> durch fließendes<br />
Wasser. Dabei ist die Fließ- bzw. Windgeschwindigkeit<br />
<strong>und</strong> die Korngröße <strong>der</strong> zu verfrachtenden Teilchen von<br />
großer Bedeutung. Mit zunehmen<strong>der</strong> Teilchengröße überwiegt<br />
<strong>der</strong> Sedimentationsvorgang immer stärker, <strong>und</strong> er<br />
kann nur noch durch sehr hohe Fließgeschwindigkeiten<br />
überw<strong>und</strong>en werden (Abb. 44).<br />
Durch den Wind werden vor allem Korngrößen um<br />
0,1 mm am Boden entlang bewegt <strong>und</strong> sedimentiert. Diese<br />
haben eine beson<strong>der</strong>s niedrige kritische Schubspannungsge-
Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden 85<br />
Abb. 44.<br />
Die Abhängigkeit <strong>der</strong><br />
Partikel- Verfrachtung<br />
durch fließendes Wasser<br />
von <strong>der</strong> Korngröße<br />
(in mm) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fließgeschwindigkeit<br />
des<br />
Wassers (in cm ■sec')<br />
(nach K untze et al.<br />
1994).<br />
Schluff (Löß) Feinsand Grobsand<br />
Abb. 45.<br />
Die Abhängigkeit <strong>der</strong> Partikelverfrachtung<br />
durch Wind von<br />
Korngröße (in mm) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geschwindigkeit<br />
<strong>der</strong> Bodenteilchen<br />
(in cm-sec'). Korngrößen unter<br />
0,01 mm („Löß") bleiben länger<br />
suspendiert <strong>und</strong> können durch<br />
Ferntransport weit verfrachtet<br />
werden. Feinsand mit Korngrößen<br />
zwischen 0,1 <strong>und</strong> 0,5 mm<br />
wird vor allem durch Saltation<br />
(Dünen, Rippelmarken) am Boden<br />
entlang transportiert (nach<br />
W hite et al. ¡992).
86 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
schwindigkeit (Abb. 45), so daß Saltation (Springen, Hüpfen<br />
<strong>der</strong> Körner) erleichtert ist, was zur Bildung <strong>der</strong> großen<br />
Sanddünen führt.<br />
Generell spielen die Prozesse <strong>der</strong> Erosion <strong>und</strong> <strong>der</strong> Akkumulation<br />
langfristig gesehen eine bedeutende Rolle bei <strong>der</strong><br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Standortseigenschaften von Ökosystemen,<br />
Auch <strong>der</strong> stark gesteigerte Abtrag von Bodenmaterial auf<br />
Kulturflächen führt zu raschen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> unter<br />
Umständen zu einer Degradierung, die weitere Kulturennicht<br />
zuläßt. Tab. 3 gibt für ein humides Gebiet in den USA<br />
die Abtragungsraten an. Danach ist erkennbar, daß eine geschlossene<br />
<strong>Vegetation</strong>sdecke <strong>der</strong> beste Bodenschutz ist.<br />
Rechnet man die Menge an abgespültem wertvollem Boden<br />
aus, so ergeben sich bei diesem Beispiel für eine nur 1 ha<br />
große Fläche in 10 Jahren 1500 t, die verloren gehen. Etwas<br />
geringer sind die Bodenverluste in Deutschland, da die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
meist weniger stark sind <strong>und</strong> diese hohen Werte<br />
für Hanglagen bestimmt wurden.<br />
Die Mineralienausstattung <strong>und</strong> die durch langfristige Bodenbildung<br />
im System verfügbaren Nährstoffe bestimmen<br />
ganz wesentlich die Produktivität <strong>der</strong> Ökosysteme. Die Muttergesteine<br />
spielen allerdings bei Ökosystemen höheren Al<br />
ters mit reifen, tiefgründigen Böden kaum mehr eine Rolle<br />
(vgl. Schwarzwassergebiete, S. 139), aber auf jüngeren<br />
Standorten kann man sehr wohl die verschiedenen Vegeta^<br />
tionseinheiten (<strong>und</strong> damit Ökosysteme) auf Kalk, auf Kristallin,<br />
auf Gips etc. unterscheiden.<br />
Die Nährstoffe im Boden sind offensichtlich für die Entwicklung<br />
einer hohen Biodiversität nicht verantwortlich. Im<br />
Gegenteil weisen gerade uralte, sehr nährstoffarme Gebiete<br />
(Südwestaustralien, Kapgebiet) mit extrem armen Quarzsanden<br />
oft eine unglaubliche Biodiversität auf; dies wi<strong>der</strong>-<br />
Tab. 3. Abtragung einer Bodenschicht von sandigem<br />
Lehm durch Erosion. Angegeben ist die Zeitdauer<br />
in Jahren zum Abtrag einer 10-cm-Schicht<br />
in den südöstlichen USA bei 10° Hangneigung ^<br />
<strong>Vegetation</strong>sdecke, Nutzung<br />
Zeit (in Jahren)<br />
Natürliche, intakte Laubwaldvegetation 320 000<br />
Dichter Rasen 46 000<br />
Ackerbau mit Fruchtwechsel 60<br />
Baumwollanbau 25<br />
Maisanbau 20<br />
Unbewachsener, nackter Boden 10
Potentielle AK<br />
Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden 87<br />
Abb. 45.<br />
Die prozentualen Anteile verschiedener<br />
Kationen an <strong>der</strong> potentiellen<br />
Austauschkapazität<br />
(bezogen auf pH 7=100%) in<br />
Abhängigkeit vom pH-Wert, in<br />
einem Boden mit 20-30 % Ton,<br />
vorwiegend Dreischichtminerale<br />
<strong>und</strong> 2-3 % Humusgehalt (nach<br />
Scheffer & Schachtschabel<br />
1992).<br />
spricht <strong>der</strong> Vermutung von B arthlott et al. (1996) für die<br />
überraschende Artenarmut <strong>der</strong> Llanos in Venezuela <strong>und</strong> Kolumbien.<br />
Die Verfügbarkeit <strong>der</strong> Nährstoffe ist einerseits von <strong>der</strong> inneren<br />
Oberfläche <strong>der</strong> Bodenmineralien (<strong>und</strong> des Humus)<br />
abhängig, an<strong>der</strong>erseits natürlich von <strong>der</strong> vorhandenen Belegung<br />
<strong>der</strong> an den großen inneren Oberflächen befindlichen<br />
lonenaustauscherplätze. Diese Belegung steht teilweise im<br />
Gleichgewicht mit dem pH-Wert, bei sauren Böden ist ein<br />
zunehmen<strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> lonenaustauscherplätze mit Protonen<br />
belegt (Abb. 46). Der Anteil an austauschbaren mineralischen<br />
Nährstoffen (Ca, Mg, K) nimmt dadurch ab. Bei stärker<br />
sauren Böden kommt noch nachteilig hinzu, daß das<br />
dreiwertige AP"^ weitere Plätze blockiert <strong>und</strong> damit, zum<br />
Beispiel bei pH 3 kaum noch Nährstoffkationen in einem<br />
solchen Boden vorhanden sind. In kühlen, feuchten Klimagebieten<br />
tendiert die Bodenbildung zu solchen sauren, nährstoffverarmten<br />
Böden (Taiga, ZB VIII).<br />
In heißen, feuchten Klimaten läuft die Verwitterung des<br />
Muttergesteins <strong>und</strong> die Bildung <strong>und</strong> Umsetzung von Tonmineralien<br />
sehr viel rascher ab (Abb. 47). Während in<br />
gemäßigten Klimabereichen die Tone meist als Dreischichtminerale<br />
im Boden auftreten (<strong>und</strong> damit eine relativ große<br />
Kationenaustauschkapazität bereitstellen), sind tropische<br />
_ In humiden Klimaten<br />
überwiegen im Boden<br />
Auswaschungsprozesse<br />
(- >absteigen<strong>der</strong> Transport),<br />
in ariden Gebieten<br />
überwiegen Akkumulationsvorgänge<br />
(-> aufsteigen<strong>der</strong><br />
Transport).
88 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Feldspäte<br />
Montmorillonit •<br />
Kaolinit<br />
- ► Hydrargillit<br />
(amorphe Gele)<br />
% * * ? M ? * * * * * M I M<br />
Glimmer<br />
I Ausgangsmineralien |<br />
\<br />
teilweise<br />
völlig<br />
Schichtpaket-Trennung<br />
_______________/<br />
teilweise______________ völlig<br />
______Schichtpaket-Abbau______]<br />
Abb. 47.<br />
Die Bildung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zerfall von<br />
Tonmineralien. Illit <strong>und</strong> Montmorillonit<br />
sind Dreischicht-Tonmineralien,<br />
Kaolinit ist ein<br />
Zweischicht-Tonmineral (nach<br />
L e r c h 1991).<br />
Böden meist durch das Zweischichttonmineral Kaolinit gekennzeichnet,<br />
das nur 5 bis 10 % an lonenaustauschkapazität<br />
gegenüber Dreischichttonmineralien aufweist. Diese<br />
extreme Kationenarmut ist einer <strong>der</strong> wichtigsten Gründe für<br />
die „ökologische Benachteiligung <strong>der</strong> Tropen" (W eischet<br />
1980).<br />
In Trockengebieten führen die Anreicherungen an <strong>der</strong><br />
Bodenoberfläche o<strong>der</strong> im Boden in bestimmten Bodentiefen<br />
zu Ablagerungen, die sehr fest sein können <strong>und</strong> die als Kalko<strong>der</strong><br />
Gipskrusten o<strong>der</strong> auch als Latente etc. auftreten können.<br />
In humiden Gebieten führen Auswaschungsprozesse<br />
allmählich zu einer Verarmung <strong>und</strong> Versauerung (Podsolierung)<br />
<strong>der</strong> Böden. Beide Vorgänge prägen entscheidend die<br />
Ausbildung <strong>der</strong> einzelnen Ökosysteme in den entsprecheitden<br />
Zonobiomen. Die Haupttypen <strong>der</strong> Böden sind schematisch<br />
im Ökogramm bestimmten Klimafaktoren zugeordnet<br />
(Abb. 48).<br />
Die Unterscheidung zwischen den klimatypischen Ökosystemen<br />
<strong>und</strong> solchen, die stärker durch pedologische Vorgänge<br />
geprägt sind, ist daher meist nur sehr unscharf möglich,<br />
weil bestimmte pedologische Prozesse selbst zonobiomspezifisch<br />
sind. Manche Pedobiome sind daher eigentlich zonobiomspezifische<br />
Biome (zum Beispiel im Zonobiom II, wo<br />
Krustenbildungen, Latente etc. auftreten).<br />
Aus dem Muttergestein erfolgt die Bodenbildung in<br />
Wechselwirkung mit <strong>der</strong> sich entwickelnden <strong>Vegetation</strong>. Die<br />
Bodenbildungsprozesse führen dabei, beeinflußt vom Klima,<br />
zu bestimmten Bodentypen o<strong>der</strong> Gruppen von Böden. Die<br />
Bodengenese ist aber ein sehr langandauern<strong>der</strong> Prozeß.<br />
Schematisch sind einige wichtige Vorgänge in Abb. 49 erläutert.<br />
Man erkennt, daß auch bei den Böden <strong>der</strong> historische<br />
Aspekt bedeutsam ist. Natürliche Ökosysteme schaffen sich<br />
ganz allmählich ihren spezifischen Bodentyp, <strong>der</strong> dann im<br />
Einklang steht mit den langfristigen Klimabedingungen <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> zonalen <strong>Vegetation</strong> am Standort.
Mineralstoffversorgung <strong>und</strong> Böden 89<br />
Abb. 48.<br />
Die Hauptgruppen <strong>der</strong> Böden im<br />
Ökogramm von Feuchtigkeit <strong>und</strong><br />
Temperatur.<br />
T<strong>und</strong>raböden<br />
Zunehmende<br />
o<br />
Unreife<br />
Böden<br />
Raumgitter<br />
Schichtgitter<br />
Tonaufbau<br />
Primäre<br />
Mineralien<br />
physikalische<br />
Vera/itterung<br />
Wasser- <strong>und</strong><br />
Salzsprengung<br />
Rohböden/<br />
Skelettböden<br />
Ranker<br />
Rendzina<br />
(auf Kalk)<br />
Tone <strong>und</strong> Basen<br />
Mamada'<br />
Sehr<br />
Reg<br />
Sortierung<br />
nach Korn-<br />
^ große<br />
Erg<br />
Takyr<br />
Shotts<br />
Reife<br />
Böden<br />
hohe Basenabsorption<br />
Basenauswaschung<br />
Sek<strong>und</strong>äre<br />
Mineralien<br />
Tonveriagerung<br />
<strong>und</strong> Tonzerfall<br />
Basen ausgewaschen ^<br />
braune<br />
Waldböden<br />
/ Staunässe<br />
Gleyböden<br />
nicht ausge\ aschen<br />
1<br />
Schwarzerde<br />
Tschernosom<br />
semiarides Klima, verzögerte<br />
Mineraiisierung<br />
organischer Substanzen<br />
Gealterve<br />
Böden<br />
Ortsteine<br />
\<br />
Krustenbildung<br />
Abb. 49.<br />
Schema <strong>der</strong> Genese<br />
von Böden auf<br />
Silikat in Abhängigkeit<br />
von verschiedenen<br />
Einflußfaktoren.
90 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
12 Ökotypen sowie das Gesetz vom Biotopwechsel<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> relativen Standortskonstanz<br />
Viele Pflanzenarten o<strong>der</strong> Phytozönosen {Pflanzengemeinschaften)<br />
haben eine sehr weite Verbreitung <strong>und</strong> wachsen,<br />
wenn man ihre Areale (Wohnbezirke) auf einer Karte<br />
betrachtet, anscheinend unter ganz verschiedenen Klimabedingungen.<br />
Diese Tatsache kann auf zwei Ursachen beruhen.<br />
1. Die Art als taxonomische Einheit ist ökophysiologisch oft<br />
stark differenziert, zum Beispiel im Hinblick auf ihre Kälte-<br />
o<strong>der</strong> Dürreresistenz o<strong>der</strong> ihren Klimarhythmus. So<br />
kommt die Kiefer, Pinus sylvestris, von Lappland bis Spanien<br />
vor <strong>und</strong> nach Osten bis in die Mongolei, wobei<br />
höchstens ihre Wuchsform taxonomisch unwesentliche<br />
Unterschiede aufweist. Aber die spanische Kiefer kann<br />
nicht in Lappland wachsen, weil sie zu kälteempfindlich<br />
ist, die lappländische nicht in Spanien, weil sie eine lange<br />
Winterruhe braucht. Deswegen muß <strong>der</strong> Forstwirt<br />
stets sehr genau auf die Provenienz (Herkunft) des Saatguts<br />
achten. Die meisten taxonomisch einheitlichen Arten<br />
bestehen aus vielen solchen Ökotypen (Rassen, Varietäten),<br />
o<strong>der</strong> sie sind, wenn die ökophysiologischen<br />
Unterschiede gleitende Übergänge aufweisen, Ökokline.<br />
2. Die zweite Möglichkeit einer weiten Verbreitung berulit<br />
auf einem Biotopwechsel <strong>der</strong> Art o<strong>der</strong> Phytozönose,<br />
wenn sich ihr Areal in ein klimatisch an<strong>der</strong>es Gebiet hinein<br />
erstreckt. Wird zum Beispiel das Klima am Nordrand<br />
des Areals kälter, so findet man die Art nicht mehr in <strong>der</strong><br />
Ebene, son<strong>der</strong>n auf den kleinklimatisch wärmeren Südhängen,<br />
das heißt es tritt ein Biotopwechsel ein, durch<br />
den die Klimaän<strong>der</strong>ung kompensiert wird, so daß die<br />
Standorts- o<strong>der</strong> Umweltbedingungen für die Pflanzen sich<br />
kaum än<strong>der</strong>n, also relativ konstant bleiben. Diese Gesetzmäßigkeit<br />
kann man überall beobachten: Im Südteil des<br />
Areals gehen die Pflanzen immer mehr auf die Nordhänge,<br />
in tiefe feuchte Schluchten o<strong>der</strong> hinauf ins Gebirge.<br />
Wird das Klima feuchter, so suchen die Pflanzen trockene<br />
Kalk- o<strong>der</strong> Sandböden auf. Im trockenen Klima dagegen<br />
findet man sie entsprechend auf schweren, nassen Böden<br />
o<strong>der</strong> auf solchen mit hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand.<br />
Natürlich muß man berücksichtigen, daß auf <strong>der</strong> Südhemisphäre<br />
die Nordhänge warm sind <strong>und</strong> am Äquator die Ost<strong>und</strong><br />
Westhänge. Ebenso weisen in ariden Gebieten die<br />
Sandböden die günstigste Wasserversorgung für die Pflanzen<br />
auf (s. S. 233L).
Azonale <strong>und</strong> Extrazonale <strong>Vegetation</strong> 91<br />
Dies gilt nicht nur für die Wasserverhältnisse in ariden<br />
Gebieten, son<strong>der</strong>n ganz allgemein für alle Faktoren, die<br />
durch das Klima mitbestimmt werden.<br />
Das Gesetz des Biotopwechsels muß auch in den Gebirgen<br />
bei <strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Flöhenstufen berücksichtigt werden:<br />
Schon die Unterschiede <strong>der</strong> Höhengrenzen bei verschiedener<br />
Exposition deuten diese Gesetzmäßigkeit an. Viel extremer<br />
sind Son<strong>der</strong>nischen mit intensiver Einstrahlung <strong>und</strong> Kälteabfluß,<br />
die es kleinen Baumbeständen erlauben, über <strong>der</strong><br />
Waldgrenze schon innerhalb <strong>der</strong> alpinen Stufe zu wachsen.<br />
Einzelne Bäume fand man im Westpamir in durchblasenen<br />
Schluchten ohne Kaltluftstau noch bei 4000 m NN, <strong>und</strong><br />
Sträucher in dem wilden Gelände sogar bei 5000 m NN, im<br />
Hindukusch fanden wir in sehr geschützten Nischen an Südflanken<br />
solche auf 5100 m. An<strong>der</strong>erseits fehlt in Kaltluftdolinen<br />
<strong>der</strong> Ostalpen eine Waldvegetation schon bei 1270 m NN,<br />
wobei bei Lunz (Nie<strong>der</strong>österreich) die tiefste Temperatur in<br />
Westeuropa mit -51 °C gemessen wurde.<br />
Auch Bodenfaktoren spielen eine Rolle. Auf schwer verwitterndem<br />
Dolomit findet man Fragmente <strong>der</strong> alpinen <strong>Vegetation</strong><br />
in den Ostalpen inmitten <strong>der</strong> Buchenstufe. Son<strong>der</strong>nischen<br />
sind auch die Lawinenzüge, auf denen die<br />
Konkurrenz <strong>der</strong> Baumarten ausgeschaltet ist, so daß die<br />
Krummholzarten <strong>der</strong> subalpinen Stufe sich in tiefen Lagen<br />
<strong>der</strong> Waldstufe zu behaupten vermögen. Auf solchen Son<strong>der</strong>biotopen<br />
findet man oft Relikte <strong>der</strong> Arten, die früher<br />
unter an<strong>der</strong>en klimatischen Bedingungen eine weitere Ausdehnung<br />
des Areals besaßen. Doch sollten für die Reliktnatur<br />
eines Vorkommens möglichst auch historische Beweise<br />
erbracht werden.<br />
_ _ Gesetz <strong>der</strong> relativen<br />
Standortskonstanz <strong>und</strong><br />
des Biotopwechsels^ Wenn<br />
innerhalb des Verbreitungsgebiets<br />
einer Pflanzenart<br />
o<strong>der</strong> einer Phytozönose<br />
das Klima sich in\<br />
einer bestimmten Richtung<br />
än<strong>der</strong>t, so tritt ein<br />
Biotopwechsel ein, durch<br />
den die Klimaän<strong>der</strong>ung<br />
möglichst kompensiert<br />
wird, das heißt die Standorts-<br />
o<strong>der</strong> Umweltbedingungen<br />
bleiben relativ<br />
konstant.<br />
13 Azonale <strong>und</strong> Extrazonale <strong>Vegetation</strong><br />
Die dem Klima entsprechende zonale <strong>Vegetation</strong> trifft man<br />
nur auf Flächen an, auf denen sich das typische Regionalklima<br />
voll auswirkt. Man nennt solche Biotope E u k lim a to p e<br />
(russ. Plakorflächen). Es sind ebene, leicht erhöhte Flächen<br />
mit tiefgründigen Böden, die we<strong>der</strong> zu durchlässig (wie<br />
Sand) sind noch zur Vernässung durch Wasserstau neigen.<br />
Wenn wir die <strong>Vegetation</strong> auf den Euklimatopen als zonale<br />
<strong>Vegetation</strong> bezeichnen, so handelt es sich nach erfolgtem<br />
Biotopwechsel um eine e x tra zo n a le V e g e ta tio n , für die<br />
nicht mehr das Großklima maßgebend ist, son<strong>der</strong>n die lokalen<br />
Bedingungen. Wenn sich zum Beispiel die Wäl<strong>der</strong> längs<br />
<strong>der</strong> Flüsse als Galeriewäl<strong>der</strong> weit in ein arides Klimagebiet<br />
hinein erstrecken, so sind diese Galeriewäl<strong>der</strong> extrazonal.
92 Ökologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
_ _ Ein <strong>Vegetation</strong>smosaik,<br />
das dem einer benachbarten<br />
<strong>Vegetation</strong>szone<br />
entspricht <strong>und</strong> insei- o<strong>der</strong><br />
zungenartig aufgr<strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s<br />
günstiger o<strong>der</strong><br />
beson<strong>der</strong>s ungünstiger<br />
(lokal-)klimatischer Bedingungen<br />
auftritt, wird als<br />
extrazonale <strong>Vegetation</strong><br />
bezeichnet.<br />
Bei azonalen Böden<br />
<strong>und</strong> azonaler <strong>Vegetation</strong><br />
wirkt sich die Beschaffenheit<br />
des Substrats stärker<br />
aus als das Klima.<br />
Die extrazonale <strong>Vegetation</strong> kann Auskunft geben über die<br />
zonale <strong>Vegetation</strong> einer humi<strong>der</strong>en o<strong>der</strong> kälteren bzw. einer<br />
ari<strong>der</strong>en o<strong>der</strong> wärmeren Zone, wenn dort die zonale <strong>Vegetation</strong><br />
vernichtet worden ist.<br />
Es ist ein Nachteil aller Arealkarten, daß auf ihnen die zonale<br />
<strong>und</strong> extrazonale Verbreitung nicht geson<strong>der</strong>t zu erkennen<br />
ist. Dadurch entsteht ein falscher Eindruck von den<br />
Klimaansprüchen <strong>der</strong> Pflanzen, zumal gerade die Arealgrenzen<br />
häufig in Beziehung zu Klimalinien gebracht werden.<br />
Der Begriff <strong>der</strong> zonalen <strong>Vegetation</strong> (s. S. 96f.) sollte nur<br />
bei großräumigen Betrachtungen für die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
natürlichen <strong>Vegetation</strong> ganzer Kontinente verwendet werden.<br />
Nur dann macht sich <strong>der</strong> Einfluß des Klimas deutlich<br />
bemerkbar, <strong>und</strong> die lokalen durch Boden, Relief <strong>und</strong> Exposition<br />
bedingten Unterschiede treten in den Hintergr<strong>und</strong>.<br />
An<strong>der</strong>erseits kann auch unter natürlichen Verhältnissen<br />
die zonale <strong>Vegetation</strong> auch auf großen Flächen weitgehend<br />
fehlen, wenn zum Beispiel das Gr<strong>und</strong>wasser so hoch ist, daß<br />
Sümpfe <strong>und</strong> Moore alles bedecken (W-Sibirien, Sudd-Sümpfe<br />
im Sudan) o<strong>der</strong> in den Alluvionen <strong>der</strong> großen Flüsse.<br />
Auch auf ausgedehnten Lavadecken (Idaho) o<strong>der</strong> auf Salzböden<br />
weiter abflußloser Becken (Aralsee) wächst ein <strong>Vegetation</strong>smosaik,<br />
das <strong>der</strong> zonalen <strong>Vegetation</strong> sehr unähnlich<br />
ist. In diesen Fällen haben wir es mit Pedobiomen, also mit<br />
einer a zo n alen V e g e ta tio n zu tun, die viel stärker durth<br />
die speziellen Bodeneigenschaften beeinflußt wird <strong>und</strong> auf<br />
die das Klima sich nur in schwachem Maße auswirkt.<br />
Dies heißt nicht, daß azonale Biotope weltweit gleich<br />
aussehen würden, auch sie sind vom Klima beeinflußt, wie<br />
die verschiedenen Zonierungen an Meeresküsten zeigen.<br />
FRAGEN<br />
1 Welches sind die ßr<strong>und</strong>legenden ökologischen Faktoren, denen<br />
Lebewesen ausgesetzt sind?<br />
2 Was bedeutet die Aussage: „Stickstoff ist Minimumfaktor"?<br />
3 Bei welchen ökologischen Faktoren ist sowohl zuviel (Maximum)<br />
als auch zuwenig (Minimum) Streß?<br />
4 Was ist ein Halophyt?<br />
5 Warum gibt es endorheische Salzseen?<br />
6 Was besagt das Gesetz vom Biotopwechsel bzw. <strong>der</strong> relativen<br />
Standortskonstanz?<br />
7 Was ist Zonale, Azonale <strong>und</strong> Extrazonale <strong>Vegetation</strong>? .<br />
8 Wo befinden sich auf <strong>der</strong> Erde „hot spots" <strong>der</strong> Biodiversität<br />
<strong>und</strong> wie könnte man dies erklären?<br />
9 Konkurrenz o<strong>der</strong> Koevolution - was ist in Ökosystemen wichtiger?
ökologische Systeme<br />
<strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
1 Geo-Biosphäre <strong>und</strong> Hydro-Biosphäre<br />
Die Biosphäre umfaßt die dünne Schicht an <strong>der</strong> Erdoberfläche,<br />
in <strong>der</strong> sich alle Lebenserscheinungen abspielen, also<br />
auf dem Lande die unterste Schicht <strong>der</strong> A tm o s p h ä re , soweit<br />
sich die lebenden Organismen in ihr dauernd aufhalten<br />
<strong>und</strong> die Pflanzen hineinragen, sowie die durchwurzelte<br />
Schicht <strong>der</strong> L ith o s p h ä re , die als Boden bezeichnet wird.<br />
Daneben finden wir Leben in allen Gewässern bis in die Tiefsee<br />
hinunter. Aber in diesem wässrigen Medium spielt sich<br />
<strong>der</strong> Stoffkreislauf auf an<strong>der</strong>e Weise ab als auf dem Lande,<br />
<strong>und</strong> die Organismen sind so verschieden (zum Beispiel<br />
Plankton), daß die Ökosysteme getrennt behandelt werden<br />
müssen. Wir glie<strong>der</strong>n deshalb die Biosphäre in:<br />
R a u m a u s s c h n itt (S p h ä re )<br />
Raumstruktur<br />
lntejplan_etarischer_R^m___________<br />
Lufthülle<br />
A tm o s p h ä r e<br />
Wissenschaft<br />
Astronomie<br />
Astrophysik<br />
Klimatologie<br />
Meteorologie<br />
Feste Erde<br />
Erdmantel<br />
Erdkern<br />
Boden<br />
B io s p h ä r e<br />
P e d o s p h ä re<br />
L ith o s p h ä re<br />
- Ökologie<br />
I<br />
Ozeane<br />
H y d ro s p h ä re<br />
Zi<br />
Geomorphologie<br />
Glaziologie<br />
Bodenk<strong>und</strong>e<br />
Hydrologie<br />
Ozeanographie<br />
Geochemie<br />
Geologie<br />
Geophysik<br />
Basiswissenschaften;<br />
Geographie • Mathematik • Informatik<br />
Physik • Chemie • Biologie<br />
A b b . 50.<br />
Die einzelnen Raumausschnitte<br />
auf <strong>der</strong> Erde <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bereich<br />
<strong>der</strong> Ökologie im Kontext an<strong>der</strong>er<br />
Wissenschafien.
94 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
1. die Geo-Biosphäre, die terrestrischen Ökosysteme umfassend,<br />
<strong>und</strong><br />
2. die Hydro-Biosphäre mit den aquatischen Ökosystemen,<br />
mit denen sich die Hydrobiologie beschäftigt (bzw. özeanographie).<br />
Zur Erfassung <strong>der</strong> wesentlichen Prozesse in <strong>der</strong> Biosphäre<br />
sind heute zahlreiche Ergebnisse aus an<strong>der</strong>en Wissenschaften<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Die Betrachtung großräumiger ökologischer<br />
Zusammenhänge ist nur durch interdisziplinäre Auswertung<br />
von Ergebnissen möglich, dementsprechend ist die<br />
Ökologie heute eine sehr interdisziplinäre Wissenschaft geworden,<br />
die über den ursprünglichen Bereich in <strong>der</strong> Biologie<br />
hinausgreift, wie dies in Abb. 50 schematisch dargestellt<br />
ist.<br />
2 Die Hydro-Biosphäre<br />
Der Erdball wird zu 71 % von Wasser bedeckt, trotzdem soll<br />
hier in diesem Rahmen die Hydrosphäre nur sehr kurz behandelt<br />
werden.<br />
Tab. 4. Quantitative Angaben zur Hydrosphäre in globaler Sicht<br />
Bereich Fläche Volumen prozentualer prozentualer<br />
(10^ km^) (10*^ km3) Anteil am Ge- Anteil bezosamtwasservo-<br />
gen auf das<br />
lumen <strong>der</strong> Erde Süßwasser<br />
Weltmeer 361,3 338,0 96,5 _<br />
Festland 148,4 47,97 3,5<br />
Gr<strong>und</strong>wasser 134,8 23,4 1,7<br />
davon Süßwasser (134,8) 10,53 0,76 30,1<br />
Bodenfeuchtigkeit 82,0 0,015 0,001 0,05<br />
Polareis, Schnee 16,23 24,064 1,74 68,7<br />
Antarktis 13,98 21,6 1,56 61,7<br />
Grönland 1,80 2,34 0,17 6,68<br />
Gebirge 0,224 0,041 0,003 0,12 "<br />
Permafrost 21,0 0,30 0,022 0,86<br />
Süßwasserseen 1,236 0,091 0,007 0,26<br />
Salzwasserseen 0,822 0,085 0,006 _<br />
Sümpfe, Moore 2,683 0,0115 0,008 0,03<br />
Wasserläufe 0,0021 0,0002 0,006<br />
Wasser <strong>der</strong> Atmosphäre (510) 0,0129 0,001 0,04<br />
Biologisch geb<strong>und</strong>enes Wasser (510) 0,0011 0,0001 0,003<br />
(nach Schönwiese 1994)
Die Hydro-Biosphäre 95<br />
Tab. 5. Quantitative Angaben zur Kryosphäre <strong>und</strong> Chionosphä re<br />
Bereich<br />
Fläche (10^ kmü<br />
Volumen<br />
(10^ kmü<br />
Meeresspiegeläquivalent<br />
(in m)*<br />
Landeis 14,44 32,44 81,2<br />
Antarktis 12,2 29,32 73,3<br />
Grönland 1,7 3,0 7,6<br />
Gletscher 0,54 0,12 0,3<br />
Permafrost (ohne Antarktis)<br />
beständig 7,6 0,03 0,08<br />
maximal 17,3 0,07 0,18<br />
Meereir<br />
arktisch (Winter) 14,0 0,05<br />
(Sommer) 7,0 0,02 -<br />
antarktisch (Winter) 18,4 0,06 -<br />
(Sommer) 3,6 0,02 -<br />
Schnee<br />
Nordhemisphäre (Winter) 46,3 0,002 «<br />
(Sommer) 3,7
96 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
1<br />
3 Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geo-Biosphäre in Zonobiome<br />
Unser Untersuchungsobjekt ist nur die Geo-Biosphäre, die<br />
den Hauptlebensraum des Menschen bildet <strong>und</strong> uns deshalb<br />
beson<strong>der</strong>s Interessiert (<strong>Walter</strong> 1976). Zu ihrer Unterglie<strong>der</strong>ung<br />
bietet sich als primär unabhängiger Umweltfaktor das<br />
Großklima an. Denn von diesem hängt sowohl die Bodenbildung<br />
als auch die <strong>Vegetation</strong> ab (vgl. S. 35ff.), es ist noch<br />
kaum durch den Menschen verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> läßt sich durch<br />
das immer dichter werdende Netz <strong>der</strong> meteorologischen Stationen<br />
überall einwandfrei erfassen (über die Prinzipien <strong>der</strong><br />
Glie<strong>der</strong>ung vgl. <strong>Walter</strong> 1976).<br />
Das Großklima wird durch die planetaren Luftströmungen<br />
in <strong>der</strong> gesamten Atmosphäre bestimmt. Die Meteorologen<br />
unterscheiden, <strong>der</strong> Klimagenese nach, meist sieben l
F die subpolare Zone (mit schwachen Ostwinden);<br />
G die hochpolare Zone.<br />
Dies ist die Auswirkung des bodennahen, planetarischen<br />
Zirkulationssystems, wie es in Abb. 51 erkennbar ist.<br />
Das Klimasystem <strong>der</strong> Atmosphäre ist vermutlich in seinen<br />
Gr<strong>und</strong>zügen ein sehr stabiles System.<br />
Den Ökologen interessiert vor allem das Klima innerhalb<br />
<strong>der</strong> Geo-Biosphäre. Es kann durch das ökologische Klimadiagramm<br />
gekennzeichnet werden (s. S. 35). Es erweist sich<br />
dabei als zweckmäßig, die sehr große gemäßigte Zone <strong>der</strong><br />
Meteorologen weiter zu unterglie<strong>der</strong>n <strong>und</strong> dieTubpöTäre sowie<br />
hocKpolare zu einer arktischen zusammenzufassen. Es<br />
ergeben sich danri neun ökologische Kltrnäzöhen, die wir im<br />
ökologischen Sinne als Z o n o b io m e (ZB) bezeichnen, denn<br />
unter einem Biom versteht man einen großen, klimatisch<br />
einheitlichen Lebensraum innerhalb <strong>der</strong> Geo-Biosphäre. Als<br />
h um id bezeichnet man ein feuchtes (regenreiches) Klima,<br />
als arid ein trockenes (regenarmes) (vgl. S. 35). Bei Doppelbezeichnungen<br />
bezieht sich die erste auf den Sommer, die<br />
zweite auf den Winter.<br />
Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Geo-Biösphäre in 7 nn^hi---<br />
(P<br />
U !<br />
97<br />
Die n eun Z o n o b io m e (vgl. auch A bb. 26):<br />
ZB I Äquatoriales ZB mit Tageszeitenklima, humides tro-<br />
"pisches ZB<br />
ZB II Tropisches ZB mit Sommerregen, humido-arides tropisches<br />
ZB<br />
ZB III Subtropisches ZB mit Wüstenklima, heiß-arides ZB ;<br />
spärliche Regen<br />
ZB IV ZB mit Sommerdürre <strong>und</strong> Winterregen, arido-humides<br />
(mediterranes) ZB<br />
ZB V Warmtemperiertes, (ozeanisches), humides ZB ;<br />
mild-maritimes ZB<br />
ZB VI Typisch gemäßigtes ZB mit kurzer Frostperiode, nemorales<br />
ZB<br />
ZB VII Arid-gemäßigtes ZB mit kalten Wintern, kontinenta-<br />
' lesZB<br />
ZB VIII Kalt-gemäßigtes ZB mit kühlen Sommern <strong>und</strong> langen<br />
W intern,'boreal^ ZB<br />
ZB IX Arktisches einschließlich antarktisches, mit sehr<br />
kurzen Sommern, polares ZB.<br />
Die Zonobiome sind eindeutig durch Klimadiagrammtypen<br />
definiert (s. S. 36ff.), zudem entsprechen ihnen weitgehend,<br />
wenn auch nicht immer, jeweils bestimmte zonale Boden<strong>und</strong><br />
<strong>Vegetation</strong>stypen, wie es die Übersicht in Tab. 6 zeigt,<br />
wobei betont werden muß, daß viele Übergangsräume<br />
(Ökotone) existieren (s. S. 98).
98 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
Tab. 6. Die Boden- <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong>stypen <strong>der</strong> einzelnen Zonobiome<br />
Zonobiom<br />
(ZB)<br />
Zonale Bodentypen<br />
Zonale <strong>Vegetation</strong>stypen<br />
1 Äquatoriale Braunlehme<br />
(ferrallitische Böden, Latosole)<br />
II<br />
III<br />
IV<br />
V<br />
VI<br />
VII<br />
Rotlehme, Roterden<br />
(fersiallitische Böden)<br />
Seroseme, Syroseme (Grau- o<strong>der</strong><br />
Roterden, Rohböden, Salzböden)<br />
Mediterrane Braunerden<br />
(fossile Terra rossa)<br />
Gelbe o<strong>der</strong> Rote Waldböden, leicht<br />
podsolig<br />
Wald-Braunerden <strong>und</strong> Graue<br />
Waldböden<br />
Tschernoseme bis Seroseme<br />
(Rohböden)<br />
Immergrüner tropischer Regenwald<br />
ohne Jahreszeitenwechsel<br />
Tropischer laubwerfen<strong>der</strong> Wald o<strong>der</strong><br />
Savannen<br />
Subtropische Wüstenvegetation<br />
(Gesteinslandschaften)<br />
Hartlaubgehölzvegetation (Sklerophylle),<br />
(bodenfrostempfindlich)<br />
Temperierter immergrüner Wald<br />
(Lauriphylle), (frostempfindlich)<br />
Nemoraler winterkahler Laubwald<br />
(frostresistent)<br />
Steppen bis Wüsten mit kaiten<br />
Wintern (frostresistent), kurze, heiße<br />
Sommer<br />
VIII Podsole (Rohhumus-Bleicherden) Boreale Nadelwäl<strong>der</strong> (Taiga),<br />
(sehr frostresistent)<br />
IX<br />
Humusreiche T<strong>und</strong>raböden mit<br />
Solifluktion (Permafrostböden)<br />
T<strong>und</strong>ravegetation (baumfrei)<br />
4 Zonoökotone<br />
— Ökotone sind ökologische<br />
Spannungsräume -<br />
Übergangsbereiche, in denen<br />
ein <strong>Vegetation</strong>styp<br />
durch einen an<strong>der</strong>en abgelöst<br />
wird.<br />
Die <strong>Klimazonen</strong> <strong>und</strong> damit auch die Zonobiome sind gegeneinan<strong>der</strong><br />
nicht scharf abgegrenzt (alle Grenzziehungen sind<br />
künstlich), son<strong>der</strong>n durch oft sehr breite Übergangszonen -<br />
die Zonoökotone (ZÖ) - miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en.<br />
Ökotone sind zum Beispiel kleinräumig: ein Wald mit<br />
Waldrand wird durch Wiesen abgelöst, o<strong>der</strong> großräumig<br />
zum Beispiel in Osteuropa: <strong>der</strong> Laubwald geht allmählich in<br />
die Steppe über.<br />
Im Zonoökoton kommen beide Typen nebeneinan<strong>der</strong> unter<br />
gleichen großklimatischen Verhältnissen vor <strong>und</strong> stehen<br />
miteinan<strong>der</strong> in scharfem Wettbewerb. Den Ausschlag für das<br />
Auftreten des einen o<strong>der</strong> des an<strong>der</strong>en <strong>Vegetation</strong>stypus geben<br />
das reliefbedingte Kleinklima o<strong>der</strong> die Böden. Dabei<br />
kommt entwe<strong>der</strong> eine diffuse Durchdringung <strong>der</strong> beiden Typen<br />
o<strong>der</strong> eine mosaikartige Anordnung zustande. Erst ist <strong>der</strong><br />
eine Typus stärker vertreten, dann halten sich beide die<br />
Waage, bis <strong>der</strong> zweite immer mehr überwiegt <strong>und</strong> <strong>der</strong> erste<br />
ganz verschwindet, womit das neue Zonobiom beginnt.<br />
Die Bezeichnung <strong>der</strong> Zonoökotone erfolgt nach den Zonobiomen,<br />
die sie verbinden, z. B. die Zonoökotone:
ZÖ I/II, ZÖ II/III, ZÖ III/IV, ZÖ IV/V etc.<br />
Es können auch Dreieckszonoökotone Vorkommen,<br />
wenn drei Zonobiome aneinan<strong>der</strong> stoßen (zum Beispiel<br />
Pannonische Tiefebene ZÖ VI/VII/IV). Wir behandeln die<br />
wesentlichen Zonoökotone in kurzen eigenen Abschnitten<br />
jeweils am Schluß <strong>der</strong> zugehörigen Zonobiome.<br />
Die geographische Verbreitung <strong>der</strong> einzelnen Zonobiome<br />
<strong>und</strong> Zonoökotone geht aus <strong>der</strong> schematischen Weltkarte<br />
(Abb. 26) bzw. für die einzelnen Kontinente aus Abb. 65 bis<br />
70) hervor.<br />
5 Orobiome<br />
!/= /y /<br />
J- ' i t : UCf 1 . I/ / i O - T '<br />
Die Geo-Biosphäre ist nicht nur in horizontaler Richtung geglie<strong>der</strong>t,<br />
son<strong>der</strong>n durch die Gebirge auch in vertikaler. Sie<br />
muß also dreidimensional betrachtet werden. Die Gebirge<br />
heben sich klimatisch-aus den <strong>Klimazonen</strong> heraus <strong>und</strong> werden<br />
deshalb geson<strong>der</strong>t-vcril 'den Zonobiomen behandelt. Wir<br />
bezeichnen sie als Orobiome (OB).<br />
Charakteristisch ist für alle Orobiome, daß die mittlere<br />
Jahrestemperatur mit <strong>der</strong> Höhe abnirmnt. Diese Abnahme<br />
ist pro 100 m Höhenunterschied etwa ebenso groß wie die<br />
in <strong>der</strong> euro-nordasiatischen Ebene auf einer Entfernung von<br />
100 km in <strong>der</strong> Richtung von Süden nach Norden. Deswegen<br />
sind die Höhenstufen im Gebirge etwa lOOOmal schmaler als<br />
die <strong>Vegetation</strong>szonen in <strong>der</strong> Ebene von Süden nach Norden.<br />
Gewisse Ähnlichkeiten <strong>der</strong> Höhenstufen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szonen<br />
<strong>der</strong> höheren Breiten fallen in Europa <strong>und</strong> Nordamerika<br />
bei flüchtiger Betrachtung auf, aber Unterschiede<br />
sind stets vorhanden. Denn bis auf die Temperaturabnahme<br />
<strong>und</strong> die Verkürzung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit mit <strong>der</strong> Höhe ist das<br />
Gebirgsklima an<strong>der</strong>s als das in <strong>der</strong> Ebene. Zum Beispiel än<strong>der</strong>t<br />
sich die Tageslänge ebenso wie <strong>der</strong> Sonnenstand mit <strong>der</strong><br />
Höhe nicht, dagegen nimmt die Tageslänge im Sommer von<br />
Süd nach Nord zu, während die Höhe des Sonnenstands<br />
mittags abnimmt. Die direkte Sonnenstrahlung verstärkt<br />
sich mit <strong>der</strong> Höhe, die diffuse wird schwächer, in <strong>der</strong> Ebene<br />
ist es in nördlicher Richtung umgekehrt. Die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
nehmen im Gebirge mit <strong>der</strong> Höhe meist sehr rasch zu, im<br />
arktischen Gebiet sind sie dagegen gering.<br />
Außerdem sind die beiden Eianken eines Gebirges fast nie<br />
symmetrisch, son<strong>der</strong>n auch klimatologisch, zum Beispiel<br />
durch Fönwirkung verschieden. Dadurch ist <strong>der</strong> Teinperaturgradient<br />
aus physikalischen Gründen (vgl. Abb. 52) auch<br />
nicht mehr gleich groß, weil sich feuchtadiabatische <strong>und</strong><br />
trockenadiabatische Erwärmung (Abkühlung) energetisch<br />
Orobiome 99<br />
— Orobiome sind Gebirgslebensräume,<br />
die<br />
nach Höhenstufen geglie<strong>der</strong>t<br />
sind. Die einzelnen<br />
Höhenstufen werden<br />
auch als hypsozonale o<strong>der</strong><br />
orozonale <strong>Vegetation</strong> bezeichnet.<br />
Es ist die dritte<br />
Dimension, die sich aus<br />
dem zugehörigen Zonobiom<br />
heraushebt.<br />
^ Höhenstufen im Gebirge<br />
sind nur oberflächlich<br />
gesehen eine kurzgestauchte<br />
Wie<strong>der</strong>holung<br />
<strong>der</strong> planetarischen <strong>Vegetation</strong>szonen<br />
in den Ebenen<br />
zu den Polen hin.
100 ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
unterscheiden. Bei einer Abkühlung <strong>der</strong> Luft durch Hebung<br />
(<strong>und</strong> Volumenausdehnung bei geringer werdendem Luft<br />
druck) wird irgendwann <strong>der</strong> Taupunkt erreicht, dies ist das<br />
Kondensationsniveau, bei dem Wolken entstehen („Wol<br />
kenwald") <strong>und</strong> Feuchtigkeit „ausregnet". Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite des Gebirges, wenn beim Absinken <strong>der</strong> Luft (mit<br />
Druckanstieg) nur noch trockenadiabatische Erwärmung<br />
erfolgt, ist die Luft letztlich bei gleicher Tallage wärmer<br />
<strong>und</strong> trockener geworden: F ö h n w irk u n g (Abb. 52), ver<br />
ursacht durch die freigewordene Kondensationswärme<br />
(2,26 MJ-kg“', vgl. physikalische Größen, S. 13) beim Aufstieg<br />
<strong>der</strong> Luft.<br />
Jedes Gebirge innerhalb eines Zonobioms ist eine ökologische<br />
Einheit mit typischer H ö h e n s tu fe n fo lg e , <strong>der</strong>en Stufen<br />
allgemein als kollin, montan, alpin <strong>und</strong> nival bezeichnet<br />
werden. Sie sind im einzelnen jedoch in Abhängigkeit von<br />
<strong>der</strong> Zone, in <strong>der</strong> das Gebirge liegt, sehr verschieden. So haben<br />
zum Beispiel die Höhenstufenfolgen bei den Gebirgen<br />
im Zonobiom I, IV o<strong>der</strong> VI kaum etwas Gemeinsames.<br />
Die weitere Unterteilung <strong>der</strong> Orobiome erfolgt deshalb *<br />
nach den Zonobiomen, zu denen sie gehören. Wir sprechen '<br />
deshalb vom Orobiom I, Orobiom II etc. Außerdem werden<br />
unterschieden uni-, inter- <strong>und</strong> multizonale Orobiome (Gebirge),<br />
je nachdem, ob sie innerhalb eines Zonobioms liegen<br />
o<strong>der</strong> zwischen zwei Zonobiomen o<strong>der</strong> sich durch viele erstrecken,<br />
wie <strong>der</strong> Ural (von IX bis VII) o<strong>der</strong> die Anden (von<br />
ui<br />
Abb. 52.<br />
Schema <strong>der</strong> Föhnwirkung. Auf<br />
<strong>der</strong> Luvseite kommt es zur Hebung<br />
<strong>der</strong> Luftmassen (A), dann<br />
zur Wolkenbildung (B) evtl, mit<br />
Nie<strong>der</strong>schlag. Auf <strong>der</strong> Leeseite<br />
(C) kommt es zu Erwärmung,<br />
Trockenheit <strong>und</strong> Turbulenzen.<br />
Die Erwärmung ist auf den<br />
Unterschied zwischen dem<br />
feuchtadiabatischen Temperaturgradienten<br />
(B) (Kondensationswärme)<br />
bei Hebung <strong>und</strong> dem<br />
trockenadiabatischen Gradienten<br />
(C, A) beim Absinken (mit zusätzlicher<br />
Einstrahlung bei klarer<br />
Luft) zurückzuführen (nach<br />
Schonwiese 1994).
I bis IX). Interzonale Gebirge sind die Alpen, <strong>der</strong> Kaukasus<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Himalaja. Sie sind meist scharfe Klimagrenzen <strong>und</strong><br />
die Höhenstufenfolge am Nord- <strong>und</strong> Südrand muß getrennt<br />
behandelt werden. Bei einem multizonalen Gebirge ist es<br />
notwendig, dasselbe den Zonen entsprechend in einzelne<br />
Abschnitte mit beson<strong>der</strong>en Höhenstufenfolgen zu glie<strong>der</strong>n.<br />
Die Anden sind sowohl multizonal als auch interzonal<br />
(West- <strong>und</strong> Ostabfall verschieden). An<strong>der</strong>s sind auch die<br />
Höhenstufenfolgen bei inneren Gebirgstälern mit geringen<br />
Nie<strong>der</strong>schlägen <strong>und</strong> kontinentalen Verhältnissen (Intragebirgs-Höhenstufenfolgen).<br />
Pedobiome 101<br />
6 Pedobiome<br />
Nicht nur die Orobiome heben sich aus den Zonobiomen<br />
heraus, son<strong>der</strong>n auch bestimmte Flächen mit extremen Böden<br />
Imd einer azonalen <strong>Vegetation</strong> verhalten sich abweichend.<br />
Wir bezeichnet! sie als Pedobiome (PB), das heißt an<br />
bestimmte Böden geb.<strong>und</strong>ene Lebensräume.<br />
Durch den Menschen sind die Böden nur dort stark verän<strong>der</strong>t,<br />
wo eine Bodenerosion, das heißt Abtragung <strong>der</strong> oberen<br />
Bodenschicht o<strong>der</strong> des gesamten Bodens, verursacht<br />
wurde, bzw. wo <strong>der</strong> Boden bearbeitet o<strong>der</strong> überbaut ist. Das<br />
Großklima wirkt sich auf die <strong>Vegetation</strong> unverän<strong>der</strong>t nur<br />
auf den Euklimatopen (russisch als »Plakor« bezeichnet)<br />
aus, also auf ebenen Flächen mit Böden, die nicht zu schwer<br />
<strong>und</strong> nicht zu leicht sind, so daß die Nie<strong>der</strong>schläge nicht<br />
oberflächlich abfließen, son<strong>der</strong>n in den Boden eindringen<br />
<strong>und</strong> von diesem als Haftwasser zurückgehalten werden, das<br />
heißt nicht zu rasch zum Gr<strong>und</strong>wasser absinken, sie stehen<br />
somit <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> voll zur Verfügung. Bei extremen Kalkböden<br />
ist das nicht <strong>der</strong> Fall, sie sind zu trockene <strong>und</strong> zugleich<br />
zu warme Biotope im Vergleich zum Großklima. An<strong>der</strong>erseits<br />
können die Böden schädliche Stoffe enthalten,<br />
wie Salze (NaCl, Na2S0 4 ), o<strong>der</strong> die Böden sind extrem nährstoffarm,<br />
so daß die <strong>Vegetation</strong> ebenfalls von <strong>der</strong> normalen<br />
des Zonobioms abweicht.<br />
Die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Pedobiome, die weniger durch das<br />
Großklima beeinflußt wird, son<strong>der</strong>n viel stärker durch den<br />
Boden <strong>und</strong> deshalb in fast gleicher Ausbildung auf gleichen<br />
Böden in mehreren Zonen auftreten kann, bezeichnen wir<br />
als.azonale <strong>Vegetation</strong> (s. S. 91f.).<br />
DieTedobiome werden unterteilt nach den Böden, die für<br />
sie typisch sind: Lithobiome (Steinböden), Psammobiome<br />
(Sandböden), Halobiome (Salzböden), Helobiome (Mooro<strong>der</strong><br />
Sumpfböden), Hydrobiome (mit Wasser bedeckte Bö
102<br />
Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
den), Peinobiome (Mangelböden o<strong>der</strong> nährstoffarme Böden,<br />
von peine, griech. = Hunger, Mangel), Amphibiome (= wechselfeuchte<br />
Böden) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
Die Pedobiome können oft riesige Flächen einnehmen,<br />
zum Beispiel das Lithobiom <strong>der</strong> Basaltdecken in Idahc-<br />
(USA), das Psammobiom <strong>der</strong> südlichen Namib, <strong>der</strong> Rub-al-<br />
Khali in Saudi-Arabien o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Karakum-Wüste in Mittelasien<br />
mit 35 0 0 0 km^, das Helobiom des Sudd-Sumpfgebiei«<br />
am Nil (150 000 km^), das Moorgebiet Westsibiriens (übet<br />
1 Million km^, Abb. 279, s. S. 455). Auch ihre Ökologie is:<br />
geson<strong>der</strong>t von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Zonobiome zu behandeln.<br />
7 Rangstufen von ökologischen Systemen<br />
Aufgr<strong>und</strong> unserer bisherigen Ausführungen können wir ein<br />
Schema für die Rangstufen sowohl <strong>der</strong> größeren als auch<br />
<strong>der</strong> kleineren ökologischen Einheiten aufstellen (vgl.<br />
Abb. 53). Neben <strong>der</strong> klimatischen Hauptreihe werden dabei<br />
die durch die Gebirge einerseits (OB) <strong>und</strong> die durch spezifische<br />
Bodenbedingungen an<strong>der</strong>erseits (PB) abgewandelien<br />
Biome als entsprechende orographische bzw. pedologischt<br />
Biosphäre<br />
.( X u - e<br />
Örobiome<br />
inter-, multizonale)<br />
Zonobiome |<br />
(nach <strong>Klimazonen</strong> l-IX) I<br />
I<br />
'<br />
Örobiome 1<br />
JZ ■g) (in l-IX) j<br />
c<br />
1<br />
1<br />
£1 0)<br />
Q.<br />
3<br />
(D<br />
Subzono-Biome I<br />
u----------- 1 - ------- - J<br />
Biome<br />
(geographische Einheiten)<br />
Litho-, Psammousw.<br />
-biome<br />
Biome<br />
(Landschaften)<br />
r<br />
Abb. 53.<br />
Schema <strong>der</strong> hierarchischen Glie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> ökologischen Systeme<br />
<strong>der</strong> Geo-Biosphäre.<br />
Synusien<br />
(Teilsysteme)
Rangstufen von ökologischen Systemen 103<br />
Geographie<br />
Meteorologie<br />
Durchmesser<br />
Begriff Beispiel km m Beispiel Begriff<br />
Zone Klimazone 10'' Rossby-Welle Makro a<br />
Makro ß<br />
Meso a<br />
Meso ß<br />
Meso Y<br />
Mikro a<br />
Mikro ß<br />
Standort<br />
Baum<br />
J__ Flugturbulenz Mikro Y<br />
Großraum Mitteleuropa<br />
103<br />
Großlandsctiaft<br />
102<br />
Gebirge<br />
ektrop. Zyklone<br />
tropische Zyklone<br />
Landschaft<br />
Föhn<br />
Stadt 10 Wetterfront*<br />
Gewitter<br />
Gelände Talmulde 1<br />
Gebirgshang<br />
Cumulus-Wolke<br />
0,1 100 Tornado<br />
Hangeinschnitt<br />
Thermik<br />
10<br />
Kleintrombe<br />
0,1<br />
Blatt<br />
Hitzeflimmern<br />
0,01<br />
Grenz- Blattfläche<br />
oben ‘p.e<br />
0.001<br />
•senkrecht zur Strömungsrichtung (parallel wesentlich großräumiger)<br />
Nchenrcüien gekennzeichnet. Dieses hierarchische Schema<br />
<strong>der</strong> Raumeinheiten <strong>der</strong> Ökosysteme wird <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Geo-Biosphäre zugr<strong>und</strong>egelegt.<br />
In diesem Zusammenhang soll hier nochmals an die sehr<br />
unterschiedlichen Skalengrößen erinnert werden, um die<br />
man sich bei <strong>der</strong> Charakterisierung <strong>der</strong> Ökosysteme kümmern<br />
muß. Dies gilt nicht nur für die räumlichen Größenordnungen<br />
<strong>der</strong> Strukturen, son<strong>der</strong>n auch für die zeitlichen<br />
Skalen. Insbeson<strong>der</strong>e atmosphärische bzw. meteorologische<br />
Phänomene sind es, die dabei die Skalengröße bestimmen.<br />
In Abb. 54 sind die hier verwendeten Rangstufen ökologischer<br />
Systeme denen meteorologischer Prozesse gegenübergestellt,<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> riesigen Größenunterschiede läßt sich<br />
ein solcher Vergleich nur im logarithmischen Maßstab darsiellen.<br />
Dies gilt zum zweiten auch für die Zeitskala, in <strong>der</strong><br />
sich bestimmte Phänomene abspielen (vgl. Abb. 55).<br />
Für die Behandlung <strong>der</strong> einzelnen Biome spielen dabei<br />
die bodennahen Luftschichten mit ihrer Dynamik <strong>und</strong> den<br />
aimosphärisch-biosphärischen Wechselwirkungen die ent-<br />
-cheidende Rolle, darauf hat schon 1927 Geiger hingewiesen.<br />
Abb. 54.<br />
Horizontal-räumliche Größen-<br />
Ordnungen in <strong>der</strong> Biologie, Geographie<br />
<strong>und</strong> Meteorologie. Man<br />
beachte den logarithmischen<br />
Maßstab (aus S c h ö n w i e s e<br />
1994).
104 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
Minute St<strong>und</strong>e Tag Monat Jahr Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
1 t *<br />
C O r Q Effekt Q l<br />
Mo<strong>der</strong>nes _ i Kaltzeit taltzei<br />
Welle ' / O '<br />
Optimum I (' Eiszeit")<br />
e k tro p isc h e / phär^omenL Q Sahel:Dürre<br />
global<br />
hemi-<br />
' spärisch<br />
-2000 km -<br />
-1000 km<br />
200 km<br />
2 km<br />
100 m<br />
1tn<br />
Abb. 55.<br />
Atmosphärische <strong>und</strong> klimatologische<br />
Phänomene im Längen-<br />
Zeit-Diagramm. Man beachte<br />
die logarithmischen Achsen (aus<br />
Schonw iese 1994).<br />
V<br />
10® 10® IO-"* 10-3 10-2 10-' 10° 10’ 10=<br />
charakteristische Zeit in Jahren<br />
/<br />
Biome sind Lebens-<br />
,räume, die einer konkreten<br />
einheitlichen Landschaft<br />
entsprechen.x'<br />
8 Biome<br />
Unter Biom (ohne Vorsilbe) verstehen wir die Gr<strong>und</strong>einheit<br />
<strong>der</strong> großen ökologischen Systeme.<br />
Sie sind entwe<strong>der</strong> Untereinheiten von Zonobiomen o<strong>der</strong><br />
gehören zu bestimmten Orobiomen o<strong>der</strong> Pedobiomen, zum<br />
Beispiel ist <strong>der</strong> mitteleuropäische Laubwald ein Biom des<br />
Zonobioms VI, <strong>der</strong> Kilimandscharo ein Biom des Orobioms 1,<br />
die Salt Desert in Utah (USA) ein Biom des Pedo-Halobioms<br />
'VII, etc.<br />
In dieser <strong>globalen</strong> Übersicht werden vorwiegend Biome<br />
als kleinste Einheiten einer Region behandelt.<br />
In <strong>der</strong> anglo-amerikanischen Literatur wird <strong>der</strong> Begrill<br />
„biom" sehr viel breiter <strong>und</strong> weniger scharf definiert gebraucht.<br />
9 Kleine Einheiten des ökologischen Systems:<br />
Biogeozön <strong>und</strong> Synusien<br />
L<br />
Hat man eine globale Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> gesamten Landoberfläche<br />
<strong>der</strong> Erde innerhalb <strong>der</strong> neun Zonobiome in die nächst<br />
kleineren Einheiten (Biome) vorgenommen, dann kann<br />
man diese jeweils dem Kenntnisstand entsprechend in kleinere<br />
Einheiten aufglie<strong>der</strong>n, was in dem Falle, wenn keine<br />
genaueren Unterlagen vorliegen, einfach unterbleibt.
Kleine Einheiten des ökologischen Systems: Biogeozön <strong>und</strong> Synusien 105<br />
Für die Abgrenzung <strong>der</strong> kleinen ökologischen Einheiten<br />
ist es am zweckmäßigsten von <strong>Vegetation</strong>seinheiten auszugehen.<br />
In einem begrenzten, landschaftlich-geographisch<br />
einheitlichem Gebiet, das einem Biom entspricht, sind schon<br />
geringe Unterschiede <strong>der</strong> Wasser- <strong>und</strong> Bodenverhältnisse für<br />
die Ausbildung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Ökosysteme<br />
von Bedeutung. So entsteht das typische Ökosystemmosaik ^<br />
einer Landschaft. Die maßgeblichen Umweltfaktoren, die<br />
ständige jahreszeitliche Verän<strong>der</strong>ungen aufweisen, direkt zu<br />
messen <strong>und</strong> in ihrer Zusammenwirkung zu erfassen, ist<br />
kaum möglich. Dagegen können wir davon ausgehen, daß<br />
die natürliche <strong>Vegetation</strong>, die sich im Gleichgewicht mit ihrer<br />
Umwelt befindet, die Wirkung <strong>der</strong> Umweltfaktoren integrierend<br />
wi<strong>der</strong>spiegelt. Selbst kleine Unterschiede eines Umweltfaktors<br />
bedingen eine qualitative o<strong>der</strong> zumindest eine<br />
quantitative Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>.<br />
Da sich jedoch heute menschliche Eingriffe fast überall in<br />
stärkerem o<strong>der</strong> schwächerem Maße bemerkbar machen, ist<br />
Vorsicht geboten. Es gilt, durch eine kritische Analyse die<br />
Wirkung von natürlichen <strong>und</strong> anthropogen bedingten Faktoren<br />
sorgfältig auseinan<strong>der</strong> zu halten <strong>und</strong> bei letzteren<br />
auch menschliche Eingriffe in <strong>der</strong> Vergangenheit zu berücksichtigen.<br />
Bei Waldgesellschaften wirken sich menschliche Eingriffe<br />
selbst nach Jahrh<strong>und</strong>erten aus (Kahlschlag, Verjüngungsart,<br />
Beweidung, Streunutzung etc.). Zwar glaubt man häufig,<br />
daß die Krautschicht im Walde für die Beurteilung <strong>der</strong><br />
natürlichen Verhältnisse besser geeignet ist, aber sie hängt<br />
doch in beson<strong>der</strong>s hohem Grade von <strong>der</strong> Zusammensetzung<br />
<strong>und</strong> Struktur <strong>der</strong> Baumschicht ab (Beschattung, höhere<br />
Konkurrenzkraft <strong>der</strong> Baumwurzeln, Laubstreu) <strong>und</strong> wurzelt<br />
weniger tief als die Bäume, so daß für sie nur die oberen Bodenhorizonte<br />
maßgebend sind. Jede Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Baumschicht durch den Menschen wirkt sich auch auf die<br />
Krautschicht aus. Schon die Entfernung von alten hohlen<br />
Bäumen <strong>und</strong> <strong>der</strong> am Boden verwesenden Stämme ist ein<br />
schwerer Eingriff in das Ökosystem.<br />
In den dicht besiedelten Gebieten wird man sich aber damit<br />
abfinden müssen, daß nur menschlich beeinflußte Ökosysteme<br />
vorhanden sind.<br />
Die Stellung <strong>der</strong> Biogeozönose in <strong>der</strong> Größenhierarchie<br />
<strong>der</strong> ökologischen Systeme geht aus Abb. 53 hervor. Assoziationen,<br />
die Gr<strong>und</strong>einheiten <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sk<strong>und</strong>e, lassen<br />
sich nicht immer klar abgrenzen. Es ergibt sich dabei die<br />
Schwierigkeit, daß über die Definition <strong>der</strong> Assoziation keine
LÜlI<br />
106 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
^ Die Gr<strong>und</strong>einheit <strong>der</strong><br />
kleineren Ökosysteme ist<br />
das Biogeozön (Biogeozönose).<br />
Es entspricht einer<br />
konkreten Pflanzengemeinschaft<br />
im Range einer<br />
Assoziation, es ist sozusagen<br />
das begehbare<br />
Ökosystem mit zum Beispiel<br />
20 X 20 m Größe.<br />
_ _ Die Pflanzengemeinschaft<br />
(-» Biogeozön<br />
als reale Raumeinheit) ist<br />
etwas an<strong>der</strong>es als die<br />
Pflanzengesellschaft<br />
(-* theoretisch definiertes<br />
Konstrukt). Assoziation als<br />
syntaxonomische Gr<strong>und</strong>einheit<br />
<strong>der</strong> Pflanzengesellschaften<br />
- es ist ein Typus,<br />
die darüberliegenden<br />
Typuskategorien sind: Allianz,<br />
Ordnung, Klasse.<br />
Einigkeit besteht. Während die einen für die Abgrenzung<br />
<strong>der</strong> Assoziationen hauptsächlich die dominanten Arten beranziehen,<br />
betonen die an<strong>der</strong>en die Bedeutung <strong>der</strong> Charakterarten.<br />
Die einen fassen die Assoziation weiter, die an<strong>der</strong>en<br />
enger. Auf diese strittigen, methodischen Fragen soll<br />
hier ebenso wie auf die verschiedenen synsystematischen<br />
Systeme o<strong>der</strong> gar die sogenannte Sigmasystematik nicht eingegangen<br />
werden (Dierschke 1994).<br />
In einem Ökosystem wird <strong>der</strong> Stoffkreislauf, <strong>der</strong> Energiefluß<br />
<strong>und</strong> die Phytomasse sowie die Produktion vor allem<br />
durch die Dominanten bestimmt, im Walde zum Beispiel<br />
durch die dominierenden Baumarten. Seltene <strong>und</strong> in wenigen<br />
Exemplaren vorkommende Charakterarten haben zwar<br />
für die Erkennung <strong>der</strong> Gemeinschaft einen Indikatorwert,<br />
aber auf das Ökosystem üben sie unter Umständen nicht den<br />
geringsten Einfluß aus. Deshalb muß die Ökosystemforschung<br />
die Übereinstimmung <strong>der</strong> Dominanten innerhalb eines<br />
Ökosystemtypus for<strong>der</strong>n.<br />
Eigentlich hat die Abgrenzung <strong>der</strong> Pflanzengemeinschaften<br />
im Gelände nach gründlicher örientierung über die Vorgeschichte<br />
<strong>der</strong> einzelnen Bestände <strong>und</strong> nach genauer<br />
Durchforschung des gesamten Gebietes sowie unter Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Standortsverhältnisse <strong>und</strong> des Bodenprofils<br />
bis zur unteren Grenze <strong>der</strong> Durchwurzelung zu erfolgen.<br />
Der Ökologe kann nur reale (in aller Regel heterogene) Bestände<br />
untersuchen <strong>und</strong> nicht die abstrakt definierten Assoziationen<br />
(Pflanzengesellschaften) <strong>der</strong> Pflanzensoziologie.<br />
Das Biogeozön ist zwar die Gr<strong>und</strong>einheit <strong>der</strong> Ökosysteme,<br />
aber nicht die kleinste Einheit. Innerhalb eines Biogeozöns<br />
kann man eine Reihe von Synusien unterscheiden. Es<br />
sind „Arbeitsgemeinschaften" von Arten mit ähnlicher Entwicklung<br />
<strong>und</strong> ähnlichem ökologischen Verhalten. Wir dürfen<br />
jedoch die Synusien nicht als Ökosysteme bezeichnen;<br />
denn es sind nur Teilsysteme, die nicht über einen eigenen<br />
Stoffkreislauf verfügen. Dieser fügt sich vielmehr in den<br />
Stoffkreislauf des gesamten Ökosystems ein, <strong>und</strong> die Produktion<br />
<strong>der</strong> Synusien ist nur ein kleiner Teil <strong>der</strong> Gesamtproduktion<br />
des Ökosystems, er ist jedoch von Bedeutung, weil<br />
<strong>der</strong> Umsatz in den Synusien meist viel rascher verläuft als im<br />
Gesamtökosystem.<br />
Ein typisches Beispiel für Synusien sind die versAiedenerT^Ttenpüppen<br />
mit einem gleichen Entwicklungsrhythmus<br />
urtJpeicheiTAnsprüchen an die Ümweltfaktoren, wie<br />
zum Beispiel die Frühlingsgeophyten '3’es Laubwaldes {Allium<br />
ursmum, Corydalis, Anemone, Ficaria <strong>und</strong>_ääd.ere), diCitlie<br />
Lichtphase am Waldboden vor <strong>der</strong> Belaubung ausnutzen,
Kleine Einheiten des ökologischen Systems: Biogeozön <strong>und</strong> Synusien 107<br />
o<strong>der</strong> die Kräuter, die während <strong>der</strong> Schattenphase im SommffijürcBhafrem'.hzw.<br />
die Kräuter mit immergrünen Blät-<br />
'terhTT ^usien äjjs medefeii .Pflanzen sind die Flechten an<br />
•~3eh Baumstamrnen ö<strong>der</strong> die Moose am Stammgr<strong>und</strong>.<br />
"^^TOScEeihden Biomen einerseits <strong>und</strong> den Biogeozönen<br />
an<strong>der</strong>erseits besteht eine große Kluft, die durch Einheiten<br />
mittlerer Rangordnung ausgefüllt werden muß. Es handelt<br />
sich um Biogeozönkomplexe, die oft mit gewissen Landschaftsformen<br />
zusammenfallen <strong>und</strong> auf einer gemeinsamen<br />
Entstehung beruhen, o<strong>der</strong> die durch dynamische Vorgänge<br />
miteinan<strong>der</strong> in Verbindung stehen. Als Beispiel nennen wir<br />
eine Biogeozönreihe an einem Hang mit lateralem Stofftransport<br />
(oft mit einer Bodencatena, also einer Abfolge bestimmter,<br />
voneinan<strong>der</strong> abhängiger Bodentypen) bzw. gesetzmäßig<br />
angeordnete Biogeozöne in einem Flußtal o<strong>der</strong> in<br />
einem abflußlosen Becken etc. Man kann auch an Biogeozönkomplexe<br />
mit Biogeozönen denken, die zeitlich aufeinan<strong>der</strong><br />
folgen, wie bei einer sek<strong>und</strong>ären Sukzession, bzw. an<br />
Biogeozöne, die nebeneinan<strong>der</strong> zu einer ökologischen Reihe<br />
gehören, die bei einem sich stetig än<strong>der</strong>nden Standortsfaklor<br />
entsteht (sinken<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel o<strong>der</strong> zunehmende<br />
Tiefgründigkeit des Bodens). Die Flächenausdehnung<br />
von solchen Biogeozönkomplexen kann sehr<br />
verschieden sein. Die Bezeichnungen für die einzelnen Typen<br />
divergieren sehr. Wir wollen uns damit begnügen, den<br />
neutralen Ausdruck Biogeozönkomplexe zu verwenden.<br />
Alle ökologischen Einheiten sind real. Ebenso wie ein<br />
Arzt nur reale Menschen untersuchen <strong>und</strong> behandeln kann<br />
<strong>und</strong> nicht Menschentypen, genauso ist auch <strong>der</strong> Ökologe<br />
nur imstande, seine Messungen <strong>und</strong> Studien ausschließlich<br />
an realen Ökosystemen durchzuführen <strong>und</strong> nicht an abstrakten<br />
Einheiten. Nur ausreichend umfangreiche reale Datenerhebungen<br />
können zur Formulierung theoretischer<br />
Modelle dienen. Diese am Schreibtisch auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gemachjen<br />
Erfahrungen entworfene Zusammenfassungen<br />
müssen von bestimmten Voraussetzungen ausgehen. Sie<br />
werden deshalb niemals den realen Ökosystemen ganz entsprechen,<br />
können uns aber durch ihre Übersichtlichkeit <strong>und</strong><br />
in vergleichen<strong>der</strong> Betrachtung das Verständnis <strong>der</strong> Ökosysteme<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> darin ablaufenden Prozesse erleichtern. Sofern<br />
sie auf genügenden Erfahrungen <strong>und</strong> ständigen Evaluierungen<br />
basieren, können sie sogar Prognosen über<br />
zukünftige Entwicklungen ermöglichen (Wissel mündl.<br />
Mitt.). Als beson<strong>der</strong>s geeignet <strong>und</strong> anpassungsfähig an die<br />
maßgeblichen biologischen Sachverhalte haben sich Modelle<br />
auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage gitterbasierter Systeme (zelluläre Auto
108 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
maten) erwiesen. Dabei werden biologische bzw. ökologische<br />
Regeln formuliert, die jeweils an die realen Sachverhalte<br />
angepaßt werden können.<br />
10 Ökosystembiologie <strong>und</strong> das Wesen <strong>der</strong> Ökosysteme<br />
_ Die Gesamtheit <strong>der</strong><br />
pflanzlichen Trockensubstanz<br />
in einem Biogeozön<br />
ist ihre Phytomasse,<br />
die <strong>der</strong> Tiere ihre Zoomasse.<br />
Zusammen bilden sie<br />
die Biomasse.<br />
Nachdem wir auf die kleinen ökologischen Einheiten hingewiesen<br />
haben, müssen wir die prinzipiellen Strukturen <strong>und</strong><br />
Prozesse in Ökosystemen genauer kennenlernen. Dabei<br />
nimmt man ais Beispiel oft einen einheitlichen Laubwaldbestand<br />
des Zonobioms VI, <strong>der</strong> eine überschaubare Größe hat<br />
<strong>und</strong> gut „begehbar" ist.<br />
Umfaßt <strong>der</strong> Bestand eine ganz bestimmte, begrenzte <strong>und</strong><br />
homogene Gesellschaft, zum Beispiel einen Wald, ein Moor<br />
etc., dann bezeichnet man es zweckmäßigerweise als eine<br />
B iozönose. Eine Einheit von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, unter<br />
Einschluß des durchwurzelten Bodens <strong>und</strong> <strong>der</strong> bodennahen<br />
Luftschicht, in die die Pflanzenorgane hineinragen, nennen<br />
wir B iogeozönose (kurz: Biogeozön). Die Biogeozönose<br />
„Laubwald" beschreibt das statische Bild, die Raumstruktur,<br />
die Organismen. In einer solchen Pflanzengemeinschaft findet<br />
aber ständig ein Stoffkreislauf <strong>und</strong> ein Energiefluß statt.<br />
Die Pflanzen bilden mit den tierischen Organismen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
anorganischen Umwelt zusammen ein dynamisches Gefüge,<br />
ein Ö ko system , das nicht in sich geschlossen ist, weil eine<br />
Energiezufuhr von außen durch die Sonnenbestrahlung <strong>und</strong><br />
eine Stoffzufuhr durch Nie<strong>der</strong>schläge, Gaswechsel, Staubablagerung<br />
etc. stattfindet, zugleich aber auch eine Abgabe <strong>der</strong><br />
Energie in Form von ungeordneter Wärmeenergie <strong>und</strong> von<br />
Stoffen (abfließendes o<strong>der</strong> versickerndes Wasser, durch Gaswechsei<br />
etc.) erfolgt. Das dynamische Bild eines solchen<br />
Raumausschnittes, also die wesentlichen Strukturen <strong>und</strong><br />
Prozesse wird durch die Ö k o s ystem b io lo g ie untersucht.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Rolle, die die einzelnen Gruppen von Organismen<br />
im Ökosystem spielen, unterscheidet man:<br />
1. P ro d u ze n te n : es sind autotrophe Pflanzen, die bei <strong>der</strong><br />
Photosynthese die Lichtenergie als chemische Energie<br />
speichern, indem sie aus CO2 <strong>und</strong> H2O organische Verbindungen<br />
bilden <strong>und</strong> mineralische Nährstoffe <strong>und</strong> Wasser<br />
dem Boden entnehmen.<br />
2. K o n s u m e n te n : es sind heterotrophe tierische Organismen,<br />
die ais Phytophagen die Pflanzen als Nahrung verwenden<br />
<strong>und</strong> einen kleinen Teil <strong>der</strong>selben in tierische<br />
Substanz umbilden. Auch Raubtiere, welche die Phytophagen<br />
fressen (Nahrungskette, Nahrungsnetz) gehören<br />
hierzu.
Ökosystembiologie 109<br />
3. D e s tru e n te n (Mineralisierer): Sie befinden sich zum<br />
größten Teil im Boden (Saprophagen, Bakterien, Pilze)<br />
<strong>und</strong> bauen alle pflanzlichen <strong>und</strong> tierischen Reste im Endeffekt<br />
zu CO2 <strong>und</strong> H2O ab. Sie mineralisieren organisches<br />
Material, wodurch <strong>der</strong> Stoffkreislauf geschlossen wird.<br />
Als einfachstes Ökosystem kann man sich das Wechselspiel<br />
von Produzenten <strong>und</strong> Destruenten (ohne Konsumenten)<br />
vorstellen (Abb. 56). In <strong>der</strong> Tat gibt es sehr viele terrestrische<br />
Ökosysteme, in denen die Konsumenten nur eine<br />
sehr untergeordnete Rolle spielen.<br />
Die jährlich bei <strong>der</strong> Photosynthese <strong>der</strong> Pflanzen insgesamt<br />
erzeugte organische Substanz wird als B ru tto p ro d u k tio n<br />
(BPP) bezeichnet, die nach Abzug <strong>der</strong> von den Pflanzen veratmeten<br />
Menge verbleibende Substanz als N e tto p r o d u k <br />
tion (NPP) o<strong>der</strong> Primärproduktion; die von den tierischen<br />
Organismen gebildete Substanz nennt man S e k u n d ä rp ro <br />
duktion. Letztere ist sehr viel kleiner. In <strong>der</strong> Regel werden<br />
nur wenige Prozent <strong>der</strong> Primärproduktion von den Konsumenten<br />
verzehrt (Langer Kreislauf, Abb. 56), <strong>der</strong> größte Teil<br />
gelangt in den Boden <strong>und</strong> wird von den Destruenten vollständig<br />
abgebaut (Kurzer Kreislauf, Abb. 56, 57), wobei H2O,<br />
COj <strong>und</strong> mineralische Salze entstehen. Die tote organische<br />
Masse; (Streu) wird zuvor durch Nie<strong>der</strong>e Tiere - die Saprophagen<br />
o<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>fresser - beim Fraßvorgang zerkleinert.<br />
Das aus dem Boden entweichende COj wird als Bodenatmung<br />
bezeichnet. Der K u rz e K re is la u f spielt bei terrestrischen<br />
Ökosystemen quantitativ die Hauptrolle (Abb. 57A).<br />
Der Lange K re is la u f verläuft über die Konsumenten,<br />
also über die Herbivoren o<strong>der</strong> Phytophagen, <strong>und</strong> über die<br />
Zoophagen o<strong>der</strong> Rauborganismen bzw. über die Omnivoren,<br />
die sowohl Pflanzen als auch Tiere fressen. Dazu kommen<br />
Konsumenten 2. o<strong>der</strong> gar 3. Ordnung, <strong>der</strong>en Stoffumsatz<br />
aber verschwindend gering ist (Abb. 57). Auch die Parasiten<br />
<strong>der</strong> Pflanzen müssen wir zu den Konsumenten rechnen.<br />
Abb. 56.<br />
Schema des einfachsten Ökosystems<br />
(links) mit Stoffkreislauf<br />
<strong>und</strong> Energiefluß (E: Energiefluß;<br />
Energie = Fähigkeit Arbeit zu<br />
leisten): R: Respiration,<br />
Atmungsenergie: dasselbe mit<br />
dem Kompartiment <strong>der</strong> Konsumenten<br />
(rechts).
110 ökologische Systeme <strong>und</strong> Qkosystembiologie<br />
C O 2 d e r A t m o s p h ä r e<br />
Sapfop^gen<br />
(Humus) ▼ Wurzeln<br />
Destruenten<br />
Kurzer Kreislauf<br />
cc|<br />
er<br />
' Pärasiten'i ^<br />
►
Ökosystembiologie 111<br />
(Zoochorie), an<strong>der</strong>erseits jeweils auf Nahriingsketten, die<br />
mit <strong>der</strong> Herbivorie beginnen. Der Lange Kreislauf besteht<br />
aus einer ganzen Reihe von solchen Nahrungsketten, die<br />
man meist genauer als N ahrungsnetze bezeichnen müßte<br />
<strong>und</strong> die trotz aller Fluktuationen dem Ökosystem im Mittel<br />
eine große Stabilität verleihen. Durch Vernichtung <strong>der</strong><br />
Raubtiere o<strong>der</strong> weitergehende Eingriffe stört <strong>der</strong> Mensch gerade<br />
diese Nahrungsketten, wodurch das ganze Ökosystem<br />
in Unordnung gerät o<strong>der</strong> sogar zusammenbricht ( G i g o n<br />
1974), bzw. durch ein an<strong>der</strong>es ersetzt wird.<br />
Es wird auch in Zukunft eine wichtige Aufgabe <strong>der</strong> Zoo-<br />
Ökologen sein, weniger die quantitativen Verhältnisse <strong>der</strong><br />
sek<strong>und</strong>ären Produktion, als vielmehr die verschiedenen<br />
Nahrungsketten in allen Einzelheiten aufzuklären. Denn die<br />
Phytophagen <strong>und</strong> die Räuber sind oft streng auf bestimmte<br />
Arten spezialisiert, von denen sie sich ernähren. Trotz ihrer<br />
geringen Dichte haben sie große regulatorische Bedeutung.<br />
Dabei spielen eine Fülle verschiedenster Anpassungen eine<br />
Rolle.<br />
Ein weiteres von vielen erstaunlichen Beispielen aus den<br />
Tropen sind die engen Abhängigkeiten zwischen Ameisen<br />
<strong>und</strong> Pflanzen. Einerseits sind es die Blattschnei<strong>der</strong>ameisen,<br />
die Blattstückchen in das Nest eintragen <strong>und</strong> dort darauf Pilze<br />
züchten (also Landwirtschaft treiben), die ihre Hauptnahrungsgr<strong>und</strong>lage<br />
sind. Zu erwähnen ist auch die enge Abhängigkeit<br />
mancher Ameisen von den Cecropia-A.nm (<strong>der</strong><br />
Neotropis) bzw. den Macaranga-Anen (<strong>der</strong> Paläotropis). Die<br />
hohlen Stämme <strong>der</strong> rasch wachsenden Pionierbäume werden<br />
durch von <strong>der</strong> Pflanze vorgebildete Eingangslöcher von<br />
<strong>der</strong> Ameisenkönigin besiedelt. Mit dem Wachstum <strong>der</strong> Jungbäume<br />
wächst <strong>der</strong> Ameisenstaat <strong>und</strong> besiedelt ständig neue<br />
Internodien. An den Blattbasen werden zusätzlich von <strong>der</strong><br />
Pflanze protein- o<strong>der</strong> fettreiche Futterkörperchen gebildet,<br />
die die Ameisen zusätzlich anlocken. Die Investition lohnt<br />
sich für die Pflanzen, denn die Ameisen halten, sozusagen<br />
als Schutzpolizei, die Pflanzen frei von an<strong>der</strong>en Herbivoren.<br />
Wie man daraus erkennt, sind nicht nur die quantitativen<br />
Größen bestimmter Prozesse, son<strong>der</strong>n auch die qualitative<br />
Bedeutung mancher Vorgänge für die Stabilität <strong>der</strong> natürlichen<br />
Ökosysteme durch Vernetzung <strong>der</strong> Prozesse ganz wesentlich.<br />
Parallel zu den Stoffkreisläufen vollzieht sich <strong>der</strong> Energiefluß.<br />
Die Sonnenenergie wird bei <strong>der</strong> Photosynthese <strong>der</strong><br />
Produzenten in chemische Energie umgewandelt, die von<br />
ihnen selbst, von den Konsumenten <strong>und</strong> den Destruenten<br />
für die Unterhaltung <strong>der</strong> Lebensvorgänge verwendet wird.<br />
_ Als ein ausgefallenes<br />
Beispiel soll W i t h e r i n g i a<br />
s o l a n a c e a aus dem tropischen<br />
Regenwald Costa<br />
Ricas erwähnt werden.<br />
Die Beeren enthalten ein<br />
natürliches Abführmittel,<br />
so daß die Vögel in weniger<br />
als zehn Minuten den<br />
Darm entleeren <strong>und</strong> so<br />
die Samen auf den Waldboden<br />
verteilen. Nach<br />
dieser kurzen Darmpassage<br />
sind noch 70 % <strong>der</strong><br />
Samen keimfähig, bei längerdauern<strong>der</strong><br />
Darmpassage<br />
sinkt die Quote auf<br />
20 %.
112 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
_ Bei Raupenepidemien<br />
des Schwammspinners<br />
( L y m a n t r i a d i s p a r ) in<br />
Eichenwäl<strong>der</strong>n kann die<br />
Masse stark ansteigen:<br />
Bei einer Zahl von 10^ bis<br />
10^ Raupen pro Hektar<br />
beträgt ihre Trockenmasse<br />
75-150 kg ■ha"', wobei<br />
1-2 t ■ha"' an trockener<br />
Biattmasse vernichtet <strong>und</strong><br />
500-1000 kg ■ha"' an<br />
Exkrementen ausgeschieden<br />
werden. Dadurch<br />
wird das ganze Ökosystem<br />
aus dem Gleichgewicht<br />
gebracht. Doch gilt<br />
das nur für die forstlichen<br />
gleichaltrigen Monokulturen.<br />
Laubwäl<strong>der</strong> erholen<br />
sich meist wie<strong>der</strong>, Nadelwäl<strong>der</strong><br />
können sogar absterben.<br />
Dabei geht bei <strong>der</strong> Atmung <strong>und</strong> den Gärungen <strong>der</strong> Mikroorganismen<br />
ständig chemische Energie als Wärme verloren,<br />
bis jene schließlich nach völligem Abbau gänzlich verbraucht<br />
ist. Dieser Energiefluß ist auf Abb. 57B dargestellt.<br />
Den Aufbau eines Ökosystems <strong>und</strong> seine Strukturen<br />
kann man immer nur modellhaft darstellen, dazu gibt es<br />
zahlreiche Möglichkeiten <strong>der</strong> Darstellungsform. Ein weiteres<br />
Beispiel ist hierfür in Abb. 58 gezeigt, wo vor allem die funktioneilen<br />
Kompartimente <strong>und</strong> ihre Verknüpfung hervorgehoben<br />
sind.<br />
Für einen Vergleich sind quantitative Angaben <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Ökosysteme hilfreich. Tab. 7 gibt für einen Eichenwald<br />
wesentliche ökosystemare Parameter wie<strong>der</strong>.<br />
Die Phytomasse <strong>der</strong> Waldgemeinschaften ist deswegen so<br />
hoch, weil in den Stämmen tote Holzmasse gespeichert wird<br />
(Kernholz 150 t • ha"'). Aber selbst ohne diese ist die Phytomasse<br />
mehr als lOOOmal höher als die Zoomasse.<br />
Für letztere werden in europäischen Wäl<strong>der</strong>n folgende<br />
Zahlen genannt: Reptilien 1,7 kg-ha“', Vögel 1,3 kg • ha"',<br />
Säugetiere (überwiegend kleine Arten, Nager) 7,4 kg • ha"'.<br />
Viel größer ist die Masse <strong>der</strong> Wirbellosen, vor allem die un-<br />
Z2 Z2<br />
ZI I Z3 4 Albedo<br />
Strahlung<br />
t -y t T<br />
Respi<br />
Respiration<br />
Respiration<br />
Abb. 58. Struktur (s)<br />
\ 0<br />
Vereinfachte schematische Darstellung<br />
<strong>der</strong> Strukturen <strong>und</strong> Pro<br />
Habitat (H)<br />
Äußere Umwelt (A)<br />
zesse in einem Ökosystem (nach<br />
E l l e n b e r g et al. 1986).<br />
YV4
Ökosystembiologie 113<br />
Tab. 7 Wichtige ökosystemare Parameter eines Eichenwaldes<br />
<strong>der</strong> belgischen Ardennen mit einer<br />
Haselstrauchschicht (Querceto-Coryletum) <strong>und</strong><br />
einer spärlichen Krautschicht<br />
Blattfiächenindex<br />
Baumschicht 3,87<br />
Strauchschicht 1,83<br />
gesamt 5,70<br />
Phytomasse (t ■ha"')<br />
Oberirdische: 260,8<br />
davon Baumblätter 3,5<br />
Zweige <strong>und</strong> Äste 58,3<br />
Stämme 180,2<br />
Strauchschicht 18,1<br />
Krautschicht 0,7<br />
Unterirdische: 55,4<br />
Gesamte Phytomasse: 316,2<br />
Primäre Produktion pro Jahr (t •ha~' ■a“’)<br />
Oberirdische: 15,3<br />
davon Gesamtstreu 6,2<br />
Durch Fraß verloren 0,5<br />
Baumzuwachs 5,9<br />
Strauchzuwachs 2,1<br />
Kräuterzuwachs 0,6<br />
Unterirdische: 2,3<br />
Gesamte Produktion: 17,6<br />
Tote organische Substanz im Boden (t ha~') 122<br />
nach Duvigneaud 1974<br />
terirdische (bis 14 kg • ha~' TG, zu 90 % Dipterenlarven). Zahlen<br />
liegen für einen amerikanischen Laubwald mit Liriodendron<br />
vor (Reichle 1970) als TG (je in kg-ha): Oberirdisch:<br />
Phytophage Arthropoden 2,43, räuberische A. 0,61. In <strong>der</strong><br />
Streu: Größere Wirbellose 8,42, kleinere W. 3,42. Im Boden:<br />
Regenwürmer (Octalasium) 140, kleinere Wirbellose 2,2,<br />
In den Eichenmischwäl<strong>der</strong>n Osteuropas wurde festgestellt,<br />
daß nach Kahlfraß <strong>der</strong> Eichen durch Raupen <strong>der</strong> Holzzuwachs<br />
<strong>der</strong> Eschen <strong>und</strong> Linden durch die besseren Lichtverhältnisse<br />
zunahm <strong>und</strong> eine Überkompensation eintrat. In<br />
den vier Jahren nach <strong>der</strong> Raupenepidemie ergab sich ein<br />
Plus des gesamten Holzzuwachses von 10 %.<br />
Selbst in einem verschiedenaltrigen Kiefernreinbestand<br />
trat nach Befall mit Dendrolimus pini mit <strong>der</strong> Zeit eine Kompensation<br />
durch die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> unterdrückten <strong>und</strong> weniger<br />
befallenen Bäume ein. Der Holzzuwachs im 2. Jahr<br />
verringerte sich auf 76 % <strong>und</strong> im 3. Jahr auf 56 %, aber er<br />
stieg im 4. bzw. 5. Jahr auf 150 % bzw. 194 % an (vgl. Wal-
114 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
_ _ Je höher die Temperatur,<br />
desto höher ist die<br />
Produktivität.<br />
Je höher <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlag,<br />
desto höher ist die<br />
Produktivität.<br />
TER & <strong>Breckle</strong> 1991). Auch eine mäßige Beweidung vor<br />
Grasland regt das vegetative Wachstum <strong>der</strong> Gräser so siari<br />
an, daß die gesamte Jahresproduktion unter Berücksichtj.<br />
gung <strong>der</strong> gefressenen Menge zunimmt (vgl. W alter j<br />
B reckle 1991, S. 43). Ähnliches gilt wohl auch für die Stoff<br />
bilanz in tropischen Wäl<strong>der</strong>n, wenn einzelne Bäume durcf,<br />
Blattschnei<strong>der</strong>ameisen fast ganz kahl geschnitten werden.<br />
Für das Ökosystem ist die P rim ä rp ro d u k tio n von be.<br />
son<strong>der</strong>et Bedeutung. Die Höhe <strong>der</strong>selben hängt, wie Pr»,<br />
duktionsanalysen zeigen, weniger von <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong><br />
Photosynthese ab, noch vom Blattflächenindex bzw. von <strong>der</strong><br />
gesamten vorhandenen Blattfläche, son<strong>der</strong>n vor allem vom<br />
A s s im ila th a u s h a lt <strong>der</strong> Produzenten (W alter 1960), dai<br />
heißt von <strong>der</strong> Art, wie die Assimilate im Laufe <strong>der</strong> Vegeta«,<br />
onszeit verwendet werden. Werden sie produktiv eingesetzt<br />
indem dauernd neue assimilierende Blätter zur Ausbildung<br />
kommen, dann nimmt das Wachstum exponentiell zu. Werden<br />
sie unproduktiv für den Aufbau von verholzenden Organen<br />
verwendet, <strong>der</strong>en Nutzen sich erst nach Jahren bemerkbar<br />
macht, dann entspricht dies einer Langzeitstrategie.<br />
Allerdings ist dies sehr unterschiedlich in einzelnen Biotopen<br />
<strong>und</strong> von den jeweiligen Lebensformen abhängig.<br />
Die unterschiedliche Investitionstrategie läßt sich verdeutlichen;<br />
Sät man zum Beispiel einsamige Früchte <strong>der</strong> Bucht {Fcgus<br />
sylvatica, Bucheckern) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sonnenblume (Helianthk,<br />
annuus) unter gleichen Bedingungen in Mitteleuropa in gutem<br />
Boden aus, so produziert <strong>der</strong> Buchcnkcimling im ersten<br />
Jahr nur 1,5 g an Trockensubstanz, die Sonnenblume dagegen,<br />
selbst unter dem für sie nicht günstigen Klima, etwa<br />
800 g. Denn sie bildet fortlaufend neue große assimilierende<br />
Blätter aus, während <strong>der</strong> Buchenkeimling sich mit zwei bb<br />
drei kleinen Blättern begnügt, um dann die Assimilate für<br />
den Aufbau einer langen Primärwurzel <strong>und</strong> eines holzigeit<br />
Stengels zu verwenden. Zwar ist die Intensität <strong>der</strong> Photo<br />
Synthese bei <strong>der</strong> Sonnenblume etwa doppelt so hoch wie be.<br />
<strong>der</strong> Buche, aber das erklärt nicht, die 500mal größere Produktion.<br />
Hier spielt also <strong>der</strong> „Zinseszins"-Effekt <strong>der</strong> Investi<br />
tion in Produktionsorgane („carbon-partitioning") die entscheidende<br />
Rolle. Darin unterscheiden sich die wesentlicher<br />
Lebensformtypen gr<strong>und</strong>legend.<br />
Für die verschiedenen Wäl<strong>der</strong> lassen sich die Zusammenhänge<br />
zwischen <strong>der</strong> N e tto p rim ä rp ro d u k tio n (NPP) <strong>und</strong><br />
den wesentlichen ökologischen Faktoren, wie Temperatur<br />
<strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>schlag, wie in Abb. 59 A <strong>und</strong> B gezeigt, darstellen.
Ökosystembiologie 115<br />
Dies gilt natürlich nur für einen begrenzten Bereich, in<br />
beiden Abhängigkeiten gibt es typische Obergrenzen, wie<br />
die Abb. 59 A <strong>und</strong> B zeigen, dazu kommt, daß die Beziehungen<br />
nicht beson<strong>der</strong>s ausgeprägt sind.<br />
Int <strong>globalen</strong> Maßstab erkennt man im Falle <strong>der</strong> Nettoprimärproduktion<br />
(NPP) die hohe Produktivität <strong>der</strong> warmfeuchten<br />
Zonobiome, bei denen die <strong>Vegetation</strong>speriode<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger ganzjährig sein kann. Je kürzer die<br />
Wachstumszeit <strong>und</strong> je kälter <strong>und</strong> trockener ein Gebiet ist,<br />
desto geringer ist auch die NPP. Der mittlere Wert von 10 bis<br />
15 t • ha"' ■a^' für den mitteleuropäischen Buchenwald ist im<br />
weltweiten Vergleich ein relativ hoher Wert, die meisten<br />
30-1<br />
30<br />
Abb. 59.<br />
Die Nettoprimärproduktion von<br />
Temperatur (°C)<br />
E h l e r s 1996).
A b b . 60. Schem atische D arstellung <strong>der</strong> N etto-P rim ärproduktion<br />
(t-h a ~ '-a -') a u f <strong>der</strong> Erde (aus S c h u l t z 1995, nach L i e t h 1964).
Ökosystembiologie 117<br />
Abb. 61. Grobschematische Darstellung <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Phytomasse (t ■her') auf <strong>der</strong> Erde (aus Schultz 1995,<br />
nach Bazilevich & Rodin 1971}.
118 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
Trockengebiete liegen weit darunter. In den Tropen aller<br />
dings werden bis 25 t • ha^‘ • a"' erreicht (Abb. 60).<br />
Die stehende, oberirdische Phytomasse (Abb. 61) liegt<br />
den Tropen teilweise weit über 500 t • ha“', die unterirdisdi<br />
Phytomasse bringt nochmals weitere 20 bis 30 % dazu '<br />
den humiden gemäßigten Breiten ist die Gesamtphytomai<br />
oft genau so hoch, die unterirdische ist dabei meist sog)<br />
noch deutlich größer als in den Tropen. Die bewaldeten Gt<br />
biete <strong>der</strong> Erde liegen in <strong>der</strong> Regel über 50 t • ha“', in den V,'--<br />
sten <strong>und</strong> Halbwüsten ist allerdings <strong>der</strong> Bestandesvorrai ■<br />
unter 10 t-ha“' (vgl. Abb. 61).<br />
11 Höchst produktive Ökosysteme<br />
Großflächig erreicht die NPP in den heißen Feuchttropei<br />
mittlere Werte bis 25 t • ha '-a ', wie im vorigen Abschni<br />
gezeigt. Durch eine beson<strong>der</strong>s hohe NPP zeichnen sich ab<br />
auch die Pflanzengemeinschaften <strong>der</strong> Hochstauden aus<br />
Ebenso wie die einjährigen Pflanzen bilden die Hochstau<strong>der</strong><br />
während <strong>der</strong> ganzen <strong>Vegetation</strong>szeit vorwiegend assimiüt<br />
rende Blätter <strong>und</strong> erst zum Schluß <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sperf-<br />
Blütenorgane <strong>und</strong> Früchte. Da ihnen jedoch im Gegensa;<br />
zu einem Keimling im Frühjahr beim Austreiben viel größere,<br />
im Jahr vorher angelegte Reserven zur Verfügung Steher<br />
können sie den reich beblätterten Sproß in kürzester Zei'<br />
aufbauen, während <strong>der</strong> Keimling <strong>der</strong> Annuellen dazu eine<br />
lange Anlaufzeit benötigt, bis die Blattfläche ihre maximal<br />
Größe erreicht hat. Deshalb braucht das Sommergetrek:<br />
zur Erzeugung des ersten Viertels des gesamten Trockenertrages<br />
zehn Wochen, für das zweite Viertel noch zwei Wi <br />
chen, für die letzte Hälfte jedoch nur eine Woche (entsprechend<br />
<strong>der</strong> üblichen exponentiellen Wachstumskurve).<br />
Demgegenüber können die Hochstauden fast die ganzi<br />
<strong>Vegetation</strong>szeit produktiv nutzen, was die sehr große obe:<br />
irdische Phytomasse <strong>und</strong> die beträchtlichen, im Herbst lütt<br />
nächste Jahr angelegten unterirdischen Reserven erklän.<br />
Tab. 8. Produktionswerte eines Reinbestands (in<br />
t •ha"’ •a“’) <strong>der</strong> adventiven Goldrute Solidago<br />
a ltis s im a in einer Flußaue in Japan;<br />
<strong>Vegetation</strong>szeit von April bis Oktober<br />
L<br />
Zuwachs <strong>der</strong> oberirdischen Teile<br />
Zuwachs <strong>der</strong> Rhizome <strong>und</strong> Wurzeln<br />
Während <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit abgestorbene Teile<br />
Gesamte Produktion<br />
IWAKi et al. 1966, vgl. <strong>Walter</strong> 1979<br />
12,01<br />
2,94<br />
2,83<br />
17,78
Höchst produktive Ökosysteme 119<br />
Abb. 62.<br />
Oberer Kamchatka-Fluß mit<br />
Aue. Unmittelbar am Flußufer<br />
(Grasstreifen) verläuft ein<br />
schmaler Bärenpfad, dahinter<br />
wachsen Hochstauden aus Filipéndula<br />
camtschatica vor dem<br />
Galeriewald aus Salix sachalinensis<br />
mit dürren Stämmen. Auf<br />
<strong>der</strong> Anhöhe stockt Wald aus Betula<br />
ermanii (phot. E. H u l t e n ) .<br />
Eine genaue Produktionsanalyse eines Hochstaudenbesiands<br />
zeigl Tab. 8 . Die NPP konnte durch monatliche Be-<br />
^liminung <strong>der</strong> ober- <strong>und</strong> unterirdischen Phytomasse ermitleli<br />
werden.<br />
Die jälirliche NPP von r<strong>und</strong> 18t- ha“' liegt in <strong>der</strong> gleichen<br />
GröKenordnung wie die eines mitteleuropäischen Eichenmischwaldes<br />
(vgl. S. 336), aber etwas unter <strong>der</strong> eines immergrünen<br />
50jährigen Castanopsis cuspidata-V^a.\áes im<br />
warmtemperierten Klima Japans mit einer NPP von im Mittel<br />
18.3 t ■ha“' • a”' .1<br />
Noch gröKer ist nach Untersuchungen von M orozov &<br />
Bf LAYA (vgl. W alter 1981) die NPP <strong>der</strong> natürlichen RiesenhcH-hstauden<br />
auf den immerfeuchten <strong>und</strong> nährstoffreichen<br />
Böden <strong>der</strong> FluBauen auf Kamtschatka <strong>und</strong> Sachalin.<br />
Kamtschatka gehört zur subarktischen Zone mit niedrigen<br />
Belula ennannii-Wáldem. Die <strong>Vegetation</strong>szeit ist 90 bis<br />
110 Tage (mittlere frostfreie Periode nur 64 Tage), die mittleren<br />
Temperaturen sind im Mai 3,5, Juni 10,6, Juli 14,3,<br />
August 13,3 <strong>und</strong> September 7,2 °C. Die Hochstauden erreichen<br />
eine Höhe von 3,5 m, wobei Filipéndula camtschatica,<br />
.necio cannabifolium <strong>und</strong> Heracleum dulce dominieren<br />
lAhb. 62). Nach K ulten (1932) schlafen in ihnen am Tage<br />
die Bären, die nachts im Fluß die Lachse fangen. Die maximale<br />
stehende Phytomasse erreicht 31 t ha ' (davon sind<br />
lü t • ha ' unterirdisch). Da ein Teil <strong>der</strong> Sprosse während <strong>der</strong><br />
<strong>Vegetation</strong>szeit abstirbt, ist die NPP höher als die maximale<br />
krautige Phytomasse <strong>und</strong> dürfte trotz <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Vegeta
120 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
tionszeit über 16 bis 20 l-h a ''-a “' betragen. Die Hochstauden<br />
werden als Viehfutter in Form von Silage verwendet.<br />
Auf Südsachalin, das viel südlicher liegt (etwa 45°N), mit einem<br />
wärmeren Klima <strong>und</strong> Mischwäl<strong>der</strong>n aus Laub- <strong>und</strong> Nadelholzarten<br />
wurden noch höhere Werte ermittelt. Die frostfreie<br />
Periode beträgt auf Sachalin 145 bis 155 Tage <strong>und</strong> die<br />
mittlere Temperatur des wärmsten Monats 18 °C. Die Hc'chstauden<br />
werden hier bis zu 4,5 m hoch, ihre Zusammensetzung<br />
ähnelt <strong>der</strong> auf Kamtschatka, doch sind sie heterogener,<br />
da unterschiedliche Arten lokal dominieren. Für Bestände<br />
mit dominieren<strong>der</strong> Filipéndula wird ein Blattflächenindex<br />
von 13 bis 14 angegeben, bei Dominanz von Polygonum suchalinense<br />
sogar 18 bis 21, was nur möglich ist, wenn die Hochstauden<br />
zusätzlich Seitenlicht, zum Beispiel von <strong>der</strong> Flußseite,<br />
erhalten. Das dürfte die enorme jährlich erzeugte<br />
oberirdische Phytomasse erklären, die bei Dominieren von<br />
Polygonum 30 t-ha"‘ (gesamte Phytomasse 70 t-h a '') erreicht.<br />
Die NPP konnte somit kleinflächig den Rekordwert<br />
von über 38 t • ha”' • a”‘ erreichen.<br />
Ob die NPP von hohen PitpyrMS-Beständen in den Tropen<br />
noch höher liegt, ist nicht bekannt. Man muß bedenken,<br />
daß in den Tropen die Atmungsverluste infolge <strong>der</strong> hohen<br />
nächtlichen Temperaturen sehr groß sind, so daß trotz <strong>der</strong><br />
hohen Werte <strong>der</strong> Bruttoproduktion die NPP stark erniedrigt<br />
wird.<br />
'*<br />
Sehr üppige Hochstauden sind auch aus dem westlichen<br />
Kaukasus-Gebirge aus <strong>der</strong> subalpinen Stufe bekannt (W alter<br />
1974) <strong>und</strong> nicht ganz so hohe in den Alpen im Bereich<br />
<strong>der</strong> ebenfalls subalpinen Ainus viridis-Bestände, die indirekt<br />
Luftstickstoff assimilieren, was auch dem Boden zugute<br />
kommt.<br />
Hohe perenne Gräser an feuchten, nährstoffreichen<br />
Standorten erzeugen jährlich ebenfalls eine große Phytomasse,<br />
zum Beispiel werden für die 2,3 m hohen Schilfbestände<br />
(Phragmites) am unteren Amudarja etwa 35 t- ha”' an<br />
Phytomasse (Jahresproduktion 18 t-ha”') angegeben.<br />
12 Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> Stoffkreisläufe<br />
verschiedener Ökosysteme<br />
Aquatische Ökosysteme weisen, wenn man von <strong>der</strong> schmalen<br />
Uferzone, dem Litoral absieht, im Wasser schwebende,<br />
autotrophe Algen als Produzenten auf. Sie stellen einen Teil<br />
des Planktons dar. Durch Teilung können sie sich sehr rasch<br />
vermehren. Da sie Licht für die Photosynthese brauchen,<br />
kommen sie nur in den oberen Schichten <strong>der</strong> Gewässer vor.
Sie dienen als Nahrung für die tierischen Organismen des<br />
Mikro- <strong>und</strong> Makroplanktons, diese wie<strong>der</strong>um größeren Tieren<br />
bis hinauf zu den Fischen <strong>und</strong> den im Wasser lebenden<br />
Säugern, aber auch Raubvögeln, die ihre Nahrung aus dem<br />
Wasser holen. Alle toten organischen Abfälle werden von<br />
Destruenten im Wasser o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schlammschicht am<br />
Gr<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Gewässer, im Benthal, mineralisiert.<br />
Die in den Gewässern vorhandene Phytomasse ist klein,<br />
trotzdem ist die Primärproduktion unter Umständen sehr<br />
hoch, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> raschen Vermehrungsrate <strong>der</strong> Algen. Da<br />
diese Primärproduktion den Tieren als Nahrung dient <strong>und</strong><br />
dann zu einem erheblichen Teil in <strong>der</strong>en Körpersubstanz<br />
eingebaut wird (Sek<strong>und</strong>ärproduktion) ist die Zoomasse im<br />
Vergleich zur Phytomasse sehr groß. Ganz an<strong>der</strong>s sind die<br />
Verhältnisse, wie wir gesehen haben, bei terrestrischen Ökosystemen.<br />
Die entsprechenden mittleren Verhältniszahlen<br />
sind im Vergleich in Tab. 9 angegeben.<br />
In terrestrischen Ökosystemen ist viel unproduktive Biomasse<br />
in den Produzenten angehäuft, in aquatischen Ökosystemen<br />
ist Biomasse stärker in Konsumenten akkumuliert.<br />
Auch das Schema des Laubwaldökosystems (Abb. 58) ist<br />
durchaus nicht allgemeingültig. Es kommen verschiedene<br />
Abweichungen vor, so daß ihrer großen Bedeutung wegen<br />
im folgenden noch Beispiele genannt werden müssen.<br />
Fast alle Waldbäume <strong>und</strong> die meisten krautigen Pflanzenarten<br />
(bis auf die Brassicaceen), insbeson<strong>der</strong>e aber die Ericaceen<br />
<strong>und</strong> Örchideen bilden mit Pilzen eine M ykorrhiza, die<br />
funktionell als starke Verlängerung <strong>und</strong> Auffächerung des<br />
Wurzelsystems aufgefaßt werden kann. Die Aufnahme von<br />
mineralischen Nährsalzen aus humusreichen Böden wird<br />
dadurch erleichtert. Die Mykorrhizapilze vermögen auch<br />
mit organischen Stoffen ihre Wirtspflanzen zu versorgen.<br />
Das beweisen Holosaprophyten unter den örchideen (Neottia,<br />
Corallorhiza <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e), Pyrolaceen (Monotropa <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e)<br />
<strong>und</strong> weiteren Familien. Dazu kommen sicher auch<br />
hormonelle Wirkungen. Ob die Mykorrhizapilze den Waldbäumen<br />
<strong>und</strong> den Ericaceen ebenfalls organische Verbindun-<br />
Stoffkreisläufe verschiedener Ökosysteme 121<br />
Tab. 9. Verhältniszahlen von Phytomasse <strong>und</strong> Primärproduktion<br />
terrestrischer <strong>und</strong> aquatischer Ökosysteme<br />
Terrestrische Ökosysteme<br />
Aquatische Ökosysteme<br />
Phytomasse : Primärproduktion<br />
10-20 :1<br />
1 ; 300-400
122 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
gen zuführen, ist wohl noch nicht nachgewiesen, könnte<br />
aber bei Beständen auf extrem armen Sanden mit einer<br />
Rohhumusschicht möglich sein. In diesem Falle wäre <strong>der</strong><br />
kurze Kreislauf noch stärker verkürzt, weil die Streu nicht<br />
mineralisiert zu werden braucht.<br />
Ein beson<strong>der</strong>s merkwürdiger Fall von einem Ökosystem<br />
ohne Produzenten wurde im Dünengebiet <strong>der</strong> Namib Nebelwüste<br />
entdeckt (s. S. 255): Die organische Masse, die eine<br />
Voraussetzung für den Stoffkreislauf ist, wird in dieses fast<br />
vegetationslose Dünengebiet durch den Wind aus den Nachbargebieten<br />
hineingeweht <strong>und</strong> reichert sich auf dem Leehang<br />
<strong>der</strong> Dünen o<strong>der</strong> in Sandmulden an. Sie dient als Nahrung<br />
für die Saprophagen (Käferarten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e), diese<br />
werden von kleinen Räubern (Reptilien <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) gefressen,<br />
die ihrerseits die Nahrung größerer Räuber sind. Auf<br />
diese Weise hat sich ein reiches Tierleben mit sehr merkwürdigen<br />
Anpassungen an das Leben im beweglichen Sande<br />
auch ohne Pflanzen entwickelt, also ein offenes Ökosystem<br />
ohne Produzenten.<br />
13 Die Bedeutung des Feuers für Ökosysteme<br />
Gut gesichert ist die Tatsache, daß das Feuer oft die Destruenten<br />
ersetzen kann <strong>und</strong> eine sehr rasche Mineralisierung,<br />
<strong>der</strong> angereicherten Streu durchführt. Insofern stellt Feuer<br />
auch eine beson<strong>der</strong>e Einwirkung auf den Stoffkreislauf <strong>der</strong><br />
Ökosysteme dar. Natürliche durch Blitzschlag ausgelöste<br />
Brände hat es immer gegeben, schon in den Wäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Steinkohlenzeit (Karbon). Sie sind für Gebiete mit einer<br />
Dürrezeit, also für alle Graslän<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tropen <strong>und</strong> Subtropen,<br />
für die Steppen <strong>der</strong> gemäßigten <strong>und</strong> kalten Regionen,<br />
für die Gehölzfluren <strong>der</strong> Winterregengebiete <strong>und</strong> für sämtliche<br />
Nadelwaldgebiete auch ohne Zutun des Menschen typisch<br />
<strong>und</strong> sogar für die <strong>Vegetation</strong> notwendig, wenn die Destruenten<br />
nicht die gesamte tote Streu zu zersetzen<br />
vermögen. Im Grand Teton' National Park (USA) wurden<br />
lange Zeit alle Brände unterdrückt, die Folge war eine Borkenkäfer-Katastrophe<br />
in den P/nMs-Wäl<strong>der</strong>n, weil sich die<br />
Käfer im angereicherten toten Holz stark vermehren konnten.<br />
Seitdem die natürlichen Feuer nicht mehr gelöscht werden,<br />
bleibt das Gleichgewicht im Ökosystem erhalten. Dabei<br />
treten immer wie<strong>der</strong> größere <strong>und</strong> großflächige Brände unterschiedlichster<br />
Intensität auf, die ein Brandmosaik in <strong>der</strong><br />
Landschaft verursachen. Auch völlig vor Feuer geschützte<br />
Steppen o<strong>der</strong> Prärien (ebenso Graslän<strong>der</strong> <strong>und</strong> Savannen)<br />
<strong>und</strong> Naturparks degenerieren, wenn sich die Streu ansam
Bedeutung des Feuers für Ökosysteme 123<br />
Abb. 63.<br />
Macrozamia im Unterwuchs eines<br />
hochwüchsigen Eucalyptuswaldes<br />
nördlich Melbourne<br />
(Australien) mit frischem Austrieb<br />
nach Waldbrand<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
melt, die sonst periodisch bei natürlichen Bränden mineralisiert<br />
wird. In bestimmten australischen Heiden kommt <strong>der</strong><br />
Stoffkreislauf zum Stillstand, wenn die toten organischen<br />
Pflanzenteile nicht mindestens alle 50 Jahre abbrennen,<br />
denn sonst werden die mineralischen Nährstoffe in <strong>der</strong> sich<br />
ansammelnden Streu, in den großen holzigen Früchten <strong>der</strong><br />
Banksia, aber auch in den harten toten Blättern <strong>der</strong> Grasbäume<br />
mehr <strong>und</strong> mehr gespeichert (vgl. S. 298). Viele Eucalyptus-,<br />
Banksia, Grevillea <strong>und</strong> Hakea-Anen in Australien erneuern<br />
sich nur nach Feuerereignissen. Auch viele Annuelle<br />
nutzen nach dem nächsten Regen den offenen, durch Asche<br />
frisch gedüngten Boden <strong>und</strong> keimen. Auch viele Geophyten<br />
treiben plötzlich gleichzeitig aus, <strong>und</strong> aus vielen abgebrannten<br />
Stümpfen entstehen fast synchron neue Sproße<br />
(Abb. 63).<br />
Nach einem Feuer wird <strong>der</strong> Stoffkreislauf durch die<br />
Aschenbestandteile wie<strong>der</strong> angeregt. Ähnlich sind die Verhältnisse<br />
in den großen Protea-Beständen um Kapstadt, im<br />
Fynbos, wo natürlicherweise sogar kürzere Feuerperioden<br />
auftreten, wie zum Beispiel auf den Hängen um Junkershoek,<br />
wo man dieses, untersucht hat. Dort tritt im Mittel alle<br />
zwei bis drei Jahrzehnte, also relativ häufig auch unter natürlichen<br />
Bedingungen ein Feuer auf. In dieser Zeit hat sich<br />
noch nicht so viel Streu <strong>und</strong> Totmasse angesammelt, so daß<br />
die Feuer an vielen Stellen nicht zu heiß <strong>und</strong> daher nicht sehr<br />
verheerend sind. Die Cupressacee Widdringtonia kann sich<br />
dadurch immer wie<strong>der</strong> regenerieren, sie ist nur unter Feuereinwirkung<br />
gegen an<strong>der</strong>e Strauch- <strong>und</strong> Baumarten konkurrenzkräftig<br />
genug. Der Fynbos (Abb. 64) bleibt dadurch ein<br />
artenreiches Mosaik unterschiedlichster Alterssladien.<br />
_ _ Pflanzenarten, die in<br />
einem Ökosystem episodische<br />
Feuer zum Erhalt<br />
bzw. zur Reproduktion<br />
benötigen, bezeichnet<br />
man als obligat pyrochore<br />
Pflanzen. Ihre Reproduktion<br />
ist an Feuerereignisse<br />
geb<strong>und</strong>en.
124 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
Abb. 64.<br />
Proteoi<strong>der</strong> Fynbos bei Junkershoek<br />
(Südafrika) mit Hartlaubgebüsch<br />
verschiedener Proteaceen<br />
<strong>und</strong> Widdringtonia (Cupressaceae),<br />
die sich nur nach Bränden<br />
verjüngen kann<br />
(phot. 5,-Vk B r e c k l e ) .<br />
Feuer ist somit sehr häufig ein wichtiger natürlicher Umweltfaktor<br />
zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in Ökosystemen.<br />
Für die Jahre 1961 bis 1970 liegt eine genaue Statistik<br />
<strong>der</strong> in USA durch Blitzschlag entstandenen Wald- o<strong>der</strong><br />
Präriebrände vor. Es waren in den pazifischen Staaten 34 976<br />
= 37 % aller Brände, in den Rocky Mountains-Staaten 51 703<br />
= 57 %, in den südöstlichen Staaten 13 733 = 2 %, im humiden<br />
Nordwesten nur 1167= 1 % (Taylor 1973).<br />
Allerdings haben heute die vom Menschen gelegten Feuer<br />
für Brandrodung vor allem in den Tropen <strong>der</strong>art überhand<br />
genommen, daß im Satellitenbild in je<strong>der</strong> Nacht<br />
Tausende von Feuern geortet werden können. Die Rauchpartikel<br />
sind in <strong>der</strong> gesamten Atmosphäre verteilt, sie tragen<br />
damit einen schwer abschätzbaren Anteil zur Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Strahlungsabsorption <strong>und</strong> damit zum Weltklima bei.<br />
14. Die einzelnen Zonobiome <strong>und</strong> ihre Verbreitung<br />
Die Abfolge <strong>der</strong> Zonobiome ordnet sich zu beiden Seiten des<br />
Äquators an, aber nicht ganz symmetrisch, weil die Landmassen<br />
auf <strong>der</strong> Südhalbkugel geringer sind <strong>und</strong> das Klima<br />
ozeanischer aber auch kühler ist. Man beachte dabei, daß<br />
die Zonobiome VI bis IX auf <strong>der</strong> Südhemisphäre kleinräumig<br />
sind. Zonobiom VI <strong>und</strong> Vll sind auf <strong>der</strong> Südhemisphäre<br />
schwach ausgebildet, ZB Vlll fehlt ganz, <strong>und</strong> ZB IX ist nur<br />
durch die subantarktischen Inseln <strong>und</strong> die Südspitze von<br />
Südamerika vertreten, wenn man von <strong>der</strong> vereisten <strong>und</strong> fast<br />
vegetationslosen Antarktis absieht.<br />
Die Abfolge vom Äquator zu den Polen entspricht nicht<br />
immer <strong>der</strong> numerischen Reihenfolge, so ist ZB VII in Eura-
sieii zum Teil zwischen ZB V <strong>und</strong> ZB VI eingeschoben <strong>und</strong><br />
stellt eine sehr trockene Abwandlung dar (Krutzsch, 1992<br />
nennt dies Klimafaziesgebiete), die sogar oft einen Nie<strong>der</strong>schlagsgang<br />
des ZB IV aufweist, aber mit kalten Wintern <strong>und</strong><br />
großer Kontinentalität. Die großen Zonobiome werden auf<br />
Gr<strong>und</strong> von bestimmten Abweichungen meist weiter in Subzonobiome<br />
(sZB) unterteilt.<br />
Vor <strong>der</strong> genaueren Besprechung <strong>der</strong> einzelnen Zonobiome<br />
wird auf den Abb. 65 bis 70 (Seiten 126-131) <strong>der</strong>en Verbreitung<br />
auf den fünf Kontinenten dargestellt. Durch zusätzliche<br />
Signaturen wird auf kleinere Abwandlungen<br />
innerhalb <strong>der</strong> Zonobiome hingewiesen.<br />
Die einzelnen Zonobiome <strong>und</strong> ihre Verbreitung 125
126 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
Abb. 55-70. Ökologische Großglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kontinente (nach W a l t e r et al.<br />
1975). Erläuterung <strong>der</strong> Signaturen: I-IX die entsprechenden Zonobiome<br />
(ZB). Zwischen diesen sind die Zonoökotone (weiße<br />
Flächen) <strong>und</strong> Gebirge (schwarz) dargestellt.<br />
Abweichende Verhältnisse innerhalb <strong>der</strong> einzelnen ZB:<br />
a: für das betreffende ZB relativ arid<br />
h: für das betreffende ZB relativ humid<br />
oc: im außertropischen Gebiet ein ozeanisch (maritim) getöntes Klima<br />
co: entsprechend ein kontinental getöntes Klima<br />
fr: im tropischen Gebiet häufige Fröste, z. B. Ufr in höheren Lagen<br />
wr: für das ZB anomal Winterregen vorherrschend, z. B. Vwr, aber<br />
auch lllwr<br />
sr: entsprechend Sommerregen vorherrschend, z. B. lllsr<br />
sivr.- entsprechend zwei Regenzeiten, z. B. Illswr (o<strong>der</strong> seltene Regen zu<br />
einer beliebigen Jahreszeit)<br />
ep: episodische Regen in extremen Wüsten<br />
nm: nichtmeßbare Nie<strong>der</strong>schläge durch Tau o<strong>der</strong> Nebel in Wüsten<br />
(rill): Regen so gering wie in III, z. B. ¡(rill) = äquatoriale Wüste<br />
(tl): Temperaturkurve wie bei I z. B. (Il(tl) = Tagezeitenklima.<br />
10”<br />
3l □ lll □ IV 3 V I<br />
ü v i l ESvila li3vil(rlll)[Z]vill l l X H Gebirge<br />
Abb. 65. Australien <strong>und</strong> Neuseeland mit den Zonobiomen 1-V
128 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
^^Vl! E3vila iöiJvil(flll)l Ivill B IX Gebirge<br />
Abb. 67. Südamerika mit den Zonobiomen I-VII <strong>und</strong> IX.
Die einzelnen Zonobiome <strong>und</strong> ihre Verbreitung 129<br />
IV-III ) wsr<br />
IV<br />
IV-V<br />
G m D iv B v H v ,<br />
Gvil(rlll)Gvm ■ ix Gebirge<br />
Abb. 68. Afrika mit den Zonobiomen I-V.
iavil IXJVIIa b:JVII(rlll)l__IVIII Ei5]vil(rlll)[I]\ lix I Gebirge<br />
Abb. 69. Europa mit den Zonobiomen IV-IX, dazu Vor<strong>der</strong>asien.<br />
In Westeuropa verlaufen die Zonobiome infolge <strong>der</strong> Einwirkung des Golfstromes mehr von<br />
Norden nach Süden, in Osteuropa läßt sich dagegen die normale West-Ost-Erstreckung erkennen.<br />
Es sind von Norden nach Süden: Das Zonobiom IX (T<strong>und</strong>razone) mit dem Zonn-<br />
Ökoton VIII/IX (Waldt<strong>und</strong>ra), das Zonobiom VIII (boreale Nadelwaldzone), das Zono-Okoton<br />
(VI/VUI mit dem Zonobiom VI, die aber beide nach Osten auskeilen (Mischwald- <strong>und</strong><br />
Laubwaldzone) <strong>und</strong> schließlich das Zonobiom VII (Steppenzone). Die Zonobiome IX, VIII<br />
<strong>und</strong> VII finden ihre unmittelbare Fortsetzung nach Osten in Asien (Abb. 70). Südeuropa<br />
gehört zum Zonobiom IV (mediterranes Hartlaubgebiet), das sich noch schwach im Iran<br />
<strong>und</strong> in Afghanistan bemerkbar macht. Das Zonobiom III fehlt Europa ganz. Nur das Zonoökoton<br />
IV/III nimmt im Südosten von Spanien, dem trockensten Teil von Europa, eine<br />
kleine halbwüstenhafte Fläche ein. In Mitteleuropa wird die Zonierung durch die Alpen<br />
<strong>und</strong> die an<strong>der</strong>en Gebirge stark verän<strong>der</strong>t. Auch die gebirgige Balkanhalbinsel ist kompliziert<br />
geglie<strong>der</strong>t.
G m<br />
G iv m y<br />
G vila lÜvil(-lll)Gvill B i X B Gebirge<br />
den Zonobiom en I-IX (Vor<strong>der</strong>asien s. Abb. 69)<br />
Abb. 70. Asien mit
132 Ökologische Systeme <strong>und</strong> Ökosystembiologie<br />
FRAGEN<br />
Warum ist das meiste Wasser auf <strong>der</strong> Erde Salzwasseri’<br />
II<br />
In wieviel Tagen/Wochen/Jahren wird das Wasser in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />
einmal umgesetzt?<br />
Warum werden die Zonobiome nach Klimatypen <strong>und</strong> nicht<br />
nach Florenregionen o<strong>der</strong> Bodenzonen definiert?<br />
Was ist ein Dreieckszonoökoton?<br />
Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen Höhcnstufenfolge<br />
<strong>und</strong> Gürtelung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szonen zu den Polen<br />
hin?<br />
Wie unterscheiden sich Pflanzengemeinschaft <strong>und</strong> Pflanzengesellschaft?<br />
Welche Kompartimente muß ein funktionierendes Ökosystem<br />
mindestens aufweisen?<br />
Warum sind neben <strong>der</strong> quantitativen Bedeutung <strong>der</strong> Stoffumsätze<br />
in einem Ökosystem auch qualitative Beziehungen'^<br />
zwischen Organismen in einem Ökosystem für dessen Erhal-:<br />
tung bedeutsam?<br />
'<br />
In welchen Ökosystemen spielt Feuer eine natürliche Rolle als<br />
ökologischer Faktor?<br />
10 Welche gr<strong>und</strong>sätzlichen Unterschiede bestehen zwischen terrestrischen<br />
<strong>und</strong> aquatischen Ökosystemen?<br />
Ist es möglich, daß Konsumenten die Produktion <strong>der</strong> Produzenten<br />
in einem Ökosystem erhöhen können?<br />
12 Wie bestimmen Photosyntheserate, Blattfläche <strong>und</strong> Assimilât-<br />
Verlagerung das Wachstum <strong>und</strong> die Konkurrenzkraft einer<br />
Pflanze?
L<br />
I Zonobiom des immergrünen<br />
tropischen Regenwaldes<br />
(ZB des äquatorialen humiden<br />
Tageszeitenklimas)<br />
1 Typische Ausbildung des Klimas im ZB I<br />
_ _ Das Zonobiom I (<strong>der</strong><br />
tropische Regenwaid)<br />
weist ein ausgesprochenes<br />
Tageszeitenklima auf: Die<br />
Tagesamplituden <strong>der</strong><br />
Temperatur sind wesentlich<br />
größer als die Jahresamplituden<br />
<strong>der</strong> Monatsmittelwerte.<br />
Abb. 71.<br />
Klimadiagramme von Stationen<br />
im tropischen Regenwaldgebiet:<br />
Kongo, Amazonasbecken <strong>und</strong><br />
Neuguinea.<br />
Ein Monat mit weniger als 100 mm Regen gilt in diesem regenreichen<br />
Zonobiom schon als relativ trocken. Nur auf <strong>der</strong><br />
Malayischen Halbinsel <strong>und</strong> in Indonesien findet man größere<br />
Gebiete, die ganzjährig feucht sind; im Amazonasbecken<br />
ist es nur ein Teilgebiet am Rio Negro, in Zentralamerika sind<br />
es wenige kleine, regenzugewandte Berggebiete. Im Kongobecken<br />
machen sich meist zwei regenärmere Zeiten bemerkbar<br />
(Abb. 71).<br />
Auch im südlichen Indien gibt es stets eine o<strong>der</strong> zwei<br />
trockenere Perioden im Jahr. Ein ausgesprochen dauerfeuchtes<br />
Regenwaldklima besitzt Bogor (Buitenzorg) auf<br />
Java (vgl. Abb. 5, s. S. 36).<br />
Die Monatsmittel <strong>der</strong> Temperatur schwanken nur zwi-<br />
Stanleyville (415 m)<br />
25,3° 1842<br />
Uaupes (Säo Gabriel) (83 m)<br />
26,4° 2680<br />
34,4<br />
Suva (6 m)<br />
[33-47]<br />
25,6° 2926<br />
•11,6<br />
21,3
Typische Ausbildung des Klimas im ZB I 135<br />
12. 13. 14. 15. 16. Februar 1930<br />
sehen 24,3 °C (Februar) <strong>und</strong> 25,3 °C (Oktober), <strong>der</strong> mittlere<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlag beträgt 4370 mm, <strong>der</strong> regenreichste Monat<br />
weist 450 mm Regen auf, <strong>der</strong> regenärmste 230 mm.<br />
Aber die Tagesschwankungen <strong>der</strong> Temperatur können an<br />
sonnigen Tagen über 9 °C erreichen (Tageszeitenklima); an<br />
trüben Tagen sind sie mit nur 2 °C unbedeutend. Dementsprechend<br />
än<strong>der</strong>t sich auch die Luftfeuchtigkeit nur wenig<br />
(Abb. 72).<br />
Frost tritt nie auf, nur in den hohen Gebirgen, aber auch<br />
dort herrscht ein tropisches Tageszeitenklima (vgl. S. 163ff.).<br />
Die Regen fallen meist am Nachmittag als kurze, schwere<br />
Güsse, am Abend scheint die Sonne wie<strong>der</strong>. Ihre Strahlung<br />
ist, wenn sie im Zenit steht, sehr stark. Das hat zur Folge,<br />
daß sich <strong>der</strong> Strahlung direkt ausgesetzte Blätter (im Kronenbereich)<br />
um mehrere Grad (bis 10 °C) über die schon<br />
sehr hohe Lufttemperatur erhitzen. Deshalb treten an <strong>der</strong><br />
Abb. 72.<br />
Tagesgang <strong>der</strong> Witterungsfaktoren<br />
in Bogor (Java) während<br />
<strong>der</strong> Regenzeit (vgl. den sonnigen<br />
12. Februar, an dem die Luftfeuchtigkeit<br />
bis auf fast 30 %<br />
absank, mit dem trüben 14. Februar).<br />
Zahlen bei Regen geben<br />
absolute Regenmengen in mm<br />
an (nach S t ö c k e r , aus W a l t e r<br />
1990).
136 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
L<br />
Abb. 73.<br />
Kurven <strong>der</strong> Sättigungsdeßzile<br />
in mm Hg an <strong>der</strong> Blattoberfläche<br />
bei Übertemperaturen von<br />
5 °C bzw. 10 °C in Abhängigkeit<br />
von <strong>der</strong> Lufttemperatur in<br />
dampfgesättigter Luft (unterste<br />
Zahlenreihe = Sättigungsdruck<br />
in mm Hg).<br />
Blattoberfläche selbst bei dampfgesätligter Luft<br />
hohe Wasserdampfsättigungsdefizite auf (Abb. "'S).<br />
Übertemperaturen von 10 bis 15 °C sind an nicht<br />
beschatteten Coffea-Bläuevn an klaren Tagen in<br />
Kenya gemessen worden. Klare Tage kommen<br />
selbst im dauerfeuchten Bogor (Buitenzorg) nicht<br />
so selten vor (Abb. 72). Dabei sinkt die Luftfeuchtigkeit<br />
auf fast 50 %, <strong>und</strong> die Temperatur steigt auf<br />
über 30 °C, wodurch sich das Sättigungsdefizit bei<br />
um 10 °C überhitzten Blättern auf fast 6 kPa erhöht,<br />
das heißt die Blätter sind selbst in den feuchtesten<br />
Tropen st<strong>und</strong>enweise einer extremen<br />
Trockenheit ausgesetzt. Der Mensch, <strong>der</strong> eine eigene Körpertemperatur<br />
besitzt, empfindet demgegenüber die Luft<br />
dauernd als schwül.<br />
Forscher, die jahrelang im Urwald arbeiteten, betonen,<br />
daß selbst im perhumiden Gebiet auf Borneo Wochen oline<br />
Regen immer wie<strong>der</strong> Vorkommen, die für die Urwaldbäume<br />
eine Trockenperiode bedeuten. Die langjährigen Monatsmittel<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge lassen das nicht erkennen. Dies gilt in<br />
gleichem Maße für Amazonien.<br />
Es ist deshalb verständlich, daß die Blätter hohe Transpirationswi<strong>der</strong>stände<br />
<strong>und</strong> außerdem eine sehr dicke Kutikula<br />
besitzen. Sie sind le<strong>der</strong>ig, aber nicht völlig xeromorph (vgl.<br />
den Gummibaum Ficus elástica, Philodendron, Anthurium <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e); sie können bei Spaltenschluß ihre Transpiration<br />
stark einschränken <strong>und</strong> eine hohe Hydratur des Plasmas<br />
dauernd aufrechterhalten. Sie sind oft lauriphyll, aber nicht<br />
sklerophyll. Die Zellsaftkonzentration beträgt meistens nur<br />
1,0 bis 1,5 MPa. Und es ist bezeichnend, daß manche dieser<br />
Arten als Zimmerpflanzen die trockene Luft in beheizten<br />
Wohnräumen gut aushalten.<br />
An<strong>der</strong>s sind die Bedingungen für die Arten, die im Waldschatten<br />
wachsen. Im Inneren des Regenwaldes ist das Mikroklima<br />
sehr viel ausgeglichener, insbeson<strong>der</strong>e am Boden,<br />
auf den wenig direktes Sonnenlicht fällt. Hier hören die<br />
Temperaturschwankungen fast auf, <strong>und</strong> die Luft ist dauernd<br />
wasserdampfgesättigt. Bei <strong>der</strong> hohen Luftfeuchtigkeit<br />
kommt es selbst bei <strong>der</strong> geringen nächtlichen Abkühlung regelmäßig<br />
zu einem Taunie<strong>der</strong>schlag auf die Baumkronen. Er<br />
tropft ab <strong>und</strong> benetzt die Blätter <strong>der</strong> unteren Schichten.<br />
Wichtig für die Waldpflanzen sind die Lichtverhältnisse.<br />
Durch die unregelmäßige Kontur des Kronendachs <strong>und</strong><br />
durch die stark reflektierenden, le<strong>der</strong>igen Blätter dringt das<br />
Licht zwar tief in das Waldinnere ein, aber am Boden ist die<br />
mittlere Intensität sehr gering. Allerdings spielen die kurz
zeitigen Sonnenflecken am Boden eine wichtige Rolle für<br />
die Lichtausbeute. Je nach <strong>der</strong> Struktur des Waldes erreichen<br />
im Tagesmittel 0,5 bis 2 % des Tageslichtes (wie bei unseren<br />
Laubwäl<strong>der</strong>n), seltener auch nur 0,1 % die Kraut- <strong>und</strong><br />
Bodenschicht. Rechnet man die zahlreichen Lücken im Bestand,<br />
die eine sehr heterogene Struktur bedingen, mit hinzu,<br />
integriert also die Lichtausbeute auf eine größere Fläche,<br />
so erhält man Werte deutlich über 2 %, es dringt im Mittel<br />
also doch mehr als nur 2 % des Lichtes bis zum Boden<br />
durch. Dies liegt an <strong>der</strong> sehr uneinheitlichen Struktur <strong>der</strong><br />
Bestände. Die Einzelpflanze erhält aber teilweise weniger als<br />
I % Lichtgenuß. Manche <strong>der</strong> sehr zarten Kräuter sind mit<br />
bläulich reflektierenden Unterseiten ausgestattet (s. S. 148).<br />
Böden <strong>und</strong> Pedobiome 137<br />
2 Böden <strong>und</strong> Pedobiome<br />
Wenn wir von den jungen vulkanischen Böden <strong>und</strong> den Alluvionen<br />
absehen, sind die Böden <strong>der</strong> Regenwaldgebiete<br />
meistens sehr alt. Sie reichen oft bis ins Tertiär zurück. Die<br />
Verwitterung dringt bei silikatischen Gesteinen viele Meter<br />
in die Tiefe. Es findet eine Auswaschung <strong>der</strong> Basen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Kieselsäure statt; was verbleibt, sind die Sesquioxide (Al^Oj,<br />
FejOj), das heißt es tritt eine Lateritisierung ein, <strong>und</strong> es bilden<br />
sich rotbraune bis gelbrote Lehme (ferrallitische Böden<br />
o<strong>der</strong> Latosole) ohne sichtbare Glie<strong>der</strong>ung in Horizonte. Vergleicht<br />
man die große Vielfalt <strong>der</strong> Bodentypen, so stellt man<br />
fest, daß etwa 2/3 <strong>der</strong> Böden in den Tropen zu den Oxisolen<br />
<strong>und</strong> Ultisolen gehören, Böden mit nur sehr mäßiger bis sehr<br />
geringer Fruchtbarkeit. Etwa 7 % <strong>der</strong> tropischen Böden sind<br />
quarzsandreiche Schwemmlandterrassen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e stark<br />
verwitterte, ausgelaugte Flächen (Psammente o<strong>der</strong> Spodosole)<br />
mit extremer Nährstoffarmut. Nur auf etwa 20 % <strong>der</strong> tropischen<br />
Böden kann mit den heutigen Verfahren Ackerbau<br />
betrieben werden, es sind die jüngeren vulkanischen Böden<br />
(Alfisole) <strong>und</strong> die reichen Schwemmlandflächen in großen<br />
Flußebenen (Fluvente, Aquepte).<br />
Die Verwesung <strong>der</strong> Streu geht sehr rasch vor sich. Das<br />
Holz wird von Termiten zerstört, die im Urwald nicht auflällen,<br />
weil ihre Bauten unterirdisch sind. Bei <strong>der</strong> Anlage eines<br />
Versuchsgeländes zum Beispiel stieß man im Kongo auf<br />
Schwierigkeiten, weil bis zu 25 % <strong>der</strong> gerodeten Waldfläche<br />
auf Termitenbauten entfielen. Gewöhnlich steht unter einer<br />
ganz dünnen Streu- <strong>und</strong> dunklen Humusschicht (1 bis 3 cm)<br />
sofort <strong>der</strong> rotbraune Boden an. Die typischen Böden findet<br />
man auf leicht geneigtem Gelände, weil sich auf ebenen<br />
Flächen bei den großen Regenmengen Staunässe mit Ver
138 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
sumpfung bemerkbar macht. Die Böden sind in aller Regel<br />
sehr nährstoffarm <strong>und</strong> sauer (pH = 4,5 bis 5,5). Dies scheint<br />
im Wi<strong>der</strong>spruch zu <strong>der</strong> äußerlich so üppigen <strong>Vegetation</strong> zu<br />
stehen. Aber fast <strong>der</strong> gesamte Nährstoffvorrat, den <strong>der</strong> Wald<br />
benötigt, ist in <strong>der</strong> oberirdischen Phytomasse enthalten, fast<br />
nichts im Boden. Jährlich stirbt ein Teil <strong>der</strong> Biomasse ab,<br />
wird rasch mineralisiert, <strong>und</strong> die freigewordenen Nährstoffe<br />
können von den Wurzeln sofort wie<strong>der</strong> aufgenommen werden<br />
(fast stets über Mycorrhiza). Trotz <strong>der</strong> hohen Nie<strong>der</strong>schläge<br />
tritt daher fast kein Verlust an Nährstoffen durch<br />
Auswaschung ein. Dies zeigt sich daran, daß das Wasser in<br />
den Bächen dieser Gebiete eine elektrische Leitfähigkeit aufweist,<br />
die <strong>der</strong> von destilliertem Wasser fast entspricht. Es ist<br />
höchstens durch Humussole leicht braun gefärbt.<br />
Nährstoffe werden sogar schon vor <strong>der</strong> Mineralisierung<br />
<strong>der</strong> Streu wie<strong>der</strong> aufgenommen. Im Tieflandsregenwald bei<br />
Manaus am Amazonas besitzen die Saugwurzeln <strong>der</strong> Bäume<br />
auf sehr armen Sandböden in nur 2 bis 15 cm Tiefe eine Mykorrhiza.<br />
Durch die Pilzhyphen ist diese unmittelbar mit <strong>der</strong><br />
Streuschicht verb<strong>und</strong>en; durch die Pilze können die Bäume<br />
die Nährstoffe in organischer Form direkt aus <strong>der</strong> Streu erhalten<br />
(kurzgeschlossener Kreislauf), ähnlich wie saprophytische<br />
Blütenpflanzen. Eine Auswaschung <strong>der</strong> Nährstoffe<br />
durch den Regen <strong>und</strong> damit Verlust aus dem Ökosystem<br />
wird dadurch verhin<strong>der</strong>t. Die Menge <strong>der</strong> täglich abfallenden<br />
Blätter beträgt 4,5 bis 12,6 g an Trockenmasse pro m^. Der<br />
Blattwechsel bewegt sich zwischen 0,9 <strong>und</strong> 2,2 Jahren.<br />
Infolge des raschen Kreislaufs <strong>der</strong> Stoffe kann <strong>der</strong> Urwald<br />
Jahrtausende auf demselben Boden stocken. Aber sobald er<br />
gerodet <strong>und</strong> alles Holz verbrannt o<strong>der</strong> entfernt wird, findet<br />
eine starke Auswaschung des durch das Feuer plötzlich mineralisierten<br />
gesamten Nährstoffkapitals statt. Nur ein kleiner<br />
Teil wird von den Bodenkolloiden adsorbiert <strong>und</strong> kann<br />
von Kulturpflanzen nur wenige Jahre ausgenutzt werden.<br />
Nach Auflassen <strong>der</strong> Kulturen wächst ein Sek<strong>und</strong>ärwald<br />
heran, <strong>der</strong> jedoch längst nicht die Üppigkeit <strong>und</strong> Vielfalt des<br />
Urwaldes erreicht. Nach dessen erneuter Rodung beim Wan<strong>der</strong>ackerbau<br />
treten wie<strong>der</strong> Verluste an Nährstoffen durch<br />
Auswaschung ein, bis nach mehrmaligen Nutzungen nur<br />
noch <strong>der</strong> Adlerfarn (Pteridium) o<strong>der</strong> Gleichenia-Arten zu gedeihen<br />
vermögen. Werden diese Flächen abgebrannt, so tritt<br />
oft eine Vergrasung durch Alang-Alang-Gras (Imperata) o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e anspruchslose <strong>und</strong> für die Beweidung wertlose Arten<br />
ein.<br />
Das große Nährstoffkapital in <strong>der</strong> Phytomasse des Urwaldes<br />
setzt einerseits voraus, daß es zu einer Zeit angesammelt
wurde, als das Gestein noch nicht so tief verwittert war <strong>und</strong><br />
die Wurzeln <strong>der</strong> Pflanzen noch mit dem Muttergestein in<br />
Berührung standen, an<strong>der</strong>erseits, daß episodische Einträge<br />
von Nährstoffen (zum Beispiel Ferntransport von Saharastaub<br />
nach Südamerika) gänzlich in <strong>der</strong> Biomasse gespeichert<br />
werden. Auf den völlig degradierten Flächen kann<br />
wie<strong>der</strong> Urwald entstehen, wenn durch einsetzende Bodenerosion<br />
<strong>der</strong> ganze Boden bis zum anstehenden Gestein abgetragen<br />
wird, dieses verwittert <strong>und</strong> eine neue Primärsukzession<br />
einsetzt, die natürlich erhebliche Zeit erfor<strong>der</strong>t <strong>und</strong><br />
entsprechende Diasporeneinträge aus <strong>der</strong> Umgebung voraussetzt.<br />
Ist dagegen das Muttergestein von vornherein sehr<br />
nährstoffarm, zum Beispiel, wenn es sich um verwitterte<br />
arme Sandsteine o<strong>der</strong> alluviale Sande handelt, so reichen die<br />
Nährstoffe nur für den Aufbau sehr armer Baum- o<strong>der</strong> Heidebestände<br />
bzw. lichter Savannen aus. Es handelt sich um<br />
Pedobiome, speziell Peinobiome, die sehr weite Flächen bedecken<br />
können. Sie stocken auf Podsolboden mit 20 cm<br />
dicken Rohhumus- (pH = 2,8) <strong>und</strong> Bleichhorizonten o<strong>der</strong><br />
sogar auf Torfböden. Diese sind aus Thailand <strong>und</strong> Indomalaya<br />
bekannt, ebenso wie aus Guayana (Humiria-'Qusch, Eperwfl-Wald)<br />
<strong>und</strong> dem Amazonasgebiet im Einzugsbereich des<br />
Rio Negro, <strong>der</strong> „schwarzes Wasser" (reich an Humussäurekolloiden)<br />
führt. Auch in Afrika werden sie für das Kongobecken<br />
<strong>und</strong> die Heiden auf <strong>der</strong> Insel Mafia angegeben. Am<br />
eingehendsten untersucht wurden die Torfböden jedoch in<br />
NW-Borneo. Man findet dort ausgedehnte (14 600 km^) gewölbte<br />
Waldhochmoore (Helobiome) mit Shorea alba <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e, die gleich hinter <strong>der</strong> Mangrovengrenze beginnen<br />
<strong>und</strong> bis zu 15 m mächtige Torfablagerungen (pH um 4,0)<br />
aufweisen. Auch Heidewäl<strong>der</strong> {Agathis, Dacrydium <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e)<br />
auf Rohhumusböden mit Vaccinium sowie Rhododendron<br />
kommen dort vor. Die Gesamtfläche <strong>der</strong> tropischen Podsolbüden<br />
wird auf sieben Millionen Hektar geschätzt.<br />
Das an<strong>der</strong>e Extrem sind die tropischen Kalkböuen, also<br />
Lithobiome, die mit sehr auffälligen Relieflörmen verb<strong>und</strong>en<br />
sind <strong>und</strong> von Jamaica <strong>und</strong> Cuba beschrieben wurden.<br />
Im feuchten tropischen Klima wird Kalk leicht gelöst. Es bilden<br />
sich Karren, <strong>der</strong> weichere Kalkstein verschwindet <strong>und</strong><br />
nur die härtesten Teile bleiben als messerscharfe Rippen stehen.<br />
Das ganze Gebiet verkarstet <strong>und</strong> wird durch Dohnen,<br />
die als Einbruchtrichter entstehen, r<strong>und</strong> <strong>und</strong> teils bis 150 m<br />
tief sind, in ein Netz von Rücken (die Reste <strong>der</strong> früheren Plateaufläche)<br />
zerlegt. Geht die Erosion noch weiter, wie auf<br />
Kuba, dann bleiben schließlich nur noch einzelne, nicht miteinan<strong>der</strong><br />
verb<strong>und</strong>ene aus den Rücken herausmodellierte<br />
Böden <strong>und</strong> Pedobiome 139
140 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
Abb. 74.<br />
Anzahl <strong>der</strong> Blütenpflanzenfamilien<br />
in den einzelnen Kontinentregionen<br />
(Zahl in je<strong>der</strong> Region)<br />
<strong>und</strong> prozentuale Ähnlichkeit<br />
(Zahl zwischen den Großregionen),<br />
ohne kosmopolitische<br />
Pflanzenfamilien<br />
(nach T e r b o r g h 1991).<br />
Türme o<strong>der</strong> Kegelkarstberge mit fast senkrechten Wänden<br />
stehen, wie die „Mogotes" {Orgelberge) auf Kuba o<strong>der</strong> die<br />
„Moros" in N-Venezuela. Der Boden <strong>der</strong> Dohnen ist mit bauxitischer<br />
Roterde aufgefüllt, auf ihr entwickelt sich ein<br />
feuchter immergrüner Wald. Die Kalkrücken dagegen bilden<br />
einen sehr heterogenen Standort, je nachdem, ob sich alkalischer<br />
Boden (pH = 7,7) in einzelnen Vertiefungen ansammeln<br />
kann o<strong>der</strong> nicht. Deshalb findet man meist eine sehr<br />
interessante Flora mit Vertretern vom Regenwald bis zur<br />
Kakteenwüste. In den genannten Gebieten handelt es sich<br />
um ein Klima mit wenig über 1000 mm Regen. Aus dauerhumiden<br />
tropischen Regenwaldgebieten ist eine Kalksteinvegetation<br />
nicht beschrieben worden.<br />
Auf die Halobiome (Mangroven) kommen wir zurück (s.<br />
S. 214).<br />
3 <strong>Vegetation</strong><br />
a Struktur <strong>der</strong> Baumschicht, Blühperiodik<br />
Das auffallendste Merkmal des tropischen Regenwaldes ist<br />
die große Zahl <strong>der</strong> Holzarten, aus denen sich die Baumschicht<br />
zusammensetzt. Man findet 40, ja sogar über 100 Arten auf
einem Hektar. Aber es gibt auch Wäl<strong>der</strong> mit nur wenigen<br />
Baumarten: In Indomalaya dominieren häufig Dipterocarpaceen<br />
<strong>und</strong> auf Trinidad wird die obere Baumschicht von Mora<br />
excelsa (Fabaceae) gebildet. Die floristischen Unterschiede<br />
zwischen den Wäl<strong>der</strong>n Südamerikas, Afrikas <strong>und</strong> Asiens sind<br />
sehr groß (Abb. 74). Entsprechend verschiedenartig sind<br />
auch die Waldtypen; wir können aber nur die Eigenschaften<br />
besprechen, die allen mehr o<strong>der</strong> weniger gemeinsam sind.<br />
Palmen fehlen den afrikanischen Regenwäl<strong>der</strong>n fast ganz,<br />
sind dagegen in den mittel- <strong>und</strong> südamerikanischen (beson<strong>der</strong>s<br />
an nassen Standorten) häufig. Die Baumschicht erreicht<br />
eine Höhe von 50 bis 55 m, vereinzelt auch 60 m. Zuweilen<br />
unterscheidet man drei Baumschichten, eine obere, mittlere<br />
<strong>und</strong> untere; meist ist aber eine Schichtung nicht erkennbar.<br />
Die obere Baumschicht ist nicht geschlossen; es sind einzelne<br />
Riesen, die über die an<strong>der</strong>en Bäume hinausragen. Erst die<br />
mittlere o<strong>der</strong> untere Schicht bildet ein dichtes Blätterdach; in<br />
diesem Falle ist aus Lichtmangel <strong>der</strong> untere Stammraum<br />
ziemlich frei, so daß eine Fortbewegung leicht möglich ist.<br />
Doch ist <strong>der</strong> Aufbau des Waldes im einzelnen sehr verschieden;<br />
mit Verallgemeinerungen muß man vorsichtig sein. Beispiele<br />
von Profilen <strong>der</strong> Bestandesstruktur sollen dies verdeutlichen<br />
(Abb. 75 bis 77).<br />
Was die Baumform anbelangt, so sind die Stämme im allgemeinen<br />
schlank <strong>und</strong> dünnrindig, die Kronen setzen hoch<br />
an <strong>und</strong> sind relativ klein <strong>und</strong> unregelmäßig im Umriß, was<br />
dem dichten Stand entspricht. Das Alter <strong>der</strong> Bäume ist, da<br />
Jaliresringe meist fehlen, schwer zu bestimmen. Schätzungen<br />
auf Gr<strong>und</strong> von Zuwachsmessungen ergaben<br />
200 bis 250 Jahre für die dicken Altbäume. Die<br />
Wurzeltiefe ist größer, als man annahm. 21 bis<br />
47 % <strong>der</strong> Wurzeln sind in den oberen<br />
1 0 cm, die meisten übrigen<br />
darunter bis 30 cm Tiefe,<br />
aber 5 bis 6 % gehen bis<br />
1,3 bis 2,5 m tief ( H ü t t e l<br />
1975). Die Wurzelmasse<br />
wurde zu 23 bis 25 t • ha“' ermittelt<br />
(nach an<strong>der</strong>er Methode<br />
49 t-ha"’). Die großen<br />
Baumriesen erreichen ihre<br />
Standfestigkeit durch mächtige<br />
Brettwurzeln, die pfeilerförmig<br />
bis zu 9 m am<br />
Stamm hinauf reichen können<br />
<strong>und</strong> bei nur geringer<br />
<strong>Vegetation</strong> 141<br />
Abb. 75.<br />
Regenwaldprofil durch den<br />
Shasha-Schutzwald (Nigeria).<br />
Der dargestellte Waldstreifen ist<br />
61 m lang <strong>und</strong> 7,6 m breit. Alle<br />
über 4,6 m hohen Bäume sind<br />
eingezeichnet (nach R i c h a r d s ,<br />
aus W a l t e r 1973).
142 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
• Epiphyten<br />
I Lianen<br />
Abb. 76.<br />
Schematisches Profil durch den<br />
Dipterocarpaceen-Regenwald auf<br />
Borneo, Länge m, Breite<br />
l O m (nach W a l t e r 1 9 7 3 ) .<br />
Dicke ebensoweit von <strong>der</strong> Stammbasis radial nach außen<br />
laufen; von ihrer Basis entspringen viele vertikal in den Boden<br />
wachsende Wurzeln ( V a r e s c h i 1980),<br />
die bei Bodenauswaschungen zu Stelzwurzeln<br />
werden können.<br />
Die Blätter <strong>der</strong> Bäume sind um so<br />
größer, je feuchter <strong>und</strong> wärmer das<br />
Klima ist, doch sind die dem Licht exponierten<br />
Blätter bei ein <strong>und</strong> <strong>der</strong>selben<br />
Baumart stets viel kleiner. Im ostafhkanischen<br />
Regenwald tritt bei Myrianthus<br />
arboreus zum Beispiel ein Verhältnis von<br />
8:1 (größtes Blatt 48-19 cm, kleinstes<br />
16-7 cm), <strong>und</strong> bei Anthocleista orientalis sogar<br />
28:1 (größtes Blatt 162-38 cm, kleinstes<br />
22 -10 cm) auf. Beides sind Bäume<br />
<strong>der</strong> unteren Baumschicht. Bei Elaeagia auriculata<br />
im Bergwald Costa Ricas, eine Art,<br />
die immer sehr große Blätter aufweist,<br />
sind die Unterschiede aber geringer.<br />
Pandanus<br />
Ein Knospenschutz ist bei Bäumen des<br />
Regenwaldes nicht notwendig. Die jungen<br />
Blattanlagen werden zuweilen durch<br />
Haare, Schleim o<strong>der</strong> saftige Schuppen bzw. von beson<strong>der</strong>s<br />
ausgebildeten Nebenblättern eingehüllt. Obgleich die<br />
Wachstumsbedingungen dauernd günstig sind, erfolgt <strong>der</strong><br />
Sproßzuwachs doch schubweise. Dabei zeigen die ausireibenden<br />
Zweigenden häutig die Erscheinung des Schüttellaubes.<br />
Bei dem raschen Streckungswachstum wird<br />
zunächst kein Stützgewebe ausgebildet, so daß die jungen<br />
Triebe mit den Blättern schlaff herabhängen; sie sind weiß<br />
o<strong>der</strong> leuchtend rot gefärbt <strong>und</strong> ergrünen erst später, wenn<br />
sie erstarken. Die rasche Ausdifferenzierung <strong>der</strong> Blattspitze<br />
führt bei einigen Arten zur Bildung einer Träufelspitze.<br />
Man findet sie in Ghana bei 90 % <strong>der</strong> Arten im Unterwuchs.<br />
Versuche im Wald zeigten, daß Blätter mit Träufelspitzen in<br />
20 Minuten nach Regen trocken waren, solche ohne aber<br />
nach 90 Minuten noch naß blieben ( L o n g m a n <strong>und</strong> J e n ik<br />
1974).<br />
Ein beson<strong>der</strong>es Problem ist die Periodizität <strong>der</strong> Entwicklung<br />
<strong>und</strong> des Wachstums <strong>der</strong> Pflanzen in den immerfeuchten<br />
Tropen ohne Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur. Daß eine Periodizität<br />
des Sproßwachstums zu beobachten ist, wurde<br />
bereits erwähnt. Viele Bäume weisen in ihrem Holz<br />
Zuwachsringe auf, meist mehrere pro Jahr, die also keine<br />
Jahresringe sind. Ähnliches gilt auch für die Rhythmik des
Blühens. Bei den stets gleichmäßigen<br />
Außenbedingungen<br />
sind periodische Erscheinungen<br />
meist nicht an eine bestimmte<br />
Jahreszeit geb<strong>und</strong>en.<br />
In Malaysia sollen bei<br />
leuchtem Wetter die alten<br />
Blätter nach dem Austreiben<br />
<strong>der</strong> jungen abfallen, bei<br />
trockenem Wetter fallen sie<br />
vorher. Auf diese Weise sind<br />
laubabvt'erfende Holzarten in<br />
<strong>der</strong> Klimazone mit einer Dürrezeit<br />
entstanden. Es kann sogar<br />
ein Baum eine kurze Zeit<br />
blattlos sein. Dann läßt sich<br />
bei Individuen <strong>der</strong>selben Art<br />
beobachten, daß nebeneinan<strong>der</strong><br />
belaubte <strong>und</strong> unbelaubte<br />
Bäume stehen. Bei an<strong>der</strong>en<br />
verhalten sich sogar die Äste<br />
ein tmd desselben Baumes verschieden,<br />
das heißt sie treiben nicht gleichzeitig<br />
aus. Ähnliches gilt auch für die Blütezeit. Verschiedene<br />
Individuen <strong>der</strong>selben Art o<strong>der</strong> verschiedene Äste<br />
desselben Baumes blühen zu verschiedenen Zeiten. Es handelt<br />
sich somit in allen diesen Fällen um eine autonome Periodizität,<br />
die nicht an die Zwölf-Monate-Pcriodc geb<strong>und</strong>en<br />
ist. Es kommen Perioden von zwei bis vier Monaten, von<br />
neun Monaten, aber auch von 32 Monaten vor. Die Folge<br />
davon ist, daß man im Regenwald keine allgemeine Blütezeit<br />
hat. Es blühen immer nur einzelne Bäume <strong>und</strong> ihre Blüte<br />
fällt im vorherrschenden Grün nur wenig auf, so schön<br />
<strong>und</strong> groß die Blüten auch sein mögen. Man hat europäische<br />
Batimarten (Buche, Eiche, Pappel, Apfel, Birne, Mandel) in<br />
tropischen Gebirgen ohne Jahreszeiten angepflanzt. Die<br />
allgemeine Erfahrung war, daß sie zunächst ihre Jahresperiodizität<br />
des Blattfalls, Austreibens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Blütezeit<br />
beibehielten. Mit <strong>der</strong> Zeit traten Störungen in <strong>der</strong> Blütenstandsentwicklung<br />
auf, die einzelnen Zweige reagierten verschieden,<br />
<strong>und</strong> schließlich konnte man an einem Baum alle<br />
Jahreszeiten sehen, das heißt blattlose Äste, austreibende,<br />
blühende <strong>und</strong> fruchtende.<br />
Mitteleuropäische Arten sind meistens Langtagpflanzen,<br />
das heißt sie kommen nur zur Blüte, wenn sie langen Tagen<br />
(>14 h), wie bei uns im Sommer, ausgesetzt sind. Deshalb<br />
<strong>Vegetation</strong> 143<br />
Abb. 77.<br />
Schematisches Profil durch den<br />
tropischen Berßregenwald in <strong>der</strong><br />
Sierra de Tilaran (Costa Rica)<br />
MS = Mittelschicht, OS = Oberschicht,<br />
US = Unterschicht (aus<br />
S p r e n g e r & B r e c k l e 1997).<br />
^ Die Tropen unterscheiden<br />
sich von den gemäßigten<br />
Breiten durch<br />
die ständig kurzen Tage<br />
mit etwa zwölf St<strong>und</strong>en.
144 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
blühen sie in den Tropen im allgemeinen nicht, doch können<br />
tiefere Temperaturen den Langtag ersetzen:<br />
Primula veris wächst in Indomalaya in 1400 m Höhe nur<br />
vegetativ, in 2400 m Höhe blüht <strong>und</strong> fruchtet sie reichlich.<br />
Fragaria-Arten blühen in tiefen Lagen <strong>der</strong> Tropen nicht,<br />
bilden aber viele Ausläufer; im Gebirge blühen <strong>und</strong> fruchten<br />
sie nur, während die Ausläuferbildung unterdrückt wird<br />
(zum Beispiel in Sri Lanka).<br />
Pyrethmm-PÜSinzungen findet man in Kenya in einer<br />
Höhenlage von 1500 bis 2500 m, weil man die Blüten erntet,<br />
die sich in tieferen Lagen nicht entwickeln. Die endogene<br />
Rhythmik dieser Pflanzen gleicht sich aber sofort tn die<br />
Klimarhythmik an, sobald eine solche vorhanden ist, zürn<br />
Beispiel auch in den feuchten Tropen mit einer nur kurzen,<br />
wenig trockeneren Jahreszeit, was übrigens in vielen Gebieten<br />
<strong>der</strong> Fall ist, so daß meist doch ein Zeitgeber vorhanden<br />
ist. Beim überall in den Tropen kultivierten Mangobaum<br />
sind die einzelnen hellen, austreibenden Zweige in <strong>der</strong> sonst<br />
sehr dunklen Krone beson<strong>der</strong>s auffallend. Sobald aber eine<br />
deutliche Trockenzeit vorhanden ist, paßt sich das Austreiben<br />
<strong>und</strong> die Blüte aller Zweige <strong>und</strong> Bäume an diese an. Der<br />
Teak- o<strong>der</strong> Djattibaum (Tectona grandis) wird im stets feuchten<br />
W-Java niemals kahl, während er in E-Java während <strong>der</strong><br />
Trockenzeit alle Blätter abwirft.<br />
Aber selbst in den feuchten Tropen gibt es Arten wie die<br />
Täubchen-Orchidee (Dendrobium crumenatum), die in einem<br />
größeren Gebiet an ein <strong>und</strong> demselben Tage aufblüht. Sic<br />
bildet die Knospen zwar aus, aber zu <strong>der</strong>en Entfaltung ist<br />
eine plötzliche Abkühlung als Zeitgeber, zum Beispiel nach<br />
beson<strong>der</strong>s starken Gewittern, notwendig. Auch <strong>der</strong> Kaffeebaum<br />
öffnet die Knospen erst nach einer kurzen Dürre.<br />
Bambusarten entwickeln Fortpflanzungsorgane oft nur nach<br />
einem Trockenjahr, dann blühen alle synchron <strong>und</strong> sterben<br />
danach ab. In dem sehr gleichmäßigen Klima sind eben gewisse<br />
Arten sehr empfindlich gegen kleine Witterungsabweichungen.<br />
Eine bei tropischen Baumarten häufige Erscheinung ist<br />
die Kauliflorie, das heißt die Ausbildung <strong>der</strong> Blütenzweige<br />
am alten Holz, zum Beispiel am Stamm. Man findet sie bei<br />
etwa 1000 tropischen Arten. Sie tritt bei Baumarten <strong>der</strong> unteren<br />
Schicht auf <strong>und</strong> zwar bei solchen, die chiropterogam<br />
o<strong>der</strong> chiropterochor sind, das heißt bei denen Fle<strong>der</strong>mäuse<br />
o<strong>der</strong> Flugh<strong>und</strong>e die Bestäuber <strong>der</strong> Blüten o<strong>der</strong> die Ausbreiter<br />
<strong>der</strong> Samen sind. Sie können die kaulifloren Blüten <strong>und</strong><br />
Früchte beson<strong>der</strong>s bequem anfliegen. Kauliflorie kommt<br />
auch bei dem heute mediterran weit verbreiteten Johannis
<strong>Vegetation</strong> 145<br />
brotbaum (Ceratonia siliqua) <strong>und</strong> dem Judasbaum (Gerds siliquastrum)<br />
vor.<br />
b Mosaikstruktur <strong>der</strong> Bestände<br />
Eine schwierig zu untersuchende Frage ist die Verjüngung<br />
<strong>der</strong> Urwaldbestände. Wenn ein Baumriese umfällt, bildet<br />
sich eine große Lücke im Wald. Fällt ein großer Ast ab, gibt<br />
es eine kleinere Lücke. In diesen Lücken („gaps") entwickeln<br />
sich des öfteren zunächst raschwüchsige Arten des<br />
Sek<strong>und</strong>ärwaldes (Balsabaum = Ochroma laßopus <strong>und</strong> Cecropia<br />
in Zentral- <strong>und</strong> S-Amerika, Musanga <strong>und</strong> Schizolobium in<br />
Afrika, Macaranga in Malaysia). Ochroma bildet Jahrestriebe<br />
von 5,5 m Länge mit leichtem Holz, Musanga von 3,8 m <strong>und</strong><br />
Cedrela von 6,7 m Länge. Diese Bäume werden dann mit <strong>der</strong><br />
Absterben <strong>der</strong> Pioniere, heiße Wettbewerbspbase<br />
<strong>der</strong> Klimaxbäuma<br />
Abb. 78.<br />
Die Bildung eines „gaps“<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> konkurrenzstarke Aufwuchs<br />
bis zum Schließen <strong>der</strong> Lücke<br />
(nach Tom linson & Z im m erm<br />
a n n ¡976).
146 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
^ In tropischen W äl<strong>der</strong>n<br />
findet eine Rotation<br />
o<strong>der</strong> zyklische Verjüngung<br />
<strong>der</strong> Baumarten<br />
statt.<br />
Zeit von den Arten <strong>der</strong> oberen Baumschicht wie<strong>der</strong> verdrängt<br />
(Abb. 78).<br />
Man hat festgestellt, daß unter den Baumarten des Urwalds<br />
oft eigener Nachwuchs fehlt <strong>und</strong> daraus geschlossen,<br />
daß sich <strong>der</strong> Urwald mosaikartig zusammensetzt, das heißt<br />
daß jede Baumart bei <strong>der</strong> Verjüngung durch eine an<strong>der</strong>e ersetzt<br />
wird <strong>und</strong> erst nach mehreren Generationen wie<strong>der</strong> dieselbe<br />
Stelle einnehmen kann. Es findet also ein ständiger<br />
Platzwechsel statt.<br />
Junge Sek<strong>und</strong>ärwald-Phase (lOjährig)<br />
Abb. 79.<br />
Profildiagramme von drei<br />
Transekten des tropischen subalpinen<br />
Eichenwaldes aus <strong>der</strong><br />
Cordillera de Talamanca (Costa<br />
Rica), verschieden alte Sek<strong>und</strong>ärwaldphasen<br />
<strong>und</strong> Primärwaldstruktur<br />
im Vergleich<br />
(nach K a p e l l e 1995).<br />
15 20 25<br />
Distanz (m)
<strong>Vegetation</strong> 147<br />
Etwas Ähnliches hat man auch in ungestörten Primärwäl<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> Taiga <strong>und</strong> in Urwaldgebieten in Ostpolen, <strong>und</strong><br />
bei unseren Wiesen <strong>und</strong> Buchenwäl<strong>der</strong>n beobachtet.<br />
Für tropische Wäl<strong>der</strong> hat man versucht das „Rotations”-<br />
Verfahren <strong>der</strong> Arten durch die Herbivorenhypothese von<br />
Janzen (1978) zu erklären. Nur in <strong>der</strong> Nähe von Altbäumen<br />
werden ausreichend viele Samen, Früchte, Jungpllanzen zu<br />
bestimmten Zeiten vorhanden sein, so daß dort die Vermehrung<br />
von Herbivoren, das flächige Auftreten von Parasiten,<br />
die Hemmung durch Mycorrhizapilze o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Faktoren<br />
die Dichte des Jungwuchses erheblich einschränken kann.<br />
Bei Palmen konnte man beobachten, daß das Abfallen <strong>der</strong><br />
bis zu 10 m langen <strong>und</strong> viele Kilogramm schweren Blätter<br />
viele Jungpflanzen erschlägt <strong>und</strong> erdrückt. Durch diese Vorgänge<br />
kommt es zu einer Dichtemin<strong>der</strong>ung an Individuen<br />
<strong>der</strong> Keimlinge <strong>und</strong> Jungpflanzen, die beson<strong>der</strong>s stark in <strong>der</strong><br />
Nähe des Altbaums ist. Nur in einer bestimmten Entfernung<br />
vom Altbaum bildet sich dann unter Umständen ein Dichtemaximum<br />
aus. Dies ist tatsächlich des öfteren gef<strong>und</strong>en<br />
worden.<br />
Für etwas artenärmere montane tropische Eichenwäl<strong>der</strong><br />
in Costa Rica hat K appellb (1995) genaue Untersuchungen<br />
<strong>der</strong> Sukzessionsfolgen durchgeführt. Aus den Transekten in<br />
Abb. 79 läßt sich einerseits die große Heterogenität <strong>der</strong> Bestände<br />
mit ihrer nur sehr <strong>und</strong>eutlichen Schichtung, die unruhige<br />
obere Kronenschicht, aber auch die „Klumpung" bestimmter<br />
Arten (in Abb. 79 Mitte) erkennen, die dann im<br />
weiteren Verlauf aufwachsen, dazu kommen viele kleinere<br />
o<strong>der</strong> größere Lücken im Bestand (gaps). Die Zahl <strong>der</strong> Stämme<br />
pro Hektar (ab 3 cm BHD) verringert sich anfangs nur<br />
wenig. Der Ausdünnungsprozeß während <strong>der</strong> späten Sukzession<br />
ist ein Zeichen beson<strong>der</strong>s großer Konkurrenz,<br />
währenddessen einige Stämme dominant werden, sie konkurrieren<br />
die an<strong>der</strong>en aus.<br />
^ Der zyklische<br />
Platzwechsel <strong>der</strong> Arten<br />
<strong>und</strong> heterogene Mosaikbildung<br />
ist ein allgemein<br />
gültiges Prinzip für alle<br />
artenreichen, ursprünglichen,<br />
sich in einem dynamischen<br />
Gleichgewicht<br />
befindlichen Pflanzengesellschaften.<br />
Dies erklärt,<br />
warum keine <strong>der</strong> Arten<br />
im Wettbewerb zur absoluten<br />
Vorherrschaft gelangt,<br />
son<strong>der</strong>n langfristig<br />
artenreiche Mischbestände<br />
die Regel sind.<br />
c Krautschicht<br />
Etwa 70 % aller im Regenwald vorkommenden Arten sind<br />
Phanerophyten, das heißt Bäume. Sie sind auch mengenmäßig<br />
absolut dominant. Die Strauchschicht <strong>und</strong> Krautschicht<br />
lassen sich schwer trennen, denn die Kräuter können<br />
mehrere Meter hoch werden, wie Bananen, Heliconien,<br />
Scitamineen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Oft fehlt ein Unterwuchs selbst bei<br />
relativ guten Lichtverhältnissen am Boden, was vielleicht<br />
durch die Konkurrenz <strong>der</strong> Baumwurzeln um Stickstoff o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Nährstoffe bedingt wird. Die niedrigen Kräuter müssen<br />
mit wenig Licht auskommen. Sie halten auch als Zim
1<br />
148 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
merpflanzen unter sehr geringer Beleuchtung aus {Aspidistra,<br />
Chlorophytum, Usambaraveilchen = Saintpaulia).<br />
Merkwürdig ist das häufige Auftreten von samtartig matten<br />
Blättern o<strong>der</strong> von Buntblättrigkeit, wobei weiße o<strong>der</strong><br />
rote Fel<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Metallglanz Vorkommen.<br />
Bei <strong>der</strong> hohen Luftfeuchtigkeit spielt die Guttation eine<br />
große Rolle, entsprechend ist die Hydratur des Plasmas sehr<br />
hoch (Zellsaftkonzentration nur 0,4 bis 0,8 MPa). Bei den<br />
Farnen mit wenig leistungsfähigen Leitbahnen beträgt die<br />
Zellsaftkonzentration 0,8 bis 1,2 MPa, Heterotrophe Blutenpflanzen,<br />
Saprophyten o<strong>der</strong> Parasiten kommen vor, spielen<br />
jedoch nur eine unwesentliche Rolle. Es sind sicher viele<br />
verschiedene Synusien in Abhängigkeit von Licht- <strong>und</strong> Wasserverhältnissen<br />
vorhanden, doch liegen entsprechende Untersuchungen<br />
<strong>der</strong> Verknüpfung <strong>der</strong> Teilsysteme noch kaum<br />
vor. Typische verschiedenartige Synusien bilden die im folgenden<br />
erwähnten Gruppen <strong>und</strong> Lebensformen.<br />
d Lianen<br />
Im dichten tropischen Urwald geht <strong>der</strong> Kampf <strong>der</strong> autotrophen<br />
Pflanzen vor allen Dingen um das Licht. Je höher ein<br />
Baum ist, desto mehr Licht erhalten seine Blätter, desto<br />
höher kann die Produktion an organischer Masse sein. Aber<br />
um zum Licht in <strong>der</strong> Baumschicht zu gelangen, muß<br />
zunächst im Laufe von vielen Jahren ein Stamm ausgebildet<br />
werden, was eine erhebliche Investition von organischer<br />
Substanz voraussetzt. Die Lianen <strong>und</strong> Epiphyten gelangen in<br />
den günstigen Lichtgenuß auf einfachere Weise. Erstere bilden<br />
keinen festen Stamm aus, son<strong>der</strong>n benutzen die Bäume<br />
als Stütze für ihren rasch in die Höhe wachsenden biegsamen<br />
Sproß (Abb. 80). Die Epiphyten hingegen verlegen ihren Keimungsort<br />
von Anfang an auf die oberen Äste <strong>der</strong> Bäume, die<br />
ihnen nur als Unterlage dienen (Abb. 81). Das Festhalten <strong>der</strong><br />
Lianen an den Stützbäumen erfolgt auf verschiedene Weise:<br />
Bei den Spreizklimmern sind es spreizende Zweige, die in das<br />
Zweigsystem hineinwachsen, wobei das Abrutschen durch<br />
Dornen o<strong>der</strong> Stacheln verhin<strong>der</strong>t wird, zum Beispiel bei <strong>der</strong><br />
Kletterpalme Calamus (Rotang), bei Smilax o<strong>der</strong> den Rubus-<br />
Lianen. Die Wurzelkletterer bilden Wurzeln, die in den Rissen<br />
<strong>der</strong> Rinde haften o<strong>der</strong> den Stamm umschlingen (viele<br />
Araceen). Die Windepflanzen besitzen rasch wachsende,<br />
windende Astspitzen mit sehr langen Internodien, an denen<br />
die Blätter zunächst unentwickelt bleiben, während bei den<br />
Rankenpflanzen umgewandelte Blätter o<strong>der</strong> Seitensprosse<br />
als Greiforgane dienen, wobei sie die Fähigkeit haben, auf<br />
Berührungsreize zweckmäßig zu reagieren. Zum Wachsen
<strong>Vegetation</strong> 149<br />
Abb. 80.<br />
Lianen (vielleicht Serjanea polyphylla<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Arten) im<br />
saisonalen Regenwald (im Hintergr<strong>und</strong><br />
Myrcia-Bäume, Myrtaceae,<br />
Capparis <strong>und</strong> Clusia) bei<br />
Arroyo Blanco (Dominik. Rep.)<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
Abb. 81.<br />
Epiphyten auf einem Baumast<br />
im Regenwald, Brasilien. Bromelienrosette<br />
(ganz rechts), herabhängende<br />
Rhipsalis-Arten,<br />
ferner lanzettliche Blätter von<br />
Philodendron cannaefolium<br />
(phot. H . S c h e n c k ) .
150 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
brauchen die Lianen Licht. Sie entwickeln sich deshalb in den<br />
Lichtungen des Waldes <strong>und</strong> wachsen gleichzeitig mit den<br />
Bäumen in die Höhe; dabei erreichen sie mit <strong>der</strong> Zeit das Kronendach.<br />
Die tropischen L ia n e n sind im Gegensatz zu unse<br />
ren langlebig. Ihre Achsenorgane besitzen sek<strong>und</strong>äre:<br />
Dickenwachstum; da sie jedoch biegsam bleiben müssen, um<br />
den Bewegungen <strong>der</strong> Stützbäume zu folgen, wird kein kom<br />
pakter Holzkörper gebildet, son<strong>der</strong>n ein durch Parenchymge<br />
webe <strong>und</strong> breite Markstrahlen in einzelne Stränge zerklüftC'<br />
ter Holzteil (anomales Dickenwachstum). Die Gefäße sind<br />
auf dem Querschnitt sehr groß, daher gut erkennbar. Sie ha<br />
ben keine Querwände, so daß die Krone <strong>der</strong> Liane ungeach'<br />
tet des geringen Durchmessers des biegsamen Stammes doch<br />
mit genügend Wasser versorgt werden kann. Wenn die als<br />
Stütze dienenden Blätter absterben <strong>und</strong> vermo<strong>der</strong>n, bleiben<br />
die Lianen trotzdem am Kronendach an<strong>der</strong>er Bäume befestigt,<br />
<strong>und</strong> die Lianenstämme hängen frei wie Seile herunter.<br />
Oft rutschen sie teilweise ab <strong>und</strong> liegen dann mit dem unteren<br />
Ende in Schlingen am Boden. Die Sproßspitze arbeitet<br />
sich jedoch wie<strong>der</strong> empor. Wie<strong>der</strong>holt sich das mehrmals, so<br />
kann <strong>der</strong> Lianenstamm eine große Länge erreichen. Bei Calamus<br />
wurde eine Gesamtlänge von 240 m gemessen! Beson<strong>der</strong>s<br />
günstig für die Lianenentwicklung sind große Kahlschläge.<br />
Lianen sind deshalb in Sek<strong>und</strong>ärwäl<strong>der</strong>n viel zahlreicher<br />
als in unberührten Urwäl<strong>der</strong>n, bei denen sie mehr die Waldrän<strong>der</strong><br />
überziehen. 90 % aller Lianenarten sind auf die Tropen<br />
beschränkt; in Zentralamerika sind 8 % aller Arten Lianen.<br />
Daß die Lianen hauptsächlich auf die feuchten Tropen<br />
beschränkt sind, dürfte mit <strong>der</strong> Wassernachleitung Zusammenhängen.<br />
Im trockenen Klima entstehen in den Blättern<br />
starke Saugspannungen (tiefe Wasserpotentiale), wodurch<br />
die für die Wasserleitung notwendigen Wasserfäden durch<br />
Überwindung <strong>der</strong> Kohäsion in den weiten Gefäßen reißen.<br />
Auch im gemäßigten Kfima sind die holzigen Lianen am häufigsten<br />
in den feuchten Auewäl<strong>der</strong>n zu finden. Bei uns gibt es<br />
nur wenige holzige Lianen: den Wurzelkletterer Efeu (He<strong>der</strong>á<br />
helix), spreizend <strong>und</strong> rankend die Waldrebe (Clematis vitalba)<br />
<strong>und</strong> die Weinrebe (Vitis silvestris) sowie die windenden Lonicera-Alten.<br />
Die Brombeerarten {Rubus spec.) erheben sich in<br />
Europa nicht hoch über den Boden, während sie in Neuseeland<br />
armdick werden <strong>und</strong> die Baumwipfel erreichen.<br />
e Epiphyten, Hemi-Epiphyten <strong>und</strong> Würger<br />
Für die tropischen Regenwäl<strong>der</strong> gelten die epiphytischen<br />
Farne <strong>und</strong> Blütenpflanzen als beson<strong>der</strong>s charakteristisch.<br />
Aber das gilt nur für die Wäl<strong>der</strong>, in denen benetzendes Was
ser (Nebel) oft verfügbar ist. Hohe Luftfeuchtigkeit genügt<br />
nicht. Es gibt viele Typen mit interessanten Anpassungen<br />
(Abb. 81). 153 Arten wurden in Liberia ökologisch untersucht<br />
(JOHANNSON 1974).<br />
Die Keimung hoch oben auf den Ästen <strong>der</strong> Bäume schafft<br />
günstige Lichtverhältnisse, aber um so schwieriger wird die<br />
Wasserversorgung; es fehlt das ständige Wasserreservoir des<br />
Bodens, aus dem die Wasseraufnahme erfolgt. Der epiphytische<br />
Standort läßt sich mit einem Felsstandort vergleichen.<br />
Tatsächlich können die Epiphyten meist ebenso gut auf Felsen<br />
wachsen, wenn diese günstige Lichtverhältnisse aufweisen.<br />
Die Wasseraufnahme ist für die Epiphyten nur während<br />
des Regens möglich. Deshalb ist für sie die Benetzungshäuiigkeit<br />
wichtiger als die absolute Regenmenge. Die Regenhäiifigkeit<br />
ist an den Gebirgshängen, wo es durch Aufwinde<br />
zu Steigungsregen kommt, größer als im Flachland; aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e sind montane Wäl<strong>der</strong> meist reicher an Epiphyten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Nebelwald (s. S. 163f.), in dem es<br />
ständig von den Blättern tropft. Um größere Pausen zwischen<br />
den Regen überstehen zu können, müssen die Epiphyten<br />
entwe<strong>der</strong> vorübergehendes Austrocknen ohne Schaden<br />
ertragen - das ist bei vielen epiphytischen poikilohydren<br />
Farnen <strong>der</strong> Fall, o<strong>der</strong> sie müssen Wasser in ihren Organen<br />
speichern, wie die Sukkulenten <strong>der</strong> Trockengebiete; eine<br />
Reihe von Kakteen ist zum Beispiel zur epiphytischen Lebensweise<br />
übergegangen (Rhipsalis, Phyllocactus, Cereus-Axten).<br />
Ebenso wie die Sukkulenten geben die Epiphyten das<br />
Wasser sehr sparsam ab. Blattknollen als Wasserspeicher besitzen<br />
viele Orchideen, Holzknollen manche Ericaceen, sukkulente<br />
Blätter haben die meisten Orchideen entwickelt,<br />
aber auch Bromeliaceen, Peperomien u. an<strong>der</strong>e. Beson<strong>der</strong>e<br />
Einrichtungen zur raschen Wasseraufnahme während <strong>der</strong><br />
Benetzung durch Regen sind die Luftwurzeln <strong>der</strong> Orchideen<br />
mit dem das Wasser aufsaugenden Velamen sowie die Saugschuppen<br />
<strong>der</strong> Bromeliaceen, die das Wasser aus den durch<br />
die Blattbasen gebildeten, das Regenwasser sammelnden<br />
Trichtern aufnehmen o<strong>der</strong> es kapillar durch die dichte Beschuppung<br />
<strong>der</strong> Blätter festhalten <strong>und</strong> dann einsaugen. Die<br />
Wurzeln sind bei den epiphytiscRen Bromeliaceen nur Haftorgane<br />
<strong>und</strong> fehlen <strong>der</strong> an Bartflechten erinnernden Tillandsia<br />
usneoides sogar ganz. Beson<strong>der</strong>e, zum Teil von Ameisen<br />
bewohnte hohle Organe bilden Myrmecodia-, Hydnophytum-<br />
Lind Dischidia-Alten. Farne, die das Austrocknen nicht vertragen,<br />
können ihren eigenen Boden bilden, indem sie zwischen<br />
den trichterförmig stehenden Blättern (Asplénium<br />
nidus) o<strong>der</strong> mit Hilfe beson<strong>der</strong>er Nischerÿlâtter (Platycerium)<br />
<strong>Vegetation</strong> 151
L<br />
1<br />
152 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
abfallende Streu <strong>und</strong> Detritus ansammeln. Es bildet sich somit<br />
ein humusreicher, wasserhaltiger Boden, in den dir<br />
Wurzeln hineinwachsen. Aber auch bei vielen an<strong>der</strong>en Arten<br />
läßt sich dies beobachten.<br />
Bei dichter Ansiedlung von Epiphyten kann <strong>der</strong> Epi.<br />
phytenhumus viele Tonnen pro Hektar ausmachen. Es entsteht<br />
auf diese Weise ein neues Biotop hoch über dem Erdboden,<br />
das man sogar als ein fast geschlossenes Ökosysteir,<br />
betrachten kann. Erst jetzt versucht man durch Einsatz neuer<br />
Techniken (Seilbahnsystem, Kräne) in <strong>der</strong> Erforschung<br />
dieses Ökosystems die bisherigen ziemlich destruktiven<br />
(Hubschrauber, Ballonnetze etc.) o<strong>der</strong> unzureichenden Methoden<br />
(„canopy walkways", Klettertechniken etc.) zu ergänzen.<br />
Dem Kronendach werden Stickstoff <strong>und</strong> Nährstoffe durd.<br />
abtropfendes Wasser <strong>und</strong> Staub zugeführt. Ameisen können<br />
sich ansiedeln <strong>und</strong> ihre Nester bauen. Sie schleppen Samen<br />
herbei, die keimen <strong>und</strong> zu blühenden Pflanzen auswachsen.<br />
Solche „Blumengärten" werden aus Südamerika geschil<strong>der</strong>t<br />
Sie beherbergen auch eine beson<strong>der</strong>e Fauna <strong>und</strong> Mikroflora:<br />
Moskitolarven, Wasserinsekten <strong>und</strong> Protisten leben in den<br />
Trichtern <strong>der</strong> Bromeliaceen, die oft erhebliche Dimensionen<br />
erreichen (Phytotelmen). Dazu kommt eine enorme Vielfall<br />
an Insektenarten,<br />
Erwähnt sei, daß die Insektivore Nepenthes (Kannenpflanze)<br />
auch epiphytisch wachsen kann, ebenso verschiedene<br />
Utricularia-Anen. Verbreitet werden die Epiphyten durch<br />
Sporen (Farngewächse), durch staubförmige Samen (Orchideen)<br />
o<strong>der</strong> durch Diasporen mit hautrandigen Anhängseln<br />
für die Windverbreitung o<strong>der</strong> durch Beerenfrüchte (Cacteen,<br />
Bromeliaceen), die von Vögeln gefressen werden, so<br />
daß die Samen mit den Exkrementen weit entfernt leichi<br />
auf die Äste <strong>der</strong> Bäume gelangen. Viele Epiphyten können<br />
eine längere Trockenzeit überdauern, zum Beispiel Orchideen,<br />
die ganz einziehen, o<strong>der</strong> dicht beschuppte Tillandsien,<br />
poikilohydre Farne <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Sie kommen auch in den<br />
trockenen tropischen Waldtypen vor. Coutinho fand in Brasilien<br />
bei einigen Epiphyten diurnalen Säurestoffwechsel<br />
(CAM), das heißt die Aufnahme von CO2 in <strong>der</strong> Nacht bei<br />
geöffneten Stomata <strong>und</strong> die Bindung als organische Säure<br />
(meist Malat). Letztere wird dann am Tage abgebaut <strong>und</strong><br />
gleich bei geschlossenen Stomata assimiliert. Es handelt sich<br />
um einen Vorgang, bei dem Wasserverluste durch die Transpiration<br />
am Tage vermieden werden, <strong>der</strong> sich bei Sukkulenten<br />
trockener Gebiete häufig findet. M edina untersuchte in<br />
dieser Beziehung bereits 1974 die Bromeliaceen.
<strong>Vegetation</strong> 153<br />
1<br />
Moose <strong>und</strong> Hymenophyllaceen<br />
(Hautfarne) setzen dauernde<br />
Nässe voraus <strong>und</strong> sind deswegen<br />
die typischen Epiphyten <strong>der</strong><br />
Nebelwäl<strong>der</strong>, ebenso die epiphyllen<br />
Arten (siehe unten).<br />
Eine Zwischenstellung zwischen<br />
Lianen <strong>und</strong> Epiphyten<br />
nehmen die Hemi-Epiphyten<br />
ein, Viele Araceen keimen am<br />
Boden <strong>und</strong> wachsen dann als<br />
Lianen aufwärts, meist als Wurzelkletterer.<br />
Mit <strong>der</strong> Zeit stirbt<br />
<strong>der</strong> untere Teil des Stammes ab,<br />
sie sind dann Epiphyten, die jedoch<br />
durch Luftwurzeln mit<br />
dem Boden in Verbindung stehen<br />
bleiben können. Interessanter<br />
sind die Würgerbäume,<br />
von denen die vielen Würgerleigen<br />
(Ficus-Arten) am bekanntesten<br />
sind. Es gibt jedoch<br />
in vielen verschiedenen Eamilien<br />
solche Würgerbäume, zum<br />
Beispiel die Clusia-Anen (Guttilerae)<br />
in Südamerika, Metrosi<strong>der</strong>os<br />
(Myrtaceae) in Neuseeland<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e mehr. Diese Arten<br />
keimen als Epiphyten in einer<br />
Astgabel <strong>und</strong> bilden zunächst<br />
nur einen kleinen Sproß, aber<br />
eine lange Wurzel, die rasch am Stamm des Tragbaumes abwärts<br />
wächst <strong>und</strong> dabei diesen netzförmig umschlingt. Dabei<br />
bilden sich auch Wurzelverwachsungen (Anastomosen, s.<br />
Ahb. 82). Erst wenn die Wurzel den Boden erreicht, wächst<br />
<strong>der</strong> Sproß heran, zugleich verdicken sich die Wurzeln immer<br />
mehr <strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>n das sek<strong>und</strong>äre Dickenwachstum des<br />
Tragbaumes, das heißt <strong>der</strong> Baum wird erwürgt; er stirbt ab<br />
<strong>und</strong> sein Holz vermo<strong>der</strong>t. Das Wurzelnetzwerk des Würgers<br />
schließt sich zu einem richtigem Stamm, <strong>der</strong> eine breite Krone<br />
trägt (Abb. 82). Diese Bäume können riesige Dimensionen<br />
erreichen <strong>und</strong> man sieht es ihnen nicht an, daß sie als<br />
Epiphyten ihr Dasein begannen. Palmen ohne sek<strong>und</strong>äres<br />
Dickenwachstum werden nicht erwürgt <strong>und</strong> bleiben länger<br />
am Leben, bis schließlich die Würgerkrone ihre Blätter zu<br />
sehr beschattet.<br />
Abb. 82.<br />
Luftwurzeln <strong>und</strong> beginnende<br />
Würgersproße von Ficus im<br />
feuchten Monsun-Regenwald in<br />
NE-Indien, nördlich von Siliguri<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
154 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
f Epiphylle<br />
Die Epiphylle sind Pflanzen, die auf <strong>der</strong> Oberfläche von Blättern<br />
an<strong>der</strong>er Pflanzen wachsen. Dies sind mikroskopischf<br />
Algen, Cyanophyceen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Bakterien; Azotobacter, die<br />
N binden können, Grünalgen, Hefen <strong>und</strong> Pilze, Flechten<br />
<strong>und</strong> Moose, (vor allem Lebermoose, aber auch Laubmoose),<br />
dann Selaginella, ja sogar kleine Samenpflanzen, die auf Blättern<br />
wachsen, kommen vor (Abb. 83).<br />
Epiphylle treten vor allem in den beson<strong>der</strong>s feuchten<br />
Ausprägungen des tropischen Regenwaldes auf. Die Beleuchtung,<br />
die Benetzbarkeit <strong>der</strong> Blätter <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Langlebigkeit<br />
sind gr<strong>und</strong>legend für die Besiedlung <strong>der</strong> Blätter<br />
durch Epiphylle. Die Blätter erleiden dadurch zusätzlicher<br />
Lichtverlust. Manche Epiphylle wachsen aber sogar in dat<br />
Blattgewebe ein.<br />
Abb. 83.<br />
Überzug von Epiphyllen auf einem<br />
großen Blatt von Cyclanthus,<br />
zusammengesetzt aus verschiedenen<br />
Blaualgen,<br />
Grünalgen, Moosen <strong>und</strong> Flechten,<br />
Hymenophyllaceen, Selaginella<br />
<strong>und</strong> sogar mit Angiospermen:<br />
eine Begonie, eine<br />
kriechende Peperomia; im<br />
Primärwald (Reserva Biol. San<br />
Ramón, Costa Rica)<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
g Biodiversität<br />
Mitteleuropäische Wäl<strong>der</strong> weisen meist nur fünf bis zehn<br />
Baumarten auf, davon sind dann ein bis zwei dominant,<br />
stellen also mehr als 90 % <strong>der</strong> Stämme. Nicht ganz so artenarm<br />
sind entsprechende gemäßigte Wäl<strong>der</strong> in Nordamerika<br />
o<strong>der</strong> Ostasien, aber noch immer kommen pro Hektar nur 15<br />
bis 40 Baumarten zusammen. In den Tropen ist die Artenzahl<br />
ungleich größer. Auf <strong>der</strong> Insel Barro Colorado in Panama<br />
(ein 15 km^ großes Forschungsschutzgebiet) kommen<br />
etwa 1400 Höhere Pflanzen vor, darunter 365 Baumarten.<br />
Im Bergregenwald im Biologischen Reservat nördlich San<br />
Ramón in Costa Rica sind es allein 94 Baumarten pro Hektar<br />
(Brusthöhendurchmesser DBH 10 cm <strong>und</strong> größer), die<br />
sehr verschiedenen Familien angehören (W attenberg &<br />
<strong>Breckle</strong> 1995). Über ein Drittel dieser Arten ist dabei nur<br />
mit einem einzigen Stamm vertreten, das heißt das Minimumareal<br />
zur Erfassung <strong>der</strong> Artengarnitur ist also weit<br />
höher als 1 ha (vgl. Abb. 84); es läßt sich nicht bestimmen.<br />
Von an<strong>der</strong>en Stellen zum Beispiel in Peru (Yanamono-Gebiet)<br />
sind von einem Hektar fast 300 Baumarten beschrieben<br />
worden, dies ,ist bis heute <strong>der</strong> „Diversitätsrekord". Dort sind<br />
63 % <strong>der</strong> Arten nur mit einem einzigen Stamm pro Hektar<br />
vertreten. Allerdings ist die Artengarnitur größerer Flächen<br />
bislang noch kaum bekannt, da es jahrelange Anstrengungen<br />
erfor<strong>der</strong>t, alle Arten zu identifizieren.<br />
Die Tendenz, daß die Zahl <strong>der</strong> Arten pro Fläche zum Äquator<br />
hin zunimmt, gilt nicht nur für Höhere Pflanzen o<strong>der</strong> Bäume,<br />
sie gilt ebenso für Reptilien, Amphibien <strong>und</strong> Vogel, Insekten<br />
<strong>Vegetation</strong> 155<br />
Abb. 84.<br />
Mit <strong>der</strong> Untersuchungsfläche zunehmende<br />
Artenzahl <strong>der</strong> Baumarten<br />
(10 cm DBH) im montanen<br />
Regenwald in <strong>der</strong> Sierra de<br />
Waran (Costa Rica). Ein Minimum-Areal<br />
gibt es nicht. Bei<br />
Vergrößerung <strong>der</strong> Fläche von<br />
1 auf 2 ha kommen 30 neue<br />
Baumarten hinzu (aus W a t t e n -<br />
B E R G & B r e c k l e 1995).
156 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
<strong>Vegetation</strong> 157<br />
Abb. 85.<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> Brutvogelarten<br />
im nördlichen Amerika in Rasterflächen<br />
von 0,31 Mio km^.<br />
Trotz <strong>der</strong> winzigen Fläche brüten<br />
in Costa Rica mehr Landvogelarten<br />
als in USA <strong>und</strong> Kanada<br />
zusammen, vgl. auch Abb. 86<br />
(nach T e r b o r g h 1991, aus<br />
M a c A r t h u r 1972).<br />
26<br />
50 S4 49<br />
58 68 80<br />
9?.<br />
in<br />
95-<br />
81<br />
26<br />
69 48<br />
80<br />
128<br />
81<br />
18 26^<br />
38 19<br />
100<br />
17<br />
61<br />
45<br />
38<br />
43 I<br />
Artenzahl (Vögel)<br />
r1 5 0 0<br />
Südamerika<br />
Zentralamerika<br />
Abb. 86.<br />
Der Nord-Süd-Gradient <strong>der</strong><br />
Landvogelarten im nördlichen<br />
Amerika (Punktsymbol) <strong>und</strong> im<br />
Vergleich dazu die Landfläche<br />
entlang <strong>der</strong> Breitengrade bis<br />
zum Äquator (nach R e i c h h o l f<br />
1990).<br />
136<br />
142<br />
129<br />
125<br />
124<br />
133<br />
1^50<br />
159<br />
136<br />
139<br />
119<br />
142<br />
186<br />
141<br />
129<br />
500<br />
- 400<br />
134<br />
109<br />
120<br />
■ ' • j — r<br />
300<br />
200<br />
7t<br />
100<br />
70°N 55"N 30°N 20°N<br />
L<br />
^ Bis zu 300 verschiedene<br />
Baumarten kommen<br />
in den Tropen pro<br />
Hektar vor; in ganz Europa<br />
nördlich <strong>der</strong> Alpen bis<br />
zum Ural sind insgesamt<br />
kaum 50 Baumarten<br />
heimisch.<br />
etc. (Ausnahmen: Salaman<strong>der</strong> <strong>und</strong> Blattläuse). Für Vögelh;<br />
M acA rthur auf einer Karte Nord- <strong>und</strong> Mittelamerikas (vg<br />
Abb. 85) den großen Unterschied in den Artenzahlen gezeig:<br />
So hat das kleine Costa Rica mehr brütende Landvogelarte;<br />
als USA <strong>und</strong> Kanada zusammen, obwohl die Landmasse nt<br />
einen winzigen Bruchteil ausmacht (Abb. 8 6 ).<br />
Die größere strukturelle Vielfalt <strong>der</strong> tropischen Reger<br />
Wäl<strong>der</strong>, die engere Vernetzung mit sehr viel mehr unter<br />
schiedlichen Nahrungsquellen, die ganzjährige Aktivität de<br />
Organismen, ihre engere Einnischung <strong>und</strong> Spezialisiertin.<br />
<strong>und</strong> die dadurch mögliche riesige Vielfalt an gegenseitige;!<br />
Abhängigkeiten (Symbiosen) ist eine Erklärungsmöglichke<br />
für die höhere Diversität.<br />
Eine wichtige Tatsache ist die enge funktionale Vernetzung<br />
sehr vieler Organismen. Als noch relativ einfaches Be;<br />
spiel kann die zeitliche Einnischung <strong>der</strong> Blütezeiten voi<br />
Heliconia-Anen über das Jahr hinweg gelten (Abb. 87). Fii<br />
die verschiedenen Kolibri-Arten ist damit fast stets ein;<br />
Nahrungsquelle vorhanden. Allerdings erfor<strong>der</strong>t dieses ents<br />
Geflecht <strong>der</strong> Beziehungen zwischen mehreren Heliconiti<br />
<strong>und</strong> mehreren Kolibris ausreichend große Flächen. Werden<br />
diese zu sehr isoliert, dann bricht an einer Stelle das Beziehungsgefüge<br />
zusammen mit weitreichenden Folgen für die<br />
an<strong>der</strong>en Kolibris <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>um für weitere Heliconien.<br />
Während <strong>der</strong> Glaziale waren die Regenwaldgebiete<br />
trockener als heute, die Wüsten feuchter: Pluvialzeiten. In<br />
früheren Epochen war die Ausdehnung <strong>der</strong> amazonischen<br />
Regenwäl<strong>der</strong> wohl eingeschränkt <strong>und</strong> wahrscheinlich in<br />
Rückzugsgebiete zerstückelt. Die heutige Nie<strong>der</strong>schlagsverteilung<br />
gibt die Karte in Abb. 8 8 wie<strong>der</strong>. Man muß davon<br />
ausgehen, daß die Gebiete, die heute mehr als 3000 mm<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlag aufweisen, vor etwa 15 000 Jahren<br />
ebenfalls genügend Regen (über 2000 mm) für die Aufrechterhaltung<br />
geschlossener Tropenwäl<strong>der</strong> erhalten haben.<br />
J<br />
J<br />
Blütezeit<br />
1971<br />
1974<br />
_ Die Erhaltung des<br />
funktionalen Netzwerks<br />
mit <strong>der</strong> immensen Vielfalt<br />
tropischer Lebensformen<br />
erfor<strong>der</strong>t ungleich größerflächige<br />
Schutzgebiete<br />
als in den gemäßigten<br />
Breiten.<br />
Abb. 87.<br />
Die Blütezeiten von Heliconien<br />
im Regenwald in Costa Rica sind<br />
über das ganze Jahr verteilt <strong>und</strong><br />
in den einzelnen Jahren ähnlich.<br />
Sie gewährleisten ein ständiges<br />
Nektarangebot an die Kolibris<br />
(nach T e r b o r g h 1991).
158 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
Abb. 88.<br />
Die heutige Verteilung <strong>der</strong><br />
Jahresnie<strong>der</strong>schläge im tropischen<br />
Südamerika. Gebiete mit<br />
mehr als 3000 mm im Jahr haben<br />
wahrscheinlich auch vor<br />
15000 Jahren ebenfalls genügend<br />
Regen erhalten (wenigstens<br />
über 2000 mm), so daß dort geschlossene<br />
Regenwäl<strong>der</strong> überdauert<br />
haben (nach S i m p s o n &<br />
H a p f e r 1978).<br />
I I 1500-2000 t > 4000 mm<br />
2000-3000 mm<br />
Die Korrelation zwischen <strong>der</strong><br />
Verbreitung einstiger Regenwaldrefugien<br />
(vor ca. 10 000<br />
Jahren) <strong>und</strong> dem heutigen Endemismus<br />
bei Schmetterlingen<br />
<strong>und</strong> Vögeln (nach B r o w n &<br />
A s ' S a b e r 1978).<br />
Regenwaldrefugium vor 13-18000 Jahren<br />
; I heutige Endemiezenfren <strong>der</strong> Regenwaldschmetterlinge<br />
I I heutige Endemiezentren <strong>der</strong> Regenwaldvögel
Diese Gebiete decken sich ganz gut mit bestimmten Rückzugsgebieten,<br />
in denen sowohl die Vogelwelt, die Schmetterlingsfauna,<br />
Eidechsen, aber auch Blütenpflanzen beson<strong>der</strong>s<br />
reich an endemischen Arten sind (Abb. 89). Aus diesen<br />
Hinweisen kann man schließen, daß die Regenwäl<strong>der</strong> abwechselnd<br />
schrumpften <strong>und</strong> sich wie<strong>der</strong> ausdehnten <strong>und</strong><br />
daß die Schwerpunkte des Artenreichtums <strong>und</strong> des Endemismus<br />
den Stellen entsprechen, die dauernd von Regenwald<br />
bedeckt waren. Dazwischen waren wahrscheinlich<br />
große Gebiete mit trockenerem, saisonalem Regenwald bedeckt.<br />
Diese Verän<strong>der</strong>ungen haben sich allerdings sehr langsam<br />
abgespielt, während die heutige anthropogene Zerstörung<br />
mit rasen<strong>der</strong> Geschwindigkeit abläuft, an die sich<br />
die Organismen nicht adaptieren können.<br />
Auch in den afrikanischen Wäl<strong>der</strong>n zum Beispiel in Oberguinea,<br />
Kamerun/Gabun <strong>und</strong> in Ostzaire hat man endemismusreiche<br />
Rückzugsgebiete ausmachen können. Nur dort<br />
sind auch baumartenreiche Wäl<strong>der</strong> bekanntgeworden, bei<br />
denen bis zu 140 Baumarten pro Hektar auftreten, während<br />
in allen ari<strong>der</strong>en Regionen in Afrika die Zahl immer unter<br />
lüü liegt, in Nigeria zum Beispiel 23.<br />
Etwas an<strong>der</strong>s ist die <strong>Vegetation</strong>sgeschichte <strong>der</strong> Malayischen<br />
Regenwäl<strong>der</strong>. Dort war während des Pleistozäns ein<br />
großer Teil des Schelfmeeres mit Regenwald bedeckt. Vermutlich<br />
blieben die heute oberhalb des Meeresspiegels liegenden<br />
perhumiden Regenwäl<strong>der</strong> erhalten, was ihren extremen<br />
Artenreichtum (mit bis 180 Baumarten pro ha) <strong>und</strong><br />
das Fehlen geographisch-geologischer Hinweise auf frühere<br />
Jahreszeitenklimate erklären würde. Am Mt. Kinabalu in<br />
Nordborneo kommen so viele Farnarten vor wie auf dem<br />
ganzen afrikanischen Kontinent.<br />
Abweichende <strong>Vegetation</strong>stypen im ZB I um den Äquator 159<br />
4 Abweichende <strong>Vegetation</strong>stypen im ZB I<br />
um den Äquator<br />
Für das Zonobiom I sind Klimadiagramme mit einem perhumiden<br />
Tageszeitenklima typisch, das zwei äquinoctiale Regenmaxima<br />
aufweist, die mit dem Zenitstand <strong>der</strong> Sonne um<br />
die Mittagszeit zusammenfallen. Ein solches Klima ist jedoch<br />
nicht überall in <strong>der</strong> äquatorialen Zone vorhanden. Gebiete<br />
mit feuchten Monsunwinden (Guinea, Indien, SE-Asien)<br />
weisen nur ein beson<strong>der</strong>s ausgeprägtes Regenmaximum im<br />
Sommer auf, dafür macht sich jedoch eine kurze Trockenzeit<br />
o<strong>der</strong> gar Dürrezeit bemerkbar (Tendenz zu ZB II). Die <strong>Vegetation</strong><br />
besteht noch aus Regenwäl<strong>der</strong>n, doch sind Laubfall<br />
<strong>und</strong> Blüte deutlich an eine bestimmte Jahreszeit geb<strong>und</strong>en.
160 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
A bb. 90.<br />
KUmadiagramme von einem<br />
Nord-Süd-Profit durch Venezuela<br />
(nach W a l t e r & M e d i n a<br />
1971). Von links nach rechts:<br />
vorgelagerte Insel,<br />
Küstenstation, typisches Passatklima<br />
(Regenzeit 7 Monate),<br />
immerfeuchtes Klima im Amazonasbecken.<br />
35,9<br />
31,4<br />
La Orchila (3 m)<br />
1101<br />
Man spricht von S a iso n re g e n w ä ld e rn . An <strong>der</strong> Goldküsudie<br />
vom Monsun nicht getroffen wird, hat man noch zwi<br />
Regenmaxima mit Dürrezeiten dazwischen, ähnlich wie ir,<br />
Ostafrika, wo die Monsunwinde trocken sind <strong>und</strong> <strong>der</strong> Reger<br />
in <strong>der</strong> Zeit dés Windwechsels fällt, wobei eine große <strong>und</strong><br />
eine kleine Regenzeit unterschieden werden. In Somalu<br />
nimmt die Regenmenge so stark ab, daß auf dem Klimadiagramm<br />
zum Teil keine humide Jahreszeit zu erkennen is<strong>und</strong><br />
die <strong>Vegetation</strong> wüstenhaft wird. Es handelt sich um eir<br />
Zonoökoton I/III.<br />
Auch die Passatwinde verän<strong>der</strong>n den Klimacharakter<br />
Der Südostpassat ist feucht <strong>und</strong> erzeugt in SE-Brasilien, au:<br />
E-Madagaskar <strong>und</strong> NE-Australien vom Äquator bis über den<br />
20° S hinaus ein Regenwaldklima mit einem Regenmaximum.<br />
Dagegen bringt <strong>der</strong> NE-Passat im Süden des Karibischen<br />
Meeres nur den Gebirgen bei Windstau Regen. Die<br />
Folge davon ist, daß Venezuela mit den vielen Gebirge<br />
rücken sehr verschiedenartige Klima- <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong>sver<br />
hältnisse aufweist (Abb. 90). Ähnliches gilt für das gebirgigi<br />
Costa Rica. Venezuela liegt zwischen dem Äquator <strong>und</strong><br />
12° N. Es sind alle Höhenstufen vom Meeresniveau bis zum<br />
vergletscherten Pico Bolivar (5007 m) vorhanden. Die nördliche<br />
Hälfte des Landes steht von November bis März unter<br />
<strong>der</strong> Einwirkung des starken Passats, es regnet in den Nie<strong>der</strong>ungen<br />
nur während <strong>der</strong> windstillen sieben Sommermona<br />
te mit aufsteigenden Luftmassen <strong>und</strong> häufigen Gewittern.<br />
Nur im Süden des Landes, im Amazonasbecken, hat kein<br />
Monat unter 200 mm Regen. Die jährlichen Regenmengen<br />
schwanken zwischen 150 mm auf <strong>der</strong> Insel La Orchila <strong>und</strong><br />
über 3500 mm im Süden. In den Gebirgen nehmen auf <strong>der</strong><br />
Luvseite die Nie<strong>der</strong>schläge bis zur Wolkenstufe rasch zu <strong>und</strong><br />
werden darüber wie<strong>der</strong> geringer. Zugleich sinken die Temperaturen<br />
im Mittel um 0,57 K pro 100 m Höhenzunahme.<br />
Die innerandinen Täler, die im Regenschatten liegen, sind<br />
sehr trocken. Die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> von N nachS<br />
sowie die Höhenstufen zeigt schematisch Abb. 91.<br />
La Guaira (5 m) Calabozo (100 m)<br />
San Carlos de Rio Negro (110|<br />
?6.2“ 3521
Abweichende <strong>Vegetation</strong>stypen im ZB i um den Äquator 161<br />
Jahrestemperatur<br />
(=Bodentemperatur) Pico Bolivar (5007 m)<br />
Amazonas-<br />
Becken<br />
3500 mm<br />
Immergrüner<br />
Regenwald<br />
In den trockensten Teilen dominiert eine Kakteenhalbvvüste.<br />
Die Sukkulenten speichern so viel Wasser, daß sie<br />
eine Trockenzeit von einem halben Jahr <strong>und</strong> länger leicht<br />
überdauern (Abb. 92). Nehmen die Nie<strong>der</strong>schläge etwas zu,<br />
so finden sich Dornbüsche <strong>und</strong> Erdbromelien ein. Es entstehen<br />
<strong>und</strong>urchdringliche Dickichte, die <strong>der</strong> Caatinga im<br />
Trockengebiet NE-Brasiliens entsprechen. Erreichen die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
500 mm im Jahr, dann herrschen die Dornsträucher<br />
mit Schirmkrone (Prosopis, Acacia) vor. Zu ihnen gesellen<br />
sich Bursera, Guaiacum, Capparis- <strong>und</strong> Croton-Arten sowie<br />
Agave, Fourcroya <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
Auch Peireskia guamacho, die baumförmige Cactacee, die<br />
noch richtige Blätter besitzt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Stammform <strong>der</strong> Kakteen<br />
wohl nahe steht, kommt in <strong>der</strong> Caatinga vor. Während<br />
<strong>der</strong> Trockenzeit sind diese Gehölze blattlos. Die Kakieenhalbwüste<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dornbusch werden nur als Ziegenweide<br />
genutzt.<br />
Steigt die Regenmenge weiter an, so nimmt die Zahl <strong>der</strong><br />
verschiedenen Baumarten zu <strong>und</strong> es beginnen richtige laubabwerfende<br />
Wäl<strong>der</strong>, die sehr artenreich sind. Die Baumschicht<br />
wird 10 bis 20 m hoch, nur die Bombacaceen {Ceiba<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e), mit dicken als Wasserspeicher dienenden<br />
Stämmen, <strong>und</strong> die schön blühenden Erythrina-Arten ragen<br />
darüber hinaus. Während <strong>der</strong> Trockenzeit sieht ein solcher<br />
Abb. 91.<br />
Schematische Darstellunjj <strong>der</strong><br />
Veßctationszonen in Venezuela<br />
von Norden nach Süden mit<br />
Angabe <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schläge<br />
in mm <strong>und</strong> <strong>der</strong> Höhenstufen mit<br />
Angabe <strong>der</strong> mittleren Jahrestemperatur<br />
in °C (links).
162 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
Abb. 92.<br />
Kakteen-Dornbusch-Halbwüste<br />
mit Cereiis jamaparu zwischen<br />
Barquisimeto <strong>und</strong> Copeyal<br />
(Venezuela) im Februar<br />
(Trockenzeit) (phot. E. W a l t e r ) .<br />
Wald ähnlich wie bei uns ein Laubwald im Wime,-<br />
aus. Allerdings beginnen einige Baumarten schon in<br />
dieser Jahreszeit zu blühen. Man unterscheidet unter<br />
an<strong>der</strong>em trockene tropische laubabwerfende<br />
Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> feuchte bei einer Nic<strong>der</strong>schlagshöhe bi<br />
zu 2000 mm. Letztere erreichen eine Höhe von über<br />
25 m <strong>und</strong> enthalten forstlich wertvolle Hölzer, wie<br />
Swietenia (Mahagoni), Cedrela <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e.<br />
Die laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong> werden für die Anlage<br />
von Kaffeekulturen unter Schattenbäumen gerodet.<br />
Auch Zuckerrohr, Mais, Ananas <strong>und</strong> än<strong>der</strong>t<br />
kann man hier anbauen. Viehweiden lassen sich<br />
nach Aussaat von Panicum maximum anlegen. Die<br />
Wäl<strong>der</strong> sind arm an Lianen, aber Epiphyten (dürreresistente<br />
Farne, Kakteen, Bromeliaceen <strong>und</strong> Orchideen)<br />
sind verbreitet.<br />
In noch regenreicheren Gebieten mit noch kürzerer<br />
Trockenzeit tritt <strong>der</strong> halbimmergrüne Wald<br />
auf, bei dem nur die untere Strauch- <strong>und</strong> Baumschicht<br />
aus immergrünen Arten besteht. Schließlich beginn<strong>der</strong><br />
tropische immergrüne Regenwald (Vareschi 1980).<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit von Venezuela ist, daß im Bereich de-<br />
Llanos des Orinokobeckens, die sich weit nach Kolumbien<br />
hineitt erstrecken, anstelle <strong>der</strong> laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong><br />
plötzlich ein Grasland mit eingestreuten kleinen Waldbc<br />
ständen o<strong>der</strong> einzelnen Bäumchen auftritt. Es handelt sich<br />
um Savanne o<strong>der</strong> auch reines Grasland. Klimatisch ist es ein<br />
Gebiet <strong>der</strong> iaubabwerfenden Wäl<strong>der</strong>. Das Gras, das heute ah<br />
Weideland dient, wird zwar regelmäßig abgebrannt, abr<br />
hier kann nicht das Feuer die primäre Ursache für die Waldlosigkeit<br />
sein, vielmehr ist es <strong>der</strong> Boden. Auf die beson<strong>der</strong>en<br />
Bodenverhältnisse in diesem Gebiet kommen wir noch<br />
zurück (s. S. 200f.).<br />
Nicht klimatisch, son<strong>der</strong>n edaphisch (Pedobiome) o<strong>der</strong><br />
durch das Relief sind noch folgende <strong>Vegetation</strong>sformationer<br />
in Venezuela bedingt: Die Mangroven, an <strong>der</strong> Meeresküste<br />
<strong>und</strong> in den Flußmündungsgebieten, die Strand- <strong>und</strong> Dü<br />
nenvegetation, die Süßwassersümpfe <strong>und</strong> die Wasserpflai;<br />
zengesellschaften sowie die Auenwäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> die <strong>Vegetation</strong><br />
trockener flachgründiger Felsböden.<br />
Die laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong> sind in Venezuela ein extrazonales,<br />
durch den trockenen Passatwind bedingtes Vorkommen,<br />
das näher im Rahmen des ZB II besprochen wird<br />
Auch die Orobiome müssen getrennt behandelt werden<br />
da die Höhenstufen des Orobioms bestimmte Beson<strong>der</strong>heiten<br />
aufweisen.
Sehr mannigfaltig ist auch das äquatoriale gebirgige Ostafrika.<br />
Hier treten meist zwei ausgeprägte, aber kurze Regenzeiten<br />
auf.<br />
Orobiom I - tropische Gebirge mit Tageszeitenklima 153<br />
5 Orobiom 1- tropische Gebirge mit Tageszeitenklima<br />
a Waldstufe<br />
Aus den Tieflandsregenwäl<strong>der</strong>n erheben sich in vielen tropischen<br />
Gebieten Gebirge o<strong>der</strong> Vulkane. Für Mittelamerika<br />
hat Holdridge et al. (1971) mit einer sehr künstlichen,<br />
»sechseckigen" Klassifikation die <strong>Vegetation</strong>stypen (Formationen)<br />
mit <strong>der</strong> Jahresdurchschnittstemperatur, <strong>der</strong> potentiellen<br />
Jahresevaporation <strong>und</strong> dem Gesamtjahresnie<strong>der</strong>schlag<br />
in Verbindung gebracht. Höhenstufen werden mit Klimagürteln<br />
parallelisiert. Die Klimaperiodizität wird dabei<br />
nicht berücksichtigt. Eine Übertragbarkeit auf an<strong>der</strong>e Gebiete<br />
ist kaum möglich.<br />
Die Gebirge weisen oft sehr verschiedene Höhenstufen<br />
auf. Trifft <strong>der</strong> Passat auf einen Gebirgsrücken, <strong>der</strong> quer zur<br />
Windrichtung steht, so kommt es durch die Abkühlung <strong>der</strong><br />
zum Aufstieg gezwungenen Luftmassen zur Kondensation,<br />
das heißt zur Wolkenbildung <strong>und</strong> zu Steigungsregen. Da die<br />
Stärke des Passatwindes am späten Abend nachläßt, sind die<br />
Nächte <strong>und</strong> die frühen Morgenst<strong>und</strong>en klar; in <strong>der</strong> übrigen<br />
Zeit liegt die Wolkendecke in einer bestimmten Höhe, so daß<br />
diese Höhenstufe am Tage in Nebel gehüllt ist. Zu den Steigimgsregen<br />
kommt hier noch die Kondensation <strong>der</strong> Nebeltröpfchen<br />
an den Zweigen <strong>der</strong> Bäume <strong>und</strong> die fehlende<br />
Transpiration, weil die Atmosphäre wasserdampfgesättigt ist.<br />
Das extrem feuchte <strong>und</strong> infolge <strong>der</strong> Höhenlage auch<br />
kühlere Klima bedingt die Entwicklung von hygrophilen,<br />
tropischen Nehelwäl<strong>der</strong>n, die für alle den Winden ausgesetzten<br />
tropischen Gebirge bezeichnend sind. Die Höhenstulenfolge<br />
wird durch die zunehmende Nie<strong>der</strong>schlagshöhe bestimmt,<br />
während die abnehmende Temperatur sich erst ab<br />
2000 m deutlich bemerkbar macht. In N-Venezuela tritt folgende<br />
Höhenstufenabfolge auf:<br />
• Firnflächen<br />
die klimatische Schneegrenze<br />
• Kältewüste<br />
• alpine Stufe (Páramos)<br />
die Waldgrenze<br />
• hochmontane Wäl<strong>der</strong> mit viel Podocarpus<br />
• Nebelwäl<strong>der</strong><br />
• halbimmergrünc Wäl<strong>der</strong><br />
• laubabwerfende Wäl<strong>der</strong>
164 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
• Dornbusch<br />
• Kakteenhalbwüste.<br />
Der immer tropfnasse kühle Nebelwald unterscheidet sici<br />
vom heißen tropischen Regenwald durch die große Zahl de<br />
Baumfarne <strong>und</strong> die epiphytischen Moose, die von alle;<br />
Ästen herunterhängen ebenso wie durch die Hymenophy!<br />
laceen (Hautfarne), die alle Äste <strong>und</strong> Stämme bedecken. In-,<br />
häufig über <strong>der</strong> Wolkendecke befindlichen, nicht so feuch<br />
ten hochmontanen Wald herrschen mehr die epiphytischr:<br />
Flechten vor.<br />
Durch die Steigungsregen nehmen die Nie<strong>der</strong>schläge ai<br />
den Gebirgshängen, soweit sie nicht im Windschatten lieget<br />
mit <strong>der</strong> Höhe zu. Eine eventuell in den Nie<strong>der</strong>ungen aufttt<br />
tende Trockenzeit wird mit <strong>der</strong> Höhe immer kürzer o<strong>der</strong> vt:<br />
schwindet. Die montanen Wäl<strong>der</strong> sind deshalb beson<strong>der</strong>s üp<br />
pig <strong>und</strong> reich an Epiphyten, die häufig benetzt werden.<br />
Da die Hänge in den Tropen meist sehr steil sind, werde<br />
die Böden gut dräniert <strong>und</strong> die Versumpfungserscheinungc:<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>ungen fehlen. Die Äbnahme <strong>der</strong> TemperaUi:<br />
macht sich zunächst kaum bemerkbar. Schließlich wird di,<br />
W o lk e n s tu fe erreicht, an die die Nebelwäl<strong>der</strong> mit maxinia<br />
1er Feuchtigkeit geb<strong>und</strong>en sind. Sie nehmen keine bestimn;<br />
te Höhenlage ein. Je feuchter die Luft am Gebirgsfuß ist, di<br />
sto niedriger liegt die Wolkendecke; bei einem Klima mr<br />
Regenzeit <strong>und</strong> Trockenzeit ist die Lage <strong>der</strong> Wolken währen;<br />
<strong>der</strong> letzteren höher. Die Nebelwäl<strong>der</strong> können zwischen 100'<br />
<strong>und</strong> 2500 m <strong>und</strong> selbst höher auftreten <strong>und</strong> verschieden;<br />
Temperaturverhältnisse aufweisen, was floristische Untet<br />
schiede bedingt. Äuch die Höhe <strong>der</strong> Baumschicht nimmt k<br />
Gebirge aufwärts ab. Die sehr hoch gelegenen Nebelwäldt<br />
haben windgeformte, niedrige Bäume. Das gemeinsam;<br />
Merkmal aller Nebelwäl<strong>der</strong> ist jedoch <strong>der</strong> Epiphy ten reichtum.<br />
Mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe wird die Zahl <strong>der</strong> wärmtliebenden<br />
epiphytischen Blütenpflanzen geringer, die de<br />
Farne, Lycopodien <strong>und</strong> vor allen Dingen <strong>der</strong> Hymenophyllaceen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Moose größer. In typischen Nebelwäl<strong>der</strong>rl:<br />
hängen die Moose als lange Vorhänge an den Ästen herunter<br />
<strong>und</strong> sind mit Wassertröpfchen bedeckt, die Hymeno-|<br />
phyllaceen hüllen die Stämme <strong>und</strong> Äste mit einem grüne;<br />
Mantel zwischen den aufsteigenden Lianen ein. Sobald dk<br />
Luftfeuchtigkeit wenig unter 100 % fällt, rollen sie sich abe:<br />
zusammen. Der Boden ist oft mit einem leuchtend grüne:<br />
Teppich von Selaginella-Arten bedeckt. Äuch Baumfarne, dt<br />
ein feuchtes, kühles Klima bevorzugen, sind in Nebelwäl<br />
dem häufiger. In vielen tropischen Gebirgen ist die feuchieste<br />
Höhenstufe durch Palmen (S-Ämerika) o<strong>der</strong> dichte Ban;
usbesiände (E-Afrika) gekennzeichnet. Mit <strong>der</strong> Höhe än<strong>der</strong>n<br />
sich auch die Böden: Die roten Lehme <strong>der</strong> unteren Stufe<br />
gehen in mehr gelbliche o<strong>der</strong> braune über; zugleich bildet<br />
sich ein Mullhorizont <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tongehalt nimmt ab. Noch<br />
höher macht sich eine leichte Podsolierung bemerkbar <strong>und</strong><br />
schließlich entstehen richtige Podsole mit Rohhumus <strong>und</strong><br />
Bleichhorizont; in <strong>der</strong> perhumiden Wolkenstufe kann man<br />
Gleyböden finden.<br />
b Waldgrenze<br />
Über <strong>der</strong> Wolkenstufe (meist oberhalb 2500 bis 3000 m)<br />
nehmen die Nie<strong>der</strong>schläge rasch ab. Erstreckt sich <strong>der</strong> Wald<br />
noch höher am Hang aufwärts, so wird das Laub <strong>der</strong> Bäume<br />
kleiner <strong>und</strong> xeromorpher. In Venezuela treten Coniferen,<br />
<strong>und</strong> zwar Podocarpus-Antn auf, die keine Nadeln, son<strong>der</strong>n<br />
harte, schmale, blattförmige Gebilde besitzen. Die Moose<br />
werden durch Bartflechten abgelöst. Schließlich wird die<br />
Waldgrenze erreicht, die in eine Gebüschzone übergeht <strong>und</strong><br />
in den Tropen tiefer liegt als in den Subtropen. Aus den Anden<br />
von Venezuela wird eine Höhenlage von 3100 bis<br />
3250 m NN angegeben, aus Costa Rica 3200 bis 3300 m. Die<br />
Gebiischzone ist schmal, aber auch die Büsche werden weiter<br />
aufwärts niedriger, in Costa Rica wird dann Escallonia,<br />
Weinmannia, Myrrhodendron (strauchige Apiaceen) etc. durch<br />
Bambus {Chusquea-Arten) ersetzt. In Venezuela findet man<br />
die Gebüsche im Schutz von Felsen noch bei 3600 m.<br />
Aus <strong>der</strong> zentralen Kordillere in Costa Rica (Sra. de Talamanca,<br />
die bis auf 3800 m (am Chirripö) aufsteigt, liegen<br />
von Kappelle (1995) sehr genaue Untersuchungen <strong>der</strong> Bergvväl<strong>der</strong><br />
vor. In den meisten Fällen dominieren Eichenarten<br />
(vgl. Abb. 93) <strong>und</strong> Bambus (Chusquea), so daß eine Charakterisierung<br />
nach den dominanten Arten möglich ist. Die Artenvielfalt<br />
nimmt mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe ab, für die verholzten<br />
Arten ergibt sich dabei auch ein erheblicher Wandel<br />
in <strong>der</strong> Bedeutung, so nehmen die Rubiaceen von 2000 m<br />
mit 31 Arten auf zwei Arten in 3200 m ab (Tab. 10).<br />
Die Frage, welche Faktoren für die Baumgrenze in den<br />
Tropen ausschlaggebend sind, ist schwer zu beantworten.<br />
Die ab einer bestimmten Höhe nach oben wie<strong>der</strong> abnehmenden<br />
Nie<strong>der</strong>schläge ließen es möglich erscheinen, daß es<br />
sich um eine Trockengrenze handelt. An<strong>der</strong>erseits könnte es<br />
auch eine Frostgrenze sein, weil etwa in dieser Höhe schon<br />
Fröste auftreten können. Untersuchungen in Venezuela machen<br />
es jedoch wahrscheinlich, daß die Bodentemperatur<br />
von ausschlaggeben<strong>der</strong> Bedeutung ist, wenn auch stets bei<br />
solchen Phänomenen die verschiedensten Faktoren zusam-<br />
Orobiom I - tropische Gebirge mit Tageszeitenklima 165
166 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
Abb. 93.<br />
Schematisches Gebirgsproßl <strong>der</strong><br />
oberen Stufen mit montansubalpinem<br />
tropischem<br />
Eichenwald im Bereich des<br />
Chirripo-Nationalparks (Costa<br />
Rica) auf beiden Gebirgsflanken<br />
(nach K appelle 1995).<br />
menwirken. Das Tageszeitenklima in <strong>der</strong> äquatorialen Zor,<br />
hat zur Folge, daß die Temperaturschwankungen sehr wenL<br />
tief in den Boden eindringen. Bei beschattetem Boden istdit<br />
Temperatur in 30 cm Tiefe das ganze Jahr hindurch konstani<br />
<strong>und</strong> gleich <strong>der</strong> mittleren Jahrestemperatur <strong>der</strong> Luft, welchi.<br />
die Meteorologen auf Gr<strong>und</strong> ihrer Messungen errechnen<br />
Mit einigen Spatenstichen <strong>und</strong> einem Thermometer kaii'<br />
man somit in den Tropen an einer beliebigen Stelle in wenigen<br />
Minuten die Jahrestemperatur bestimmen. In dichte:<br />
Wäl<strong>der</strong>n ist die Temperatur schon gleich unter <strong>der</strong> Oberfläche<br />
konstant. Sie ist für das Wurzelsystem maßgebend<br />
Zwar kennen wir die Temperaturminima für das Wurzelwachstum<br />
<strong>der</strong> tropischen Bäume nicht, aber es ist bekannt<br />
daß die Enzyme, die für die in Wurzeln stattfindenden Stnllwechselprozesse<br />
maßgebend sind, bei tropischen Arten eir<br />
weit über 0 °C liegendes Temperaturminimum besitzen; tro<br />
pische Arten können sich deshalb schon bei Temperaturc:<br />
über dem Gefrierpunkt „erkäiten" <strong>und</strong> sterben langsam al<br />
Cc/'to-Keimlinge wachsen erst bei Temperaturen über 15 °f<br />
Wenn wir annehmen, daß bei den Wurzeln <strong>der</strong> Bäume an<br />
<strong>der</strong> Baumgrenze das Temperaturminimum bei 7 bis 8 °C<br />
liegt, so würde das gerade <strong>der</strong> Bodentemperatur in Venezuela<br />
an <strong>der</strong> Baumgrenze entsprechen. Letztere wird durch typische<br />
tropische Arten gebildet, holarktische Arten fehlt':<br />
vollkommen. Trifft unsere Annahme zu, so wäre damit aut'
Orobiom I - tropische Gebirge mit Tageszeitenklima 167<br />
Tab. 10. Die Pflanzenfamilien mit verholzten Arten, angeordnet nach <strong>der</strong>en<br />
Artenzahl (in Klammern angegeben), aus fünf verschiedenen Höhenlagen<br />
<strong>der</strong> montanen Eichenwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sra. de Talamanca in Costa Rica<br />
2000 m 2300 m 2600 m 2900 m 3200 m<br />
Rubiaceae (31) Lauraceae (20) Ericaceae (14) Ericaceae (9) Asteraceae (11)<br />
Lauraceae (27) Melastomata- Melastomata- Rosaceae (9) Ericaceae (9)<br />
ceae (14)<br />
ceae (114)<br />
Melastomata- Asteraceae (12) Myrsinaceae (11) Poaceae (8) Rosaceae (6)<br />
ceae (27)<br />
Aste ra cea e (15) Myrsinaceae (12) Loranthaceae(9) Asteraceae (6) Clusiaceae (5)<br />
Myrsinaceae Araliaceae (11) Poaceae (9) Clusiaceae (6) Poaceae (5)<br />
(14)<br />
Araliaceae (11) Ericaceae (11) Araliaceae (8) Cunoniaceae (6) Cunoniaceae (3)<br />
Solanaceae (11)<br />
Ericaceae (10)<br />
Rubiaceae (10)<br />
Solanaceae (10)<br />
Asteraceae (8)<br />
Lauraceae (8)<br />
Loranthaceae (6)<br />
Araliaceae (5)<br />
Scrophulariaceae<br />
(3)<br />
Clethraceae (2)<br />
Euphorbiaceae Rosaceae (9) Rosaceae (8) Lauraceae (5) Lauraceae (2)<br />
(9)<br />
Piperaceae (9) Fagaceae (6) Solanaceae (8) Myrsinaceae (5) Loranthaceae (2)<br />
Rosaceae (9) Poaceae (5) Cunoniaceae (7) Solanaceae (5) Melastomataceae<br />
(2)<br />
Loranthaceae Celastraceae (5) Rubiaceae (7) Caprifoliaceae (4) Rubiaceae (2)<br />
(7)<br />
Myrtaceae (7) Cunoniaceae (5) Aquifoliaceae (4) Aquifoliaceae (3)<br />
Poaceae (7) Loranthaceae (5) Caprifoliaceae (4) Fagaceae (3)<br />
Clusiaceae (6) Aquifoliaceae (4) Chioranthaceae<br />
(4)<br />
Melastomataceae<br />
(3)<br />
Moraceae (6) Acanthaceae (3) Fagaceae (4) Rubiaceae (3)<br />
Celastraceae (5) Caprifoliaceae (3) Myrtaceae (4) Clethraceae (2)<br />
Cyatheaceae (5) Chioranthaceae Celastraceae (3) Myrtaceae (2)<br />
Fagaceae (5) Clusiaceae (3) Clethraceae (3) Polygalaceae (2)<br />
Smilacaceae (5) Cyathaeceae (3) Clusiaceae (3) Rhamnaceae (2)<br />
Urticaceae (5) Myrtaceae (3) Loganiaceae (3) Rutaceae (2)<br />
Cunoniaceae (4) Onagraceae (3) Rutaceae (3) Scrophulariaceae<br />
Flacourtiaceae<br />
(4)<br />
Mimosaceae (4)<br />
Theaceae (4)<br />
Rhamnaceae (3)<br />
Rutaceae (3)<br />
Theaceae (3)<br />
Symplocaceae(3)<br />
(2)<br />
Symplocaceae (2)<br />
14 Familien (3)<br />
17 Familien (2)<br />
26 Familien (1)<br />
11 Familien (2) 14 Familien (2)<br />
35 Familien (1) 23 Familien (1) 25 Familien (1) 22 Familien (1)<br />
82 Familien 71 Familien 60 Familien 48 Familien 34 Familien<br />
349 Arten 226 Arten 197 Arten 125 Arten 74 Arten<br />
nach Kappelle 1995
168 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
die höhere Lage <strong>der</strong> Baumgrenze in den Subtropen erklän<br />
Dort tritt schon ein Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur auf, so dai<br />
<strong>der</strong> Boden sich während <strong>der</strong> Sommerzeit wesentlich übrdie<br />
Jahrestemperatur erwärmt <strong>und</strong> die Baumarten diest<br />
günstige Jahreszeit, die im Tageszeitenklima fehlt, ausnutzen<br />
können.<br />
c Alpine Stufe<br />
Die alpine Stufe <strong>der</strong> feuchten Tropen wird als Páramo Ix<br />
zeichnet. Sie wird als dauernd feucht-neblig, unwirtlich im,<br />
kalt geschil<strong>der</strong>t. In den Páramos von Venezuela regnet ei<br />
während <strong>der</strong> Passatzeit (November bis März) nur sehr wc<br />
nig. Man kann im Januar eine ganze Woche mit nur wii<br />
kenlosem Himmel erleben. Die Wolkendecke liegt tiefer. Die<br />
St<strong>und</strong>enwerte <strong>der</strong> Temperatur für Tage während <strong>der</strong> Regenzeit<br />
bzw. während <strong>der</strong> Trockenzeit spiegeln die fehlendt<br />
Strahlung, bzw. die starke Strahlung (10. Februar) o<strong>der</strong> starke<br />
Ausstrahlung nachts (12. Februar) wi<strong>der</strong> (Abb. 94). Der<br />
kälteste Tag des Jahres 1967 folgte fast unmittelbar auf <strong>der</strong><br />
wärmsten. Während <strong>der</strong> Trockenzeit erwärmt sich die Lul;<br />
in 3600 m Höhe am Tage meist bis auf 10 °C, während ^<br />
nachts friert. Die Pflanzen sind natürlich viel stärkeren Es<br />
tremen ausgesetzt als das Thermometer in <strong>der</strong> Meßhütle.<br />
Aber dieser ständige Frostwechsel schadet den Pflanzer<br />
L<br />
Abb. 94.<br />
Tagesgang <strong>der</strong> Temperatur in<br />
<strong>der</strong> meteorolcgischen Hütte<br />
(Päramo-Stufe in 3600 m NN)<br />
am 26. Juni sowie 27. Juli<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit<br />
(Schwankung nur 1,6 bzw.<br />
2.0 °C) <strong>und</strong> am 10. Februar<br />
(heißester Tag) sowie am 12. Februar<br />
(kältester Tag) während<br />
<strong>der</strong> Trockenzeit mit einer<br />
Schwankung von ¡7,0 bzw.<br />
17.5 ®Ceinem t-Maximum von<br />
14.5 <strong>und</strong> einem t-Minimum von<br />
~7.5 °C. Uhr
nicht, gerade zu dieser Jahreszeit ist die Hauptblüte. Um diese<br />
Zeit erwärmen sich auch die oberen Bodenschichten, in<br />
denen die Paramo-Plianzen wurzeln, am Tag über die Jahrestemperatur.<br />
Felsstandorte scheinen günstiger zu sein als nasse<br />
Böden. Die Jahrestemperatur wurde durch Messungen im<br />
Boden festgestellt: in 3600 m Höhe 5,0 °C (entspricht den<br />
meteorologischen Angaben), in 3950 m 3,9 °C, in 4250 m<br />
2,0 °C <strong>und</strong> im Firnschnee in 4765 m -1,5 bis -3,5 °C.<br />
Mit <strong>der</strong> Abnahme <strong>der</strong> Temperatur sind die Pflanzen gezwungen,<br />
immer flacher zu wurzeln. Damit wird die Pflanzendecke<br />
immer offener, bis schließlich eine vegetationslose<br />
Stufe unterhalb <strong>der</strong> Firn- <strong>und</strong> Schneezone entsteht. Diese<br />
Stufe <strong>der</strong> Kältewüste mit Frostschuttböden infolge ständiger<br />
Frostwechseltage ist für die tropischen Gebirge bezeichnend.<br />
In höheren Breiten (Alpen) können Pflanzen selbst in <strong>der</strong><br />
Nivalstufe (s. S. 373f.) die günstigste Jahreszeit an nicht von<br />
Schnee bedeckten Stellen zum Wachstum ausnutzen. Der<br />
Boden <strong>der</strong> Páramos ist auch während <strong>der</strong> Trockenzeit<br />
leucht, so daß die <strong>Vegetation</strong> nicht unter Trockenheit leidet<br />
<strong>und</strong> einen hygromorphen Eindruck macht. In Kolumbien<br />
wurden neben Páramos mit Trockenzeit auch dauernd nasse<br />
Böden mit Polsterpflanzen, Zwergbambus, Gräsern <strong>und</strong><br />
.Moosen untersucht.<br />
Der Florenbestand <strong>der</strong> Páramos in S-Amerika, Afrika <strong>und</strong><br />
Indonesien ist sehr verschieden <strong>und</strong> jedes Gebiet besitzt seine<br />
Beson<strong>der</strong>heiten. Auffallend ist jedoch, daß außer den<br />
dem Boden angepreßten Pflanzen auch hohe Pflanzen,<br />
meist Compositen, Vorkommen, mit einem richtigen Stamm<br />
<strong>und</strong> schopfförmig stehenden großen Blättern, die einen<br />
dicken weißen Haarfilz besitzen. In den Anden sind es Espeletien<br />
(27 Arten), in den äquatorialen afrikanischen Gebieten<br />
die Batim-Seueao-Arten (Abb. 95), in Indonesien AnapIwIis-Anen;<br />
neben <strong>der</strong> Schopfbaumform ist auch die<br />
Wollkerzenform von Lupinas <strong>und</strong> Lobelia als spezielle Lebensform<br />
zu nennen. Sehr stark behaart sind auch die vielen<br />
Helichrysum-Arten am Kilimandscharo, am Mt. Kenia o<strong>der</strong><br />
am Mt. Elgon, die bis über 4400 m hinauf Vorkommen. Daß<br />
diese Behaarung <strong>der</strong> Wärmeisolierung <strong>und</strong> damit als Schutz<br />
gegen plötzlich extreme Schwankungen <strong>der</strong> Blattemperatur<br />
dient, scheint wahrscheinlich zu sein. An Strahlungstagen<br />
hat in diesen Höhen <strong>der</strong> Durchzug einer Wolke immer einen<br />
Temperatursturz zur Folge. Die obere, meist sehr scharfe Vegeiationsgrenze<br />
liegt bei etwa 4400 bis 4600 m tmd dürfte<br />
miteiner Jahrestemperatur von etwa -i-l °C zusammenfallen.<br />
In dieser Höhenlage tritt täglich Frost auf.<br />
Beson<strong>der</strong>s merkwürdig ist jedoch, daß in den Anden Ve-<br />
Orobiom I - tropische Gebirge mit Tageszeitenklima 169
170 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
A b b . 95.<br />
Senecio keniodendron im Teleki-<br />
Tal am Mt. Kenya (4200 m NN)<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
nczuclas mitten in <strong>der</strong> alpinen Stufe in einer Höhe von euii<br />
4200 m, also bei einer Jahrestemperatur von 2 °C, kleir<br />
Baumbestände <strong>der</strong> Rosacee Polylepis auftreten. Sie sind sir'<br />
an steile Blockhalden in Ost- o<strong>der</strong> Westexposition gehu'<br />
den, die vor- bzw. nachmittags von <strong>der</strong> Sonne bestrahil wer<br />
den. Die Wurzeltiefe von Polylepis kann f,5 m erreichen.!)»<br />
Erklärung für dieses Auftreten von Bäumen 1000 in übe<br />
<strong>der</strong> Waldgrenze ist, daß Blockhalden beson<strong>der</strong>s giinsiif<br />
Temperaturverhältnisse aufweisen. Bei Einstrahlung ftwärmt<br />
sich die bodennahe Luftschicht über <strong>der</strong> Blockhalc<br />
sehr stark; die kalte Luft in <strong>der</strong> Blockhalde ist spezilis<br />
schwerer <strong>und</strong> dürfte im unteren Teil <strong>der</strong> Blockhalde herauv<br />
fließen, wodurch die warme Luft im oberen Teil herdna<br />
saugt werden müßte. Für diese Erklärung spricht die Tat«<br />
che, daß <strong>der</strong> untere Teil <strong>der</strong> Blockhalde nicht bewaldet uf<br />
oft ganz kahl ist. Genaue Temperaturmessungen an Blivt<br />
halden mexikanischer Gebirge haben das gleiche Phänomr<br />
gezeigt, ln Ecuador treten Polylepis-'Wä\dc\\en oberhalb de<br />
Waldgrenze häufig in Muldenlagen an Berghängen aul.
Etwas weniger humid ist die HöhensUd'enfolge bei den<br />
,i!:ikanischen Vulkanen (Mt. Elgon, Mt. Kenya, Kilimandviiaro).<br />
die sich aus einer Feuchtsavannenzone erheben. Die<br />
" deniemperatur an <strong>der</strong> Waldgrenze (mit Hagenia-, Podocar-<br />
-:,'-Anen) ist ähnlich wie in Venezuela. Vergleichbar zu den<br />
-.■.'..'rgis-Wäldchen Südamerikas gibt es hier einzelne, isolierte<br />
h(x:hreichende Hagenia-Uamc. Auch Hagenia ist eine Rosa-<br />
In <strong>der</strong> unteren alpinen Siul'e spielt Erica arbórea eine<br />
Ciiilse Rolle, darüber Schopl'baum-Senedoneen (Abb. 95)<br />
ind Kerzen-Lobelien. Eingestreut liegen aber auch Moore<br />
■nit staunassen Böden, auf denen Cyperaceen, Alchemilla-Aricp,<br />
Gentianaceen <strong>und</strong> <strong>der</strong> südhemisphärisch verbreitete<br />
.i'vidiche Huperzia saururus (Lycopodiaceae) Vorkommen.<br />
Die Biogeozöne des Zonobioms I als Ökosysteme 171<br />
6 Die Biogeozöne des Zonobioms I als Ökosysteme<br />
Per tropische immergrüne Regenwald gehört zu den komplizienesten<br />
Pflanzengemeinschaften. Die einzelnen Biogeo-<br />
.•■me sind noch weitgehend unbekannt, wahrscheinlich las-<br />
-zn sich viele überhaupt nicht plausibel abgrenzen, ln den<br />
eingehend untersuchten Wäl<strong>der</strong>n NE-Auslraliens ergaben<br />
I8 Bestandsaufnahmen 818 Arten über 45 cm Höhe; davon<br />
»aren 269 Bäume. Der Computer zeigte, daß die 18 Aufthmen<br />
zu sechs floristischen Gruppen gehörten mit je drei<br />
.Aulnahmen. Die Gruppen sind auf klimatische Unterschiede<br />
unickzuführen, doch spielen Wasserverhältnisse, <strong>der</strong> Nährsti’ligehalt<br />
<strong>der</strong> Böden <strong>und</strong> die Höhenlage ebenfalls eine Rol-<br />
\ Bei weiteren 70 Aufnahmen, die über 20 Breitengrade<br />
verstreut waren, wurden nur 24 Lebensform- <strong>und</strong> Strukturmerkmale<br />
berücksichtigt. Computerauswertungen ergaben<br />
eine bereits vorher bekannte Einteilung nach geographischen<br />
Regionen <strong>und</strong> Kombinationen, die sich ganz<br />
^ intinuierlich än<strong>der</strong>n.<br />
Die Schwierigkeit <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung in Ökosysteme ist somit<br />
auKerordentlich groß. Die Üppigkeit <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>und</strong> ihre<br />
she Biodiversität verführt dazu, eine sehr große primäre<br />
Produktion anzunehmen. Die ersten Schätzungen lagen bei<br />
iOOt-ha“' -a"' (TG), waren aber viel zu hoch gegriffen. Man<br />
muB bedenken, daß die Phytomasse im tropischen Urwald<br />
' ch durch einen sehr großen Wassergehalt auszeichnet (bei<br />
krautigen Teilen 75 bis 90 %). Die grünen Blätter können<br />
war das ganze Jahr hindurch COj assimilieren, doch sind<br />
Atmungsverluste nachts infolge <strong>der</strong> hohen Temperatur<br />
TMin<strong>der</strong>s groß. Die Phytomasse an Holz <strong>und</strong> Blättern ist im<br />
tropischen Wald zwei- bis dreimal höher, die Kosten diese<br />
Mawe zu erhallen, die Almungsverluste, sind aber im Holz
172 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaides<br />
viermal, in den Blättern sechsmal höher. Tropenwäl<strong>der</strong> sind<br />
bei den hohen Temperaturen zu stärkeren Stoffwechselum-<br />
Sätzen gezwungen, daher kann auch relativ weniger in die<br />
Produktion von Holz investiert werden.<br />
Von sehr großer Bedeutung lür die Stoflproduktion eines<br />
Biogeozöns ist <strong>der</strong> Blattflächenindex (BFI), das heißt das Verhältnis<br />
<strong>der</strong> gesamten Blattlläche eines Bestandes zu <strong>der</strong> vom<br />
Bestand bedeckten Bodenoberlläche. Er war sehr niedrig an<br />
<strong>der</strong> Elfenbeinküste. Doch kann diese Versuchsparzelle nichi<br />
als repräsentativ gelten. Die Bruttoproduktion ist zwar sehr<br />
hoch; aber durch die Atmung gehen 75 % <strong>der</strong> produzierten<br />
organischen Substanz wie<strong>der</strong> verloren, beim mitteleuropäischen<br />
Buchenwald nur 43 % <strong>der</strong> Bruttoproduktion.<br />
Wir verstehen es deshalb, daß die NPP des tropischen Urwaldes<br />
in diesem Falle nicht höher war als die eines gut bewirtschafteten<br />
Buchenwaldes in Mitteleuropa:<br />
Tropischer Urwald<br />
Buchenwald<br />
13.4 t-h a-‘<br />
13.5 t-ha-‘<br />
^ Tropenwäl<strong>der</strong> haben<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> dauernd hohen<br />
Temperaturen hohe<br />
Umsatzraten. Die sehr<br />
hohe Produktivität wird<br />
durch beson<strong>der</strong>s hohe Atmungsverluste<br />
kompensiert.<br />
Die Holzerträge bei den Forstplantagen in den Tropen erreichen<br />
13t- ha”'. Sie sind nur etwa doppelt so hoch wie bei einem<br />
guten europäischen Buchenwald, was auch auf die<br />
doppelt so lange <strong>Vegetation</strong>szeit zurückzuführen ist.<br />
Ein in Thailand untersuchter Wald bei 2700 mm Regen<br />
<strong>und</strong> einer Jahrestemperatur von 27,2 °C besitzt eine oberirdische<br />
Phytomasse von 325 t-h a”‘, was einer gesamten<br />
Phytomasse von 360 t • ha“' entsprechen dürfte. Sie nahm in<br />
den drei Beobachtungsjahren noch um 5,3 t-h a“' pro Jahr<br />
zu. Es betrugen: BFI = 12,3, Bruttoproduktion = 124 t-ha”',<br />
Atmungsverlust 95 t-ha (= 76 %), somit NPP r<strong>und</strong> 30 t-ha<br />
im Jahr.<br />
Man muß bei Urwäl<strong>der</strong>n drei Phasen unterscheiden, die<br />
ein Kleinmosaik bilden: Eine Jugendphase mit Bestandsverjüngung<br />
<strong>und</strong> positivem Phytomassezuwachs, eine Optimalphase<br />
mit maximaler Phytomasse, die unverän<strong>der</strong>t bleibt,<br />
<strong>und</strong> eine Alterungsphase mit abnehmen<strong>der</strong> Phytomasse.<br />
Der Bestand an <strong>der</strong> Elfenbeinküste war wohl eine lichte Jugendphase.<br />
Aber alle drei Phasen treten normalerweise als<br />
Mosaik gemischt auf.<br />
Man kann nach den vorliegenden Daten für die Optimalphase<br />
eines üppigen troitischen Regenwaldes folgende Angaben<br />
machen:<br />
Gesamte Phytomasse 350 bis 450 t-h a”' <strong>und</strong> bei einem<br />
Blattflächenindex von 12 bis 15 eine Bruttoproduktion von<br />
120 bis 150t- ha”' im Jahr, was einer NPP von 30 bis 35 t - ha '
entsprechen würde, wobei 10 bis 12 t ha“*auf den Streufall<br />
kämen.<br />
Die Bodenatmung entspricht etwa <strong>der</strong> Streumenge, doch<br />
dürfte ein großer Teil <strong>der</strong> NPP bereits über dem Boden mineralisiert<br />
werden (stehende tote Bäume, Epiphyten).<br />
Durch die Streu erhält <strong>der</strong> Boden im Amazonasgebiet jährlich<br />
106 kg-ha"' an Stickstoff zurück, aber nur 2,2 kg - ha”‘<br />
an Phosphor. Die Verarmung <strong>der</strong> Sek<strong>und</strong>ärwäl<strong>der</strong> dürfte<br />
hauptsächlich ein Phosphorproblem sein, zumal P im Boden<br />
rasch an Fe <strong>und</strong> Al geb<strong>und</strong>en wird <strong>und</strong> dann nicht mehr für<br />
die Pflanzen verfügbar ist. Stickstoff wird bei den häufigen<br />
starken Gewittern auch aus <strong>der</strong> Atmosphäre zugeführt.<br />
7 Tierwelt <strong>und</strong> Nahrungsketten im Zonobiom 1<br />
Dazu können hier nur ganz wenige Bemerkungen angeführt<br />
werden. Die organismische Vielfalt <strong>und</strong> die Kenntnislücken<br />
sind zu groß. Die Vernetzung <strong>der</strong> Organismen ist im tropischen<br />
Regenwald sehr eng, auf die dadurch bedingte Sensibilität<br />
gegenüber Eingriffen wurde schon hingewiesen (s.<br />
S. 31).<br />
Für die Tierwelt ist wie auch für viele Pflanzen bezeichnend,<br />
daß <strong>der</strong> Kronenraum ein wichtiger Aktionsraum ist.<br />
Über die Hälfte <strong>der</strong> Säugetiere lebt in den Baumkronen <strong>und</strong><br />
besitzt einen Greifschwanz; sehr groß ist die Zahl <strong>der</strong> Vögel,<br />
wie<strong>der</strong>um mit einem Aktivitätsschwerpunkt im Kronenraum,<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Arten ist bislang nur grob abschätzbar<br />
<strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e die Zahl <strong>der</strong> Wirbellosen über <strong>und</strong> unter<br />
<strong>der</strong> Erde ist bislang eigentlich unbekannt, ebenso wie die<br />
lunktionalen Beziehungen. Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für<br />
ökosystemare Prozesse sind die Termiten <strong>und</strong> Ameisen, sie<br />
setzen doch einiges an Biomasse um, aber ihre Zoomasse ist,<br />
trotz ihrer Vielfalt, nicht groß.<br />
Typische Tiere <strong>der</strong> Baumkronen sind in <strong>der</strong> Neotropis die<br />
Faultiere (Cholopus, Bradypus), <strong>der</strong>en Lebensweise eingehend<br />
untersucht wurde (M ontgomery et al. 1975). Die gesamte<br />
Zoomasse <strong>der</strong> Tiere war 23 kg-ha~', die jährlich gefressene<br />
Blattmasse 53 kg-ha“', dies entspricht 0,63 % <strong>der</strong> Blattprodiiktion.<br />
Die Exkremente verwesen langsam <strong>und</strong> stellen<br />
eine Nährstoffreserve im Boden dar.<br />
Die Blattschnei<strong>der</strong>ameisen (Atta) üben durch selektiven<br />
Befall einen beson<strong>der</strong>s starken Einfluß aus (HAtNES 1975). Sie<br />
vergrößern den Lichtgenuß im Bestand bis zu 7 %. Ihr Material<br />
von Baumarten des Sek<strong>und</strong>ärwaldes schleppen sie bis<br />
180 m zum unterirdischen Nest mit einem Durchmesser von<br />
10 m, in dem sie Pilzgärten auf den geschnittenen Blättern<br />
Tierwelt <strong>und</strong> Nahrungsketten im Zonobiom I 173
174 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
anlegen. Die geschnittene Blattfläche kann 4000 erreichen.<br />
Die Pilze liefern den Ameisen die Nahrung. Es sind als.-<br />
perfekte Staaten mit „mikrobiologischer Landwirtschaft".<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Ameisenarten, die auf einem Baum leben,<br />
übertrifft nicht selten die Zahl aller Ameisenarten in einem<br />
Land <strong>der</strong> gemäßigten Breiten Mitteleuropas.<br />
8 Der Mensch im Zonobiom I<br />
Der tropische Regenwald auf armen Böden ist siedlungsfeindlich<br />
<strong>und</strong> wird meist von Menschen gemieden. Er ist ol:<br />
das Refugium von urtümlichen Stämmen. In Afrika sind<br />
die Pygmäen, in Lateinamerika die ursprünglichen Indianerstämme.<br />
Auch in Südostasien leben noch Reste <strong>der</strong> Ureinwohner.<br />
Im Gegensatz dazu sind die früheren Urwaldgebicte<br />
auf nährstoffreichen, jungen vulkanischen Böden heute<br />
dicht besiedeltes Kulturland (Java, Mittelamerika <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e).<br />
Nur dort ist eine einigermaßen nachhaltige Landwinschaft<br />
möglich. Auf allen ärmeren Böden führt die Rodung<br />
zu katastrophalen Nährstoffverlusten. Die „ökologische" Benachteiligung<br />
<strong>der</strong> Tropen (W eischet 1980) kommt hierbei<br />
beson<strong>der</strong>s deutlich zum Ausdruck. Gerodete Flächen sind<br />
nach wenigen Jahren wertlos <strong>und</strong> fallen <strong>der</strong> Erosion zum<br />
Opfer o<strong>der</strong> bedecken sich mit wertlosen Gleichenia- o<strong>der</strong> Impcrato-Dickichten.<br />
Dabei gibt es heute gute Gründe, den wirtschaftlichen<br />
Wert tropischer Regenwäl<strong>der</strong> realistisch abzuschätzen. Auch<br />
Tab. 11. Holzwert vermarktungsfähiger Stämme pro<br />
Hektar auf einer Versuchsfläche in Amazonien<br />
(Regenwald von Misana am Rio Nanay in<br />
Peru) bei irreversibler einmaliger Abhoizung<br />
<strong>und</strong> gegenübergestellt <strong>der</strong> jährliche Ertrag<br />
<strong>und</strong> Marktwert von Früchten, Rohgu nmi,<br />
Harzen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er laufend nutzbarer Produkte<br />
pro Jahr<br />
Einmaliger laufende Nt<br />
Holzwert (pro Jahr!)<br />
Anzahl an Arten 27 12<br />
Holzvolumen (m^) 94 -<br />
Holzwert ($) 1001 -<br />
kg Rohprodukte - 160<br />
Anzahl Früchte - 5500<br />
Marktwert ($) - 698<br />
Peters et al. 1989, Reichholf 1990
Der Mensch im Zonobiom I 175<br />
ohne die völlig unschätzbaren genetischen<br />
Ressourcen einer unglaublichen,<br />
bis heute noch nicht klar erkannten Biodiversität<br />
ist <strong>der</strong> tropische Regenwald<br />
stets viel mehr wert als das darauf stehende<br />
Holz, wie die simple Rechnung in<br />
Tab. 11 zeigt.<br />
Welch unglaublicher Raubbau die Abholzung<br />
darstellt, wird aus diesen Zahlen<br />
deutlich. Dabei ist <strong>der</strong> Verlust an Artenvielfalt<br />
nicht berechenbar, die gewaltige<br />
Fülle an möglichen, vielleicht nutzbaren<br />
sek<strong>und</strong>ären Inhaltsstoffen in solchen<br />
Rechnungen unberücksichtigt.<br />
Die Entwaldung hat die letzten Jahrzehnte<br />
eine unglaubliche Beschleunigung<br />
erfahren. Als Beispiel soll Costa Rica angeführt<br />
werden. Dort stehen zwar heute<br />
2f % <strong>der</strong> Landesffäche unter Schutz (Nationalparks,<br />
Reservate etc.), doch ist <strong>der</strong><br />
Druck auf diese Flächen groß, da kaum<br />
sonst noch Wald mit größeren Holzvorräten<br />
verfügbar ist. Die Waldfläche hat dort<br />
in wenigen Jahrzehnten erschreckend abgenommen<br />
(vgl. Abb. 96). In <strong>der</strong> Dominikanischen Republik<br />
auf Hispaniola ist die Primärwaldfläche in einem halben<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert von über 70 % auf weniger als 6 % gefallen, in<br />
Haiti ist alles abgeholzt.<br />
Die Prognosen für den Erhalt <strong>der</strong> Regenwäl<strong>der</strong> lassen<br />
Schlimmes befürchten. Von den heute noch bestehenden<br />
etwa sechs Millionen Quadratkilometer an feuchten Tropenwäl<strong>der</strong>n<br />
sind nach heutiger Entwaldungsrate im Jahre 2040<br />
alle abgeholzt, nach an<strong>der</strong>en Prognosen tritt dieser katastrophale<br />
Zustand bereits 2025 ein, da aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Überbevölkerung<br />
<strong>und</strong> Verarmung die Entwaldungsrate noch steigen<br />
wird (s. Abb. 97).<br />
Dies ist nicht nur ein regionales o<strong>der</strong> nationales Problem,<br />
son<strong>der</strong>n ein globales. Auch wenn in den USA o<strong>der</strong> in Mitteleuropa<br />
ebenfalls fast alfe Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Prärien vernichtet sind<br />
<strong>und</strong> durch eintönige Forste o<strong>der</strong> Maisäcker ersetzt sind, so<br />
ist dort die Ausstattung <strong>der</strong> Landschaften <strong>und</strong> das Klima so<br />
günstig, daß man eine leistungsfähige Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft<br />
aufbauen kann <strong>und</strong> auf eine weitgehend nachhaltige<br />
Nutzung hoffen kann.<br />
fn den ökofogisch benachteiligten Tropen sieht dies völlig<br />
an<strong>der</strong>s aus.<br />
A b b . 96.<br />
Die Entwaldung Costa Ricas in<br />
den letzten Jahrzehnten (nach<br />
E llenberg & B e r g e m a n n 1990).
m<br />
176 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
Abb. 97.<br />
Der tropische Regenwald verliert<br />
ständig an Fläche. Die Gerade<br />
zeigt die Prognose bei konstanter<br />
Abholzung, also bei jährlich<br />
gleichbleiben<strong>der</strong> Rodimgsfläche<br />
ab 1990. Die beiden an<strong>der</strong>en<br />
Kurven beruhen auf Hochrechnungen<br />
verschiedener Organisationen<br />
<strong>und</strong> berücksichtigen den<br />
noch ansteigenden Bedarf<br />
LIN = lineare Abnahme,<br />
FOE = Friends of the Earth,<br />
WRI = World Resources Institute<br />
(nach T e r b o r g h 1991).<br />
Regenwaldfläohe in Mio. km^<br />
\\<br />
1<br />
FOE<br />
... \A RI<br />
1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050<br />
Jahr<br />
^ Die enge Kopplung<br />
mit dem <strong>globalen</strong><br />
Kreislauf, die einmalige,<br />
unglaublich hohe Biodiversität<br />
mit ihren entsprechenden<br />
unersetzlichen<br />
genetischen Resourcen,<br />
die sensiblen Böden, die<br />
irreversible Schädigung<br />
<strong>der</strong> Landschaften bei Abholzung<br />
machen eine sofortige,<br />
globale Anstrengung<br />
zur Rettung <strong>der</strong><br />
Regenwäl<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Heute brennen jede Nacht Tausende von Feuern. Noch<br />
hemmt <strong>der</strong> Qualm den Treibhauseffekt. Die Brandrodung<br />
darf so nicht weilergehen. Natürliche Brände kommen ira<br />
ZB I in den Regenwäl<strong>der</strong>n fast nicht vor.<br />
9 Zonoökoton l/ll - Halbimmergrüner Wald<br />
Das Zonoökoton zwischen dem ZB I mit dem immergrünen<br />
Regenwald <strong>und</strong> dem ZB II des tropischen Sommerregengebiets<br />
mit laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> halbimmergrüne<br />
tropische Regenwald, also eine Übergangszone mit diffuser<br />
Mischung <strong>der</strong> beiden <strong>Vegetation</strong>stypen.<br />
Kleinräumig ist dies auch lokal als <strong>Vegetation</strong>smosaik<br />
ausgebildet, manchmal ein Fleckenteppich <strong>der</strong> verschiedensten<br />
<strong>Vegetation</strong>stypen, modifiziert je nach Gr<strong>und</strong>wasser, Bodenstruktur,<br />
Wasser- <strong>und</strong> Nährstoffverfügbarkeit. Auf sehr<br />
armen Sandböden in Venezuela <strong>und</strong> Guayana wächst als Pedobiom<br />
<strong>der</strong> periodisch überflutete Igapo-Wald in Flußnälie.<br />
Höher auf Sandauflagen folgt die Caatinga, die bei mächtigen<br />
Sandauflagen zur niedrigen Caatinga o<strong>der</strong> gar zur kümmerlichen<br />
Bana wird, obwohl die Nie<strong>der</strong>schläge hoch sind<br />
(3300 mm). Der Sandboden weist aber keinerlei Nährstoffe
auf <strong>und</strong> das Wasserspeichervermögen während <strong>der</strong> Trockenzeit<br />
ist sehr gering ist. Großräumiger betrachtet kann man<br />
bei abnehmendem Jahresnie<strong>der</strong>schlag <strong>und</strong> bei einer zunehmenden<br />
Dauer <strong>der</strong> Trockenzeit in Venezuela folgende Reihe<br />
erkennen: immergrüner Regenwald - halbimmergrüner<br />
Wald - laubabwerfen<strong>der</strong> Wald.<br />
Innerhalb <strong>der</strong> äquatorialen Klimazone ist diese Reihe selten<br />
zu beobachten, da eine solche Abstufung <strong>der</strong> Regenmengen<br />
wie in Venezuela eine Ausnahme bildet. Diese Reihe läßt<br />
sich jedoch allgemein beobachten, wenn man sich vom<br />
Äquator zu den Wendekreisen hin bewegt; denn wir gelangen<br />
dabei immer mehr in die tropische Klimazone <strong>der</strong> zenitalen<br />
Sommerregen, wobei die absolute Regenmenge<br />
ständig abnimmt, die Regenzeit sich verkürzt, die Trockenzeit<br />
sich verlängert. Der Unterschied gegenüber Venezuela<br />
ist, daß dabei <strong>der</strong> Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur allmählich erkennbar<br />
<strong>und</strong> immer ausgeprägter wird, wobei die Trockenzeit<br />
die kühle Jahreszeit ist. Da letztere jedoch für die <strong>Vegetation</strong><br />
eine Ruhezeit bedeutet, spielen Temperaturunterschiede<br />
für die <strong>Vegetation</strong> keine wesentliche Rolle.<br />
Zonoökoton l/ll - Halbimmergrüner Wald 177<br />
Abb. 98.<br />
Klimaäiagramme von indischen<br />
Stationen im Gebiet des immergrünen,<br />
des halbimmergrünen,<br />
des feuchten <strong>und</strong> des trockenen<br />
Monsunwaldes.
178 Zonobiom des immergrünen tropischen Regenwaldes<br />
]<br />
Abb. 99.<br />
Die Beziehungen zwischen <strong>der</strong><br />
Waldvegetation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schlagshöhe<br />
(Ordinate) sowie<br />
<strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Dürrezeit in<br />
Monaten (Abszisse) in Indien.<br />
I immergrüner <strong>und</strong> II halbimmergrüner<br />
tropischer Regenwald.<br />
III Monsunwald<br />
(A feuchter, B trockener),<br />
IV Savanne (Dornbuschwald).<br />
V Wüste (nach Waijhr, aus<br />
einer Arbeit im Auftrag <strong>der</strong><br />
UNESCO).<br />
Es wurde bereits erwähnt, daß sich im sehr feuchten tropj.<br />
sehen Gebiet beim Auftreten einer kurzen Trockenzeit dir<br />
endogene Rhythmik <strong>der</strong> Baumarten an die Klimarhythmi.<br />
anpaßt. Der allgemeine Charakter des Waldes än<strong>der</strong>t skr<br />
zwar nicht, aber viele Baumarten verlieren die Blätter euv.<br />
zur gleichen Zeit, bzw. treiben <strong>und</strong> blühen gleichzeitig. Di,<br />
<strong>Vegetation</strong> weist dadurch eine deutlich synchronisierte jahreszeitliche<br />
Aspektfolge auf {Saisonregenwald).<br />
Nimmt die Dauer <strong>der</strong> Trockenzeit weiter zu, dann änden<br />
sich <strong>der</strong> Waldtypus; Die oberste Baumschicht wird von laubwerfenden<br />
Baumarten gebildet; in S-Amerika sind es di,<br />
großen, dickstämmigen Bombacaceen <strong>und</strong> schönblühen<strong>der</strong><br />
Erythrina-Anen, während die unteren Schichten noch immergrün<br />
bleiben. Wir sprechen deshalb vom halbimmergriinen<br />
tropischen Wald.<br />
Verringern sich die Nie<strong>der</strong>schläge <strong>und</strong> verlängert sich die<br />
Trockenzeit noch mehr, dann werfen alle Baumarten die<br />
Blätter ab, so daß <strong>der</strong> Wald kürzere o<strong>der</strong> längere Zeit kahl k,<br />
das heißt es handelt sich um feuchte, bzw. trockene laubwetlende<br />
sommergrüne, tropische Wäl<strong>der</strong>. Dieser scharfe Übirgang<br />
ist vom zentralen Costa Rica zum Nordwesten (Guanacaste)<br />
hin in einer sehr kurzen Entfernun;<br />
verwirklicht.<br />
Die Klimadiagramme für entsprechende<br />
Waldtypen in Indien, wo im Bereich <strong>der</strong> Monsunnie<strong>der</strong>schläge<br />
im Sommer dieser Übergang<br />
sich beson<strong>der</strong>s gut beobachten läßt, zeif<br />
Abb. 98 (s. S. 177).<br />
Es erhebt sich dabei die Frage, was dit<br />
Struktur des Waldes bestimmt, die Höhe de:<br />
Nie<strong>der</strong>schläge o<strong>der</strong> die Dauer <strong>der</strong> Trockenzeii<br />
Das Diagramm Abb. 99 zeigt, daß beides ökologisch<br />
von Bedeutung ist. Man darf nicht ei<br />
nen <strong>der</strong> beiden Faktoren allein berücksichii<br />
gen. Aus dem Verlauf <strong>der</strong> Grenzlinier.i<br />
(Steigung) sieht man, daß bei den feuchterI<br />
Waldtypen die Dauer <strong>der</strong> Dürrezeit wichtige<br />
ist, bei den trockenen Typen dagegen dk<br />
Regenmenge.<br />
In Afrika ist die erwähnte Reihe nicht'<br />
deutlich zu beobachten. Durch die stärkere|<br />
Besiedlung <strong>und</strong> die Ausübung des Wandet<br />
ackerbaus (shifting cullivation) ist gerade di<br />
Gebiet <strong>der</strong> halbimmergrünen Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> de |<br />
feuchten laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> weitgehen;;<br />
gerodet worden. Diese Wäl<strong>der</strong> lassen siej
leichter roden als die Regenwäl<strong>der</strong>, weil man sie auch früher<br />
schon während <strong>der</strong> Trockenzeit abbrennen konnte; die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
sind aber noch so hoch, daß man beim Ackerbau<br />
jährlich mit einer Ernte rechnen kann.<br />
Zonoökoton l/ll - Halbimmergrüner Wald 179<br />
FRAGEN;<br />
1 Warum sind tropische Ökosysteme empfindlicher als solche in<br />
gemäßigten Breiten?<br />
2 Wie kann man Diversität definieren?<br />
3 Wie unterscheiden sich tropische <strong>und</strong> gemäßigte Ökosysteme<br />
hinsichtlich ihrer Strukturen <strong>und</strong> Prozesse?<br />
4 Gibt es am Äquator Wüsten?<br />
5 Was bedingt die Wald- <strong>und</strong> Schneegrenze in tropischen Gebirgen?<br />
6 Warum sind die Bodentemperaturen (in 50 cm Tiefe) in tropischen<br />
Gebirgen konstant?<br />
7 Warum wird die konkurrenzstärkste Art unter natürlichen<br />
Bedingungen nicht dominant?<br />
8 Wie transportieren Pflanzen bei hoher Luftfeuchtigkeit Nährstoffe<br />
in <strong>der</strong> Sproßachse nach oben?<br />
9 Welche funktionalen Vernetzungen stabilisieren das ökologische<br />
Gleichgewicht im tropischen Regenwald?<br />
10 Welche Rolle spielt <strong>der</strong> Boden im tropischen Regenwald?<br />
¡1 Ein Baum wird von Kolibris bestäubt, die Früchte werden<br />
von Fle<strong>der</strong>mäusen verbreitet <strong>und</strong> die Wurzeln nehmen Nährstoffe<br />
über die Mycorrhiza auf. Welche dieser biologischen Interaktionen<br />
ist für den Baum die wichtigste?<br />
17 Wie vollzieht sich <strong>der</strong> Übergang des Klimas <strong>und</strong> <strong>der</strong> Waldtypen<br />
vom Äquator zu den Wendekreisen?
II Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw.<br />
laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
(ZB des humido-ariden tro<br />
pischen Sommerregengebietes)<br />
1 Allgemeines<br />
Das tropische Zonobiom II weist bereits einen deutlicht:<br />
Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur auf, wobei in <strong>der</strong> warmen, mri;;<br />
perhumiden Jahreszeit starke zenitale Regen fallen, während<br />
die kühlere Jahreszeit arid ist. Aber wie ZB I ist auc:<br />
ZB II im Tiefland frostfrei.<br />
In Amerika nimmt dieses Zonobiom klimatisch eim<br />
große Fläche südlich vom Amazonasbecken ein, dazu klc!<br />
nere Flächen bis über den 20. Breitengrad hinaus in Mitte'<br />
amerika <strong>und</strong> extrazonale in Venezuela. In Afrika bedeckt da-<br />
ZB II zu beiden Seiten des Äquators riesige Flächen. Auf de:<br />
Südhalbkugel, auf <strong>der</strong> Hochfläche vom Sambesi werden i,<br />
kalten Jahren zum Teil starke Frostschäden beobachte:<br />
durch die die Verbreitung nach Süden begrenzt wird. D:<br />
kalte Hochebene um Johannesburg ist schon vorwiegeit<br />
ein Grasland. In Asien sind Indien <strong>und</strong> SE-Asien die Haup:<br />
Verbreitungsgebiete, während es sich in Australien auf dt<br />
nördlichsten Teil beschränkt (vgl. Abb. 65 bis 70). Dem Iv.<br />
dro-ariden Klima des ZB II entsprechen auf den Euklimat<br />
pen die zonalen Böden. Diese speichern während <strong>der</strong> Ri<br />
genzeit so viel Wasser, daß sie in <strong>der</strong> Dürrezeit nicht gar<br />
austrocknen. Das ist eine Voraussetzung für das Wachstii:<br />
<strong>der</strong> zonalen laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong>, die zwar in <strong>der</strong> Di.<br />
rezeit durch den Abwurf des Laubes die Transpirationsverli<br />
ste stark herabsetzen, aber auch während <strong>der</strong> Dürrezeit c;<br />
gewisse Wassermenge aus dem Boden aufnehmen müsst:
Denn selbst die blattlosen Zweige <strong>und</strong> Äste verlieren doch<br />
noch so viel Wasser, daß die im Stamm gespeicherten Wassermengen<br />
nicht für die ganze Dürrezeit ausreichen.<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit des ZB II ist, daß die zonale Waldvegetation<br />
vielerorts fehlt <strong>und</strong> durch den <strong>Vegetation</strong>styp <strong>der</strong> Savannen<br />
ersetzt wird. Die Ursachen dafür sind verschiedener<br />
Art (s. S. 188f.). Eine beson<strong>der</strong>s wichtige ist jedoch das<br />
Vorhandensein von wasser<strong>und</strong>urchlässigen Staukörpern<br />
(Lateritkrusten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) im Boden in verschiedener Tiefenlage.<br />
Ihre Anwesenheit ist zwar bekannt, doch ihre<br />
außerordentlich weite Verbreitung wurde erst von T i n l e y<br />
|1982) auf einem 200 km langen Profil durch sehr genaue<br />
Bodenprofiluntersuchungen in Ostafrika nachgewiesen. Er<br />
stellte die Lage <strong>der</strong> Stauschichten in 7 m tiefen Gruben fest.<br />
Diese wasser<strong>und</strong>urchlässigen Krusten verän<strong>der</strong>n die Wasserbilanz<br />
des Bodens so stark, daß die Ausbildung <strong>der</strong> zonalen<br />
Waldvegetation verhin<strong>der</strong>t wird (Abb. 100). Die Savannen<br />
<strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong> sind meist nicht klimatisch, son<strong>der</strong>n<br />
edaphisch, das heißt durch den Boden bedingt <strong>und</strong> somit<br />
großenteils als Pedobiome zu betrachten.<br />
Die Lateritisierung erfolgt einerseits durch langsame Lösung<br />
<strong>der</strong> Kieselsäure, durch Anhäufung <strong>und</strong> Verbackung<br />
,on r<strong>und</strong>en Pisolithknollen, die oft weitgehend aus Alumi-<br />
Allgemeines 181<br />
_ Das Zonobiom II, das<br />
humido-aride tropische<br />
Zonobiom, ist gekennzeichnet<br />
durch den scharfen<br />
Wechsel von Regen<strong>und</strong><br />
Trockenzeit, Bei kurzer<br />
Trockenzeit treten<br />
iaubwerfende Wäl<strong>der</strong> oft<br />
flächendeckend auf, bei<br />
längerer Trockenzeit<br />
überwiegen Graslän<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Dornsavannen, oft<br />
modifiziert durch spezielle<br />
Bodenverhältnisse.<br />
Trockenwald<br />
Savanne _ Savanne<br />
Savanne<br />
Wald<br />
Mopane-Savanne<br />
■ A A<br />
Savanne<br />
Gehölz<br />
Buschsavanne<br />
Savannenwald<br />
Abb. 100 A-D.<br />
<strong>Vegetation</strong> in Abhängigkeit von<br />
<strong>der</strong> Lage <strong>der</strong> Stauschicht<br />
(= schwarze Striche) im Boden,<br />
dunkelgrau = wassergesättigter<br />
Boden über Stauschicht.<br />
T = Termitenhaufen, R = Röhricht.<br />
Nähere Erläuterung im<br />
Text (nach T i n l e y aus<br />
W a l t e r / B r e c k l e 1991).
L,<br />
182 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong> Zonale <strong>Vegetation</strong> 183<br />
Abb. 101.<br />
Schema <strong>der</strong> einzelnen Stadien<br />
<strong>und</strong> Prozesse <strong>der</strong> Lateritisierung<br />
im wechsel-feuchten Savannenklima<br />
durch Auslaugungsprozesse<br />
<strong>und</strong> Bildung einer<br />
betonharten Lateritkruste mit<br />
Bodenerosion.<br />
nilim-, Eisen- <strong>und</strong> Manganoxid bestehen können <strong>und</strong> al!<br />
mählich zu einer harten Kruste zementiert werden könnei<br />
an<strong>der</strong>erseits spielen Auslaugungsprozesse <strong>und</strong> Bodeneros<br />
on eine große Rolle (vgl. die einzelnen Stadien in Abb. 101<br />
Es verbleibt eine wellige betonharte Oberfläche, auf dt<br />
kaum Pflanzenwuchs möglich ist (vgl. auch Abb. 107).<br />
Die Auslaugung über lange Zeiten ergibt eine weitf:<br />
edaphische Ursache; die oft sehr große Nährstoffarmut dt<br />
Böden im Bereich des ZB II. Die Landoberfläche in Afrik<br />
aber ebenso in Australien, in Vor<strong>der</strong>indien sowie vor alle;<br />
die brasilianische Platte in Südamerika sind Teile des Gon,<br />
wanaschildes, also des Urfestlandes, das sich vor vielen Jahmillionen<br />
(im Mesozoikum) in die entsprechenden Kon;,<br />
nente aufspaltete. Die Landoberfläche wurde nie vom Mer<br />
überdeckt; die Böden sind uralt <strong>und</strong> ihre Verjüngung dun<br />
Meeressedimente fand niemals statt. Die anstehenden Gt<br />
steine wurden dauernd ausgelaugt <strong>und</strong> abgetragen. Die dt<br />
Boden bildenden Verwitterungsprodukte sind deshalb üh<br />
rall, wo junge vulkanische Gesteine fehlen, an für Pflanzt<br />
wichtigen Nährstoffeieinenten (Phosphor, Spurenelemenit<br />
stark verarmt, so daß sich kein Wald entwickeln kann i-<br />
S. 204, Campos Cerrados).<br />
l ä H<br />
i<br />
iiii<br />
1<br />
t : i<br />
_<br />
■<br />
Auslaugungsprozesse<br />
i- L i 1<br />
Bodenerosic<br />
i i<br />
ill ili ili ilM<br />
Stadium<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 12 h<br />
D Oberboden D Pisolith-Bildung ü Pisolith-Schichten<br />
0 Hydratisierte Pisolithschiohten<br />
DU Massive Lateritschichten (weich, durchlässig)<br />
@ Massive Lateritschichten (zementiert hart, <strong>und</strong>urchlässig)<br />
H Pallide Zone<br />
Q Saprolithische Zone (nicht ausgelaugt, anaerob)<br />
H Bereich <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserschwankungen (absinkend)<br />
B Bereich <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserschwankungen (stabil)<br />
!Tab. 12. Floristischer Reichtum einiger neotropischer Savannengebiete<br />
Gebiet Fläche (km^) Artenzahl<br />
Bäume <strong>und</strong><br />
Sträucher<br />
Llanos in<br />
Kolumbien<br />
Llanos in<br />
Venezuela<br />
Cerrados in<br />
Brasilien<br />
nach Sarmiento 1996<br />
Artenzahl<br />
Halbsträucher,<br />
Kräuter<br />
Artenzahl<br />
Gräser<br />
gesamte<br />
Artenzahl<br />
150 000 44 174 88 306<br />
250000 43 312 200 555<br />
2 000000 429 181 108 718<br />
Auf großen Verebnungen werden die kaum merklichen<br />
lieferen Reliefteile während <strong>der</strong> Regenzeit überschwemmt,<br />
<strong>und</strong> die Böden sind statmaß. Waldinseln wachsen nur auf<br />
den etwas höheren, nicht überschwemmten Flächen,<br />
während auf den nassen sich ein tropisches Grasland entwickelt.<br />
Es entsteht somit eine mosaikartige Parklandschaft<br />
mit Waldparzellen <strong>und</strong> Grasflächen, die ökologisch keine Savannen<br />
sind. Unter Savannen versteht man eine ökologisch<br />
homogene Pflanzengemeinschaft von zerstreut stehenden<br />
Holzpflanzen inmitten eines relativ trockenen Graslandes (s.<br />
S. 188f.). Viele Geographen fassen allerdings den Savannenbegrilf<br />
weiter.<br />
Man hat es somit im ZB II mit drei <strong>Vegetation</strong>stypen zu<br />
tun; 1. mit zonalen laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong>n, 2. mit relativ<br />
trockenen Savannen <strong>und</strong> 3. mit den in <strong>der</strong> Regenzeit nassen<br />
Parklandschaften. Viele Lateritkrusten sind fossil, das heißt,<br />
sie entstanden im Pleistozän, <strong>der</strong> geologischen Periode, die<br />
sich durch mehrere Vergletscherungsperioden auszeichnet.<br />
Diese Eiszeiten wirkten sich in <strong>der</strong> Wüstenzone <strong>der</strong> Sahara<br />
nicht ganz zeitparallel als Pluvialzeiten mit starken Regen<br />
aus, in <strong>der</strong> tropischen Zone dagegen, wie neuere pollenanalyiische<br />
Untersuchungen beweisen, bis in das ZB I als<br />
Trockenperioden, die zur Ausbildung von Lateritkrusten<br />
<strong>und</strong> noch heute vorhandenen Reliktsavannen selbst inmitten<br />
von immergrünen Regenwäl<strong>der</strong>n führten.<br />
Die Artenvielfalt in den Savannen ist wesentlich geringer<br />
als in den tropischen Regenwäl<strong>der</strong>n. Einige Beispiele<br />
neotropischer Gebiete werden in Tab. 12 angegeben.<br />
2 Zonale <strong>Vegetation</strong><br />
Das Zonobiom II kann nach <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Dürreperiode <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schläge in zwei Subzonobiome<br />
_ Im Zonobiom II sind<br />
auf den alten Gondwanaschildflächen<br />
oft Peinobiome<br />
entwickelt: Biome,<br />
die durch die starke Nährstoffarmut<br />
<strong>der</strong> alten Böden<br />
geprägt sind.
184 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
eingeteilt werden, <strong>und</strong> zwar in ein feuchtes <strong>und</strong> in ein<br />
trockenes. Die entsprechenden Klimadiagramme für Indien<br />
wurden auf Abb. 98 gezeigt. Es ist nicht zweckmäßig, für alle<br />
Kontinente bestimmte klimatische Grenzwerte anzugeben,<br />
dazu sind die Verhältnisse im einzelnen zu verschieden.<br />
Dem Klima entsprechend werden auch feuchte <strong>und</strong><br />
trockene zonale tropische laubabwerfende Wäl<strong>der</strong> unterschieden.<br />
Die zonalen Böden sind wohl noch zu wenig untersucht<br />
o<strong>der</strong> die Ergebnisse oft nicht allgemeingültig, um<br />
generelle Unterscheidungsmerkmale für die feuchten <strong>und</strong><br />
trockenen anzugeben. Sie gehören ebenso wie die von ZB:<br />
zur Gruppe <strong>der</strong> rotgefärbten ferrallitischen Böden, doch geh'<br />
die Si0 2 -Auswaschung in diesen Böden, die nur während<br />
<strong>der</strong> warmen Regenzeit naß sind, nicht so weit. Während da-<br />
Verhältnis SiOj/Al^O, bei ZB I unter 1,3 liegt, beträgt es beii:<br />
ZB II 1,7 bis 2. Auch die Sorptionskraft <strong>der</strong> zonalen Böden<br />
ist etwas größer, das heißt sie halten die für die Ernährung<br />
<strong>der</strong> Pflanzen wichtigen Ionen durch Adsorption besser fes:<br />
<strong>und</strong> sind deshalb nicht ganz so nährstoffarm.<br />
Der auffallendste Unterschied <strong>der</strong> zonalen <strong>Vegetation</strong> de-<br />
ZB II gegenüber ZB I ist <strong>der</strong> Laubabwurf, die jahresperiod:-<br />
sche Rhythmik. Es zeigt sich, daß in allen <strong>Klimazonen</strong> von<br />
den Baumarten stets <strong>der</strong> Blattbaufypus ausgebildet wird, de:<br />
die größte Produktion unter den jeweiligen Klimabedingungen<br />
gewährleistet. Die Blattorgane sind immer kurzlebige<br />
Gebilde, denn sie altern sehr rasch, das heißt sie Verlierer<br />
bald die Fähigkeit COj zu assimilieren, was ihre Hauptaul<br />
gäbe ist. Die Ursache dafür ist wahrscheinlich die Anbäi<br />
fting von Ballaststoffen, die im Transpirationsstrom gel(^<br />
dem Blatt zugeführt werden, ebenso wie von Stoffwechse,-<br />
nebenprodukten (Gerbstoffe, Alkaloide, Terpene etc.), di:<br />
allerdings oft auch noch eine abwehrende Rolle gegen Herbivoren<br />
haben können.<br />
Auch die immergrünen Bäume des ZB I werfen die alle<br />
Blätter bald ab, wenn die jungen funktionsfähig gewordt:<br />
sind. Bei einigen Arten hat man sogar im ZB I beobachte;<br />
daß sie in guten Regenjahren immergrün sind, dagegen btii<br />
Auftreten einer ungewöhnlichen Dürrezeit die Blätter berer<br />
vor dem Austreiben <strong>der</strong> Blattknospen verlieren, also eim<br />
kurze Zeit kahl sind. Im ZB II ist eine lange Dürrezeit norma<br />
die Regenzeit dagegen sehr feucht. Entsprechend bilden dt.<br />
Baumarten erst zu Beginn <strong>der</strong> Regenzeit sehr dürreempfin.'<br />
liehe große <strong>und</strong> dünne Blätter aus, für <strong>der</strong>en Aufbau sie<br />
niger Baustoffe pro Blattflächeneinheit benötigen als für d;<br />
dicken le<strong>der</strong>igen Blätter <strong>der</strong> Arten des ZB I. Obgleich die du:<br />
nen Blätter nur während <strong>der</strong> feuchten Jahreszeit CO, assin'
Zonale <strong>Vegetation</strong> 185<br />
lieren, ist doch durch das Einsparen von organischem Material<br />
die Jahresbilanz <strong>der</strong> Produktion günstiger. Für die COj-<br />
Assimilation, also die Produktion organischer Substanz, ist<br />
neben <strong>der</strong> Blattfläche die Assiinilationsintensität ausschlaggebend.<br />
Letztere ist beim dünnen Blatt höher.<br />
Der Wasserhaushalt <strong>der</strong> Bäume des ZB II ist während <strong>der</strong><br />
Regenzeit sehr ausgeglichen. Denn <strong>der</strong> Tagesgang <strong>der</strong> Transpirationskurve<br />
verläuft parallel zur Evaporationskurve <strong>und</strong><br />
weist kaum mittägliche Depressionen auf, die immer ein<br />
Anzeichen von beginnendem Wassermangel sind. Auch die<br />
osmotischen Zellsaftpotentiale <strong>der</strong> Blätter sind bei allen Arten<br />
relativ tief im Bereich von -0,7 bis -1,9 MPa. Zu Beginn<br />
<strong>der</strong> Dürrezeit macht sich eine Zunahme <strong>der</strong> Zuckerkonzentration<br />
in den Zellen <strong>der</strong> Blätter auf das Sechsfache bemerkbar<br />
(absolut um 0,2 MPa). Bald darauf tritt Vergilben o<strong>der</strong><br />
Austrocknen <strong>der</strong> Blätter ein.<br />
Frostschäden wurden an <strong>der</strong> Südgrenze des ZB II im südlichen<br />
Afrika in ungünstigen Jahren beobachtet (Ernst &<br />
Walker 1973). Das Austreiben <strong>der</strong> Jahrestriebe <strong>und</strong> die Entfaltung<br />
<strong>der</strong> Blätter erfolgt erst nach Einsetzen <strong>der</strong> Regen<br />
(Abb. 102). Aber es ist auffallend, daß die Blütenknospen<br />
vieler Baumarten sich vor dem ersten Regen öffnen. Da die<br />
Bliitenblätter nur eine kutikuläre, äußerst geringe Transpiration<br />
besitzen, so ist das mit einem kaum merkbaren Wasserverlust<br />
verb<strong>und</strong>en, dagegen wird die Bestäubung <strong>der</strong><br />
Blüten durch Insekten in dem noch kahlen Wald erleichtert.<br />
Der auslösende Faktor für den Blühbeginn dürfte das Maximum<br />
<strong>der</strong> Temperaturkurve sein, das gegen Ende <strong>der</strong> Dürrezeit,<br />
aber schon vor Beginn des Regens eintritt.<br />
Abb. 102.<br />
2mBeginn <strong>der</strong> Regenzeit ergrünen<strong>der</strong><br />
Colophcspermum mopane-Wald<br />
beim Victoria-Fall<br />
(phot. E . W a l t e r ) .
186 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Die ausgedehntesten Waldbestände des ZB II findet rnain<br />
den wenig besiedelten Teilen Afrikas südlich des Äqua_<br />
tors. Es sind die „Miombo"-Wäl<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Wasserscheide<br />
zwischen Indischem <strong>und</strong> Atlantischem Ozean <strong>und</strong> auf <strong>der</strong><br />
L<strong>und</strong>a-Schwelle südlich vom Kongobecken, wo es in de-<br />
Dürrezeit kein für die Siedlungen notwendiges Trinkwassegibt.<br />
An <strong>der</strong> Trockengrenze des ZB II ist das Auftreten de<br />
Baobabs o<strong>der</strong> Affenbrotbaumes (Adansonia digitata) sehr auffallend,<br />
in dessen unförmigem Stamm, <strong>der</strong> einen Umfan^<br />
von 20 m erreicht (Abb. 103), bis zu 120 000 Liter Wassi-r<br />
gespeichert werden. Man kann deshalb annehmen, daß er<br />
in blattlosem Zustand die Dürrezeit ohne Wasseraufnahrrii<br />
aus dem Boden überdauert. Auch in Südamerika <strong>und</strong> Australien<br />
treten zur selben Familie <strong>der</strong> Bombacaceae gehörende<br />
Flaschenbäume auf.<br />
Über die Produktion findet man einige Angaben bei Can<br />
NBL (1982), vgl. Tab. 13.<br />
Abb. 103.<br />
Sehr großer Baobab (Adansonia<br />
digitata) östlich Tsumeb (Namibia)<br />
(phot. S . - W . B r e c k l e ) .
Zonale <strong>Vegetation</strong> 187<br />
pab. 13. Quantitativer Vergleich zweier Trockenwäl<strong>der</strong><br />
1 Lichter Miombo-Wald in Zaire<br />
(11°37'S, 27°29'E, 1244 m NN)<br />
Baumarten: B r a c h y s t e g i a , P t e r o c a r p u s , M a r q u e s i a etc.<br />
Böden: Latosole<br />
BFI: 3,5<br />
Phytomasse oberirdisch: 144,8 t ha~' (davon Blätter<br />
2,6 t ha"')<br />
Phytomasse unterirdisch: 25,5 t ha”' (geschätzt)<br />
Nettoproduktion: Streufall 4-6 t •ha"' ■a"'<br />
Holzproduktion nicht bestimmt.<br />
2 Trockener Monsunwald in Indien<br />
(24°54'N, 83°E, 140-180 m NN).<br />
Baumarten: A n o g e i s s u s , D i o s p y r o s , B u d e n a n i a , P t e r o c a r p u s<br />
etc.<br />
Boden: Rotbrauner, lessivierter sandiger Lehm<br />
Phytomasse oberirdisch: 66,3 t ■ha"' (davon Blätter 4,7 t ■ha"')<br />
Phytomasse unterirdisch: 20,7 t ■ha"'(geschätzt)<br />
jährliche Nettoproduktion:<br />
Stämme <strong>und</strong> Zweige 4,40 t ■ha"' •a"'<br />
Blätter 4,75 t ■ha"' •a"'<br />
Unterwuchs 0,35 t ■ha"' •a"'<br />
Wurzeln (geschätzt) 3,40 t ■ha ' ■a"'<br />
Medina (1968) hat in Venezuela in einem laubabwerfenden<br />
Wald in 100 m NN (Jahrestemperatur 27,1 °C, Jahresiiie<strong>der</strong>schlag<br />
1334 mm) die Bodenatmung bestimmt. Sie war<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit dreimal intensiver als in <strong>der</strong> Dürrezeit.<br />
Sie entsprach einer jährlich abgebauten organischen<br />
Substanzmenge von im Mittel 11,2 t-ha"'. Der jährliche<br />
Sireufall betrug 8,2 t-ha"'. Die Differenz könnte <strong>der</strong> Wurzelatmung<br />
entsprechen.<br />
lii Thailand untersuchten Ogawa et al. (1961):<br />
1. Einen lichten Dipterocarpaceen-Trockenwald in 300 m<br />
Höhe mit licht stehenden etwa 20 m hohen Bäumen <strong>und</strong><br />
einer 20 bis 30 cm hohen Grasschicht.<br />
2. Einen feuchten gemischten laubabwerfenden Wald mit<br />
20 bis 25 m hohen Bäumen <strong>und</strong> spärlichem Graswuchs.<br />
Es wurden folgende Werte für die Phytomasse (t • ha"')<br />
<strong>und</strong> die Primärproduktion (t ha"'-a"') erhalten (BFI =<br />
Blattflächenindex):<br />
Waldtypen<br />
1<br />
2<br />
Phytomasse<br />
65,9<br />
77,0<br />
Produktion<br />
7,8<br />
8,0<br />
BFI<br />
4,3<br />
4,2
L<br />
188 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw, laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Die laubabwerfenden Wäl<strong>der</strong> werden von <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
für den Wan<strong>der</strong>ackerbau (shifting cultivation) jeweils drtbis<br />
fünf Jahre lang genutzt. Auf den aufgelassenen Flächt:<br />
wächst nach 10 bis 20 Jahren ein Sek<strong>und</strong>ärwald heran. Ä:-<br />
ter als 100 Jahre scheinen die Bäume nicht zu werden.<br />
3 Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser)<br />
Wie erwähnt, versteht man unter Savannen tropische Öko.<br />
Systeme, in denen in einem tropischen Grasland zerstreu'<br />
stehende Holzarten im Wettbewerb mit den Gräsern steht"<br />
(Abb. 104).<br />
Gräser <strong>und</strong> Holzarten sind zwei ökologisch antagonisiisehe<br />
Pflanzentypen, die sich meistens gegenseitig ausschlit<br />
ßen. Nur in den Tropen mit Sommerregen <strong>und</strong> auf tiefgründigen<br />
lehmigen Sanden stehen sie miteinan<strong>der</strong> in einen;<br />
ökologischen Gleichgewicht. Der Antagonismus wird durch<br />
die Verschiedenheit 1. des Wurzelsystems <strong>und</strong> 2. des Wasserhaushalts<br />
bedingt.<br />
1 Die Gräser besitzen ein sehr feinverzweigtes intensives<br />
Wurzelsystem, das ein kleines Bodenvolumen sehr dich;<br />
durchwurzelt. Es ist beson<strong>der</strong>s geeignet für feinsandigt<br />
Böden mit einer genügenden Wasserkapazität in Soramerregengebieten,<br />
in denen <strong>der</strong> Boden während <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
viel Wasser enthält.<br />
Die Holzarten haben dagegen ein extensives Wurzelsystem.<br />
Die groben Wurzeln streichen sehr weit horizonta,<br />
sowie in die Tiefe <strong>und</strong> durchwurzeln ein großes Boden-<br />
Volumen, aber nicht so dicht. Dieses Wurzelsystem be-<br />
Abb. 104.<br />
Acacia detinens-Savanne in SW-<br />
Afrika, Grasschicht nach <strong>der</strong><br />
Regenzeit bereits trocken (phot.<br />
E . W a l t e r ) . Man hat den Eindruck,<br />
als ob in <strong>der</strong> Ferne ein<br />
Wald wächst, aber es ist immer<br />
dieselbe Savanne.
währt sich beson<strong>der</strong>s in steinigen Böden, in denen das<br />
Wasser unregelmäßig verteilt ist, nicht nur in Sommerregengebieten,<br />
son<strong>der</strong>n auch in Winterregengebieten,<br />
wenn das Wasser versickert <strong>und</strong> im Sommer aus größerer<br />
Bodentiefe durch die Wurzeln aufgenommen werden<br />
muß. In Winterregengebieten spielen die Gräser deshalb<br />
keine Rolle.<br />
2 , Hinsichtlich des Wasserhaushalts zeichnen sich die typischen<br />
Gräser dadurch aus, daß sie bei günstiger Wasserversorgung<br />
sehr stark transpirieren, eine intensive Photosynthèse<br />
besitzen <strong>und</strong> viel organische Masse in kurzer<br />
Zeit produzieren. Wenn nach Abschluß <strong>der</strong> Regenzeit<br />
Wassermangel eintritt, wird die Transpiration nicht abgebremst,<br />
son<strong>der</strong>n sie geht weiter, bis die Blätter <strong>und</strong> meistens<br />
die ganzen oberirdischen Teile vertrocknen. Am<br />
Leben bleiben nur das Wurzelsystem <strong>und</strong> die Sproßvegetationskegel,<br />
wobei <strong>der</strong>en Meristemgewebe geschützt<br />
durch viele Hüllen von trockenen Blattscheiden eine lange<br />
Trockenzeit zu überdauern vermag. Der Boden kann<br />
dabei fast austrocknen. Erst nach den ersten Regen setzt<br />
neues Wachstum ein.<br />
Die Holzpflanzen dagegen, die ein großes Sproßsystem<br />
mit vielen Blättern besitzen, haben einen ausgeglichenen<br />
Wasserhaushalt. Bei den ersten Anzeichen von Wassermangel<br />
werden die Stomata geschlossen <strong>und</strong> damit wird<br />
die Transpiration stark reduziert. Verschärft sich <strong>der</strong> Wassermangel,<br />
so findet ein Blattabwurf statt. Während <strong>der</strong><br />
Trockenzeit bleibt nur das Achsengerüst mit den Knospen<br />
erhalten. Obgleich diese gegen Wasserverluste gut<br />
geschützt sind, haben Messungen doch ergeben, daß<br />
auch blattlose Zweige zwar eine sehr geringe, im Laufe<br />
von St<strong>und</strong>en aber meßbare Wasserabgabe aufweisen. Die<br />
Wasservorräte im Holz reichen nicht aus, um die Wasserverluste<br />
während <strong>der</strong> längeren Trockenzeit auszugleichen,<br />
das heißt die Holzpflanzen sind auch während <strong>der</strong><br />
Trockenzeit darauf angewiesen, eine gewisse, wenn auch<br />
sehr geringe Wassermenge aufzimehmen. Sie vertrocknen<br />
<strong>und</strong> sterben ab, wenn <strong>der</strong> Boden kein aufnehmbares<br />
Wasser enthält.<br />
Berücksichtigt man diese Unterschiede, so kann man das<br />
ökologische Gleichgewicht in <strong>der</strong> Savanne verstehen. Als<br />
Beispiel seien die Verhältnisse in Namibia bei allmählich<br />
zunehmenden Sommernie<strong>der</strong>schlägen in einem Gebiet mit<br />
ausgeglichenem Relief <strong>und</strong> feinsandigen Böden gewählt, die<br />
alles Regenwasser aufnehmen <strong>und</strong> den größten Teil speidiern<br />
(Abb. 105). Es handelt sich um das Zonoökoton II/III,<br />
Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser) 189
L.<br />
190 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Abb. 105.<br />
Schematische DaTstellunß des<br />
Übergangs vom Grasland<br />
(A <strong>und</strong> B) zur Strauch- (C) <strong>und</strong><br />
zur Baumsavanne (D). Erläuterung<br />
im Text.<br />
\\)%| Al'<br />
,A\i >• , iVl/ \'\l, ,A wui il.l el ,Wz. -W/<br />
ifiW ffiÄ<br />
das heißt um das Übergangsgebiet zwischen dem ZB II unt<br />
den Wüsten mit Sommerregen. Hier treten klimatische Savannen<br />
bei Nie<strong>der</strong>schlägen von 500 bis 300 mm im Jahr au<br />
bei einer etwa acht Monate langen Dürrezeit.<br />
Wenn <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schlag nur 100 mm beträgt (Ai<br />
wird das Wasser nicht sehr tief in den Boden eindringen. Ir<br />
den durchfeuchteten Bodenschichten wurzeln die kleiner<br />
Horstgräser, die alles gespeicherte Wasser verbrauchen titii<br />
dann nach <strong>der</strong> Regenzeit vertrocknen; am Leben bleibt ni:<br />
das Wurzelsystem mit den Sproßvegetationskegeln. Holzpflanzen<br />
können sich nicht halten, weil während <strong>der</strong> Dürre<br />
zeit kein für die Pflanzen aufnehinbares Wasser im Boden
Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser) 191<br />
vorhanden ist (H a lb w ü s te ). Bei einer Regenmenge von<br />
200 mm sind die Verhältnisse ähnlich (B); <strong>der</strong> Boden wird<br />
tiefer durchfeuchtet, die Horstgräser sind größer, aber auch<br />
sie verbrauchen alles Wasser (G rasland). Erst wenn die Nie<strong>der</strong>schlagsmenge<br />
auf 300 mm ansteigt (C), werden die Gräser<br />
am Ende <strong>der</strong> Regenzeit etwas Wasser im Boden übriglassen;<br />
diese kleine Wassermenge genügt nicht, um die<br />
Grasschicht grün zu erhalten, sie ermöglicht es jedoch kleinen<br />
Holzpflanzen die Dürrezeit zu überstehen, es bildet sich<br />
eine Strauchsavanne. Beträgt <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schlag 400<br />
mm (D), dann sind die am Ende <strong>der</strong> Sommerregenzeit im<br />
Boden verbleibenden Wassermengen größer, so daß sich<br />
einzelne Bäume einstellen <strong>und</strong> eine B a u m savan n e zustande<br />
kommt. Aber auch in dieser sind die Gräser noch <strong>der</strong><br />
überlegene Partner. Von ihnen hängt es ab, wieviel Wasser<br />
für die Holzpflanzen übrig bleibt, wobei dieser Anteil von<br />
Jahr zu Jahr stark schwanken kann.<br />
Erst wenn die Nie<strong>der</strong>schläge so hoch sind, daß die Baumkronen<br />
zusammenrücken <strong>und</strong> durch die Beschattung <strong>der</strong><br />
Grasschicht diese an <strong>der</strong> vollen Entfaltung hin<strong>der</strong>n, kehrt<br />
sich das Wettbewerbsverhältnis um. In den Savannenwäldcrn<br />
o<strong>der</strong> regengrünen tropischen Trockengehölzen werden<br />
die Holzpflanzen zum bestimmenden Wettbewerbspartner,<br />
<strong>und</strong> die Gräser müssen sich an die Lichtverhältnisse am Boden<br />
anpassen.<br />
Dieses labile Wettbewerbsgleichgewicht in <strong>der</strong> Savanne<br />
wird jedoch sehr leicht gestört, wenn <strong>der</strong> Mensch durch Beweidiing<br />
eingreift. Die Gräser werden abgefressen, damit<br />
hören die Wasserverluste durch <strong>der</strong>en Transpiration auf, es<br />
verbleibt nach <strong>der</strong> Regenzeit mehr Wasser im Boden <strong>und</strong><br />
dieses kommt den Holzpflanzen (meist Acacia-Anen) zugute,<br />
die sich üppig entwickeln, reich fruchten. Die Baumkeimlinge<br />
leiden nicht unter <strong>der</strong> Konkurrenz <strong>der</strong> Graswurzeln; die<br />
Baumsamen werden mit dem Kot des Viehs, das die Hülsen<br />
frißt, ausgebreitet. Manche Arten bilden zusätzlich Wurzelschößlinge.<br />
Die meist dornigen Sträucher wachsen so dicht<br />
heran, daß eine Verbuschung eintritt, das heißt, die Weide<br />
wird wertlos.<br />
Die Verbuschung ist eine schwere Gefahr in allen nicht<br />
rationell beweideten Gebieten. Deswegen ist <strong>der</strong> Dornbusch<br />
als Ersatzgesellschaft heute weiter verbreitet als die klimatische<br />
Savanne, zum Beispiel auch in den ariden Teilen Indiens,<br />
in N-Venezuela <strong>und</strong> auf den vorgelagerten Inseln {Curaçao<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e). Ist das Gebiet dichter besiedelt <strong>und</strong><br />
werden die Holzpflanzen als Brennholz o<strong>der</strong> für dornige<br />
Umhegung <strong>der</strong> Krale gegen Raubwild verwendet, so ent-
a m<br />
i<br />
192 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
steht meistens eine anthropogene Wüste, die sich ni j<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit mit annuellen Gräsern bedeck: ;<br />
Während <strong>der</strong> Trockenzeit hungert das Vieh, denn es hat n;<br />
die strohigen Reste <strong>der</strong> Gräser als schlechtes Futter zur Ver<br />
fügung. Solche Verhältnisse herrschen zum Beispiel ii<br />
Sudan. Natürliche Savannen sind noch aus Mittelargentin,<br />
en mit Prosopis als Holzart bekannt, ebenl'alls bei 400 bi<br />
200 mm Regen.<br />
An<strong>der</strong>s vollzieht sich <strong>der</strong> Übergang aul steinigen Böde:<br />
Auf diesen sind die Holzpflanzen den Gräsern absolut übt:<br />
legen; Gräser fehlen ganz. Mit abnehmenden Nie<strong>der</strong>schla<br />
gen werden die Holzpflanzen immer kleiner <strong>und</strong> rücke<br />
weiter auseinan<strong>der</strong>, weil je<strong>der</strong> Strauch mehr Wurzelraur<br />
benötigt, <strong>und</strong> die Wurzeln flach verlaufen; denn nur dk<br />
oberen Bodenschichten werden befeuchtet.<br />
An <strong>der</strong> Grenze zum ZB III verbleiben nur wenige kleir,<br />
Zwergsträucher mit xerophilen Anpassungen (Zwerp<br />
Strauchhalbwüste).<br />
Beson<strong>der</strong>e Verhältnisse herrschen auf zweistöckigen Bi<br />
den (siehe unten), wie zum Beispiel in Namibia, wo dan:<br />
bei einem Jahresnie<strong>der</strong>schlag von nur 185 mm noch dm<br />
Buschsavanne wächst (Abb, 106).<br />
Bei dieser Regenmenge wäre auf tiefgründigem sandigen-,<br />
Boden reines Grasland zu erwarten; doch zeigt das Boden<br />
profil unter einer 10 bis 20 cm mächtigen Sandschicht anstehenden<br />
Sandstein <strong>der</strong> Fischflußformation, <strong>der</strong> entwe<strong>der</strong><br />
feingeschichtet ist mit kleinen Spalten o<strong>der</strong> grobgebankt mii<br />
größeren Spalten. Die obere Sandschicht hält nicht da'<br />
ganze Regenwasser zurück, ein Teil versickert in die Spalten<br />
des Sandsteins. Die Gräser nutzen das Wasser in <strong>der</strong> Sand-<br />
Schicht aus, die Wurzeln <strong>der</strong> Büsche dringen dagegen in den<br />
tieferen Sandstein ein <strong>und</strong> verbrauchen das in den Spalten<br />
enthaltene Wasser. Die Wasservorräte in den Spalten de',<br />
feinschichtigen Sandsteins reichen nur für den kleinen Rhi-<br />
Catophractes<br />
1 a V<br />
Rhigozum<br />
Rhigozum<br />
Rhigozur<br />
Abb. 106.<br />
Linienprofil (Im breit) durch<br />
eine typische <strong>Vegetation</strong>sfiäche<br />
bei Voigtsgr<strong>und</strong> (Namibia). Gräser<br />
während <strong>der</strong> Trockenzeit<br />
dürr. Darunter Pfianzendecke im<br />
Gr<strong>und</strong>riß (ohne Gräser). Ca Catophractes,<br />
Rh Rhigozum (f abgestorben).<br />
1 -<br />
2 -<br />
3 -<br />
4 -<br />
5<br />
0<br />
tR h<br />
10 m L — vfRh<br />
% t R h<br />
Rh^ R6)<br />
Rt^
i)£)Z«m-Busch. Mit den Wurzeln in den Spalten des großgebankten<br />
Sandsteins kann <strong>der</strong> größere Catophractes-Strauch<br />
gedeihen. Die Verteilung <strong>der</strong> Sträucher spiegelt also die<br />
Struktur des Sandsteins wi<strong>der</strong> <strong>und</strong> findet sich in ähnlicher<br />
Weise dort, wo die deckende Sandschicht fehlt. Zwischen<br />
den Büschen besteht ein Wettbewerb. In größeren Spalten<br />
können beide Arten keimen, aber die größere verdrängt mit<br />
<strong>der</strong> Zeit die kleinere, von <strong>der</strong> nur die toten Reste übrig bleiben.<br />
Ein Wettbewerb zwischen Gräsern <strong>und</strong> den Holzarten<br />
findet in diesem Falle nicht statt.<br />
Im ZÖ II/III treten zonale Savannen anstelle <strong>der</strong> laubabwerfenden<br />
Wäl<strong>der</strong> auf, wenn die Jahresnie<strong>der</strong>schläge für<br />
letztere zu gering sind. Im ZB II dagegen, wo trotz genügend<br />
hoher Nie<strong>der</strong>schläge <strong>der</strong> Boden zu wenig Wasser während<br />
<strong>der</strong> Dürrezeit für das Überleben eines Waldes enthält, breiten<br />
sich zonale Savannen aus. An<strong>der</strong>erseits schließt auch ein<br />
Zuviel an Wasser während <strong>der</strong> Regenzeit, das heißt Staunässe<br />
ein Wachstum <strong>der</strong> Holzpflanzen aus. Es bildet sich dann<br />
ein reines Grasland, das in <strong>der</strong> Dürrezeit austrocknen kann<br />
<strong>und</strong> das für die Parklandschaften typisch ist. In Abb. 100 (A<br />
bis D) ist dies erläutert.<br />
Bei <strong>der</strong> Abb. 100 A handelt es sich um ein leicht hügeliges<br />
Gebiet <strong>der</strong> nördlichen Kalahari mit tiefgründigem Sand.<br />
Das Haftwasser bei Feldkapazität ist relativ gering, so daß ein<br />
großer Teil des Regenwassers versickert <strong>und</strong> das Haftwasser<br />
nur für eine Savannenvegetation ausreicht. Aber stellenweise<br />
sind Lateritkrusten (schwarz) vorhanden, die als Staukörper<br />
ein Versickern des Wassers verhin<strong>der</strong>n. Liegt die Kruste<br />
relativ tief (links), dann kann sich über dem feuchten Sand<br />
ein dichtes Gehölz o<strong>der</strong> ein Trockenwald entwickeln. Bei geringer<br />
Tiefenlage <strong>der</strong> Kruste in einer Nie<strong>der</strong>ung ist <strong>der</strong> Boden<br />
darüber staunaß <strong>und</strong> es wächst nur Gras mit Ausnahme<br />
eines verlassenen Termitenhügels (T), <strong>der</strong> besser dräniert ist<br />
<strong>und</strong> Baumwuchs ermöglicht.<br />
Auf Abb. 100 B ist eine durchgehende Lateritkruste im<br />
Sandboden vorhanden, die links eine Mulde bildet, über <strong>der</strong><br />
sich auch seitlich zufließendes Sickerwasser sammelt. Der<br />
Boden ist gut durchlüftet <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Tiefe feucht, so daß <strong>der</strong><br />
zonale Laubwald günstige Verhältnisse vorfindet; in <strong>der</strong> Mitte<br />
ist eine Nie<strong>der</strong>ung mit Grasland, die während <strong>der</strong> Regenzeit<br />
überschwemmt wird, rechts auf etwas höheren Reliefteilen<br />
mit tonigen, basengesättigten Böden ist das Grasland<br />
mit einigen an schwere Böden angepaßten Holzarten (Mopane,<br />
Balanites, Flötenakazien) durchsetzt.<br />
Im Gegensatz zu Abb. 100 B liegt die durchgehende Kruste<br />
bei Abb. 100 C überall gleich tief <strong>und</strong> <strong>der</strong> darüberliegende<br />
Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser) 193
194 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Abb. 107.<br />
Durch wie<strong>der</strong>holtes Austrocknen<br />
des B-Horizonts (bei I) <strong>und</strong> Abtragung<br />
des Oberbodens verhärtet<br />
die eisenoxidreiche Schicht<br />
(Plinthit) irreversibel zu „Ironstone“(Latent)<br />
(nach S c h u l t z<br />
1990, aus T h o m a s 1974). Die<br />
harten Lateritkrusten können<br />
Spülflächen „zementieren" <strong>und</strong><br />
tragen so zur Stufenbildung<br />
(bei II) an Berghängen bei<br />
(Tafelbergbildung).<br />
Boden ist in <strong>der</strong> Regenzeit wassergesättigt (schräg schraffien<br />
<strong>und</strong> mit Grasland bewachsen, nur auf kleinen Erhebungen<br />
ist <strong>der</strong> Boden besser dräniert <strong>und</strong> trägt eine Baumsavanr.'<br />
(links) o<strong>der</strong> bei größerem Wurzelraum ein Gehölz. Gañí<br />
rechts ist eine Vertiefung mit offenem Gr<strong>und</strong>wasserspiegt<br />
am Rand des Wasserbeckens entwickelt sich ein Röhricht.<br />
Abb. 100 D zeigt die <strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung wie<strong>der</strong> in t:-<br />
nem wenig Wasser haltenden Sandgebiet mit einer Savanne<br />
in <strong>der</strong> die Holzpflanzen während <strong>der</strong> Dürre bis zum Bode:<br />
abtrocknen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Regenzeit wie<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Siammk<br />
sis o<strong>der</strong> als Wurzelschößlinge austreiben. Dort wo Laterii<br />
krusten in verschiedener Tiefe liegen, entwickelt sich au;<br />
den Erhebungen je nach den Wasserverhältnissen cir<br />
Gehölz o<strong>der</strong> ein Savannenwald bzw. in <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>ung ei:<br />
Vley mit Sumpfvegetation, die während <strong>der</strong> Dürrezeit austrocknen<br />
kann. Über seitlich abfließendem Überschußwas<br />
ser am Rande <strong>der</strong> Kruste kann auch etwas Baumwuchs au:<br />
treten. Man erkennt somit, wie je nach Lage <strong>der</strong> Kruste<br />
Wald <strong>und</strong> Savanne abwechseln o<strong>der</strong> bei staunassen Böde:<br />
Parklandschaften entstehen.<br />
Die verhärtete Schicht des B-Horizonts wird an Hängr<br />
nicht selten durch Erosion freigelegt. Sie führt zur Bilduii,<br />
von T afelb erg en . Am Rande dieser Berge führt die Stufenbildung<br />
zu Steilhängen, wie dies in <strong>der</strong> Entwicklung ir<br />
Abb. 107 gezeigt ist.<br />
Auf die durch Nährstoffarmut <strong>der</strong> Böden bedingten Savannen<br />
kommen wir später zurück (s. S. 204).<br />
Es gibt noch weitere Faktoren, die eine Savannenvegetation<br />
begünstigen, wie zum Beispiel F euer (s. S. 122), die<br />
Großwildherden <strong>und</strong> die verschiedenen Eingriffe des Menschen.<br />
Das Feuer ist im Klimagebiet des ZB 11 als ein natür-<br />
Oberboden<br />
Tiefe (r<br />
A-Horizont - o<br />
Gesteinszersatz-<br />
BC-Horizunt<br />
Zone<br />
Ausgangs- „ ,, .<br />
gestein C-Horizont
lieber Faktor lange vor dem Erscheinen des Menschen wirksam<br />
gewesen. Gewitter leiten meistens die Regenzeit ein; da<br />
um diese Zeit viel trockenes Gras vorhanden ist, kann durch<br />
Blitzschlag leicht ein Brand entstehen. Die Häufigkeit solcher<br />
Brände beweisen die vielen Pyrophyten, das heißt<br />
Holzarten, die gegen Feuereinwirkung wi<strong>der</strong>standsfähig<br />
sind. Die Baum- o<strong>der</strong> Strauchartra besitzen oft eine dicke<br />
Borke, die nur angekohlt wirtT<strong>und</strong> das Kambium schützt,<br />
o<strong>der</strong> die Sträucher haben über dem Wurzelhals im Boden<br />
schlafende Knospen, die austreiben, wenn die oberirdischen<br />
Sproßteile verbrennen. Viele Arten haben unterirdische<br />
Speicherorgane, die verliolzen können (Lignotuber) <strong>und</strong><br />
eine rasche Regeneration ermöglichen.<br />
Grasbrände hat schon <strong>der</strong> primitive Mensch <strong>der</strong> Urzeit<br />
angelegt, um sich <strong>und</strong> seine Siedlungsplätze vor <strong>der</strong> Gefahr<br />
überraschen<strong>der</strong> durch Blitzschlag verursachter Feuer zu<br />
schützen. Denn bei dem hohen Wuchs <strong>der</strong> Gräser in den<br />
letichteren Zonen breiten sich die Brände mit großer Geschwindigkeit<br />
<strong>und</strong> Gewalt aus. Heute ist das Abbrennen<br />
während <strong>der</strong> Trockenzeit zur allgemeinen Unsitte geworden,<br />
um die Jagd auf Großwild zu erleichtern, o<strong>der</strong> um Ungeziefer<br />
(aber auch Schlangen etc.) zu vernichten. Nach einem<br />
Grasbrand treiben die Gräser früher aus, was für die ßeweidung<br />
anfangs günstig ist.<br />
Die Grasbrände können nur in Trockenwäl<strong>der</strong> mit Grasuntcrwuchs<br />
eindringen, aber sie drängen auch den Feuchtwald<br />
am Rande zurück. Vor allem verhin<strong>der</strong>n sie jedoch,<br />
daß <strong>der</strong> Wald verlorengegangenes Gelände wie auch die gerodeten<br />
<strong>und</strong> nachträglich vergrasten Flächen wie<strong>der</strong><br />
zurückerobert.<br />
Auch im Norden Venezuelas spielt neben <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />
<strong>und</strong> den Nährstoffverteilungen das Feuer eine<br />
wichtige Rolle beim Gleichgewicht zwischen Byrsonima crasiifolia<br />
(mit sehr niedriger Dichte) <strong>und</strong> den ausdauernden<br />
C4-Gräsern Trachypogon vestitus <strong>und</strong> Axonopus canescens<br />
(Abb. 112). Aber auch zwischen den beiden Gräsern besteht<br />
ein sehr labiles Gleichgewicht, das iNCUAUSit (1995) durch<br />
Verpflanzungsversuche untersucht hat. Nur unter absolutem<br />
Schutz ersetzt Axonopus allmählich Trachypogon.<br />
Ein sehr wesentlicher Faktor für die Savannen ist die B e-<br />
w eidung durch Großwild (A n<strong>der</strong>son et al. 1973). Der<br />
ßaumjungwuchs wird durch Verbiß <strong>und</strong> Tritt vernichtet.<br />
Ganz beson<strong>der</strong>s waldfeindlich sind die Elefanten. Sie reißen<br />
Bäume aus o<strong>der</strong> entrinden die Stämme. Elefantenfährten<br />
lichten den Wald <strong>und</strong> erlauben den Grasbränden, in den<br />
Wald einzudringen. Ein Elefant kann im Mittel vier Bäume<br />
Savannen (Bäume <strong>und</strong> Gräser) 195
196 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
— Alle Eingriffe wie<br />
Brand, Beweidung, Rodungen<br />
im Rahmen des<br />
Wan<strong>der</strong>ackerbaues (shifting<br />
cultivation) o<strong>der</strong><br />
Brennholzgewinnung<br />
richten sich gegen den<br />
Wald,<br />
pro Tag vernichten. Die Baumverluste in Miombo-Wäl<strong>der</strong>erreichen<br />
bis 12,5 % pro Jahr. In den Naturschutzgebietn<br />
nimmt die Zahl <strong>der</strong> Elefanten rasch zu. Der Murchison-Parl<br />
am Albertsee wird durch Elefanten mit <strong>der</strong> Zeit immer mehr<br />
entwaldet. In <strong>der</strong> Serengeti scheint dagegen ein Gleichgt.<br />
wicht zwischen Wildschäden <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong>sregeneratio;<br />
zu bestehen. Es ist auffallend, daß in dem wildreichen Afrika<br />
viele Holzpflanzen <strong>der</strong> Savannen dornig sind, währenc<br />
das im wildarmen Südamerika <strong>und</strong> Australien nicht <strong>der</strong>Fal<br />
ist. Das spricht für eine Auslese von vor Wildverbiß ge.<br />
schützten Arten.<br />
Eine indirekte Beeinflussung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> komn--<br />
durch Wildpfade zustande, die leicht eine Furchenerosior<br />
einleiten. Das gilt vor allem für Nilpferde, die nachts air<br />
dem Wasser die Flußufer hinaufklettern, um auf den Grarflächen<br />
zu weiden.<br />
Durch die Erosionsfurchen kann eine nasse Gnsfläche<br />
dräniert werden, was wie<strong>der</strong>um ein Vordringen <strong>der</strong> Gehöbt<br />
ermöglicht. Eine Zusammenfassung dieser vielfachen Einwirkungen<br />
des Großwildes findet man bei Cumming (1982).<br />
Noch größer ist die Einwirkung des Menschen, sowohl<br />
<strong>der</strong> Tierzüchter als auch <strong>der</strong> Ackerbauern.<br />
Die Beweidung <strong>der</strong> Savannen nördlich vom Äquator begann<br />
mindestens vor 7000 Jahren. Wäl<strong>der</strong> sind in diesem.<br />
Gebiet nur noch in kleinen Resten vorhanden; ein großer<br />
Teil <strong>der</strong> Savannen dürfte deshalb sek<strong>und</strong>ärer Natur sein<br />
(H opkins 1974).<br />
Zusammenfassend werden folgende Savannentypen unterschieden:<br />
1. Fossile Savannen, die unter früher an<strong>der</strong>en Verhältnissen<br />
entstanden, im Bereich des ZB I<br />
2 . Klimatische Savannen im Bereich des ZÖ II/III bei Jahresnie<strong>der</strong>schlägen<br />
unter 500 mm<br />
3. Edaphische Savannen, das heißt durch die Bodeneigenschaften<br />
bedingte Savannen des ZB II<br />
a) Auf Böden, <strong>der</strong>en Wasserbilanz durch Staukörpe:<br />
(Lateritkrusten, Lehmschichten, verdichtete Schluifo<strong>der</strong><br />
Sandschichten) ungünstiger ist als es de:<br />
Regenmenge nach sein sollte<br />
b) Auf Böden, die primär so nährstoffarm sind, dal-<br />
Wäl<strong>der</strong> auf ihnen nicht wachsen könnet, (vgl.<br />
S. 204).<br />
c) Innerhalb von Parklandschaften mit vernässten Böden<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit als beson<strong>der</strong>er Typus dei<br />
Palmsavannen (vgl. S. 198).
4. Sek<strong>und</strong>äre Savannen als Folge von Bränden, Einwirkung<br />
von Großwild <strong>und</strong> den verschiedenen Eingriffen<br />
des Menschen.<br />
Um was für einen Savannentypus es sich im Einzelfall handelt,<br />
läßt sich nicht durch Augenschein feststellen, son<strong>der</strong>n<br />
erfor<strong>der</strong>t eine eingehende Untersuchung.<br />
P arklandschaften 197<br />
4 Parklandschaften<br />
Bei sehr ebenem Gelände bilden sich im ZB II meist Parklandschaften<br />
aus. Bedingt wird diese Landschaft durch im<br />
Gelände kaum auffallende Unterschiede des Reliefs, die man<br />
während <strong>der</strong> Dürrezeit nicht wahrnimmt. Bei starken Regenfällen<br />
im Sommer werden alle tieferen Reliefteile überschwemmt,<br />
weil das Wasser erst nach Monaten abfließt.<br />
Diese Biotope werden von Grasland eingenommen; die Böden<br />
sind grau, während auf den höheren nicht überschwemmten<br />
Teilen, auf denen die Gehölze stocken, die Böden<br />
tiefgründige, rote sandige Lehme sind. Das Flußsystem<br />
beginnt hier auf <strong>der</strong> Wasserscheide mit kaum eingesenkten<br />
<strong>und</strong> mit Rasen bewachsenen Streifen, die sich unterwärts<br />
vereinigen <strong>und</strong> allmählich bei stärkerem Gefälle in eingeschnittene<br />
Bach- <strong>und</strong> Flußbetten übergehen (vom Flugzeug<br />
aus gut zu erkennen).<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Ausbildung ist die T e rm ite n -S a v a n n e ,<br />
unter <strong>der</strong> man weite mit Gras bedeckte Senken versteht, aus<br />
denen als Inseln breite, verlassene Termitenhaufen herausragen,<br />
die nicht überschwemmt werden <strong>und</strong> die sich deshalb<br />
mit Baumwuchs bedecken. Es handelt sich um ein Mosaik<br />
von zwei verschiedenen Gesellschaften (Abb. 108), also keine<br />
eigentliche Savanne.<br />
Abb. 108.<br />
„ Termiten-Savanne ", zeitweise<br />
überschwemmtes Grasland mit<br />
Baumwuchs auf alten Termiten <br />
haufen in NW-Kenya (phot. E.<br />
W a l t e r ) .
L<br />
1<br />
198 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Die tieferen Senken mit schwarzen Tonen als »Mbuga<br />
bezeichnet, sind ein beson<strong>der</strong>es Amphibiom mit wechst<br />
feuchten Böden <strong>und</strong> einer harten Eisenkonkretionsschich<br />
in 50 cm Tiefe. Da die potentielle Evaporation die übt-<br />
1000 mm betragende Regenmenge bei weitem übertriii;<br />
trocknet <strong>der</strong> Tonboden im August bis Dezember bis zu 50 cit<br />
tief aus <strong>und</strong> wird durch tiefe Spalten in Polygone zerteii-<br />
Solche Biotope sind für Baumarten ungeeignet. Bäuirwachsen<br />
nur dort, wo <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel stets unu-<br />
3 m liegt. In dieser Tiefe befindet sich auch die Lateritkrus;<br />
<strong>und</strong> ebenso tief reichen die Wurzeln <strong>der</strong> Bäume.<br />
Im Gegensatz zu <strong>der</strong> Termiten-Savanne ist die Palrasa<br />
vanne eine homogene Pflanzengemeinschaft. Palmen besir<br />
zen als verholzende Monokotyledonen ein büscheliges Wur<br />
zelsystem aus gleichen, sich kaum verzweigenden Wurzdr<br />
die sich radial weit ausbreiten, so daß die Palmen einzeln ii<br />
Grasland stehen. Sie vertragen eine zeitweise Überschwemmung.<br />
Die Böden <strong>der</strong> Palmsavannen dürften während dr<br />
Dürrezeit weniger stark austrocknen als die <strong>der</strong> reinen Grav<br />
landflächen, doch liegen keine Untersuchungen über dk<br />
Wettbewerbsverhältnisse zwischen Palmen <strong>und</strong> Gräsern vi<br />
(vgl. „Palmares" S. 203).<br />
In sehr offenen Savannen stehen die Bäume weit auseinan<strong>der</strong><br />
als isolierte Einzelbäume. B elsky & Canham (1994'<br />
haben diese Situation mit <strong>der</strong> <strong>der</strong> Baumlücken (gaps) u,<br />
Wäl<strong>der</strong>n verglichen (Abb. 109). Beides sind Beispiele’lü:<br />
Lücken-Parzelle<br />
Abb. 109.<br />
!m Vergleich zwischen Einzelbaum<br />
in <strong>der</strong> Savanne <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Baumfallücke im Regenwald<br />
gibt es bemerkenswerte Parallelen<br />
in <strong>der</strong> Ausprägung des<br />
„Inselbiotops" (nach B e l s k y &<br />
Canham 1994).<br />
Baumbeeinflußte Parzelle
Beispiele großflächiger Savannengebiete 199<br />
Tab. 14. Vergleich einiger Prozesse in Waldlücken eines geschlossenen Waldes<br />
jnd bei Einzelbäumen im Grasland (Idiotop-Vergleich)<br />
Waldlücke (gap)<br />
isolierter Baum in <strong>der</strong><br />
Savanne<br />
Entstehung<br />
Ä^größerung<br />
"verschwinden<br />
meist plötzlich<br />
(episodisches Sturmereignis)<br />
selten durch Astfall o<strong>der</strong><br />
Stammwurf benachbarter<br />
Bäume<br />
meist rasch durch Zuwachsen<br />
durch benachbarte Bäume<br />
langsam (Keimung,<br />
Sämlingsetablierung)<br />
graduell durch Vergrößerung<br />
<strong>der</strong> Krone<br />
unter Umständen sehr plötzlich<br />
durch Absterben des<br />
Baumes<br />
"Zeitdauer kurz (5-30 Jahre) lang (Lebenszeit des Baumes,<br />
meist weit über 50 Jahre)<br />
'"Resourcendynamik<br />
meist nur kurze, zusätzliche<br />
Nährstofffreisetzung<br />
meist ständige Bevorzugung<br />
durch Wild <strong>und</strong> Eintrag von<br />
außen (Detritus)<br />
Sek<strong>und</strong>ärsukzession nur in großen Waldlücken selten erkennbar<br />
Ökologische Wirkung in<br />
die Umgebung<br />
nach Belsky & Canham 1994<br />
kurze Reichweite (5-20 m)<br />
größere Reichweite<br />
(50-100 m)<br />
Idiotope. Die durch einen Baumwurf im Wald beeinflußte<br />
Fläche <strong>und</strong> ihre Dynamik bis zum Kronenschluß <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />
die durch den Einzelbaum dominierte Fläche im<br />
Grasland <strong>und</strong> ihre Entwicklung zu einer Baumgruppe o<strong>der</strong><br />
zu baumfreiem Graslaitd werden in Tab. 14 als gegensätzliche<br />
Strukturelemente verglichen.<br />
5 Beispiele großflächiger Savannengebiete<br />
Nicht nur in Afrika nördlich <strong>und</strong> südlich des Äquators, son<strong>der</strong>n<br />
auch in Südamerika sind sehr weite savannenartige Vegelationsformen<br />
am Orinoko, in Zentral- <strong>und</strong> Ostbrasilien<br />
<strong>und</strong> im Chaco-Gebiet verbreitet.<br />
Entlang des Gradienten vom perhumiden tropischen Regenwald<br />
bis zur extrem trocken tropischen Wüste än<strong>der</strong>t<br />
sich <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sbestände gr<strong>und</strong>legend; auch<br />
die Bedeutung <strong>der</strong> jeweiligen Lebensformen ist sehr unterschiedlich.<br />
Ellenberg (1975) hat dies in einem allgemeinen<br />
Schema (Abb. 110) zusammengestellt, das für die Tieflagen<br />
<strong>der</strong> Anden gilt, aber prinzipiell auch übertragbar ist auf<br />
an<strong>der</strong>e Gebiete mit ähnlichen Gradienten. Im folgenden<br />
werden einige Beispiele großflächiger Savannen herausgegriffen.
200 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
perhumid euhumid subhumid semihumid semiarid<br />
<strong>Vegetation</strong><br />
subarid euarid perarid<br />
mesomorpher schwachxerom. saisonierter halbimmergrüner<br />
immergrüner Tieflands-Tropenwald Tiefl.-Tropenwald<br />
Lebensformen<br />
Bäume weichte<strong>der</strong>blättrig-immergrün |<br />
I----------------------------- ---------------------------- - regengrün<br />
¥<br />
Epiphyten<br />
Lianen<br />
Chamaephyten immergrün<br />
Sträucherweichl.-immergrün<br />
regengrüner extrem xerom. tropische tropsche<br />
Tiefl.Tropenw. Busch-Halbwüste Wüste<br />
hartlaubig-immergrün<br />
hartlaubig-immergrün<br />
regengrün<br />
Hemikryptophyten_ _ Thero- Geophyten<br />
Abb. 110.<br />
Form ationsglie<strong>der</strong>ung u n d L e<br />
bensform enverteilung ln den<br />
Ticßagen des Ä ndenvorlandes<br />
entlang eines K lim agradienten<br />
(nach E l l e n b e r g 1975).<br />
a Llanos am Orinoko<br />
Die Llanos liegen in Venezuela in 100 in NN in einer Becken<br />
landschaft, die noch im Tertiär ein Meer war. Sie nehmen aul<br />
dem linken Ufer des unteren Orinoko eine Breite von 400 ktr<br />
ein <strong>und</strong> setzen sich noch 1000 km in Columbien fort. Diese<br />
Becken wurde von den Flüssen mit den Verwitterungsprn<br />
dukten <strong>der</strong> Anden zugeschüttet. Das Klima <strong>der</strong> zentralen Lla<br />
nos um Calabozo (s. Diagramm auf Abb. 90) ist für das Zono<br />
biom II sehr typisch: Jahresnie<strong>der</strong>schlag über 1300 mm<br />
Regenzeit sieben Monate, Dürrezeil fünf Monate. Es wäre so<br />
mit ein feuchter laubabwerfen<strong>der</strong> Wald in diesem Gebiet zl<br />
erwarten. Er ist auch in typischer Ausbildung vorhanden,<br />
aber nur in Form von vereinzelten sehr kleinen Wäldchenden<br />
„Matas". Die tiefen Llanos, die an den Fluß grenzen iint<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit überschwemmt werden, sind, wie«<br />
ZB II üblich ein reines Grasland (Bäume nur auf den Ufetwällen<br />
als Galeriewald). Sonst ist die Fläche von einem em:<br />
50 cm hohen Grasland bedeckt mit zerstreut stehenden kleinen<br />
Bäumchen (Curatella, Byrsonima, Bowdichia), also eine typische<br />
Savanne. Da diese nicht klimatisch bedingt sein kan:<br />
(dazu sind die Nie<strong>der</strong>schläge zu hoch), kommen nur edaph;-<br />
sehe Ursachen, also die Bodenverhältnisse in Frage.
Beispiele großflächiger Savannengebiete 201<br />
Die oft geäußerte Annahme, daß es sich um eine durch<br />
Feuer aus Wald entstandene anthropogene Savanne handelt,<br />
ist die einfachste, aber auch unkritischste. Die Savanne bestand<br />
schon vor <strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> Weißen. Die Indianer hatten<br />
sie we<strong>der</strong> als Acker- noch als Weideland genutzt. Brände<br />
kommen in Graslän<strong>der</strong>n durch Blitzschlag immer vor. Sicher<br />
werden die Indianer das trockene Gras öfters angezündet haben,<br />
aber das konnten sie nur, weil natürliches Grasland<br />
schon vorhanden war. Das Feuer hat die Savanne mitgeformt,<br />
indem nur feuerresistente Holzarten im Grasland<br />
<strong>und</strong> am Rande <strong>der</strong> Matas wachsen, jedoch war es nicht die<br />
primäre Ursache für diese riesigen Grasflächen. In den zentralen<br />
Llanos wurde nachgewiesen, daß zu einer Zeit, als das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser in <strong>der</strong> Beckenlandschaft noch sehr hoch stand,<br />
eine Lateritkruste entstand, die durch Eisenhydroxid zementiert<br />
wurde. Man bezeichnet sie dort als „Arecife"<br />
(Abb. 111). Sie zieht sich in wechseln<strong>der</strong>, aber geringer Tiefe<br />
(am häufigsten 30 bis 80 cm tief) unter <strong>der</strong> Bodenoberfläche<br />
hin, sinkt selten unter 150 cm, tritt aber auch an die Oberfläche<br />
o<strong>der</strong> wird herauserodierl. Die Undurchlässigkeit <strong>der</strong><br />
Arecife für Wasser stimmt in diesem Falle nicht; denn<br />
während <strong>der</strong> Sommerregenzeit fallen in drei Monaten<br />
750 mm Regen. Diese Mengen kann <strong>der</strong> Boden über <strong>der</strong> Arecile<br />
nicht aufnehmen; es müßte also eine Überschwemmung<br />
<strong>der</strong> tischebenen Fläche eintreten, was nicht <strong>der</strong> Fall ist. Auch<br />
die rote Färbung des Bodens spricht gegen lange Staunässe.<br />
Dafür wurde ein Gr<strong>und</strong>wasseranstieg unter <strong>der</strong> Arecife von<br />
-575 cm bis aut -385 cm, also um fast 2 m, am Endo <strong>der</strong> Regenzeit<br />
festgestellt. Nimmt man ein Porenvolumen <strong>der</strong> alluvialen<br />
Ablagerungen von etwa 50 % an, so würde das bedeuten,<br />
daß etwa 300 mm vom Boden über <strong>der</strong> Arecife<br />
zurückgehalten werden <strong>und</strong> 1000 mm durchsickern. An eiw<br />
~<br />
3'85 m Gr<strong>und</strong>wasser am Ende <strong>der</strong> Regenzeit<br />
^85 m _____ Gr<strong>und</strong>wasser vor Beginn <strong>der</strong> Regenzeit<br />
Abb. 111.<br />
Schem a z u r D eutung <strong>der</strong> W asserverhältnisse<br />
ln den Llanos<br />
nördlich vom O rinoko. U nter <strong>der</strong><br />
Arecife ist <strong>der</strong> wechselnde<br />
G r<strong>und</strong>w asserspiegel n u r fü r<br />
Tiefw iirzler erreichbar (nach<br />
<strong>Walter</strong> 1990).
1<br />
1<br />
202 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
ner durch Erosion am Flußufer freigelegten Arecife konir ;<br />
man deutlich erkennen, daß ganz unregelmäßige Gänge ar<br />
einzelnen Stellen durch die harte Kruste hindurchführe!<br />
Die Gräser wurzeln in dem feinkörnigen Boden über <strong>der</strong> Art<br />
cife <strong>und</strong> verbrauchen etwa 300 mm Regenwasser für ihre<br />
Entwicklung. Die Holzpflanzen aber stehen dort, wo ihrear<br />
<strong>der</strong> Arecife-Oberfläche entlang wachsenden Wurzeln einer<br />
Gang durch die Arecife finden <strong>und</strong> durch diesen dann in dk<br />
darunterliegenden feuchten Gesteinsschichten gelangen<br />
Dort steht ihnen Wasser in genügen<strong>der</strong> Menge zur Verfügung.<br />
Sind die Gänge sehr groß o<strong>der</strong> liegen sie dicht beieinan<strong>der</strong>,<br />
so kann darüber eine Baumgruppe wachsen; kleint<br />
Waldbestände findet man dagegen nur dort, wo stellenwciM<br />
die Arecife ganz fehlt o<strong>der</strong> sehr tief liegt, so daß die dem K!<br />
ma entsprechende <strong>Vegetation</strong> sich entwickelt, das heißt ei:<br />
laubwerfen<strong>der</strong> Wald. Man muß somit diese Savanne als eins<br />
stabile, natürliche Pflanzengemeinschaft betrachten, bei <strong>der</strong><br />
die Baumverteilung die Arecife-Struktur wi<strong>der</strong>spiegel;<br />
Dafür sprechen folgende Tatsachen:<br />
1. Dort, wo die Arecife oberflächlich ansteht, fehlt die Gra<<br />
decke, aber vereinzelte Bäumchen in größeren Abstär<br />
den wachsen auf ihr; in diesem Falle müssen die Wune<br />
durch die Arecife in den Boden darunter reichen.<br />
2 . Curatella bleibt während <strong>der</strong> Trockenzeit, im Gegensatz zt<br />
dem sonstigen Verhalten <strong>der</strong> Holzpflanzen in <strong>der</strong> typischen<br />
Savanne grün, ein Zeichen, daß ihre Wasserversorgung<br />
das ganze Jahr gut ist. Transpirationsmessungen ergaben,<br />
daß ein Bäumchen in <strong>der</strong> Dürrczcit etwa 10 Litt;<br />
pro Tag transpiriert; da <strong>der</strong> Boden über <strong>der</strong> Arecife in dieser<br />
Zeit trocken ist, muß das Wasser aus den Bodenschichten<br />
unter <strong>der</strong> Arecife stammen. Dasselbe gilt auch<br />
für die an<strong>der</strong>en Holzarten.<br />
Wo die Wäldchen (Matas) wachsen, fehlt lokal die Areti<br />
fe, so daß die Baumwurzeln ungehin<strong>der</strong>t tief in den Boden<br />
eindringen können.<br />
Den endgültigen Beweis könnten nur Wurzelausgrabur.<br />
gen auf größeren Flächen erbringen, die jedoch sehr<br />
schwierig auszuführen sind. Ein Sprengen <strong>der</strong> Arecife mi:<br />
Dynamit müßte zur Ausbreitung <strong>der</strong> Gehölze führen. Ir<br />
den Savannen <strong>der</strong> Llanos sind leichte Senken eingestreut,<br />
in die das Wasser nach starken Regengüssen<br />
(1961: 38 mm in 20 Minuten) abfließt <strong>und</strong> in denen<br />
graue Tone zur Ablagerung kommen, so daß das Wasser<br />
in den Senken während <strong>der</strong> Regenzeit etwa 30 cm tie:<br />
steht. Gegen Ende <strong>der</strong> Dürrezeit trocknet <strong>der</strong> graue Boden<br />
völlig aus.
Beispiele großflächiger Savannengebiete 203<br />
Diese Wechselfeuchtigkeit halten gewisse Gräser (Leersia.<br />
Oryza, Paspalum <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) gut aus, nicht dagegen die<br />
Baiiniarten, mit Ausnahme <strong>der</strong> Palmen. Es bilden sich dann<br />
die „Palmares", Grasland mit <strong>der</strong> Palme Copernicia tectorum,<br />
also Palmsavannen, die auch im tropischen Ai'rika weit verbreitet<br />
sind. Auch diese Flächen brennen oft ab, aber Palmen<br />
halten das Feuer aus (ebenso wie Baumfarne), denn sie haben<br />
kein Kambium, das beschädigt werden könnte. Die toten,<br />
den Stamm umhüllenden Blätter <strong>der</strong> Palmen verbrennen,<br />
die äußeren Leitbündel verkohlen; diese Kohleschicht<br />
wirkt bei späteren Bränden isolierend. Der von jungen Blättern<br />
umgebene <strong>Vegetation</strong>skegel bleibt erhalten. Fehlen alte<br />
Blätter am Stamme ganz, so ist es ein Zeichen, daß erst vor<br />
kurzem die Palmsavanne abbrannte; umhüllen sie den<br />
Stamm bis zum Boden, so war die Palme noch keinem<br />
Brand ausgesetzt gewesen; ist nur <strong>der</strong> untere Stammteil<br />
kahl, so ist die Palme seit dem letzten Brand eine Reihe von<br />
Jahren in die Höhe gewachsen.<br />
Ein Teil des Wassers muß von den mit Palmen bestandenen<br />
Flächen abfließen; denn sonst würden die Böden verbracken,<br />
da einer Regenmenge von 1300 bis 1500 mm eine<br />
potentielle Evaporation von 2428 mm gegenübersteht, das<br />
heißt die hydrologische Wasserbilanz ist negativ. Bei einer<br />
dauernden Vernässung <strong>der</strong> Böden tritt die Mauritia minor-<br />
Palme auf. Es bilden sich schwarze, saure torfige Böden mit<br />
einigen Gräsern, Rhynchospora, Jussieua, Eriocaulon <strong>und</strong> den<br />
insektivoren Drosera-Arten (Sonnentau) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Auch<br />
diese Flächen sind ebenso wie das bereits erwähnte wechselfeuchte<br />
Grasland eine beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Helobiome<br />
<strong>und</strong> Amphibiome.<br />
Heute wird jährlich abgebrannt, um die Weideflächen zu<br />
verbessern. Dies synchronisiert natürlich die verschiedenen<br />
Grasarten in ihrem Wachstum. Die zeitliche Einnischung <strong>der</strong><br />
Biomassenproduktion ist dann deutlich (vgl. Abb. 112).<br />
Abb. HZ.<br />
Der Jahresrhythmus grüner Biomasse<br />
von sechs dominanten<br />
Grasarten <strong>der</strong> venezolanischen<br />
Llanos nach dem dort üblichen<br />
Brand im März zeigt eine enge<br />
zeitliche Einnischung <strong>der</strong> Grasarten<br />
(schraffiert: Blütezeit)<br />
(nach S a r m i e n t o 1996).<br />
schwarz = Andropogon semiberbis:<br />
schwarz punktiert = Axonopus<br />
canescens: blau = Elyonurus<br />
adustus; blau punktiert =<br />
Leptocoryphium lanatum: blau<br />
gestrichelt = Sporobolus cubensis:<br />
schwarz gestrichelt = Trachypogon<br />
vestitus.
204 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Weiter im Osten gehen die Llanos in eine Ebene überiri:<br />
sandigen Ablagerungen des Orinoko, <strong>der</strong> früher hier na(<br />
Norden umbog <strong>und</strong> durch die Unare-Nie<strong>der</strong>ung ins Karii<br />
sehe Meer mündete.<br />
Die oft ganz weißen Quarzsande sind Verwitterungspre<br />
dukte <strong>der</strong> quarzitischen Sandsteine <strong>der</strong> Guayana-Tafelberg<br />
die denen des brasilianischen Schildes entsprechen un.-<br />
ebenso fast nährstofffrei sind. Ähnliche ausgelaugte Qiiar,<br />
böden kommen auf an<strong>der</strong>en alten Gondwanaflächen eber.<br />
falls vor. Die Savannen, zum Teil auch reine Glasflächen<br />
dürften auf ähnliche Ursachen zurückzuführen sein, wie di<br />
Campos cerrados.<br />
b Campos Cerrados<br />
Es handelt sich bei diesen um eine savannenähnliche Vegt<br />
tation, die eine Fläche von zwei Millionen Quadratkilomeii.<br />
in Zentralbrasilien bedeckt (Eiten 1982). Der Deckungsgn<br />
des 4 bis 9 m hohen Baumbestandes schwankt von 3 % bi<br />
zu 30 %. Das Klima mit Jahresnie<strong>der</strong>schlägen von 1100!<br />
2000 mm zeichnet sich durch eine fünfmonatige Dürrezr<br />
aus. Rawitscher (1948) hat sich als erster mit dem Wasse:<br />
haushalt dieser Savannen befaßt <strong>und</strong> nachgewiesen, daß dt:<br />
tiefgründige Boden schon in 2 m Tiefe dauernd feucht bleibi<br />
so daß die tiefer wurzelnden Holzarten stets genügend Wav<br />
ser zur Verfügung haben, immergrün bleiben <strong>und</strong> aucl<br />
während <strong>der</strong> Dürrezeit stark transpirieren. Nur die Gräx<br />
<strong>und</strong> flachwurzelnden Arten vertrocknen während <strong>der</strong> Dürre<br />
o<strong>der</strong> werfen die Blätter ab. Die Böden sind VerwiUtrungsprodukte<br />
<strong>der</strong> Granite <strong>und</strong> Sandsteine des brasiliai:-<br />
sehen Schildes <strong>und</strong> sehr nährstoffarm vor allem ar<br />
Phosphor, aber auch an Kalium, Zink <strong>und</strong> Bor. Das ergabt:<br />
Kulturen von Baumwolle, Mais <strong>und</strong> Soja mit verschiedener<br />
Düngergaben. Daß nicht <strong>der</strong> Wasserfaktor, son<strong>der</strong>n d;.<br />
Nährstoffarmut die Ausbildung <strong>der</strong> zonalen laubabwerlenden<br />
Wäl<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>t, ergibt die Tatsache, daß in <strong>der</strong> Näht<br />
von Sao Paulo auf Basaltböden ein zonaler halbimmergri.<br />
ner Wald wächst. Die Campos cerrados wurden regelmällu<br />
abgebrannt. Das Vorhandensein vieler Pyrophyten zeigt, da:-<br />
Teuer auch hier ein natürlicher Faktor seit Urzeiten war<br />
Brände verringern die Dichte <strong>der</strong> Bestände, aber sie sina<br />
nicht die eigentliche Ursache für das Fehlen einer geschloisenen<br />
Waldvegetation (Coutinho 1982).<br />
c Das Chaco-Gebiet<br />
Es handelt sich um den westlichsten Teil des ZB 11 in Südamerika<br />
eine riesige Ebene zwischen dem brasilianischr
1<br />
Beispiele großflächiger Savannengebiete 205<br />
Schild im Osten <strong>und</strong> den vorandinen Gebirgsketten im Westen.<br />
Der zentrale Teil dieser Ebene liegt nur etwa 100 m<br />
über dem Meeresspiegel. Die Ebene erstreckt sich von S-Bolivien,<br />
den größten Teil von Paraguay <strong>und</strong> weit nach W-Argentinien<br />
hinein über 1500 km von Norden nach Süden bei<br />
einer mittleren Breite von 750 km (H ueck 1966).<br />
Während <strong>der</strong> starken Sommerregen werden große Teile<br />
<strong>der</strong> Ebene namentlich im östlichen Teil überschwemmt<br />
IJahresnie<strong>der</strong>schlag 900 bis 1200 mm). Es handelt sich um<br />
eine Parklandschaft mit Wald, weiten periodisch überschwemmten<br />
Grasflächen, Palmsavannen o<strong>der</strong> Sümpfen. Im<br />
mittleren Teil treten neben <strong>der</strong> Parklandschaft auch trockene<br />
Savannen auf. Der westliche Teil in Argentinien ist stark<br />
verbuscht, <strong>und</strong> es kommen auch Salzpfannen mit den Halophyten<br />
Allenrolfea <strong>und</strong> Heterostachys vor. Der südliche Chato<br />
leitet zur Pampa über. Das Relief ist sehr flach, im Boden<br />
kommen wasser<strong>und</strong>urchlässige Schichten vor; die <strong>Vegetation</strong><br />
ist vorwiegend eine Prosopis-Savanne mit einer Grasschicht<br />
aus Elionurus muticus <strong>und</strong> Spartina argentinensis. Die<br />
Hauptbaumarten <strong>der</strong> Chaco-Wäl<strong>der</strong> sind stark gerbstoffhaltige<br />
Quebracho-Arten Aspidosperma quebracho-blanco (Schiiwpsis<br />
quebracho-colorado <strong>und</strong> S. balansae <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e). Von<br />
den Palmen ist Trithrinax campestris häufig, während für<br />
feuchte Senken Copernicia alba typisch ist.<br />
Die Säugetierfauna ist nicht zahlreich. Termitenfresser<br />
sind Myrmecophaga tridactyla <strong>und</strong> Tamandúa tetradactyla. Von<br />
Raubtieren sind o<strong>der</strong> waren <strong>der</strong> Jaguar (Leo onca), Puma (Felis<br />
concolor) <strong>und</strong> viele kleinere Arten vertreten. Zahlreich sind<br />
die Nagetiere; auf Bäumen findet man das Faultier Bradypus<br />
boHviensis, drei Affenarten (Cebidea), das Baumstachelschvvein<br />
(Coenda spinosus) <strong>und</strong> die Mustelide Eira barbara,<br />
dazu kommen viele Insectivore o<strong>der</strong> sich von Früchten <strong>und</strong><br />
Blüten ernährende Fle<strong>der</strong>mäuse sowie <strong>der</strong> blutsaugende<br />
Vampir Desmodus rot<strong>und</strong>as.<br />
Von den Vögeln sei <strong>der</strong> große Laufvogel Rhea americana<br />
genannt, die Reptilien sind durch zwei selten gewordene<br />
Kaimanarten, drei Schildkrötenarten, einige Giftschlagen<br />
(insgesamt 25 Schlangenarten) <strong>und</strong> verschiedene Eidechsen<br />
vertreten; von Anuren kennt man bisher 30 Arten. Dazu<br />
kommen zahllose Wirbellose.<br />
Ökosystemforschungen wurden wohl noch nicht in Angrilf<br />
genommen. Die Haupteingriffe des Menschen entstehen<br />
durch Abholzung <strong>und</strong> Beweidung, die zur Verbuschung<br />
lühren kann.<br />
Eine kurze Zusammenfassung mit Literaturangaben liegt<br />
von Bücher (1982) vor.
206 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
d Savannen <strong>und</strong> Parklandschaften Ostafrikas<br />
Dieses am Fuße <strong>der</strong> großen Vulkane liegende Gebiet mi<br />
dem Riesenkrater Ngoro-Ngoro, dem ostafrikanischen Gra<br />
benbruch <strong>und</strong> <strong>der</strong> weiten Serengetifläche ist in weiten Krei<br />
sen bekannt, vor allem durch den Wildreichtum, <strong>der</strong> viel<br />
leicht auch mit den nährstoffreichen vulkanischen Bödei<br />
<strong>und</strong> damit besserem Pflanzenfutter zusammenhängt. Abc<br />
in diesem äquatorialen Gebiet mit Tageszeitenklima <strong>und</strong> ei<br />
nem Monsunklima treten zwei Regenzeiten auf, eine kleine<br />
<strong>und</strong> eine große. Meist sind diese nur durch eine kurze Düt<br />
rezeit getrennt, was hydrologisch günstiger ist. Sie wirkci,<br />
sich ähnlich wie eine Sommerregenzeit aus, so daß man hier<br />
bei Jahresnie<strong>der</strong>schlägen um 800 mm ähnliche Savannen<br />
<strong>und</strong> Parklandschaften antrifft wie im ZB II.<br />
Rodung, jährliche Brände <strong>und</strong> Überweidung haben die<br />
Pflanzendecke stark beeinflußt; infolgedessen sind verschie<br />
dene Degradationsstadien verbreitet. Oft wird von einer<br />
„Obstgartensteppe" gesprochen, die aber eine typische<br />
Baumsavanne ist. Wenn das Klima trockener wird bzw. an<br />
trockenen Felsstandorten treten große Kandelaber-Euphorbien<br />
<strong>und</strong> A/oé-Arten auf.<br />
e <strong>Vegetation</strong> des australischen ZB II<br />
Mit Ausnahme von wenigen kleinen Relikten von laubabwerfenden<br />
Wäl<strong>der</strong>n in NE-Australien mit indomalaiischen<br />
Florenelementen <strong>und</strong> einigen laubabwerfenden Eucalyptuy<br />
Arten in N-Australien, die jedoch fast bedeutungslos sind,<br />
gibt es diesen <strong>Vegetation</strong>stypus nicht. Aber Parklandschalten,<br />
auch mit Palmen, sind im Bereich des ZB II verbreitet,<br />
doch mit immergrünen Eucalyptus-Antn. Etwas südlicher<br />
kommen bei geringeren Jahresnie<strong>der</strong>schlägen Savannen mit<br />
decken<strong>der</strong> Grasschicht aus Heteropogon contortus (ebenfalk<br />
mit immergrünen Eukalypten) vor.<br />
In <strong>der</strong> ausführlichen <strong>Vegetation</strong>smonographie von B ead-<br />
LE (1981) kommt die Bezeichnung „Savanne" nicht vor. Im<br />
Gegensatz dazu rechnen die australischen Forscher Walkfr<br />
Er G ilu so n (1982) zu Savannen alle lichten Wäl<strong>der</strong>, wenn<br />
die Gräser <strong>der</strong> Krautschicht eine Deckung von über 2 % haben,<br />
wozu man die meisten lichten Eucalyptus-Y^alAer rechnen<br />
müßte.<br />
6 Ökosystemforschung<br />
Gräser <strong>und</strong> Bäume sind die Komponenten in <strong>der</strong> Savanni',<br />
Die Artenzahl <strong>der</strong> Gräser ist relativ gering, bedeutsamer ist<br />
ihre Biomasse, bei den Leguminosen ist es umgekehri
Ökosystemforschung 207<br />
Biomasse<br />
Artenzahl<br />
2 7 ,9 %<br />
Abb. 113.<br />
Die relative Biomasse <strong>und</strong> die<br />
prozentualen Artenzahlen <strong>der</strong><br />
wichtigsten Pflanzenfamilien in<br />
<strong>der</strong> afrikanischen Savanne<br />
(nach M ü l l e r 1991).<br />
1 7 ,8 %<br />
16,2 %<br />
5 ,4 %<br />
Commelinaceae | 3 ,8 %<br />
3 ,8 %<br />
25,1 %<br />
(Abb. 113). Dazu kommen dann aber noch zahlreiche weitere<br />
seltenere Arten (etwa 25 %), <strong>der</strong>en Biomasse aber nur<br />
etwa 1,5 % ausmacht.<br />
Zwei Savannenökosysteme, die ökologisch untersucht<br />
wurden, sollen kurz erläutert werden. Eines davon, die<br />
Lamto-Savanne, liegt in Westafrika <strong>und</strong> ist eine Reliktsavanne<br />
im Regenwaldgebiet, das an<strong>der</strong>e, die Nylsvley-Savanne,<br />
liegt in Südafrika. Sie grenzt im Westen an die Kalahari. .<br />
a Lamto-Savanne<br />
Diese Savanne liegt in <strong>der</strong> Guineawaldzone (Gebiet Elfenbeinküste)<br />
bei 5°W <strong>und</strong> 6 °N, also noch im ZB 1. Sie wird<br />
jedes Jahr abgebrannt, so daß <strong>der</strong> an sie angrenzende Regenwald<br />
nicht vorrücken kann, selbst wenn die Bodenverhältnisse<br />
es erlauben würden. Der mittlere Jahresnie<strong>der</strong>sdilag<br />
beträgt 1300 mm. Auf dem Klimadiagramm ist eine
L _ _<br />
208 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw, laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Dürrezeit von nur einem Monat - im August - zu erkenntr<br />
aber <strong>der</strong> Witterungsablauf schwankt von Jahr zu Jahr stan<br />
die Regenmenge liegt im Bereich von 900 bis 1700 mm p:<br />
Jahr. Auf dem höheren Teil des Reliefs wächst eine Baur<br />
o<strong>der</strong> Strauchsavanne auf roten Savannenböden md Lateri;<br />
konkretionen. In tieferen Teilen des Reliefs dagegen wach<br />
sen Palmsavannen auf staunassen Böden.<br />
Die verschiedenen Pflanzengemeinschaften wurden v(j:<br />
M enault & Cesar (1982) untersucht (vgl. Tab. 15).<br />
Mit den Konsumenten <strong>und</strong> Destruenten dieser Savanne<br />
beschäftigte sich Lamotte (1975): Großwild kommt nur spi<br />
radisch vor. Die Zoomasse (je in kg-ha^') <strong>der</strong> Vögel betrag'<br />
0. 2.bis 0,5; die von zwölf Nagetierarten 1,2; die <strong>der</strong> Regen<br />
Würmer 0,4 bis 0,6. Die Masse <strong>der</strong> Termiten (gras-, humus<br />
o<strong>der</strong> holzfressende) konnte ebenso wie die an<strong>der</strong>er Wirbel<br />
loser nicht bestimmt werden.<br />
Die Bodenatmung, die als Maß <strong>der</strong> Mikroorganismenaktivität<br />
dient, wurde mit 8 t COj • ha“' im Jahr ermittelt. Dt:<br />
Versuch, den Energiefluß beim Abbau festzustellen (Lamoi-<br />
TE 1982), ergab folgendes:<br />
1. Durch das Jährliche Feuer wird etwa 1/3 <strong>der</strong> Primärproduktion<br />
mineralisiert.<br />
2. Von den Konsumenten gefressen wird wahrscheinlich<br />
weniger als 1 % <strong>der</strong> Primärproduktion; auch <strong>der</strong> Abbau<br />
<strong>der</strong> Detritusfresser mit <strong>der</strong> Hauptgruppe <strong>der</strong> Regenwürmer<br />
ist wenig wirksam.<br />
3. 80 % <strong>der</strong> Primärproduktion wird durch Mikroorganismen<br />
abgebaut, so daß die Darstellung des Energieflusses als<br />
Pyramide sehr fraglich erscheint. Damit bestätigt sich, daß<br />
Tab. 15 Ökosystemare Kenngrößen (Extremwerte)<br />
einer niedrigen Strauchsavanne (erste Zz.il)<br />
<strong>und</strong> einer dichten Baumsavanne (zweite Zahl)<br />
Zahl <strong>der</strong> Holzpflanzen pro ha<br />
Deckung <strong>der</strong> Holzpflanzen<br />
Blattflächenindex<br />
Phytomasse oberirdisch (t -ha“')<br />
Phytomasse unterirdisch<br />
120<br />
7 %<br />
0,1<br />
7,4<br />
3,6<br />
Nettohoizproduktion (t -ha ' -a“')<br />
dto., oberirdisch<br />
0,12<br />
dto., unterirdisch<br />
0,05<br />
Nettoproduktion <strong>der</strong> Blätter <strong>und</strong> grünen Sprosse 0,43<br />
Nettoproduktion <strong>der</strong> Grasschicht (t-ha ' -a“')<br />
dto., oberirdisch 14,9<br />
dto., unterirdisch 19,0<br />
800<br />
45 %<br />
1,0<br />
54.2<br />
26,6<br />
0,76<br />
0,37<br />
5,53<br />
.4,5<br />
12.2
Ökosystemforschung 209<br />
<strong>der</strong> lange Kreislauf über die Konsumenten quantitativ<br />
fast bedeutungslos ist (s. S. 109f.).<br />
Viele launistische Angaben für die einzelnen in den Savannen<br />
vertretenen Tiergruppen findet man in dem von B ourutRE<br />
(1983; herausgegebenen Band.<br />
b Nylsvlev-Savanne<br />
Die Versuchsfläche liegt nördlich von Johannesburg (etwa<br />
auf dem 24°S) im „Nylsvley Nature Reserve" <strong>und</strong> umfaßt<br />
745 ha; davon sind 130 ha steinige Böden (H untley & M o r<br />
ris 1978, Huntley & W alker 1982).<br />
Die Klimaverhältnisse gehen aus dem Klimadiagramm in<br />
Abb. 114 hervor. Es handelt sich um ein relativ trockenes<br />
tropisches Klima mit Sommerregen (ZB II), einem Jahresnie<strong>der</strong>schlag<br />
von 610 mm (vereinzelt sogar mit Frösten bis<br />
-6 °C in den Monaten Mai bis September).<br />
Die nährstoffarmen Böden sind sandige Latosole (pH = 4)<br />
<strong>und</strong> durch Verwitterung aus Gesteinen <strong>der</strong> Waterberg-Serie<br />
entstanden (B-Horizont in 30 bis 130 cm Tiefe, sein Tongehalt<br />
6 bis 15 %).<br />
Die <strong>Vegetation</strong> ist eine bis 14 m hohe Burkea africam-Era-<br />
¡¡rostis pu/Zeiis-Baumsavanne. Die laubabwerfenden domi-<br />
Mosdene 1097 m, 609,5 mm<br />
Nylstroom 1143 m, 18,3°<br />
Abb. 114.<br />
Kombiniertes Klimadiagramm<br />
von Mosdene <strong>und</strong> Nylstroom unweit<br />
<strong>der</strong> Versuchsfläche (a = absol.<br />
Maximum, b = mittleres tägliches<br />
Maximum des wärmsten<br />
Monats, c - mittlere tägliche<br />
Temperaturschwankung, d =<br />
aride Jahreszeit, e = mittleres<br />
tägliches Minimum des kältesten<br />
Monats f+ 1,3 °C),<br />
f = Monate mit möglichem Frost,<br />
g = abs. Minimum, p = Regenkurve,<br />
t = Temperaturkurve, w<br />
= humide Jahreszeit (aus W a i <br />
t e r 1 9 9 0 , nach H u n t l e y &<br />
M o r r is 1 9 7 8 ).
"1 „if-ti<br />
210 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
nanten Bäume sind außer Burkea, Terminalia sericea sowii<br />
Combretum molk die Sträucher Oehna pulchra <strong>und</strong> Grewiafla.<br />
vescens. Der Kronenschluß beträgt 27,5 % (20 bis 60 %). Aul<br />
den Flächen, die bis vor 50 Jahren von Eingeborenen besiedelt<br />
waren, ist <strong>der</strong> Boden dichter, reicher an N, P sowie K<br />
<strong>und</strong> trägt eine sek<strong>und</strong>äre Acacia tortilis-A. nilotica-Dkhrostachys<br />
cinerea-Domsavanne (Kronenschluß 10 %) mit vorwiegend<br />
Eragrostis lehmanniana in <strong>der</strong> Grasschicht.<br />
Die oberirdische Phytomasse <strong>der</strong> holzigen Produzenten in<br />
<strong>der</strong> Swrfefl-Baumsavanne beträgt 16,3 t ■ha"' <strong>und</strong> zwar<br />
14,9 t-ha"' an Stämmen <strong>und</strong> Ästen 0,3 t-ha"' an Zweigen<br />
<strong>und</strong> 1,1 t-ha"’ an Blättern; dazu kommen 1,9 t-ha“’ an totem<br />
Holz. Der Blattflächenindex ist 0,8.<br />
In <strong>der</strong> Grasschicht spielen die Kräuter keine wesentliche<br />
Rolle. Die Gräser stehen unter den Baumkronen lockerer ah<br />
zwischen den Bäumen. Die Phytomasse <strong>der</strong> Grasschichi<br />
schwankt kleinflächig sehr stark <strong>und</strong> ist auch in den einzelnen<br />
Jahren je nach Regenfall verschieden. Messungen in<br />
den drei Jahren haben Maximalwerte von 235 g-m"^ zwischen<br />
den Bäumen <strong>und</strong> von 62 g - m"^ unter den Kronen ergeben,<br />
die Minimalwerte waren 141 <strong>und</strong> 16 g-m'^.<br />
Für die unterirdische Phytomasse werden 15,5 t-ha'<br />
angegeben; zwischen den Bäumen entfällt davon die Hälfte<br />
auf die Wurzeln <strong>der</strong> Gräser. 75 % <strong>der</strong> Wurzelmasse befinden<br />
sich in den oberen 20 cm des Bodenprofils. Von den Wurzeln<br />
sind im Sommer 13 % <strong>und</strong> im Winter 30 % tot.<br />
Der Streitfall betrug in <strong>der</strong> Burkea-Savanne vom<br />
7.4. 1977 bis zum 14. 11. 1977 insgesamt 160 g-m“^ (davon<br />
waren 84,8 % Blattstreu, 9,4 % Zweige, 5,5 % Früchte <strong>und</strong><br />
Samen, 0,3 % Borke <strong>und</strong> Knospenschuppen). Je 35 % <strong>der</strong><br />
Streu stammten von Burkea <strong>und</strong> Oehna. Die jährliche Streiiproduktion<br />
wird mit 170 g-m “^ angegeben.<br />
Am 18. 10. 1976 betrug die gesamte Streumenge auf dem<br />
Boden 1853 g - m"^ <strong>und</strong> nahm bis zum 12. 7. 1977 auf<br />
1342 g - m"^ ab.<br />
Von Mikroorganismen wurden die üblichen Keimzählungen<br />
auf Platten gemacht, wobei die Zahl <strong>der</strong> Actinomyceten<br />
auffallend hoch war. Die Aktivität <strong>der</strong> Bodenorganismen<br />
wurde durch ATP-Bestimmungen <strong>und</strong> Bodenatmungsmessungen<br />
ermittelt. Gef<strong>und</strong>en wurde eine COj-Tagesausscheidung<br />
von 1866 mg CO^-m"^ in 24 St<strong>und</strong>en (Minimum im<br />
August 226 mg <strong>und</strong> Maximum im Januar 4367 mg).<br />
Weitere ausführliche Angaben zur südafrikanischen Savanne<br />
gibt Huntley & Walker (1982). Die Biomasse in den<br />
verschiedenen Burkea-Savannm ermittelte Rutherford<br />
(1982).
c Tierwelt<br />
Die Fauna <strong>der</strong> ßtir^eu-Baumsavanne <strong>und</strong> die <strong>der</strong> Acacia-<br />
Dornbuschsavanne weist sowohl für die Wirbeltiere als auch<br />
für die Wirbellosen auffallend große Unterschiede auf.<br />
Im gesamten Schutzgebiet kommen iS Amphibienarten<br />
vor (in <strong>der</strong> Nyi-Flußnie<strong>der</strong>ung), im Versuchsgelände sind es<br />
elf Arten; weit vom Wasser entfernt findet man sowohi die<br />
Kröte Bufo garmani, afs auch die Frösche Breviceps mosamhicus<br />
<strong>und</strong> Kassina senegalensis. An Reptilien wurden auf <strong>der</strong> Versuchsfläche<br />
3 Schildkröten-, 19 Eidechsen- <strong>und</strong> 26 Schlangenarten<br />
festgestellt.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Vogelarten im gesamten Schutzgebiet ist 325,<br />
davon 197 ständige. Im Versuchsgebiet sind es 120 Arten<br />
(14 Raubvögel, 71 Insektenfresser, 4 Beerenfresser, 10 Körnertresser<br />
<strong>und</strong> 26 Omnivore), Von den 62 Säugetierarten des<br />
Schutzgebietes wurden 46 auf <strong>der</strong> Versuchsfläche registriert.<br />
Am zahlreichsten sind die Nagetierarten, dazu kommen je<br />
eine Art <strong>der</strong> Stachelschweine, <strong>der</strong> Warzenschweine sowie <strong>der</strong><br />
Schakale <strong>und</strong> zwei Affenarten.<br />
Von den beson<strong>der</strong>s wichtigen Paarhufern seien genannt:<br />
Kudu (Tragelaphus strepsiceros), Impala (Aepyceros melampus),<br />
Deuker (Sylvicapra grimmia) <strong>und</strong> Steinbock (Raphicerus campesiris).<br />
Die Bestimmung <strong>der</strong> Individuenzahl bzw. <strong>der</strong> lebenden<br />
Zoomasse ist schwierig <strong>und</strong> gelang nur in wenigen Fällen<br />
annähernd. An Schlangen werden drei Tiere pro Hektar<br />
angegeben, das häufigste Reptil, <strong>der</strong> Gecko (Lygodactylus capensis),<br />
ist mit 195 bis 262 Tieren pro Hektar vertreten, die<br />
gemeine Eidechse (Ichnotropis capensis) mit 7 bis 11 Tieren<br />
pro Hektar.<br />
Die lebende Zoomasse <strong>der</strong> Vögel beträgt auf 100 ha in <strong>der</strong><br />
Burkea-Savaime 40 kg, doch nimmt die Zahl <strong>der</strong> Vögel im<br />
Winter, wenn die Zugvögel das Gebiet verlassen, um 25 bis<br />
50 % ab.<br />
Bei Säugetieren waren die Fangergebnisse so gering <strong>und</strong><br />
schwankend, daß die Angaben wenig besagen. Zum Beispiel<br />
ergaben die monatlichen Fänge bei Dendromys melantois etwa<br />
5 (0 bis 15) Tiere pro ha, für an<strong>der</strong>e Nager nur 2 Tiere pro<br />
Hektar.<br />
Für Paarhufer werden folgende Mittelwerte (Anzahl Tiere<br />
pro 100 ha) angegeben: Impala 13, Kudu 2, Warzensdiwein<br />
1, Deuker 2 <strong>und</strong> Steinbock 1 bis 2 (Riedbock selten).<br />
Der frühere Besitzer von Nylsvley gab an, daß er in den<br />
letzten 40 Jahren das Gebiet nur in den Monaten Januar bis<br />
April beweiden ließ, weil sonst Verluste durch die giftige Art<br />
Ökosystemforschung 211
212 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
—_ Folgende Zahlen bedeuten<br />
die Trockenmasse<br />
in kg ■ha“' für die<br />
ßur/cea-Savanne <strong>und</strong> in<br />
Klammern für die<br />
>Acac/a-Dornsavanne:<br />
Acridoidea 0,76 (2,32),<br />
an<strong>der</strong>e Orthopteren<br />
0,06 (0,02),<br />
Lepidopteren 0,05 (0,03),<br />
Hemipteren 0,08 (0,08),<br />
sonstige 0,05 (0,05),<br />
also insgesamt 1,00<br />
(2,50) kg ha-'.<br />
Dichapetalum cymosum, einem den Euphorbiaceen nahe stehenden<br />
Geophyten eintraten. Die Rin<strong>der</strong>biomasse b trug in<br />
den vier Monaten etwa 150 kg • ha“', doch machte sich 1975<br />
Überweidung bemerkbar, so daß <strong>der</strong> Viehbestand in <strong>der</strong>.<br />
nächsten Jahren auf die Hälfte reduziert wurde.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Wirbellosen ist so groß, so daß nur bestimmte,<br />
für das Ökosystem wichtige Arthropodengcuppen<br />
angegeben sind: Holzfressende Coleopteren, Lepidopteren,<br />
soziale Insekten, Wurzelfresser <strong>und</strong> Spinnen.<br />
Die Zoomasse <strong>der</strong> Wirbellosen als Trockenmasse betrug<br />
auf den Holzpflanzen im Mittel 135 g ■ha“' (Minimum im<br />
August = 60 g • ha“', Maximum im März = 300 g • ha“'). Die<br />
Trockenmasse <strong>der</strong> Insekten in <strong>der</strong> Grasschicht ist größer.<br />
Vereinzelt traten auf <strong>der</strong> Grasart Cenchrus ciliaris Raupenmassen<br />
(Spodoptera exempla) o<strong>der</strong> Käferlarven auf (Astylm<br />
atromaculatus).<br />
Der Dung wird in <strong>der</strong> warmen Jahreszeit zu 77 % an einem<br />
Tage durch Mistkäfer (Coprinae, Aphodiinae) entfernt,<br />
indem sie ihn direkt unter <strong>der</strong> Ablagestelle vergraben,<br />
während die Pillendreher (Pachilomera spp.) ihn über eine<br />
größere Fläche ausbreiten. Diese Koprophagen leiten bereits<br />
zu <strong>der</strong> nächsten Gruppe über.<br />
Zu den Destruenten werden die saprophagen Kleintiere<br />
im Boden <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Streuschicht gerechnet, die tote Pflanzenteile<br />
<strong>und</strong> Tierreste fressen <strong>und</strong> sie gleichzeitig zerkleinern,<br />
sowie die Protozoen, Pilze <strong>und</strong> Bakterien, durch die<br />
schließlich eine vollständige Mineralisation erfolgt.<br />
Die wichtigsten Saprophagen sind die Termiten. Oligochaeten,<br />
Myriapoden <strong>und</strong> Isopoden sind von geringer Bedeutung.<br />
Acariñen <strong>und</strong> Collembolen ernähren sich von<br />
Bakterien <strong>und</strong> Pilzen.<br />
Termiten sind durch 15 Arten vertreten, die häufigsten Arten<br />
sind Aganotermes oryctes, Microtermes albopartitus, Cubitemes<br />
pretorianus <strong>und</strong> Microcerotermesparvum. Von den 15 Arten sind<br />
4 Humusfresser, die übrigen ernähren sich von totem Holz<br />
o<strong>der</strong> Blattstreu. Im Boden fand man unter 1 m^ Fläche im<br />
Mittel 2540 Termiten (Maximum im November 8204, Minimum<br />
im Juli 596).<br />
Die Tierwelt <strong>der</strong> übrigen Savannengebiete in Afrika ist im<br />
Vergleich zu den Savannen <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong>n auf den an<strong>der</strong>en<br />
Erdteilen beson<strong>der</strong>s reich an Großsäugern. Allerdings<br />
muß man davon ausgehen, daß in den an<strong>der</strong>en Kontinenten<br />
die Säugerfauna vor einigen Tausend Jahren ebenfalls<br />
noch erheblich reichhaltiger war.<br />
Bei den größeren Herbivoren lassen sich meist folgende<br />
funktionellen Gruppen unterscheiden:
• Grasfresser (Weidetiere; „grazers")<br />
• I.aubfresser (Strauch- <strong>und</strong> Batimblätter; „browsers")<br />
• Körnerfresser (Samenfresser; „granivores")<br />
• Nektarfresser („nectivores")<br />
• Fruchlfresser („frugivores")<br />
7 Tropische Hydrobiome im ZB I <strong>und</strong> ZB II<br />
Bei <strong>der</strong> relativ geringen potentiellen Verdunstung führen die<br />
hohen Nie<strong>der</strong>schläge in den feuchten Tropen zu großen<br />
Wasserüberschüssen. Als Beispiel sei San Carlos de Rio Negro<br />
in S-Venezuela mit einem Nie<strong>der</strong>schlag von 3521 mm<br />
<strong>und</strong> einer potentiellen Verdunstung von nur 520 mm genannt.<br />
Sofern bei ebenem Gelände <strong>der</strong> Abfluß erschwert ist,<br />
entstehen ausgedehnte Sumpfgebiete.<br />
In Uganda nehmen solche Sumpfgebiete 12 800 km^ ein,<br />
etwa 6 % <strong>der</strong> gesamten Fläche. Die Einzugsgebiete <strong>der</strong> Flußsysteme<br />
sind dort nicht durch Wasserscheiden voneinan<strong>der</strong><br />
getrennt, son<strong>der</strong>n netzartig durch Sümpfe miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en.<br />
Auf dem Flug von Livingstone nach Nairobi sieht<br />
man die großen Lukango-Sümpfe <strong>und</strong> weiterhin die um den<br />
Kampolombo- <strong>und</strong> Bangweultt-See. Aber das größte Sumpfgebiet<br />
bildet <strong>der</strong> Weiße Nil im S-Sudan. Mit seinem linken<br />
Nebenfluß, dem Bar-el-Ghasal, füllt er das große auf<br />
400 mNN gelegene Becken mit Wasser aus. Es ist das als<br />
.Sudd" bezeichnete Sumpfgebiet, dessen größte Erstreckung<br />
von Nord nach Süd <strong>und</strong> von West nach Ost 600 km erreicht;<br />
die Gesamtfläche wird auf 150 000 km^ geschätzt; sie<br />
schwankt, je nachdem, ob Hoch- o<strong>der</strong> Niedrigwasser ist.<br />
Durch die Verdunstung im Suddgebiet verliert <strong>der</strong> Nil die<br />
Hälfte seines Wassers. Es handelt sich nicht um eine freie<br />
Wasserfläche mit kleinen, kaum über das Wasser herausragenden<br />
Inseln, son<strong>der</strong>n um einen grünen Teppich aus<br />
Schwingrasen <strong>und</strong> schwimmenden Inseln, die durch an <strong>der</strong><br />
Wasseroberfläche liegende Sprosse des Grases Vossia sowie<br />
Papyrus gebildet werden.<br />
Auch Rasen von schwimmenden Pflanzen, <strong>der</strong> aus Südamerika<br />
eingeschleppten Eichhornia sowie Pistia spielen eine<br />
Rolle. Dazwischen erkennt man vom Flugzeug aus einzelne<br />
freie Wasserlättfe <strong>und</strong> kleinere Wasserflächen. Ein Teil des<br />
Landes taucht bei Niedrigwasser auf <strong>und</strong> bildet ein Grasland<br />
mit <strong>der</strong> hohen Hyparrhenia rufa <strong>und</strong> Setaria incrassata. Die<br />
feuchtesten Teile sind mit Echinochloa-AxXen, Vetiveria <strong>und</strong><br />
Schilf (Phraßmites) bedeckt.<br />
Man nahm früher an, daß das „Große Pantanal" im<br />
Mato Grosso (Brasilien) an <strong>der</strong> Grenze von Bolivien <strong>und</strong> Pa-<br />
Tropische Hydrobiome im ZB I <strong>und</strong> ZB II 213
1<br />
214 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
raguay ein ähnliches großes Sumpfgebiet ist, von dem aus di.,<br />
südlichen Nebenflüsse des Amazonas <strong>und</strong> die rechten Nebenflüsse<br />
des oberen Paraná entspringen, aber dieses Gebir<br />
wird nur während <strong>der</strong> Regenzeit überschwemmt, währenc<br />
<strong>der</strong> Trockenzeit wird es jedoch als Weideland genutzt, wöbe,<br />
viele ringförmige Seen mit Uferwäl<strong>der</strong>n verbleiben.<br />
Sumpfgebiete <strong>und</strong> Wasserbecken sind auch in den übrigen<br />
feuchten Tropen verbreitet. Die Wasservegetation besteht<br />
aus einigen Kosmopoliten <strong>und</strong> pantropischen Arten<br />
mit für jedes Gebiet eigentümlichen floristischen Beson<strong>der</strong>heiten.<br />
8 Mangroven als Halo-Helobiome in ZB I <strong>und</strong> ZB II<br />
^ Bei <strong>der</strong> Mangrove<br />
handelt es sich um eine<br />
azonale <strong>Vegetation</strong>, die<br />
an das Salzwasser im Gezeitenbereich<br />
geb<strong>und</strong>en<br />
ist. Sie wächst stets auf<br />
sehr feinkörnigen Böden,<br />
brandungsgeschützt <strong>und</strong><br />
frostfrei.<br />
^ Man unterscheidet<br />
die artenreichere östliche<br />
Mangrove an den Küsten<br />
des Indischen sowie den<br />
Westküsten des Pazifischen<br />
Ozeans <strong>und</strong> die<br />
artenärmere westliche<br />
Mangrove an den Küsten<br />
Amerikas <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ostküste<br />
des Atlantischen<br />
Ozeans.<br />
Wer sich einer durch Korallenriffe geschützten tropische:<br />
Küste vom Meer aus nähert, dem fallen die Mangroven aul<br />
<strong>der</strong>en Baumkronen bei Hochwasser kaum aus dem Meer<br />
Wasser herausragen. Nur bei Niedrigwasser werden die un<br />
teren Teile <strong>der</strong> Stämme mit den Atemwurzeln bz\\<br />
Stelzwurzeln sichtbar. Diese Wäl<strong>der</strong> wachsen in <strong>der</strong> Gezei<br />
tenzone im Salzwasser, dessen Konzentration etwa 35 g-1<br />
beträgt, was einem potentiellen osmotischen Druck von<br />
2,5 MPa entspricht.<br />
Über 30 Arten holziger Mangroven sind bekannt. Die optimale<br />
Entwicklung erreicht die Mangrove um den Äquator<br />
in Indonesien, Neuguinea <strong>und</strong> auf den Philippinen. Mit zunehmenden<br />
Breitegraden verarmt sie immer mehr, bis<br />
schließlich nur eine Avkmnia-An verbleibt. Die äußersten<br />
Vorposten findet man bei 30°N <strong>und</strong> 33°S (E-Afrika), bei 31<br />
bis 38°S (Australien <strong>und</strong> Neuseeland) <strong>und</strong> bei 29°S in Brasilien<br />
sowie 32°N auf den Bermuda-Inseln. Man erkennt somit,<br />
daß die Mangrove in <strong>der</strong> äquatorialen Zone zwar am<br />
besten entwickelt ist, sich aber durch die tropische <strong>und</strong> subtropische<br />
Zone bis fast an das Winterregengebiet o<strong>der</strong> bis zur<br />
warm-gemäßigten Zone erstreckt (Chapman 1976).<br />
Die wichtigsten Gattungen <strong>der</strong> Mangroven sind Rhhophora<br />
mit Stelzwurzeln (Abb. 115) <strong>und</strong> viviparen Keimlin<br />
gen <strong>und</strong> Avicennia mit dünnen, aus dem Boden herauswachsenden<br />
Atemwurzeln (nicht vivipar). Zur westlichen<br />
Mangrove gehört noch Laguncularia, während Conocarpm<br />
nur bei geringer Salzkonzentration wächst. In <strong>der</strong> östlicheir<br />
Mangrove kommen außerdem Arten <strong>der</strong> Gattungen Briiguiera<br />
<strong>und</strong> Ceriops (beide vivipar <strong>und</strong> mit Kniewurzeln), Souneratia<br />
(nicht vivipar mit dicken Atemwurzeln) vor, dazu Xy<br />
locarpus-, Aegiceras-, Lumnitzera-Anen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Die<br />
einzelnen Mangrovenarten wachsen meistens in deutlichen
Zonen, seltener in Mischbeständen. Die Zonierung<br />
hängt mit den Gezeiten zusammen.<br />
Je näher zum Außenrand <strong>der</strong> Mangroven<br />
eine Art wächst, desto länger <strong>und</strong> desto tiefer<br />
steht sie im Salzwasser (Abb. 116).<br />
Die Gezeiten o<strong>der</strong> Tiden haben an den<br />
einzelnen Küsten einen verschiedenen Tidenhub<br />
(Höhenunterschiede zwischen<br />
Niedrig- <strong>und</strong> Hochwasser); dieser än<strong>der</strong>t<br />
sich periodisch mit dem Mond- <strong>und</strong> dem<br />
Sonnenstand. Er ist am größten jeweils zur<br />
Zeit des Neu- <strong>und</strong> Vollmonds (Springtiden)<br />
<strong>und</strong> am kleinsten dazwischen (Nipptiden).<br />
Am allerhöchsten sind die Springtiden<br />
zweimal im Jahr bei <strong>der</strong> Tag<strong>und</strong>nachtgleiche<br />
(aequinoctiale Springtiden).<br />
Man unterscheidet K ü s te n m a n g ro v e n ,<br />
die an flachen Küsten ohne Wasserzulühr<br />
vom Lande wachsen <strong>und</strong> oft viele Kilometer<br />
breit sind, die F lu ß m ü n d u n g s m a n g ro -<br />
ven, die namentlich im Deltabereich <strong>der</strong><br />
Flüsse sehr ausgedehnt sein können, <strong>und</strong> R iffm a n g ro v e n<br />
auf aus dem Wasser tauchenden toten Korallenriffen, die<br />
eine geringere Rolle spielen. Gut untersucht sind die Salzverhältnisse<br />
bei <strong>der</strong> Küstenmangrove E-Afrikas (Abb. 117).<br />
Die Küste von E-Afrika bei Tanga hat ein relativ trockenes<br />
Monsunklima. Die potentielle Verdunstung dürfte gleich<br />
o<strong>der</strong> höher sein als die Jahresregenmenge. Neben einer kleinen<br />
Trockenzeit ist eine ausgeprägte Dürrezeit vorhanden.<br />
Das hat zur Folge, daß die Salzkonzentration des Bodens im<br />
Gezeitenbereich landeinwärts um so stärker ansteigt, je kürzere<br />
Zeit <strong>der</strong> Boden überschwemmt wird. Am extremsten<br />
sind die Verhältnisse am Innenrand <strong>der</strong> Mangrovenzone, bis<br />
zu dem nur die aequinoctialen Springtiden reichen. Das in<br />
den Boden eindringende Salzwasser wird hier während <strong>der</strong><br />
Dürrezeit durch die Verdunstung stark konzentriert,<br />
während <strong>der</strong> Regenzeit kann dagegen <strong>der</strong> Boden völlig ausgelaugt<br />
werden. Diesen starken Konzentrationsschwankungen<br />
ist keine Pflanzenart gewachsen, so daß diese Flächen<br />
vegetationslos sind. Solche Flächen findet man überall am<br />
Mangroven als Halo-Helobiome in ZB I <strong>und</strong> Zß II 215<br />
Abb. 115.<br />
Innere Mangroven-Zone mit Ceriops<br />
tagal (Rhizophoraceae)<br />
nördlich von Mombasa (Kenya)<br />
(phot. S.W. B r e c k l e ) .<br />
Abb. 116.<br />
Zonation <strong>der</strong> ostafrikanischen<br />
Küstenmangrove (nach <strong>Walter</strong><br />
^ S teiner 1936),<br />
H.W.G. = Hochwassergrenze,<br />
N.W.G. = Niedrigwassergrenze.<br />
<strong>Vegetation</strong>slose<br />
Sandfläche<br />
Avicennia-<br />
Zone<br />
Ceriops-<br />
Z o n e<br />
Rhizophora- Sonneratia-<br />
Zone Zone<br />
Algen <strong>und</strong><br />
Potamog.<br />
_ H . W . G<br />
N . W . G
216 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Abb. 117.<br />
Konzentration des Zellsaftes in<br />
MPa (ßeringste <strong>und</strong> höchste) <strong>der</strong><br />
Blätter von Mangroven-Arten<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bodenlösungen in<br />
verschiedener Tiefe (in cm).<br />
Küstenmangrove E-Afrikas<br />
(ari<strong>der</strong> Typus).<br />
Innenrand <strong>der</strong> Küstenmangroven, wenn das Klima siel<br />
durch eine Dürrezeit auszeichnet. In N-Venezuela treten au:<br />
den offenen Flächen stellenweise kleine Bestände von Säulenkakteen<br />
<strong>und</strong> Opuntien o<strong>der</strong> Bromelien auf, obgleich f'<br />
sich um sehr salzempfindliche Pflanzen handelt. Offenbanehmen<br />
die Bromelien das Wasser durch die Blätter auf iinc<br />
sitzen hier dem Boden ganz locker auf. Die Kakteen dagege:<br />
nehmen das Wasser durch flachstreichende Wurzeln auf. Sie<br />
wachsen hier immer auf kleinen Sandanhäufungen, wurzeln<br />
also in diesen, aus denen das Salz während <strong>der</strong> Regerzeit<br />
ausgewaschen wird. Der darunter liegende Salzbodti:<br />
stört sie also nicht. We<strong>der</strong> die Kakteen noch die Bromelien<br />
enthalten in ihren Geweben Salze; sie sind also keine Halophyten<br />
- wie<strong>der</strong> ein Beispiel dafür, daß man die ökologischen<br />
Eigenschaften <strong>der</strong> Pflanzen <strong>und</strong> die Bodenverhältnis<br />
se jeweils sehr genau untersuchen muß.<br />
An<strong>der</strong>s liegen die Verhältnisse im stark humiden Gebiel.<br />
Hier werden die freiliegenden Flächen dauernd vom Regen<br />
Wasser ausgelaugt, das heißt die Konzentration des Boden<br />
Wassers muß landeinwärts abnehmen, was auch für die<br />
Flußmündungsmangroven flußaufwärts gilt. Die Mangroven<br />
gehen somit über eine Brackwasserzone mit dem Farn<br />
Acrostichum, <strong>der</strong> Mpa-Palme, Acanthus ilicifolius <strong>und</strong> vielen<br />
an<strong>der</strong>en Arten in die Süßwassergemeinschaften über, ohne<br />
daß sich eine deutliche vegetationslose Zone dazwischen<br />
schiebt (Abb. 116 bis Abb. 118). Obgleich die Mangroven
eine azonale <strong>Vegetation</strong> sind, so wird ihre Zonierung doch<br />
vom Klima bestimmt. Sie ist im humiden ZB I an<strong>der</strong>s als in<br />
einem Klima mit einer ausgesprochenen Dürrezeit<br />
(Abb. 118). ln dieser Hinsicht unterscheidet sich die Zonierung<br />
<strong>der</strong> Mangroven zwischen ZB 1 <strong>und</strong> ZB II o<strong>der</strong> gar ZB III<br />
f<strong>und</strong>amental.<br />
Alle in Salzböden wurzelnden Pflanzen nehmen eine gewisse<br />
Menge an Salzen auf, die im Zellsaft gespeichert werden.<br />
Das gilt auch für die Mangroven mit ihren stark sukkulenten<br />
Blättern, in <strong>der</strong>en Zellsaft die Salzkonzentration etwa<br />
<strong>der</strong> im Boden entspricht; dazu kommen noch die Nichtelektrolyte<br />
in einer bei tropischen Arten üblichen Konzentration.<br />
Die typische Zonierung <strong>und</strong> den potentiellen osmotischen<br />
Druck im Boden sowie in den Blättern <strong>der</strong> Mangroven<br />
zeigt Abb. 117, während das Schema auf Abb. 118 die Unterschiede<br />
zwischen den Mangroven im ariden <strong>und</strong> im humiden<br />
Gebiet hervorhebt.<br />
Die Zonierung kommt durch den Wettbewerb <strong>der</strong> einzelnen<br />
Mangrovenarten zustande, für den in E-Afrika <strong>der</strong> Salzfaktor<br />
ausschlaggebend ist. Avicennia als wettbewerbsschwächste<br />
Art besitzt zugleich die höchste Salzresistenz;<br />
Kümmere.'cemplare dieser Art bilden deshalb die Innengren-<br />
¿e. Sonneratia dürfte die wettbewerbsstärkste Art sein, kann<br />
jedoch eine Zunahme <strong>der</strong> Salzkonzentration über die des<br />
Meerwassers am wenigsten vertragen. Sie kann sich infolgedessen<br />
nur am Außenrand halten. Bei <strong>der</strong> Mangrove dauernd<br />
humi<strong>der</strong> Gebiete ist die Zonierung komplizierter. Avicennia<br />
scheint an Sandboden geb<strong>und</strong>en zu sein, während<br />
ionneratia Schlickboden bevorzugt. Hier dürften die Bodenart<br />
<strong>und</strong> die Durchlüftung, die Überschwemmungsdauer, die<br />
Wasserbewegung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Aussüßung bzw. die<br />
Schwankungen <strong>der</strong> Konzentration von größerer Bedeutung<br />
sein.<br />
Mangroven als Halo-Helobiome in ZB I <strong>und</strong> ZB II 217<br />
Humide Küste<br />
A ride Küste<br />
Abb. 118.<br />
Schema <strong>der</strong> Salzkonzentration<br />
im Boden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mangrovenglie<strong>der</strong>ung<br />
an humiden <strong>und</strong><br />
ariden Küsten.
218 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Ein interessantes Problem ist <strong>der</strong> Salzhaushalt o<br />
Mangroven. Sie können nicht einfach das Meerwasser<br />
solches aufnehmen, denn es würde sich in kürzester Zr<br />
eine gesättigte Salzlösung in den Blättern bilden, da i:<br />
Pflanzen bei <strong>der</strong> Transpiration nur Wasser abgeberi <strong>und</strong> r<br />
Salze Zurückbleiben. Inzwischen ist <strong>der</strong> direkte Nachweis ge<br />
hingen, daß in den Blättern <strong>der</strong> Mangroven Saugl räfte\<br />
3,5 bis 5,5 MPa entstehen, die höher sind als <strong>der</strong> potemie,<br />
osmotische Druck <strong>der</strong> Bodenlösung. Diese Saugkräfte wt;<br />
den durch die Kohäsionsspannung in den Gefäßen aul.di<br />
Wurzeln übertragen, die zugleich einen Ultrafilter darste<br />
len, das heißt praktisch reines Wasser durchlassen <strong>und</strong> dit<br />
ses den Blättern zuführen. Nur eine sehr kleine Salzmem<br />
dringt in die Pflanze ein <strong>und</strong> wird ln den Vakuolen <strong>der</strong> Blai<br />
zellen in gelöster Form gespeichert. Sie ist notwendig, ur<br />
die Saugkräfte zu erzeugen.<br />
Wie die Regulierung <strong>der</strong> Salzkonzentration erfolgt,<br />
noch nicht ganz klar. Ein Überschuß an Salzen ließe sid<br />
beim Abfallen <strong>der</strong> alten Blätter aus <strong>der</strong> Pflanze ausscheide:<br />
Dies ist ein allgemeines Prinzip bei fast allen Arten. Bei A\<br />
cennia ist auch eine Regulierung durch die auf <strong>der</strong> Blai:-<br />
Unterseite befindlichen Salzdrüsen möglich. Die Konzenirjtion<br />
<strong>der</strong> ausgeschiedenen Salzlösung erreicht bei Avicenni<br />
4,1 % <strong>und</strong> ist somit höher als die des Meerwassers. Die augeschiedenen<br />
Salze sind zu 90 % NaCl <strong>und</strong> zu 4 % KCl, vvadem<br />
Verhältnis im Meerwasser entspricht. Die Ausscheidunt<br />
unterbleibt im Dunkeln <strong>und</strong> ist mittags am intensivsten. Sk<br />
erreicht in 24 St<strong>und</strong>en 0,2 bis 0,35 mg pro 10 cm^ Blai;-<br />
fläche. In Trockenzeiten reichert sich das Salz auf <strong>der</strong> Blatt<br />
Unterseite in Form von Kochsalzkristallen an, die bei hoher<br />
Luftfeuchtigkeit in <strong>der</strong> Nacht zerfließen <strong>und</strong> abtropfen.<br />
Es ist interessant, daß die viviparen Keimlinge <strong>der</strong> Rhizophoraceae<br />
fast salzfrei sind <strong>und</strong> einen potentiellen osmotischen<br />
Druck von nur 1,3 bis 1,8 MPa besitzen. Ihnen mut<br />
somit das Wasser durch ein Drüsengewebe im Kotyledonarkörper<br />
zugeführt werden. Sobald die Keimlinge abfallen unc<br />
sich im Salzboden bewurzeln, nimmt <strong>der</strong> Salzgehalt zu uno<br />
<strong>der</strong> potentielle osmotische Druck steigt auf die normaii<br />
Höhe an. Die Keimwurzel scheint zunächst für Salz permeabel<br />
zu sein.<br />
Auch die Funktion <strong>der</strong> Atemwurzeln (Pneumatophoren<br />
konnte aufgeklärt werden. Sie besitzen Lentizellen mit feinen<br />
Öffnungen, die unbenetzbar <strong>und</strong> deshalb zwar für Lull,<br />
nicht jedoch für Wasser durchlässig sind. Wenn die Atemwurzeln<br />
ganz ins Wasser tauchen, wird <strong>der</strong> Sauerstofl in<br />
ihren Interzellularen durch die Atmung verbraucht <strong>und</strong> et
Strandformationen<br />
- Psammobiome 219<br />
entsteht ein Unterdrück, weil das leicht lösliche COj ins<br />
Wasser entweicht. Sobald die Atem wurzeln aus dem Wasser<br />
atiftauchen, tritt ein Druckausgleich ein <strong>und</strong> Luft mit Sauerstolf<br />
wird eingesaugt. Der Oj-Gehalt in den Interzellularen<br />
<strong>der</strong> Atemwurzeln schwankt deshalb periodisch zwischen 10<br />
bis 2 0 %.<br />
Die Mangroven sind zusammen mit ihrer Tierwelt, den<br />
vielen Winkerkrabben <strong>und</strong> mit dem auf die Bäume kriedienden<br />
Mangrovenfisch (Periophthalmus) ein beson<strong>der</strong>s interessantes<br />
Ökosystem, das we<strong>der</strong> zum Meere noch zum<br />
Festland gehört. Durch Holzausbeutung (Köhlerei) <strong>und</strong><br />
Ausweitung <strong>der</strong> Krabbenzucht sind die Mangroven vielerorts<br />
stark gefährdet.<br />
9 Strandformationen - Psammobiome<br />
Die Strandformation <strong>der</strong> tropischen Küsten bietet wenig Beson<strong>der</strong>heiten.<br />
Hinter <strong>der</strong> vegetationslosen, dem Wellenschlag<br />
ausgesetzten Zone folgen auf dem Sande Pflanzen mit<br />
langen Ausläufern, von denen Ipomoea pes-caprae weit verbreitet<br />
ist, ebenso die Halophyten Sesuvium portulacastrum,<br />
Batis maritima <strong>und</strong> Sporobolus virginicus. Landeinwärts, außerhalb<br />
des Salzwassereinflusses, wird <strong>der</strong> Sand in den Tropen<br />
sehr rasch durch Sträucher <strong>und</strong> Bäume festgelegt. Es sind<br />
Arten, <strong>der</strong>en schwimmfähige Früchte im Driftauswurf aller<br />
tropischen Küsten zu finden sind. Terminalia catappa ist ein<br />
typischer Vertreter; auch die Kokospalme könnte man hinztirechnen,<br />
allerdings sind heute die Palmen fast alle gepllanzt.<br />
Barringtonia, Calophyllum, Hibiscus tiliaceus sowie Pandanus<br />
sind für die östlichen Weltmeere typisch, Coccoloba<br />
uvifera (Polygonaceae), Chrysobalanus icaco <strong>und</strong> die giftige<br />
Hippomanc manicinella (Euphorbiaceae) für die westlichen.<br />
Große Dünengebiete fehlen den Tropen. Eine Ausnahme<br />
bildet die Nordküste von Venezuela. Hier wird bei Coro in<br />
einem Halbwüstenklima durch den ständig aus Nordost bis<br />
Ostnordost wehenden Passat viel Sand vom Strande angeweht,<br />
<strong>der</strong> von Prosopis juliflora aufgefangen wird. Es kommt<br />
zur Bildung von Dünen, die in <strong>der</strong> Windrichtung weiterwachsen<br />
<strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> von Prosopis-Büschen bedeckt<br />
werden. Auf diese Weise entsteht eine Reihe von Dünenrücken,<br />
die alle nebeneinan<strong>der</strong> parallel zur Windrichtung<br />
verlaufen <strong>und</strong> eine beträchtliche Höhe erreichen. In einem<br />
Teil des Dünengebietes sind wahrscheinlich infolge von<br />
Holznutzung Wan<strong>der</strong>dünen entstanden (Barchane), die sich<br />
wie<strong>der</strong> zu Dünenrücken zusammenschließen, wobei diese<br />
jedoch senkrecht zur Windrichtung orientiert sind.
220 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
10 Orobiom II - tropische Gebirge<br />
mit einem Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur<br />
Während beim Orobiom I eine kurze regenlose Periode<br />
<strong>der</strong> alpinen Stufe die Wasserversorgung <strong>der</strong> Pflanzen nii<br />
nicht beeinflußt, wirkt sich die Dürrezeit des ZB II je na(<br />
<strong>der</strong> Dauer selbst in großen Höhen deutlich aus.<br />
Zwar nimmt in <strong>der</strong> montanen Stufe die Nie<strong>der</strong>schlar<br />
höhe so stark zu <strong>und</strong> die Sonnenscheindauer infolge <strong>der</strong>Bt<br />
wölkung ab, daß ein immergrüner montaner Waid auftn"<br />
<strong>der</strong> aber eine Trockenzeit in <strong>der</strong> kühlen Jahreszeit aufweiauch<br />
wenn sich darüber im Passat- o<strong>der</strong> Monsun gebiet ><br />
gar ein Nebelwald entwickeln kann (Abb. 91, S. 161).<br />
Im Monsungebiet Indiens wirkt sich ein auch kleinert<br />
Gebirge bereits sehr stark auf die Nie<strong>der</strong>schlagshöhe, wer.<br />
ger auf die Verteilung über das Jahr aus (Abb. 119).<br />
Die ganze Höhenstufenfolge des Orobioms II kann ma<br />
am Südhang des östlichen Himalaja, am sehr feuchten Sl:<br />
kim-Profil von Darjeeling nach Norden verfolgen, wobei si.<br />
die Waldstufen nur schwer unterscheiden lassen. Es w:<br />
noch dadurch kompliziert, daß in den höheren Stufen i<br />
paläotropischen Florenelemente immer mehr durch holartische<br />
verdrängt werden.<br />
Am Gebirgsfuß herrscht ein feuchter laubabwerfendt<br />
Wald mit Shorea robusta vor <strong>und</strong> auf nassen Böden ein si<br />
eher mit Bambus sowie Palmen. In etwa 900 m NN beginr<br />
Matheran (810 m)<br />
Mahabaleshwar (138C'<br />
[10-60] , 19.?c;<br />
Abb. 119.<br />
Zunahme <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagsmenge<br />
mit <strong>der</strong> Höhe im Monsungebiet<br />
Indiens: Klimadiagramm<br />
von Bombay <strong>und</strong> zwei Stationen<br />
darüber im Gebirge. Bei <strong>der</strong><br />
oberen Station in 1380 m NN<br />
fallen im Juli fast 3000 mm Regen.<br />
Die Dauer <strong>der</strong> Regenzeit ist<br />
jedoch nur um einen Monat verlängert,<br />
obgleich die jährliche<br />
Nie<strong>der</strong>schlagsmenge 6000 mm<br />
übersteigt.<br />
Bombay (11 m) 26,6°1813<br />
[60]
Orobiom II - tropische Gebirge mit einem Jahresgang <strong>der</strong> Temperatur 221<br />
ein immergrüner tropischer montaner Wald (Schima, Castath^psis)<br />
mit Baumfarnen, wobei im oberen Teil bereits holarktische<br />
Baumgattungen (Quercus, Acer, Juglans), auch Vaccinium<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e vertreten sind.<br />
Darüber kommt ein Nebelwald mit Hymenophyllaceen<br />
<strong>und</strong> Moosen. Je höher man steigt, desto mehr überwiegen<br />
holarktische Gattungen (Betula, Ainus, Prunus, Sorbus <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e).<br />
Die Frostgrenze wird in 1800 bis 2000 m NN erreicht.<br />
ln <strong>der</strong> nächst höheren Stufe findet man viele hohe Rhododendron-<br />
<strong>und</strong> Ar<strong>und</strong>lnaria-Alten, die weiter oben durch<br />
Nadelhölzer {Tsuga, Taxus <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) abgelöst werden.<br />
ln 3000 bis 3 9 0 0 m NN wächst ein Abies densa-Jannenwald<br />
mit Laubhölzern. Die Waldgrenze wird von Abies <strong>und</strong><br />
hmiperus gebildet. Die subalpine Stufe zeichnet sich wie<strong>der</strong><br />
durch hohe Rhododendren aus, die in den alpinen Stufen mit<br />
blütenreichen Matten immer niedriger werden, bis Rhododendron<br />
nivale in 5 4 0 0 m NN nur ein winziges Sträuchlein ist.<br />
Dieses Orobiomsystem <strong>der</strong> Himalajagebirgsketten ist beson<strong>der</strong>s<br />
kompliziert (Troll 1967, M eusel et al. 1971, M iehe<br />
in W.^LTER & <strong>Breckle</strong> 1994).<br />
Ab 5100 m NN treten vorwiegend Halbkugelpolster auf<br />
[Arenaria, Saussurea, Astragalus, Saxifraga <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e); die<br />
Schneegrenze liegt bei 5700 m NN.<br />
ln den Anden sind die Höhenstufenfolgen des West- <strong>und</strong><br />
Oslhanges verschieden, ebenso in den inneren Gebirgstälern.<br />
Eine kurze schematische Übersicht hat E llenberg<br />
(1975) gegeben. Die Hochebene des A ltiplano ist besiedelt<br />
<strong>und</strong> wird von Lamaherden beweidet, ist somit anthropogen<br />
verän<strong>der</strong>t. Dem Klima entsprechend werden am Westhang<br />
die Stufenfolgen nach Süden zu immer xerophytischer. Die<br />
regengrüne.n laubabwerfenden Waldstufen reichen immer<br />
höher hinauf <strong>und</strong> die immergrünen werden hartlaubiger<br />
<strong>und</strong> kleinblättriger.<br />
Das Vorhandensein einer warmen Jahreszeit hat eine Hebung<br />
<strong>der</strong> Waldgrenze bis auf 4 0 0 0 m NN zur Folge; einzelne<br />
fti/vfep/i-Bestände reichen bis auf 4 5 0 0 (4 9 0 0 ) m NN hinauf<br />
vgl. auch S. 1 7 0 ). Anstelle <strong>der</strong> Páramos tritt die Puna,<br />
zunächst die feuchte Puna mit Polsterpflanzen, südlicher die<br />
trockene Puna mit xerophytischen Graspolstern {Festuca orthophylla,<br />
Stipa ichu <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e), bis im Bereich von Orobiom<br />
111 eine Wüstenpuna mit vielen Salaren (Salzpfannen)<br />
vorherrscht (Chong-D iaz 1988). Entsprechend än<strong>der</strong>n sich<br />
die Böden <strong>der</strong> alpinen Stufe in südlicher Richtung von torfigen<br />
Böden zu Kastanienerden <strong>und</strong> Serosemen bis zu Solonez<br />
<strong>und</strong> Solontschak.
222 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Eine sehr genaue ökologische <strong>und</strong> auch mikroklimatisclif<br />
Untersuchung <strong>der</strong> Puna in NW-Argentinien zwischen 22 br<br />
24 1/2°S liegt von R uthsatz (1977) vor.<br />
11 Der Mensch in <strong>der</strong> Savanne<br />
Großflächig ist die Savanne heute vielerorts durch Rindtweiden<br />
ersetzt worden. Auch schon früher waren Hirter<br />
nomaden in den weiten Savannengebieten unterwegs u:<br />
haben mit ihren ausgedehnten Herden den Wildtieren «.<br />
liebliche Konkurrenz um die Futterquellen gemacht.<br />
In den neotropischen Savannen sind großflächig afrikanische<br />
Gräser eingeführt worden, die die ursprüngliche Artcr,<br />
Vielfalt drastisch vermin<strong>der</strong>t haben. Die Produktivität ist.<br />
lerdings teilweise zum Nutzen weitflächiger Rin<strong>der</strong>weidi<br />
gestiegen (Solbrig et al. 1996).<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> häufigen Gras- <strong>und</strong> Buschbrände, die mei'<br />
kurz vor Beginn <strong>der</strong> Regenzeit absichtlich gelegt werdet<br />
soll das Wachsen neuen Grüns verbessert werden. Überlä;<br />
gere Zeit führt dies aber zu einer immer stärkeren Näh;<br />
Stoffverarmung <strong>der</strong> Böden.<br />
12 Zonoökoton ll/lll<br />
a Sahelzone<br />
Zu diesem Zonoökoton gehören die offenen, klimatische:<br />
Savannen, wovon Namibia bereits besprochen w'urde :■<br />
S. 189f.). Ähnliche Verhältnisse findet man südlich <strong>der</strong> Sa<br />
hara in <strong>der</strong> Sahelzone, die den Übergang zum Somme:<br />
regengebiet des Sudan bildet (ZB II). Aber die Sahelzone h:<br />
durch die zu starke Besiedlung <strong>und</strong> Überweidung als Folgt<br />
<strong>der</strong> für diese Zone typischen <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong>kehren<strong>der</strong>.<br />
Dürrejahre vollkommen degradiert worden. Sie verträgt nu:<br />
eine sehr dünne Besiedlung <strong>und</strong> entsprechend geringe Vieh<br />
zahlen, die durch die wenigen natürlichen Wasserstellen ii<br />
diesem Gebiet früher erzwungen wurde. Im Rahmen de:<br />
Entwicklungshilfe wollte man jedoch das Land erschließe;'<br />
<strong>und</strong> erbohrte viele Brunnen. Dadurch konnten größere Her<br />
den getränkt werden, <strong>und</strong> entsprechend stieg auch die Be<br />
völkerungszahl, solange die Jahresregenmengen über deir.<br />
langjährigen Mittel lagen. Dann folgten jedoch mehrere<br />
Dürrejahre, die zur Katastrophe führten. Wasser für Mer,-<br />
sehen <strong>und</strong> Tiere war vorhanden, aber keine Weide, denn d:.<br />
Gräser verdorrten. Das hungernde Vieh verendete, <strong>und</strong> dit<br />
Menschen mußten fluchtartig das Land verlassen o<strong>der</strong> sir<br />
wurden durch Hilfsmaßnahmen von außen unterstützt.
Doch erlitt die Weide irreparable Schäden <strong>und</strong> wurde zu einer<br />
,man made desert".<br />
Im heutigen Namibia mit einem ähnlichen Klima wirken<br />
sich mehrere Dürrejahre hintereinan<strong>der</strong> ebenfalls verheerend<br />
aus, aber die geringe Zahl <strong>der</strong> Farmer kann diese Jahre<br />
durch rechtzeitige Verringerung <strong>der</strong> Viehbestände <strong>und</strong> kontrollierte<br />
Weideplanung überstehen, <strong>und</strong> die Wirtschaft erholt<br />
sich nach einigen guten Regenjahren rasch wie<strong>der</strong>.<br />
Zonoökoton ll/lll 223<br />
b Thar- o<strong>der</strong> Sindwüste<br />
Ein weiteres Zonoökoton II/III befindet sich im Grenzgebiet<br />
zwischen Indien <strong>und</strong> Pakistan - die Thar- o<strong>der</strong> Sind-Wüste.<br />
Es handelt sich um ein einheitliches arides Gebiet zwischen<br />
dem Aravalli-Gebirge im Osten <strong>und</strong> den Höhen von Baluchistan<br />
im Westen, das auch als »Great Indian Desert« bezeichnet<br />
wird (Abb. 120). Die Aridität nimmt dabei von<br />
Osten nach Westen zu.<br />
Wenn in <strong>der</strong> Literatur oft von einer Saharo-Sindischen<br />
Wüstenzone gesprochen wird, so ist das nicht richtig. Denn<br />
die Sahara gehört zum größten Teil als regenloses Gebiet<br />
o<strong>der</strong> eines mit geringen Winterregen floristisch zur Holarki.is<br />
<strong>und</strong> setzt sich nach Osten in die ägyptisch-arabische Wüste<br />
bis nach Mesopotamien fort. Die Sind-Wüste dagegen ist<br />
<strong>der</strong> letzte trockenste Ausläufer des indischen Monsungebietes<br />
<strong>und</strong> muß floristisch zur Paläotropis gerechnet werden.<br />
Die indische Wüste Thar ist klimatisch schon ein Zonoökoton<br />
II/III, das man mit dem Übergangsgebiet vom Sudan zur<br />
südlichen Sahara, dem „Sahel", vergleichen kann. Beide erhalten<br />
leichte Sommerregen, aber das indische Gebiet liegt<br />
schon nördlich des Wendekreises, die Jahrestemperaturen<br />
sind deshalb um 2 bis 3 °C tiefer als im Sahel <strong>und</strong> Fröste<br />
können in den Monaten Dezember bis Februar auftreten<br />
(Abb. 120). Nur das Gebiet in <strong>der</strong> Indusnie<strong>der</strong>ung erhält im<br />
.Mittel weniger als 100 mm Regen im Jahr, wäre also klimatisch<br />
eine Wüste; doch ist es durch den Indus <strong>und</strong> seine Zullüsse<br />
ein wasserreiches Bewässerungsgebiet.<br />
Die „Great Indian Desert" dagegen ist eine „man made<br />
desert". Das Gebiet war schon vor viertausend Jahren bewohnt,<br />
wurde seit dem Zuge Alexan<strong>der</strong>s des Großen immer<br />
dichter besiedelt <strong>und</strong> ist heute infolge von Überweidung,<br />
Holznutzung <strong>und</strong> teilweiser Beackerung völlig degradiert<br />
(Mann 1977). Von Natur aus war das Gebiet mit 400 bis<br />
150 mm Regen im Jahr eine Prosopis-Savanne auf tiefgründigen<br />
sandigen rötlichbraunen Savannenböden, wie eine<br />
seit mehreren Jahrzehnten geschützte Fläche unweit von<br />
Jodhpur beweist (Rodin et al. 1977).
224 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
km 300<br />
Abb. 120.<br />
Klimadiagrammkarte <strong>der</strong> Sind-<br />
Thar-Wüste. Nordwestlich <strong>der</strong><br />
Linie A-B das extrem aride<br />
Gebiet.<br />
Die Dornsträucher sind dort: Prosopis dneraria, Ziziphit<br />
nummularia, Capparis deddua (= C. aphylla) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Prc
Im Gebiet mit über 250 mm Regen werden die Savannen<br />
beweidet <strong>und</strong> sind infolge zu starker Bestockung mit Vieh<br />
degradiert, wobei die einjährige Grasart Aristida adscensionis<br />
als Weideunkraut überhand nimmt.<br />
Im Bikaner-Distrikt (Abb. 120) sind die Böden sehr sandig.<br />
In <strong>der</strong> Nähe von Ortschaften bilden sich als Folge von<br />
Beweidung bewegliche Barchane, also vegetationslose Dünen,<br />
die den Eindruck einer extremen Wüste machen<br />
lAbb. 121). Tatsächlich ist jedoch <strong>der</strong> Wassergehalt des Sandes<br />
von solchen unbewachsenen Dünen viel höher als <strong>der</strong><br />
von bewachsenen, wie die Daten (Tab. 16) aus einem Gebiet<br />
mit 260 mm Regen im Jahr zeigen.<br />
Dieser Unterschied ist verständlich, weil ein Prosopis-Bestand<br />
im Jahr etwa 220 mm Wasser für die Transpiration<br />
dem Boden entnimmt <strong>und</strong> das oft angepflanzte Gras Pennisitum<br />
typhoides auch etwa 160 bis 180 mm.<br />
Die Bevölkerung nutzt den Wassergehalt im Sand <strong>der</strong><br />
uiibewachsenen Dünen aus, indem sie Wassermelonen in<br />
2 • 2 m Entfernung auspflanzt <strong>und</strong> das Verwehen des Sandes<br />
durch Reisig verhin<strong>der</strong>t. Über die natürliche <strong>Vegetation</strong> des<br />
trockensten Teiles, <strong>der</strong> Sind-Wüste in <strong>der</strong> Indusnie<strong>der</strong>ung<br />
lassen sich keine Angaben machen. Dieses Bewässerungsgebiet<br />
ist dicht besiedelt; Flächen mit natürlicher <strong>Vegetation</strong><br />
gibt es nicht. Durch unrationelle Bewässerung ist <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel<br />
stark gestiegen, so daß die feuchten Böden sek<strong>und</strong>är<br />
versalzen. Dadurch sind jährlich 40 000 Hektar an<br />
Kulturland verloren gegangen, wodurch die Steigerung <strong>der</strong><br />
Zonoökoton 225<br />
■ *, J<br />
A b b . 121.<br />
In Bewegung geratenes Sandgebiet<br />
zwischen Jaisatmer <strong>und</strong><br />
Jodhpur mit einzelnen Prosopis-,<br />
Acacia- <strong>und</strong> Calotropis-Sträuchern<br />
(phot. M. R P e t r o v ) .
226 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Tab. 16. Wassergehalt (in mm) des Sandes von unbewachsenen (I) <strong>und</strong> bewach<br />
senen (II) Dünen bei Jaisalmer<br />
März Juni Sept. Januar<br />
Tiefe (in cm) 1 II 1 II 1 II 1<br />
0-105 41 10 33 17 45 10 34 7<br />
0-210 106 39 94 48 120 33 105 28<br />
nach Mann 1976<br />
Nahrungsmittelproduktion stark hinter dem Bevölkerung<br />
Zuwachs zurückbleibt. Eine Wie<strong>der</strong>instandsetzung <strong>der</strong> ver<br />
brackten Böden, z.B. durch Gr<strong>und</strong>wasserabsenkung ist<br />
dem ebenen Gelände mit sehr großen Kosten verb<strong>und</strong>en,<br />
Natürliche Salzböden sind im Süden <strong>der</strong> Thar-Wüste ar<br />
Golf of Kutch sehr verbreitet. Im Gezeitenbereich wachs.<br />
Mangroven, dahinter folgen Salzmarschen mit Salicory<br />
Suaeda, Atriplex <strong>und</strong> dem Salzgras Urochondra. Im Gebiet dt<br />
Ran of Kutch mit hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand breiten sich la<br />
sterile tonige Salzböden mit wenigen Holzpflanzen an gür<br />
stigen Stellen <strong>und</strong> mit Halophyten (Haloxylon salicornuy.<br />
Aeluropus, Sporobolus) bzw. Cenchrus spp., Cyperus rotuir<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e (Blasco 1977).<br />
c Caatinga<br />
Ökologisch schwierig einzureihen ist die Caatinga NE-Bravliens,<br />
das aride Gebiet, „Polygono da Seca". Es zetchnei si.<br />
durch extreme Nie<strong>der</strong>schlagsschwankungen von Jahr.<br />
Jahr aus. Bei dem trockensten Ort Cabaceiras folgten zur<br />
Beispiel nach den guten Regenjahren 1940 bis 1946 mitNi.,<br />
<strong>der</strong>schlägen von 664 bis 150 mm die Dürreperioden 1948 ';<br />
1958 mit Nie<strong>der</strong>schlägen unter 80 mm (1952 nur 24 mm<br />
1958 nur 22 mm) mit Ausnahme von 1954 mit 170 mm ur<br />
1955 mit 187 mm. Ein solch unzuverlässiges Klima übersii<br />
hen am besten große sukkulente Säulenkakteen <strong>und</strong> gr.<br />
am Boden wachsende stachelige Bromeliaceen sowie .n<br />
Wasser speichernde Flaschenbäume (Ceiba <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) ul<br />
laubabwerfende Sträucher, die lange Zeit blattlos sind. Da<br />
Gebiet läßt sich schwer nutzen <strong>und</strong> ist schwach besiedd<br />
denn die Dürreperioden lassen sich nicht voraussehen u<br />
zwingen die Bevölkerung, das Land zu verlassen. Ähnlic.l'<br />
■Verhältnisse findet man auch in <strong>der</strong> Passatwüste an de<br />
Nordküste Südamerikas im Grenzgebiet yenezuela-Kolut<br />
bien o<strong>der</strong> auf den Galapagosinseln. Auch in diesem Trockci<br />
gebiet kommen Jahre mit sehr hohen Nie<strong>der</strong>schlägen vor<br />
d Tropisches Ostafrika<br />
Schließlich seien noch die ausgedehnten zur Paläotrr.
j;ehörenden ariden Gebiete im tropischen Bereich E-Afrikas<br />
erwähnt sowie ein kleines Gebiet im Regenschatten<br />
zwischen Pare- <strong>und</strong> W-Usambaragebirge mit sehr merkwürdigen<br />
Sukkulenten (Adenia globosa, felsblockähnliche Pyrenaemtha,<br />
Euphorbia tirucalli, Caralluma, Cissus quadrangularis,<br />
Smevieria <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e); bei einer Jahrestemperatur von<br />
28 °C <strong>und</strong> nur 100 bis 200 mm Regen dürfte es das trockenste<br />
Gebiet am Äquator sein. Viel ausgedehnter sind die ariden<br />
Gebiete in N-Kenya, W-Äthiopien, Somalia <strong>und</strong> auf Sokotra<br />
mit dem Adenium socotranum (Apocynaceae), das<br />
unförmige sukkulente Stämme von 2 m Durchmesser besitzt<br />
Zonoökoton I 227<br />
A b b . 122.<br />
Adenium socotranum (Apocynaceae)<br />
mit einem Stammdurchmesser<br />
von 2 m auf West-Sokotra<br />
(phot. F . K o s s m a t ) .
228 Zonobiom <strong>der</strong> Savannen bzw. laubwerfenden Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Graslän<strong>der</strong><br />
Abb. 123.<br />
Charakteristische Lebensformen<br />
<strong>der</strong> Dorn-Sukkulenten-Savanne<br />
(nach T r o l l I960). 1 Dornige<br />
Feinfie<strong>der</strong>laub-Schirmbäume<br />
(Acacia-Typ): 2 Stammsukkulente<br />
Kerzen- o<strong>der</strong> Kandelaberbäume<br />
(Kakteentyp); 3 Sukkulent-<br />
<strong>und</strong> dornblättrige<br />
Schopfpflanzen (Ahe-Typ);<br />
4 Sukkulent- <strong>und</strong> dornblättrige<br />
Schopßäume (Dracaena-Typ);<br />
5 Wasserholzige, tonnenstämmige<br />
Fallaubbäume (Adansonia-<br />
Typ): 6 Sklerophylle Bäume mit<br />
Dornen (Balanites-Typ); 7 FalT<br />
laubbäume mit Xylopodien o<strong>der</strong><br />
Lignotuber; 8 Sklerophylle Büsche<br />
<strong>und</strong> Baumsträucher (Capparis-Typ):<br />
9 Stammsukkulente,<br />
nie<strong>der</strong>e Gewächse (Stapelien-<br />
Typ); dazwischen Gräser.<br />
(Abb. 122) <strong>und</strong> Dracaena cinnabari mit einem Stammdurcl,-<br />
messet von 1,6 m. Die verschiedenen Lebensformen dt<br />
Dornsukkulentensavanne sind in Abb. 123 schematisch wit<br />
<strong>der</strong>gegeben. Die meisten Lebensformen lassen sich als typ,<br />
sehe Anpassung an lange Trockenzeiten verstehen, sie siiiL<br />
aber doch nicht in <strong>der</strong> Lage gewesen, in die eigentlicht:<br />
Wüsten des Zonobioms 111 vorzudringen.<br />
e SW-Madagaskar<br />
Madagaskar mit seiner eigenständigen Flora <strong>und</strong> Fauna<br />
weist an <strong>der</strong> Ostküste Regenwald des Zonobioms I auf m;'<br />
bis zu 2000 mm Regen im Jahr. Der größte Teil <strong>der</strong> Insel ha:<br />
aber ein Sommerregenklima <strong>und</strong> trug laubwerfenden Wald<br />
Auch die Baum- <strong>und</strong> Strauchflora Madagaskars ist insgesamt<br />
sehr einmalig, etwa 94 % <strong>der</strong> Arten sind endemisch<br />
Die Flora Madagaskars war sehr artenreich, heute sind viele<br />
Wäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Savannen abgeholzt. Große Flächen sind degradiert.<br />
Riesige Grasflächen werden jährlich abgebrannt, um<br />
angeblich bessere Weiden für die mindestens 10 Millionen<br />
Zeburin<strong>der</strong> zu bekommen, in den trockenen Teilen werdt-i<br />
Ziegen gehalten.<br />
Die trockenste SW-Ecke von Madagaskar zeichnet skl<br />
neben Baobab-Bäumen durch die nur hier vorkommenden<br />
<strong>und</strong> an Säulenkakteen erinnernde Familie <strong>der</strong> Didiereaceae<br />
(vier Gattungen mit elf Arten) aus. Bei etwa 350 mm Regen<br />
im Jahr, die zudem noch meist sehr unregelmäßig fallen,<br />
entwickelt sich hier eine Dornbusch-Sukkulenten-Halbwüste.<br />
Zahlreiche Sukkulenten aus den Gattungen Euphorbk<br />
Aloe, Kalanchoe, Crassula kommen vor, dazu ilaschenbäiinie<br />
<strong>der</strong> Gattungen Adansonia, Moringa <strong>und</strong> Pachypodium. Än<strong>der</strong>t<br />
Arten sind sehr kleinblättrig, dornig o<strong>der</strong> blattlos. Auch poikilohydre<br />
Gefäßpflanzen <strong>und</strong> Farne kommen vor. Viele Arten<br />
sind endemisch.
Zonoökoton ll/lll 229<br />
fragen<br />
I<br />
j<br />
j<br />
Wie ist die <strong>Vegetation</strong> immergrüner <strong>und</strong> laubwerfen<strong>der</strong><br />
Baumarten beim Übergang von humiden zu semiariden tropischen<br />
Regionen miteinan<strong>der</strong> verzahnt?<br />
Wie unterscheidet sich die Zonierung <strong>der</strong> Mangroven in humiden<br />
<strong>und</strong> ariden Gebieten <strong>und</strong> wie sind die Salinitätsverhältnisse?<br />
Welche Faktoren steuern das Gleichgewicht zwischen Gräsern<br />
<strong>und</strong> Bäumen in <strong>der</strong> Savanne?<br />
4 Welche Savannentypen muß man unterscheiden <strong>und</strong> welche<br />
Standortfaktoren sind dafür maßgebend?<br />
5 Savannen verbuschen bei zu starker Beweidung <strong>und</strong> zu häufiger<br />
Brandrodung. Welcher Konkurrenzmechanismus liegt<br />
dem zugr<strong>und</strong>e?<br />
6 Welche Rolle spielen Krustenbildungen im Boden bei <strong>der</strong><br />
Ausprägung des <strong>Vegetation</strong>smosaiks <strong>und</strong> wie entstehen diese<br />
Krusten?<br />
7 Was ist Laterit?<br />
i<br />
Warum kommen in den Gebieten des Zonobioms II oft sehr<br />
nährstoffarme Quarzsandböden vor?<br />
9 Welches ist bei den Parksavannen <strong>der</strong> ausschlaggebende ökologische<br />
Faktor, die Überschwemmungen während <strong>der</strong> Regenzeit<br />
o<strong>der</strong> die lange Dürre während <strong>der</strong> Trockenzeit?<br />
10 Welches sind die <strong>Vegetation</strong>stypen in den Orobiomen II oberhalb<br />
<strong>der</strong> Waldgrenze?
III Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
(ZB des subtropischen ariden<br />
Klimas)<br />
1 Klimatische Subzonobiome<br />
^ Wüsten sind aride Gebiete.<br />
In diesen ist die potentielle<br />
Evaporation sehr<br />
viel höher als die jährliche<br />
Nie<strong>der</strong>schlagsmenge. Man<br />
kann semiaride, aride <strong>und</strong><br />
extrem aride Gebiete unterscheiden.<br />
Im Zonobiom III werden<br />
die „heißen Wüsten", im<br />
Zonobiom VII die „winterkalten<br />
Wüsten" zusammengefa<br />
ßt.<br />
Auf die Wüsten entfallen zusammen mehr als 35 % <strong>der</strong> lesten<br />
Erdoberfläche, ln <strong>der</strong> subtropischen Wüstenzone feh'-<br />
eine kalte Winterzeit, die für die ariden Gebiete <strong>der</strong> gemäßigten<br />
Zone bezeichnend ist (vgl. Kap. VII).<br />
Der Begriff Wüste (desert) ist relativ. Für denjenigen, de:<br />
aus dem humiden Osten Nordamerikas kommt, ist <strong>der</strong> Südwesten<br />
des Landes schon eine Wüste, obwohl Tucson (Ari<br />
zona) einen Jahresnie<strong>der</strong>schlag von fast 300 mm hai,<br />
während <strong>der</strong> Ägypter, <strong>der</strong> im trockenen Kairo wohnt, dir<br />
Mittelmeerküste nicht mehr als Wüste betrachtet, obgleicl<br />
die Regenmenge dort kaum 150 mm erreicht.<br />
Im allgemeinen bezeichnet man ein heißes Gebiet ai-<br />
Wüste, wenn <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schlag unter 200 mm <strong>und</strong> dir<br />
potentielle Verdunstung dabei über 2000 mm liegt (Zentral<br />
Sahara bis 5000 mm).<br />
Die spärlichen Nie<strong>der</strong>schläge fallen in ariden Gebieten zu<br />
verschiedenen Jahreszeiten. Dementsprechend wird das Zonobiom<br />
III in folgende Subzonobiome (sZB) unterteilt:<br />
sZB mit zwei Regenzeiten (Sonora-Wüste, Karoo)<br />
sZB mit einer Winterregenzeit (nördliche Sahara, Mohave<br />
Desert, Vor<strong>der</strong>asiatische Wüsten)<br />
sZB mit einer Sommerregenzeit (südliche, Sahara, Innere<br />
Namib, Atacama)<br />
4. sZB mit spärlichen zu je<strong>der</strong> Jahreszeit möglichen Regen<br />
(Zentral-Australien)<br />
sZB <strong>der</strong>Küstenwüsten ohne Regen, aber mit Nebel (nordchilenisch-peruanische<br />
Küstenwüste, Äußere Namib)
Tobruk (46 m)<br />
[7-25]<br />
19,0° 146<br />
Klimatische Subzonobiome 231<br />
A ssuan (111 m) Khartum (379 m)<br />
25,8° 3 [45] 28,5° 163<br />
Tucson (739 m) Oudtshoorn (335 m) Rawlinna (198 m)<br />
[19-14] 18,0° 168<br />
6 . sZB <strong>der</strong> regenlosen vegetationslosen Wüsten (Zentrale<br />
Sahara)<br />
Auf Abb. 124 sind die Klimadiagramme <strong>der</strong> verschiedenen<br />
sZB gezeigt mit Ausnahme von sZB 5, weil die Nebel als Nie<strong>der</strong>schläge<br />
kaum meßbar <strong>und</strong> somit aus den Diagrammen<br />
nicht ersichtlich sind (Abb. 136). Eine sehr wichtige Beson<strong>der</strong>heit<br />
aller ariden Gebiete ist die große Variabilität <strong>der</strong><br />
Regenmenge in den einzelnen Jahren. Die mittleren Werte<br />
besagen deshalb nicht viel. Jahre mit Regen unter dem Mittel<br />
sind am häufigsten; es kommen aber wenige Jahre mit<br />
sehr hohen Nie<strong>der</strong>schlägen vor, welche die Wasserreserven<br />
im Boden für Jahrzehnte wie<strong>der</strong> auffüllen.<br />
Die Variationskurve für Kairo (Winterregengebiet) zeigt<br />
Abb. 125. Eine ähnliche Form hat auch die von Mulka, <strong>der</strong><br />
aridesten Station in Zentralaustralien, nur ist <strong>der</strong> Mittelwert<br />
100 mm <strong>und</strong> die Extremwerte 18 <strong>und</strong> 344 mm, in Swakopmiind<br />
(Äußere Namib): <strong>der</strong> entsprechende Mittelwert ist 15,<br />
Extremwerte Null <strong>und</strong> 140 mm. Es handelt sich also stets<br />
um eine schiefe Häufigkeitsverteilung, sinnvoller wäre daher<br />
die Angabe des Medianwertes.<br />
Die ökologischen Verhältnisse in den einzelnen Jahren<br />
sind so verschieden, daß nur langjährige Beobachtungen ein<br />
richtiges Bild von den Ökosystemen in Wüsten vermitteln.<br />
Icde Wüste muß dabei für sich betrachtet werden, doch wollen<br />
wir zunächst die wenigen Gemeinsamkeiten besprechen.<br />
In allen Wüsten ist die Luft sehr trocken (Ausnahme Nebelwüsten),<br />
entsprechend stark sind die Ein- <strong>und</strong> Ausstrahlung<br />
<strong>und</strong> damit auch die Tagesschwankungen <strong>der</strong> Temperatur.<br />
Nur während <strong>der</strong> meist sehr kurzen Regenzeit sind die<br />
Extreme gemil<strong>der</strong>t.<br />
Abb. 124.<br />
Klimadiagramme von Wüstenstationen.<br />
Oben aus Nordafrika<br />
mit Winterregen, ohne Regen<br />
<strong>und</strong> mit Sommerregen: unten<br />
mit 2 Regenzeiten (Sonora-<br />
Wüste <strong>und</strong> Karroo) <strong>und</strong> zu<br />
je<strong>der</strong> Jahreszeit mögliche Regen<br />
(Rawlinna, Australien). Vgl.<br />
dazu auch Abb. 134.
232 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Abb. 125.<br />
Variation <strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schläge<br />
bei Kairo in den Jahren 1906<br />
bis ¡953 (aus W a l t e r ¡973).<br />
20 n<br />
■5 15-<br />
-S CO 10-<br />
N<br />
40 50 60<br />
mm pro Jahr<br />
90 10-<br />
2 Die Böden <strong>und</strong> ihr Wasserhaushalt<br />
Von Böden im eigentlichen Sinne kann man in den Wüster<br />
kaum sprechen, denn es sind Rohböden (Syroseme), dieai.<br />
dem Verwitterungsschutt <strong>der</strong> anstehenden Gesteine beste<br />
hen, zum Teil durch Wind o<strong>der</strong> Wasser verän<strong>der</strong>t. Deswegt<br />
sind die Eigenschaften <strong>der</strong> oft lockeren Muttergesteine au'<br />
schlaggebend, das heißt wir können nicht von klimatische:<br />
Böden sprechen. Es gibt auch keine klimatische zonale Vi<br />
getation auf Euklimatopen, son<strong>der</strong>n nur Pedobiome (Lithc<br />
bion-ie, Psammobiome, Halobiome <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e).<br />
Auch die Wasserversorgung <strong>der</strong> Pflanzen hängt vom Sub<br />
strat ab. Für die Pflanzen in ariden Gebieten ist die Nie<strong>der</strong><br />
schlagshöhe nur indirekt von Bedeutung. Ausschlaggeberii,<br />
ist vielmehr die Haftwassermenge im Boden, die ihnen zu<br />
Verfügung steht. Sie bildet nur einen Teil des Wassers, dasa!<br />
Regen auf den Boden fällt, weil ein Teil abfließt <strong>und</strong> ein ar.<br />
<strong>der</strong>er Teil wie<strong>der</strong> verdunstet (Abb. 126). Der Anteil des Hall<br />
Wassers hängt von <strong>der</strong> des Substrats ab. Im humiden Gebit<br />
gelten die Sandböden als trocken, weil sie wenig Haftwasse<br />
Transpiratio<br />
Abb. 126.<br />
Schema des Schicksals <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagsmenge<br />
in ariden Gebieten.<br />
Für die Pßanzen ist das<br />
Haftwasser von Bedeutung. Das<br />
abfließende Wasser versickert in<br />
den Trocken tälern <strong>und</strong> speist das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser, das nur selten von<br />
den Pflanzenwurzeln erreicht<br />
wird.
ziirückhalten, die Tonböden dagegen als feucht. In ariden<br />
Gebieten müssen wir umlernen; dort ist es gerade umgekehrt.<br />
Eine Versickerung in größere Tiefen bis zum Gr<strong>und</strong>wasser<br />
findet bei ebenem Gelände im ariden Gebiet nicht statt.<br />
Es werden nur die oberen Bodenschichten befeuchtet. Dabei<br />
hängt die Tiefe, bis zu <strong>der</strong> das Wasser eindringt, von <strong>der</strong><br />
Feklkapazität des Bodens ab. Nehmen wir an, daß auf einen<br />
trockenen Wüstenboden 50 mm Regen fallen <strong>und</strong> daß er<br />
vollständig in den Boden eindringt. Bei einem sandigen Boden<br />
werden in diesem Falle die oberen 50 cm bis zur Feldkapazität<br />
befeuchtet. Bei einem feinkörnigen tonigen Boden<br />
mit einer fünfmal so hohen Feldkapazität wird das Wasser<br />
nur 10 cm tief eindringen, bei einem Felsboden mit nur kleinen<br />
Spalten dagegen sehr viel tiefer, vielleicht 100 cm<br />
(Abb. 127).<br />
Nach dem Regen setzt die Verdunstung ein. Wenn dabei<br />
beim tonigen Boden die oberen 5 cm austrocknen, so gehen<br />
50 % des eingedrungenen Regenwassers verloren. Der sandige<br />
Boden trocknet weniger stark aus. Aber selbst wenn<br />
auch hierbei die oberen 5 cm ihr Wasser verlieren, so würden<br />
nur 10 % des Wassers verdunsten. Beim Felsboden findet<br />
praktisch überhaupt keine Verdunstung statt, das heißt<br />
alles Wasser wird gespeichert. Daraus folgt, daß im Gegensatz<br />
zu den Verhältnissen im humiden Gebiet die Tonböden<br />
für die Pflanzen im ariden Gebiet die trockensten Standorte<br />
sind, die Sandböden dagegen eine bessere Wasserversorgung<br />
gewährleisten. Zerklüftete Felsböden sind die feuchtesten<br />
Slandorte, sofern <strong>der</strong> Regen in sie ungehin<strong>der</strong>t eindringt<br />
<strong>und</strong> in den Felsspalten so viel Feinerde vorhanden ist, daß<br />
das Wasser gespeichert wird.<br />
Diese Überlegungen werden durch Messungen in <strong>der</strong> Negev-Wüste<br />
bestätigt. Bei gleichem Jahresnie<strong>der</strong>schlag fand<br />
Die Böden <strong>und</strong> ihr Wasserhaushalt 233<br />
tonig sandig steinig<br />
Abb. 127.<br />
Schematische Darstellung <strong>der</strong><br />
Wasserspeicherung (blau) bei<br />
verschiedenen Bodenarten nach<br />
einem Regen von 50 mm in ariden<br />
Gebieten, h-h = untere<br />
Grtnze <strong>der</strong> Bodendurchfeuclttung:<br />
e-e = untere Grenze bis zu<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Boden wie<strong>der</strong> austrocknet.<br />
Der tonige Boden speichert<br />
30 % o<strong>der</strong> weniger, <strong>der</strong> sandige<br />
90 % <strong>und</strong> <strong>der</strong> steinige WO %<br />
(Schrägschraffur).
234 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
1<br />
man eine im Lößboden für Pflanzen ausnutzbare Wasser<br />
menge von 35 mm, an felsigen Standorten mit einem relati-,<br />
beträchtlichen Abfluß 50 mm, Im Sandboden 90 mm <strong>und</strong><br />
Trockentälern mit starkem Zufluß 250 bis 500 mm. Daß di<br />
Sandböden in ariden Gebieten für die Pflanzen günstigesind,<br />
erkennt man daran, daß <strong>der</strong>selbe <strong>Vegetation</strong>stypus aut<br />
Sand bei geringeren Nie<strong>der</strong>schlägen vorkommt als auf tonigen<br />
Böden. Im Sudan findet man die Acacia iorüV/s-Halbwii.<br />
ste auf Sandböden in einer Zone mit 50 bis 250 mm Regen<br />
auf Tonböden dagegen erst bei 400 mm, o<strong>der</strong> die Acacia mc<br />
lifera-Savanne auf Sandböden bei 250 bis 400 mm, auf Tonböden<br />
erst bei 400 bis 600 mm Jahresnie<strong>der</strong>schlag, Im Kur?-<br />
graspräriegebiet <strong>der</strong> Great Plains findet man auf Sandbö<strong>der</strong><br />
in W-Nebraska eine Langgrasprärie, die sonst nur weiter östlich<br />
bei höheren Nie<strong>der</strong>schlägen vorkommt. Die günstigerer<br />
Wasserverhältnisse von Felsböden fallen in ariden Gebieter<br />
oft durch ihren Baumbestand auf inmitten einer niedrige<br />
<strong>Vegetation</strong> auf feinkörnigen Böden.<br />
Wird bei Sandböden o<strong>der</strong> in Felsspalten <strong>der</strong> Boden bizum<br />
Gr<strong>und</strong>wasser durchfeuchtet, dann können die Wurzel<br />
so tief wachsen, daß sie das Gr<strong>und</strong>wasser erreichen: di.<br />
Wasserversorgung <strong>der</strong> Pflanzen ist dann gesichert. Folgendt<br />
Beispiel sei hier erwähnt:<br />
Nördlich von Basrah in Mesopotamien ist in 15 m Tieb<br />
Gr<strong>und</strong>wasser vorhanden, das durch Kiesschichten vom Euphrat<br />
<strong>und</strong> Tigris ständig gespeist wird. Da jedoch di<br />
Regenmenge nur 120 mm im Jahr beträgt, werden nur die<br />
oberen Bodenschichten befeuchtet, die Wurzeln <strong>der</strong> Pllatzen<br />
können das Gr<strong>und</strong>wasser nicht erreichen; <strong>der</strong> Boden bedeckt<br />
sich nach dem im Winter fallenden Regen mit einer<br />
dürftigen ephemeren <strong>Vegetation</strong>. Die einheimische Bevölkerung<br />
hat jedoch Brunnen gegraben <strong>und</strong> benutzt das Wasse:<br />
um Gemüse zu ziehen, wobei die Pflanzen in Furchen gepflanzt<br />
<strong>und</strong> bei Tagesmaxima bis zu 50 °C mehrmals am Tage<br />
bewässert werden. Infolge <strong>der</strong> stärkeren Verdunstung verbrackt<br />
<strong>der</strong> Boden rasch, so daß das Gemüse nur ein Jahr angebaut<br />
werden kann.<br />
Aber zwischen die Gemüsepflanzen werden salztolerair;,<br />
Tawanx-Stecklinge gesteckt, die sich leicht bewurzeln. Wenr<br />
im zweiten Jahr die Furche kein Wasser erhält, so ist <strong>der</strong> Ei <br />
den doch durch die starke Bewässerung im vorhergehende<br />
Jahr bis zum Gr<strong>und</strong>wasser durchfeuchtet. Infulgedesscr<br />
wachsen die Wurzeln von Tamarix in den nächsten Jalircr<br />
immer tiefer, bis sie das Gr<strong>und</strong>wasser erreichen. Es en:-<br />
wickeln sich dann Bäume, die alle 25 Jahre für Brennltil.<br />
geschlagen werden, aber wie<strong>der</strong> vom Stumpf als Stockau'-
schlage austreiben. Alles frühere Gemüseland verwandelt<br />
sich auf diese Weise in einen Tamarix-V^a\A. Man kann somit<br />
Wüsten mit Gr<strong>und</strong>wasser in größeren Tiefen aufforsten,<br />
wenn man die ersten Jahre nach dem Pflanzen <strong>der</strong> Bäume<br />
so stark bewässert, daß <strong>der</strong> ganze Boden bis zum Gr<strong>und</strong>wasser<br />
durchfeuchtet wird.<br />
Dieses Beispiel gibt uns die Erklärung dafür, daß Phrealophyten,<br />
die an Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>en sind, dieses mit<br />
den Wurzeln erreichen, obgleich darüber viele Meter an<br />
irockenem Boden liegen. Sie können das nur nach sehr günstigen<br />
Regenjahren tun, wenn <strong>der</strong> Boden von <strong>der</strong> Oberfläche<br />
bis zum Gr<strong>und</strong>wasser durchfeuchtet ist, halten sich<br />
dann aber so lange, bis die Holzpflanzen ihre Altersgrenze<br />
erreichen. Es braucht sich dabei nicht immer um Gr<strong>und</strong>wasser<br />
zu handeln. Oft ist es nur Gr<strong>und</strong>feuchtigkeit, das heißt<br />
Haftwasser, das im Boden gespeichert wird. Sobald es tiefer<br />
als 1 m liegt, bleibt es sehr lange erhalten, sofern keine o<strong>der</strong><br />
nur sehr wenige Pflanzen es mit ihren Wurzeln erreichen<br />
<strong>und</strong> verbrauchen.<br />
Sehr häufig <strong>und</strong> vor allem in den Depressionen treten in<br />
den Wüsten Salzböden auf. Wir wollen sie geson<strong>der</strong>t besprechen<br />
(s. S. 238).<br />
3 Substratabhängige Wüstentypen<br />
Die Wüstenbiome kann man nach <strong>der</strong> Bodenbeschaffenheit<br />
in folgende Biogeozönkomplexe unterteilen, die in <strong>der</strong> Sahara<br />
zuerst studiert wurden. Daher wurden meist die dortigen<br />
lokalen Bezeichnungen allgemein übernommen.<br />
a Steinwüste (Hamada)<br />
Wenn das im Laufe <strong>der</strong> geologischen Geschichte entstandene<br />
.\tuttergestein an <strong>der</strong> Oberfläche ansteht, so spricht man<br />
von einer Felswüste. Eine solche ist ziemlich selten anzuireflen,<br />
weil durch die physikalische Verwitterung aride Gebirge<br />
oft fast völlig in ihrem eigenen Grobschutt versunken<br />
sind. Grobgestein ist insbeson<strong>der</strong>e auch auf den Erhebungen<br />
<strong>der</strong> Tafelberge zu finden, von denen alle feinen Verwitterungsprodukte<br />
abgeweht worden sind, wobei durch das<br />
Sandgebläse eine starke Win<strong>der</strong>osion an allen herausragenden<br />
Felsen erfolgt. An <strong>der</strong> Oberfläche reichern sich handgroße<br />
Gesteinsstücke an. Sie bilden ein Steinpflaster. Die<br />
Steine sind oft von dunklem Wüstenlack überzogen. Dies<br />
verleiht <strong>der</strong> Landschaft einen düsteren Eindruck. Unter dem<br />
Steinpflaster kann eine wasserabstoßende Stauberde vorhanden<br />
sein, die bei anstehenden Meeressedimenten reich<br />
Substratabhängige Wüstentypen 235<br />
_ Die verborgenen Wasserreserven<br />
in Wüstenböden<br />
sind größer, als es <strong>der</strong><br />
oberflächliche Beobachter<br />
glaubt.
235 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
A b b . 128.<br />
Großes Fischßiiß-Canyon in <strong>der</strong><br />
Wüste im Süden Namibias<br />
(phot. E. W a l t e r ).<br />
an Gips <strong>und</strong> Salz ist, wodurch Pflanzenwuchs verhinde.r<br />
wird. Die Hamadaflächen sind durch tiefe Erosionstän.<br />
mit steilen, von Schutt überdeckten Hängen zerkliHu<br />
(Abb. 128). In den Felsspalten <strong>und</strong> Felsklüften können si.<br />
einige Pflanzen halten, es sind nicht selten Xerohalophyit:<br />
b Kieswüste (Serir bzw. Reg)<br />
Diese entsteht, wenn das Muttergestein heterogen, zum Bespiel<br />
ein Konglomerat ist. Die leichter verwitternde Kittsuistanz<br />
zerfällt <strong>und</strong> wird durch Wind entfernt. Die harten Kiesel<br />
reichern sich wie<strong>der</strong>um an <strong>der</strong> Oberfläche an. Diese<br />
autochthonen Kieswüsten stehen die allochthonen gegen;<br />
her, bei denen es sich um alluviale Ablagerung früherer Ri<br />
genzeiten handelt, aus denen das feine Material ausgeblastwurde.<br />
Unter <strong>der</strong> durch Wüstenlack dunkel gefärbten Kie'-<br />
schicht kann eine durch Gips verbackene, harte Kruste vorhanden<br />
sein. Die beson<strong>der</strong>s eintönige Kieswüste ist mr<br />
leicht gewellt. Die flachen, breiten Täler sind mit Sand gtfüllt<br />
<strong>und</strong> bieten den Pflanzen eher die Möglichkeii, Füll zl<br />
fassen. Unter diesen findet man Pflanzen des Sandbodenaber<br />
auch Xerohalophyten.<br />
c Sandwüsten (Erg bzw. Areg)<br />
Sie entstehen in den großen Beckenlandschaften, in dene:<br />
<strong>der</strong> von den Erhebungen abgeblasene Sand zur Ablagerui'..<br />
kommt <strong>und</strong> zur Dünenbildung beiträgt. Überwiegt eine<br />
Windrichtung, dann bilden sich Sicheldünen o<strong>der</strong> Barchar.;<br />
aus, die auf <strong>der</strong> Luvseite flach <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> Leeseite steil ab-
Substratabhängige<br />
fallen. Sie bewegen sich in <strong>der</strong> Windrichtung fort. Än<strong>der</strong>t<br />
sich die Windrichtung periodisch, so wird nur <strong>der</strong> Kamm <strong>der</strong><br />
Düne jeweils umgebaut, während die Basis festliegt. Die<br />
Sandkörner sind an <strong>der</strong> Oberfläche mit einem Eisenoxidhäuichen<br />
überzogen, wodurch die Dünen in trockenen<br />
heißen Gegenden leuchtend orange o<strong>der</strong> rot gefärbt erscheinen.<br />
In Küstennahe, bei höherer Luftfeuchtigkeit ist die Färbung<br />
dagegen gelbbräunlich.<br />
Bewegliche <strong>und</strong> deshalb vegetationslose Dünen sind<br />
VVasserspeicher, da <strong>der</strong> Regen leicht eindringt <strong>und</strong> nur zum<br />
geringsten Teil verdunstet. Selbst bei nur 100 mm Jahresregenmenge<br />
entsteht ein Gr<strong>und</strong>wasserhorizont, so daß die<br />
Wässergewinnung aus Brunnen möglich ist o<strong>der</strong> das Wasser<br />
im Interdünenbereich austritt.<br />
Ist die Sanddecke nicht sehr mächtig, so kann eine Besiedlung<br />
durch Pflanzen (Nichthalophyten, wie Dünengräser,<br />
Ziziphus <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e) erfolgen. Perennierende Arten<br />
o<strong>der</strong> Sträucher dienen dann als Sandfänger. Aus dem um sie<br />
abgelagerten Sand wachsen die Pflanzen wie<strong>der</strong> heraus, so<br />
daß immer neuer Sand angelagert wird. Auf diese Weise bildet<br />
jede Pflanze eine Haufendüne (von mehreren Metern<br />
Hohe), Nebkha genannt. Die ganze Landschaft erhält durch<br />
diese Miniaturdünen ein sehr charakteristisches Gepräge.<br />
d Trockentäler (Wadis bzw. Oueds)<br />
Man nennt diese in S-Afrika Riviere, in Amerika auch Washes<br />
o<strong>der</strong> Arroyos. Sie sind ein wichtiges Landschaftselement<br />
aller Wüsten. Ihre Entstehung ist meistens in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
zu suchen, als die Regenmengen höher waren<br />
iPluvialzeiten). Die Trockentäler beginnen als kaum merkliche<br />
Erosionsrinnen, die sich zu tieferen Gräben o<strong>der</strong> Tälchcn<br />
vereinigen, bis sie oft in tiefe Canyons einmünden. Das<br />
nach einem Regen abfließende Wasser lagert Kies <strong>und</strong> Sand<br />
ab. Die Salze werden teilweise ausgewaschen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Boden<br />
tief durchfeuchtet; es entstehen insbeson<strong>der</strong>e für halophytische<br />
Pflanzen (Tamarix, Nitraria) günstige Wuchsverhältnisse.<br />
In den großen Trockentälern ist das Bett vegetationslos,<br />
weil <strong>der</strong> Boden von den seltenen Wasserfluten umgelagert<br />
wird. Die <strong>Vegetation</strong> beschränkt sich auf die vor den Fluten<br />
geschützten Rän<strong>der</strong> <strong>und</strong> ist um so üppiger, je mehr Wasser<br />
in den alluvialen Ablagerungen gespeichert wird. Oft ist ein<br />
ständiger Gr<strong>und</strong>wasserstrom vorhanden, dann findet man<br />
als extrazonale <strong>Vegetation</strong> dichte nichthalophytische Gehölze,<br />
die oft in einer Reihe stehen. In kleineren Wadis läßt sich<br />
abgehendes Wasser durch Terrassierung auffangen <strong>und</strong> damit<br />
Ackerbau treiben.<br />
Wüstentypen 237
238 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
^ Hamada - Serir - Erg<br />
- Takyr - Sebkha:<br />
dies ist oft eine geomorphoiogische<br />
Abfoige von<br />
Wüstentypen, die in ihrer<br />
Anordnung einer großen<br />
Catena (hier durch Abtragungs-<br />
<strong>und</strong> Abiagerungsprozesse<br />
verb<strong>und</strong>ene<br />
Landschaftsgiie<strong>der</strong>) entspricht<br />
mit einem Substrat,<br />
das <strong>der</strong> Korngröße<br />
nach sortiert ist.<br />
e Pfannen (Sebkhas, Dayas o<strong>der</strong> Schotts)<br />
Es sind dies die kleinen Mulden <strong>und</strong> Senken o<strong>der</strong> ¡>rol-<br />
Depressionen, in denen die vom Wasser <strong>der</strong> Wadis mii^<br />
führten Schluff- o<strong>der</strong> Tonteilchen abgelagert werden. Hab«<br />
diese Pfannen einen unterirdischen Abfluß (in verkarstet<br />
Gebieten), dann tritt keine Verbrackung ein.<br />
Dasselbe gilt für die Takyre, den deltaähnlichen Bildui<br />
gen am Ausgang <strong>der</strong> Täler, von denen ein Teil des Wasv<br />
nach beson<strong>der</strong>s starken Nie<strong>der</strong>schlägen in breiter Fri'<br />
langsam abfließt. Ihre schweren Tonböden sind jediv<br />
ungünstige Standorte; meist dringt das Wasser kaum in dt<br />
Boden ein, <strong>der</strong> nach einer Überschwemmung bald widr<br />
austrocknet. Deshalb wachsen auf den Takyrböden vorv.,<br />
gend nur Algen, Flechten o<strong>der</strong> ephemere Arten.<br />
Findet kein Abfluß statt <strong>und</strong> verdunstet alles Wasser ai.<br />
dem Becken, so ist eine Salzanreicherung die Folge. In -■<br />
eben Salzpfannen, also Halobiomen kommt es auf den ti;<br />
sten Stellen zur Ausbildung von festen Salzschichten. Ai<br />
Rande, wo die Salzkonzentration niedriger ist, stellen si.<br />
Hygrohalophyten ein. Oft ist das Gr<strong>und</strong>wasser weniger salzhaltig<br />
<strong>und</strong> nur an <strong>der</strong> Oberfläche bilden sich Salzkrusin<br />
Wird auf die Oberfläche einer solchen Salzpfanne eine du;<br />
ne Sandschicht lokal abgelagert, so unterbleibt <strong>der</strong> kapilla;<br />
Aufstieg <strong>und</strong> damit die Salzanreicherung. Auf diesen Sar<br />
ablagerungen siedeln sich Pflanzen an, die dann als San<br />
länger dienen, wodurch wie<strong>der</strong>um eine Haufendünen-odr<br />
auch Nebkha-Landschaft um die Pfanne herum entsiehi.<br />
f Oasen<br />
Die mit dichtem Pflanzenwuchs ausgestatteten Stellen indr<br />
Wüste, wo salzarmes Wasser in Form von gewöhnliche:<br />
o<strong>der</strong> artesischen Quellen an die Oberfläche tritt, werden Oasen<br />
genannt. Hier können hygrophile Arten wachsen. Heu<br />
te sind solche Oasen alle dicht besiedelt Die natürliche \i<br />
getation ist durch Kulturpflanzen o<strong>der</strong> Unkräuter ersetzt.<br />
An die Oasen mit starken Quellen schließen sich oft Salzpfannen<br />
(Schotts) an, in denen sich das überschüssige Wasser<br />
ansammelt <strong>und</strong> verdunstet (Südtunesien, Algerien).<br />
4 Wasserversorgung <strong>der</strong> Wüstenpflanzen<br />
Die große Trockenheit <strong>der</strong> ariden Gebiete verleitet Forscher<br />
die die Wüste nicht aus eigener Erfahrung kennen, zu de<br />
Annahme, daß die Wüstenpflanzen beson<strong>der</strong>e physioloitische<br />
Eigenschaften - eine physiologische Dürreresistenz -<br />
besitzen, die es ihnen ermöglicht, unter ariden Verhältnisse'<br />
zu wachsen. Insbeson<strong>der</strong>e werden immer wie<strong>der</strong> die angel-
\h hohen Zellsaftkonzentrationen hervorgehoben, welche<br />
Pflanzen befähigen, selbst aus fast trockenem Boden<br />
Wässer aufzunehmen. Eingehende ökophysiologische Unlersuchtingen<br />
in den letzten Jahrzehnten haben jedoch ge-<br />
,eii:i, daß diese Ansichten nicht richtig sind. Die Wasserver-<br />
. irgtmg <strong>der</strong> Wüstenpflanzen ist nicht so schlecht, wie man<br />
auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> geringen Nie<strong>der</strong>schlagshöhe anzunehmen ge-<br />
'i'igt ist. Denn die Nie<strong>der</strong>schläge in Millimeter bedeuten Liirr<br />
Wasser pro Quadratmeter Bodenoberfläche; man muß<br />
.Icshalb für die Beurteilung <strong>der</strong> Wasserversorgung <strong>der</strong> Pflanauch<br />
die transpirierende Oberfläche pro Quadratmeter<br />
Bodenoberfläche berechnen.<br />
Das Landschaftsbild in den Wüsten wird deshalb nicht<br />
von den Pflanzen, son<strong>der</strong>n vom nackten Gestein gesprägt.<br />
Will man die genaue Beziehung zwischen <strong>der</strong> Regenmenge<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sdichte bestimmen, so muß man Pflanzen<br />
gleicher Lebensform vergleichen (zum Beispiel Gräser o<strong>der</strong><br />
Bäume mit ähnlichem Laub) <strong>und</strong> ein Gebiet auswählen, in<br />
dem zwar <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlag sich auf relativ kurze Entfernung<br />
än<strong>der</strong>t, aber die Temperaturverhältnisse annähernd gleich<br />
Meiben; es soll sich dabei um Etiklimatope mit ähnlichem<br />
Boden handeln <strong>und</strong> die <strong>Vegetation</strong> darf nicht<br />
dutch menschliche Eingriffe gestört sein.<br />
Geeignete Gebiete sind SW-Afrika mit einer<br />
Grasdecke bei Nie<strong>der</strong>schlägen von 100 bis 500 mm<br />
imJahre <strong>und</strong> SW-Australien mit Eucalyptus-'Wä\-<br />
detn bei Regenmengen von 500 bis 1500 mm. Das<br />
Ergebnis <strong>der</strong> entsprechenden Untersuchungen war<br />
eine lineare Funktion zwischen <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagshöhe<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Produktion an Pflanzenmasse, bzw.<br />
<strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> transpirierenden Fläche (Abb. 129).<br />
Sie gilt auch für Kreosotbuschbestände (Larrea divaricata)<br />
in SE-Kalifornien ebenso wie für die ephemere<br />
<strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> ariden Gebiete mit Jahresnie<strong>der</strong>schlägen<br />
bis 100 mm. Nur verbrauchen<br />
zunächst die Graskeimlinge 16 bis 17 mm für den<br />
Keimungsvorgang <strong>und</strong> nutzen das Wasser weniger<br />
Wasserversorgung <strong>der</strong> Wüstenpflanzen 239<br />
t - h a “'<br />
gal aus als die mehrjährigen Gräser, so daß die Gerade flacher<br />
ansteigt.<br />
Je trockener ein Gebiet ist, desto weiter rücken die Pflanzen<br />
auseinan<strong>der</strong>, desto mehr Bodenraum braucht die einzelne<br />
Pflanze für die Wasseraufnahme.<br />
Diese Regel wird in Nordafrika für Ölbaumkulturen bestätigt:<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Bäume pro Hektar wird proportional zur<br />
.\bnahme <strong>der</strong> Regenmenge verringert, bis schließlich nur<br />
mich 25 Bäume je Hektar stehen. Dabei bleibt <strong>der</strong> Ertrag pro<br />
^ So verschiedenartig<br />
die einzelnen Wüsten <strong>der</strong><br />
Erde sind, eines haben<br />
alle gemeinsam: die geringe<br />
Dichte <strong>der</strong> Pflanzendecke.<br />
Abb. 129.<br />
Stoffproduktion (oberirdische<br />
Trockenmasse in t • ha~') des<br />
Graslandes im südwestlichen<br />
Afrika in Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />
Jahresregenmenge in mm.<br />
100 200 300 400*<br />
mm-a''<br />
500<br />
^ Daraus folgt, daß die<br />
Wasserversorgung in bezug<br />
auf die Einheit <strong>der</strong><br />
transpirierenden Fläche in<br />
ariden <strong>und</strong> humiden Gebieten<br />
(Nie<strong>der</strong>schlag 100<br />
bis 1500 mm pro Jahr)<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger gleich<br />
bleibt.
240 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
_ Die diffuse <strong>Vegetation</strong><br />
mit einer gleichmäßigen<br />
Verteiiung <strong>der</strong> ausdauernden<br />
Pflanzen über<br />
eine fast ebene Fläche<br />
geht in extrem ariden Gebieten<br />
in eine kontrahierte<br />
<strong>Vegetation</strong> über, das<br />
heißt die ausdauernden<br />
Pflanzen wachsen nur<br />
noch in oft kaum merklichen<br />
Erosionsrinnen o<strong>der</strong><br />
Senken, während die<br />
höheren Flächen vegetationslos<br />
bleiben.<br />
1<br />
Baum im wesentlichen gleich, ein Zeichen, daß sich scic'<br />
Wasserversorgung nicht wesentlich än<strong>der</strong>t. Auch für dt<br />
Getreideanbau gilt, daß die Saatdichte mit abnehmendi<br />
Nie<strong>der</strong>schlägen geringer sein muß. Um das Wasser aus i<br />
nem größeren Bodenraum entnehmen zu können, muß c<br />
Pflanze ein größeres Wurzelsystem besitzen.<br />
Das zweite wesentliche Merkmal ist, daß die Pflanzen ir<br />
zunehmen<strong>der</strong> Aridität ihre transpirierende Oberfläche ii:<br />
mer mehr reduzieren, aber das Wurzelsystem stärker er.-<br />
wickeln. Es zeigt sich nämlich, daß bei einer Erhöhung dt<br />
Zellsaftkonzentration das Sproßwachstum sofort stark u<br />
hemmt wird, während das Wurzellängenwachstum anlant<br />
sogar eine För<strong>der</strong>ung erfährt. Während in humiden Gebii<br />
ten <strong>der</strong> größere Teil <strong>der</strong> Phytomasse sich über dem Bodi<br />
befindet, überwiegt in ariden Gebieten <strong>der</strong> unterirdischt<br />
Teil. Dabei dringen die Wurzeln in Trockengebieten oft nich<br />
tiefer in den Boden ein, wie es meist dargeslellt wird, son<br />
dem das Wurzelsystem wird immer flacher, aber viel weil<br />
verzweigter. Denn je spärlicher <strong>der</strong> Regen ist, desto wenige<br />
tief durchfeuchtet er den Boden. Unter <strong>der</strong> oberen wasser<br />
haltigen Bodenschicht ist überhaupt kein Wasser vorhar.<br />
den, das die Pflanzen aufnehmen könnten. Nur bei Pflanzen<br />
die an Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>en sind (Phreatophyten) odr<br />
<strong>der</strong>en Wurzeln in Felsspalten eindringen, hat man sehr tiefgehende<br />
Pfahlwurzeln beobachtet. Aber das darf man nich:<br />
verallgemeinern.<br />
Kommen wir in extrem aride Gebiete mit Nie<strong>der</strong>schlägen<br />
unter 100 mm, so än<strong>der</strong>t sich die Pflanzendecke, die homogene<br />
<strong>Vegetation</strong> fehlt dann. Dies hängt mit <strong>der</strong> Wasserverteilung<br />
im Boden zusammen.<br />
In den extremen Wüsten haben die Böden, mit Ausnahme<br />
von beweglichem Sand, an <strong>der</strong> Oberfläche meistens eine<br />
schwer benetzbare Kruste. Infolgedessen dringt <strong>der</strong> zwar seltene,<br />
aber meist in Güssen fallende Regen kaum in den Boden<br />
ein, son<strong>der</strong>n fließt zum größten Teil oberflächlich ab.<br />
Die sandigen Erosionsrinnen <strong>und</strong> die Senken erhalten deshalb<br />
viel mehr Wasser, als dem Nie<strong>der</strong>schlag entspricht, <strong>und</strong><br />
dieses dringt tief in den Boden ein. Die Pflanzen wurzeln<br />
hier so tief, wie <strong>der</strong> Boden durchfeuchtet wird, oft mehrere<br />
Meter tief. Es kann sich sogar stellenweise in den Tälern<br />
Gr<strong>und</strong>wasser ansammeln. Selbst in <strong>der</strong> Wüste bei Kairo-<br />
Heluan mit 2 5 mm Regen/Jahr ist in allen Tälern eine <strong>Vegetation</strong><br />
vorhanden. Nimmt man an, daß 40 % des Regenwassers<br />
in die tiefen Teile des Reliefs abfließen <strong>und</strong> daß auf die<br />
letzteren nur 2 % <strong>der</strong> gesamten Eläche entfallen, so steht<br />
den Pflanzen bei 25 mm Regen durch Zufluß an diesen
Wuchsorten dieselbe Wassermenge zur Verfügung wie auf<br />
einer Ebene bei einem Nie<strong>der</strong>schlag von 500 mm. Tatsäch-<br />
' :h wurde gemessen, daß die Wasserabgabe <strong>der</strong> Pflanzen-<br />
Jecke an einem solchen Standort bei Heluan durch Transpiration<br />
400 mm beträgt. Die Zellsaftkonzentration <strong>der</strong><br />
Pflanzen steigt auch im regenlosen Sommer nur leicht an,<br />
was ein Zeichen für die gute Wasserversorgung ist. Die sandiiten<br />
Depressionen in <strong>der</strong> Kieswüste an <strong>der</strong> Kairo-Sttez-<br />
Siraße enthalten schon in 75 cm Tiefe ständig 2,4 % Wasser<br />
IWelkepunkt 0 , 8 %), trocknen also niemals aus <strong>und</strong> tragen<br />
eine spärliche ausdauernde <strong>Vegetation</strong>. In einzelnen Erosionsrinnen<br />
können die Wurzeln <strong>der</strong> Pflanzen über 5 m in die<br />
Tiefe gehen. Das hängt von <strong>der</strong> Durchfeuchtung ab. Ungeachtet<br />
<strong>der</strong> hohen Aridität weist die Flora in <strong>der</strong> Umgebung<br />
von Kairo noch 200 Arten auf.<br />
Somit ist die Wasserversorgung <strong>der</strong> Pflanzen in den exireinen<br />
Wüsten ebenfalls nicht so schlecht, wie meistens anüenommen<br />
wird. Wo Pflanzen in <strong>der</strong> Wüste wachsen, ist<br />
wenigstens zu bestimmten Zeiten immer etwas Wasser vorhanden,<br />
selbst wenn <strong>der</strong> Boden oberflächlich noch so<br />
¡rocken aussieht. Die Pflanzen müssen nur die Fähigkeit besitzen,<br />
lange Dürrezeiten durchzuhalten. Das wird vor allem<br />
durch tiefgehende Wurzeln <strong>und</strong> durch beson<strong>der</strong>e morphologische<br />
Anpassungen ermöglicht. Eine wesentliche plasmatische<br />
Dürreresistenz besteht nicht. Die Zellsaftkonzentration<br />
ist im allgemeinen niedrig (die Halophyten ausgenommen).<br />
Das Prinzip <strong>der</strong> kontrahierten <strong>Vegetation</strong> wird von <strong>der</strong><br />
Berberbevölkerung in S-Tunesien seit <strong>und</strong>enklicher Zeit für<br />
Kulturen bei 200 mm <strong>und</strong> weniger Regen im Jahr verwendet:<br />
Jede kleine Rinne ist mit einem das abfließende Wasser<br />
stauenden Damm versehen <strong>und</strong> in dem vor dem Damm angeschwemmten<br />
feuchten Boden werden Dattelpalmen o<strong>der</strong><br />
Getreide bzw. Ackerbohnen kultiviert.<br />
Einen ähnlichen Ackerbau auf Abfluß („run-off") in vorarabischer<br />
Zeit durch die Nabatäer hat man auch in <strong>der</strong> Negev-Wüste<br />
festgestellt. Die alten Dämme wurden wie<strong>der</strong> erneuert<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> versuchsweise Anbau von verschiedenen<br />
Kulturpflanzen führte zum Erfolg (Evenari at al. 1982).<br />
5 Ökologische Typen <strong>der</strong> Wüstenpflanzen<br />
Man hat alle Pflanzen, die in Trockengebieten waeihsen, als<br />
Xerophyten bezeichnet. Das ist nicht zweckmäßig. Denn in<br />
jedem ariden Gebiet gibt es Standorte, die den Pflanzen eine<br />
dauernd sehr gute Wasserversorgung gewährleisten, zum<br />
Beispiel in den Oasen. An solchen Standorten können Arten<br />
ökologische Typen <strong>der</strong> Wüstenpflanzen 241
242 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
selbst <strong>der</strong> feuchten Tropen wachsen. In <strong>der</strong> regenlosen W;,<br />
bei Assuan kultiviert man auf einer Insel im Nil mit ktiriv<br />
eher Bewässerung zum Beispiel Kokospalmen, Mango, Mj-<br />
Papaya, Bataten, Maniok, Kampferbaum, Mahagoniba ,<br />
Kaffee, Granatapfel <strong>und</strong> viele Arten <strong>der</strong> indischen Mori'<br />
Wäl<strong>der</strong>. In dem dichten Bestand ist das Mikroklima wen:,<br />
arid als in <strong>der</strong> offenen Wüste. Auch unter natürlichen Vi<br />
hältnissen können in gr<strong>und</strong>wasserführenden Trockentä:,<br />
Pflanzen wachsen, die keinem Wassermangel ausgesetzt ■<br />
<strong>und</strong> deshalb keine Anpassungen an die Trockenheit atilv.<br />
sen. Außerdem gibt es in den meisten Wüsten wenigst,<br />
vorübergehend eine kurze feuchte Jahreszeit. Sie fehlt;<br />
<strong>der</strong> Zentralen Sahara, <strong>der</strong> Namib <strong>und</strong> <strong>der</strong>peruanisch-chilt:<br />
sehen Wüste. Arten, die sich in diesen feuchten Perioden er<br />
wickeln (Therophyten, Ephemere) <strong>und</strong> die übrige Zeit<br />
Samen (Therophyten) o<strong>der</strong> im Boden (Geophyten = Eph,<br />
meroide) überdauern, weisen ebenfalls keine beson<strong>der</strong>e<br />
Anpassungen an Wassermangel auf.<br />
Eine Unterscheidung von dürreausweichenden <strong>und</strong> di<br />
reertragenden Arten ist ökologisch unlogisch. Alle ertragt<br />
Dürre, die einen als Samen (Ephemere) o<strong>der</strong> Knollen, bzv<br />
Zwiebeln (Ephemeroiden), die an<strong>der</strong>en im latenten Leber,<br />
zustand wie die poikilohydren niedrigen Pflanzen (Alge:<br />
Flechten), aber auch eine Reihe von Farnen {Cheilanthes.<br />
tholaena, vgl. Abb. 130) o<strong>der</strong> Selaßinella-Arten <strong>und</strong> sogar Bittenpflanzen,<br />
von denen Myrothamnus flabellifolia (Rosales<br />
die bekannteste ist (Abb. 130). Die Sukkulenten <strong>und</strong>Xenphyten<br />
überdauern im reduziert-aktiven Zustand.<br />
Als Xerophyten bezeichnet man die ökologischen Gruppen,<br />
die während <strong>der</strong> Dürrezeit eine gewisse, wenn aucl<br />
Abb. 130.<br />
Myrothamnus flabellifolius<br />
(links) im latenten Lebenszustand<br />
(Zweige zusammengelegt,<br />
Blätter gefaltet) <strong>und</strong> eine Notholaena-Art<br />
(rechts), zwei poikilohydre<br />
Arten auf Glimmerschiefer<br />
am Steilabfall zur Namib-Wüste<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
ökologische Typen <strong>der</strong> Wüstenpflanzen 243<br />
nimale Wasseraufnahme benötigen, da sie über keine<br />
iH'ii Wasserspeicher verfügen. Es sind drei durch Überce<br />
miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>ene Untergruppen:<br />
Malakophylle Xerophyten, die mehr für semiaride<br />
Gebiete charakteristisch sind. Sie besitzen weiche Blätter,<br />
die bei Trockenheit welken, wobei die Zellsaftkonzentration<br />
sich stark erhöht; bei länger andauern<strong>der</strong> Dürre werlen<br />
sie die Blätter ab, so daß nur die jüngsten Blattanlajjen<br />
in den dicht behaarten Knospen erhalten bleiben.<br />
Typische Beispiele sind viele Labiaten, Compositen <strong>und</strong><br />
Cisirosen ari<strong>der</strong> Gebiete.<br />
Sklerophylle Xerophyten mit kleinen, harten durch<br />
mechanische Gewebe ausgesteiften Blättern. Man findet<br />
sie insbeson<strong>der</strong>e in Gebieten mit einer langen Sommerdürre.<br />
Sie können bei Wassermangel ihre Transpiration<br />
auf ein Minimum reduzieren; die Zellsaftkonzentration<br />
steigt nur unter extremen Verhältnissen an. Beispiele<br />
sind die immergrünen Eichen, <strong>der</strong> Ölbaum Phillyrea <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e.<br />
3. Stenohydre Xerophyten, die bei Wassermangel sofort<br />
ihre Stomata schließen <strong>und</strong> dadurch einen Anstieg <strong>der</strong><br />
Zellsaftkonzentration verhin<strong>der</strong>n; doch kommen dadurch<br />
<strong>der</strong> Gaswechsel <strong>und</strong> somit die Photosynthese zum<br />
Stillstand, das heißt die Pflanzen geraten in einen Hungerzustand.<br />
Bei lange anhalten<strong>der</strong> Dürre vertrocknen die<br />
Blätter dieser Arten nicht, son<strong>der</strong>n sie vergilben <strong>und</strong> fallen<br />
schließlich ab. Als Beispiel können einige nicht sukkulente<br />
Wolfsmilchgewächse dienen, dennocli gehören<br />
die meisten extremen Wüstenpflanzen gerade zu dieser<br />
Gruppe.<br />
Das Überleben wird mit unglaublicher Zähigkeit oft nur als<br />
elende Krüppel erreicht. Pflanzen können dabei sehr alt<br />
werden, oft h<strong>und</strong>ert Jahre <strong>und</strong> mehr. Viele Äste sterben ab,<br />
jbcres genügt, wenn einige überleben, die nach Regen wie<strong>der</strong><br />
weiterwachsen.<br />
Eine Gruppe für sich bilden die Sukkulenten, die Was-<br />
'« speichern <strong>und</strong> während <strong>der</strong> Dürre dieses Wasser sehr<br />
;iarsam verbrauchen; ihre kleinen Saugwurzeln sterben ab,<br />
’daß während <strong>der</strong> Dürre keinerlei Wasseraufnahme aus<br />
i'm Boden erfolgt. Je nach den Organen, in denen das<br />
'ährend <strong>der</strong> Regenzeit aufgenommene Wasser gespeichert<br />
■ird, unterscheidet man:<br />
Blattsukkulenten (Agave <strong>und</strong> A M o<strong>der</strong> Cotyledon, Crassula,<br />
Sansevieria <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e)<br />
- Stainmsukkulenten (Kakteen, viele Euphorbia-knen,<br />
Stapelien, Kleinia <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e)<br />
_ _ ln den Wüsten kommt<br />
es den Pflanzen weniger<br />
auf eine große Stoffproduktion<br />
an, son<strong>der</strong>n vielmehr<br />
darauf, die Dürrezeiten<br />
überhaupt zu<br />
überleben. Ein Wettbewerb<br />
zwischen den oberirdischen<br />
Teilen besteht<br />
nicht.
244 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
3. W urzelsukkulenten mit nicht sichtbaren unter<br />
sehen Speichern, wie Asparagus-Arien, Packypodium<br />
an<strong>der</strong>e, aber es gibt auch einige Leguminosen mit ri<br />
gen Knollen in den Sandgebieten <strong>der</strong> Kalahari,<br />
Eine genauere Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sukkulenten hat v. Watt<br />
al. (1990) gegeben. Er unterscheidet aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> jahr<br />
zeitlichen Entwicklung die in Tab. 17 angegebenen Typt-:<br />
Die Zellsaftkonzentration aller Sukkulenten ist sehrni<br />
rig <strong>und</strong> steigt auch bei großen Wasserverlusten währtlanger<br />
Trockenzeit nicht an. Denn die Sukkulenten verlier<br />
gleichzeitig organische Verbindungen (Zucker, Säuren<br />
an<strong>der</strong>e) infolge <strong>der</strong> Atmung, so daß <strong>der</strong> Wassergehalt<br />
Trockensubstanz berechnet unverän<strong>der</strong>t bleiben kann.<br />
Sukkulenten vermögen über ein Jahr ohne Wasseraiilna<br />
me am Leben zu bleiben. Bei vielen wurde <strong>der</strong> diurnalc Sa<br />
restoffwechsel (CAM - Crassulacean Add Metaboli^<br />
nachgewiesen, das heißt sie öffnen ihre Stomata nur nad<br />
wenn die Transpirationsverluste gering sind, nehmen C(<br />
auf, wobei diese zur Bildung von organischen Säuren lüi<br />
so daß die Acidität des Zellsaftes stark ansteigt. Am Ta:<br />
werden die Stomata geschlossen <strong>und</strong> bei Licht das nachts ^<br />
b<strong>und</strong>ene COj assimiliert, wodurch <strong>der</strong> Säuregrad wie<strong>der</strong><br />
nimmt. Der notwendige Gaswechsel erfolgt auf diese Wl<br />
unter minimalen Wasserverlusten (Dinger & Patten 1974<br />
Bei den annuellen Sukkulenten sind Sommerannud<br />
überwiegend C4-Pflanzen (zum Beispiel Zygophyllum v<br />
plex), die winterannuellen CAM-Pflanzen (zum Beispiel Of<br />
phytum aquosum).<br />
Tab. 17. Lebensformen <strong>der</strong> Sukkulenten in den Wüsten des südlichen Afrika<br />
Ephemere (Keimung nach jedem Regenereignis möglich)<br />
Annuelle<br />
• Sommerannuelle (Keimung nur bei Sommerregen)<br />
• Winterannuelle (Keimung nur bei Winterregen)<br />
Paucienne (wenige Jahre lebend)<br />
Perenne (Ausdauernde, viele Jahre)<br />
• Geophyten<br />
• Blüten <strong>und</strong> Blätter gleichzeitig<br />
• Blüten <strong>und</strong> Blätter zu verschiedenen Jahreszeiten<br />
• Wurzelsystem ausdauernd<br />
• Oberirdisch nur Blüten<br />
• Oberirdisch persistente Pflanzen<br />
• Außer Keimblättern keine grünen Blätter<br />
• Mit jährlichem Blattwechsel (regengrün)<br />
• Immergrün<br />
verän<strong>der</strong>t nach v. W illert et al. 1990
■'iL' in vielen Wüsten sehr wichtige Gruppe sind die Salzpflanzen<br />
o<strong>der</strong> Halophyten (vgl. S. 73ff.). Sie sind aber<br />
rhr an das Auftreten von Salzböden als an das Klima geinden.<br />
Ihre Verbreitung geht oft weit über Zonobiomgren-<br />
■nhinaus.<br />
6 Produktivität <strong>der</strong> Wüstenvegetation<br />
ts'cnn die Einzelpflanzen in Dürrezeiten ihre transpirierende<br />
<strong>und</strong> zugleich photosynthetisch wirksame Oberfläche einschränken,<br />
nimmt die Produktion ab. Bei lange andauern<strong>der</strong><br />
Dürre kommt sie zum Stillstand. An<strong>der</strong>erseits entwickeln sich<br />
dir Pflanzen in guten Regenjahren zwar üppiger, aber alles zur<br />
Verfügung stehende Wasser können sie doch nicht ausnutzen.<br />
Der Überschuß kommt den Ephemeren zugute, die sich beson<strong>der</strong>s<br />
stark entwickeln <strong>und</strong> gewissermaßen einen <strong>Vegetation</strong>spuffer<br />
darstellen, durch den die großen Schwankungen<br />
<strong>der</strong> Jahresnie<strong>der</strong>schläge ausgeglichen werden.<br />
In schlechten Regenjahren entwickeln sich die Ephemeren<br />
fast nicht o<strong>der</strong> sie sind nur durch Zwergpflanzen vertreten.<br />
Genügt die Reduktion <strong>der</strong> Oberfläche bei den ausdauernden<br />
Arten nicht, um einen Ausgleich ihrer Wasserbilanz<br />
zu erreichen, so sterben große Teile <strong>der</strong> Pflanzen ab, weil <strong>der</strong><br />
maximale rr* überschritten wird. Zum Überleben genügt es,<br />
wenn das Sproßmeristem eines Zweiges am Leben bleibt<br />
<strong>und</strong> nach Regen wie<strong>der</strong> austreibt. Bei allen holzigen Pflanzen<br />
<strong>der</strong> Wüsten sieht man viele tote Äste als Zeichen früherer<br />
Dürrejahre. Eine Vermehrung durch Samen erfolgt auch<br />
nur nach einem guten Regenjahr o<strong>der</strong> wenn mehrere aufeinan<strong>der</strong><br />
folgen, was selten mehr als einmal im Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
<strong>der</strong> Fall ist. Jungwuchs fehlt daher meist ganz. Unter diesen<br />
Umständen ist es kaum möglich, mittlere Werte <strong>der</strong> Produktion<br />
anzugeben.<br />
Der Blattflächenindex <strong>der</strong> ausdauernden Arten liegt<br />
selbst in günstigen Jahren sehr weit unter 1. Nur eine sehr<br />
üppige Ephemerenvegetation kann in guten Jahren eine gewisse<br />
Produktion erzielen.<br />
ln <strong>der</strong> Wüste bei Kairo ist die Produktion <strong>der</strong> ephemeren<br />
<strong>Vegetation</strong> bestimmt worden, <strong>und</strong> zwar nach einem Winterregen<br />
von 23,4 mm, <strong>der</strong> die oberen 25 cm des Bodens<br />
durchfeuchtete. Von dieser Wassermenge gingen 6 8 %<br />
durch Verdunstung unproduktiv verloren; die Transpiration<br />
<strong>der</strong> Ephemeren während <strong>der</strong> Wintermonate entsprach<br />
1,5 mm also 32 % <strong>der</strong> Regenmenge, das sind auf 100 m^<br />
Bodenfläche berechnet 730 kg Wasser. Erzeugt wurden von<br />
den Ephemeren auf <strong>der</strong>selben Fläche 9,834 kg an Frisch-<br />
Produktivität <strong>der</strong> Wüstenvegetation 245
246 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
masse o<strong>der</strong> 0,518 kg an Trockensubstanz. Daraus ergibt<br />
ein Transpirationskoeffizient von 730 ; 0,518 = 1409,<br />
gegenüber den Werten von unseren Feldfrüchten in M;r.<br />
leuropa (400 bis 700) sehr hoch ist. Das ist auf die sehr.<br />
ringe Luftfeuchtigkeit in <strong>der</strong> Wüste zurückzuführen.<br />
Ähnliche Werte erhielt Seely (1978) für annuelle Gr,;<br />
in <strong>der</strong> Namib bei sehr geringen Nie<strong>der</strong>schlägen. Verschv<br />
dend gering ist die Zoomasse in <strong>der</strong> Wüste <strong>und</strong> somit die<br />
k<strong>und</strong>äre Produktion; doch sind die Nahrungsketten als R?<br />
gelkreise für das Ökosystem auch in <strong>der</strong> Wüste nicht ohr<br />
Bedeutung (s. S. 111,112).<br />
Als Beispiel führen wir noch die speziellen Produktions',,<br />
tersuchungen an Agaven <strong>und</strong> Kugelkakteen an. Sie wur,:,<br />
im westlichsten Teil <strong>der</strong> Sonora-Wüste in Kalifornien mit,<br />
ner Sommerdürrezeit durchgeführt,<br />
a) Genaue quantitative Angaben (alles Mittelwerte) mat<br />
N obel (1976) für Agave deserti, die auch in <strong>der</strong> östlichen<br />
nora-Wüste vorkommt. Für Pflanzen mit im Mittel 29 B!<br />
tern wird angegeben: Länge <strong>der</strong> Blätter 30 cm, Fläci<br />
380 cm^, Gewicht eines Blattes frisch 348 g, trocken 47<br />
Stomata, das heißt Spaltöffnungen 30 pro mm^. Zahl d;<br />
Wurzeln pro Pflanze 8 8 , ihre Länge 46 cm, radial ganz flat<br />
streichend, so daß je<strong>der</strong> Regenfall zur Wasseraufnahme gt<br />
nutzt werden kann.<br />
Das Öffnen <strong>der</strong> Stomata erfolgt während <strong>der</strong> Regen/<br />
(November bis Mai) bei einem Bodenwasserpotential vi<br />
-0,01 MPa an 154 bis 175 Tagen. Fällt dieses Potential zu Bt<br />
ginn <strong>der</strong> Dürre auf -0,3 MPa ab, dann findet keine Wassc<br />
aufnahme mehr statt, aber die Stomata öffnen sich nachts;<br />
weiteren acht Tagen. Dann bleiben sie geschlossen; ein die:<br />
naler Säurestoffwechsel (CAM) findet erst wie<strong>der</strong> nach einem<br />
Regenfall statt.<br />
Die Transpirationsverluste betrugen 1975 pro Pflan;<br />
20,3 kg, was auf die durchwurzelte Bodenfläche umgeretr<br />
net einem Regenfall von 26,9 mm entspricht = 35 % dt<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlagsmenge. Der Transpirationskoeffizier<br />
das heißt das Verhältnis von transpirierter Wassermenge<br />
<strong>der</strong> erzeugten Trockensubstanzmenge (beide in Kilogramir<br />
war 25, also sehr niedrig, was eine außerordentlich spare;<br />
me Wassernutzung bedeutet.<br />
Pro Pflanze wurden 0,8 kg Trockensubstanz im Jahre:<br />
zeugt. Das Wachstum erfolgt also sehr langsam <strong>und</strong> nur i<br />
tere Pflanzen blühen einmal <strong>und</strong> sterben dann ab, weil 2t<br />
Erzeugung des großen Blütenstandes alle Stoff- <strong>und</strong> Wasser<br />
reserven <strong>der</strong> Pflanze verbraucht werden.
Wüstenvegetation<br />
in den verschiedenen Florenreichen 247<br />
Folgende Bestimmungen bestätigen das (Nobel 1977a):<br />
Die blühende alte Aßave hatte 6 8 Blätter, die 4,1 cm dick<br />
«aren, als <strong>der</strong> Blütenstand gerade sichtbar wurde. Nach<br />
Ausbildung des Blütenstandes waren sie zusammenge-<br />
248 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Richtung entwickelt. Die Wüsten sind nicht nur florisiiverschieden,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Lebensformen braucht<br />
nicht die gleichen zu sein, wenn auch Konvergenzen •<br />
kommen.<br />
a Sahara<br />
Zur Holarktis gehört nur <strong>der</strong> nördliche Teil <strong>der</strong> größten ■.<br />
tropischen Wüste - die nördliche saharo-arabische Wus'<br />
die im Osten direkt in die irano-turanischen <strong>und</strong> zent:<br />
asiatischen Wüsten mit kalten Wintern übergeht. Als Grer..<br />
ze zwischen beiden dient die nördliche Verbreitungsgrcn,<br />
<strong>der</strong> produktiven Dattelkultur. In dieser Wüste sind die Cht<br />
nopodiaceen beson<strong>der</strong>s stark vertreten, was zum Teil mit dt<br />
starken Verbreitung <strong>der</strong> Salzböden zusammenhängt. Sukkt<br />
lente Euphorbia-Arten findet man nur in W-Marokko. Di.<br />
meisten Arten sind xerophytische Zwergsträticher, zum Tti<br />
Rutensträucher. Gräser sind nur durch xeromorphe Former<br />
mit harten Blättern vertreten: Stipa tenadssima <strong>und</strong> Lygew<br />
spartum (Übergangszone), Panicum turgidum, Aristida punger.<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Nach guten Winterregen treten viele ephemert<br />
Arten auf.<br />
In <strong>der</strong> riesigen Sahara ist, zumindest heute, <strong>der</strong> mittler<br />
Teil keine Überlappungszone zwischen den nördlichen Win<br />
terregengebieten am Mittelmeer <strong>und</strong> den südlichen Sun:<br />
merregenregionen, son<strong>der</strong>n dieser zentrale Teil ist eine weit<br />
gehend regenlose Wüste, eine Extremwüste mit sch:<br />
seltenen Regenereignissen. Trotzdem gibt es, wenn auch nur<br />
auf Rinnen <strong>und</strong> Wadis beschränkt, durchaus noch eine,<br />
wenn auch artenarme Flora. Kleine lokal eng begrenzte<br />
Abb. 131.<br />
Extremwüste <strong>der</strong> südägyptischen<br />
Sahara südlich von Aswan<br />
(Ägypten) mit langjährigem,<br />
mittlerem Jahresnie<strong>der</strong>schlag<br />
um 1~2 mm. Blockfel<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Felswüsten (Hamada) mit einzelnen<br />
Sanddünen (Erg) (phot.<br />
S.-W. B r e c k l e ) .
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 249<br />
nhauer können in einem eng umgrenzten Gebiet plötzlich<br />
.inige Annuelle zum Keimen bringen, insbeson<strong>der</strong>e Zygo-<br />
■:!lumSimplex kommt dann vereinzelt vor.<br />
Die Landschaftsformen werden weitgehend durch die<br />
'logisch vorgegebenen Gesteinsschichten mit ihren spezisehen<br />
Eigenschaften gegenüber <strong>der</strong> physikalischen Verwitterung<br />
bestimmt (vgl. Abb. 131), wobei oft große Blöcke<br />
i'<strong>der</strong> gar kleine Inselberge herausmodelliert werden.<br />
Als Sträucher, die an feuchte Standorte geb<strong>und</strong>en sind,<br />
3ÍS0 kontrahiert in kleinen Rinnen o<strong>der</strong> Wadis auftreten,<br />
wären Tamarix, Nitraria <strong>und</strong> Ziziphus zu nennen. Es sind<br />
whon mehr paläotropische Elemente, wie auch die Acacia-<br />
.trten in den gr<strong>und</strong>wasserführenden Trockentälern.<br />
Zur Paläotropis gehört die südliche Sahara mit dem<br />
Salid, als Übergang zu dem sudanischen Sommerregengebiet.<br />
Hier spielen Gräser {Aristida, Eragrostis, Paniceen)<br />
mit weniger harten Blättern eine viel<br />
grös-sere Rolle. Auch die Sträucher <strong>und</strong> Kräuter<br />
sind zahlreicher (Acacia, Commiphora, Maerua,<br />
Crewia, Calotropis, Crotalaria, Aerva) <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e,<br />
die man auch in <strong>der</strong> Wüste Thar o<strong>der</strong> Sind findet<br />
IS. S. 233).<br />
b Negev <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sinai<br />
Sie schließen sich im Osten an die Sahara als<br />
Brücke zu den arabischen Wüsten an. Auf <strong>der</strong> Sinai-Halbinsel<br />
überwiegen Gebirgswüsten, in denen<br />
in den Hochlagen auch schon irano-turanische<br />
Pflanzen Vorkommen.<br />
Der nördliche Sinai <strong>und</strong> Negev ist gekennzeichnet<br />
durch ausgedehnte Sandlei<strong>der</strong>, die nur<br />
bei starker Beweidung bewegliche Sanddünen<br />
auiweisen.<br />
Die Nie<strong>der</strong>schläge weisen von Nord nach Süd<br />
einen sehr starken Gradienten auf, wie die Nie<strong>der</strong>schlagskarte<br />
zeigt (Abb. 132).<br />
Die f'fegevwüste, <strong>der</strong> nordöstliche Teil <strong>der</strong> Sinai-Halbinsel,<br />
leitet über den Grabenbruch <strong>der</strong><br />
.Vawa-Senke, dem Toten Meer <strong>und</strong> dem Jordangraben,<br />
zur jordanischen Wüste über. Ökologische<br />
Forschungen wurden in diesem Gebiet seit mehreren<br />
Jahrzehnten sehr intensiv betrieben. Die<br />
.Negevwüste ist daher eine <strong>der</strong> best erforschten<br />
Wüsten (vgl. W alter & B reckle 1991a).<br />
So klein die Negevwüste flächenmäßig ist, so<br />
groß ist ihre Bedeutung in lloristischer Hinsicht<br />
Abb. 132.<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schläge in Israel.<br />
Man beachte den erheblichen<br />
Gradienten von Süd nach Nord.<br />
35“
250 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
als Übergangsgebiet zwischen verschiedenen Florenregj,<br />
nen. Auf kurze Entfernung treffen hier die mediterrane \<br />
Norden, die irano-turanische <strong>Vegetation</strong> von Nordosten,<br />
saharische von Westen <strong>und</strong> Südwesten <strong>und</strong> die arabisi<br />
Wüstenvegetation von Osten her zusammen. Zudem gibt<br />
sogar noch sudanische Enklaven, vor allem im tiefgelegent<br />
Grabenbruch, zum Beispiel mit Salvadora pérsica, Cordiagh<br />
raf, Maerua crassifolia. Cyperus papyrus kommt noch in dt<br />
Huleh-Sümpfen am oberen Jordan vor, wo gleichzeitig Ky<br />
phaea alba (als holarktische Pflanze) ihren südlichsten Putii<br />
erreicht.<br />
c Arabische Halbinsel<br />
In <strong>der</strong> gleichen Breitenlage wie die Sahara setzt die Aral<br />
sehe Halbinsel den Wüstengürtel nach Osten fort.<br />
Die Nie<strong>der</strong>schläge sind fast auf <strong>der</strong> gesamten Halbins<br />
zwischen 15 <strong>und</strong> 100 mm, an einigen Steilstufen gehen ■<br />
teilweise etwas über 100 mm hinaus <strong>und</strong> an regenreichere<br />
Gebirgslagen oberhalb 2000 m werden 250 bis 650 mm gt<br />
messen. Im Nordjemen ist eine ausgeprägte Höhenstufenfie<br />
ge erkennbar mit einer reichen <strong>Vegetation</strong>, mit immergr;<br />
nem Hartlaubbuschwald, in dem schon zahlreiche tropisd<br />
Gattungen Vorkommen.<br />
Der östliche Teil <strong>der</strong> Halbinsel wird von <strong>der</strong> Rub-al-Kha!:<br />
eingenommen, einem riesigen Sandwüstengebiet. Es tii;<br />
auch hier die gleiche geomorphologisch bedingte Vegeiai;<br />
onsdifferenzierung, wie in <strong>der</strong> Sahara, auf. Die <strong>Vegetation</strong> b<br />
fast ausschließlich kontrahiert, die größeren Wadis sind mi;<br />
Akazienreihen gekennzeichnet, unter die sich auch noch<br />
eine ganze Reihe an<strong>der</strong>er Gehölze mischen können. In den<br />
südlichen Gebieten gibt es schon Übergänge zur Akaziendornsavanne<br />
(ZÖ III/II). Gelegentlich fällt hier Nie<strong>der</strong>schla,<br />
auch schon im Sommer (zum Beispiel in Sana).<br />
d Sonora<br />
In N-Amerika kann man nur die Wüsten in S-Kalifornien<br />
<strong>und</strong> S-Arizona zu den subtropischen Wüsten rechnen, aber<br />
mit holarktischen Florenelementen. Die ariden Gebiete in<br />
N-Arizona, Utah <strong>und</strong> Nevada haben schon sehr kalte Winter<br />
(ZB VII).<br />
Neotropisch sind mehrere Halbwüsten bis Wüstengebiete;<br />
Die Sonora-Wüste (N-Mexiko <strong>und</strong> S-Arizona) liegt zwar in<br />
N-Amerika, aber floristisch gehört sie schon zur Neotropis.<br />
Über diese Wüste (vielleicht besser Halbwüste) liegen ausgedehnte<br />
Untersuchungen vor, die am Desert Laboratory in<br />
Tucson (Arizona) ausgeführt wurden. Die Bestände mit ho-
hcn Kandelaberkakteen werden als „Cacti forest" bezeichnet.<br />
Durch einen blasebalgartigen Mechanismus können<br />
diese Sukkulenten so viel Wasser speichern, daß sie ohne<br />
Wasseraufnahme über ein Jahr durchzuhalten vermögen<br />
.Abb. 33 bis 35). Die Kakteen wurzeln sehr flach. Sobald die<br />
.ibereii Bodenschichten befeuchtet werden, bilden sie innerhalb<br />
von 24 St<strong>und</strong>en feine Saugwurzeln aus <strong>und</strong> füllen ihre<br />
U'asserspeicher auf. Aber außer den sukkulenten Kakteen<br />
<strong>und</strong> hier auch die an<strong>der</strong>en ökologischen Typen vertreten:<br />
Winter- <strong>und</strong> Sommerephemere, poikilohydre Farngewächsc,<br />
malakophylle Halbsträucher (Encelia), sklerophylle Arten,<br />
sienohydre <strong>und</strong> die regengrüne Fouquieria, die nach jedem<br />
stärkeren Regen neue Blätter bildet. Bei Wassermangel verijilben<br />
diese nach kurzer Zeit. Weite trockene Flächen werden<br />
vom Kreosotbusch (Larrea divaricata) bedeckt, <strong>der</strong> beim<br />
Beleuchten <strong>der</strong> Blätter durch Regen nach Kreosot riecht <strong>und</strong><br />
beson<strong>der</strong>s dürreresistent ist. Er ist auch für die Mohave-Wüsie<br />
charakteristisch, die nur Winterregen erhält <strong>und</strong> arm an<br />
Sukkulenten ist.<br />
Eine Lflrrcfl-Wüste zieht sich im Windschatten am Ostfuß<br />
<strong>der</strong> Hochanden über 2000 km von N-Argentinien bis zum<br />
kalten Patagonien hin. Die Flauptart Larrea divaricata dürfte<br />
mit <strong>der</strong> in Arizona identisch sein (Böcher et al. 1972).<br />
e Australische Wüsten<br />
Sehr abweichende Verhältnisse weisen die ariden Gebiete in<br />
<strong>der</strong> Australis auf.<br />
Ganz Zentralauslralien ist arid, aber klimatische Wüsten<br />
lehlen. Wüstencharakter tragen Sanddünengebiete (Gibson<br />
desert, Simpson desert), die aber nicht die klimatisch<br />
trockensten Teile Australiens sind, <strong>und</strong> die „Gibber plains",<br />
kahle, durch starke Überweidung entstandene Flächen mit<br />
Steinpflaster.<br />
Die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> trockensten Teile mit seltenen Nie<strong>der</strong>schlägen<br />
zu je<strong>der</strong> Jahreszeit sind <strong>der</strong> „Saltbush" (Atriplex vesicaria)<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> „Blue bush" Maireana (Kochia) sedifolia, beides<br />
Chenopodiaceen. Sie kommen in Reinbeständen vor, aber<br />
auch gemischt (Strauch-Halbwüste).<br />
Die Böden unter Atriplex enthalten nur wenig Chlorid,<br />
etwa 0,1 % des Trockengewichtes. Da jedoch die lehmigen<br />
Bilden stark austrocknen, kann die Konzentration hoch<br />
sein. Dem entsprechen die hohen Zellsaftkonzentrationen<br />
von Atriplex (meist 4 bis 5 MPa), wobei <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Chloride<br />
60-70 % erreicht. Atriplex vesicaria ist somit ein Euhalophyt;<br />
das Wachstum wird durch Salz geför<strong>der</strong>t. Eine gewisse<br />
Salzausscheidung ist durch die kurzlebigen <strong>und</strong> immer<br />
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 251
252 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
wie<strong>der</strong> neu gebildeten Blasenhaare möglich. Dieser Hai<br />
Strauch wird etwa zwölf Jahre alt; er besitzt wie die meisit:<br />
Halophyten schwach sukkulente Blätter <strong>und</strong> ein Wurzek.<br />
Stern, das in etwa 10 bis 20 cm Tiefe sich über einer Kalk<br />
kruste weit seitlich erstreckt. Die Büsche stehen desha.<br />
ziemlich weit auseinan<strong>der</strong>.<br />
Im Gegensatz dazu soll Maireana sedifolia sehr alt werde<br />
<strong>und</strong> ein tiefgehendes Wurzelsystem besitzen, das in dt<br />
Spalten <strong>der</strong> Kalkkruste 3 bis 4 m hinunter, aber auch et«<br />
ebenso weit seitlich reicht. Die Art wächst dort, wo das Rcgenwasser<br />
tiefer einsickert (leichtere o<strong>der</strong> steinige Böde:.<br />
Die Zellsaftkonzentration dieser Art ist nur halb so hoch «<br />
bei Atriplex <strong>und</strong> <strong>der</strong> Chloridanteil ebenfalls viel geringe:<br />
(etwa 20 bis 40 %). Es ist deshalb möglich, daß sie ein ia<br />
kultativer Halophyt ist <strong>und</strong> bei zunehmen<strong>der</strong> Feuchtigker<br />
des Klimas zur Vorherrschaft gelangt.<br />
Im Salzbuschgebiet kommen zerstreut Sanddünen odt:<br />
Sandflächen vor mit günstigeren Wasserverhältnissen; de-<br />
Boden ist frei von Chloriden. Hier wachsen Sträucher (A.<br />
da, Casuarina, Eremophila).<br />
Die baumförmigen Heterodendron- <strong>und</strong> Myoporum-kxh.<br />
zusammen mit Eremophila- <strong>und</strong> Cassia-Arten sind an schluifige<br />
Böden geb<strong>und</strong>en. Die wichtigste Art Zentralaustralie:<br />
ist die als „Mulga" bezeichnete Acada aneura. Sie dominir<br />
auf weiten Flächen, die vom Flugzeug aus wie ein grauc<br />
Meer aussehen. Der Strauch erreicht 4 bis 6 m Höhe <strong>und</strong> besitzt<br />
mit Harz überzogene Phyllodien, die dünn zylindrisci<br />
o<strong>der</strong> etwas abgeflacht sind. Das Wurzelsystem ist stark auc<br />
gebildet <strong>und</strong> dringt durch die harten Bodenschichten ca. 2-<br />
tief ein. Bei <strong>der</strong> Unregelmäßigkeit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge<br />
S. 231) ist die Blüte an keine Jahreszeit geb<strong>und</strong>en, son<strong>der</strong>:<br />
nur an Regen. Nach starken Nie<strong>der</strong>schlägen reifen dit<br />
Früchte <strong>und</strong> Samen. Zugleich entwickelt sich dann am Beden<br />
ein blühen<strong>der</strong> Teppich von weißen, gelben <strong>und</strong> rosafarbigen<br />
Immortellen (Everlastings, Strohblumen), die zu de:<br />
Compositen gehören (siehe Abb. 133).<br />
Acada aneura ist gegen Salz empfindlich, kann aber lange<br />
Dürrezeiten vertragen. An trockenen Standorten stehen dk<br />
Büsche weit voneinan<strong>der</strong> entfernt, während sie in feuchter<br />
Senken ein Dickicht bilden.<br />
Diese Art sowie Rhagodia baccata <strong>und</strong> Acada craspedocoTf<br />
wurden ökophysiologisch untersucht.<br />
Eine weitere wichtige Gruppe sind die Igelgräser (TriodL<br />
Plectrachne), die als „Spinifex-Grasland" zusammengefaP:<br />
werden. Sie besitzen zusammengerollte, ausdauernde iinc<br />
sehr harte Blätter mit Harzüberzug, die in eine scharfe Spii-
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 253<br />
Abb. 133.<br />
Mulga-<strong>Vegetation</strong> im Inneren<br />
Australiens bei Wiluna nach<br />
Regen. Große Sträucher = Acacia<br />
amura, kleiner Busch = Eremophila<br />
spec., Boden dicht mit<br />
kurzlebigen Immortellen bedeckt,<br />
wie Waitzia aurea <strong>und</strong><br />
weiße Helipterum-Arten (phot.<br />
E . W a l t e r ) .<br />
zeauslaufen, <strong>und</strong> bilden große r<strong>und</strong>e Polster, bei Triodiapun-<br />
,vf/jbis 2 m hohe Halbkugeln. Wir können diese Arten zu<br />
den Sklerophyllen rechnen.<br />
Triodia basedown herrscht auf Sandflächen Im aridesten<br />
Tt'ii von Westaustralien vor. Ihr dichtes Wurzelsystem geht<br />
1 m senkrecht in die Tiefe. Ältere Polster lösen sich in einzelne<br />
Girlanden auf. An<strong>der</strong>e charakteristische Gattungen,<br />
durch viele Arten vertreten, sind Eremophila, Dodonaea, Hakia.<br />
Grevillea <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong><br />
wird durch die Bodenbeschaffenheit <strong>und</strong> durch Schichtfluirn<br />
nach starken Regen bedingt, wodurch ein kompliziertes<br />
<strong>Vegetation</strong>smosaik entsteht.<br />
Die Quartärgeschichte, die Crowley (1994) aus Pollendiagrammen<br />
zahlreicher Seesedimente ableitet,, ergibt am Ende<br />
<strong>der</strong> letzten Glazialzeit für die australischen Wüstengebiete<br />
eine Zunahme <strong>der</strong> Regenmengen <strong>und</strong> eine damit einhergehende<br />
vernngerte Salinität, die vor 5000 Jahren wie<strong>der</strong> zunahm<br />
<strong>und</strong> sich beson<strong>der</strong>s stark nach Ankunft <strong>der</strong> europäischen<br />
Siedler bemerkbar gemacht hat.<br />
f Namib <strong>und</strong> Karoo<br />
Von den südafrikanischen Wüsten sind die Namib <strong>und</strong> die<br />
Karoo ebenfalls paläotropisch. Vereinzelt treten bereits<br />
capensische Florenelemente auf. Die Namib erstreckt sich<br />
entlang <strong>der</strong> Küste von SW-Afrika. Diese nebelreiche Küstennamib<br />
muß man von <strong>der</strong> südlichen Namib im Übergangsbertich<br />
zur Karoo unterscheiden, die als eigentliche Wüste<br />
zwischen dem südlichen Winterregen- <strong>und</strong> dem nordöstli-
254 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Abb. 134.<br />
Große Karoo bei Laingsburg<br />
(Südafrika) mit sukkulenten Euphorbien,<br />
Rhigozum obovatum,<br />
Rhus burchellii <strong>und</strong> Zwergsträuchern<br />
(phot. E. W a l t e r ) .<br />
Abb. 135.<br />
<strong>Vegetation</strong>sprofil durch ein Tal<br />
<strong>der</strong> Upper Karoo bei Fauresmith<br />
(Südafrika). Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Pflanzendecke bedingt durch<br />
Unterschiede des Bodens. Buschland<br />
mit Olea. Rhus <strong>und</strong> Euclea.<br />
I<br />
Sukkulenten<br />
chen Sommerregenbereich liegt (Jürgens, mündl. Mitt.) ur,<br />
zwei Regenzeiten aufweisen kann.<br />
Die Karoo reicht bis in den Oranje-Freistaat hinein. Di<br />
zwei Regenzeiten pro Jahr begünstigen die Entwicklung u:<br />
zähliger Sukkulenten, an Felsstandorten mit den größere<br />
Euphorbia-, Portulacaria- <strong>und</strong> Cotyledon-ArUcn sowie vieler<br />
kleinen Crassulaccen <strong>und</strong> Mesembryanthemen auf <strong>und</strong> zw.<br />
sehen Quarzitgängen. Die weiten Flächen sind mit Zwer,<br />
sträuchern (hauptsächlich Compositen <strong>und</strong> Fabacecr<br />
bedeckt (Abb. 134). In den Trockentälern findet man Hol/<br />
pflanzen, wie Acacia, Rhus, Euclea, Olea, Diospyros, aber auc<br />
Salix capensis. Im Übergangsgebiet <strong>der</strong> Oberen Karoo wach«<br />
auf tiefgründigen feinkörnigen Böden schon das Graslan,'<br />
des Sommerregengebietes, während man auf den flachgrür<br />
digen Felsflächen noch zahlreiche Karoo-Sukkulente finde: |<br />
(Abb. 135).
Als Beispiel des Zonobioms III <strong>und</strong> des Subzonobioms <strong>der</strong><br />
Ni’belwüsten soll die Namib an <strong>der</strong> Küste Südwestafrikas<br />
uslührlicher besprochen werden, weil sie sich stark von<br />
■iii übrigen Wüsten unterscheidet. Obgleich es sich um eine<br />
v.ibiropische <strong>und</strong> extrem regenlose Wüste handelt, zeichnet<br />
. ih <strong>der</strong> Küstenstreifen durch hohe Luftfeuchtigkeit mit<br />
,;iva 200 Nebeltagen im Jahr <strong>und</strong> geringen Temperatur-<br />
-rhwankungen aus wie in ozeanischen Klimagebieten. Die<br />
Temperaturen sind immer kühl, heiße Tage gibt es nur we-<br />
"ige im Jahr. Diese merkwürdigen Verhältnisse werden<br />
furch den kalten Benguelastrom (Wassertemperatur 12 bis<br />
ió 'C) bedingt. Über ihm lagert eine 600 m hohe kalte Luft-<br />
■chichl mit einer Nebelbank, so daß infolge <strong>der</strong> Inversion die<br />
ivarme Ostströmung den Boden nicht erreicht. Vielmehr<br />
,izi täglich von Südwesten eine Seebrise<br />
,h. die den Nebel <strong>und</strong> die kühle Luft in die<br />
'liste hineinführt ( L o g a n 1960).<br />
Wenn die Inversionsschicht durchbrochen<br />
wird, kommt es zur Gewitterbildung<br />
<strong>und</strong> Regen, was in den wenigsten Jahren<br />
<strong>der</strong> Fall ist. Ausnahmen sind selten, starke<br />
Regen nur ein- bis zweimal im Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />
;vie 1934/35 mit 140 mm Regen <strong>und</strong><br />
1975/76 mit über 100 mm. Das langjährige Jahresmittel von<br />
15 mm für Swakopm<strong>und</strong> besagt daher wenig (Abb. 136).<br />
Die Befeuchtung des Bodens durch Tau o<strong>der</strong> Nebel ist minimal,<br />
im Mittel 0,2 mm, maximal 0,7 mm; die Jahressummc<br />
<strong>der</strong> Nebelnie<strong>der</strong>schläge von etwa 40 mm bleibt wirkungslos,<br />
weil die einzelnen Nebelnie<strong>der</strong>schläge wie<strong>der</strong><br />
verdunsten, ohne vom Boden gespeichert zu werden. Sie<br />
kommen nur den poikilohydren Flechten zugute, die bei <strong>der</strong><br />
hohen Luftfeuchtigkeit alle Steine in <strong>der</strong> Nebelzone mit<br />
bunten Farben bedecken, ebenso wie den Fensteralgen, die<br />
nian auf <strong>der</strong> Unterseite von durchsichtigen Quarzkieseln findet,<br />
wo sich die Nebelfeuchtigkeit länger hält. Echte Nebelpflanzen,<br />
wie die Tillandsien in <strong>der</strong> peruanischen Wüste (s.<br />
S. 262), die dem Boden kein Wasser entnehmen, gibt es in<br />
<strong>der</strong> Namib nicht.<br />
Nur dort, wo <strong>der</strong> Treibnebel gegen eine Felswand prallt,<br />
kondensiert Wasser <strong>und</strong> kann tief in die Felsspalten eindringcn.<br />
Dort können Pflanzen (meist Sukkulenten, Abb. 137)<br />
fuß fassen. Das ist bei den Inselbergen <strong>der</strong> Fall, die sich über<br />
die fast ebene Rumpfplattform <strong>der</strong> Namib erheben.<br />
Diese Rumpfebene steigt mit einem Gefälle 1:100 von <strong>der</strong><br />
Küste nach Osten an <strong>und</strong> besitzt bis zum Fuß des Steilabfalls<br />
vomafrikanischen Hochland eine Breite von 100 km. Die<br />
Wüstenvegetation in den verschiedenen Fiorenreichen 255<br />
Swakopm<strong>und</strong> (10 m)<br />
15,3° 15<br />
Abb. 136.<br />
Klimadiagramm von Swakopm<strong>und</strong><br />
in <strong>der</strong> Namib. Fast regenloses<br />
Gebiet, aber mit 200 Nebeltagen<br />
im Jahr.
256 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Abb. 137.<br />
Zwischen weißen Marmorfelsen<br />
(Witportherge) vorn blühende<br />
Hoodia currorii, hinten links<br />
Aloe asperifolia <strong>und</strong> rechts<br />
Arthraerua fruchtend (phot.<br />
W . G i e s s ) .<br />
Nebel machen sich bis zu einer Tiefe von 50 km bemerkk<br />
Sie enthalten auch von <strong>der</strong> Brandung versprühte Meerwa^<br />
sertröpfchen, die zur Ablagerung kommen, so daß die<br />
den <strong>der</strong> Äußeren Namib verbrackt sind.<br />
Ausdauernde Pflanzen findet man in <strong>der</strong> Namib nur dor<br />
wo <strong>der</strong> Boden in einer Tiefe unter 1 m Wasser enthält. Dii<br />
se Wasservorräte stammen aus guten Regenjahren.<br />
Nach den 140 mm des Jahres 1934 war die Wüste gri.<br />
<strong>und</strong> mit Blüten übersät. Es waren vorwiegend Ephemerer<br />
darunter beson<strong>der</strong>s viele sukkulente Mesembryanthemcr<br />
Diese speiclierten im Sproß soviel Wasser, daß sie nocli k<br />
nächsten Jahr blühten, obgleich die Wurzel <strong>und</strong> die Sproibasis<br />
schon vertrocknet waren. Bei ihnen wird fast <strong>der</strong> gesamte<br />
Vorrat an Assimilaten <strong>und</strong> an Wasser zur Bildung dr<br />
Früchte <strong>und</strong> Samen genutzt (v. Willert et al. 1990). Aue:<br />
von den ausdauernden Arten wachsen in solchen Jahrcr<br />
viele Keimlinge heran, <strong>der</strong>en Wurzeln rasch in die Tiefe vor<br />
dringen <strong>und</strong> die unteren, länger feucht bleibenden Bodtischichten<br />
erreichen. Sie können sich jedoch die nächster<br />
Jahrzehnte nur dort halten, wo im Boden größere Wasservorräte<br />
gespeichert werden.<br />
Nach starken Regen fließt das Wasser in breiten, san<strong>der</strong>füllten<br />
Rinnen, den Rivieren (Wadis) zum Meere, ohne eszi<br />
erreichen. Vielmehr versickert es in mit Schwemmbo<strong>der</strong><br />
ausgefüllten Senken <strong>und</strong> dringt tief in den Boden ein, Nir<br />
die oberen Bodenschichten trocknen bis zu einer Tiefe vi<br />
1 m (bei Sandboden weniger tief) aus. Darunter bleibt da-<br />
Wasser Jahrzehnte erhalten <strong>und</strong> kann von tiefwurzeln<strong>der</strong><br />
Pflanzen ausgenutzt werden. In den Rinnen ist <strong>der</strong> Sane
1<br />
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 257<br />
diircii das abfließende Regenwasser entsalzt; in die Senken<br />
uird dagegen das Salz hineingeschwemmt. So ergeben sich<br />
zwei verschiedene Standorte - in den kleinen <strong>und</strong> großen<br />
Erosionsrinnen mit nicht halophilen Biogeozönen {Citrullus,<br />
. ’mmiphora, Adenolobus <strong>und</strong>, wo mehr Gr<strong>und</strong>wasser vorhanden<br />
ist, die Sträucher Euclea, Parkinsonia <strong>und</strong> Acacia<br />
spp.i, während sich auf den weiten ebenen Senken halophile<br />
.Arten ansiedeln. Es sind vor allem Arthraerua (Amaranihaccae),<br />
Zycjophyllum stapfii (Zygoph.) <strong>und</strong> Salsola (Chenopodiaceae),<br />
wobei an jede Pflanze Sand angeweht wird, aus<br />
dem sie hinauswächst. Es entstehen niedrige Haufendünen,<br />
die eine typische Nebkha-Landschaft bilden (Abb. 138).<br />
Anznnehmen ist, daß alle Pflanzen im selben Regenjahr<br />
ieimten; sie sind auch ungefähr gleich groß <strong>und</strong> können<br />
dch solange halten, wie die Wasservorräte im Boden reidien:<br />
kommt lange Zeit kein neues Regenjahr, so sterben sie<br />
langsam ab <strong>und</strong> <strong>der</strong> Dünensand wird verweht. Wenn sie dagegen<br />
rechtzeitig wie<strong>der</strong> guten Regen erhallen, dann wachsen<br />
sie weiter.<br />
Für das Überleben dieser Pflanzen spielt <strong>der</strong> Nebel eine<br />
große Rolle; denn in wassergesättigter Luft können die<br />
Pllanzen COj assimilieren, ohne daß Transpirationsverluste<br />
eintreten. Ihr Wasserverbrauch ist somit gering. Für Arthraerua<br />
wird neuerdings angenommen, daß sie durchaus Nebel-<br />
Icuchtigkeit aus <strong>der</strong> Luft aufnehmen kann (Loris, mündl.<br />
.Min.).<br />
Außer den drei Biogeozönkomplexen mit salzfreiem<br />
Sandboden <strong>und</strong> den verbrackten Senken in Küstennahe<br />
sind noch die Oasen <strong>der</strong> großen Riviertäler (Trockentäler) zu<br />
nennen: Omaruru, Swakop <strong>und</strong> Kuiseb in <strong>der</strong> Zentralen Namib.<br />
Sie entspringen alle auf dem Hochland mit Sommerre-<br />
0<br />
o<br />
Abb. 138.<br />
Arthraerua kubnitziae (Amaranthaceae)<br />
in <strong>der</strong> Namib im<br />
Hinterland von Swakopm<strong>und</strong>.<br />
Im Hintergr<strong>und</strong> sind die sich<br />
auflösenden Nebelschwaden erkennbar<br />
(phot. K . L o r i s ) .
258 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Abb. 139.<br />
Das trockene Flußbett des Kuiseb<br />
(Wadi, Rivier) bei Gobabeb mit<br />
Baumbestand von Acacia albida,<br />
A. erioloba. Tamarix usneoides<br />
<strong>und</strong> Salvadora pérsica. Im Hintergr<strong>und</strong><br />
die Dünen <strong>der</strong> Sand-<br />
Namib (phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
gen (im Mittel 300 mm) <strong>und</strong> sind zum Teil tief in die \¿-<br />
mibplattform eingeschnitten. Das Flußbett ist mit Sand amgefüllt,<br />
in dem das Wasser nach Regen auf dem Hochla;<br />
versickert <strong>und</strong> nur nach sehr guten Regen bis in das Mu<br />
abfließt. Aber in <strong>der</strong> übrigen Zeit ist doch ein ständige<br />
Gr<strong>und</strong>wasserstrom im Sande vorhanden, so daß man aus<br />
Brunnen Wasser gewinnen kann. Zum Teil ist es durch dii<br />
Zuflüsse aus <strong>der</strong> Namib leicht brackig. Dieses Gr<strong>und</strong>wassr<br />
schafft die Möglichkeit zur Entwicklung von Galeriewäldem<br />
(Abb. 139) aus Acacia albida, A. erioloba, Euclea pseudebeiT.<br />
Salvadora pérsica o<strong>der</strong> an etwas brackigen Stellen Taman--<br />
<strong>und</strong> Lycium-ArUcn. Dort, wo die Holzpflanzen vor den Hoc!:-<br />
fluten geschützt sind, können die Wäl<strong>der</strong> ein hohes Alter erreichen.<br />
Auf dem oft umgelagerten Sand wachsen Ricin:.<br />
Nicotiana glauca, Argemone, Datura <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e, auf Sanddcnen<br />
die dornigen <strong>und</strong> blattlosen Acanthosicyos (Naras-Kürbi<strong>und</strong><br />
Eragrostis spinosa - ein verholztes dorniges Gras; wo das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser Tümpel bildet, stehen Phragmites, Diplachr.:<br />
Sporobolus <strong>und</strong> Juncellus.<br />
Alle diese Pflanzen sind reichlich mit Wasser versorgt unc<br />
besitzen eine hohe Produktionskraft. In diesen Oaser<br />
herrscht auch ein reiches Tierleben: Vögel, Nagetiere, Repi<br />
lien, Arthropoden <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e. Früher waren auch Eldar.:<br />
<strong>und</strong> Nashorn vertreten. Sie sind vom Menschen ausgerotu<br />
worden. Nur die Paviane haben sich in den Felsklüften gt<br />
halten.<br />
Arm ist die Fauna <strong>der</strong> Nebkha-Landschaft. Es kommt<br />
vor: Einige Nager, Reptilien <strong>und</strong> Skorpione, als Saprophager<br />
Käferarten, Mehr Arten findet man in den Inselbergen, n;<br />
mentlich, wenn sie weiter landeinwärts liegen <strong>und</strong> sch
■ifters Sommerregen erhalten, so daß zwischen den Felsen<br />
Wasserstellen vorhanden sind <strong>und</strong> in Felsspalten Sträucher<br />
wachsen können. Auch in <strong>der</strong> Sandnamib ist die Fauna viel<br />
artenreicher.<br />
Die gegebene Darstellung bezog sich auf die Äußere Namib.<br />
Sobald man sich weiter als 50 km vom Meere entfernt,<br />
K'ginnt die Innere Namib mit spärlichen Sommerregen <strong>und</strong><br />
wechselndem Graswuchs. Die Wüstenbedingungen sind<br />
nicht so extrem <strong>und</strong> geben dem beweglichen Wild die Möglichkeit,<br />
Nahrung zu finden <strong>und</strong> einzelne Wasserstellen aufrusiichen.<br />
Dieser Teil ist wildreich. Häufig sind: Zebra, Oryx-<br />
.Antilope, Springbock, Hyäne, Schakal sowie Strauße <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e Vögel. Denn dieses unbesiedelte Gebiet ist in <strong>der</strong><br />
Zentralen Namib zum Naturschutzpark erklärt worden; es<br />
wird von <strong>der</strong> Namib Desert Station Gobabeb aus erforscht.<br />
ln <strong>der</strong> Zentralen Namib kommt an <strong>der</strong> Grenze zwischen<br />
.Äußerer <strong>und</strong> Innerer Namib die berühmte Welwitschia mirabilis<br />
in zahlreichen Exemplaren vor. Sie wächst in breiten<br />
<strong>und</strong> sehr flachen Erosionsrinnen mit kaum merklichem Geßlle<br />
(Abb. 140), in denen die spärlichen Sommerregen zusammenfließen<br />
<strong>und</strong> tiefer in den Boden eindringen. Dieses<br />
Wasser nimmt Welwitschia mit ihren sicher weit über 1,5 m<br />
tief reichenden Wurzeln auf. Darunter ist eine harte Kalkkrtiste.<br />
Wenn diese Art den tieferen Erosionsrinnen fehlt, so<br />
ist wohl <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>, daß die We/w/Ac/tw-Keimlinge sehr empfindlich<br />
gegen spülendes Wasser <strong>und</strong> gegen Zuschütten mit<br />
Sand sind. Derzeit verjüngt sie sich nur in <strong>der</strong> nördlichen<br />
Namib.<br />
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 259<br />
t-,<br />
^<br />
Abb. 140.<br />
Welwitschia mirabilis auf <strong>der</strong><br />
Welwitschia-Vlakte zwischen<br />
Khan- <strong>und</strong> Swakop-Rivier<br />
(phot. E r b , 1987).
250 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Die gleiche Pflanze, die auf Abb. 140 gezeigt ist, wur^:<br />
schon von Schenck 1885 <strong>und</strong> von M oisel 1975 photographiert.<br />
Frau Erb (Swakopm<strong>und</strong>) schreibt dazu: „Es fällt auf<br />
daß auf allen drei Photos nur die We/witec/trapflanzen zu erkennen<br />
sind <strong>und</strong> kein sonstiger Pflanzenwuchs. 1976, ei<br />
Jahr, nachdem Herr M oisel dort photographiert hatte, regnete<br />
es verhältnismäßig gut in diesem Teil <strong>der</strong> Namib <strong>und</strong>^<br />
gab dort reichlich Gras, so daß die Fläche mir aus diese-<br />
Jahr wie ein wogendes Kornfeld in Erinnerung ist mit wei<br />
denden Oryx-Antilopen <strong>und</strong> Springböcken. Seither hatter<br />
wir aber keinen wesentlichen Regen. Anfang <strong>der</strong> Achtziger<br />
Jahre war es dort so trocken, daß die Oryxantilopen dl<br />
Blätter <strong>der</strong> Wc/w/ttc/n'fl-Pflanzen kurz fraßen. Die meisicr<br />
Pflanzen erholten sich wie<strong>der</strong> in den nächsten Jahren. Soiii'<br />
läßt sich erklären, wieso die linke vor<strong>der</strong>e Welwitschia-?ihnze<br />
so klein aussieht, wahrscheinlich wurden ihre Blätu<br />
auch ganz kurz abgefressen. Auch an <strong>der</strong> größeren Pflanz<br />
kann man deutlich erkennen, daß von dem vor<strong>der</strong>en Stüi-<br />
Blatt nur ein schmaler Streifen nachgewachsen ist. ln dr<br />
näheren Umgebung kommen drei jüngere Pflanzen vor. Sii<br />
könnten in <strong>der</strong> guten Regenzeit 1933/34 angefangen hak'<br />
zu wachsen. Nur eine jüngere Pflanze wurde gesehen, ever<br />
tuell aus <strong>der</strong> Regenzeit 1976".<br />
Welwitschia besitzt nur zwei bandförmige Blätter, die vi<br />
einem Meristem am rübenförmigen Stamm dauernd nac'<br />
wachsen <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Spitze vertrocknen, ln guten Regenjah<br />
ren ist <strong>der</strong> lebende Teil ziemlich lang, in schlechten trockiii<br />
die Blätter fast bis zum Meristem ab, so daß die transpiric<br />
rende Fläche stark reduziert wird, wodurch die Transpira;<br />
on fast auf Null sinkt. Die Blätter sind sehr xeromorph gt<br />
baut <strong>und</strong> besitzen eingesenkte Spaltöffnungen. Einz<br />
Altersbestimmung mit <strong>der</strong> C14-Methode ergab beim älteste<br />
gemessenen Exemplar ein Alter von etwa 2000 Jahren.<br />
Die Transpiration <strong>und</strong> Photosynthese wurden von v. W;<br />
LERT et al. (1982) untersucht: Welwitschia ist eine C3-Pflanzi<br />
<strong>der</strong> Wasserverbrauch einer mittelgroßen Pflanze ist etwa ei<br />
Liter pro Tag. Auf die durchwurzelte Fläche berechnet, wu:<br />
de das einer Regenmenge von 2 mm pro Jahr entsprechet<br />
Somit ist die Wasserversorgung selbst in diesem ariden Ge<br />
biet gewährleistet. Bei langer Dürre stirbt die Blattflächel<br />
auf das basale Meristem ab.<br />
Einzigartig sind die beson<strong>der</strong>en Ökosysteme de=" Namit<br />
1. die nahezu vegetationslosen Dünen südlich vom Kuise:<br />
(vgl. Abb. 139), 2. die Guanoinseln, 3. die Paarungspläu<br />
<strong>der</strong> Robben <strong>und</strong> 4. die Lagunen hinter dem Strand, ln de<br />
Dünentälern findet man organischen Detritus aus hereiiiit
wehten Grasresten, eiweißreichen tierischen Resten <strong>und</strong><br />
umijekommenen Insekten (Schmetterlingen). Der Detritus<br />
wird von psammophilen flügellosen Tenebrioniden gefressen,<br />
diese von kleinen Räubern (Spinnen, Solifugen) o<strong>der</strong><br />
von größeren Eidechsen, im Sande lebenden Schlangen <strong>und</strong><br />
Goldmullen (Kühnelt 1975).<br />
Da <strong>der</strong> Sand sich am Tage bis über 60 °C erhitzt, verbergen<br />
sich fast alle Tiere im kühlen Sande <strong>und</strong> kommen erst<br />
nachts heraus. Als Wasserquelle dient <strong>der</strong> Nebel, den sie auf<br />
beson<strong>der</strong>e Weise aufnehmen (Seely & Hamilton 1976, Hamilton<br />
& Seely 1976). Manche Arten weisen kammartige<br />
Fortsätze an den Hinterbeinen auf, mit denen die Nebeliröpfchen<br />
ausgekämmt werden können, an<strong>der</strong>e stellen sich<br />
senkrecht in den Wind <strong>und</strong> saugen die Nebeltröpfchen auf,<br />
die an den Hinterbeinen <strong>und</strong> am Hinterleib kondensieren<br />
<strong>und</strong> dann zum Kopf hin tropfen (Abb. 141). Die Fauna ist<br />
reich an Endemiten.<br />
Die Guanoinseln sind die Nistplätze <strong>der</strong> Kormorane, die<br />
ihre Nahrung in dem fischreichen kalten Meerwasser finden.<br />
Im regenlosen Klima häufen sich die weißen Exkremente<br />
<strong>der</strong> Vögel an <strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>n jeden Pflanzenwuchs,<br />
aber sie werden als Guano (Phosphatdünger) abgebaut,<br />
.-.hnliche Verhältnisse herrschen auf den Paarungsplätzen<br />
<strong>der</strong> Robben.<br />
Die Lagunen sind vom Meer durch Sandbarren abgeschnitten,<br />
nur bei Sturm schlagen gelegentlich Wellen über.<br />
Das verdunstete Wasser wird durch Meerwasser ersetzt, das<br />
vom Meer durch den Sand sickert. Es sind deshalb aquatische<br />
Ökosysteme mit sehr hoher Salzkonzentration, auf die<br />
wir nicht näher eingehen.<br />
Wüstenvegetation in den verschiedenen Fiorenreichen 261<br />
A b b . 141.<br />
Ein nebelfangen<strong>der</strong> Tenebrionide<br />
auf Sanddünen am frühen<br />
Morgen (phot. M. Seely).
262 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Ebenso wie die Namib hat jede Wüste ihre ökologis,<br />
Beson<strong>der</strong>heit <strong>und</strong> muß monographisch behandelt wcr<strong>der</strong><br />
Dazu fehlt hier <strong>der</strong> Raum (vgl, W alter 1973 sowie Waltt;<br />
<strong>Breckle</strong>, Bd. 2).<br />
Abb. 142.<br />
Nalurräumliche Glie<strong>der</strong>ung (A)<br />
<strong>und</strong> Transekt (B) von Nordchile<br />
<strong>und</strong> Region <strong>der</strong> eigentlichen Atacama-Wüste<br />
zwischen Pazifik<br />
<strong>und</strong> Anden (nach W k k e n s<br />
1993).<br />
g Atacama in Nordchile<br />
Die peruanisch-chilenische Küstenwüste ist sehr stark<br />
Teilregionen geglie<strong>der</strong>t (Abb. 142A). In ihrem extrems-<br />
Teil ist sie ebenso regenlos wie die Namib, aber <strong>der</strong> Net.<br />
wirkt sich hier nur im Küstenbereich stärker aus, weil<br />
Küste zum Teil steil ansteigt (vgl. Abb. 142B). Hier kommr<br />
als einzige bekannte echt<br />
Nebelpflanzen unter di<br />
Blütenpflanzen Tillandsi,<br />
(Bromeliaceae) vor, die iwc<br />
das Wasser nicht aus feuck-<br />
Luft aufnehmen können<br />
die Flechten, aber doch<br />
Kondensationströpfchen<br />
Nebel direkt mit beson<strong>der</strong><br />
Schuppen auf den Bläue:<br />
einsaugen. Sie sitzen als Er<br />
phyten auf Säulenkaktcc<br />
o<strong>der</strong> liegen als Rosen<br />
locker auf dem Sandboden<br />
In 600 m Höhe liegt di<br />
in Peru als „Garua" bezei.<br />
ncte Nebeldecke monatcla:<br />
während <strong>der</strong> kühleren Jar<br />
reszeit. Der Boden <strong>der</strong> Hänt<br />
wird so stark benetzt, da.-<br />
sich ein Kräuterteppich, ,<br />
„Loma-<strong>Vegetation</strong>" entwid<br />
eit, die beweidet wird. Hr'<br />
pflanzen fehlen, waren<br />
doch früher Vorhände<br />
Unter angepflanzten Eut<br />
lypten konnten durch à<br />
tropfen des kondensient<br />
Nebels Wassermengen ■,<br />
sammelt werden, die eiik<br />
Nie<strong>der</strong>schlag von 600 itir<br />
entsprachen. In <strong>der</strong> Küster<br />
kordillere selbst in N-Chi<br />
finden sich vereinzelt niäi<br />
tige, bis 8 m hohe Säulenki'
Wüstenvegetation in den verschiedenen Florenreichen 263<br />
la'n (Echinopsis atacamensis), die dicht mit Flechten überzogen<br />
sind, aber nur an den dem Nebel ausgesetzten Hängen,<br />
Weiter südlich bei Fray Jorge kommt sogar ein echter Nebelwald<br />
vor.<br />
ln N-Chile im Gebiet <strong>der</strong> großen Salpeterlager, abgeschirmt<br />
vom Küstennebel durch die Küstenkordillere, ist die<br />
Wüste vegetationslos. Pflanzenbestände <strong>und</strong> Kulturen findet<br />
man nur längs <strong>der</strong> Flußläufe, die von den Schneefel<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Hochanden gespeist werden.<br />
Die inneren Becken liegen in größeren Höhen. Sie sind<br />
aber bis in die Hochlagen <strong>der</strong> Anden <strong>und</strong> nach Südbolivien<br />
hinein gekennzeichnet durch riesige Salzpfannen: Salare, in<br />
denen nicht nur NaCl, son<strong>der</strong>n eine Reihe weiterer Mineralien<br />
(wohl aufgr<strong>und</strong> des überaus aktiven Vulkanismus <strong>und</strong><br />
des ariden Klimas) akkumuliert sind. Die extremen Bedingungen<br />
erlauben nur wenigen Arten ein kümmerliches Auskommen.<br />
Erst oberhalb 3500 m, wo auch schon gelegentliche<br />
Sommerregen auftreten, findet sich eine kümmerliche<br />
Zwergstrauchhalbwüste (mit Baccharis, Fabiana, Parastrephia<br />
etc.), die ab 4100 m in die Büschelgrasgebirgswüste (Ichugras:<br />
Festuca chrysophylla, F, orthophylla, Stipa venusta) übergeht,<br />
in <strong>der</strong> Lama <strong>und</strong> Guanaco, aber auch Nandu weiden.<br />
Für den Westhang <strong>der</strong> Anden in N-Chile gibt Ellenberg<br />
■1975) bis in die montane Stufe eine peraride Vollwüste an,<br />
dann eine subalpine Zwergstrauchhalbwüste <strong>und</strong> über<br />
4500 m NN eine tropisch-alpine Grashalbwüste o<strong>der</strong> „Wüsten-Pitna",<br />
Aber selbst zwischen 5200 <strong>und</strong> 5500 m gibt es<br />
noch etliche Zwergsträucher, zum Beispiel am Vulkan 011ague<br />
(5870 m) <strong>und</strong> im Lavageröll sogar gelegentlich bis 4 m<br />
hohe Gebüsche o<strong>der</strong> Bäumchen von Polylepis tarapacana<br />
üViCKENS 1993). Eine Schneegrenze ist kaum feststellbar<br />
■Abb. 143).<br />
Abb. 142 B.
264 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
Abb. 143.<br />
Im Hochland <strong>der</strong> Anden am<br />
Ostrand <strong>der</strong> Atacama: Vulkan<br />
OUague (5900 m NN). Gebirgsflanke<br />
mit Hochgebirgswüste.<br />
Selbst auf 5800m sind kaum<br />
Schneereste: das Gebiet ist so<br />
trocken, daß eine klimatische<br />
Schneegrenze nicht festlegbar ist<br />
(phot. S.-W. <strong>Breckle</strong>).<br />
8 Orobiom III - die Wüstengebirge <strong>der</strong> Subtropen<br />
In extremen Wüsten enthält die Lull so wenig Wasserdampi,<br />
daß es selbst in großen Höhen zu keinen Steigungsregen<br />
kommt. Im Tibesti-Gebirge (3415 m NN) in <strong>der</strong> Zentraler<br />
Sahara wurden in 2450 m Höhe nur Jahresnie<strong>der</strong>schläge<br />
von 9 bis 190 mm gemessen (vier Jahre) bei häufiger Bewölkung<br />
in den Wintermonaten. Entsprechend bleiben dk<br />
ariden Verhältnisse bis in große Höhen erhalten; doch deutet<br />
das Auftreten einer Reihe mediterraner Elemente etwa'<br />
humi<strong>der</strong>e Verhältnisse an. In Schluchten wurde in 2500bk<br />
3000 m NN Erica arbórea gef<strong>und</strong>en, im Hoggar in 2700 mab<br />
Relikt die dem Ölbaum nahe Verwandte Olea laperrini.<br />
Bei <strong>der</strong> Stufenfolge in <strong>der</strong> weniger ariden Sonora-Wiisiin<br />
S-Arizona findet man über <strong>der</strong> Larrea- o<strong>der</strong> Riesenkak<br />
teenwüste eine Stufe mit Prosopis-Grassavarmen <strong>und</strong> vieler
n l<br />
Blaitsiikkulenten (Agave, Dasylirion, Nolina), dann mehrere<br />
Stufen mit immergrünen Quercus-Krien <strong>und</strong> Arctostaphylos-,<br />
Arbiitiis- sowie Jumperus-Slrauchschicht, worauf Nadelwaldstufen<br />
folgen: Piims pon<strong>der</strong>osa ssp. scopulorum (höher mit Pinus<br />
strobiformis), Pseudotsuga menziesii mit Abies concolor <strong>und</strong><br />
nur auf dem San-Francisco-Peak in N-Arizona an Nordhän-<br />
¡;cn bis fast 3700 m NN Picea engelmannii. Hier nehmen die<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schläge mit <strong>der</strong> Höhe sehr rasch zu.<br />
Dies gilt nicht für die Höhenstufen in den Anden auf <strong>der</strong><br />
,3tacama-Seite (siehe oben).<br />
Der Mensch in <strong>der</strong> Wüste 265<br />
9 Der Mensch in <strong>der</strong> Wüste<br />
Die unwirtlichen Bedingungen lassen es erstaunlich erscheinen,<br />
daß in allen Wüsten Menschen zum Teil schon seit sehr<br />
langen Zeiten leben. Sie haben sich mit ihrer Lebensweise<br />
angepaßt, sie sind fast stets als Nomaden unterwegs, um sich<br />
in einem größeren Raum eine Lebensgr<strong>und</strong>lage zu erhalten<br />
|Abb. 144). Seßhaftigkeit war jeweils nur auf die intensiv<br />
genutzten Oasen beschränkt, diese dienten daher als Basissiationen<br />
für die weiten, meist jahresperiodisch geregelten<br />
Wan<strong>der</strong>ungen. Dabei diente Vieh als Nahrungsreserve (Hirlennomaden<br />
mit Schafen <strong>und</strong> Ziegen) <strong>und</strong> das Kamel als<br />
vielseitiges Transport- <strong>und</strong> Nutztier.<br />
ln den Randbereichen <strong>der</strong> Wüsten, wie auch in den Gebirgen,<br />
war ein einfacher Ackerbau als Regenfeldbau möglich<br />
(rtm-off, lalmi). Bewässerungskulturen wurden nur im<br />
Bereich <strong>der</strong> großen Freindlingsflüsse (Ägypten: Nil; Mesopotamien:<br />
Euphrat <strong>und</strong> Tigris) Gr<strong>und</strong>lage sich entwickeln<strong>der</strong><br />
Frühkulturen.<br />
Abb. 144.<br />
Bediiiiienzelte in <strong>der</strong> siiddgyptischen<br />
Sahara, beim Wadi Aiiaqui,<br />
heute nahe dem Ostnfer des<br />
Nasser-Staiisees des Nils (phot.<br />
S.-W. Brecklf).
266 Zonobiom <strong>der</strong> heißen Wüsten<br />
10 Zonoökoton lll/IV - die Halbwüsten<br />
Dort, wo am Rande <strong>der</strong> Wüsten infolge <strong>der</strong> zunehmende<br />
Winterregen die kontrahierte <strong>Vegetation</strong> in eine diffuse übergeht,<br />
kann man die Grenze zwischen <strong>der</strong> eigentlichen Wüs’<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Halbwüste ziehen. Sie ist jedoch nicht immer schar<br />
markiert. Die Bodenbedeckung in <strong>der</strong> Halbwüste beiräc<br />
etwa 25 % <strong>der</strong> Gesamtfläche. Die floristische Zusammensezung<br />
dieser <strong>Vegetation</strong> ist in den einzelnen Florenreichen genau<br />
so verschieden wie die <strong>der</strong> Wüsten. Nördlich <strong>der</strong> Sahar,<br />
sind die wichtigsten Arten die malakophylle Artemisia hert ■<br />
alba <strong>und</strong> die sklerophyllen Gräser Stipa tenacissima (Hallagrar<br />
<strong>und</strong> Lygeum spartum (Espanogras). Artemisia wächst meist at<br />
schweren Lößböden o<strong>der</strong> lehmigen Böden. In Tunis wurde<br />
in 10 cm Tiefe Kalkausscheidungen festgestellt. In 5 bis lOcir<br />
Tiefe war eine dichte Durchwurzelung vorhanden, wube<br />
einzelne Wurzeln bis 60 cm tief gingen. Stipa wächst mel<br />
auf mit Steinpflaster bedeckten Erhebungen. Ein Bodenprofil<br />
zeigt folgendes: 2 bis 5 cm Steinpflaster, darunter bis 30 cn<br />
lehmiger Boden gut durchwurzelt, worauf ein fest verkriiv...<br />
ter Schotter folgt, <strong>der</strong> für die Wurzeln ein Hin<strong>der</strong>nis zu<br />
scheint, aber wahrscheinlich auch einen Wasserspeicher dar<br />
stellt (viel Kapillarwasser, das von Wurzeln durch enger<br />
Kontakt aufgenommen werden kann). Die büschelig vondr<br />
Horstbasis ausgehenden Wurzeln streichen in 10 bis 20 er<br />
Tiefe weit horizontal, so daß die 0,5 bis 1 m (2 m) voneina.--<br />
<strong>der</strong> entfernt stehenden Horste sich mit ihren Wurzelsystemen<br />
berühren. In beiden Fällen findet man vereinzelte -■<br />
throphytum-Eilanzen dazwischen. Die Böden sind nichi<br />
verbracht, Lygeum spartum dagegen ist für Gipsböden charakteristisch<br />
<strong>und</strong> verträgt auch etwas Salz.<br />
Hallägras-Bestände werden geschnitten <strong>und</strong> liefern Material<br />
für Flechtarbeiten, zur Herstellung von groben Stricket<br />
o<strong>der</strong> zur Papierfabrikation. Stipa tenacissima ist von SE-Spanien<br />
<strong>und</strong> E-Marokko nur bis Horns in Libyen verbreitet: de<br />
natürliche Standort sind lichte Aleppo-Kieferwäl<strong>der</strong>. Artein:<br />
sia herba-alba kommt auch in Vor<strong>der</strong>asien vor; sie hat sii<br />
vielfach auf Kosten des früheren Graslandes infolge '<br />
Überweidung ausgebreitet.<br />
Bei weiterer Zunahme <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge treten einzt,<br />
stehende Bäume auf, wie Pistacia atlántica im Westen ur<br />
P. mutica im Osten o<strong>der</strong> Juniperus phoenicea. Die lichten Baun,<br />
bestände leiten schließlich zu den Hartlaubgehölzen über.<br />
In Kalifornien tritt in <strong>der</strong> Übergangszone Artemisia calii"<br />
nica auf zusammen mit halbstrauchigen Salvia- <strong>und</strong> Eri:;<br />
num-Arten (Polygonaceae).
In N-Chile findet man in <strong>der</strong> Übergangszone eine Zwergstrauchhalbwüste<br />
mit Compositen (Haplopappus) sowie Säulenkakteen<br />
mit Puya (große Bromeliacee), worauf eine Savanne<br />
mit Acacia caven beginnt: Die Grasschicht wird heute<br />
aus atmuellen europäischen Gräsern gebildet.<br />
In S-Afrika kann man die Renosterformation (Renosterbis<br />
mit Elytropappus rhinocerotis, Asteraceae) als typisch für<br />
las nie<strong>der</strong>schlagsarme Winterregengebiet betrachten. In<br />
.Australien, wo eigentliche Wüsten fehlen, bildet den Übergang<br />
die Mallee-Formation, bestehend aus strauchigen Eu-<br />
„ iTrms-Arten, <strong>der</strong>en Zweige einem unterirdischen, knolligen<br />
Stamm (Lignotuber) entspringen (s. S. 195, 296). Es<br />
kimnen aber auch lichte Eucalyptus-'B^ständt mit Maireana<br />
-i.k’/ife-Unterwuchs auftreten.<br />
Zonoökoton lll/IV - die Halbwüsten 267<br />
FRAGEN<br />
Wie definiert man den Lehensraum Wüste?<br />
Wie wird Aridität <strong>und</strong> Humidität einer Landschaft definiert?<br />
! Welche Wüstentypen muß man unterscheiden?<br />
•I<br />
'<br />
Welche Kriterien sind anwendbar zur Glie<strong>der</strong>ung von Wüsten?<br />
Sind Wüstenpflanzen beson<strong>der</strong>s dürre- o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s hitzeresistent?<br />
6 Sind Wüstenpflanzen überwiegend C3-, C4- o<strong>der</strong> CAM-<br />
Pflanzen?<br />
'<br />
S<br />
^<br />
Warum gibt es in Wüsten viele Halophyten?<br />
Unter welchen Bedingungen sind poikilohydre Höhere Pflanzen<br />
ökologisch im Vorteil?<br />
Wie viele Blätter bildet eine erwachsene Welwitschia-Pflanze?<br />
10 Was versteht man unter kontrahierter <strong>Vegetation</strong>?
IV Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
(ZB <strong>der</strong> arido-humiden Winterregengebiete)<br />
1 Allgemeines<br />
— Die fünf Winterregengebiete<br />
(Abb. 145):<br />
1. das mediterrane (mit<br />
Hartlaubwald, Macchie,<br />
Garrigue, Affodillflur etc.)<br />
2. das kalifornische (mit<br />
Hartlaubwald, Chaparral,<br />
zum Teil Encinal etc.)<br />
3. das chilenische (mit<br />
Matorral, Espinal etc.)<br />
4. das capensische (mit<br />
Fynbos, Renosterbos etc.)<br />
5. das australische (mit<br />
Jarrahwald, Hartlaubbusch<br />
= Mallee etc.).<br />
Es isl zweckmäßig, dieses ZB nach den Florenreichen, dit<br />
starke floristische Unterschiede bedingen, in fünf floristisclv<br />
Biomgruppen zu glie<strong>der</strong>n (die jeweils typische, oft ähiilki<br />
aussehende <strong>Vegetation</strong>seinheiten bilden).<br />
Von diesen ist das mediterrane das größte, denn die Wi:.<br />
terregen reichen vom Atlantischen Ozean bis nach Afghani<br />
stan hinein. Allerdings treten in Anatolien <strong>und</strong> weiter ÏKlieh<br />
bereits heftige Winterfröste auf, so daß man dicte<br />
Gebiete zum ZB VII stellen muß.<br />
Den eigentlich mediterranen Klimagebieten des ZB B<br />
schließen sich meist aride Zonoökotone an, in <strong>der</strong>en auef<br />
noch das Winterregenregime vorherrscht, die Trockenhc'<br />
o<strong>der</strong> die Winterfröste sich aber stärker auswirken (vp<br />
Abb. 145). Doch wird auch dieser Klimatypus ganz allgi<br />
mein als mediterran bezeichnet. Im südlichen Australie<br />
weist <strong>der</strong> Südwesten, aber auch <strong>der</strong> Süden mediterrane<br />
Züge auf, hier sind es zwei getrennte Teilgebiete (Abb. 145i<br />
Die Klimadiagramme für die einzelnen Biomgru])pe‘r<br />
ähneln sich sehr, nur ist die Sommerdürre bald stärker, ba.<br />
schwächer ausgeprägt. Aber auch im westlichen Mittelmcci<br />
gebiet ist die Spanne verschiedener Ausprägungen diese<br />
Klimatyps sehr groß (Abb. 146).<br />
Von den 113 holzigen Gattungen (mit 169 Arten) des Har<br />
laubgebiets in Chile sind nur 13 Gattungen mit den 109 Ga<br />
tungen (mit 272 Arten) in Kalifornien gleich. Australien rar<br />
66 Gattungen (mit 140 Arten) hat gar nur 2 Gattungen nr.<br />
Kalifornien <strong>und</strong> 3 mit Chile gemeinsam.
Allgemeines 269<br />
Die Artenzahl ist insgesamt aber sehr viel höher. Gerade<br />
die teilweise kleinen Gebiete des ZB IV stellen eine gewisse<br />
Ausnahme von <strong>der</strong> Regel dar, daß <strong>der</strong> Artenreichtum von<br />
den Polen zum Äquator zunimmt (vgl. Tab. 18).<br />
Für das entsprechende, aber viel kleinere Gebiet im Kapland<br />
werden etwa 8000 Arten vermutet, für Südwestaustralien<br />
ebenso 8000 Arten, während das weitreichen<strong>der</strong>e <strong>und</strong><br />
reich geglie<strong>der</strong>te Mittelmeergebiet auf etwa 24000 Arten geschätzt<br />
wird.<br />
Die für Winterregengebiete mit nur sporadischen Frösten<br />
typische Hartlaubvegetation des ZB IV erträgt länger Kälte.<br />
Die Wachstumszeit ist das Frühjahr, wenn <strong>der</strong> Boden feucht<br />
ist <strong>und</strong> die Temperaturen ansteigen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Herbst nach den<br />
ersten Regen. Die Winterzeit ist bei Temperaturen um 10 °C<br />
o<strong>der</strong> darunter schon zu kühl für ein gutes Wachstum.<br />
Abb. 145.<br />
Gebiete mit mediterranem Klima,<br />
angeordnet auf vergleichbarer<br />
Breitenlage an <strong>der</strong> Westseite <strong>der</strong><br />
Kontinente. Dunkelgrau: mediterraner<br />
Klimatypus (Zonobiom<br />
IV): hellgrau: aride Gebiete mit<br />
vorwiegend Winterregen (Zö<br />
III/IV: ZÖ III/VII).<br />
(nach <strong>Walter</strong> & B reckle 1991).<br />
Abb. 146.<br />
Klimadiagramme: Messina (Sizilien).<br />
Azrou (montane Stufe. Mittlerer<br />
Atlas, Marokko) <strong>und</strong> Cabo<br />
de Gata (SE-Spanien) = trockenste<br />
Stelle Europas (Wüste).<br />
Messina (60 nrt)<br />
[36-70]<br />
Azrou (1250 m)<br />
[1 2 -2 5 ]<br />
Gata (41 m)<br />
15,0° 837 18,6° 122<br />
'■'1
270 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Tab. 18. Zahl an Gattungen <strong>und</strong> Arten im Zonobiom iv<br />
Kaliforniens <strong>und</strong> Chiles, (Winterregengebiet)<br />
Fläche in knh^<br />
Zahl an Gattungen<br />
Zahl an Arten<br />
(nach A rro yo et al. 1995)<br />
Chile<br />
294600<br />
681<br />
3 385<br />
Kalifornier<br />
278 000<br />
806<br />
4 240<br />
^ In <strong>der</strong> mediterranen<br />
<strong>Vegetation</strong> dominieren<br />
Hartlaubgehölze, die<br />
äußerlich ähnlich sind,<br />
aber in den verschiedenen<br />
Gebieten zu meist völlig<br />
verschiedenen Gattungen<br />
gehören.<br />
Die einzelnen mediterranen Gebiete liegen geographisch<br />
weit voneinan<strong>der</strong> entfernt. Äußerlich sehen sich die Vegeutionseinheiten<br />
<strong>und</strong> die Biotope manchmal frappierend ähnlich.<br />
Diese äußerliche Ähnlichkeit ist vor allem gr(!<br />
zwischen dem Mittelmeergebiet, Kalifornien <strong>und</strong> Chii,<br />
(Äbb, 147), ebenso zwischen dem Kapgebiet <strong>und</strong> Australien<br />
Diese gewisse Zweiteilung hängt nicht zuletzt auch mit di<br />
geologischen Geschichte zusammen. Das Klima als prägen<strong>der</strong><br />
primärer Faktor ist zwar in allen fünf Gebieten ähnliti<br />
aber die Erdgeschichte <strong>der</strong> Gebiete ist sehr unterschiedlich<br />
Australien <strong>und</strong> das Kapgebiet sind Teile <strong>der</strong> alten Goncwanamasse,<br />
sie sind seit Jahrmillionen ausgelaugt, die Ei <br />
den sehr nährstoffarm (Äbb. 148). Viel jünger <strong>und</strong> stark vor.<br />
tertiärer Gebirgsbildung geprägt sind die an<strong>der</strong>en drei Gebiete.<br />
Deren Nährstoffausstattung <strong>der</strong> Böden ist bezüglich<br />
des Stickstoffs bis um den Faktor 10, bezüglich des Phosphats<br />
bis über lOOfach besser.<br />
Bei <strong>der</strong> Besprechung <strong>der</strong> klimatischen Subzonobiome de;<br />
einzelnen Biomgruppen sollen anschließend auch die Zonoökotone<br />
behandelt werden. Der Übergang kann sich voir<br />
ZB IV zu den ZB V, VI o<strong>der</strong> VII vollziehen.<br />
Das heutige Klima vom ZB IV war nicht immer so. Sowohl<br />
die weite Verbreitung <strong>der</strong> fossilen Böden als auch de:<br />
Entwicklungsrhythmus <strong>der</strong> Flauptvertreter <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Tal-<br />
Californien<br />
Mittelmeergebiet<br />
Abb. 147.<br />
Die fünf Mediterranregionen.<br />
Die Dicke <strong>der</strong> Verbindungslinien<br />
gibt schematisch die Ähnlichkeit<br />
<strong>der</strong> fünf Regionen in Bezug auf<br />
Phylogenie <strong>der</strong> Flora. Phänologie.<br />
Morphologie <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong>stypen<br />
sowie Klima <strong>und</strong><br />
Landnutzungsmuster an (nach<br />
C a s t r i 1981).<br />
Mittelchile<br />
7<br />
Kapgebiet<br />
Süd- <strong>und</strong> Südweji-<br />
Australien
Allgemeines 271<br />
Abb. 148.<br />
Die Phosphat- <strong>und</strong> Slickstoffgehalte<br />
in Böden (Gesamtgehalte<br />
in %) <strong>der</strong> fünf mediterranen<br />
Regionen (nach R<strong>und</strong>el ¡979,<br />
Castri 1981).<br />
Sachen (Fossilien) sprechen dafür, daß im Tertiär das Klima<br />
noch tropisch mit Sommerregen war (vgl. auch S. 272). Erst<br />
kur? vor dem Pleistozän vollzog sich die Verlagerung des Re-<br />
¡jenmaximums auf die Wintermonate. Die Pflanzen mußten<br />
sich anpassen: Es fand eine scharfe Auslese statt, <strong>und</strong> nur die<br />
Arten mit kleinen xeromorphen Blättern, die in <strong>der</strong> vorherijehenden<br />
Klimaepoche an trockenen Standorten wuchsen,<br />
überlebten. Die heutige Reduktion <strong>der</strong> Aktivität im Sommer<br />
wird durch die Dürre aufgezwungen. Sie fehlt, wenn die<br />
Pflanzen genügend Wasser zur Verfügung haben. Die als <strong>Vegetation</strong>spuffer<br />
dienenden Ephemeren <strong>und</strong> Ephemeroiden<br />
beschränken sich in ihrer Entwicklung auf das günstige<br />
Frühjahr o<strong>der</strong> den wie<strong>der</strong> feuchten Herbst.<br />
Die Berücksichtigung dieser historischen Tatsachen erleichtert<br />
das Verständnis für das ökologische Verhalten <strong>der</strong><br />
<strong>Vegetation</strong> (S pecht 1973, A xelrod 1973). Zwischen vielen<br />
Taxa des ZB IV <strong>und</strong> ZB V o<strong>der</strong> ZB II bestehen enge verwandtschaftliche<br />
Beziehungen (zum Beispiel Arten <strong>der</strong> Gattung<br />
Olea, Eucalyptus u. a.). So wächst Quercus balout (= Q. Ilex<br />
s. I.) in Afghanistan bei zusätzlichem Sommerregen, die Encinal-<strong>Vegetation</strong><br />
<strong>der</strong> Gebirge in Arizona mit Sommerregen<br />
entspricht dem Chaparral in Kalifornien mit nur Winterregen.<br />
Viele Probleme des gesamten ZB IV mit zahlreichen Litera-<br />
Uirhinweisen werden in C astri et al. (1981; = Bd. 11, 643 S.<br />
in <strong>der</strong> Reihe „Ecosystems of the World") behandelt. Man<br />
findet darin eine Fülle von wertvollen Angaben, doch eine<br />
Synthese <strong>der</strong> großen Zusammenhänge fehlt. Dies trifft auch
272 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
für die Bände von M iller (1981) <strong>und</strong> Castri E r Mod<br />
(1973) zu, ebenso wie für A rroyo et al. (1995) <strong>und</strong> Da\<br />
R ichardson (1995).<br />
2 Über die Entstehung des Zonobioms IV<br />
<strong>und</strong> die Beziehungen zum Zonobiom V<br />
_ _ Die Bildung des Zonobioms<br />
IV hängt eng mit<br />
Zonobiom V zusammen,<br />
sie erfolgte erst im Laufe<br />
des späten Tertiärs.<br />
In dem Sainmelband C astri & M ooney (1973) werden i .<br />
ben verschiedenen Problemen des ZB IV auch histori'v<br />
Fragen <strong>der</strong> Entstehung dieses ZB IV besprochen, die eng:<br />
denen des ZB V verb<strong>und</strong>en sind. Beide gehen auf ei<br />
gemeinsame Wurzel <strong>der</strong> bis in höhere Breiten reichend!<br />
tropischen <strong>Vegetation</strong> des Tertiärs zurück.<br />
Die weitere Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> bis zur Gegi<br />
wart hat im oben zitierten Band A xelrod für Kalifornien /<br />
sammengefaßt <strong>und</strong> vergleichsweise auf das Mittelmceri'<br />
biet übertragen.<br />
Fossilf<strong>und</strong>e zeigen, daß zu Beginn des Tertiärs im Eo?:<br />
auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre im Bereich des heutigen gemäE:<br />
ten Klimas tropisch immergrüne, aber auch laubabwerfeni<br />
Arten wuchsen, die auf damals tropisches Klima mit auscsprochener<br />
Sommerregenzeit hinweisen. Untersuchung<br />
fossiler Meeresmollusken erlauben den Schluß, daß in Kal<br />
fornien das Temperaturminimum des Oberflächenwass!<br />
des Meeres um diese Zeit vor 50 Millionen Jalrren eiv<br />
25 °C betrug. Im Laufe des Oligozäns <strong>und</strong> Miozäns trat dr<br />
stete Abkühlung des Meeres ein <strong>und</strong> gegen Ende des Teric<br />
im Pliozän lag das Minimum nur noch bei 15 °C. Entspr.<br />
chend wurde auch das Klima auf dem Festland imr,<br />
kühler <strong>und</strong> die Flora an Arten mit hohen Wärmea:<br />
Sprüchen ärmer. Zugleich än<strong>der</strong>te sich in Kalifornien abt<br />
auch die Regenverteilung. Das Sommermaximiim wiird;<br />
weniger ausgeprägt <strong>und</strong> gegen Ende des Miozäns vc<br />
schwand es, im Pliozän machte sich im Sommer bereits tr<br />
flaches Minimum bemerkbar. Während des Pleistozäns nr<br />
den Eiszeiten entstanden an den Westseiten <strong>der</strong> Kontinen:.<br />
die kalten Meeresströmungen <strong>und</strong> zugleich ein Klima nt,<br />
ausgesprochener Sommerdürre <strong>und</strong> Regen nur in den Wi:<br />
termonaten, also <strong>der</strong> Typus des ZB IV.<br />
Während des Tertiärs wölbten sich auch im Westen Note<br />
amerikas vollends die immer höher werdenden Gebirge au:<br />
in Europa die alpidischen Gebirgsketten.<br />
Die Folge davon war, daß in <strong>der</strong> tertiären tropischen Zur<br />
<strong>der</strong> heutigen höheren Breitenlage ari<strong>der</strong>e Klimagebiete ui<br />
aride lokale Standorte in ungünstiger Exposition entstand!”<br />
so daß unter den immergrünen Arten eine Auslese staltia:
in Arien mit dem typischen Le<strong>der</strong>blatt <strong>der</strong> humiden Tropen<br />
häufig als lorbeerblättrige-La tiriphylle bezeichnet, S. 3151.)<br />
,ind in dürreresistentere sklerophylle Arten (Hartlaubarten).<br />
Al'dann im Pleistozän sich das sommerdürre (als mediterran<br />
, izeichnete) Klima auf <strong>der</strong> Westseite <strong>der</strong> Kontinente ausbil-<br />
\’ie, gewannen in diesem Klimagebiet die sklerophyllen Arien<br />
die Vorherrschaft <strong>und</strong> die Holzartenflora verarmte,<br />
vährend auf <strong>der</strong> Ostseite <strong>der</strong> Kontinente, die von warmen<br />
Meeresströmungen iimspült wurden, das humide Klima mit<br />
'ommerregen bei etwas tieferen Jahrestemperaturen als Zo-<br />
¡Mihiom V erhalten blieb. An den humiden Ostküsten <strong>der</strong><br />
Kontinente von N- <strong>und</strong> S-Amerika, wie auch SE-Afrikas so-<br />
■ie SE-Asiens <strong>und</strong> E-Australiens vollzieht sich <strong>der</strong> Übergang<br />
s on <strong>der</strong> tropisch humiden zu einer subtropisch humiden <strong>und</strong><br />
A-r warmtemperierten artenreichen Flora mit immergrünen<br />
Lc<strong>der</strong>blättern ganz allmählich.<br />
Die Hartlaubvegetation des ZB IV ist nicht durch Anpassung<br />
an die Sommerdürre entstanden, son<strong>der</strong>n die tertiären<br />
Arten waren bereits an trockene Standorte präadaptiert.<br />
Eine Artenneubildung fand nur in begrenztem Umfange<br />
statt, in Kalifornien zum Beispiel bei <strong>der</strong> Gattung Ceanothus<br />
-:it 40 Arten, Arctostaphylos mit 45 Arten, an<strong>der</strong>e breiteten<br />
sich, wie erwähnt, stark aus, zum Beispiel Adenostoma. Ein<br />
■nehr iedriges Blatt hat Arbutus.<br />
Diese Entwicklungsgeschichte macht auch verständlich,<br />
daß zwischen dem ZB IV <strong>und</strong> ZB V oft dieselben Gattungen,<br />
aber durch vikariierende Arten vertreten sind, zum Beispiel<br />
sklerophylle Quercus-Arten in Kalifornien <strong>und</strong> die immergrünen<br />
Quercus virginiana mit Le<strong>der</strong>blättern im Südosten von<br />
Nordamerika (ZB V). In Australien unterscheiden sich die<br />
Ic<strong>der</strong>blättrigen Eucalyptus-Anen des ZB IV in SW- <strong>und</strong> S-<br />
Aiistralien nur wenig von denen im Sommerregengebiet des<br />
ZBV<strong>der</strong> Ostküste. Dort findet man auf trockenen Kalkböden<br />
ebenso wie im Westen auch eine reiche Proteaceen-Vegeiation,<br />
nur die Arten sind an<strong>der</strong>e. Auch das Vorkommen<br />
<strong>der</strong> fossilen „terra rossa"-Böden im Mittelmeergebiet wird<br />
verständlich. In diesen findet man Relikte <strong>der</strong> tropischen<br />
ßüdenkleintierfauna, die in größeren Tiefen die Sommerdürre<br />
nicht zu spüren bekommt. Die übrige Fauna des ZB IV<br />
bestätigt die hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> gemachten Ausführungen<br />
(Beiträge in Castri & M ooney 1973).<br />
Wie Axelrod betont, deuten auch die Fossilf<strong>und</strong>e in<br />
Norciafrika auf eine ähnliche Geschichte <strong>der</strong> Mittelmeervegctation.<br />
Allerdings sind die Verhältnisse in Europa kompliziener.<br />
Denn seit <strong>der</strong> Postglazialzeit wird das Klima Westeuropas<br />
vom warmen Golfstrom bestimmt.<br />
Entstehung des Zonobioms IV 273
274 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Der kalte Kanarenstrom macht sich erst südlich von li:<br />
ser Inselgruppe bis nach Senegal (Nebelküste) bemerkt--<br />
Das ZB IV erstreckt sich von Westen an den Küsten des ,V<br />
telmeeres entlang, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> weitreichenden Küstenl;-<br />
en, weit nach Osten.<br />
Die letzten Eiszeiten haben sich in Europa beson<strong>der</strong>st<br />
gativ ausgewirkt <strong>und</strong> die Flora praktisch vernichtet. Reswan<strong>der</strong>ten<br />
erst in <strong>der</strong> Postglazialzeit aus den wenigen Re:<br />
gien wie<strong>der</strong> ein. Die Flora blieb arm, so daß es an konii:<br />
ierlichen Fossilf<strong>und</strong>en seit dem Tertiär bis zur Gegenwai<br />
wie in Kalifornien, fehlt. Aber es herrscht die Ansicht s -<br />
daß die Geschichte des ZB IV im wesentlichen überall äh;<br />
lieh verlief, <strong>und</strong> daß es in <strong>der</strong> Tertiärzeit ein dem ZB IV en:<br />
sprechendes Klima mit zonaler Hartlatibvegetation nn<br />
nicht gab, wohl aber die Hartlaubarten auf trockenen lollen<br />
Biotopen.<br />
3 Das mediterrane Gebiet<br />
^ Die Hanglagen wurden<br />
abgeholzt <strong>und</strong> beweidet,<br />
so daß eine starke<br />
Bodenerosion einsetzte<br />
<strong>und</strong> heute nur noch verschiedene<br />
Degradationsstadien<br />
vorhanden sind.<br />
Die Klimaverhältnisse in dieser Zone gehen aus den D;-<br />
grammen (Abb. 146) hervor. Im Winter bringen die Zykinen<br />
Regen, während im Sommer das Azorenhoch heiße ur<br />
trockene Sommer bedingt. Da das Mittelmeergebiet zu de<br />
ältesten Kulturlän<strong>der</strong>n gehört, mußte die zonale Vegetat:<br />
den Kulturen weichen.<br />
Trotzdem kann kein Zweifel daran bestehen, daß die zonale<br />
<strong>Vegetation</strong> ein immergrüner Hartlattbwald mit Quenu.<br />
Hex war. Auf Gr<strong>und</strong> von kleinen Restbeständen kann<br />
folgende Angaben über die ursprünglichen Wäl<strong>der</strong> machet<br />
Steineichenwald: Q uercetum ilicis<br />
Baumschicht: 15 bis 18 m hoch, geschlossen, weitgeheiii:<br />
durch Quercus Hex allein gebildet.<br />
Strauchschicht: 3 bis 5 (bis 12) m hoch,<br />
• Buxus sempervirens,<br />
Viburnum tinus,<br />
Phillyrea media,<br />
Ph. angustifolia,<br />
Pistacia lentiscus,<br />
P. terebinthus,<br />
• Rhamnus alaternus,<br />
• Arbutus unedo,<br />
• Rosa sempervirens u. a.;<br />
als Lianen:<br />
• Smilax,<br />
• Lonicera <strong>und</strong><br />
• Clematis
Das mediterrane Gebiet 275<br />
KrjíUsdiicht: etwa 50 cm, spärlich, aber artenreich<br />
• Rusüis aculeatus,<br />
• Rubia peregrina,<br />
• [sparagus acutifoHus,<br />
• \ipkmum adiantum-nigrum,<br />
• jrex distachya u. a.<br />
M.iosschicht: sehr spärlich.<br />
,'niiT diesen niedrigen Wäl<strong>der</strong>n findet man in Kalkgebieten<br />
:ncist ein Terra rossa-Bodenprofil mit einer Streuschicht, ei-<br />
"cm schwärzlichen Humushorizont <strong>und</strong> darunter einem 1bis<br />
: cm mächtigen, tonigen, plastischen, retten Terra rossa-Hori-<br />
■ini. Bei den Kulturboden fehlen die oberen Horizonte (Ero-<br />
- ml, so daß die Farbe schon an <strong>der</strong> Bodenoberfläche sichtbar<br />
rtird. Es sind meist fossile Böden einer mehr tropischen Klimaperiode.<br />
Heute bilden sich braune Lehme (Zinke 1973).<br />
Die Aspektfolge beginnt im März mit <strong>der</strong> Blüte vieler<br />
Siräiicher. Die Hauptblütezeit, auch für Quercus Hex, ist <strong>der</strong><br />
.Mai: im Juni blühen noch Rosa, Clematis <strong>und</strong> Lonicera. Das<br />
Zusammentreffen <strong>der</strong> höchsten Temperaturen mit <strong>der</strong> größten<br />
Trockenheit bedingt eine relative Ruhezeit. Erst mit den<br />
Herbstregen setzt neues Wachstum ein <strong>und</strong> zuweilen eine<br />
nochmalige Blüte <strong>der</strong> Hartlaubgehölze. Die Steineiche (Querdiexj<br />
ist im westlichen Mittelmeergebiet bis zum Peloponnes<br />
<strong>und</strong> Euböa verbreitet, ganz im Westen kommt auf kalkfreien<br />
Böden außerdem die Korkeiche (Quercus súber) vor<br />
(Abb. 153). Ihr Wachstum wird durch Kultur geför<strong>der</strong>t, vor<br />
allem dadurch, daß man diese Wäl<strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> von<br />
konkurrierenden Arten freischlägt.<br />
ln Südosteuropa löst die Kermeseiche (Quercus coccifera)<br />
die vorher genannten Baumarten ab. In Palästina tritt sie als<br />
baumförniige Rasse (Qu. calliprinos) auf (Abb. 152).<br />
In <strong>der</strong> heißen unteren Stufe Spaniens <strong>und</strong> Nordafrikas<br />
wachsen in <strong>der</strong> Baumschicht <strong>der</strong> wilde Ölbaum (Olea Oleaster)<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Johannisbrotbaum (Ceratonia siliqua) mit Pistacia<br />
Imtiscus: dazu kommt die einzige europäische Palme<br />
iChamaerops humilis). Interessant sind auf Kreta tertiäre Re-1<br />
likistandorte einer wilden Dattelpalme, die schon Theophrast<br />
erwähnt. Ein großer Bestand wächst vor einer kleinen Lagune<br />
bei Vai (am Kap Si<strong>der</strong>on, NE-Kreta) über Gr<strong>und</strong>wasser.<br />
Quercus Hex zeigt in N-Afrika von Marokko bis Tunesien<br />
eine montane Verbreitung (Abb. 149) über einer eingeschalleten<br />
Nadelwaldstufe mit Tetraclinis (Callitris) <strong>und</strong> Pinus halepensis<br />
(Aleppo-Kiefer). Die SE-Ecke von Spanien mit 130 bis<br />
200 mm Regen weist schon fast wüstenhafte Verhältnisse<br />
auf (Abb. 146, Gata).
276 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 149.<br />
Quercus ilex-Wald oberhalb voit<br />
Azrou im Mittleren Atlas (Marokko).<br />
Im Unterwuchs Rosa sicuhim,<br />
Lonicera etmsca u. a.<br />
(aus Wa l t e r 1990).<br />
Richtige Quercus ilex-Wäldei sieht man heute nur noch<br />
wenigen Stellen in den Gebirgen N-Afrikas. Sonst werde<br />
sie als Nie<strong>der</strong>wald alle 20 Jahre geschlagen <strong>und</strong> durch St(X'<br />
ausschläge verjüngt. Es entsteht dann ein mannshohes G-<br />
büsch mit lichten Stellen dazwischen, das man Macchit<br />
nennt. Macchien findet man auch an Hängen, wo <strong>der</strong> flacf<br />
gründige Boden keinen hohen Wald aufkommen läßt. Di;<br />
Sklerophyllen, die man nur als Sträucher kennt, können:<br />
günstigen Standorten richtige Bäume bilden, wenn sie er<br />
höheres Alter erreichen; von Quercus Hex sieht man mächi<br />
ge Bäume in alten Gärten o<strong>der</strong> Parkanlagen. Erfolgen dt<br />
Schläge alle 6 bis 8 Jahre <strong>und</strong> werden die Flächen rege<br />
mäßig gebrannt <strong>und</strong> beweidet, dann fehlen höhere Holza:<br />
ten <strong>und</strong> wir erhalten offene Gesellschaften, die man als Garig<br />
u e (o<strong>der</strong> Garrigue, in Griechenland „Phrygana“,<br />
Spanien „Tomillares", in Palästina „Batha") bezeichnet.<br />
Es herrschen oft einzelne Arten vor, wie niedrige Büsch<br />
von Quercus coccifera, Juniperus oxycedrus (im Osten auch Su<br />
copoterium spinosum-Büsche) o<strong>der</strong> Cistus, Rosmarinus, laxe<br />
dula, Thymus u. a. Die günstigsten Verhältnisse für dt<br />
Beweidung bietet die Brachypoditim ramosum-Phlomis lychr.<br />
tes-Gesellschaft in Südfrankreich auf Kalk, fm Frühjahr Ui<br />
ten an nackten Stellen viele Therophyten (Ephemeren) ai<br />
Auch Geophyten (Ephemeroiden) wie Iris, Qrchideen (Sit:<br />
pias, Ophrys) <strong>und</strong> Asphodelus-Arien fehlen nicht. Auf sei<br />
stark durch Feuer <strong>und</strong> Beweidung degradierten Stelle<br />
bleibt schließlich eine fast reine A ffo d ill-F lu r übrig. Dt
Das mediterrane Gebiet 277<br />
Roterde auf kompakten Kalken<br />
degradierte Buschweide<br />
Brand <strong>und</strong> Weide<br />
Reutung u. Weide<br />
(ohne Brand)<br />
Bracfiypodium ramosum (Optimum)<br />
iBfach.ram.-Phlomis lychn.-Assoz.)<br />
Obsrbeweidung. dazu<br />
Brand<br />
Asphodelus cerasifer<br />
Geophyt.-Stadium<br />
umgelagerte steinige Kalkböden<br />
aufgelassene Kulturboden<br />
Therophyten-Stadium<br />
t<br />
Thymus vulgaris-Brachypodium distachyum-<br />
^<br />
I Stadium<br />
Über-<br />
_<br />
beweidung y Beweidung<br />
Brachypodium<br />
ramosum-Stadium<br />
Über-<br />
in^<br />
beweidung'<br />
Euphorbia<br />
Cynareen-St.<br />
Lavandula<br />
latifolia-Stadium<br />
Genista scorpius*<br />
Dornbusch-Stadium<br />
Abb. 150.<br />
Schema <strong>der</strong> Regenerationsstadien<br />
degradierter Weiden o<strong>der</strong><br />
Kulturboden auf Kalkböden im<br />
Languedoc (Südfrankreich) zum<br />
Steineichenwald (Quercetum<br />
ilicis) bzw. bei anhalten<strong>der</strong><br />
Beweidung (<strong>und</strong> Brand) zur<br />
Rosmarinus-Cistus-Garrigue.<br />
Angegeben ist die Abhängigkeit<br />
<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen von <strong>der</strong> Art<br />
<strong>und</strong> Intensität <strong>der</strong> Nutzung<br />
(nach <strong>Walter</strong> & <strong>Breckle</strong> 1991).<br />
A ufgabe<strong>der</strong>\ aber<br />
iBeweidung<br />
Brai<br />
^<br />
traditionelle<br />
Beweidung<br />
r.stus monspeliansis- Juniperus<br />
C.albiduS'Stadium oxycedrus-Stadium<br />
\<br />
^<br />
Brand /<br />
seltener<br />
Quercus coccifera-<br />
Stadium<br />
Brachypodium ramosum<br />
(Optimum)<br />
I Beweidung<br />
I <strong>und</strong> Brand<br />
Rosmarinus-Cislus-Stadium<br />
Quercetum ilicis<br />
(zonale <strong>Vegetation</strong>,<br />
nach großen Zeiträumen)<br />
Quercetum callipnni (zonaler Wald)<br />
Mediterrane Braunerde (Klimax-ßodentyp)<br />
Pistacieto-Quercetum calliprini<br />
(Garrigue mit Qu. calliprinos<br />
<strong>und</strong> Pistacia palaestina)<br />
I<br />
Cistetum (C/sfus-Heide)<br />
f<br />
Poterietum spinosi<br />
(Sarcopoterium sp/nosum-Heide)<br />
f<br />
Hyparrhenietum hirtae<br />
(trockene Hyparrhenia P//ta-Heide)<br />
f<br />
Pioniergesellschaften<br />
t<br />
Terra rossa auf kompaktem<br />
. X<br />
X<br />
G-F<br />
GD 1<br />
GD<br />
G<br />
C<br />
.2<br />
w<br />
Calycotometum villosae<br />
(Calycotome villosa-Helde)<br />
| g<br />
Genisteto-Poterietum spinosae<br />
(Genista acanthoclada <strong>und</strong><br />
Sarcopoterium spinosum-Heide)<br />
| g<br />
o<br />
i r<br />
(trockene Affodillflur)<br />
Asphodelus microcaq:)us,<br />
Poa Pu/bosa-Grasflur<br />
Ru<strong>der</strong>alflur T<br />
(Eryngium, Plantago, Carthamus etc.)<br />
\ g<br />
........ nackter Kalkfels<br />
Abb. 151.<br />
Regressions- <strong>und</strong> Progressionsstadien<br />
(Regeneration) in <strong>der</strong><br />
QueJcus calliprinos-Zone am<br />
Jebel Ansariye in Syrien auf<br />
Kaikfels (nach Nahal 1991).<br />
G = laufende Beweidung:<br />
GD = unterbrochene Beweidung:<br />
F = Abholzung: U = Umbruch<br />
<strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>.
278 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Garigue <strong>und</strong> die offene Affodill-Flur sind im Frühjahr i<br />
Blütenmeer, während sie im Spätsommer stark ausbrenm-<br />
Werden die Kulturen o<strong>der</strong> die Beweidung aufgegeben, -<br />
machen sich Sukzessionen bemerkbar, die in <strong>der</strong> Richiur<br />
zur zonalen <strong>Vegetation</strong> verlaufen, wie es das Schern<br />
(Abb. 150) für S-Frankreich zeigt.<br />
Auf Sandstein- o<strong>der</strong> sauren Kiesböden verläuft die Sukzession<br />
ähnlich, nur haben die einzelnen Stadien eine an<strong>der</strong>e<br />
floristische Zusammensetzung; Charakterarten sind dt<br />
Erdbeerbaum (Arbutus) <strong>und</strong> die Baumheide (Erica arbórea<br />
in N-Spanien mit Quercus súber (Abb. 153).<br />
Im östlichen Mittelmeergebiet übernimmt die baumflirmige<br />
Quercus calliprinos (die mit <strong>der</strong> westmediterranen, niei'<br />
strauchigen Quercus coccifera nahe verwandt ist) die Rolle de:<br />
Quercus Hex <strong>und</strong> stellt den zonalen Waldtyp (Abb. 151, 152.<br />
Die Progressions- <strong>und</strong> Regressionstadien ähneln denen in<br />
westlichen Mittelmeergebiet, meist allerdings dominieren<br />
an<strong>der</strong>e Arten in den jeweils vertretenen Gattungen. Der<br />
vielfältige Einfluß des Menschen führt oft zu einer kaum<br />
mehr nutzbaren dornigen, niedrigwüchsigen Garigue (Baiha)<br />
mit sparrigen, dornigen Zwergsträuchern (vor allem mi:<br />
dem auch feuertoleranten Sarcopoterium) o<strong>der</strong> gar zu gan;<br />
offenen Felsenheiden (Abb. 150), bei denen <strong>der</strong> Boden weiigehend<br />
abgespült ist, so daß vielerorts <strong>der</strong> nackte Fels verbleibt.<br />
Eine Progression (Regeneration) erscheint hier ohnt<br />
entsprechende Maßnahmen fast unmöglich.<br />
Im kontinentalen Mittelmeergebiet S-Anatoliens spiel:<br />
die Kiefer Pinus brutia (nahe P. halepensis) eine größere Rolle.<br />
Oft bildet sie die Baumschicht, während die Hartlaubgewächse<br />
als Macchie in <strong>der</strong> Strauchschicht Vorkommen. Da<br />
Abb. 152.<br />
Hochwüchsige Macchie <strong>und</strong> Gebüschfluren<br />
mit Quercus calliprinos<br />
in Galiläa (Keziv-Park)<br />
mit artenreicher Krautschicht<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
Bedeutung <strong>der</strong> Sklerophyllie im Wettbewerb 279<br />
Abb. 153.<br />
Korkeichenwald (Quercus suher)<br />
in Südspanien bei Grazalema.<br />
Die Eichen sind frisch entrindet,<br />
die Korkplatten werden gesammelt<br />
<strong>und</strong> zur Verarbeitung dann<br />
abtransportiert. An älteren<br />
Korkeichen kann man etwa alle<br />
10 Jahre Kork gewinnen (phot.<br />
S.-W. <strong>Breckle</strong>).<br />
die Kiefer sich in <strong>der</strong> Macchie aus Lichtmangel nicht regeneriert,<br />
können sich diese Bestände erst nach Waldbränden<br />
verjüngen, was die Gleichaltrigkeit <strong>der</strong> Baumschicht erklärt.<br />
Die im Mittelmeergebiet häufig angepflanzte Pinie (Pinus pim)<br />
hatte ihre natürlichen Standorte wahrscheinlich auf armen<br />
Sandflächen an <strong>der</strong> Küste.<br />
4 Bedeutung <strong>der</strong> Sklerophyllie im Wettbewerb<br />
Wenn man sich für die ökophysiologischen Verhältnisse im<br />
mediterranen Gebiet interessiert, so taucht sofort die Frage<br />
auf, in welchem Ausmaß die Pflanzen von <strong>der</strong> langen Sommerdürre<br />
betroffen werden. Man muß zunächst zwischen<br />
den Sklerophyllen <strong>und</strong> den Malakophyllen, die durch Cistus,<br />
Rosmarinus, Lavandula, Thymus u. a. stark vertreten sind, unterscheiden.<br />
Ferner muß man dabei berücksichtigen, daß die<br />
günstigen Euklimatope heute von Kulturen, zum Beispiel<br />
Wein, eingenommen werden <strong>und</strong> die mediterranen Arten<br />
auf die flachgründigen Standorte zurückgedrängt sind, also<br />
unter relativ ungünstigen Verhältnissen wachsen.<br />
Sofern das anstehende Gestein tief zerklüftet ist, dringen<br />
die reichlichen Winterregen tief ein <strong>und</strong> werden im Boden<br />
gespeichert. In den Felsspalten lassen sich die Wurzeln <strong>der</strong><br />
Holzarten 5 bis 10 m tief verfolgen, bis in Schichten, die<br />
auch im Sommer noch genügend ausnutzbares Wasser enthalten.<br />
Zellsaftuntersuchungen im Laufe <strong>der</strong> ganzen <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
ergaben bei den Sklerophyllen, daß <strong>der</strong> potentielle osmotische<br />
Druck während <strong>der</strong> Dürrezeit von etwa 2,1 MPa<br />
um 0,4 bis 0,5 MPa ansteigt, das heißt die Wasserbilanz wird<br />
V .<br />
I Í
280 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze Bedeutung <strong>der</strong> Sklerophyllie im Wettbewerb 281<br />
_ Die Sklerophyllen<br />
sind nur in den Winterregengebieten<br />
sowohl<br />
den nichtsklerophyllen,<br />
eher lauriphyllen immergrünen<br />
Arten, die gegen<br />
Dürre empfindlich sind,<br />
als auch den laubabwerfenden<br />
Bäumen im Wettbewerb<br />
überlegen.<br />
nicht wesentlich gestört <strong>und</strong> die Hydratur des Protoplasi:<br />
wird kaum verringert. Das kann jedoch bei erschvveri<br />
Wasserversorgung nur unter Einschränkung des Gaswe,<br />
sels durch teilweisen Stomataschluß erreicht werden. Tra<br />
spirationsmessungen ergaben, daß an trockenen Standon.<br />
die Wasserabgabe im Sommer etwa drei- bis sechsmal ger<br />
ger ist als an feuchten. An extrem trockenen Standorten<br />
nur kümmerlich wachsenden Exemplaren steigt die Zells.-<br />
konzentration dagegen bis auf 3,0 bis 5,0 MPa an. Man m<br />
aber bedenken, daß auf den Euklimatopen, auf denen df<br />
Wein im Herbst hohe Erträge bringt, die Wasserverhähn:<br />
viel günstiger sind. Eine durch Dürre verursachte Sommeruhe<br />
kam somit bei den ursprünglichen Hartlaubwäldcr<br />
nicht in Frage.<br />
Im Gegensatz zu den hydrostabilen Sklerophyllen sr<br />
die Malakophyllen hydrolabil. Cistus, Thymus <strong>und</strong> Vibum:<br />
tinus zeigen im Sommer Anstiege <strong>der</strong> Zellsaftkonzentrai:<br />
bis auf 4,0 MPa. Zugleich tritt bei ihnen eine starke Redu><br />
tion <strong>der</strong> transpirierenden Fläche ein, indem ein großer T<br />
<strong>der</strong> Blätter abgeworfen wird. Oft verbleiben nur die Kn<br />
pen. Diese Arten wurzeln nicht so tief. Der Lorbeer (Lmr<br />
nobilis), <strong>der</strong> nicht zu den Sklerophyllen gehört, hat im Me.<br />
terrangebiet seinen natürlichen Wuchsort stets im Schallt<br />
o<strong>der</strong> an Nordhängen. Er bildet heute Waldbestände nur.<br />
<strong>der</strong> Nebelstufe <strong>der</strong> Kanaren o<strong>der</strong> eine Macchie im Winit<br />
regengebiet ohne ausgesprochene Sommerdürre (N-Ana'<br />
lien, Katalonien), ebenso verhält sich Prunus laurocerasm.<br />
Die ökologische Bedeutung <strong>der</strong> Sklerophyllie ist wo<br />
darin zu sehen, daß die Hartlaubarten bei guter Wasservt:<br />
sorgung einen regen Gaswechsel betreiben (Zahl <strong>der</strong> Spa;<br />
Öffnungen 400 bis 500 pro mm^), aber bei Wassermant<br />
durch Verschluß <strong>der</strong> Stomata die Wasserverluste stark drtH<br />
sein können. Sie haben dadurch die Fähigkeit, monatelai;<br />
Dürrezeiten unter Aufrechlerhaltung <strong>der</strong> Plasmahydrai'<br />
<strong>und</strong> ohne Verluste an Blattfläche bis zur nächsten Regenzt<br />
zu überdauern, um dann im Herbst sofort wie<strong>der</strong> die Stof-!<br />
Produktion aufnehmen zu können.<br />
Aber die Verhältnisse än<strong>der</strong>n sich sofort, wenn in ck<br />
feuchten Winterregengebieten die Sommer nicht ausgespr,<br />
chen trocken sind o<strong>der</strong> wenn bei typisch mediterranem Kl<br />
ma <strong>der</strong> Standort dauernd feucht ist, zum Beispiel an NorC|<br />
hängen o<strong>der</strong> in Auenwäl<strong>der</strong>n. An ersteren werden dt:<br />
Sklerophyllen zunächst von lorbeerähnlichen immergrüne<br />
Arten <strong>und</strong> dann von laubabwerfenden Bäumen verdräns<br />
An die Stelle von Quercus Hex tritt die sommergrüne Flai<br />
meiche (Qu. pubescens) mit größerem Zuwachs.<br />
In den Auenwäl<strong>der</strong>n des Mittelmeergebietes wachsen<br />
lauhabwerfende Baumarten, wie Populus <strong>und</strong> Alnus-Anen,<br />
"Imus campestris, Platanus orientalis <strong>und</strong> in SW-Anatolien die<br />
•ortiäre Reliktart Liquidambar orientalis. Sobald jedoch die<br />
Flüsse int Sommer versiegen, finden wir keine sommergrünen<br />
Holzarten, son<strong>der</strong>n den immergrünen sklerophyllen<br />
Olean<strong>der</strong> (Nerium Olean<strong>der</strong>).<br />
Genauere Angaben zu 1 liegen nicht vor, doch ist anzunelimen,<br />
daß <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Blattmasse an <strong>der</strong> gesamten<br />
Phytomasse bei den laubabwerfenden Arten günstiger ist als<br />
bei den Sklerophyllen. Hinsichtlich 2 ist das Verhältnis bei<br />
den dünnen sommergrünen Blättern zwei Mal größer als bei<br />
den immergrünen, <strong>und</strong> für 3 zeigen die Messungen, daß die<br />
Intensität <strong>der</strong> Photosynthese bei sommergrünen <strong>und</strong> immergrünen<br />
Blättern, pro Blattflächeneinheit berechnet, keine<br />
großen Unterschiede aufweist. Was 4 anbelangt, so ist das<br />
immergrüne Blatt natürlich günstiger. Zwei Punkte sind somit<br />
zugunsten <strong>der</strong> laubabwerfenden <strong>und</strong> ein Punkt für die<br />
immergrünen Arten.<br />
Genauere Berechnungen ergaben für das feuchte, milde<br />
Klima am Gardasee, wo sowohl Quercus Hex als auch Qu.<br />
pubescens wächst, eine Stoffausbeute in g • g“' Zweiggewicht<br />
von 22,9 für Qu. pubescens gegenüber nur 17,9 für Qu. Hex,<br />
was die Beobachtung <strong>der</strong> größeren Konkurrenzkraft <strong>der</strong><br />
laubabwerfenden Arten unter diesen Klima- <strong>und</strong> Standortsbedingungen<br />
bestätigt. Im selben Klima, aber an steilen<br />
Felswänden, von denen ein großer Teil des Regenwassers<br />
abfließt, so daß <strong>der</strong> Standort im Sommer trocken ist, finden<br />
wir immergrüne Qu. t/ex-Büsche. An solchen Wuchsorten ist<br />
Qu. pubescens nicht konkurrenzfähig.<br />
Dazu kommt, daß an steilen Felshängen Qu. Hex im Winter<br />
vor Kaltluftstau geschützt ist. Denn seine Nordgrenze ist<br />
vor allem durch die Winterkälte bedingt.<br />
Die Sklerophyllie hat natürlich auch Auswirkungen auf<br />
die Bodenbildung, denn <strong>der</strong> Abbau <strong>der</strong> Blätter mit hohen<br />
Holzanteilen <strong>und</strong> großem Rohfasergehalt verläuft natürlich<br />
langsamer als <strong>der</strong> von malakophyllen Blättern. Die Abbauraten<br />
<strong>der</strong> Blätter sind einerseits abhängig von ihrer mechanischen<br />
Festigkeit, an<strong>der</strong>erseits auch von ihrem Mineralstoffgehalt.<br />
Aschereiche Blätter werden von den<br />
Destruenten im Boden schneller abgebaut.<br />
Im Vergleich mit an<strong>der</strong>en Zonobiomen liegt das Mediterrangebiet<br />
mit den Hartlaubblättern bezüglich <strong>der</strong> Streuprodiiktion<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Akkumulation an Streu (aufgr<strong>und</strong> vermin<strong>der</strong>ter<br />
Abbauraten <strong>der</strong> Destruenten) sozusagen im Mittelfeld<br />
(Abb. 154). Die Streu <strong>der</strong> Nadelhölzer im ZB VIII wird.<br />
^ Die Stoffproduktion<br />
hängt hauptsächlich vom<br />
Assimilathaushalt <strong>der</strong><br />
Pflanzen ab; sie ist um so<br />
größer:<br />
1. je größer <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> Assimilate ist, <strong>der</strong><br />
für die Vergrößerung<br />
<strong>der</strong> produktiven Blattfläche<br />
verwendet wird,<br />
2. je größer das Verhältnis<br />
Blattfläche/Blatttrockengewicht<br />
ist, das<br />
heißt mit je weniger<br />
Substanz die Blattfläche<br />
aufgebaut wird,<br />
3. je höher die Intensität<br />
<strong>der</strong> Photosynthese ist,<br />
4. je länger die Zeit ist,<br />
während <strong>der</strong> die Blattfläche<br />
COj assimilieren<br />
kann.
282 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 154.<br />
Streueintraß <strong>und</strong> Streuakkumulation<br />
in verschiedenen Zonobiomen.<br />
Herausgehoben ist das ZB<br />
IV, hier sind einzelne Arten<br />
angegeben (A.f = Adenostoma<br />
fasckulatum: A.g. = Arctostaphylos<br />
glauca: G.v. = Garrya<br />
veatchii: Q.c. = Quercus coccifera:<br />
Q.i. = Qu. Hex: Q.w. = Qu. wislizenii;<br />
S.m. = Salvia mellifera).<br />
Der Bereich einiger an<strong>der</strong>er Zonobiome<br />
ist umgrenzt. K ist die<br />
Abbaurate, wenn man einen<br />
gleichmäßigen negativ exponentiellen<br />
Abbau annimmt (nach<br />
5 6<br />
Streueintrag {t/ha/Jahr)<br />
K = 0,1<br />
natürlich auch aufgr<strong>und</strong> des ungünstigen Klimas mit sehlangen<br />
Wintern, ebenso wie die <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra (ZB IX) not;,<br />
wesentlich langsamer mineralisiert, so daß es dort zu Rohhumusansammlungen<br />
kommt. Im Mittelmeergebiet hält<br />
sich Streueintrag <strong>und</strong> Akkumulation etwa die Waage<br />
während natürlich im ZB I <strong>der</strong> ständige Streueintrag seh:<br />
hoch ist, die Akkumulation aber unbedeutend, dort wird alles<br />
Anfallende laufend umgesetzt (k = 1, Abb. 154).<br />
5 Arides mediterranes Subzonobiom<br />
Kleine aride Gebiete findet man im Ebro-Becken in NE-Spanien<br />
(W alter 1973), wo schon Winterkälte eine Rolle spielt<br />
<strong>und</strong> noch extremer in SE-Spanien (F reitag 1971), dem einzigen<br />
Landzipfel Europas, <strong>der</strong> schon fast zum ZB III gerechnet<br />
werden kann.<br />
Als Beispiel eines größeren Gebietes sei aber Zentralanatolien<br />
erwähnt, das noch ganz dem Winterregengebiet angehört<br />
<strong>und</strong> eine von hohen Randgebirgen umschlossene<br />
zentrale Beckenlandschaft in über 900 m NN darstellt. Die<br />
Gebirge halten einen großen Teil <strong>der</strong> Winternie<strong>der</strong>schläge<br />
ab. Im Mai führt die bereits erhitzte, aber noch feuchte aulsteigende<br />
Luft zu Gewitterbildungen <strong>und</strong> einem Regenmaximiim<br />
(Abb. 155).<br />
Die Gesamtnie<strong>der</strong>schläge liegen unter 350 mm, die Som<br />
merdürre ist sehr ausgeprägt, aber die Monate Dezember bi<<br />
März sind kalt (Minima bis -25 °C), wenn auch von<br />
Tauwetter unterbrochen (ZÖ IV/VII). Unter diesen Verhäh<br />
nissen kann kein Wald wachsen. Die P/««5-Wäl<strong>der</strong> deij<br />
Randgebirge (montan-mediterrane Stufe) gehen über eine
Gebiischzone mit Juniperus, Quercus pubescens, Cistus laurifoli-<br />
;;s. Pyrus elaeagrifolia, Colutea-, Crateagus- <strong>und</strong> Amygdalus<br />
iZwergmandel)-Arten in eine Steppe über. Es ist daher ein<br />
ZÖ IV/VII. Die Steppe ist heute zum größten Teil Ackerland<br />
geworden (Winterweizenanbau als „dry farming"), o<strong>der</strong> sie<br />
wird stark beweidet. Dadurch erfolgt eine Degradation zu einer<br />
Artemisia fragrans-Poa ¿«/¿osfl-Halbwüste mit sehr vielen<br />
Frühlingstherophyten <strong>und</strong> Geophyten.<br />
ln größeren Höhen treten als Dornkugelpolster viele Arten<br />
von Astragalus (Tragacantha) <strong>und</strong> Acantholimon (Plumbaginaceae)<br />
auf, die beson<strong>der</strong>s für die kalten armenisch-iranischen<br />
Hochlän<strong>der</strong> bezeichnend sind.<br />
Ursprünglich herrschte in Zentralanatolien eine krautreiche<br />
Grassteppe (Stipa-Bromus tomentellus-Festuca vallesiaca-<br />
Gesellschaft), die schon an die osteuropäische Steppe (s.<br />
S. 392f.) erinnert, nur daß die Arten mediterrane Elemente<br />
sind. Der Boden weist ein typisches Schwarzerdeprofil auf,<br />
aber mit einem nicht sehr humusreichen A-Horizont (s.<br />
S. 391). Die <strong>Vegetation</strong>szeit in dieser Steppe wird durch die<br />
Winterkälte <strong>und</strong> Sommerdürre auf vier Monate verkürzt.<br />
Sehr wichtig ist dabei das Regenmaximum im Mai.<br />
Die günstigste Jahreszeit ist <strong>der</strong> Frühling. Bereits von Februar<br />
bis März blühen die ersten Geophyten (Crocus, Ornithogalum,<br />
Gagea u. a.). Auf sie folgen, namentlich bei Überweidung,<br />
die vielen kleinen Therophyten, die nur in den<br />
oberen 20 cm wurzeln <strong>und</strong> deswegen bereits bis Juni verschwinden.<br />
Die eigentlichen perennen Steppenarten erreichen<br />
ihr Entwicklungsmaximum im Mai <strong>und</strong> vertrocknen<br />
erst im Juli. Da <strong>der</strong> Boden im Frühjahr genügend Wasser<br />
enthält, ist die Zellsaftkonzentration dieser Arten niedrig<br />
(1,0 bis 1,5 MPa) <strong>und</strong> steigt kurz vor dem Vertrocknen an.<br />
Eine Reihe von Arten, zu denen auch die Dornkugelpolster<br />
gehören, blühen erst während <strong>der</strong> Hauptdürre. Diese Arten<br />
zeichnen sich durch eine tiefgehende Pfahlwurzel aus, so<br />
daß sie aus den tiefen, auch im Sommer noch feuchten Bodenhorizonten<br />
Wasser entnehmen können. Beim Kameldorn<br />
(Alhagi) wurde bei einer 30 Monate alten Pflanze schon<br />
Arides mediterranes Subzonobiom 283<br />
Abb. 155.<br />
Klimadiagramm von Ankara,<br />
arid-mediterran. Homoklimate<br />
sind Eriwan (Hocharmenien)<br />
<strong>und</strong> Taschkent (Mittelasien, etwas<br />
tiefer gelegen <strong>und</strong> wärmer).<br />
Ankara (895 m)<br />
[25]<br />
Eriwan (984 m)<br />
11,7° 341 11,2° 301<br />
Taschkent (479 m)<br />
13,2° 348<br />
[35 - 56]
284 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
eine Wurzeltiefe von 7,65 m gemessen. Die Zellsaftkonzei.<br />
tration liegt ebenfalls unter 1,5 MPa.<br />
Die Randzonen <strong>der</strong> mediterranen Steppengebiete gehören<br />
zu den beson<strong>der</strong>s früh durch den Menschen besiede ■<br />
ten Gegenden <strong>und</strong> sind die Wiege <strong>der</strong> menschlidien Kultur<br />
Das gilt nicht nur für die Hethiter in Anatolien, sondcn<br />
auch für das Gebiet des „Fruchtbaren Halbmonds", das heilr<br />
für die Gebirgshänge, die Mesopotamien von Westen, Norden<br />
<strong>und</strong> Osten umgeben. Hier (Jericho, Beidha, Jarmo) har<br />
man die ältesten Spuren des Getreidebaus gef<strong>und</strong>en, für dt<br />
die Steppe beson<strong>der</strong>s günstig ist. Zugleich war in dieser ein.<br />
Viehhaltung möglich. Der benachbarte Wald diente Jagdzwecken<br />
<strong>und</strong> lieferte Holz. In diesen Ursiedlungsgebietcn<br />
hat <strong>der</strong> Mensch in den verflossenen Jahrtausenden di.<br />
natürliche <strong>Vegetation</strong> beson<strong>der</strong>s gründlich zerstört <strong>und</strong> zum<br />
Teil früher fruchtbare Gebiete in Wüsten umgewandcli.<br />
Durch die einsetzende Bodenerosion sind viele „bad lande<br />
entstanden, in denen je<strong>der</strong> Pflanzenwuchs fehlt.<br />
Auf die sehr verschiedenen Zonoökotone im Norden des<br />
sehr weit sich in West-Ost-Richtung erstreckenden mediterranen<br />
Gebiets kann nicht näher eingegangen werden.<br />
6 Kalifornien <strong>und</strong> Nachbarregionen<br />
Abb. 156.<br />
Klimadiagramme von Stationen<br />
an <strong>der</strong> pazifischen Küste N-<br />
Amerikas (von N nach S) im Gebiet<br />
des Nadelwaldes, <strong>der</strong> Hartlaubvegetation<br />
<strong>und</strong> des<br />
Übergangsgebietes zur Wüste.<br />
Dieses Gebiet wird im Westen von N-Amerika durch die Gebirgsketten<br />
(Kaskaden, Sierra Nevada) auf einen schmalen<br />
Streifen an <strong>der</strong> pazifischen Küste beschränkt. Das Winterregengebiet<br />
erstreckt sich an <strong>der</strong> Westküste von Brit. Kolumbien<br />
bis nach Nie<strong>der</strong>kalifornien, aber im Norden sind die<br />
Nie<strong>der</strong>schläge so hoch <strong>und</strong> die Sommerdürre so kurz, daß es<br />
sich um artenreiche hygrophile bis mesophile Nadelwäl<strong>der</strong><br />
handelt, die schon als Zonoökolon IV/V zu betrachten sind<br />
(Barbour £r Major 1977).<br />
Nur Mittel- <strong>und</strong> S-Kallfornien sind ein Hartlaubgebiet,<br />
während Nie<strong>der</strong>kalifornien schon zu arid ist (Abb. 156, 157),<br />
Vancouver {8 m)<br />
(10-15) 10,0° 1050<br />
Pasadena (263 m)<br />
[37 - 46] Calif. 16,8° 484<br />
San Diego (6 m)<br />
[72 - 97] Calif.<br />
16,4° 259
Das kalifornische Zonobiom IV entspricht <strong>der</strong> eigentlichen<br />
mediterranen kalifornischen Florenprovinz, die sehr artenreich<br />
ist (Tab. 18, S. 270). Da die heutige westamerikanische<br />
Flora noch weitgehend <strong>der</strong> pliozänen ähnelt, also keine Verarmung<br />
im Pleistozän eintrat, sind alle Pflanzengesellschaften<br />
sehr artenreich; Gattungen wie Quercus, Arbutus u. a. sind<br />
durch eine große Zahl von Arten vertreten, dazu kommen<br />
viele Gattungen, die in Europa fehlen, zum Beispiel die wichtige<br />
Gattung Ceanothus (Rhamnaceae) mit 40 Arten; von Arcmtaphylos<br />
sind 45 strauchförmige Arten vorhanden. Eine<br />
Leiiart ist die Rosacee Adenostoma fasciculatum („Chamise")<br />
mit nadelförmigen Blättern. Die Verbreitung dieses Strauches<br />
gibt die Ausdehnung des Hartlaubgebiets wie<strong>der</strong>.<br />
Ökologisch genauer untersucht wurde eine seit 40 Jahren<br />
geschützte Fläche eines Adenostoma-QaaYianaXs bei San Diego<br />
im Gebirge (458 bis 1678 m NN) südlich <strong>der</strong> Mojave-Wüste<br />
von Mooney <strong>und</strong> Parsons (in Castri & Mooney 1973).<br />
Die Kiimadaten <strong>der</strong> Station in 815 m NN sind folgende: Mittlere<br />
Jahrestemperatur 14,3 °C, abs. Maximum 42,5 °C, abs.<br />
Minimum -7,8 °C, Frost kann Vorkommen von<br />
Oktober bis Mai; Jahresregenmenge im Mittel 670<br />
mm vorwiegend im Dezember bis März; Evaporation<br />
1625 mm im Jahr, vorwiegend in den vier<br />
heißen Sommermonaten. Der Boden kann in<br />
schlechten Regenjahren bis 1,2 m tief austrocknen,<br />
darunter ist er immer feucht.<br />
Brände nach Blitzschlag sind häufig, dabei erreicht<br />
die Temperatur <strong>der</strong> Flamme 1100 °C, an <strong>der</strong><br />
Bodenoberfläche 650 °C <strong>und</strong> in 5 cm Tiefe 180 bis<br />
290 °C. Adenostoma treibt zu über 50 % selbst<br />
während <strong>der</strong> Dürrezeit, oft in 10 Tagen nach dem<br />
Brand aus <strong>und</strong> bildet in 30 Tagen 25 cm lange<br />
Triebe. Von Quercus agrifolia <strong>und</strong> Rhus laurina<br />
schlagen alle Pflanzen aus. Adenostoma erreicht die größte<br />
Deckung 22 bis 40 Jahre nach einem Brand, nach 60 Jahren<br />
hört das Wachstum fast auf. Die Verjüngung des Bestandes<br />
erfolgt nach einem neuen Brand. Etwa 50 % <strong>der</strong> Straucharten<br />
verjüngen sich durch Austreiben, die an<strong>der</strong>en durch Samen.<br />
Etwa 20 Jahre nach einem Brand ist <strong>der</strong> Bestand wie<strong>der</strong><br />
geschlossen. In den ersten Jahren nach dem Brand<br />
erfolgt eine starke Bodenerosion an Steilhängen. Die oberirdische<br />
Phytomasse erreicht 50 t- ha“', die unterirdische dürfte<br />
doppelt so groß sein. Die oberirdische Nettoproduktion<br />
beträgt in einem Jahr etwa 1 t-ha“' in jungen Beständen<br />
<strong>und</strong> nimmt mit dem Alter ab. Die Sträucher sind normalerweise<br />
das ganze Jahr photosynthetisch aktiv.<br />
Kalifornien <strong>und</strong> Nachbarregionen 285<br />
^ Das Nord-Süd-Gefälle<br />
bedingt, daß immergrüne<br />
sklerophylle Eichenwäl<strong>der</strong><br />
nur im nördlichen Teil des<br />
kalifornischen Hartlaubgebiets<br />
Vorkommen, zum<br />
Teil sogar gemischt mit<br />
laubabwerfenden Arten,<br />
während im südlichen Teil<br />
eine Gebüschformation<br />
vorherrscht, die als Chaparral<br />
bezeichnet wird.<br />
Sie entspricht <strong>der</strong> mediterranen<br />
Macchie.<br />
Sagehen Creek (1931 m)<br />
116-10] 47° 912 mm<br />
200<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Abb. 157.<br />
Klimadiagramm von Sagehen<br />
Creek auf <strong>der</strong> Passhöhe<br />
(1931 m NN) <strong>der</strong> Sierra Nevada<br />
vor Reno. Die kleine Spitze <strong>der</strong><br />
Regenkurve im August kommt<br />
durch Sommergewitter zustande.<br />
Absolutes Temperaturmaximum<br />
34,4 °C, -minimum -33,9 °C<br />
(aus W I l t e r 1990).
286 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Im Frühjahr entwickelt sich eine sehr reiche Ephemere<br />
<strong>Vegetation</strong>. Einige von diesen Arten keimen nur nach eine<br />
Brand. Adenostoma dominiert an Südhängen, dagegt<br />
wächst in den dichteren Beständen <strong>der</strong> Nordhänge Quedumosa.<br />
Der unmittelbar an das Meer grenzende Küstenstreib<br />
Kaliforniens nördlich des 36. Breitengrades gehört nicht zi<br />
Hartlaubzone, weil die durch den kalten Meeresstrom bt<br />
dingten Nebel die Sommerzeit kühl <strong>und</strong> feucht gestalter<br />
<strong>und</strong> den hygrophilen nördlichen Baumarten das Wachstur<br />
ermöglichen.<br />
Der Chaparral ist im Gegensatz zur Macchie eine natiir<br />
liehe zonale <strong>Vegetation</strong>, die den relativ geringen Wintern:,<br />
<strong>der</strong>schlägen von 500 mm entspricht. Zwar sind auch h;,<br />
Brände sehr häufig; aber diese Brände waren bereits vor di<br />
Eingriffen des Menschen ein natürlicher Faktor. Genaur<br />
Statistiken <strong>der</strong> „National-Forest"-Verwaltung haben gezdg<br />
daß Brände durch Blitzschlag im Chaparral-Gebiet äußere<br />
deutlich häufig entstehen, so daß bei Gewittern ein stän.;<br />
ger Brandwachdienst notwendig ist. Man hat festgestei<br />
daß Brände, die sich etwa alle zwölf Jahre wie<strong>der</strong>holen, dt<br />
Chaparral nicht verän<strong>der</strong>n, da die Sträucher immer wied-,<br />
ausschlagen. Bleiben die Brände sehr lange aus, dann drir.-<br />
gen Arten wie Prunus ilicifolia <strong>und</strong> Rhamnus crocea ein. Fo„<br />
nach einem Brand in zwei Jahren erneut einer, so werde<br />
die Sämlinge <strong>der</strong> Straucharten, die nach Brand nicht au><br />
schlagen, abgetötet <strong>und</strong> damit die Holzpflanzen zurückp<br />
drängt.<br />
Die Wurzelsysteme <strong>der</strong> Hartlaubarten dringen sehr tief;'<br />
den Boden ein, weil dessen oberster Meter im Sommer mei»<br />
ganz austrocknet. Die maximalen Tiefen <strong>der</strong> Wurzeln h<br />
weit in die Felsspalten betragen 4 bis 8,5 m (genauere Angaben<br />
mit Wurzelsystemprofilen findet man bei Kummero<br />
1981). Eine gewisse Wasseraufnahme ist deshalb im Soir.<br />
mer möglich.<br />
Man erkennt das daran, daß nach einem Brand im Hoeb<br />
Sommer die Sträucher sehr bald austreiben; nach dem Velust<br />
<strong>der</strong> transpirierenden Oberfläche genügt schon eine jv<br />
ringe Wasseraufnahme, um die Knospen zum Wachsen r,<br />
bringen. Die Herbstregen wirken sich nicht direkt aus. I-<br />
dauert über einen Monat, bis das Wasser in eine Tiefe vc:<br />
1 m gelangt. Inzwischen fällt die Temperatur so stark, ds<br />
die Sprosse nicht mehr wachsen. Der Höhepunkt <strong>der</strong> E:<br />
Wicklung ist im April, wenn bei guter Wasserversorgung ds<br />
Temperatur ansteigt. Die alten immergrünen Blätter assin'<br />
lieren bis ins Frühjahr hinein. Sie fallen erst im Juni at
wenn die jungen voll funktionsfähig werden. Fast alle Arten<br />
Jes Chaparrals besitzen eine Mykorrhiza. Die Ceanothus-Ar-<br />
¡eii hingegen bilden Knöllchen, die Stickstoff assimilieren.<br />
Eine sehr ausführliche <strong>Vegetation</strong>smonographie mit vielen<br />
Ökologischen Angaben erschien von B arbour & M ajor<br />
|I977).<br />
Immergrüne Eichenhartlaubwäl<strong>der</strong> findet man in N-<br />
,Amerika außerdem als montane Stufe in den Gebirgen Südiind<br />
Mittelarizonas über <strong>der</strong> Kakteenwüste in 1200 bis<br />
1900 m Höhe. Es ist die Encinal-Stufe, die sich auf Gr<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> verschiedenen Quercus-Artm in eine untere <strong>und</strong> obere<br />
glie<strong>der</strong>t. Letztere wird von <strong>der</strong> Pinus pon<strong>der</strong>osa-Stuie abjielöst.<br />
Die Chaparral-Arten (Arbutus, Arctostaphylos, Ceano-<br />
:lnis/ kommen als Strauchschicht unter <strong>der</strong> Baumschicht vor.<br />
Obgleich es in Arizona zwei Regenzeiten gibt, erinnert die<br />
<strong>Vegetation</strong> sehr stark an die in Kalifornien, doch sind die<br />
Hartlatibwäl<strong>der</strong> in den Gebirgen viel besser ausgebildet <strong>und</strong><br />
noch urwüchsig. Die Sommergewilter ergänzen die geringen<br />
Winternie<strong>der</strong>schläge. Trotzdem ist die Sommerdürre sehr<br />
ausgeprägt.<br />
Östlich <strong>der</strong> Sierra Nevada, im Staate Nevada, nehmen die<br />
iVinternie<strong>der</strong>schläge bis auf 150 bis 250 mm ab.<br />
Die kalte Jahreszeit dauert in 1300 m Höhe sechs bis sieben<br />
Monate. Das zeigt das Klimadiagramm von Sagehen<br />
Creek (Abb. 157) auf <strong>der</strong> Passhöhe mit noch relativ hohen<br />
Nie<strong>der</strong>schlägen <strong>und</strong> einer Wald- sowie Moorvegetation.<br />
Reno (Abb. 158) liegt bereits im Windschatten. Dort hält<br />
sich nur noch eine Artemisia tridentata-lleAhywüsie, die als<br />
.Sagebrush" bezeichnet wird. Wie stark in diesem Gebiet die<br />
Nic<strong>der</strong>schlagshöhe vom Relief abhängt, geht aus Abb. 159<br />
hervor. Die ArfeniKifl-Halbwüste nimmt riesige Flächen in<br />
Nevada <strong>und</strong> Utah sowie in den angrenzenden Staaten ein.<br />
Sie löst die südliche Coleogyne- <strong>und</strong> Lurrea-Halbwüste in dem<br />
kalten Klima ab. Artemisia bevorzugt die schweren Böden<br />
<strong>der</strong> Beckenlandschaften <strong>und</strong> wird auf den Erhebungen von<br />
dem „Pinyon" abgelöst. Das sind sehr lichte niedrige Pinus<br />
Konophylla- o<strong>der</strong> P. edulis-Jutiiperus-Baumümen, zu denen<br />
einige kälteresistente Chaparral-Arten gehören. In den Ge-<br />
Kalifornien <strong>und</strong> Nachbarregionen 287<br />
Abb. 158.<br />
Klimadiagramme aus dem Sagebrush-Gebiet<br />
(Artemisia tridenlata-Halbwüste):<br />
Reno, Winnemuca<br />
<strong>und</strong> Salt Lake City (bereits<br />
Übergang zu Grasland).<br />
Reno (1340 m) W innem ucca (1306 m)<br />
[60]Nev. 10,3° 180 [6 9-61] Nev. 8,4° 214<br />
Salt Lake City (1300 m)<br />
[1 9 -5 7 ] Utah 10,6° 414
288 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 159.<br />
Die Abhängigkeit <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagshöhe<br />
(oben) vom Relief<br />
(unten), gezeigt an einem W-E-<br />
Profil durch den westlichen Teil<br />
Nordamerikas auf etwa dem<br />
38°N (aus <strong>Walter</strong> I960).<br />
birgen bei etwa 2000 m Höhe beginnen die eigentlichen Nh<br />
delwäl<strong>der</strong> mit Pinus flexilis <strong>und</strong> P. albicaulis, während weiter<br />
im Osten Pinus pon<strong>der</strong>osa auftritt, die höher von Pseudotsm<strong>und</strong><br />
Abies concolor abgelöst wird, wogegen Picea engelmamt:<br />
<strong>und</strong> Abies lasiocarpa die Baumgrenze in über 3000 m Höhl<br />
bilden. Die trockenen Südhänge bleiben oft unbewaldet, so<br />
daß Artemisia bis zur alpinen Stufe hinaufreicht; doch kan:<br />
die Höhenstufenfolge räumlich sehr stark wechseln. Auch<br />
spielt die Espe (Populus tremuloides) mit ausgedehnten Klon<br />
Wurzelschößlingen auf wasserzügigen Böden eine größt<br />
Rolle.<br />
Artemisia tridentata (sagebrush) ist ein 1,5 bis 2 m hohe:<br />
Halbstrauch, <strong>der</strong> 25 bis 50 Jahre alt wird. Die Pfahlwunt!<br />
dringt bis zu 3 m tief in den Boden ein. Von ihr gehen flachtind<br />
weitstreichende Seitenwurzeln ab. Die Wasserversor<br />
gung ist im Frühjahr nach <strong>der</strong> Schneeschmelze gut. Die Zellsaftkonzentration<br />
ist dann mit 1,0 bis 1,5 MPa sehr niedrii;<br />
Sie steigt bald auf 2,0 bis 3,5 MPa an. Bei akutem Wasser<br />
mangel im Sommer kann sie 7,0 MPa erreichen, ln diesen:<br />
Stadium werden, wie bei allen Malakophyllen, die älteren<br />
Blätter abgeworfen.<br />
Die Sagebrush-Halbwüste ist an braune Halbwüstenboden,<br />
die frei von Salzen sind, geb<strong>und</strong>en. Artemisia tridentcit<br />
ist die dominante Art. Als Begleiter findet man häufig <strong>der</strong><br />
Zwergstrauch Chrysothamnus (Asteraceae). Das Gebiet gehör:<br />
zum ariden ZB VII a. In dem ariden Klima sind jedoch die<br />
abflußlosen Senken stets verbrackt. Es handelt sich um Sal.<br />
pfannen <strong>und</strong> Salzseen als Reste sehr viel größerer pleistoza<br />
ner Seen, zum Beispiel des Lake Bonneville, dessen Spiege<br />
310 m über dem des heutigen Großen Salzsees <strong>und</strong> dr<br />
anschließenden sehr ausgedehnten vegetationslosen Sal<br />
wüste in Utah lag. Die Fläche des Lake Bonneville betn:<br />
32 000 km^ bei einer maximalen Länge von 586 km un.<br />
Breite von 233 km. Die heutige Salzwüste erstreckt sich übt<br />
161 km Länge <strong>und</strong> 80 km Breite. Beim Hochstand des WaH<br />
serspiegels von 1906 waren die entsprechenden Zahlen ft,
den Salzsee 120 <strong>und</strong> 56 km. Seine Konturen schwanken<br />
stark, die mittlere Tiefe beträgt wenig über 5 m, <strong>der</strong> Salzgehalt<br />
liegt zwischen 13,7 % <strong>und</strong> 27,7 %. Etwa 80 % <strong>der</strong> Salze<br />
entfallen auf NaCl, die übrigen 20 % auf MgCl2 , Na2 S0 4 ,<br />
K,S0 4 , MgS0 4 u. a. Um die Salzflächen herum treten Halophyten<br />
auf.<br />
Die Halophyten sind mit Ausnahme des absalzenden Grases<br />
(Distichlis) alles Chenopodiaceen. Die Gesamtfläche ist ein<br />
riesiges Halobiom mit Biogeozön- Komplexen. Auch diese<br />
Abfolge entspricht weitgehend <strong>der</strong> Zonierung von Halophytentypen,<br />
wie sie in Zentralasien auftritt.<br />
Das Klima von Utah erinnert an das von Ankara. Das<br />
starke Vorherrschen von Artemisia ist in Anatolien die Folge<br />
von Überweidung; früher waren Gräser (Agropyron-, Stipa<strong>und</strong><br />
Festuca-Arten) verbreitet.<br />
7 Mittelchilenisches Winterregengebiet mit den<br />
Zonoökotonen<br />
Der Staat Chile bildet einen etwa 200 km breiten Streifen,<br />
<strong>der</strong> sich am Westfuß <strong>der</strong> Hochanden von 18 bis 57°S über<br />
4300 km erstreckt <strong>und</strong> alle Übergänge zeigt, von <strong>der</strong> regenlosen<br />
subtropischen Wüste im Norden über ein Hartlaubgebiet<br />
zu den sehr feuchten temperierten <strong>und</strong> subarktischen<br />
Wäl<strong>der</strong>n im Süden. Winterregen herrschen vor (Abb. 160).<br />
Der kalte Humboldtstrom, <strong>der</strong> die ganze Küste bespült, mil<strong>der</strong>t<br />
die Sommerdürre, so daß die Temperaturen gegenüber<br />
Kalifornien niedriger sind; die Jahrestemperatur von Pasadena<br />
auf dem 34° N ist zum Beispiel 16,8 °C, von Santiago<br />
auf dem 33° S dagegen nur 13,9 °C. Einen Vergleich des Klimas<br />
bei<strong>der</strong> Gebiete hat Castri (1973) durchgeführt.<br />
Da Chile zur Neotropis gehört, sind die floristischen Verhältnisse<br />
von denen im Mittelmeergebiet <strong>und</strong> in Kalifornien<br />
völlig verschieden (s. S. 284). Nur die Kulturlandschaft ist<br />
sehr ähnlich. Es werden dieselben Arten angebaut <strong>und</strong> in<br />
den Gärten kultiviert.<br />
Das Hartlaubgebiet nimmt den mittleren Teil von Chile<br />
ein <strong>und</strong> schließt an die ariden Gebiete im Norden an. Es ist<br />
ebenfalls nur in Resten vorhanden.<br />
Es seien genannt die bei Berührung Hautausschlag <strong>und</strong><br />
Fieber erzeugende Lithraea caustica (Anacardiaceae), <strong>der</strong> Seilenrindenbaum<br />
Quillaja saponaria (Rosaceae), Peumus boldus<br />
(Monimiaceae) o<strong>der</strong> die feuchte Schluchten bevorzugenden<br />
Lauraceen Cryptocarya <strong>und</strong> Beilschmiedia. Dazu kommen eine<br />
Reihe strauchiger Arten, ln einem eng begrenzten Gebiet<br />
nordöstlich von Valparaiso wächst die endemische Palme Ju-<br />
Mittelchilenisches Winterregengebiet 289<br />
^ Die Zonierung am<br />
Großen Salzsee in Utah ist<br />
sehr ausgeprägt:<br />
Am inneren Rand wachsen<br />
die Hygrohalophyten<br />
A l l e n r o l f e a <strong>und</strong> S a l i c o r -<br />
n i a , es folgen S u a e d a <strong>und</strong><br />
D i s t i c h l i s ; weitere breite<br />
Zonen werden von dem<br />
an Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>enen<br />
S a r c o b a t u s <strong>und</strong> dem<br />
Xero-Halophyten A t r i p l e x<br />
c o n f e r t i f o l i a gebildet,<br />
während gewisse K o c h i a -<br />
Arten <strong>und</strong> C e r a t o i d e s<br />
( E u r o t i a ) l a n a t a schon<br />
zur nicht halophilen A r t e <br />
m i s i a t r i d e n t a t a - Z o n e<br />
überleiten<br />
_ Die typische <strong>Vegetation</strong><br />
Mittelchiles stellt ein<br />
10 bis 15 m hohes Gehölz<br />
dar, <strong>der</strong> Matorral, mit<br />
xerophytischen Hartlaubarten.<br />
'
290 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
^1 1<br />
| - t ^<br />
I<br />
Abb. 160.<br />
Klimadiagrammkarte von Chile<br />
mit <strong>Vegetation</strong>szonen (nach<br />
ScH M iTH ü SEN 1956). 1 nördliche<br />
Hochanden, 2 Wiistengebiet<br />
(Atacama s.i.), 3 Zwergstrauch<br />
<strong>und</strong> xerophytisches Strauchgebiet,<br />
4 Hartlaubgebiet (Matorral<br />
<strong>und</strong> Espinal), 5 sommergrüner<br />
Wald, 6 immergrüne Regenwäl<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> gemäßigten Zone<br />
(Valdivianischer Regenwald),<br />
7 t<strong>und</strong>raähnilche <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong><br />
kalten Zone, 8 subantarktischer<br />
sommergrüner Wald, 9 patagonische<br />
Steppe, 10 südliche<br />
Anden.<br />
0 1 0 3 ■ 5 ■ 7<br />
0 2 ■ 4 ■ 6 ■ s<br />
I 9<br />
I 10<br />
I
Mittelchilenisches Winterregengebiet 291<br />
hit’rt chilensis. An trockenen felsigen Standorten findfi<br />
man Säulenkakteen (Trichocereus) (Abb. 161) <strong>und</strong><br />
die großen Puya-Anen (Bromeliaceae), zusammen<br />
mil den dornigen Rhamnaceen Colletia <strong>und</strong> Trevoa.<br />
Äußerlich sehen die Hartlaubarten Kaliforniens,<br />
Chiles <strong>und</strong> Australiens zwar ähnlich aus, es gibt aber<br />
beträchtliche Unterschiede beispielsweise bei den<br />
Fruchtformen, wie Tab. 19 zeigt. Danach gibt es beson<strong>der</strong>s<br />
viele Arten mit Fruchtfortsätzen, mit Dornen<br />
o<strong>der</strong> Haken in Australien <strong>und</strong> fast die Hälfte <strong>der</strong><br />
.Arten weist kleine Trockenfrüchte auf, während in<br />
Chile <strong>und</strong> Kalifornien auch viele Arten große <strong>und</strong><br />
fleischige Früchte besitzen. Auch die Farbe <strong>der</strong> fleischigen<br />
Früchte unterscheidet sich deutlich, dies läßt<br />
Rückschlüsse auf die fruchtverbreitenden Tiere zu.<br />
Das eigentliche Matorral-Gebiet ist flächenmäßig<br />
sehr klein, denn die Anden fallen auf chilenischer<br />
Seite sehr steil ab. Der 7000 m hohe Aconcagua ist<br />
nur etwa 100 km von <strong>der</strong> Meeresküste entfernt. Im<br />
Gebirge herrschen Schuttgesellschaften vor, die Höhenstufen<br />
sind schwer zu erkennen. Die Hartlaubvegetation geht Landschaft bei Santiago (Chile).<br />
Abb. 161.<br />
nur bis etwa 1500 m hinauf (Abb. 162). Strauchgesellschaften<br />
leiten zur alpinen Stufe über, wobei stellenweise die Na<br />
Reste <strong>der</strong> Hartlaubvegetation.<br />
Vorne auf felsigem Boden<br />
blühen<strong>der</strong> Trichocereus. Im Tal<br />
delholzart Austrocedrus (Libocedrus) chilensis auftritt. Weit verbreitet<br />
sind alpine Schuttstauer, wie Tropaeolum-Arten, elle mediterrane Arten (Avena<br />
Die Gräser sind adventive annuu<br />
.<br />
Sclüzanthus (eine Solanacee mit zygomorphen Blüten) sowie a.) (phot. E . W a l t e r ) .<br />
Amaryllidaceen (Alstroemeria, Hippeastrum) <strong>und</strong> Calceolaria-Arten.<br />
Für die obere alpine Stufe sind Flachpolsterpflanzen<br />
[Azorella <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Apiaceen) bezeichnend.<br />
Tab. 19. Fruchtformen <strong>der</strong> mediterranen Flora in Mittelchile, Kalifornien <strong>und</strong><br />
Australien sowie prozentuale Verteilung <strong>der</strong> Fruchtfarben <strong>der</strong> fleischigen<br />
Früchte<br />
Chile Kalifornien Australien<br />
Kleine, fleischige Früchte 34,2 % 29,1 % 12,1 %<br />
Kleine, trockene Früchte 19,8 % 43,7 % 45,0 %<br />
Große Früchte (> 15 mm) 14,4 % 5,3 % 0<br />
Anemochore (zum Beispiel geflügelte Früchte) 29,7 % 19,4 % 23,6 %<br />
Sonstige (mit Arillus, Haken, Dornen etc.) 1,8 % 1,5 % 19,3 %<br />
Färbung fleischiger Früchte:<br />
schwarz/violett 48 % 27 %<br />
rot 16 % 43 %<br />
grün 12 % 2 %<br />
sonstige 24 % 28 %<br />
nach Hoffmann & A rmesto 1995
292 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 162.<br />
West-Ost-Transekt durch Mittel-<br />
Chile mit Angabe <strong>der</strong> wichtigsten<br />
<strong>Vegetation</strong>sformationen bis<br />
zu den Anden (nach R u n d e l<br />
1982).<br />
Die Arten in diesen Höhenstufen des Orobioms, aberauc<br />
südlich <strong>der</strong> Hartlaubzone sind schon antarktische Elemente<br />
zu denen auch die baumförmigen Nothofagus-Arien gehören.<br />
Südlich von Concepcion beginnt bei abnehmen<strong>der</strong> Sommerdürre<br />
<strong>der</strong> in den kühlen Wintermonaten das Laub abwerlende<br />
Wald mit Nothofagus obliqua (Zonoökoton IV/V), <strong>der</strong> noch<br />
weiter südlich bei Nie<strong>der</strong>schlägen über 2000 bis 3000 mm ii,<br />
das ZB V des immergrünen valdivianischen temperierten Regenwalds<br />
übergeht (Q uintanilla 1974). Er steht dem tropischen<br />
an Üppigkeit kaum nach, <strong>und</strong> die stehende Holzmasse<br />
dürfte noch größer sein. Die Holzarten sind zum Teil neotropische<br />
Elemente, auch Bambuseen (Chusquea) spielen eine<br />
große Rolle; zum Teil sind es bereits antarktische Elemente<br />
wie <strong>der</strong> immergrüne Nothofagus dombeyi. Auch sehr altertümliche<br />
Coniferen sind vertreten, insbeson<strong>der</strong>e in montanen<br />
Lagen. Außer Austrocedrus <strong>und</strong> Podocarpus-Arien sind Saxegethea,<br />
Fitzroya, Araucaria araucana (= A. imbricata) unu Pilgerodendron<br />
uviferum zu nennen. Im Unterwuchs kommen zahlreiche<br />
Sträucher vor, so z. B. Weinmannia <strong>und</strong> Caldclmk<br />
(Cunoniac.), Raphithamnus (Verben.), Ugni (Myrt.), CoriarL<br />
u.a. Bei dem sehr feuchten <strong>und</strong> kühlen, jedoch frostfreien<br />
Klima geht dieser immergrüne Wald in den magellauischen<br />
über, <strong>der</strong> sich fast bis zur Südspitze des Kontinents erstreckt<br />
er wird dabei immer artenärmer <strong>und</strong> niedriger, schließlich<br />
nur noch 6 bis 8 m hoch. Alle westlich vorgelagerten Inseln<br />
sind von Polstermooren überzogen (Sphagnum kommt vor,<br />
spielt aber keine Rolle). Diese <strong>Vegetation</strong> steht floristisch <strong>der</strong><br />
auf den antarktischen Inseln nahe. Ähnliche antarktische<br />
Elemente findet man auf Neuseeland wie auch auf den Bergen<br />
Tasmaniens, ein Zeichen, daß diese Gebiete früher über<br />
den Antarktischen Kontinent in direkter Verbindung miteinan<strong>der</strong><br />
standen. Die Moore kann man als antarktische T<strong>und</strong>ra<br />
bezeichnen (ZB IX).
Das Kapland in Südafrika 293<br />
g Das Kapland in Südafrika<br />
Das südafrikanische Winterregengebiet ist auf die äußerste<br />
Südvvestspitze von Afrika beschränkt, umfaßt aber trotzdem<br />
fin ganzes Florenreich - die Capensis. Der Artenreichtum in<br />
diesem kleinen Gebiet ist ganz außergewöhnlich. Allein im<br />
Jonkershoek-Schutzgebiet wurden auf 2000 ha etwa 2000 Arten<br />
festgestellt, ebenso auf <strong>der</strong> 50 km langen Strecke vom Tafelberg<br />
bis zum Kap <strong>der</strong> Guten Hoffnung. Die Gattung Erica<br />
umfaßt 600 Arten, Restio (Restionaceae) 108 Arten, Muraltia<br />
(Polygalaceae) 115 Arten, Cliffortia (Rosaceae) 117 Arten, Prom<br />
etwa 100 Arten. Die Proteaceen spielen unter den Hartlaubgewächsen<br />
eine beson<strong>der</strong>s wichtige Rolle. Diese Familie<br />
¡st sonst nur noch in Australien stark vertreten, aber durch<br />
eine an<strong>der</strong>e Unterfamilie; wenige Gattungen kommen außerdem<br />
noch in Südamerika vor.<br />
Unter unseren Zimmerpflanzen stammen viele vom Kap<br />
(Pelargonium, Zantedeschia = Calla, Amaryllis, Clivia u. a.) Das<br />
Klimadiagramm von Kapstadt entspricht dem von Tanger;<br />
nur sind die Jahresnie<strong>der</strong>schläge um 260 mm niedriger; <strong>der</strong><br />
Sommer jedoch etwas weniger trocken (Abb. 163).<br />
Auch <strong>der</strong> Fynbos weist, wie <strong>der</strong> Matorral, nur eine sehr<br />
kleine Fläche auf. Die einzige Baumart Leucadendron argenteum<br />
(Silberbaum) hat ein sehr kleines Verbreitungsgebiet an<br />
den feuchten Hängen des Tafelberges unter 500 m NN. In<br />
feuchten Schluchten kommen waldartige Bestände vor; es<br />
handelt sich jedoch um die letzten Ausläufer <strong>der</strong> feuchten,<br />
temperierten Wäl<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Südostküste Afrikas (ZB V). Die<br />
Blätter von Protea sind zum Teil sehr groß; sie haben wenig<br />
mechanisches Gewebe, aber eine dicke Kutikula <strong>und</strong> sind<br />
deshalb hart. Die Wasserbilanz <strong>der</strong> Proteaceen-Sträitcher ist,<br />
wie bei allen Hartlaubgewächsen, ausgeglichen, das heißt<br />
die Zellsaftkonzentration zeigt im Laufe des Jahres nur geringe<br />
Schwankungen. Der Boden dürfte auch im Sommer in<br />
Die Hartlaubvegetation<br />
des Kaplandes wird als<br />
Fynbos bezeichnet. Es Ist<br />
ein 1 bis 4 m hohes<br />
macchieähnliches Proteaceengebüsch.<br />
A b b . 163.<br />
Klimadiagramme aus Südafrika:<br />
Typisches Hartlaubgebiet,<br />
feuchtes montanes Klima (nebelreich),<br />
Übergangsgebiet <strong>und</strong><br />
typische Karroo.
294 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
den durchwurzelten tieferen Schichten immer ausnulzban<br />
Wasser enthalten. Die Böden im Kapland sind sauer unc<br />
sehr mineralstoffarm, was den Proteaceen <strong>und</strong> Ericaui<br />
(mit obligater Mycorrhiza) beson<strong>der</strong>s ziisagt.<br />
Der wichtigste ökologische Faktor ist das Feuer. Nach ■. .<br />
nem Brand erscheinen im ersten Jahr unzählige Geophyu<br />
{Gladiolus, Watsonia u. a.), an denen die Kapflora sehr rtii<br />
ist (etwa 350 Arten), dann folgen krautige Arten, zusammer<br />
mit Zwergsträuchern. Nach etwa sieben Jahren sind die Prrteaceen-<br />
Sträucher wie<strong>der</strong> herangewachsen, entwe<strong>der</strong> al-<br />
Stockausschläge o<strong>der</strong> als Sämlinge. Sie können ein holk<br />
Alter erreichen, werden dann aber holzig <strong>und</strong> blühen<br />
schwach, scheinen somit an periodisches Abbrennen angepaßt<br />
zu sein. Auch hier dürfte das Feuer durch Blitzschlag<br />
ein natürlicher Faktor sein. Heute werden die Brände<br />
bewußt o<strong>der</strong> aus Nachlässigkeit durch den Menschen veriitsacht.<br />
Interessant ist, daß die Zwiebelpflanzen nur nach<br />
einem Feuer zur Blüte gelangen, sonst aber vegetativ wachsen.<br />
Eine Düngung durch die Asche spielt dabei keine Rolle,<br />
vielmehr scheint die plötzlich für einige Zeit verringene<br />
Wurzelkonkurrenz <strong>der</strong> abgebrannten Sträucher die ausldsende<br />
Ursache zu sein.<br />
Mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe im Gebirge nehmen die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
namentlich auf den Südosthängen, an denen die<br />
feuchte warme Luft vom Indischen Ozean zum Aufstieg gezwungen<br />
wird, zu. Die Station Tafelberg, die 750 m über<br />
Kapstadt liegt, verzeichnet die dreifache Nie<strong>der</strong>schlagshohe<br />
(Abb. 163). Das Kapland ist ein gebirgiges Land mit einzelnen<br />
Becken zwischen den Gebirgszügen. Auf diesen lagen<br />
sehr oft das „Tafeltuch", das heißt eine Wolkendecke, die<br />
Abb. 164.<br />
Das „Tafeltuch “auf dem Tafelberg<br />
bei Kapstadt. Es entwickelt<br />
sich nicht nur am Tafelberg,<br />
son<strong>der</strong>n auch an an<strong>der</strong>en höheren<br />
Bergrücken an <strong>der</strong> Südküste<br />
Afrikas. Die Nordflanke ist sonnig<br />
<strong>und</strong> die Südflanke ist in<br />
dichte Wolken gehüllt<br />
(phot. S.-W B r e c k l e ).
SW- <strong>und</strong> S-Australien 295<br />
durch warme feuchte Winde vom Indischen Ozean erzeugt<br />
,sird <strong>und</strong> am Südosthang hinaufkriecht, um sich am Nordivesthang<br />
wie<strong>der</strong> aufzulösen (Abb. 164). Sie bildet auf den<br />
Hochflächen <strong>der</strong> Tafelberge einen nässenden Nebel, so daß<br />
,!icse feucht sind <strong>und</strong> zur Verheidting (Restio, Erica) o<strong>der</strong> sogar<br />
zur Vermoorting neigen (Moosmatten mit Drosera- <strong>und</strong><br />
Vtricularia-Arten), ln trockenen Nischen zwischen Felsblöcken<br />
wachsen Sukkulenten (Rochea coccínea ti. a.).<br />
Landeinwärts nehmen die Winternie<strong>der</strong>schläge ab<br />
(Abb. 163), vor allen Dingen im Regenschatten <strong>der</strong> einzelnen<br />
Gebirgszüge. Im Regenschatten tritt zunächst die trockene<br />
Ausbildungsform <strong>der</strong> Kapvegetation, <strong>der</strong> Renosterbos auf,<br />
xmt Elytropappus rhinocerotis (Asteraceae) als <strong>der</strong> dominierenden,<br />
rutenförmigen Stratichart. Es ist dies <strong>der</strong> Übergangsbereich,<br />
das ZÖ IV/III. Dieses wird dann durch die Halbwüstenvegetationstypen<br />
<strong>der</strong> Karoo abgelöst (vgl. S. 254).<br />
Die Hartlaubvegetation des Fynbos hat sich seit <strong>der</strong> Besiedlung<br />
des Kaplandes, also nach 1400 n. Chr., stark ausgebreitet.<br />
Früher zog sich <strong>der</strong> immergrüne temperierte Wald<br />
mit paläotropischen Elementen an <strong>der</strong> ganzen Südostküste<br />
von Afrika bis über die Südspitze von Afrika (Kap Agulhas)<br />
hinaus (ZB V).<br />
9 SW- <strong>und</strong> S-Australien<br />
Fast dieselbe Breitenlage wie Kapstadt nimmt in SW-Australicn<br />
Perth ein. Auch das Klima ist sehr ähnlich (Abb. 165).<br />
Aber nicht nur die Südwestecke dieses Kontinents hat<br />
Winterregen, son<strong>der</strong>n auch das Gebiet um Adelaide in S-<br />
Australien.<br />
Die Hartlaubvegetation zeichnet sich infolge <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />
floristischen Verhältnisse (s. S. 251) durch einen an<strong>der</strong>en<br />
Charakter aus als in den übrigen Winterregengebieten<br />
<strong>der</strong> Erde. Dominant ist die Batiml'orm (Eucalyptus-Arten),<br />
die Proteaceen bilden unter diesen die Strauchschicht o<strong>der</strong><br />
Karridale (52 m)<br />
[34-36] 15,4° 1212<br />
Perth (65 m)<br />
[34 - 55] 17,9° 883<br />
^ In Australien tritt das<br />
ZB IV in Südwestaustralien<br />
<strong>und</strong> in Südaustralien<br />
auf. Die Hartlaubvegetation<br />
wird durch E u c a l y p t u s -<br />
wäl<strong>der</strong> (Jarrah) <strong>und</strong> -gebüsche<br />
gebildet (Mallee).<br />
Abb. 165.<br />
Klimadiagramme aus SW-Australien.<br />
Stationen im Karri-<br />
Wald, im Jarrah-Waid uni in<br />
<strong>der</strong> Strauchheide (vgl. auch<br />
Abb. 182, Adelaide).<br />
Geraldton (4 m)<br />
[3 4 - 53] 19'6°475
296 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
^ Ein Lignotuber ist<br />
eine unterirdische Holzknolle<br />
(zwischen 5 cm <strong>und</strong><br />
bis über 2 m im Durchmesser)<br />
mit zahlreichen,<br />
ruhenden Knospen, aus<br />
<strong>der</strong> Stockausschläge möglich<br />
sind.<br />
Abb. 166.<br />
Eucalyptus diversicolor-Wald in<br />
SW-Australien. Unterwuchs<br />
Acacia pulchella <strong>und</strong> Adlerfarn<br />
(Pteridium esculentum) (phot. E.<br />
W a l t e r ) .<br />
herrschen auf den Sandheiden vor. Die Eucalypt\en habe<br />
nicht harte, son<strong>der</strong>n le<strong>der</strong>ige Blätter. In <strong>der</strong> Mallee^\¡yachsen<br />
viele strauchige o<strong>der</strong> niedrige Eucalyptusarten, die einen Lignotuber<br />
bilden.<br />
Lignotuber Werden als Anpassung zum Überdauern ungünstiger<br />
Ereignisse (Feuer, Dürre, Kälte) gedeutet. Sie treten<br />
in allen mediterranen Gebieten <strong>und</strong> auch in an<strong>der</strong>en<br />
Trockenregionen auf. Beson<strong>der</strong>s viele Arten in Australien<br />
haben Lignotuberbildungen. Lignotuberbildung ist eine ge<br />
netisch fixierte Eigenschaft, die allerdings durch die Umwelteinflüsse<br />
stark modifiziert sein kann.<br />
Nicht immer ist die ökologische Bedeutung <strong>der</strong> Lignotuberbildungen<br />
klar. In Kalifornien wächst die lignotuberbildende<br />
Arctostaphylos glandulosa neben <strong>der</strong> lignotuberfreien<br />
Arctostaphylos glauca im gleichen Habitat. Eucalyptus camaldulenesis<br />
weist in Südaustralien keinen Lignotuber auf, die<br />
nördlicher wachsenden sind Ökotypen mit Lignotuber. Zahlreiche<br />
Arten <strong>der</strong> westaustralischen Eucalypten, aber auch<br />
Banksia etc. bilden Lignotuber. In Kalifornien haben Aden:-<br />
Stoma fasciculatum, A. sparsifolium, Ceanothus, Quercus dumosa.<br />
Rhus laurina u. a. einen Lignotuber, in Chile zum Beispiel<br />
Colliguaja odorífera, Quillaja saponaria, Lithraea caustica, Cryptecarya<br />
alba; im Mittelmeergebiet sind Lignotuber-Bildungen<br />
regelmäßig nur von Quercus súber bekannt. In allen Fällci’<br />
spielt die Möglichkeit, daß nach Feuern rasch Stockausschläge<br />
möglich sind, sicher eine wichtige Rolle.<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit von SW-Australien sind die Grasbäutiit<br />
(Xanthorrhoea, Kingia), die Cycadee Macrozamia <strong>und</strong><br />
die Casuarina-Anen. Die Ericaceen sind durch<br />
Epacridaceen ersetzt. Die Böden sind ebenso arm<br />
<strong>und</strong> sauer wie im Kapland. Sie sind quarzreich mil<br />
Eisenkonkretionen, die Lateritkrusten aus einer<br />
früheren Zeit mit tropischem Klima darstellen. Die<br />
Muttergesteine gehören mit zti den ältesten<br />
geologischen Formationen <strong>der</strong> Erde. Ein Anzeichen<br />
<strong>der</strong> Bodenarmut ist die Tatsache, daß in <strong>der</strong> Krautschicht<br />
des Waldes um Perth 47 Drosera-Arten (Sonnentau)<br />
Vorkommen. Auch <strong>der</strong> Adlerfarn ist bc:<br />
genügen<strong>der</strong> Feuchtigkeit weit verbreitet.<br />
Südlich von Perth nehmen die Nie<strong>der</strong>schiäge zu<br />
(bis über 1500 mm), nach Norden <strong>und</strong> landeinwärt'<br />
dagegen ab. Bei je<strong>der</strong> Klimaän<strong>der</strong>ung gelangen an<strong>der</strong>e<br />
Eucalyptus-Arten zur Vorherrschaft. Je feuchter<br />
das Klima ist, desto höher werden die Bäume, desn<br />
größer ist auch die Blattfläche pro Hektar. Durch du<br />
vertikale Stellung <strong>der</strong> Blätter dringt viel Licht in den
Staminraum ein, so daß die Strauchschicht meist gut entivickelt<br />
ist, wenn sie nicht durch die häufigen Brände reduziert<br />
wird.<br />
Für das dem mediterranen vergleichbare Klima mit 625<br />
bis 1250 mm Regen <strong>und</strong> einer Sommerdürre ist <strong>der</strong> „Jarrah"-Wald<br />
bezeichnend, in dem Eucalyptus marginata absolut<br />
vorherrscht. Diese Art wird 200 Jahre alt <strong>und</strong> erreicht<br />
eine Höhe von 15 bis 20 m (maximal 40 m). In dem feuchteren<br />
südlichen Teil findet man den „Karri"-Wald mit Eucalyptus<br />
diversicolor, <strong>der</strong> 60 bis 75 m (maximal 85 m) hoch<br />
wird (Zonoökoton IV/V). Bei einem Kronenschluß von<br />
65 % ist eine Strauchschicht <strong>und</strong> eine dichte Krautschicht,<br />
oft mit bis zu 1,5 m hohen Wedeln des Adlerfarns entwickelt<br />
lAbb. 166).<br />
Die trockenere „Wandoo"-Zone mit Eucalyptus redunca<br />
erhält 500 bis 625 mm Regen. Die Waldungen sind lichter. Sie<br />
liegt etwas mehr im Landesinneren, ist aber heute fast gänzlich<br />
in Schafweiden umgewandelt. Da geeignete einheimische<br />
Gräser fehlen, werden Lolium rigidum mit <strong>der</strong> mediterranen<br />
Kleeart Trifolium subterraneum, die annuell ist, aber die<br />
Früchte im Boden vergräbt, als Stickstofflieferant angesät;<br />
eine vorherige Superphosphatdiingung ist bei <strong>der</strong> Armut <strong>der</strong><br />
Böden unbedingt notwendig. Düngung <strong>und</strong> Aussaat erfolgen<br />
bei <strong>der</strong> großen Ausdehnung <strong>der</strong> Flächen vom Flugzeug aus.<br />
Die artenreiche Mallee mit zahlreichen Sträuchern, auch<br />
vielen Proteaceen <strong>und</strong> einem enormen Artenreichtum an<br />
Kleinsträuchern, Kräutern <strong>und</strong> Geophyten ist fast nur noch<br />
in Schutzgebieten erhalten geblieben (Abb. 167).<br />
ln <strong>der</strong> Zone mit 300 bis 500 mm Regen treten viele locker<br />
stellende Eucalyptus-Anan auf (Zonoökoton IV/III), doch ist<br />
dieses Gebiet heute die Winterweizenzone mit Farmen von<br />
mehreren 100 ha Größe, die bei <strong>der</strong> vollständigen Motori-<br />
SW- <strong>und</strong> S-Australien 297<br />
Abb. 167.<br />
Artenreiche Mallee mit mehreren<br />
Eucalyptus-Arten <strong>und</strong> strauchigen<br />
Proteaceen (Banksia),<br />
Kräutern <strong>und</strong> Geophyten westlich<br />
Raventhorpe, SW-Australien<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
298 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
sierung <strong>der</strong> Betriebe von zwei bis drei Mann bewirtschaiie<br />
werden. Ein Anbau des Weizens in den feuchteren Zonen iv<br />
infolge des Auftretens von Rostpilzschäden unrentabel.<br />
Sinkt <strong>der</strong> mittlere Jahresnie<strong>der</strong>schlag unter 300 mm, dann<br />
verschwinden die Eucalypten <strong>und</strong> es beginnt die ganz extensiv<br />
beweidete Strauchhalbwüste (s. S. 251). In S-Australier<br />
fehlen die feuchten Winterregengebiete. Die Verhältnisssind<br />
sonst ähnlich wie in SW-Australien, aber komplizierter<br />
weil man Mischbestände aus jeweils mehreren Eucalyptm-<br />
Arten vorfindet. Auch ist das Gebiet gebirgig, was wie<strong>der</strong>umeine<br />
starke Differenzierung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> bedingt.<br />
Außer den beschriebenen Wäl<strong>der</strong>n sind auf weiten<br />
Flächen ‘/j bis 1 m hohe Proteaceen-Heiden verbreitet. Su<br />
wachsen auf so armen Sanden, daß selbst die anspruchsli<br />
sen Eucalyptus-Arten auf ihnen nicht wettbewerbsfähig sind<br />
Es sind Peinohiome. Sie werden auch nicht kultiviert uni<br />
kaum beweidet. Das Merkwürdige ist jedoch, daß <strong>der</strong> Ar<br />
tenreichtum auf diesen armen Sanden beson<strong>der</strong>s groß ist<br />
auf 100 m^ konnten wir 90 Arten zählen, darunter 63 klci<br />
ne Holzarten, meist Proteaceen o<strong>der</strong> Myrtaceen; Ürosera-Kh<br />
ten <strong>und</strong> eine Utricularia mit Knollen fehlten nicht.<br />
Für eine solche Heide mit 450 mm Regen <strong>und</strong> siebt-:<br />
Dürremonaten im Sommer in S-Australien liegen Ergebnisse<br />
aus einer ökophysiologischen Untersuchung vor {SPEnn<br />
1958).<br />
Die Bodentemperaturen in 15 bzw. 30 cm Tiefe schwankt:<br />
zwischen 4,1 <strong>und</strong> 36,0 bzw. 5,8 <strong>und</strong> 29 °C. Von 91 Arten wurden<br />
die Wurzelsysteme ausgegraben. Die dominanten Skleruphyllen<br />
sind <strong>der</strong> strauchförmige Eucalyptus bacteri, 9 Proteaceen,<br />
2 Casuarina-Arten, Xanthorrhoea, Leguminosen u.a.<br />
Die Hauptwachstumszeit ist <strong>der</strong> trockene Sommer, da dt:<br />
Boden in größerer Tiefe feucht bleiht. Die kleineren perennen<br />
Arten (42 %) wurzeln nur in den oberen 30 bis 60 citi:<br />
sie entwickeln sich im Frühjahr. Drosera <strong>und</strong> Orchideen sine<br />
ephemere Arten, denn sie wurzeln nur 5 his 7 cm tief. E'<br />
zeigt sich, daß das Wasser im Sandboden mit einem Wokungspunkt<br />
von 0,7 bis 1 % sehr ungleichmäßig verteilt i'<br />
denn die großen Arten leiten das Regenwasser zum Stamm<br />
Die Zusammensetzung <strong>der</strong> Heide wird durch die Brände btstimmt.<br />
Nach einem Brand treibt zunächst <strong>der</strong> Grasbau:'<br />
Xanthorrhoea aus; er blüht nur nach einem Feuer. Die Pu -<br />
teacee Banksia verjüngt sich nach dem Brand durch Sämli;:<br />
ge. Ihr Anteil an <strong>der</strong> oberirdischen Phytomasse steigt brzum<br />
15. Jahr auf 50 % an. Die Hauptmasse <strong>der</strong> Trockensub<br />
stanz entfällt bei 25 Jahre alten Exemplaren auf die große<br />
Fruchtstände, die sich erst nach einem Feuer öffnen.
Banksia gehört somit zu den in Australien sehr verbreite-<br />
;i'n Pyrophyten, das heißt Arten, die sich nur nach Brän-<br />
Jcn verjüngen können, weil die holzigen Früchte sich sonst<br />
nicht öffnen. Diese Tatsache spricht dafür, daß auch in Australien<br />
die Brände durch Blitzschlag ein natürlicher Faktor<br />
waren, Heute werden Wald <strong>und</strong> Heide sehr oft gebrannt,<br />
weil die Holzpllanzen keinen Geldwert haben <strong>und</strong> sie die<br />
Beweidung behin<strong>der</strong>n. „Ein Grashalm ist mehr wert als zwei<br />
Bäume" sagt <strong>der</strong> Farmer - wie lange noch?<br />
Zu den Pyrophyten gehören sehr viele Proteaceen <strong>und</strong><br />
Myrtaceen, die Conifere Actinostrobus u. a. Auch Eucalyptus<br />
spp. säen sich nach einem Brand beson<strong>der</strong>s reichlich aus. Bei<br />
einer lange Zeit nicht abgebrannten Heide werden die Nährsiofle<br />
alle festgelegt, <strong>und</strong> zwar in den Früchten <strong>der</strong> Banksia,<br />
in den alten Blättern von Xanthorrhoea <strong>und</strong> in <strong>der</strong> sich anhäufenden<br />
Streu. Ein SOjähriger Bestand degeneriert deshalb.<br />
Erst durch das Feuer tritt eine Mineralisierung <strong>der</strong><br />
Nährstoffe ein, <strong>und</strong> die Sukzession beginnt von neuem.<br />
Die ökophysiologischen Verhältnisse von Eucalyptus margiihUa<br />
entsprechen ziemlich denen <strong>der</strong> Hartlaubhölzer. Die<br />
Wurzeln gehen zum Teil durch die Lateritkruste bis über 2 m<br />
liel. Eine Sommerruhezeit besteht nicht, die Transpiration<br />
wird nur mittags von 10 bis 15 Uhr durch teilweisen Spaltenschluß<br />
eingeschränkt, so daß die Wasserbilanz aufrechterhalicn<br />
werden kann. Die Zellsaflkonzentration betrug im Winter<br />
1,6 MPa <strong>und</strong> dürfte im Sommer nur wenig höher sein.<br />
Nicht nur die Flora <strong>und</strong> damit auch die <strong>Vegetation</strong> von<br />
Australien weicht stark von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>er Kontinente ab, son<strong>der</strong>n<br />
auch die Fauna.<br />
Nur in Australien kommen die urtümlichen Säugetiere -<br />
die Kloakentiere (Monotremata) - vor, zu denen das Schnabeltier<br />
(Ornithorhynchus anatinus) gehört, das noch ein bis<br />
drei Eier legt, die vom Muttertier bebrütet werden. Dagegen<br />
brütet <strong>der</strong> Schnabeligel (Tachyglossus = Echidna) nur ein Ei im<br />
Brutbeutel aus <strong>und</strong> leitet zu den Beuteltieren (Marsupialia)<br />
über. Mit wenigen Ausnahmen sind auch diese auf Australien<br />
beschränkt. Unter ihnen sind herbivore <strong>und</strong> carnivore<br />
Vertreter. Die bekannteste Gruppe sind die Känguruhs<br />
tl'lacropodidae) mit dem Großkänguruh (Macropus), das als<br />
weidendes Wild sicher die <strong>Vegetation</strong> mit beeinflußt.<br />
Mediterrane Orobiome 299<br />
10 Mediterrane Orobiome<br />
luden Gebirgen des Mittelmeergebietes müssen wir die humide<br />
Höhenstufenfolge <strong>und</strong> die aride Höhenstufenfolge unterscheiden<br />
(<strong>Walter</strong> 1975):
300 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 168.<br />
Höhenstufen <strong>der</strong> kristallinen<br />
Hochgebirge <strong>der</strong> Iberischen Halbinsel<br />
auf einem NW-SE-Profil<br />
(nach E r n ) . I Eallaub-Eichenwald<br />
(Queráis robur, Qu.<br />
petraea), 2 Filzeichenwald (Qu.<br />
pyrenaica), 3 Steineichenwald<br />
(Qu. Hex), 4 Buchenwald (Fagus<br />
sylvatica), 5 Birkenwald (Betula<br />
verrucosa), 6 Kiefernwald<br />
(Pinus sylvestris), 7 Laubmischwald<br />
(Queráis, Tilia, Acer),<br />
8 Höhenwald <strong>der</strong> S. Nevada<br />
(Sorbus, Prunus iisw.), 9 Hochalpine<br />
Gras- <strong>und</strong> Kräuterfhir,<br />
10 Zwergstrauchheide (Calhina,<br />
Vaccinium, Juniperus), 11 Ginsterheide<br />
(Cytisus, Genista,<br />
Erica), 12 Dornpolsterstufe,<br />
13 Festuca indigesta-Trockenrasen.<br />
a) Die humide Höhenstufenfolge <strong>der</strong> Gebirge tritt am<br />
Nordrand <strong>der</strong> westlichen, maritimen mediterranen Zone<br />
auf, bei <strong>der</strong> mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe nicht nur die Temperatur<br />
abnimmt, son<strong>der</strong>n zugleich die Dürrezeit verschwindet<br />
In beiden Fällen bilden mehrere dem Zonobiom entsprechende<br />
<strong>Vegetation</strong>seinheiten (hypsozonale o<strong>der</strong> orozonale<br />
<strong>Vegetation</strong>) die Höhenstufenfolge.<br />
Hier folgt auf die immergrüne Hartlaubstufe eine sommergrüne<br />
submediterrane Laubwaldstufe mit Flaumeiche<br />
o<strong>der</strong> Edelkastanie (Castanea) <strong>und</strong> darüber in <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong><br />
sommerlichen Wolkendecke als Nebelwald eine Buchen<br />
(Fagus)- <strong>und</strong> Tannen (Abies)-S\uiii. Die Buche bildet die<br />
Baumgrenze im Apennin; sie kommt noch am Ätna vor <strong>und</strong><br />
in N-Griechenland. In den Seealpen haben wir über <strong>der</strong> Buchenstufe<br />
eine subalpine Fichten (Picea)-Stuie, in den P\-<br />
renäen eine solche mit Pinus sylvestris <strong>und</strong> P. uncinata.<br />
b) die aride Höhenstufenfolge kommt im kontinentalen<br />
Klimabereich mit einer Sommerdürre, die sich bis zur alpinen<br />
Stufe hinauf bemerkbar macht, vor.<br />
Hier fehlt eine Laubwaldstufe; auf die mediterrane Hartlaubstufe<br />
folgen sofort eine Reihe verschiedener Nadelwaldstufen,<br />
zum Beispiel am Südhang des Taurus in .\natolicn<br />
eine obere mediterrane mit Pinus brutia, eine schwach ausgcbildete<br />
montane mit Pinus nigra ssp. pallasiana, eine<br />
hochmontane mit Cedrus libanotica <strong>und</strong> Abies cilicica (feuchten<br />
o<strong>der</strong> Juniperus-Anen (trockener) <strong>und</strong> eine subalpine mit Jr<br />
niperus excelsa <strong>und</strong> J. foetidissima. Aber in <strong>der</strong> regenreichen<br />
Nordostecke des Mittelmeeres mit dem Amanus-Gebirge ist<br />
eine Wolkenstufe mit Fagus orientalis vorhanden. Cedrus libanotica<br />
kommt auch auf Zypern <strong>und</strong> als kleiner Restbestand im<br />
Libanon in 1400 bis 1800 m NN vor. Aul Zypern <strong>und</strong> auf Kreta<br />
wie auch in <strong>der</strong> Cyrenaica tritt in <strong>der</strong> oberen mediterraner.<br />
Stufe die Zypresse (Cupressus sempervirens) immer in ihrer<br />
NW-<br />
■SO
Mediterrane Orobiome 301<br />
Abb. 169.<br />
Dornpolsterstufe mit Erinacea<br />
pungens (Fabaceae) im Bergland<br />
von Teruel (Spanien) am Linares-Paß<br />
(2000 m NN) (phot.<br />
S.-W. B reckie).<br />
natürlichen Form mit horizontalen Ästen auf. Die häufig angepllanzte<br />
säulenförmige Abart ist eine Mutation. Ze<strong>der</strong>n<br />
iCedrus atlantica) bilden auch in den Atlasgebirgen vom östlichen<br />
Hohen Atlas bis zur tunesischen Grenze die hochmonlane<br />
Stufe (> 2300 m NN); doch wechseln die Höhenstufen je<br />
nach dem Verlauf des Gebirgszuges <strong>und</strong> <strong>der</strong> Hangexposition<br />
sehr stark. Die ebenfalls komplizierten Stufenfolgen <strong>der</strong> spanischen<br />
Gebirge sind auf Abb. 168 dargestellt.<br />
Der Unterschied zwischen ari<strong>der</strong> <strong>und</strong> humi<strong>der</strong> Stufenfolge<br />
ist selbst über <strong>der</strong> Baumgrenze in <strong>der</strong> alpinen Stufe erkennbar.<br />
Während bei <strong>der</strong> humiden Stufenfolge Verhältnisse<br />
wie in den Alpen anzutreffen sind, tritt bei <strong>der</strong> ariden eine<br />
Dornkugelpolsterstufe (Abb. 169) auf, manchmal mit vielen<br />
konvergenten Arten verschiedener Familien, die nur im<br />
blühenden Zustand leicht zu unterscheiden sind; darauf<br />
folgt eine Trockenrasenstufe, <strong>und</strong> nur an feuchtgehaltenen<br />
Stellen durch tauenden Schnee im Sommer findet man hygrophile,<br />
meist endemische Arten arktisch-alpiner Verwandtschaftskreise.<br />
Beson<strong>der</strong>s kompliziert sind die Verzahnungen <strong>der</strong> Mittelmeervegetation<br />
in den Gebirgen SE-Europas, wo Übergänge<br />
/um ZB VI <strong>und</strong> zum Teil Einstrahlungen des ZB VII wirksam<br />
werden. Die submediterranen Laubwäl<strong>der</strong> sind dort durch<br />
Holznutzung, Brandrodung <strong>und</strong> Waldweide fast stets zu einem<br />
sommergrünen Gebüsch, dem S c h ib ljak, degradiert.<br />
N'ach Osten zu treten in den macchienähnlichen Formationen<br />
immer mehr sommergrüne Straucharten hinzu, Vertreter<br />
des osteuropäischen Schibljak aus dem ZÖ IV/VI Bulgariens<br />
<strong>und</strong> Jugoslawiens, so zum Beispiel Ostrya carpinifolia,<br />
Cotinus coggygria, Fraxinus ornus, Pyrus spinosa <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e.
302 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Eine solche gemischte <strong>Vegetation</strong>sformation mit immergrünen<br />
Arten <strong>der</strong> Macchie <strong>und</strong> sommergrünen Arten des<br />
Schibljak nennt man Pseudomacchie.<br />
Eine Übersicht <strong>der</strong> Höhenstufen des Mittelmeerraumes<br />
gibt OZENDA (1975).<br />
Beson<strong>der</strong>s interessante Verhältnisse weisen die Orobiome<br />
Makaronesiens auf, vor allem die Kanaren, die dem NE-Passat<br />
ausgesetzt sind.<br />
11 Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln<br />
Zu Makaronesien werden die Inselgruppen Azoren, Madeira,<br />
Kanaren <strong>und</strong> Kapverden gerechnet. Die drei ersteren<br />
zeichnen sich durch ein Klima mit Winterregen <strong>und</strong> Sommerdürre<br />
aus, gehören somit zum Zonobiom IV, teilweise<br />
mit Anklängen an das Zonobiom V, während das Klima aul<br />
den Kapverden so trocken ist, daß man diese Inselgruppe<br />
südlich vom Wendekreis schon zum Zonoökoton II/III rechnen<br />
muß. Von diesen Inselgruppen sind die Kanaren <strong>und</strong><br />
insbeson<strong>der</strong>e die Inseln Teneriffa <strong>und</strong> Gran Canaria die interessantesten.<br />
Sie sind auch die botanisch am eingehendsten<br />
untersuchten. Seitdem Alexan<strong>der</strong> von Humboldt 179v<br />
seine Reise nach Venezuela auf Teneriffa unterbrach <strong>und</strong> au!<br />
Gr<strong>und</strong> eines kurzen Überblicks fünf Höhenstufen unterschied,<br />
haben sich in <strong>der</strong> Folgezeit zahlreiche Botaniker mi:<br />
<strong>der</strong> Flora dieser Insel beschäftigt.<br />
Die entsprechende Bibliographie führt 1030 Titel an<br />
(SuNDiNG 1973). Oberdörfer (1965), S<strong>und</strong>ing (1972) <strong>und</strong> Rivas-M<br />
artinez (1987) geben pflanzensoziologische Angaben<br />
Ludwig (1984) zur Flora. Ökologische Angaben fnden sich<br />
in Knapp (1973), Voggenreiter (1974), Kunkel (1976, 1987<br />
außerdem zur radiativen Adaptation in Kull (1982), Löse<br />
(1988).<br />
Der Ursprung <strong>der</strong> vulkanischen Inseln reicht bis in die<br />
Kreidezeit zurück. Gran Canaria erhebt sich bis fast 2000 m<br />
über dem Meer, Teneriffa sogar bis etwas über 3700 m. Es<br />
handelt sich um sehr steile Orobiome, die sich von denen<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en des ZB IV dadurch unterscheiden, daß sie sich<br />
direkt aus dem Ozean erheben sowie um den 28. Breitengrad<br />
(Nord) liegen, somit den Passatwinden ausgesetzt sind.<br />
Dadurch weist ihr dem Wind ausgesetzter Nordhang andeu<br />
klimatische Verhältnisse auf, als die im Windschatten liegen<br />
den Südhänge.<br />
Am Nordhang stauen sich die Passatwolken, sie bedinge:.<br />
Steigungsregen mit zusätzlichem Nebelnie<strong>der</strong>schlag, so da.-
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln 303<br />
Abb. 170.<br />
Lorbeerwald am Nordhang von<br />
Teneriffa von 350 m NN aus gesehen,<br />
links mit deformierten<br />
Baumkronen von Laurus canariensis<br />
(aus W a l t e r 1968).<br />
eine Sommerdürrezeit fehlt. Das warme, feuchte Klima <strong>der</strong><br />
mittleren Lagen entspricht mehr dem des Zonobioms V mit<br />
immergrünen Lorbeerwäl<strong>der</strong>n (Abb. 170). Demgegenüber<br />
ist <strong>der</strong> Südhang namentlich in den unteren Lagen beson<strong>der</strong>s<br />
trocken <strong>und</strong> häufiger den heißen Saharawinden ausgesetzt.<br />
Inlolgedessen findet man auf diesen Inseln Standortsverhältnisse,<br />
die den Zonobiomen III-V entsprechen <strong>und</strong> in<br />
höheren Lagen noch solche unter zunehmen<strong>der</strong> Frosteinwirkting.<br />
Auf Teneriffa ist <strong>der</strong> Pico de Teide oberhalb 3000 m<br />
NNmit alpinen Schuttwüsten bedeckt, die für tropische Gebirge<br />
typisch sind.<br />
Die vulkanischen Inseln wurden zu verschiedenen Zeiten,<br />
vor allem im Tertiär, vom benachbarten Afrika aus mit<br />
Pflan7.en besiedelt, als dort noch immergrüne tertiäre Wäl<strong>der</strong><br />
wuchsen; diese Baumarten blieben auf den feuchten<br />
<strong>und</strong> warmen Nordhängen <strong>der</strong> Inseln bis auf den heutigen<br />
Tag wie in einem lebenden Museum erhalten, während sie<br />
auf dem benachbarten Festland ausstarben.<br />
Es ergeben sich daraus floristische Beziehungen zu heute<br />
weit entfernten Elementen an <strong>der</strong> feuchten Südspitze von<br />
Afrika (Ocotea foetens), zu Indien (Apollonias), zu an<strong>der</strong>en Tropen<br />
(Persea, Visnea - eine Theaceae, Dracaena draco) o<strong>der</strong> zum<br />
feuchten Mittelmeergebiet, wie Laurus azorica, Laurocerasus<br />
iPnmus) lusitanica, Phoenix canariensis. An<strong>der</strong>erseits sind auch<br />
Elemente <strong>der</strong> ariden Gebiete eingewan<strong>der</strong>t, die in tiefen La-
304 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 171.<br />
Vergleich <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
natürlichen <strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung<br />
auf <strong>der</strong> Insel Gran Canaria<br />
(A) mit <strong>der</strong> heutigen durch den<br />
Menschen verän<strong>der</strong>ten (B). Stufen:<br />
l Sukkulenten-Halbwüste<br />
(heute in unteren, flachen Lagen<br />
meist Kulturland), 2 Lorbeerwald<br />
o<strong>der</strong> Myrico-Erketum,<br />
3 Kiefernwald (heute zum Teil<br />
Cistus-Heiden), 4 Ginsterheiden,<br />
5 Cistus-Ginster-Mischbestände<br />
(nach S u N D i N G 1972).<br />
gen <strong>und</strong> an felsigen Standorten geeignete Nischen fanden<br />
(Launaea, Zygophyllum, sukkulente Euphorbia - <strong>und</strong> Kleinia<br />
Arten). Viele Arten sind Endemiten, zum Beispiel die zahl<br />
reichen sukkulenten Crassulaceen, die früher zu Sempeni<br />
vum s. 1. gestellt wurden, heute jedoch als endemischr<br />
Gattungen gelten (Aeonium mit 33 Aren, Aichryson mit 10<br />
Greenovia mit 4, Monanthes mit 15 Arten). Dazu kamen woh<br />
frühestens im Pleistozän eumediterrane Elemente.<br />
Seitdem vor 500 Jahren die Inseln von Spanien besiedel<br />
wurden, brachten die Einwan<strong>der</strong>er weitere mediterrane Ar<br />
ten sowie die Ziegen mit. Die Siedlungen mit den Kultur<br />
flächen breiteten sich immer mehr aus. Dadurch wurde die<br />
ursprüngliche <strong>Vegetation</strong> stark gefährdet. Das gilt insbeson<br />
<strong>der</strong>e für den einzigartigen feuchten immergrünen Lorbeer<br />
wald. Dieser Wald wird <strong>der</strong> wertvollen Hölzer wegen ge<br />
schlagen, seine Streuschicht <strong>und</strong> <strong>der</strong> Humusboden werden<br />
zur Verbesserung <strong>der</strong> Kulturböden abgefahren, wodurch<br />
eine Regeneration des Waldes auf den Schlagflächen unmöglich<br />
ist. Es breiten sich anspruchslosere Holzarten aus<br />
(Erica arbórea, Myricafaya), o<strong>der</strong> es wird mit Pinus <strong>und</strong> sogar<br />
mit Eucalyptus aufgeforstet. Auf Gran Canaria findet man die<br />
Lorbeerwaldreste nur noch auf 2 % <strong>der</strong> ursprünglichen<br />
Fläche (Abb. 171), <strong>und</strong> auf Teneriffa schrumpfen die Wäl<strong>der</strong><br />
auch immer mehr zusammen.<br />
So wie überall auf <strong>der</strong> Welt droht den eindrucksvollsten<br />
Landschaften in neuester Zeit auch diesen schönen Inseln<br />
eine noch größere Gefahr durch den nur auf Profit ausgerichteten<br />
Massentourismus.<br />
Mit den klimatischen Verhältnissen auf Teneriffa hat sich
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln 305<br />
St. Cruz de Tenerife<br />
La Lagune (547 m)<br />
20,9° 290<br />
16,5° 594<br />
[30] [36]<br />
Izana (2367 m)<br />
[20]<br />
9,3° 369<br />
sehr eingehend Kämmer (1974) beschäftigt, insbeson<strong>der</strong>e im<br />
Hinblick auf die Bedeutung des durch die Bäume in <strong>der</strong> Wolkenstufe<br />
ausgekämmten Nebelnie<strong>der</strong>schlags. Auf Gr<strong>und</strong> seiner<br />
über mehrere Jahre ausgedehnten Messungen kommt<br />
er zum Ergebnis, daß die in <strong>der</strong> Lorbeerwaldstufe stark erhöhten<br />
Steigungsregen von größerer Bedeutung sind als die<br />
relativ geringen zusätzlichen Nebelnie<strong>der</strong>schläge. Die Angabe<br />
bei SuNDiNG (1972), daß ein im Lorbeerwald an einer offenen<br />
Stelle aufgestellter Regenmesser einen Jahresnie<strong>der</strong>schlag<br />
von 956 mm ergab, während ein an<strong>der</strong>er, <strong>der</strong> unter<br />
Bäumen das abtropfende Wasser auffing, 3038 mm aufwies,<br />
darf wohl nicht verailgemeinert werden. Kämmer schätzt<br />
den Nebelnie<strong>der</strong>schlag auf etwa 300 mm im Jahr. Für die<br />
Epiphyten kommt es, wie wir aus den Tropen wissen, weniger<br />
auf die Höhe <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge an, son<strong>der</strong>n auf die Häufigkeit<br />
<strong>der</strong> Benetzung <strong>und</strong> bei den epiphytischen Moosen<br />
auch atif die geringe Verdunstung. Die kurze Sonnenscheindauer<br />
<strong>und</strong> infolgedessen hohe Luftfeuchtigkeit in <strong>der</strong> Wolkenstufe,<br />
namentlich im Sommer, ist ebenfalls ein für den<br />
Lorbeerwald wichtiger Faktor.<br />
Über den allgemeinen Klimacharakter auf Teneriffa geben<br />
die Klimadiagramme auf Abb. 172 Auskunft. Das Klima<br />
von Sta. Cruz am Meeresufer entspricht einem Halbwüslenklima.<br />
An <strong>der</strong> Südküste dürfte die Regenmenge im Jahr<br />
100 mm nur wenig überschreiten, so daß man von einem<br />
Wüstenklima sprechen kann. Das Klima von La Laguna<br />
noch unter <strong>der</strong> Wolkenstufe ist dagegen typisch mediterran<br />
<strong>und</strong> frostfrei (Ausnahme 1869). Izana in 2367 m NN an <strong>der</strong><br />
oberen Wolkengrenze erhält wie<strong>der</strong>um etwas geringere Nie<strong>der</strong>schläge,<br />
die in noch größeren Höhen weiter abnehmen.<br />
Die obere Waldgrenze ist ebenso wie ln Mexiko eine<br />
Trockengrenze. Izana hat noch keine kalte Jahreszeit, aber<br />
Fröste können in den Monaten Oktober bis April auftreten<br />
(genauere Angaben bei Kämmer 1982).<br />
Abb. 172.<br />
Klimadiagramme: Sta. Cruz in<br />
Meereshöhe, La Laguna an <strong>der</strong><br />
unteren Wolkenstufengrenze,<br />
Izana an <strong>der</strong> oberen Waldgrenze<br />
(aus W a l t e r 1968).<br />
— m „Man ist erschüttert,<br />
wenn man diese [die Kanaren]<br />
nach 40 Jahren<br />
wie<strong>der</strong> besucht <strong>und</strong> nur<br />
zubetonierte Rummelplätze<br />
mit Autostraßen vorfindet.<br />
Der Naturschutz<br />
wird meist erst wirksam,<br />
wenn es kaum noch etwas<br />
zu schützen gibt. Die heutige<br />
Jugend kennt die stille<br />
<strong>und</strong> doch so erhabene<br />
unberührte Natur nicht<br />
mehr" (<strong>Walter</strong>).
306 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Abb. 173.<br />
<strong>Vegetation</strong>skarte von Teneriffa:<br />
1 Zyßophyllum-Lminea-Wüste,<br />
2 Kleinia-Euphorbia-Stufe <strong>der</strong><br />
Sukkulenten-Halbwüste, 3 Lorbeerwald-<br />
<strong>und</strong> Erica-Stufe im<br />
Norden (Passat-Windseite),<br />
4 Kiefernwald-Ginsterheide-<br />
Stufe, 5 Spartocytisus-Gebirgshalhwüste<br />
(temperiert), 6 Steinschuttstufe<br />
mit Viola <strong>und</strong> Süene,<br />
7 Gebirgswüste mit Kryptogamen<br />
(kalt). A-B Verlauf des<br />
Profils auf Abb. 174.<br />
(aus W a l t e r 1968).<br />
Die Klimadiagramme von Gran Canaria ( S u n d i n g !972|<br />
weisen denselben Klimacharakter auf, die arideste Station<br />
an <strong>der</strong> Südostküste erhält nur 91 mm Regen im ,!ahr, Las<br />
Palmas 174 mm, die Stationen in über 1500 m NN mehr als<br />
900 mm Regen. Die Wolken hüllen hier den niedrigeren<br />
Gipfel oft ein.<br />
Die <strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung von Teneriffa geht aus <strong>der</strong><br />
<strong>Vegetation</strong>skarte <strong>und</strong> dem -profil (A bis B) auf Abb. 173<br />
leide<br />
Abb. 174.<br />
NNW-SSE-Profll durch die Insel<br />
Teneriffa (vgl. Abb. 173) mit<br />
Angabe <strong>der</strong> Höhenstufen.<br />
Z = Zygophyllum-Launea-Wüste<br />
bei El Medaño am Meeresufer<br />
(aus W a l t e r 1968).<br />
□
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln 307<br />
Abb. 175.<br />
Passatwolke im Kanaren-<br />
Kiefernwald (Pinus canariensis)<br />
auf <strong>der</strong> Nordabdachung Teneriffas<br />
(ca. 1400 m NN)<br />
(p h o t. S.-W. B r e c k l e ).<br />
<strong>und</strong> 174 hervor. Man unterscheidet am Südiifer im Passatsdiatten<br />
ein schmales wüstenhaftes Gebiet mit saharo-arabisdien<br />
Elementen, wie Launaea (Zollikoferia) arborescens, Zygopltyllum<br />
fontanesii (auf Gran Canaria auch Suaeda vermkulata)<br />
u. a.; darüber folgt an den Steilhängen die Halbwüste mit<br />
Sukkulenten, die namentlich am Südhang stark ausgebildet<br />
ist. Die montane Waldstufe besteht in <strong>der</strong> Wolkenstufe aus<br />
den Lorbeerwaldresten <strong>und</strong> darüber aus Pinus canariensis-<br />
Wäl<strong>der</strong>n (Abb. 175), die auf den trockenen Südhängen die<br />
jtanze Waldstufe bilden. Diese dreinadelige Kiefernart ist mit<br />
Pinus bngifolia im Himalaja verwandt.<br />
Der Gipfel des Teide ragt meist ganz über die Wolkendecke<br />
hinaus. Er ist oberhalb <strong>der</strong> Waldgrenze mit strauchförmigen<br />
Ginsterarten {Adenocarpus, Cytisus spp.) bedeckt;<br />
darüber beginnt die alpine Stufe. In ihrem unteren Teil<br />
wachsen noch geschlossene Bestände des weißblühenden<br />
Ginsters (Spartocytisus supranubium), während sich die Pflanzendecke<br />
mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe immer mehr auflockert<br />
<strong>und</strong> die Endemiten Sisymbrium bourgaeamim, <strong>der</strong> violettblühende<br />
Cheiranthus scoparius sowie <strong>der</strong> mehrere Meter<br />
hohe Natterkopf (Echium bourgaeanum) mit rötlichen Blütenständen<br />
auftreten.<br />
Über 2600 m NN beginnen die alpinen Schuttfluren, die<br />
durch Solifluktion (frostbedingtes Hangrutschen) an Frostwechseltagen<br />
ständig in Bewegung sind. Hier halten sich<br />
nur einzelne Schuttkriecher wie Nepeta teydea, Viola cheirmthifolia<br />
<strong>und</strong> Silene nocteolens. Über 3300 m NN kommen<br />
nur noch Kryptogamen vor: einige Cyanobakterien (Scytonema),<br />
Moose (Weissia verticillata <strong>und</strong> Frullania nervosa) sowie<br />
Flechten (Cladonia spp. u. a.).
308 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
Die Pflanzengesellschaften auf Gran Canaria sind eini,"<br />
hend von S<strong>und</strong>ing 1972 untersucht worden. Die Höhe::<br />
Stufenglie<strong>der</strong>ung ist dieselbe wie auf Teneriffa. Sie reit:<br />
aber nur bis 2000 m NN, also kaum über die Waldgren/i<br />
Beson<strong>der</strong>s interessant sind die zwei farbigen Übersichiskor<br />
ten, die S<strong>und</strong>ing beifügt: Eine mit <strong>der</strong> heutigen Vegetatinnsglie<strong>der</strong>ung<br />
<strong>und</strong> eine zweite mit <strong>der</strong> potentiellen, die mel<br />
das ursprüngliche <strong>Vegetation</strong>sbild wie<strong>der</strong>gibt, so weit mr;<br />
es heute rekonstruieren kann. Durch die Eingriffe des Mn:-<br />
sehen sind zum Teil irreversible Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Stan.:<br />
orte eingetreten, zum Beispiel eine starke Bodenerosion ai<br />
entwaldeten Flächen, die sich infolgedessen nicht wiedi<br />
bewalden. Wir bringen diese Karten verkleinert <strong>und</strong> vereinfacht<br />
auf Abb. 171. Auf <strong>der</strong> Karte <strong>der</strong> potentiellen Vegttation<br />
ist die sehr schmale wüstenhafte Zone am Meeroufer<br />
vorwiegend an <strong>der</strong> Süd- <strong>und</strong> Ostküste nicht zu<br />
erkennen. Darüber folgt über die Hälfte <strong>der</strong> gesamten Fläche<br />
einnehmend die Sukkulentenhalbwüstenstufe auf <strong>der</strong> Nordseite<br />
unterhalb von 400 m NN, auf <strong>der</strong> trockeneren Südseite<br />
unterhalb von 800 m NN. Der Rest wird von <strong>der</strong> Waldstufe<br />
eingenommen <strong>und</strong> zwar durch den Pinus canariensis-^aMwald;<br />
nur im unteren Teil dieser Stufe, aber nur in Nordostexposition,<br />
dürfte früher <strong>der</strong> immergrüne Lorbeerwald<br />
im weiteren Sinne (die trockenere Form mit Myrica faya<br />
<strong>und</strong> Erica arbórea einbegriffen) vorgeherrscht haben. Dur<br />
natürliche Bereich <strong>der</strong> Ginsterstufe über <strong>der</strong> Waldgrenze<br />
war nach Ansicht von S<strong>und</strong>ing auf die kleine Gipielfläche<br />
beschränkt.<br />
Wenn man diese Karte mit <strong>der</strong> heutigen <strong>Vegetation</strong> vergleicht<br />
<strong>und</strong> dabei von den Ortschaften mit den kultivierten<br />
Flächen auf den unteren flachen Hängen absieht, so erkennt<br />
man die gewaltige Verän<strong>der</strong>ung: Die wüstenhafte <strong>Vegetation</strong><br />
an den flachen Meeresufern dürfte bald ganz von Hotels<br />
o<strong>der</strong> Ferienhäusern mit Badestränden verdrängt werden.<br />
Die Sukkulentenhalbwüste hat sich auf Kosten <strong>der</strong> Waldstufe<br />
enorm ausgedehnt <strong>und</strong> bedeckt heute 78 % <strong>der</strong> gesamten<br />
Fläche. Im oberen Teil <strong>der</strong> Waldstufe ersetzen vor allein Ginsterheiden<br />
den ehemaligen Wald, die verbliebene Waldfläche<br />
ist sehr zusammengeschrumpft, wobei es heute fast<br />
nur noch Kiefernwäl<strong>der</strong> gibt. Vom früher ausgedehnten immergrünen<br />
Lorbeerwald sind nur noch in einigen Schluchten<br />
auf <strong>der</strong> Nordseite so kleine Reste verblieben, daß sie aul<br />
<strong>der</strong> verkleinerten Karte nur als schwarze Punkte eingetragen<br />
werden konnten.<br />
Eine natürliche <strong>Vegetation</strong> findet man deshalb heute nur<br />
noch an den steilen, oft schwer zugänglichen Felshängen
<strong>der</strong> Sukkulentenhalbwüstenstufe. Diese ist ökologisch beirachtet<br />
eine höchst heterogene Einheit fast mit Mikromosaikstruktur<br />
von trockenen Felsflächen <strong>und</strong> flachgründigen<br />
Böden, über spaltenreiche Felsen <strong>und</strong> Schutthänge, auf denen<br />
tiefwurzelnde Arten relativ gut mit Wasser versorgt<br />
werden, bis zu gr<strong>und</strong>wasserführenden Schluchten o<strong>der</strong> triefend<br />
nassen Felswänden. Deshalb finden hier die verschiedensten<br />
ökologischen Typen geeignete Nischen <strong>und</strong> kommen<br />
oft nebeneinan<strong>der</strong>, aber unter ganz verschiedenen<br />
Bedingungen vor. Das eine Extrem bilden die stammsukkulenten<br />
Euphorbien, die lange Dürrezeiten vertragen, das an<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> zarte Venusfarn (Adiantum capillus-veneris), <strong>der</strong> an<br />
dauernd nassen Felswänden im Schatten vorkommt. Unter<br />
ihm findet man Moospolster, die mit Kalk verkrustet sind,<br />
<strong>der</strong> nach Verdunstung des Wassers übrigbleibt. Auch die geringen<br />
Mengen an NaCl im Wasser können sich anreichern,<br />
so daß sich neben dem Farn sogar eine halophile Art, Samolus<br />
valerandi, einstellt. Selbst kleinflächige soziologische<br />
Bestandsaufnahmen ergeben zufällige Listen mit ganz heterogenen<br />
ökologischen Typen, flachwurzelnde <strong>und</strong> tiefwurzelnde,<br />
sukkulente <strong>und</strong> nicht sukkulente, die an ganz verschiedene<br />
Nischen geb<strong>und</strong>en sind. Annuelle Therophyten<br />
haben keinen Aussagewert; denn sie entwickeln sich<br />
während <strong>der</strong> kurzen Regenzeit, wenn alle Böden feucht<br />
sind, dort, wo sie an einer offenen Stelle vor Konkurrenz geschützt<br />
sind.<br />
Nur eine sorgfältige ökologische Analyse unter Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> Bewurzelung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wasserführung des Bodens<br />
in den verschiedenen Jahreszeiten kann das Vorkommen<br />
bestimmter ökologischer Typen klären. Eine solche<br />
.Vialyse ist sehr langwierig. Sie setzt sehr sorgfältige Beobachtungen<br />
mit gezielten Experimenten im Gelände während<br />
eines langen Zeitraums zu allen Jahreszeiten voraus.<br />
In dieser Flöhenstufe <strong>der</strong> Sukkulentenhalbwüsten wuchsen<br />
auch früher wohl die Palmen (Phoenix canariensis), von<br />
denen wilde Exemplare nicht mehr vorhanden sind. Es ist<br />
die Palme, die man in den Parkanlagen im Bereich des Zonobioms<br />
IV, zum Teil auch ZB V findet. Sie ist ornamentaler<br />
als die verwandte Dattelpalme (Phoenix dactylifera), hat<br />
jedoch ungenießbare Früchte. Sie war sicher an sonnige<br />
Standorte mit leicht erreichbarem Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>en,<br />
also in den wasserzügigen Schluchten.<br />
Auch <strong>der</strong> berühmte Drachenbaum <strong>der</strong> Kanaren (Dracaena<br />
dracc) kam wahrscheinlich auf ähnlichen Biotopen vor. Heute<br />
ist er jedoch nur noch angepflanzt in Gärten <strong>und</strong> Parks zu<br />
linden.<br />
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Kanarischen Inseln 309
310 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
12 Der Mensch in den Mediterrangebieten<br />
Der Einfluß des Menschen ist im europäisch-afrikanischen<br />
Mittelmeerraum schon sehr alt, ausgehend von den frühen<br />
Hochkulturen im Nahen Osten <strong>und</strong> seit Jahrtausenden auch<br />
sehr groß (vgl. Tab. 20). Abholzungen schon vor einigen<br />
Tausend Jahren (etwa durch die Phönizier in Dalmatien) haben<br />
zum großflächigen Verlust <strong>der</strong> ursprünglichen Hartlaubwäl<strong>der</strong><br />
geführt. Eine Regeneration ist aufgr<strong>und</strong> des völlig<br />
erodierten Bodens nicht mehr möglich. Bodenbildung auf •<br />
dem freiliegenden nackten Fels erfor<strong>der</strong>t Jahrtausende. Weidewirtschaft<br />
<strong>und</strong> früher Ackerbau im Orient haben zu einer<br />
starken Selektion <strong>der</strong> Arten geführt. Dornige <strong>und</strong> gütige<br />
Pflanzen haben sich ausgebreitet.<br />
Die Artenvielfalt ist wahrscheinlich durch den Menschei.<br />
zunächst nicht wesentlich verän<strong>der</strong>t worden, manche Arten<br />
wurden eingeführt, zusätzlich geför<strong>der</strong>t, so ist <strong>der</strong> Ölbaum<br />
wahrscheinlich vor etlichen Jahrtausenden aus dem nördlichen<br />
Ostafrika <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Südarabien gekommen; er gilt aber<br />
heute als Charakterbaum <strong>der</strong> eigentlichen Mediterrancis.<br />
Aus <strong>der</strong> Neuen Welt kamen Agaven <strong>und</strong> Opuntien, aus Südafrika<br />
Aloe <strong>und</strong> Crassulaceen, aus Australien Akazien <strong>und</strong><br />
Eucalypten. Die „Eucalyptisierung" Portugals hat dort die<br />
Waldbrandgefahr gefährlich verstärkt.<br />
Für große Teile des Mittelraeergebietes hatten sich im<br />
Laufe <strong>der</strong> Jahrh<strong>und</strong>erte meist Nutzungsformen herausgebildet,<br />
die ganz gut an die ökologischen Bedingungen angepaßt<br />
waren. Die im westlichen Mittelmeergebiet weitverbreiteten<br />
Kork- <strong>und</strong> Steineichenbestände, in denen Brennholz geschlagen<br />
wurde, in die Weidetiere hineingetrieben wurden<br />
<strong>und</strong> zudem noch Kork geschält wurde, waren recht feuerre-<br />
Tab. 20. Zeitskala zum Einfluß des Menschen in mediterranen Ökosystemen;<br />
die angegebenen Zahlen sind Jahre vor heute<br />
Erstes Auftreten des<br />
Menschen; Jäger/<br />
Sammler, Feuergebrauch<br />
Erstes Auftreten<br />
von Haustieren<br />
Erstes Auftreten<br />
von Landwirtschaft<br />
Mediterraneis Australien Südafrika Chile Kalifornien<br />
400 000 40-70000 500000 11 000 14000<br />
10-6000 150 20000 400 400<br />
10-6000 150 300 1000? 150<br />
Intensivackerbau 2 000 - 1000 50 300 - 200 400 50<br />
nach G roves et al. 1983
istent. Sie waren mit an<strong>der</strong>en kleinflächigen Kulturen<br />
Jurchsetzt, was noch zusätzlichen Feuerschutz bot. Heute<br />
sind viele dieser Kulturflächen verlassen, sie verbuschen,<br />
an<strong>der</strong>e Flächen sind mit schnellwüchsiger Pinus pinea o<strong>der</strong><br />
pims maritima aufgeforstet, womit die Brandgefahr drastisch<br />
zunimmt.<br />
Mit zunehmendem menschlichem Einfluß nimmt die<br />
Bindiversität <strong>und</strong> die Ökosystemdynamik (die Zahl funktioneller<br />
Gruppen, interspezifischer Interaktionen etc.) deutlich<br />
ab, wie das Schema in Abb. 176 zeigt. Allerdings dürfte<br />
Jas reiche Mosaik verschiedenster Nutzungsflächen, das Gemisch<br />
von kleinbäuerlichem Ackerbau, Viehzucht, Nie<strong>der</strong>waldwirtschaft,<br />
Transhtimanz etc. des späten Mittelalters bis<br />
zu Beginn diesen Jahrh<strong>und</strong>erts die höchste Biodiversität gehabt<br />
haben (Blondel &■ A ronson 1995). Auch Macchie, Garigue<br />
<strong>und</strong> Affodill-Felsenheiden sind oft noch sehr artenreich.<br />
Die verstärkte Degradierung <strong>und</strong> Übernutzung, die<br />
Industrialisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft hat aber in jüngster<br />
Zeit zumindest bei vielen Organismengruppen <strong>und</strong> in vielen<br />
Landschaften eine erhebliche Verarmung bedingt.<br />
Der Mensch in den Mediterrangebieten 311<br />
Abb. 176.<br />
Biodiversität, Ökosystemdynamik<br />
<strong>und</strong> menschlicher Einfluß<br />
bei mediterranen Formationen
312 Zonobiom <strong>der</strong> Hartlaubgehölze<br />
FRAGEN<br />
1 Wie unterscheiden sich Macchie, Garigue, Batha, Phrva<br />
Pseudomacchie, Schibljak: Matorral, Chaparral, Espif,^j<br />
Fynbos <strong>und</strong> Mallee?<br />
2<br />
3<br />
Was sind mediterrane Homoklimate? Beispiele?<br />
Trotz gleicher Jahresnie<strong>der</strong>schlagsmengen <strong>und</strong> gleicher jg),<br />
resmitteltemperatur unterscheiden sich Sommerregengebiu<br />
(ZB II, Savannen) <strong>und</strong> Winterregengebiete (ZB IV, Hartkuh<br />
wald) erheblich. Warum?<br />
4 Ist ein Lignotuber erblich?<br />
3 Was ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen Hartlaub (SklerophylHii<br />
<strong>und</strong> Le<strong>der</strong>laub (Lauriphyllie)?<br />
6 Welche Winterregengebiete gehören nicht zum ZB IV? v/ar<br />
9<br />
10<br />
Wie lange dauert es, bis sich auf dem dalmatinischen Karsi<br />
(nacktem Kalkgestein) ein zonaler Hartlaubwald gebüäc<br />
hat? In welchen Phasen könnte sich dies abspielen?<br />
Wo kommen igelartige halbkugelige Dornpolster als orozoncle<br />
<strong>Vegetation</strong>sbestandteile vor?<br />
Warum ist Terra rossa kein zonaler Boden?<br />
Unter welchen Bedingungen haben sommergrüne (zum Beispiel<br />
Quercus pubescens), <strong>und</strong> unter welchen Bedingunßer.<br />
haben immergrüne Eichen (zum Beispiel Qu. Hex, Qu. suheti<br />
einen Konkurrenzvorteil?
V Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
(ZB des warmtemperierten<br />
humiden Klimas)<br />
1 Allgemeines<br />
Dieses Zonobiom läßt sich nicht scharf abgrenzen, es ist eine<br />
Übergangszone zwischen den tropisch-subtropischen <strong>und</strong><br />
den typisch gemäßigten Gebieten. Aber es nimmt doch eine<br />
zu große Fläche ein, um nur als Ökoton behandelt zu werden.<br />
Man kann zwei Subzonobiome unterscheiden:<br />
1. Das sehr humide sZB mit Regen das ganze Jahr hindurch<br />
o<strong>der</strong> mit einem Minimum in <strong>der</strong> kühlen Jahreszeit. Die<br />
Hauptvegetationszeit ist immer feucht <strong>und</strong> wegen <strong>der</strong><br />
hohen Temperatur schwül. Diese Gebiete liegen an den<br />
Ostseiten <strong>der</strong> Kontinente etwa zwischen dem 30. <strong>und</strong><br />
35. Grad auf <strong>der</strong> Süd- <strong>und</strong> Nordhemisphäre <strong>und</strong> stehen<br />
unter <strong>der</strong> Einwirkung von Passat- o<strong>der</strong> Monsunwinden.<br />
Während <strong>der</strong> kühlen Jahreszeit sinken die Temperaturen<br />
schon ziemlich tief, es können Fröste auftreten, aber eine<br />
kalte Jahreszeit mit Temperaturen unter 0 °C fehlt; doch<br />
ist <strong>der</strong> Winter schon eine Ruhezeit für die <strong>Vegetation</strong>.<br />
2. Das an<strong>der</strong>e sZB ist an die Westseiten <strong>der</strong> Kontinente geb<strong>und</strong>en,<br />
etwas weiter polwärts gegenüber dem ersten<br />
sZB verschoben; denn es schließt sich an das feuchte Subzonobiom<br />
des ZB IV an. Auch bei diesem sZB überwiegen<br />
die Winterregen, aber die Sommerdürrezeit fehlt weitgehend.<br />
Beide Subzonobiome sind durch lauriphylle Baumarten<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> großwüchsige Nadelhölzer, jeweils reich an Reliktformen<br />
aus dem Tertiär, gekennzeichnet.<br />
In Nordamerika reicht das sZB mit Winterregen von<br />
N'ordkalifornien bis nach Südkanada im Küstengebiet. Es ist
314 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 177.<br />
Feuchter, ozeanischer Nadelwald<br />
mit Pseudotsuga menziesii, Tsuga<br />
heterophylla <strong>und</strong> Thuja plicata<br />
am Floh River (Olympic<br />
Nat. Park), (phot. E. W a l t e r )<br />
(vgl. dazu Klimadiagramm Vancouver<br />
Abb. 156).<br />
— Das Zonobiom V ist<br />
ein Übergangszonobiom.<br />
sZB V(sr): auf den Ostseiten<br />
<strong>der</strong> Kontinente Übergang<br />
vom ZB I <strong>und</strong> ZB II<br />
mit Sommerregen zu den<br />
gemäßigten Regionen mit<br />
leichtem Frost;<br />
sZB V(w): auf <strong>der</strong> Westseite<br />
<strong>der</strong> Kontinente Übergang<br />
vom ZB IV mit Winterregen<br />
zum ZB VIII mit<br />
sehr ozeanischer Prägung.<br />
die Zone <strong>der</strong> Sequoia sempervirens-'Wäl<strong>der</strong>, an die sich weiter<br />
nördlich Wäl<strong>der</strong> aus Tsuga heterophylla, Thuja plicata <strong>und</strong><br />
Pseudotsuga menziesii anschließen (Abb. 177). Prunus laur:<br />
cerasus <strong>und</strong> Rhododendron ponticum, aber auch Araucaria excelsa<br />
gedeihen hier üppig in den Gartenanlagen - ein Zeichen<br />
für die milden Winter. Weiter nach Norden sinken die Temperaturen<br />
langsam ab. Das Klima wird immer humi<strong>der</strong>, die<br />
Tages- <strong>und</strong> Jahresschwankungen <strong>der</strong> Temperatur sind gering.<br />
Die maritim getönte <strong>und</strong> frostempfindliche Sitka-Fichte<br />
gelangt zur Vorherrschaft. In dieser meridional verlaufenden<br />
Zone, die sich bis in die Subarktis auf Alaska erstreckt,<br />
lassen sich Abschnitte, die dem ZB VI o<strong>der</strong> ZB VIII entsprechen,<br />
kaum erkennen. Es ist ein extrem h«umides ozeanisches<br />
Ökoton, in dem kein Ackerbau betrieben werden<br />
kann, das deshalb wenig besiedelt ist.<br />
Im Rahmen des Internat. Biol. Progr. (IBP) wurden hier<br />
die wohl ertragreichsten Nadelwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt, vor allem<br />
Douglastannen-Ökosysteme (Pseudotsuga), untersucht. Ein<br />
Sammelband (E dmonds 1982) enthält in elf Beiträgen die<br />
vorläufigen Ergebnisse <strong>der</strong> Arbeiten aus den Jahren 1971 bis<br />
1978, doch steht eine eigentliche Synthese noch aus. Eine<br />
Übersicht über die Verbreitung <strong>der</strong> immergrünen Wäl<strong>der</strong> hat<br />
K lötzli (1987) gegeben.<br />
In Südchile herrschen ganz analoge Verhältnisse. Das sZB<br />
mit Winterregen, aber ohne Sommerdürrezeit entspricht<br />
dem ebenfalls sehr üppigen valdivianischen immergrünen<br />
Regenwald (s. S. 292). Der südlich anschließende magellanische<br />
Wald mit immergrünen, aber auch laubabwerfenden
\ctlwfaßus-Anen <strong>und</strong> <strong>der</strong> starken Ausbildung von Mooren<br />
bildet die perhumide Übergangszone zur Subantarktis des<br />
Feuerlandes <strong>und</strong> <strong>der</strong> Inseln.<br />
ln Westeuropa fehlen die frostempfindlichen großen Comieren<br />
<strong>der</strong> pazifischen Küste Nordamerikas vollständig. Sie<br />
dnd während den Eiszeiten des Pleistozäns ausgestorben<br />
iFossilien in <strong>der</strong> Rheinischen Braunkohle). Dem sZB entspricht<br />
am ehesten die nordspanische <strong>und</strong> südwestfranzösische<br />
Küste mit Heideformationen (Les Landes). Die perhtiinide<br />
Übergangszone ist ebenso zersplittert wie das<br />
.u’steuropäische Küstengebiet. Sie verteilt sich auf Wales,<br />
Westschottland, die Inselgruppen mit Island <strong>und</strong> die feuchtesten<br />
Teile <strong>der</strong> norwegischen Westküste mit den Lofoten<br />
<strong>und</strong> reicht bis in die Subarktis. Heidemoore mit Birken <strong>und</strong><br />
Weidenarten sind heute die vorherrschende <strong>Vegetation</strong> (s.<br />
S.330f.).<br />
ln Australien gehört die Südwestspitze zu diesem sZB mit<br />
Winterregen ohne Sommerdürre (Karri-Wald, S. 296f.). Die<br />
beson<strong>der</strong>s perhumide Übergangszone dagegen umfaßt nur<br />
W-Tasmanien mit kleinen Eucalyptus-ArXen <strong>und</strong> Mooren sowie<br />
den Südwesten von <strong>der</strong> neuseeländischen Südinsel mit<br />
<strong>der</strong> vorgelagerten Stewart-Insel. Damit ist <strong>der</strong> Übergang zu<br />
den subantarktischen Inseln gegeben (vgl. S. 323, 476).<br />
Ganz isoliert ist das ebenfalls zu diesem sZB gehörende<br />
Gebiet von Nordanatolien mit kolchischen Wäl<strong>der</strong>n, in denen<br />
Rhododendron ponticum <strong>und</strong> Prunus laurocerasus beheimatet<br />
sind. Es ist ein Ausläufer <strong>der</strong> üppigen Wäl<strong>der</strong> im Kolchisdieii<br />
Dreieck zwischen den kaukasischen Gebirgen <strong>und</strong><br />
dem Schwarzen Meer mit gleichmäßig verteilten Nie<strong>der</strong>sdilägen<br />
bis 4000 mm. In diesem tertiären Reliktw ald ist<br />
<strong>der</strong> immergrüne Unterwuchs erhalten geblieben, aber die<br />
Baumschicht mit den Reliktarten Zelkowa <strong>und</strong> Pterocarya sowie<br />
Dolichos <strong>und</strong> den Lianen (Vitis, Periploca) wirft das Laub<br />
ab. Einzelne Kälteeinbrüche kommen vor, doch sind Citrus-<br />
Kulturen möglich. Ähnlich ist <strong>der</strong> hyrkanische Reliktwald<br />
an <strong>der</strong> Südküste des Kaspischen Meeres ausgebildet mit <strong>der</strong><br />
Rcliktart Parrotia (Hamamelidaceae) <strong>und</strong> Albizzia julibrissin<br />
(Mimosaceae) u. a.<br />
2 Tertiärwäl<strong>der</strong>, Lauriphyllie <strong>und</strong> Sklerophyllie<br />
Wenn die Hartlaubvegetation des ZB IV aus einer lorbeerblättrigen<br />
in geologisch junger Zeit entstanden ist, dann<br />
sollten sich auch noch lorbeerblättrige Reliktarten im Mittelmeergebiet<br />
finden lassen. Laurus nobilis kommt in den nie<strong>der</strong>schlagsreicheren<br />
Gebieten <strong>und</strong> an geschützten Stand<br />
Tertiärwäl<strong>der</strong>, Lauriphyllie <strong>und</strong> Sklerophyllie 315<br />
1
316 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
orten vor, insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Westmediterraneis. Auch Arhutus<br />
ist eher lorbeerblättrig als hartblättrig. Lauriphylle Arten<br />
kommen azonal in Schluchtwäl<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> orozonal a|.<br />
Nebelwald vor. Die Sklerophyllen mit verholzten Zelldf.<br />
menten im Blatt (Skiereiden) haben nur an sehr gemäßigtei<br />
Standorten <strong>und</strong> in nahezu dauerhumiden Gebieten die Lauriphyllen<br />
nicht verdrängen können. Als zonale Vegetatin,<br />
kommt <strong>der</strong> Lorbeerwald größerflächig nur in Ostasien unc<br />
in den südöstlichen USA vor. Aber viele <strong>der</strong> immergrünen<br />
gemäßigten Wäl<strong>der</strong> sind heute nur noch in Resten vorhanden,<br />
ihr Artenreichtum (zum Beispiel in China, Korea odt.<br />
Japan, aber auch in den südöstlichen USA) ist bemerkenswert<br />
hoch, ebenso in Südbrasilien.<br />
Als verarmte Restbestände des ZB V werden die oft zu Heiden<br />
degradierten Bestände in Nordportugal angesprochen.<br />
Die euxinischen <strong>und</strong> hyrkanischen Reliktwäl<strong>der</strong> sind<br />
durch ihre Tertiärreliktarten gekennzeichnet, dies gilt ii<br />
größerem Maße noch für die an<strong>der</strong>en ZB V-Regionen, wo<br />
zahlreiche Gattungen mit den tertiären, durch Fossilien belegten<br />
Vertretern nahe verwandt sind.<br />
Die Lorbeerwäl<strong>der</strong>, die heute im wesentlichen als Bestandteile<br />
des sZB V (s) an den Ostküsten <strong>der</strong> Kontinente<br />
noch in nennenswertem Umfang Vorkommen, werden von<br />
Klötzli (1987) als thermophil (20 bis 25 °C Monatsmittel in<br />
<strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>speriode) <strong>und</strong> frostempfindlich (Minima<br />
kaum unter -10 °C) sowie trockenheitsempfindlich (kaum<br />
aride Monate im Jahresgang) eingestuft.<br />
Die Abgrenzung des ZB V gegenüber subtropisch/trupischen<br />
Regenwäl<strong>der</strong>n ist gegeben durch <strong>der</strong>en mehr <strong>und</strong><br />
gleichmäßigere Nie<strong>der</strong>schläge sowie ausgeglichenere Temperaturen,<br />
gegen die Hartlaubwäl<strong>der</strong> durch <strong>der</strong>en geringere<br />
<strong>und</strong> sporadischere Nie<strong>der</strong>schläge (Winter) <strong>und</strong> regelmäßige<br />
Feuer, gegen die sommergrünen Laubwäl<strong>der</strong> durch <strong>der</strong>en<br />
kältere Winter mit Spätfrösten <strong>und</strong> oft trockenere Sommer<br />
3 Humides Subzonobiom an den<br />
Ostseiten <strong>der</strong> Kontinente<br />
,/An den Ostseiten <strong>der</strong> Kontinente haben wir es infolge <strong>der</strong><br />
'Passat- o<strong>der</strong> Monsunwinde mit einer fast kontinuierlichen<br />
Reihe von Zonobiom II über ein humides subtropisches Zonoökoton<br />
II/V zum Zonobiom V <strong>und</strong> über ein Zonoökoton<br />
V/VI zum Zonobiom VI zu tun. Doch reichen auf <strong>der</strong> Südhemisphäre<br />
die Landmassen nicht soweit nach Süden <strong>und</strong> in<br />
Mittel- <strong>und</strong> Nordamerika tritt eine Störung durch das Kari-<br />
''bische Meer ein. Die Abgrenzung <strong>der</strong> genannten Abschnitt
ist schwierig. Man läßt die Tropen dort aufhören, wo Fröste<br />
hch bemerkbar machen o<strong>der</strong> die Jahresmitteltemperatur bei<br />
Frostfreiheit unter 18,3 °C sinkt, so daß tropische Kulturen<br />
wie Kokos, Ananas, Kaffee u. a. nicht mehr rentabel sind<br />
<strong>und</strong> nur Tee, Citrus <strong>und</strong> einzelne Palmen verbleiben.<br />
Im Bereich des Zonobioms V treten schon Fröste auf, aber<br />
die mittleren Tagesminima des kältesten Monats sind noch<br />
über 0 °C, das heißt eine kalte Jahreszeit kommt auf dem<br />
Klimadiagramm nicht vor. Die Jahresmittel liegen etwas<br />
über o<strong>der</strong> unter 15 °C, die Baumarten <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> sind we-<br />
Jgstens zum Teil immergrün, während das im ZÖ V/VI nur<br />
noch für einige Straucharten gilt. Für das ZB VI ist schon<br />
eine kalte Jahreszeit von zwei bis fünf Monaten typisch, die<br />
Holzarten werfen ihr Laub im Herbst ab.<br />
ln Ostasien, das dem ostasiatischen Monsun ausgesetzt ist<br />
<strong>und</strong> deshalb ein ZB II besitzt, nimmt dieses humide sZB des<br />
ZBV einen beson<strong>der</strong>s großen Raum ein. Die Nordgrenze bei<br />
etwa 35°N erreicht noch die Südspitze <strong>der</strong> koreanischen<br />
Halbinsel mit den vielen Inseln, biegt im Japanischen Meer<br />
nach Norden, Insel Ullung-do (vgl. Abb. 178, 179) <strong>und</strong> verläuft<br />
durch den südlichen Teil <strong>der</strong> japanischen Hauptinsel<br />
Hondo. Hier kommen neben immergrünen Fagaceen Cyclobäanopsis,<br />
Quercus <strong>und</strong> Castanopsis die Myrsinacee Ardisia sowie<br />
die Lauracee Machilus u. a. als waldbildende Baumarten<br />
vor. Aber auch die in Norditalien (Insubrien) häufigen Ziersträucher<br />
Aucuba japónica, Euonymus japónica, Ligustrum japonicum<br />
<strong>und</strong> die frostempfindlichen Camellia stammen von da.<br />
Weiter nördlich gewinnen laubabwerfende Baumarten die<br />
Oberhand (N umata et al. 1972), ebenso wie in höheren Lagen<br />
(Abb. 179).<br />
Humides Subzonobiom an den Ostseiten <strong>der</strong> Kontinente 317<br />
Abb. 178.<br />
Lorbeerwaläreste auf <strong>der</strong> Insel<br />
Ullung-do (Süd-Korea) in einzelnen<br />
Tälern, an den oberen<br />
Berghängen übergehend in einen<br />
Buchenwald mit Fagus<br />
multinervis, als Reliktwald<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
318 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 179.<br />
Offener, junger Buchenwald auf<br />
oberen Berghängen <strong>der</strong> Insel Ullung-do<br />
(Südkorea) mit zahlreichen<br />
Fagus multinervis-Stämmen.<br />
Im Unterwuchs kommen<br />
noch einzelne immergrüne<br />
Lorbeerwaldarten vor (z. B.<br />
Euonymus japonicus), <strong>und</strong> viele<br />
krautige Arten (vgl. auch<br />
A lbertI997) aus den Gattungen<br />
Helleborus, Hepática, Maianthemum,<br />
aber auch Sasa (phot.<br />
S .-W . B r e c k l e ).<br />
In China weicht die Nordgrenze landeinwärts etwas nad<br />
Süden zurück, soweit sich im Winter die Kälteeinbrüc.,<br />
vom sibirischen Hoch bemerkbar machen. Viel wenige:<br />
scharf ist die Südgrenze gegen die immergrünen tropisd<br />
subtropischen Wäl<strong>der</strong> des südlichen China ausgeprägt. Kanton<br />
gehört noch zum ZB II. Wir bringen hier die Glie<strong>der</strong>unt<br />
nach Ahti & Konen 1974 (Abb. 180). Dort wird auch auf dai<br />
Orobiom in Japan eingegangen.<br />
Im Südosten Nordamerikas ist die Südspitze von Florida<br />
noch subtropisch, aber selbst in Miami <strong>und</strong> Palm Beach<br />
kommen leichte Fröste vor. Die immergrünen Eichenwäl<strong>der</strong><br />
mit Quercus virginiana reichen längs <strong>der</strong> Küste bis North Carolina<br />
hinein. Die Gesamtfläche des ZB V ist nicht sehrgroK<br />
weil im Inland die Kälteeinbrüche bis zum Golf von Mexico<br />
reichen. Außerdem sind auf weitverbreiteten Sandflächet<br />
Psammobiome vorhanden, <strong>und</strong> zwar Kiefernwäl<strong>der</strong> aus<br />
Pinus clausa, P. taeda, P. australis u. a. zum Teil mit immergri:-<br />
nem Unterwuchs. Dazu kommen die ausgedehnten Taxiv,.-<br />
Mm-NyiSfl-Sumpfwäl<strong>der</strong> (Hydrobiome) <strong>und</strong> die immergrünen<br />
Persea-Magnolia-MooTwä\<strong>der</strong> sowie Heidemoore mit <strong>der</strong><br />
Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) als Helobiome. Direkt<br />
an <strong>der</strong> Küste nehmen Salzmarschen (Halobiome) groBe<br />
Flächen ein.<br />
In Südamerika reichen in Ostbrasilien die immergrünen<br />
Wäl<strong>der</strong> von den tropischen zu den subtropischen <strong>und</strong> warnt<br />
temperierten weit nach Süden. Die Tropen hören an <strong>der</strong> Küste<br />
zwischen Porto Alegre <strong>und</strong> Rio Grande auf. Selhsi i:i<br />
Nordargentinien, in Misiones <strong>und</strong> Corrientes spricht man<br />
von subtropischen Wäl<strong>der</strong>n. Längs den großen Flußläiifen<br />
des Paraná <strong>und</strong> Uruguay dringen sie als Galeriewäl<strong>der</strong> in das
Humides Subzonobiom an den Ostselten <strong>der</strong> Kontinente 319<br />
Abb. 180.<br />
Bioklimatische Glie<strong>der</strong>ung von<br />
Ostasien (nach Ahti & Konen<br />
1974). TR = humide Tropen,<br />
STR = humide Subtropen.<br />
M = maritim-warmtemperiertes<br />
ZB V. HT = ZÖ V/VJ <strong>und</strong><br />
T = temperiertes ZB VI. HB =<br />
hemiboreale Mischwaldzone.<br />
SB, MB <strong>und</strong> NB = südliche,<br />
mittlere <strong>und</strong> nördliche, boreale<br />
Zone (= ZB VIII). HA <strong>und</strong><br />
A = hemiarktische <strong>und</strong> arktische<br />
Zone (= ZB IX).
320 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
Pampagebiet vor. An <strong>der</strong> Küste hört das ZB V bei La Plai:<br />
auf, das ZB VI fehlt.<br />
Auf <strong>der</strong> Hochfläche über 500 m NN ist namentlich in Südbrasilien<br />
das Gebiet <strong>der</strong> Coniferenwäl<strong>der</strong> aus Araucaria arißustifolia<br />
anzutreffen. Diese müßte man auf jeden Fall zum ZB \<br />
rechnen. Im allgemeinen ist gerade in diesem Teil die Waldfläche<br />
durch Rodung stark reduziert. In Afrika, dessen Südostküste<br />
ebenfalls dem SE-Passat ausgesetzt ist <strong>und</strong> durch<br />
den Windstau vor den Drakensbergen sehr starke Nie<strong>der</strong>schläge<br />
erhält, sind immergrüne tropisch-subtropi.sche Wäl<strong>der</strong><br />
in Küstennähe bis East London verbreitet. Den Abschniu<br />
längs <strong>der</strong> Südküste kann man als warm-temperiert bezeichnen.<br />
Früher reichten die Wäl<strong>der</strong> ohne Unterbrechung bis<br />
zum Osthang des Tafelberges bei Kapstadt. Der größte Teil ist<br />
jedoch gerodet o<strong>der</strong> sek<strong>und</strong>är von dem Fynbos des ZB IV eingenommen.<br />
Ein größeres Waldreservat mit alten hohen ?odocarpus-Bämntn<br />
<strong>und</strong> einer großen Zahl von immergrünen<br />
Laubbäumen, unter denen <strong>der</strong> „Stinkboom" (Ocotea foetemi<br />
wertvolles Holz liefert, ist nur bei Knyshna erhalten.<br />
Auf die Verhältnisse in Australien <strong>und</strong> Neuseeland kommen<br />
wir in den nächsten Abschnitten zurück.<br />
Ökologisch ist das ZB V nicht intensiv untersucht worden<br />
<strong>und</strong> über die Ökosysteme lassen sich keine Einzelheiten angeben.<br />
Es ist auch beson<strong>der</strong>s schwierig, denn die meisten<br />
Wäl<strong>der</strong> sind artenreich <strong>und</strong> die Wachstumsbedingungen<br />
günstig. Der entscheidende Faktor ist sicher <strong>der</strong> Wettbewerb,<br />
<strong>und</strong> dieser ist schwer faßbar.<br />
4 Subzonobiom an den Westseiten <strong>der</strong> Kontinente<br />
ln den westlichen USA, in Oregon <strong>und</strong> Washington, handelt<br />
es sich um humide, wenig frostresistente Nadelwäl<strong>der</strong>, die<br />
Bestandeshöhen bis über 100 m erreicht haben. Die Reliktart<br />
Sequoia sempervirens, die teilweise gemischt mit Abtes grandis.<br />
Pseudotsuga menziesii vorkommt, o<strong>der</strong> nördlich davon von<br />
Tsuga heterophylla <strong>und</strong> Thuja plicata abgelöst wird, bildet ein<br />
oberes Kronenstockwerk aus. In <strong>der</strong> unteren Baumschicbi<br />
sind viele Laubhölzer vertreten (Acer macrophyllum, Ainus rubra<br />
etc.). Viele <strong>der</strong> Bäume sind reich mit epiphytischen Farnen,<br />
Moosen <strong>und</strong> Flechten überzogen. Man muß diese Coniferenwäl<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> warmtemperierten Zone, die fast das ganze<br />
Jahr über photosynthetisch aktiv sind, als tertiär geprägte Reliktwäl<strong>der</strong><br />
auffassen. Sie wurden von den Eiszeiten aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> nord-süd-verlaufenden Gebirge offenbar wenig betroifen.<br />
Weiter südlich sind wohl auch während <strong>der</strong> Eiszeit<br />
größere Refugialgebiete für die <strong>Vegetation</strong> erhalten geblie-
Biome <strong>der</strong> Eucalyptus-Nothofagus-\Nä\<strong>der</strong> SE-Australiens <strong>und</strong> Tasmaniens 321<br />
ben, so daß im Gegensatz zu den west-östlichen<br />
Gebirgsbarrieren in Europa, die Ausbreitung<br />
nach Norden rasch erfolgen konnte.<br />
In Westeuropa fehlt daher eine dem ZB<br />
Ventsprechende <strong>Vegetation</strong>, obwohl das<br />
Klima heute eine solche <strong>Vegetation</strong> zulassen<br />
würde. Reste einiger Reliktarten linden<br />
sich im Gebirge bei Algeciras (Campo de<br />
Gibraltar), wo noch die immergrünen Rhododendron<br />
ponticum ssp. baeticum, Quercus lusitmica<br />
<strong>und</strong> Prunus lusitanica Vorkommen.<br />
Dazu tritt <strong>der</strong> teils epiphytische Farn Daval-<br />
Hacanariensis <strong>und</strong> <strong>der</strong> urtümliche Farn Psilotum<br />
nudum auf.<br />
Im euxinischen Waldgebiet Nordanatoliens<br />
findet man nur laubwerfende Bäume,<br />
im Unterwuchs treten allerdings eine ganze<br />
Reihe immergrüner Arten auf (Prunus laurocerasus,<br />
Ilex, Buxus, Daphne pontica, Vaccinium<br />
arctostaphylos, Ruscus etc.).<br />
Ähnliches gilt für die Kolchis am Ostufer<br />
des Schwarzen Meeres <strong>und</strong> die hyrkanischen<br />
Wäl<strong>der</strong> am Südufer des Kaspischen Meeres.<br />
Im südlichen Chile entspricht <strong>der</strong> Valdivianische Regenvvald<br />
dem ZB V (w). Er ist artenreich <strong>und</strong> seine Üppigkeit erinnert<br />
an tropische Regenwäl<strong>der</strong>. Das Klima ist aber kühl,<br />
iihne Frost <strong>und</strong> daiierhumid. Mehrere Reliktnadelhölzer treten<br />
auf (u. a. Fitzroya cupressoides, Austrocedrus chilensis, Podocarpus<br />
nuhigenus, Dacrydium foncki, Araucaria araucana), allerdings<br />
nie dominant. Waldbildend sind Nothofagus-Arten<br />
(.Äbb. 181); die laubwerfende N. obliqua kann über 40 m<br />
hoch werden, <strong>und</strong> die immergrünen N. dombeyi, Eucryphia<br />
cordifolia <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e erreichen 35 bis 40 m (vgl. S. 292).<br />
Abb. 181.<br />
Nothofagus-Wald mit N. dombeyi<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Nolhofagus-<br />
Arten im Nationalpark Nahuelbuta<br />
mit großen Araukarien<br />
(Araucaria araucana)<br />
( p h o t . J . R e n z ) .<br />
5 Biome <strong>der</strong> E u c a ly p tu s -N o th o fa g u s -\ N ä \ d e r<br />
SE-Australiens <strong>und</strong> Tasmaniens<br />
Die feuchten tropisch-subtropischen immergrünen Wäl<strong>der</strong><br />
an <strong>der</strong> Ostküste Australiens, die sich auf nährstoffreichen<br />
meist vulkanischen Böden bis in das südliche New South<br />
Wales erstrecken, bestehen vorwiegend aus indomalaiischen<br />
Elementen, die <strong>der</strong> Australis fremd sind. Erst im südlichen<br />
Victoria <strong>und</strong> auf Tasmanien herrscht das australische Element<br />
mit <strong>der</strong> Gattung Eucalyptus vor. Zugleich mischen sich<br />
jedoch schon einige bedeutsame antarktische Elemente bei.<br />
Hier im feuchten Klima ohne Kältezeit (Abb. 182) erreichte
322 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
Adelaide (48 m)<br />
[74 - 92]<br />
17,3“ 534<br />
Melbourne (38 m)<br />
[76]<br />
14,7” 649<br />
Hobart (58 m)<br />
[61 - 88] 12,4” 608<br />
Abb. 182.<br />
Klimadiagramme aus dem Hartlaubgebiet<br />
S-Australiens <strong>und</strong><br />
dem warmtemperierten Gebiet<br />
Viktorias <strong>und</strong> Tasmaniens.<br />
Eucalyptus regnans eine Höhe bis 110 m (ältere Angaben von<br />
145 m sind nicht sicher nachprüfbar). Heule findet man<br />
Baumhöhen zwischen 75 <strong>und</strong> 95 m (Abb. 183). Fast ebenso<br />
hoch werden Eu. gigantea <strong>und</strong> Eu. obliqua. Die wichtigsten<br />
antarktischen Arten sind die immergrüne Nothofagus<br />
cunninghamii <strong>und</strong> <strong>der</strong> Baumfarn Dicksonia antárctica, auf Tasmanien<br />
auch noch eine Reihe an<strong>der</strong>er Arten. Die Zusammensetzung<br />
dieser Wäl<strong>der</strong> hängt von <strong>der</strong> Häufigkeit <strong>der</strong><br />
Waldbrände ab:<br />
1. In den feuchten Teilen des westlichen Tasmaniens, wo<br />
keine Waldbrände entstehen, entwickelt sich eine Baumschicht<br />
aus Nothofagus mit Atherosperma moschata (Monimiaceae)<br />
von 40 m Höhe <strong>und</strong> darunter eine 3 m hohe<br />
Schicht mit dem Baumfarn Dicksonia, <strong>der</strong> noch bei einer<br />
Beleuchtung von 1 % des Tageslichtes wachsen kann, ln<br />
diesen feuchten Wäl<strong>der</strong>n sind Hymenophyllaceen <strong>und</strong><br />
Moose als Epiphyten sehr verbreitet.<br />
2. Wie<strong>der</strong>holen sielt Waldbrände etwa alle 200 bis 350 Jahre,<br />
dann bilden sich Mischwäl<strong>der</strong>, die dreischichtig sind.<br />
Zu den obengenannten zwei Schichten kommt noch eine<br />
75 m (bis 90 m) hohe aus den drei größtoii Eucalyptus-Atten<br />
hinzu. Diese Schicht ist gleichaltrig, ein Zeichen, daß<br />
die Keimung <strong>der</strong> Bäume auf größeren Flächen nach einem<br />
Waldbrand erfolgt. Nach einem solchen Waldbrand<br />
wird zwar die Baumschicht aus Eucalyptus <strong>und</strong> Nothofagiu<br />
vernichtet, aber die Früchte öffnen sich, die unversehrten<br />
Samen fallen aus <strong>und</strong> keimen. Da Eucalyptus rascher<br />
wächst, überholt er Nothofagus, so daß sich zwei Baumschichten<br />
ausbilden. Die Baumfarne verlieren durch<br />
Brand ihre Blätter, aber bilden am Stammgipfel wie<strong>der</strong><br />
neue aus. Eine Verjüngung von Eucalyptus unter Nothojigus<br />
ist wegen Lichtmangel nicht möglich. Sie tritt etv<br />
wie<strong>der</strong> nach einem erneuten Brand ein.<br />
3. Kommen Waldbrände ein- bis zweimal im Jahrh<strong>und</strong>en<br />
vor, dann wird Nothofagus durch an<strong>der</strong>e rascherwüchsii;t<br />
niedrige Baumarten (Poma<strong>der</strong>ris, Olearia, Acacia) ersetzt.
4 , Nach Waldbränden alle 10 bis 20 Jahre<br />
entstehen reine niedrige Eucalyptus-Bestände.<br />
5 . Noch häufigere Brände verursachen<br />
eine Degradation <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>; es bildet<br />
sich eine offene Moorlandschaft mit<br />
dem „Knopfgras" Mesomelaena sphaerocephala<br />
(Cyperaceae) aus, in <strong>der</strong> Myrtaceen-Büsche<br />
eingestreut sind <strong>und</strong><br />
Drosera sowie Utricularia neben Restionaceen<br />
Vorkommen.<br />
Warmtemperierte Biome Neuseelands 323<br />
6 Warmtemperierte Biome<br />
Neuseelands<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Erwähnung verdienen die<br />
Wäl<strong>der</strong> Neuseelands. Obgleich die beiden<br />
Inseln relativ nahe zum australischen<br />
Kontinent liegen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> geologischen<br />
Vergangenheit wahrscheinlich eine direkte<br />
Verbindung bestand, muß sich diese<br />
gelöst haben, noch ehe sich die Flora <strong>der</strong><br />
Australis entwickelt hatte. Auf Neuseeland gibt es keine einzige<br />
einheimische Eucalyptus- o<strong>der</strong> Acacia-An. Auch die Proteaceen<br />
sind nur durch zwei Arten vertreten.<br />
Im Norden <strong>der</strong> Nordinsel findet man noch subtropische<br />
Wäl<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Conifere Agathis australis <strong>und</strong> Palmen; selbst<br />
Mangroven aus niedrigen Avkenma-Büsch.en wachsen an<br />
<strong>der</strong> Küste. Die Arten <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> sind melanesische Elemente<br />
<strong>der</strong> Paläotropis.<br />
Wäl<strong>der</strong> mit diesem Charakter greifen selbst auf die Südinsel<br />
über, obgleich das Klima dort ausgesprochen gemäßigt<br />
ist, aber nur in niedrigen Lagen ohne kalte Winterzeit. Eine<br />
große Rolle spielen die auf <strong>der</strong> ganzen Südhemisphäre verbreiteten<br />
Coniferengattungen Podocarpus <strong>und</strong> Dacrydium. Zugleich<br />
ist jedoch das antarktische Element mit fünf immergrünen<br />
Nothofagus-Arten in den Wäl<strong>der</strong>n nicht nur auf <strong>der</strong><br />
Südinsel von großer Bedeutung, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> Nordinsel.<br />
Diese sich gegenseitig ausschließenden Waldtypen sind<br />
mosaikartig angeordnet, ohne daß man die Verbreitung eindeutig<br />
klimatisch o<strong>der</strong> ökologisch erklären kann. Man gewinnt<br />
den Eindruck, daß die Pflanzendecke sich nicht mit <strong>der</strong><br />
heutigen Umwelt im Gleichgewicht befindet, son<strong>der</strong>n daß<br />
historische Faktoren eine sehr große Rolle spielen. Die Nordinsel<br />
wurde vor 1700 Jahren mit einer mächtigen Schicht<br />
von heißer vulkanischer Asche bedeckt. Als Pioniere traten<br />
A b b . 183.<br />
Eucalyptus regnam-Hochwald<br />
bei Healesvüle, nördlich von<br />
Melbourne (Victoria), im Unterwuchs<br />
mit mächtigen Baumfarnen<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .
324 Zonobiom <strong>der</strong> Lorbeerwäl<strong>der</strong><br />
zuerst die durch Vögel verbreiteten Podocarpaceen auf. s<br />
werden langsam durch die Wäl<strong>der</strong> mit tropischen Eleinentt<br />
verdrängt, im Gebirge zum Teil auch durch Nothofagus-Vii].<br />
<strong>der</strong>. Die Südinsel war im Pleistozän von großen Gletscher:<br />
bedeckt, so daß auch dort die Wie<strong>der</strong>besiedlung noch im<br />
Gange ist, zumal Nothofagus sich nur langsam ausbreilet.<br />
Im extrem feuchten südwestlichen Fjordland mit übe-<br />
6000 mm Regen entsprechen die Nothofagus-Vi/älde]: schi ■<br />
ganz den südchilenischen. Eine Beson<strong>der</strong>heit sind hier die an<br />
Lawinen erinnernden W aldsturzstreifen, die jedoch niitu-i<br />
im Wald an Steilhängen beginnen <strong>und</strong> 2 bis 6 m breit sint<br />
Wenn das Gewicht des an Felswänden wachsenden Baumbe-<br />
Standes zu groß wird, erfolgt durch die Schwerkraft eine Abtragung<br />
<strong>der</strong> gesamten <strong>Vegetation</strong>sschicht mit dem Wurzelwerk<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bodenschicht. Der zurückbleibende nackte Fels<br />
wird wie<strong>der</strong> mit Flechten, Moosen <strong>und</strong> Farngewächsen besiedelt,<br />
bis sich Strauchwerk <strong>und</strong> schließlich ein BaumU<br />
stand entwickelt, worauf ein erneuter Absturz erfolgt.<br />
Eine schwere Gefahr für die Wäl<strong>der</strong> auf Neuseeland, wo<br />
ursprünglich außer Fle<strong>der</strong>mäusen keine Säugetierart vorhanden<br />
war, bedeuten die ausgesetzten europäischen Rothirsche,<br />
<strong>der</strong>en Vermehrung sich je<strong>der</strong> Kontrolle entzieh:<br />
<strong>und</strong> die eine Verjüngung <strong>der</strong> oft unzugänglichen Nothofaguy<br />
Wäl<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>n, wodurch im Gebirge sehr große Schäden<br />
durch Bodenerosion <strong>und</strong> Hochwasser entstehen. Ebenso<br />
gefährlich ist das als Pelztier eingeführte australische<br />
Opossum (Kuzu), das sich auf eine Baumart spezialisiert hat<br />
die die Baumgrenze bildet, diese völlig entblättert <strong>und</strong> zum<br />
Absterben bringt, was ebenfalls die Gefahr <strong>der</strong> Bodenerosion<br />
an den Steilhängen mit irreversiblen Schäden erhöht.<br />
Neuseeland ist ein Beispiel dafür, wie g
1<br />
VI Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen<br />
Laubwäl<strong>der</strong> (ZB des gemäßigten<br />
nemoralen Klimas)<br />
lO<br />
B<br />
1 Laubabwurf als Anpassung an die Winterkälte<br />
Eine gemäßigte Klimazone mit einer deutlichen, aber nicht<br />
zu langen kalten Jahreszeit (vgl. Abb. 184) ist nur auf <strong>der</strong><br />
N'ordhemisphäre ausgebildet. Sie fehlt <strong>der</strong> südlichen Halbkugel<br />
mit Ausnahme von bestimmten Gebirgslagen <strong>der</strong> südlichsten<br />
Anden <strong>und</strong> Neuseelands. Wir hatten fakultativ<br />
laubabwerfende Baumarten in den Tropen kennengelernt,<br />
<strong>der</strong>en Blätter bei gestörter Wasserbilanz während einer längeren<br />
Dürrezeit abfallen, wodurch die Wasserverluste <strong>der</strong><br />
Bäume verringert werden (s. S. 161f.).<br />
Der auslösende Faktor, <strong>der</strong> das Vergilben des Laubes im<br />
Herbst, vor den ersten Frösten verursacht, ist meist nicht genauer<br />
bekannt. Es dürfte zum Teil die Verkürzung <strong>der</strong> Tageslänge<br />
sein. Auffallen<strong>der</strong>weise vollzieht sich die Laubverfärbung<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Baumarten in einer relativ kurzen<br />
Zeitspanne. Nach dem phänologischen Kalen<strong>der</strong> ist das Vergilben<br />
in Mitteleuropa zwischen dem 10. <strong>und</strong> 20. Oktober<br />
Valence (126 m)<br />
12,3° 904<br />
Lugano (276 m)<br />
12,0° 1725<br />
A b b . 184.<br />
Klimadiagramme aus <strong>der</strong> submediterranen<br />
Zone (noch keine<br />
Kältezeit) (links), aus <strong>der</strong> warmen<br />
<strong>und</strong> feuchten Laubwaldzone<br />
(Mitte) sowie <strong>der</strong> mitteleuropäischen<br />
Buchenwaldzone<br />
(rechts).<br />
Luxembourg (362 m)<br />
9,4° 739<br />
[100]<br />
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326 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
^ Im Zonobiom VI, dem<br />
Zonobiom <strong>der</strong> gemäßigten<br />
Laubwäl<strong>der</strong>, stellt <strong>der</strong><br />
Blattabwurf eine Anpassung<br />
an eine kalte Jahreszeit<br />
dar. Er ist jedoch<br />
nicht fakultativ, son<strong>der</strong>n<br />
obligat, tritt also auch<br />
dann ein, wenn man die<br />
Baumpflanzen in einem<br />
Gewächshaus vor <strong>der</strong><br />
Winterkälte schützt.<br />
festzustellen, wobei kein scharfer Unterschied zwischen Orten<br />
im Westen <strong>und</strong> im Osten, ebenso nicht zwischen tielen<br />
<strong>und</strong> hohen Gebirgslagen zu erkennen ist. Bäume in <strong>der</strong><br />
Nähe von Straßenlaternen bleiben länger grün.<br />
Das immergrüne Laubblatt ist we<strong>der</strong> resistent gegen Kälte<br />
noch gegen Frosttrocknis, also länger anhaltende Temperaturen<br />
unter 0 °C. Prunus laurocerasus (Kirschlorbeer) friert<br />
in Mitteleuropa in Gärten <strong>und</strong> Parks bei strenger Kälte immer<br />
wie<strong>der</strong> zurück. Schon bei mäßigem Frost zeigen die<br />
Blätter bei Licht eine COj-Ausscheiduttg, das heißt die Atmung<br />
geht weiter, aber die Photosynthese wird blockien.<br />
Ilex aquifolium (Stechpalme) besitzt eine atlantische Verbreitung.<br />
He<strong>der</strong>á hélix (Efeu) ist eine subatlantische, immergrüne<br />
Art, die die östlichen kontinentalen Gebiete mit kalten Wintern<br />
meidet. Dasselbe gilt für die Ginsterarten Ulex <strong>und</strong> Sarcthamnus.<br />
Die immergrünen Alpenrosen (Rhododendron) <strong>und</strong><br />
die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) halten in Mitteleuropa<br />
nur unter Schneeschutz die Winterkälte aus.<br />
Der Abwurf <strong>der</strong> dünnen, sommergrünen Blätter im Winter<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Knospen vor Wasserverlusten bedeuten<br />
gegenüber dem Erfrieren von dicken immergrünen Blättern<br />
eine Stoffersparnis. Voraussetzung ist allerdings, daß die<br />
im Frühjahr neugebildeten Blätter eine genügend lange <strong>und</strong><br />
warme Sommerzeit von mindestens vier Monaten zur Verfügung<br />
haben, um das Wachstum <strong>und</strong> das Ausreifen <strong>der</strong> verholzenden<br />
Achsenorgane <strong>und</strong> die Anlage von Stoffreserven<br />
für das Fruchten <strong>und</strong> für den Austrieb im nächsten Jahr zu<br />
gewährleisten. Aber auch im blattlosen Zustand verlieren<br />
die Zweige im Winter Wasser <strong>und</strong> zwar bei den verschiedenen<br />
Laubholzarten in verschiedenem Ausmaße. Die mitteleuropäische<br />
Buche meidet deshalb die Zowg: <strong>der</strong> kalten osteuropäischen<br />
Winter. Die Eiche dagegen erreicht sogar den<br />
Ural. Im extrem kontinentalen Sibirien fehlen Laubbäume<br />
bis auf die kleinblättrigen Birken (Betula) <strong>und</strong> Zitterpappel<br />
(Populus trémula) sowie die Eberesche (Sorbus aucuparia) mit<br />
ihren kleinen Fie<strong>der</strong>blättchen.<br />
Sind die Sommer zu kurz <strong>und</strong> zu kühl, so treten an die<br />
Stelle <strong>der</strong> Laubbäume die immergrünen Nadelhölzer. Ihre<br />
xeromorphen Nadeln erlangen im Winter eine höhere Kälteresistenz<br />
<strong>und</strong> sind bei Eintritt <strong>der</strong> warmen Witterung im<br />
Frühjahr wie<strong>der</strong> produktionsfähig. Die kurze <strong>Vegetation</strong>szcit<br />
wird dadurch besser ausgenutzt. Während Laubbäume eine<br />
Dauer <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit mit Tagesmitteln über 10 °C von<br />
mindestens 120 Tagen verlangen, kommen Nadelbäume bereits<br />
mit 30 Tagen aus. Aber auch bei ihnen ist die Resistenz<br />
<strong>der</strong> einzelnen Arten verschieden. Die Eibe (Taxus) geht in
Europa nicht weiter nach Osten als <strong>der</strong> Efeu. Pinus sylvestris<br />
(Kiefer) <strong>und</strong> Picea abies (Fichte) sind sehr resistent. Abies sibirica<br />
<strong>und</strong> Pinus sibirica (P. cembra) halten in Sibirien durch,<br />
aber am weitesten in die kontinentale Arktis (bis 72° 40' N)<br />
stößt <strong>der</strong> sommergrüne Nadelbaum, die Lärche (Larix dahurica)<br />
vor, die im kurzen Sommer eine sehr hohe Produktionskraft<br />
besitzt. Wir sehen somit, daß je nach den äußeren<br />
Verhältnissen <strong>und</strong> nach den ökophysiologischen Eigenschaften<br />
<strong>der</strong> Arten bald diejenigen mit immergrünen Assimilationsorganen,<br />
bald jene mit kurzlebigen sommergrünen im<br />
Wettbewerb besser abschneiden <strong>und</strong> zur Vorherrschaft gelangen<br />
(vgl. dazu ZB II, S. I84f.).<br />
2 Bedeutung <strong>der</strong> Winterkälte für die Arten<br />
<strong>der</strong> nemoralen Zone<br />
Im Zonobiom VI spielt, wie wir gesehen haben, die Winterkälte,<br />
auch wenn sie meist nur kurz ist, eine wichtige Rolle<br />
bei <strong>der</strong> Anpassung <strong>der</strong> Arten. Die Schäden, die in kalten<br />
Wintern auftreten, können zweierlei Ursachen haben:<br />
1. Es sind direkte Kälteschäden, die mit dem Gefrieren des<br />
Wassers in den Geweben Zusammenhängen; man spricht<br />
dann von Frostschäden.<br />
2. Es tritt ein Vertrocknen <strong>der</strong> oberirdischen Organe ein, die<br />
eine gewisse Transpiration auch bei tiefen Temperaturen<br />
aufweisen <strong>und</strong> die Wasserverluste aus dem gefrorenen<br />
Boden infolge Blockierung <strong>der</strong> Leitbahnen durch Eis<br />
nicht zu decken vermögen. Es handelt sich also in diesem<br />
Fall um F ro sttro cknis.<br />
Gegen die Einwirkung von tiefen Temperaturen gibt es für<br />
die Pflanzen keinen Schutz. Ihre Temperatur gleicht sich <strong>der</strong><br />
jeweiligen Lufttemperatur an. Die einzige Anpassung, um<br />
die Schäden durch tiefe Temperaturen zu verhin<strong>der</strong>n, ist die<br />
Abhärtung. Prüft man die Kälteresistenz von Pflanzenteilen<br />
imSommer, indem man sie im Gefrierschrank verschiedenen<br />
Temperaturen unter 0 °C zum Beispiel zwei St<strong>und</strong>en<br />
aussetzt, so zeigt es sich, daß bereits geringe Frosttemperaturen<br />
genügen, um irreversible Schäden hervorzurufen.<br />
Dieselben Pflanzenteile halten dagegen im Winter die Einwirkung<br />
von viel tieferen Temperaturen ohne Schädigung<br />
aus, weil sie abgehärtet sind. Die A b h ä rtu n g ist ein physiologischer<br />
Vorgang, <strong>der</strong> sich im Herbst vollzieht, wenn die ersten<br />
kalten Nächte beginnen. Er wird im warmen Frühjahr<br />
durch den entgegengesetzten Vorgang <strong>der</strong> E n th ä rtu n g abgelöst.<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Winterkälte für die Arten <strong>der</strong> nemoralen Zone 327
328 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Die Abhärtung ist mit bestimmten physikalisch-chemischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen im Protoplasma verb<strong>und</strong>en. Die Stabilität<br />
<strong>der</strong> Membranen (zum Beispiel durch zusätzlich!.<br />
Schwefelbrücken (-S-S-)) nimmt zu, ebenso die Viskosita:<br />
des Plasmas. Man erkennt es daran, daß beim Plasmolysicren<br />
an Stelle <strong>der</strong> Konvex- eine Konkavplasmolyse eintriti.<br />
Diese Verän<strong>der</strong>ung wird durch einen plötzlichen Anstieg <strong>der</strong><br />
Zellsaftkonzentration um bis zu 1 MPa infolge einer Zunahme<br />
<strong>der</strong> Zuckerkonzentration begleitet. Im abgehärteten Zustand<br />
ist das Protoplasma weitgehend inaktiviert. Die Kälteresistenz<br />
kann sich bei den überwinternden Knospen<br />
unserer Laubbäume von -5 °C im Herbst bis auf über -25 h<br />
ja selbst -35 °C im Januar bis Februar erhöhen. Die Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Kälteresistenz ist in kalten Wintern größer als in<br />
milden, bei verwandten Arten einer Gattung uni so größer<br />
je weiter eine Art in das kontinentale Gebiet vorstößt.<br />
Die Abhärtung ist ein sehr komplizierter Vorgang, <strong>der</strong> in<br />
mehreren Stufen verläuft. Die erste, die zu einem gewissen<br />
Ruhestand führt, wird im Herbst durch die kürzere Tageslänge<br />
eingeleitet. Eine weitere Abhärtung erfolgt, wenn die<br />
Temperatur auf wenige Grade über 0 °C absinkt. Die stärkste<br />
Abhärtung stellt man bei Arten fest, die schon sehr tiefen<br />
Temperaturen ausgesetzt waren, also nach Auftreten <strong>der</strong> ersten<br />
starken Fröste. Wenn man abgehärtete Pflanzenteile<br />
plötzlich extrem stark abkühlt, so daß eine Verglasung des<br />
Protoplasmas eintritt (ohne Eiskristallbildung), gelingt sogar<br />
ein Einfrieren im flüssigen Stickstoff (bei -190 °C), ja sogar<br />
bei -238 °C. Man muß allerdings die Erwärmung in mehreren<br />
Stufen bis zum Auftauen durchführen, so daß nachträglich<br />
keine plasmaschädigende Eiskristallbildung eintritt.<br />
Dann bleiben die abhärtungsfähigen Arteai <strong>der</strong> kalten <strong>Klimazonen</strong><br />
am Leben. In Ostsibirien um den Kältepol henin:<br />
ist die Waldvegetation normalerweise im Winter Temperaturen<br />
von -60 °C o<strong>der</strong> tiefer ausgesetzt. Tropische Arten <strong>und</strong><br />
selbst die des ZB IV o<strong>der</strong> V lassen sich nicht abhärten.<br />
Die Abhärtung verhin<strong>der</strong>t im allgemeinen Frostschäden<br />
an einheimischen Bäumen selbst in strengen Wintern,<br />
während angepflanzte Exoten aus wärmeren Heimatgebieten<br />
ohne Abhärtungsfähigkeit solche oft erleiden. Frostschäden<br />
treten aber auf, wenn Frühfröste einsetzen, bevor die<br />
Pflanzen abgehärtet sind, o<strong>der</strong> ein Spätfrost eintritt, nachdem<br />
die Enthärtung bereits erfolgte. Häufig sieht man Spätfrostschäden<br />
an jungem ausgetriebenem Laub, das gegen Fröste<br />
sehr empfindlich ist. Auch Kambiumschäden durch Spätfrost<br />
kommen vor, wenn die Bäume bereits „im Saft" sind, das<br />
Plasma sich also schon im aktiven Zustand befindet.
Die Ostgrenze des Buchenareals ist wohl durch häufige<br />
Spätfrostschäden, die die Wettbewerbsfähigkeit min<strong>der</strong>n,<br />
bedingt. Für die Kräuter des Waldes läßt sich ebenfalls eine<br />
Zunahme <strong>der</strong> Kälteresistenz im Winter durch Abhärtung<br />
(csistellen. Sie sind allerdings unter einer Streu- <strong>und</strong><br />
Schneedecke nicht so tiefen Temperaturen ausgesetzt. In<br />
Übereinstimmung damit steigt die Kälteresistenz (zum Beispiel<br />
von Anemone hepática) selbst bei den immergrünen<br />
Blättern nur bis -15 °C, bei den besser geschützten Blütenknospen<br />
bis -10 °C <strong>und</strong> bei den Rhizomen nur bis -7,5 °C.<br />
Schwieriger ist die Feststellung von Schäden durch die<br />
Frosttrocknis. Durch den Abwurf <strong>der</strong> stark transpirierenden<br />
Blätter, den Schutz <strong>der</strong> Knospen durch harte Knospenschuppen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Zweige durch Korkschichten werden<br />
größere Wasserverluste bei Laubbäumen im Winter vermieden.<br />
Trotzdem läßt sich eine gewisse Transpiration <strong>der</strong> unbelaubten<br />
Zweige im Winter nachweisen; sie ist höher als bei<br />
den immergrünen Nadelhölzern, bei den Laubholzarten mit<br />
südlicher Verbreitung höher als bei solchen, die weiter im<br />
Norden verkommen. Diese Transpirationsverluste werden<br />
kritisch, wenn im Frühjahr die Intensität <strong>der</strong> Einstrahlung<br />
zunimmt <strong>und</strong> die Lufttemperatur ansteigt, aber <strong>der</strong> Boden<br />
noch fest gefroren ist. Es kann dann zu einem Vertrocknen<br />
von Knospen <strong>und</strong> Zweigen kommen. Beson<strong>der</strong>s empfindlich<br />
sind in dieser Flinsicht immergrüne Arten, wie die Stechpalme<br />
(Ilex) o<strong>der</strong> Rutensträucher wie die Ginsterarten.<br />
Im allgemeinen treten Frostschäden während <strong>der</strong> kältesten<br />
Jahreszeit ein, Frosttrocknisschäden dagegen in <strong>der</strong><br />
Übergangszeit zum Frühjahr <strong>und</strong> an warmen Südhängen.<br />
.Man darf sie nicht mit Spätfrostschäden verwechseln.<br />
Ausdehnung des Zonobioms VI 329<br />
3 Ausdehnung des Zonobioms VI<br />
Das Klima des ZB VI mit einer warmen <strong>Vegetation</strong>szeit von<br />
vier bis sechs Monaten, in denen genügend Regen fällt <strong>und</strong><br />
einer nicht zu langen <strong>und</strong> nicht extrem kalten Winterzeit<br />
von drei bis vier Monaten ist für die laubabwerfenden<br />
Baumarten <strong>der</strong> gemäßigten Klimazone beson<strong>der</strong>s geeignet.<br />
Diese Bäume meiden die extrem maritimen, wie auch die<br />
extrem kontinentalen Gebiete. Wir sprechen von <strong>der</strong> nemoraien<br />
Zone. Ein solches Klima mit einem Nie<strong>der</strong>schlagsmaximum<br />
im Sommer findet man auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre im<br />
Osten von N-Amerika <strong>und</strong> in E-Asien zwischen den warmtemperierten<br />
<strong>und</strong> den kalten o<strong>der</strong> ariden gemäßigten <strong>Klimazonen</strong>.<br />
In West- <strong>und</strong> Mitteleitropa ist es die Region nördlich<br />
<strong>der</strong> mediterranen Zone, wo unter dem Einfluß des
330 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Golfstromes die Winterregen durch gleichmäßig verleiht<br />
Nie<strong>der</strong>schläge bzw. solche mit Sommermaximum abgeltis:<br />
werden <strong>und</strong> die kalte Jahreszeit relativ kurz ist.<br />
Das mediterrane Winterregengebiet mit einer Hartlaubvegetation<br />
erstreckt sich sehr weit von Westen nach Osten<br />
<strong>und</strong> geht nach Norden in sehr verschiedene <strong>Vegetation</strong>szcnen<br />
über. In dem sehr maritimen Gebiet in Südwest- unc<br />
Südspanien (zum Beispiel bei Gibraltar) findet man nao.<br />
Rhododendron ponticum, im Unterwuchs den Farn Woodward:.<br />
<strong>und</strong> Drosophyllum, Elemente <strong>der</strong> immergrünen warmtemptrierten<br />
Lorbeerwäl<strong>der</strong>. Diese <strong>Vegetation</strong> geht jedoch in Ibt--<br />
rien in die atlantischen Heiden über, die sich im Küstengebiet<br />
bis nach Skandinavien hinein ziehen (Abb. 185). Si.<br />
werden ganz im Norden von Birkenwäl<strong>der</strong>n abgelöst.^ichtige<br />
Lorbeerwäl<strong>der</strong> findet man nur auf <strong>der</strong> feuchten LuvsÄ',<br />
<strong>der</strong> Kanarischen Inseln (Teneriffa) als Nebelwald o<strong>der</strong> in<br />
dem sehr ähnlichen Zonoökoton IV/V in Nordanatolien.<br />
Weiter östlich ist zwischen die mediterrane <strong>und</strong> nemorale<br />
Zone eine submediterrane Zone eingeschaltet. In ihr herrschen<br />
noch Winterregen vor, aber die Sommerdürre ist nicht<br />
mehr ausgeprägt <strong>und</strong> Fröste treten in allen Wintermonau<br />
regelmäßig auf (Abb. 184, Valence).<br />
A b b . 185.<br />
Karte West-Europas mit Angabe<br />
<strong>der</strong> Heidegebiete (aus H ü p p h<br />
1993).
Nordöstlich <strong>der</strong> submediterranen Zone schließt in Süd-<br />
.isteuropa die Steppenzone an, die erst weiter nördlich von<br />
.Väl<strong>der</strong>n verschiedener Art abgelöst wird. In Vor<strong>der</strong>asien<br />
-dtließlich leitet die mediterrane Hartlaubzone zu den meüierranen<br />
Steppen <strong>und</strong> Halbwüsten über.<br />
4 Atlantische Heidegebiete<br />
Die atlantischen Heidegebiete (Abb. 185) sind fast stets Degradationsstadien<br />
von Laubwäl<strong>der</strong>n. Die Vernichtung <strong>der</strong><br />
Wäl<strong>der</strong> in diesem Gebiet reicht in die prähistorische Zeit<br />
zurück; sie ist heute so vollständig, daß man die Heiden lanit<br />
Zeit für die zonale <strong>Vegetation</strong> hielt. Die historische Ent-<br />
.vicklung läßt sich in Pollendiagrammen gut verfolgen (Abb.<br />
186). Einhergehend mit <strong>der</strong> Rodung nahm zunächst die Vermoorung<br />
zu, sehr bald trat Calluna großflächig auf, parallel<br />
mit Holzkohleresten <strong>der</strong> Brandrodungen.<br />
Die Böden in diesem Gebiet sind äußerst arm <strong>und</strong> sauer<br />
<strong>und</strong> man nahm an, daß sie als Folge des humiden Klimas auf<br />
naüirliche Weise ausgelaugt wurden <strong>und</strong> nur eine ärmliche<br />
Heidevegetation tragen können. Aber es gilt in diesem Falle<br />
dasselbe, was wir hinsichtlich des ebenfalls sehr humiden<br />
tropischen Regenwaldes ausführten (s. S. 138). Solange die<br />
latiirliche Waldvegetation nicht angetastet wird, findet eine<br />
Auswaschung <strong>der</strong> Nährstoffe aus dem Biogeozön nicht statt;<br />
Jet Nährstoffvorrat bleibt zum größten Teil in <strong>der</strong> oberirdi-<br />
•chen Phytomasse gespeichert. Sobald jedoch <strong>der</strong> Wald geiiidet<br />
<strong>und</strong> gebrannt wird, geht <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> nunmehr<br />
nineralisierten Nährstoffe verloren <strong>und</strong> es bleibt nur <strong>der</strong><br />
rrnie Boden. Wird die Heidevegetation anschließend ge-<br />
Atlantische Heidegebiete 331<br />
_ ln <strong>der</strong> submediterranen<br />
Zone fehlen die immergrünen<br />
Holzarten bis S<br />
auf B u x u s . Die Baumarten^<br />
wie Flaumeiche ( Q u e r c u s ^ ><br />
p u b e s c e n s ) , Manna-Esche<br />
( F r a x i n u s o r n u s ) , Französi<br />
scher Ahorn ( A c e r m o n - x \ .<br />
s p e s s u l a n u m ) , Hopfenbu- ><br />
che ( O s t r y a c a r p i n i f o l i a )<br />
o<strong>der</strong> die häufig kultivierte<br />
Echte Kastanie ( C a s t a n e a<br />
s a t i v a ) sind alle laubabwerfend,<br />
daher zählt man<br />
diese Zone zur gemäßigten<br />
Laubwaldzone <strong>und</strong><br />
nicht zu <strong>der</strong> mediterranen.<br />
Man kann sie als<br />
Zonoökoton IVA/I bezeichnen.<br />
-yt2onte Baumpollen Calluna Ru<strong>der</strong>al Poac. Cyperac. Sphagnum Holzkohlenstaub<br />
Abb. 186.<br />
Entwicklung <strong>der</strong> Heide im Postglazial,<br />
ablesbar anhand eines<br />
vereinfachten Pollendiagramms<br />
aus dem Hochmoor (aus Hüppe<br />
1993).
332 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 187.<br />
Hypothetisches Schema <strong>der</strong> heutigen<br />
Regenerationsstadien <strong>und</strong><br />
Walddynamik <strong>der</strong> Lüneburger<br />
Heide auf nährstoffarmen<br />
Sanden hei unterschiedlichen<br />
menschlichen Eingriffen (nach<br />
L e u s c h n e r 1993). Durch hohe<br />
Wilddichten gehemmte Prozesse<br />
sind mit gestrichelter Linie gezeichnet,<br />
solche bei fragmentierter<br />
Waldbedeckung punktiert gestrichelt.<br />
nutzt o<strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> gebrannt, so kann die hier schon<br />
schwierige Wie<strong>der</strong>bewaldung nicht erfolgen. Man kennt unbesiedelte<br />
sehr extrem ozeanische Klimagebiete mit ähnlichen<br />
Temperaturverhältnissen <strong>und</strong> sogar <strong>der</strong> doppelten bn<br />
vierfachen Nie<strong>der</strong>schlagsmenge an <strong>der</strong> pazifischen Küste<br />
von NW-Nordamerika, im Südwesten von S-Amerika, auf<br />
Tasmanien <strong>und</strong> auf Neuseeland, wo die unberührten Wäl<strong>der</strong><br />
in großer Üppigkeit wachsen <strong>und</strong> keinerlei Anzeichen einer<br />
Degradation durch ein Auswaschen <strong>der</strong> Nährstoffe zeigen.<br />
Wie die ursprünglichen Wäl<strong>der</strong> in W-Europa zusammengesetzt<br />
waren, ist nicht leicht zu sagen. Es dürften Eichen<br />
(Quercus petraea <strong>und</strong> Qu. robur) die Hauptrolle gespielt haben,<br />
im Norden auch Birken (Betula): dazu kam als immergrüne<br />
Art Ilex aquifolium. Die Heide (Calluna) war früher als Unter<br />
wuchs in diesen Wäl<strong>der</strong>n vorhanden <strong>und</strong> bildete nur an<br />
lichten Stellen auf flachgründigen o<strong>der</strong> torfigen Böden<br />
selbständige Gesellschaften. Nach <strong>der</strong> Vernichtung <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong><br />
hat sie dann Besitz von <strong>der</strong> Gesamtfläche ergriffen. Die<br />
Regeneration <strong>der</strong> Waldformationen nach Aufhören <strong>der</strong> Beweidung<br />
<strong>und</strong> des Plaggenhiebs (dabei werden die oberen<br />
10 cm <strong>der</strong> Rohhumusauflage in viereckigen Stücken abgt-<br />
Corynephorus<br />
nackter Boden<br />
Regeneration<br />
ln kleinen<br />
Baumfalllücken<br />
Aus Stümpfen,<br />
bei selektiver<br />
Forstwirtschaft<br />
I In großen Lücken,<br />
Kahlschlägen.<br />
I Waldbrandflächen
Atlantische Heidegebiete 333<br />
Regeneration<br />
In kleinen<br />
Baumfalllücken<br />
In großen Lücken,<br />
Kahlschlägen,<br />
Waldbrandflächen<br />
Stochen, im Stall als Streu verwendet <strong>und</strong> dann als Stallmist<br />
zur Düngung auf den Acker gebracht) verläuft je nach<br />
Flächenausstattung unterschiedlich. Darauf hat Leuschner<br />
(1993) hingewiesen (Abb. 187) <strong>und</strong> hat die entsprechenden<br />
Verjüngungsstadien mit den ursprünglich vor <strong>der</strong> Heidebildiing<br />
maßgeblichen rekonstruiert (Abb. 188). Angegeben<br />
sind auch die Faktoren, die für die Regeneration <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong><br />
auf den Heideflächen <strong>und</strong> umgekehrt zum Erhalt <strong>der</strong> Heide<br />
führen.<br />
Im südlichen Teil dieser Küstenzone spielen Ginsterarten<br />
(Ukx-, Sarothamnus- <strong>und</strong> Genista-knan) die Hauptrolle, dazu<br />
kommen verschiedene Erica-knun. Im mittleren Teil treten<br />
die Ginsterarten mehr zurück; es bleiben Ukx europaeus, Sarothamnus<br />
scoparius tmd Genista anglica als wichtigste Vertreter<br />
übrig; dafür treten mengenmäßig die Ericaceen stärker<br />
hervor, neben Erica cinerea <strong>und</strong> E. tetralix vor allem das Heidekraut<br />
(Calluna vulgaris). Im Norden dominieren Empetrum,<br />
Vaccinium, Phyllodoce <strong>und</strong> Cassiope.<br />
Auf die Ci!//M«fl-Heiden entfallen in Schottland 1/4 bis 1/2<br />
<strong>der</strong> Gesamtfläche; <strong>der</strong> Bodentypus sind Eisenpodsoje mit einem<br />
häufig als Ortstein ausgebildeten harten B-Horizont.<br />
Die Heide wird periodisch abgebrannt. Calluna vulgaris ist die<br />
Abb. 188.<br />
Hypothetisches Schema <strong>der</strong> Regenerationsstadien<br />
<strong>und</strong> Walddynamik<br />
<strong>der</strong> Lüneburger Heide unter<br />
natürlichen Bedingungen vor<br />
<strong>der</strong> Waldzerstörung (ca. 800 v.<br />
ehr.) (nach Leuschner 1993).
334 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
absolut dominierende Art, Es ist ein Zwergstrauch, <strong>der</strong> etwa<br />
50 cm hoch wird, einen dichten Wurzelfilz in den ober«:<br />
10 cm des Bodens bildet, wobei einzelne Wurzeln 75 bi<br />
80 cm tief bis zum Ortstein hinuntergehen. Die sehr kleinei<br />
Blätter von Calluna sitzen dicht an Kurzsprosseii, von dener<br />
ein großer Teil im Herbst abgeworfen wird, wodurch die Gefährdung<br />
durch Frosttrocknis während <strong>der</strong> Kälteperioden<br />
reduziert wird. Die jährliche Streuproduktion in einem dichten<br />
Bestand beträgt 421 kg pro Hektar. Erfolgt das Abbrennen<br />
alle 30 Jahre, so lassen sich drei Phasen (jede lOjährii;<br />
<strong>der</strong> Bestandsentwicklung unterscheiden:<br />
1. die Aufbauphase <strong>der</strong> Zwergstrauchschicht nach dem<br />
Brande; ein Teil <strong>der</strong> Nährstoffe wird in <strong>der</strong> Streu festge<br />
legt,<br />
2. die Reifephase mit zunehmen<strong>der</strong> Streuproduktion, aber<br />
einem sich verringernden Zuwachs <strong>der</strong> Phytomasse,<br />
3. die Degenerationsphase, in <strong>der</strong> die Streuproduktion konstant<br />
bleibt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Streuabbau ansteigt, bis ein Gleichgewichtszustand<br />
erreicht wird. Nach 35 Jahren beträgt<br />
die stehende Phytomasse 24 000 kg pro ha <strong>und</strong> die Streumenge<br />
17 000 kg pro ha.<br />
Meist wartet man die Degenerationsphase nicht ab, son<strong>der</strong>n<br />
brennt bereits nach 8 bis 15 Jahren die Heide nie<strong>der</strong>. In diesem<br />
humiden Gebiet werden die Brände nur durch <strong>der</strong>,<br />
Menschen verursacht. Natürliche Brände durch Blitzschlag<br />
kamen in den ursprünglichen Wäl<strong>der</strong>n kaum vor, deshali<br />
findet ohne menschliche Eingriffe keine Degradation de'<br />
Waldes statt. Von <strong>der</strong> Heide zum Moor gibt es alle Übergänge.<br />
Wir führen vier Stadien einer zunehmenden Vernässung<br />
an, wobei in jedem die Arten nach <strong>der</strong>«c\bnehmenden Menge<br />
genannt werden:<br />
1. Erica cinerea - Calluna vulgaris - Deschampsia flexuosa - Vaccinium<br />
myrtillus,<br />
2. Calluna vulgaris - Erica tetralix - Juncus squarrosus,<br />
3. Erica tetralix - Molinia caerulea - Nardus stricta - Calluna vulgaris<br />
- Narthecium ossifragum,<br />
4. Erica tetralix - Trichophorum caespitosum - Eriophorum vajinatum<br />
- Myrica gak - Carex echinata.<br />
ln Schottland wird die Heide für die Jagd <strong>und</strong> als extensive<br />
Schafweide genutzt, wobei man für ein Schaf 1,2 bis 2,8 ha<br />
an Weidefläche rechnet. Durch die Beweidung <strong>und</strong> durch<br />
den heute aus <strong>der</strong> Atmosphäre kommenden anthropogener<br />
Stickstoffeintrag ist das Wachstum <strong>der</strong> Gräser stärker geför<strong>der</strong>t.<br />
Aber auch schon früher gab es in den Heiden einer
Atlantische Heidegebiete 335<br />
Calluna vulgaris Abb. 189.<br />
Möglicher zyklischer Wechsel in<br />
<strong>der</strong> Dominanz zwischen Calluna<br />
<strong>und</strong> Avenella auf nie<strong>der</strong>ländischen<br />
Heideflächen (nach<br />
K a k a g m a n n & F a n t a 1993).<br />
Zyklus zwischen einer Calluna- <strong>und</strong> einer Avendla-?hasc<br />
(Vgl, Abb. 189).<br />
In <strong>der</strong> Lüneburger Heide, die auch rein anthropogenen<br />
Ursprungs ist, wurde früher Ackerbau (Buchweizenanbau)<br />
getrieben; dabei wurde die Heide abgeplaggt. Der Plaggenhieb<br />
verhin<strong>der</strong>te die Wie<strong>der</strong>bewaldung. Heute, nachdem die<br />
Heide nicht mehr genutzt wird, bewaldet sie sich durch Anflug<br />
von Birken- <strong>und</strong> Kiefernsamen, es tritt eine Verbuschting<br />
ein, o<strong>der</strong> sie wird systematisch aufgeforstet.<br />
Im extrem maritimen Gebiet spielen außer <strong>der</strong> Heide auch<br />
Deckenmoore eine große Rolle. Das Klima ist sehr ausgeglichen;<br />
auf Irland beträgt zum Beispiel die Temperatur des Januars<br />
3,5 bis 3,7 °C, die des Julimonats 14 bis 16 °C. Frost<br />
kann Vorkommen, aber Schnee liegt nur an 3 bis 10 Tagen im<br />
liihr. Die Nie<strong>der</strong>schläge betragen 350 bis 1000 mm im Jahr<br />
<strong>und</strong> sind sehr regelmäßig verteilt. Sie schwanken auch von<br />
Jahr zu Jahr um höchstens 25 %. Bei <strong>der</strong> starken Bewölkung<br />
beträgt die Sonnenscheindauer nur 31 % <strong>der</strong> maximal möglichen.<br />
Unter diesen Umständen ist die Gefahr <strong>der</strong> Vermoorting<br />
nach einer Waldvernichtung sehr groß. Der Wald<br />
gibt durch die Transpiration <strong>der</strong> Baumschicht mehr Wasser<br />
ab als eine niedrige krautige <strong>Vegetation</strong>. Deshalb kann man<br />
nach einem Kahlschlag im humiden Gebiet einen Anstieg des<br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegels feststellen, was das Wachstum von<br />
Turlmoosen begünstigt. Neben Sphagnum-Arten spielt Rhacomitrium<br />
lanuginosum eine große Rolle. In Gebieten mit mehr<br />
als 235 Regentagen können die Moore auch in einem welligen<br />
Gelände die gesamte Fläche überdecken. Solche Deckenmoore<br />
lindet man in W-Irland, Wales <strong>und</strong> Schottland, wo das<br />
gtbßte Moor 2500 km^ umfaßt.
336 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
In Gebieten, die von <strong>der</strong> atlantischen Küste weiter enilernt<br />
sind, ist die Verheidung keine Gefahr, weil alle Heidearten<br />
eine geringe Resistenz gegen Frosttrocknis besitzen,<br />
obgleich die Blätter von Calluna sehr klein sind <strong>und</strong> eint<br />
dicke Kutikula haben; die Spalten liegen in einer mit Haarer<br />
ausgekleideten Rinne. Calluna unterscheidet sich durch du<br />
sehr lockere Struktur des Mesophylls von den eigentlichen<br />
xeromorphen Blättern. Die Transpiration kann bei guter<br />
Wasserversorgung im Sommer relativ lebhaft sein, an schattigen<br />
Standorten kommt sie bei Berechnung auf Frischge-.<br />
wicht <strong>der</strong> von Sauerklee (Oxalis acetosella) gleich; sie kann he,<br />
Wassermangel stark eingeschränkt werden. Doch genügen<br />
diese Eigenschaften nicht, um Wasserverluste bei lang andauernden<br />
Frösten zu verhin<strong>der</strong>n. Selbst im milden Winter<br />
von Heidelberg vertrocknet Calluna ohne Schneeschutz sehr<br />
oft. Auch im Norden trifft man sie nur dort an, wo eint<br />
Schneedecke jedes Jahr vorhanden ist.<br />
Heide kommt im Inland an den Westhängen <strong>der</strong> Mittelgebirge<br />
mit ozeanischem Klima auch inselartig vor (Ardennen,<br />
Hohes Venn, Eifel, Vogesen <strong>und</strong> selbst im Schwarzwalc<br />
am Felflhpro) Sie reicht außerdem als schmaler Streiten bizur<br />
Ostsee.<br />
5 Der Laubwald als Ökosystem<br />
a Allgemeines<br />
Der Laubwald ist eine mehrschichtige Pflanzengemeinschal;<br />
Sie besteht oft aus einer o<strong>der</strong> zwei Baumschichten, einer<br />
Strauchschicht <strong>und</strong> einer Krautschicht. In letzterer findet<br />
man Hemikryptophyten, aber auch viele sich nur im Frühjahr<br />
entwickelnde Geophyten. Für Therpphyten, also einjährige<br />
Pflanzen, sind die Bntwicklungsbedingungen bei den<br />
schlechten Lichtverhältnissen am Waldboden zu ungünstig<br />
Eine Bodenschicht aus Moosen fehlt; sie würde von den abfallenden<br />
Blättern zugedeckt werden. Moose wachsen deshalb<br />
nur auf über die Bodenoberfläche herausragenden<br />
Felsblöcken, Baumstümpfen etc. Diese Pflanzengriippen bilden<br />
Synusien (vgl. S. 106).<br />
Im europäischen Laubwaldgebiet kennen wir aul Eiiklimatopen<br />
keinen Urwaldbestand (vielleicht abgesehen vor<br />
dem Gebiet bei Bialowiez in Ostpolen), wo aber die Buche<br />
schon nicht mehr vorkommt (Abb. 190, 191, 192).<br />
Die Struktur <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> wird in Mitteleuropa völlig<br />
durch die Art <strong>der</strong> Bewirtschaftung bestimmt. Für die Foniwirtschaft<br />
sind die Holzarten von Bedeutung; die Kram<br />
Schicht wird von ihr nur indirekt beeinflußt. Bei <strong>der</strong> Wald-<br />
1
Der Laubw ald als Ökosystem 3 3 7<br />
Abb. 190.<br />
Im Urwald von Bialowiez (Ostpolen).<br />
Ein offener Waläbereich<br />
mit sehr alten Eichen (Quercus<br />
robur) <strong>und</strong> jüngeren Hainbuchen<br />
(Carpinus betulus). Im<br />
Hintergr<strong>und</strong> eine Waldlücke mit<br />
zahlreichem Baumjungwuchs<br />
(phot. 5.-W <strong>Breckle</strong>).<br />
Abb. 191.<br />
Im Urwald von Bialowiez (Ostpolen).<br />
ln einer Waldlücke in einem<br />
Mischwaldbereich wachsen<br />
zahlreiche Eschen, Hainbuchen<br />
<strong>und</strong> Eichen dichtgedrängt hoch<br />
(phot. 5.-W <strong>Breckle</strong>).<br />
Abb. 192.<br />
Im Urwald von Bialowiez<br />
(Weißrußland). Im Winter sind<br />
die dort halbwild „gehaltenen"<br />
Wisente in großen Herden zusammen.<br />
Auf Sammelplätzen ist<br />
die Strauch- <strong>und</strong> Krautschicht<br />
des hochstämmigen, alten Eichenwaldes<br />
erheblich degradiert<br />
(phot. S.-W. B reckle).
338 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 193.<br />
Die Areale <strong>der</strong> Buchenwäl<strong>der</strong><br />
Europas:<br />
1 = Typische, zentraleuropäische<br />
Buchenwäl<strong>der</strong> (Pagion medioeuropaeum):<br />
lA = méridionale<br />
A usprägung: 2a = Baltische <strong>und</strong><br />
2b = Nordfranzösiche/südenglische<br />
Buchenwäl<strong>der</strong>: 3 = Zentralfranzäsische/südatlantische<br />
Buchenwäl<strong>der</strong><br />
(Scillo-Fagion):<br />
4 = Dinarische Buchenwäl<strong>der</strong><br />
(Fagion dinarlcum): 5 = Buchenwäl<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Karpaten<br />
(Fagion dacicum): 6 = Hyperatlantische<br />
Buchenwäl<strong>der</strong> (Ilici-<br />
Fagion): 7 = Mediterrane Buchenwäl<strong>der</strong><br />
(Geranio-Fagion in<br />
Süditalien <strong>und</strong> Fagion hellenicum<br />
in Griechenland): 8 = Balkanbuchenwäl<strong>der</strong><br />
mit Fagus<br />
moesiaca: 9 = Politische Buchenwäl<strong>der</strong><br />
mit Fagus orientalis<br />
(nach O zEN D A 1994).<br />
weide dagegen ist gerade die Krautschicht dem selektiven<br />
Viehverbiß ausgesetzt, unter dem auch <strong>der</strong> Baumjungwuchs<br />
leidet (Abb. 192). Rationell betriebene Hochwäl<strong>der</strong> kommen<br />
den Urwäl<strong>der</strong>n nahe, unterscheiden sich jedoch wesentlich<br />
durch die geringe Artenzahl <strong>der</strong> Baumschicht, <strong>der</strong>en Gleichaltrigkeit,<br />
das Fehlen von totem am Boden vermo<strong>der</strong>ndem<br />
Holz <strong>und</strong> die homogene Struktur. Urwäl<strong>der</strong> zeigen dagegen<br />
meistens einen mosaikartigen Aufbau (vgl. S. 47f., 145).<br />
Die bewirtschafteten Buchenwäl<strong>der</strong> sind Reinbestände<br />
die nur noch eine Krautschicht haben. Eichenwäl<strong>der</strong> sind<br />
häufig Mischbestände aus verschiedenen Laubholzarten <strong>und</strong><br />
besitzen eine Strauchschicht (Abb. 190, 191). Von den verschiedenen<br />
Laubwaldbiogeozönen wurden u. a. ein westlicher<br />
Mischwald in Belgien, Buchenwäl<strong>der</strong> <strong>und</strong> Fichtenfors:,<br />
im Solling <strong>und</strong> Eichenwäl<strong>der</strong> im Osten an <strong>der</strong> Waldsteppengrenze<br />
genauer untersucht.<br />
Beim Laubwald ist das Kronendach die aktive Schicht, in<br />
<strong>der</strong> die direkte Sonnenstrahlung (auch die diffuse Strahlung)<br />
zum größten Teil in Wärme umgesetzt wird. Nur ein<br />
kleiner Bruchteil des Tageslichtes dringt in den Waldbestand
Im ZB VI Mitteleuropas ist die Buche <strong>der</strong> dominiernde<br />
Waldbaum. Im ZB VI Ostasiens <strong>und</strong> Nordamerikas kommen<br />
■ivar ebenfalls Buchenarten vor, dort ist aber die BaumariiMizahl<br />
um ein Mehrfaches höher, (wie<strong>der</strong>um aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
dazialen Refugialgeschichte, vgl. S. 274), so daß die Zahl <strong>der</strong><br />
Waldiypen viel größer ist (Peters 1997). Dort kommen<br />
Ly/K-Arten oft nur reliktisch auf sehr kleinem Raum vor<br />
i.Abb. 179). Fagus sylvatica weist von allen zwölf Buchenarien<br />
das größte Areal auf <strong>und</strong> bildet eine Reihe verschiedener<br />
Buchenwäl<strong>der</strong> (vgl. Abb. 193), die von Skandinavien bis<br />
Nordspanien, von England bis in die Türkei reichen.<br />
Außer den Buchenwäl<strong>der</strong>n kommen in Mitteleuropa<br />
auch noch einige an<strong>der</strong>e Waldtypen vor, die allerdings häulig<br />
sehr stark vom Menschen beeinflußt sind. Die sehr bodcnsauren<br />
Eichen-Birkenwäl<strong>der</strong> o<strong>der</strong> die kontinentalen Eichen-Hainbuchenwäl<strong>der</strong><br />
(Abb. 194) können als Beispiel<br />
angeführt werden. Insbeson<strong>der</strong>e aber wurden die Nadelhölzer<br />
durch die Forstwirtschaft im letzten Jahrh<strong>und</strong>ert sehr<br />
stark geför<strong>der</strong>t, so daß heule Kiefernwäl<strong>der</strong> (Abb. 195), in<br />
die aber wie<strong>der</strong> allmählich Buchen <strong>und</strong> Eichen einwan<strong>der</strong>n,<br />
auf armen Sandböden die Regel sind.<br />
Während man in den Jahren nach 1980 vor allem erhebliches<br />
Absterben <strong>der</strong> Fichtenforste beobachtet hat, im Erzgebirge<br />
<strong>und</strong> in den Sudeten sind auch schon früher ganze Hänge<br />
abgestorben, im Harz später (Abb. 196), wurden vor<br />
allem seit 1990 auch deutliche Schäden an Laubbäumen erkannt.<br />
Die Ursachen dieser Waldschäden sind allerdings sehr<br />
vielschichtig <strong>und</strong> können sicher nicht nur auf die Luftverschmutzung<br />
<strong>und</strong> verän<strong>der</strong>te Einträge von Schadstoffen o<strong>der</strong><br />
übermäßige Stickstofffracht allein zurückgeführt werden.<br />
Der Laubwald als Ökosystem 339<br />
Abb. 194.<br />
Biosphären-Reservat Schorflieide.<br />
Hochstämmiger Eichen-<br />
Hainbuchen wald auf unruhigem<br />
eiszeitlichem Sand- <strong>und</strong><br />
Moränengelände (phot. S.-W.<br />
B r e c k l e ) .
340 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 195.<br />
Offener Kiefernforst mit einwan<strong>der</strong>nden<br />
Birken <strong>und</strong> Eichenwald<br />
in <strong>der</strong> Senne, südlich<br />
Bielefelds, im Augustdorfer Dünenfeld<br />
mit späteiszeitlichen fossilen<br />
Dünen. Die Sämlinge tun<br />
sich anfangs schwer gegen die<br />
Konkurrenz des dichten Avenella<br />
flexuosa-Teppichs (phot. S.-W.<br />
Abb. 196.<br />
Montaner, fast abgestorbener<br />
Fichtenwald im westlichen<br />
Hochharz (höchste Waldschadensklasse).<br />
Im Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Brocken (phot. S.-W <strong>Breckle</strong>).<br />
Auch die zusätzliche Beschleunigung <strong>der</strong> Auswaschung\i''<br />
Nährstoffen aus den Blättern <strong>und</strong> den oberen Bodenschichten<br />
(Kryptopodsolierung) verstärkte die Effekte, ebenso wie<br />
die Bodenermüdung durch waldbaulich einseitige Kulturen.<br />
b Der Buchenwald im Solling<br />
Im Rahmen des IBP (Internationales Biologisches Programm<br />
<strong>und</strong> nachfolgend) wurden von 1966 bis 1986 im Solling dre,<br />
Buchenwald- <strong>und</strong> drei Fichtenforstparzellen mit verschieden<br />
gedüngten Wiesen <strong>und</strong> einem Acker sehr genau uniersticht<br />
<strong>und</strong> verglichen. Auch in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wurden h<br />
weils charakteristische <strong>Vegetation</strong>stypen über viele Jahn<br />
hinweg erforscht. Als Beispiel für die wesentlichen Strukiu-
Der<br />
Laubw ald als Ökosystem 341<br />
ren <strong>und</strong> Prozesse in einem nemoralen Wald des ZB VI<br />
njhlen wir Ergebnisse aus dem Solling <strong>und</strong> geben gelegentidi<br />
Vergleichszahlen von Untersuchungen eines kontinen-<br />
;jlen Eichenwaldes an <strong>der</strong> Worskla, dem linken Nebenfluß<br />
Jes mittleren Dnjepr (IBP-Projekt <strong>der</strong> damaligen Leningra-<br />
Jer Universität). Bei dem Eichenmischwald handelt es sich<br />
;imeine 1000 ha große Waldfläche für Forstversuche, von<br />
Jet 160 ha ein geschützter urwaldartiger 300jähriger Be-<br />
-<strong>und</strong> sind.<br />
Bei dem Buchenwald im Solling (Ellenberg et al. 1986)<br />
landelt es sich um einen bodensauren Buchenwald (Luzu-<br />
,1-Fagetum) in etwa 500 m NN. Die Böden sind überwiegend<br />
schwach podsolige Braunerden, entstanden aus Lößla-<br />
¿en, die dem Buntsandstein aufliegen.<br />
Das Klima im Sollinghuchenwald ist durch eine hohe<br />
özeanität gekennzeichnet, allerdings gibt es zwischen den<br />
einzelnen Jahren doch bedeutsame Unterschiede. Die mittiTcn<br />
Nie<strong>der</strong>schläge (1967 bis 1981) betragen 1045 mm im<br />
ühr, dies entspricht dem typischen deutschen regenreichen<br />
.Mittelgebirgsklima (Abb. 197). Das trockenste Jahr 1976<br />
rächte aber nur 706 mm, das feuchteste mehr als das Dopneite,<br />
nämlich 1479 (1970). Trockenere Perioden treten im-<br />
:ner wie<strong>der</strong> auf, sie sind aber in Mitteleuropa keiner berimmten<br />
Jahreszeit zuzuordnen. Entsprechend treten zu<br />
tllen Jahreszeiten Tage mit relativ dichter Wolkendecke auf<br />
<strong>und</strong> dementsprechend geringer Einstrahlung. Einige typi-<br />
6.6°C 1045 mm<br />
6,5°C 746 mm<br />
6,3°C 1064 mm<br />
6,0°C 1479 mm |<br />
]lii<br />
1967-81<br />
1968<br />
148 d<br />
1969<br />
145 d -T 130 d<br />
^ 6,9'’C 810 mm ' 6,2°C 9 1 0 mml 6,6°C 1037 mm<br />
i ^ i _ _<br />
1972<br />
111 d<br />
7,1°C 1236 mm<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
- 20<br />
0<br />
Abb. 197.<br />
Klimaätagramm (Mittel <strong>der</strong><br />
Jahre 1967-81) <strong>und</strong> Klimatogramme<br />
von 1968-78 vom Solling.<br />
Unten rechts ist die Zahl<br />
<strong>der</strong> Tage im Jahr mit Temperaturmitteln<br />
über 10 °C angegeben<br />
(aus E l l e n b e r g et al. 1986).
342 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 198.<br />
Tagesgänge <strong>der</strong> Einstrahlung<br />
(Globalstrahlung) im Frühsommer<br />
<strong>und</strong> Sommer 1972 für je<br />
drei heitere <strong>und</strong> bewölkte Tage<br />
(aus E llenberg et al. 1986).<br />
---------- 3. Juli<br />
sehe Tagesgänge <strong>der</strong> Globalstrahlung (Abb. 198) verdeutlichen<br />
dies. Bei wolkenverhangenem Himmel (Abb. 198,<br />
3.7.1972) kann die Globalstrahlung oft kaum 1/10 <strong>der</strong><br />
Strahlung eines heiteren Tages (Abb. 198, 13.7.1972' erreichen.<br />
Dies wirkt sich dann auch als limitiereniier Faktor lür<br />
die Photosynthese <strong>der</strong> Buchen aus.<br />
Die Wetterlagen werden vorwiegend durch West- <strong>und</strong><br />
Südwestwindlagen bestimmt, wie die Windrosen (Abb. 199|<br />
Abb. 199.<br />
Tages- <strong>und</strong> St<strong>und</strong>en-Mittelwerte<br />
<strong>der</strong> prozentualen Häufigkeit vorherrschen<strong>der</strong><br />
Windrichtungen<br />
im Solling (aus Ellenberg et al.<br />
1986).<br />
Tages-<br />
Mittelwerte
Der Laubwald als Ökosystem 343<br />
verdeutlichen. Ostwind tritt gelegentlich bei Hochdruckwetter<br />
im Winter auf, Nordwind gibt es praktisch nicht.<br />
c Ökophysiologie <strong>der</strong> Baumschicht<br />
Ein Baum ist wegen seiner Größe kein günstiges Objekt zum<br />
Experimentieren. Seine Gestalt hängt sehr stark vom Stand<br />
ab. Ein freistehen<strong>der</strong> Baum hat eine kuppelförmige bis kugelige<br />
Krone, während diese im dichten Bestand sehr klein<br />
ist. Da jedoch die Blätter sich in mehreren Schichten anordnen,<br />
sind die äußeren dem vollen Tageslicht ausgesetzt,<br />
während die inneren sich im Schatten entwickeln. Man unterscheidet<br />
deshalb Sonnenblätter <strong>und</strong> Schattenblätter,<br />
die durch Übergänge miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en sind. Die anatomisch-morphologischen<br />
<strong>und</strong> ökophysiologischen Eigenschaften<br />
sind bei beiden verschieden.<br />
Sonnenblätter sind kleiner, dicker, haben eine dichtere<br />
Nervatur <strong>und</strong> mehr Stomata auf <strong>der</strong> Blattunterseite pro<br />
Quadratmillimeter, das heißt sie sind xeromorpher als die<br />
großen <strong>und</strong> dünnen Schattenblätter.<br />
Die Strukturunterschiede werden durch die ungünstigere<br />
Wasserbilanz bei <strong>der</strong> Anlage <strong>der</strong> im nächsten Frühjahr ausireibenden<br />
Knospen infolge <strong>der</strong> stärkeren Transpiration <strong>der</strong><br />
Sonnenzweige gesteuert, die durch die erhöhte Zellsaftkonzentration<br />
angezeigt wird; letztere beträgt zum Beispiel bei<br />
einer Buche für Sonnenblätter 1,6 MPa, für Schattenblätter<br />
1,2 MPa (vgl. dazu S. 67). Unterschiede machen sich ebenfalls<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> C02-Assimilation bemerkbar. Bei<br />
Laborversuchen wurde fcstgcstellt, daß im Dunkeln die<br />
Schattenblätter pro Quadratdezimeter Oberfläche weniger<br />
intensiv atmen als die Sonnenblätter, zum Beispiel scheiden<br />
Schattenblätter <strong>der</strong> Buche nur 0,2 mg CO^ pro dm^ ■h“' aus<br />
gegenüber 1,0 mg <strong>der</strong> Sonnenblätter. Deswegen liegt im<br />
Frühjahr <strong>der</strong> Lichtkompensationspunkt (Atmung = Bruttophotosynthese)<br />
<strong>der</strong> Schattenblätter schon bei 350 Lux, <strong>der</strong><br />
von Sonnenblättern dagegen bei 1000 Lux. Bei steigen<strong>der</strong><br />
Beleuchtung nimmt die Photosynthese proportional mit <strong>der</strong><br />
Lichtintensität zu, bis ein Maximum erreicht wird<br />
(Abb. 200). Dieses liegt bei Schattenblättern <strong>und</strong> Schattenpllanzen<br />
schon bei weniger als 20 % des maximalen Tageslichts,<br />
bei Sonnenblättern dagegen erst bei etwa 40 %.<br />
Schattenblätter nutzen somit geringe Lichtintensitäten besser<br />
aus, Sonnenblätter dagegen die höheren.<br />
Bei den Sonnenblättern hat es merkwürdigerweise den<br />
Anschein, als ob sie das volle Tageslicht nicht genügend ausnutzen.<br />
Doch gelten vorgenannte Zahlen nur für senkrecht<br />
zum Licht orientierte Blätter, während die Sonnenblätter an
344 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 200.<br />
Lichtsättigunijskurven <strong>der</strong> Photosynthese<br />
(unten: ßewichtsbezogen:<br />
oben: blattflächenbezogen)<br />
einiger Arten des Buchenwalds<br />
im Solling: SCH-Bl. = Schattenblätter,<br />
juv. = Jungwuchs (aus<br />
Euenberg et al. 1986).<br />
. Athyrium<br />
Fagus SCH-Bl.<br />
. Oxalis ___ Avenella<br />
Fagus j u v . ___ Luzula<br />
<strong>der</strong> Baumkrone immer ziemlich steil aufgerichtet sind. Dadurch<br />
wird vermieden, daß sie sich in <strong>der</strong> Sonne zu stark<br />
überhitzen, das heißt zu große Wasserverluste erleiden, zugleich<br />
aber wird erreicht, daß mehr Licht durch die äußere<br />
Krone hindurchfällt, was den tiefer stehenden Blättern zugute<br />
kommt. Außerdem werden die morgendlichen (vor.<br />
Osten) <strong>und</strong> die abendlichen (von Westen kommenden) Einstrahlungen<br />
besser ausgeschöpft.
Die im tiefen Schatten stehenden Blätter sind stets senkredit<br />
zum einfallenden Licht orientiert, wodurch selbst bei<br />
einem BFI = 5 o<strong>der</strong> mehr eine im Mittel positive Stoffbilanz<br />
möglich ist.<br />
Eine genaue Produktionsanalyse durch direkte Messun-<br />
;:en <strong>der</strong> C02-Assimilation <strong>der</strong> Buche am Standort wurde von<br />
Schulze (1970) durchgeführt. Ein einzelner Tagesgang ist in<br />
.\bb. 201 gezeigt. Es ließ sich ableiten, daß die Produktion<br />
<strong>der</strong> Sonnen- <strong>und</strong> Schattenblätter pro Trockengewicht während<br />
<strong>der</strong> gesamten <strong>Vegetation</strong>szeit gleich ist, weil die Schatlenblätter<br />
im Herbst länger tätig bleiben (Abb. 202).<br />
Sinkt die Beleuchtung dauernd unter ein bestimmtes<br />
Lichtminimum, so wird die Atmung des Blattes nicht mehr<br />
Der Laubwald als Ökosystem 345<br />
Sonnenblätter stehen<br />
steil aufgerichtet zum<br />
Licht, Schattenblätter dagegen<br />
senkrecht zu den<br />
einfallenden Strahlen.<br />
Abb. 201.<br />
Tagesgtinge wichtiger mikroklimatischer<br />
<strong>und</strong> ökophysiologischer<br />
Parameter von Sonnen<strong>und</strong><br />
Schattenblättern <strong>der</strong> Buche<br />
im Solling an einem Schönwettertag<br />
(aus E llenberg<br />
etal. 1986).
346 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 202.<br />
Jahresgänge <strong>der</strong> Tagesbilanzen<br />
des CO ¡-Gaswechsels <strong>der</strong> Buche<br />
(Fagus sylvatica) <strong>und</strong> Fichte<br />
(Picea abies) (nach Ellenberg et<br />
al. 1986).<br />
durch die Photosynthese kompensiert, es treten Stoffverluste<br />
ein, das Blatt vergilbt <strong>und</strong> wird abgeworfen. Dieses Lichtminimum,<br />
in % des vollen Tageslichts ausgedrückt, ist bei<br />
den einzelnen Baumarten verschieden. Man unterscheidet<br />
Schattenhölzer mit sehr dichter Krone <strong>und</strong> niedrigem Lichtminimum<br />
(bei Buche 1,2%) <strong>und</strong> Lichthölzer mit lichter<br />
Krone <strong>und</strong> hohem Lichtminimum (Birke <strong>und</strong> Espe 11 %).<br />
Dazwischen stehen solche Arten wie Ahorn <strong>und</strong> Eiche.<br />
Dieses Lichtminimum in <strong>der</strong> Baumkrone braucht nicht ge<br />
nau mit dem Lichtminimum zusammenzulallen, das über<br />
schritten werden muß, damit die Baumsämlinge am Wald<br />
boden heranwachsen, aber die Werte gehen doch rjprallel<br />
Buchenkeimlinge kommen mit wenig Licht aus, Birken<br />
keimlinge benötigen mindestens 12 bis 15 % des Tageslichts<br />
Ein Eichenwald reflektiert im beblätterten Zustand 17%,<br />
im blattlosen nur etwa 11 % <strong>der</strong> einfallenden Strahlung,<br />
also bedeutend weniger als bei Wiesen <strong>und</strong> Kulturen<br />
(25 %). ln halber Höhe des Bestandes bzw. am Boden mißt<br />
man im vollbelaubten Zustand bei jungen Beständen nur<br />
1,2 % bzw. 0,6% des Tageslichts, bei sehr alten dagegen<br />
etwa 20 % bzw. 2 %.<br />
Die Lichtverhältnisse sind für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Baumarten von ausschlaggeben<strong>der</strong> Bedeutung. Auf einer<br />
Lichtung können die Lichthölzer in wenigen Jahren heranwachsen.<br />
Unter ihrem Schirm keimen die Schattenhölzer<br />
<strong>und</strong> wachsen langsam immer höher. Ihr Kronendach ist so<br />
dicht, daß die Lichthölzer darunter keinen Stoffgewinn erzielen<br />
<strong>und</strong> sich auch nicht verjüngen. Mit <strong>der</strong> Zeit gelangt
die am meisten Schatten ertragende Art zur Vorherrschaft,<br />
wenn ihr die sonstigen Standortsbedingungen Zusagen.<br />
In Mitteleuropa ist dies die Buche (Pagus sylvativa), sie ist<br />
die Art <strong>der</strong> zonalen Wäl<strong>der</strong>. Nur auf sehr armen Böden o<strong>der</strong><br />
bei hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand, bzw. in den trockensten<br />
Beckenlandschaften ist sie nicht konkurrenzfähig. Im westlichen<br />
Osteuropa ist das Klima für die Buche zu kontinental,<br />
an ihre Stelle tritt dann als Schattenholzart die Hainbuche<br />
iCarpinus betulus), noch östlicher wird sie durch die Eiche ab-<br />
^elöst.<br />
Die mittlere Tagestemperatur ist am Kronendach im Sommer<br />
um 2 °C höher als am Boden, das mittlere Tagesmaximiim<br />
sogar bis zu 11 °C höher, das mittlere Tagesminimum<br />
dagegen um etwa 2 bis 3 °C tiefer. Die mittlere Luftfeuchtigkeit<br />
ist am Boden 98 % <strong>und</strong> sinkt mit <strong>der</strong> Höhe bis auf 77 %<br />
ab. Die Windgeschwindigkeit ist im Walde gering. Da <strong>der</strong><br />
VValdboden vor <strong>der</strong> direkten Strahlung geschützt ist, bleibt es<br />
imWald tagsüber kühler als in offenen Beständen.<br />
Der Laubwald als Ökosystem 347<br />
Sehr wichtig für die Produktivität <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> ist <strong>der</strong><br />
Blattflächenindex (BEI; leaf area Index: LAI), das heißt das<br />
Verhältnis <strong>der</strong> gesamten Blattfläche des Baumbestandes zu<br />
<strong>der</strong> von ihm bedeckten Bodenfläche. Er kann nur ein bestimmtes<br />
Maximum erreichen, weil sonst die unteren beschatteten<br />
Blätter keine positive Stoffbilanz aufweisen würden.<br />
Aber dieses Maximum hängt nicht nur von <strong>der</strong><br />
Tageslichtintensität ab, son<strong>der</strong>n wird kleiner bei mangelhafter<br />
Wasserversorgung <strong>und</strong> bei Nährstoffmangel. Bei reinen<br />
Eichenbeständen ist <strong>der</strong> BEI = 5 bis 6 (in feuchten Jahren<br />
höher), irr frischen Mischbeständen kann er, alle Holzarten,<br />
auch Sträuchen eingeschlossen, 8 überschreiten.<br />
Die Stoffproduktion (in Tonne pro Hektar <strong>und</strong> Jahr) eines<br />
40jährigen Buchenbestands in Dänemark:<br />
Bruttoproduktion <strong>der</strong> assimilierenden Blätter = 23,5<br />
Atmungsverluste<br />
(Blätter 4,6; Stengel 4,5 <strong>und</strong> Wurzeln 0,9) = 10,0<br />
lährliche Produktion<br />
(Blätter 2,7; Stengel 1,0; Streu <strong>und</strong> Wurzeln 0,2) = 3,9<br />
Holzproduktion<br />
(oberirdisch 8,0; unterirdisch 1,6) = 9,6<br />
Von den maximal 8 t/ha an Stammholz sind im Mittel 6 t/ha<br />
forstlich ausnutzbar, was lim’ entspricht. Bei <strong>der</strong> Fichte ist<br />
<strong>der</strong> Holzertrag gewichtsmäßig ebenso groß, aber räumlich<br />
ca. 17 m’.
348 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Produktionskurven des<br />
Buchenwaldes (nach W a l t e r<br />
1990).<br />
Bruttoproduktion<br />
Brutto-Holzproduktion<br />
Primärproduktion<br />
Netto-Hoizproduktion<br />
______von Biättern abgeieitete Assimiiatmenge<br />
^ Für die Phytomasse<br />
des Eichenmischwalds in<br />
Rußland gibt Goryschina<br />
(1974) folgende Werte an:<br />
Oberirdische 306,7 t/ha<br />
(Blätter 3,7, Zweige <strong>und</strong><br />
Äste 71,2 <strong>und</strong> Stämme<br />
230,8); unterirdische<br />
124,9 t/ha; gesamte<br />
431,6 t/ha; dazu Krautschicht<br />
0,7 t/ha.<br />
Wie sich die Produktionszahlen mit dem Alter des Buchenbestandes<br />
än<strong>der</strong>n, zeigt Abb. 203.<br />
Auch die Buchenwaldflächen im Solling erreichen etu<br />
10 t pro ha Jahresproduktion, davon sind etwa 3 t Blätter<br />
auf die Blüten <strong>und</strong> Früchte entfallen von Jahr zu Jahr seh"<br />
wechselnde Anteile (Mastjahre). Die Reisigproduktion umfaßt<br />
etwa 10% <strong>der</strong> Jahresproduktion, die Produktion an<br />
Wurzeln etwa 10 % <strong>der</strong> oberirdischen Produktion.<br />
Die Masse des abgehenden toten Holzes ist kaum geringer<br />
als <strong>der</strong> Holzzuwachs im gleichen Zeitraum, das heißt, daS<br />
<strong>der</strong> Nettophytomassezuwachs hier praktisch„Nuil ist, wie«<br />
bei einem Urwald in <strong>der</strong> Optimalphase sein muß.<br />
Für die Primärproduktion pro Jahr wird 8,9 t/ha, inklusive<br />
Krautschicht 9,6 t/ha angegeben. Die unterirdische Produktion<br />
wurde nicht bestimmt.<br />
Dem semiariden Klima entsprechend ist die Primärpmduktion<br />
etwas niedriger als bei den westlichen Laubwäl<strong>der</strong>n,<br />
Die jährlich gebildete Blattmasse <strong>und</strong> Blattfläche nimmt<br />
in den ersten 20 Jahren rasch zu. Sobald jedoch ein dichter<br />
Kronenschluß erreicht ist, bleiben Blattmasse <strong>und</strong> <strong>der</strong> BFI<br />
nahezu konstant. Das Kronendach wird nur durch <strong>der</strong><br />
Höhenzuwachs <strong>der</strong> Stämme immer mehr über den Erdboden<br />
emporgehoben. Die Blätter mit den abfallenden Zweigen<br />
bilden die Streu <strong>und</strong> mit den absterbenden Wurzeln zusammen<br />
den Gesamtabfall.<br />
Nur die erzeugte Holzmasse wird gespeichert, so daß du<br />
stehende Phytomasse des Waldes bis ins hohe Alter ständi;
Der Laubwald als Ökosystem 349<br />
10000<br />
kg<br />
Buche {Fagus sylvaticä)<br />
A Belgien<br />
■ Dänemark<br />
O Göttinger Wald<br />
• Solling<br />
□ inklusive Wurzeln<br />
A<br />
100<br />
3^ °<br />
I# ▲<br />
jher immer langsamer zunimmt, bei 50jährigen Beständen<br />
’00 l/ha, bei 200jährigen 400 t/ha überschreiten kann.<br />
Für den Eichenwald wurde folgen<strong>der</strong> mittlerer Holzzuivachs<br />
in Abhängigkeit vom Alter des Bestandes (in Klammern)<br />
gef<strong>und</strong>en: 3,8 t/ha (13), 3,6 t/ha (22), 4,3 t/ha (42),<br />
4,7 t/ha (56), 0,4 t/ha (135), 0,0 t/ha (220). Der zunehmen-<br />
Je Stammdurchmesser (BHD: Brusthöhendurchmesser) bejeiiiet<br />
einen entsprechend zunehmenden Holzvorrat im<br />
Stamm. Diese Beziehung ist in Abb. 204 dargestellt.<br />
Auch die Streumenge reichert sich im Walde solange an,<br />
,'is ein Gleichgewicht erreicht ist, das heißt jährlich ebenso<br />
viel von <strong>der</strong> Streu mineralisiert wird, wie neu hinzukommt,<br />
ln <strong>der</strong> Streu wird ein Teil <strong>der</strong> wichtigsten Nährstoffelemente<br />
N, P, K, Ca) festgelegt. Mächtige Rohhumusauflagen sind<br />
Jeshalb ungünstig. Beson<strong>der</strong>s schädlich ist jedoch die Streunutziing:<br />
dabei werden die Nährstoffe ganz entfernt, insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> Kalk, wodurch die Waldböden rasch verarmen<br />
<strong>und</strong> versauern, so daß die Holzerträge zurückgehen. Stick-<br />
1000-<br />
10-<br />
10 100 1000<br />
Abb. 204.<br />
Die Abhängigkeit <strong>der</strong> oberirdischen<br />
Biomasse (unterirdisch mit<br />
offenen Quadraten gekennzeichnet)<br />
vom Stammdurchmesser<br />
(BHD) bei <strong>der</strong> Buche von verschiedenen<br />
Standorten (nach<br />
Eilenberg et al. 1986).
350 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 205.<br />
Verlauf (in %) des jährlichen<br />
Laubfalls <strong>der</strong> Buche (oben,<br />
196 7-1975) <strong>und</strong> des Nadelfalls<br />
<strong>der</strong> Fichte (unten) (Feinstreu<br />
von drei Fichtenparzellen<br />
1968-1971) im Jahreslauf im<br />
Solling als Kurvenschar dargestellt<br />
(nach E l l e n b e r g et al.<br />
1986).<br />
Stoffverbindungen werden bei <strong>der</strong> Streuzersetzung mineralisiert.<br />
Den Bauinwurzeln steht <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> Nährstolle<br />
in <strong>der</strong> unteren sich zersetzenden Humusschicht zur Verfügung;<br />
diese ist deshalb stets sehr dicht durchwurzelt. Das Bodenleben<br />
ist für den Waldbestand neben <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />
von beson<strong>der</strong>er Bedeutung. Dagegen ist <strong>der</strong> Anteil de;<br />
tierischen Organismen über dem Boden nur sehr gering:<br />
selbst auf Insektenfraß entfallen normalerweise nur wenige<br />
Prozente (vgl. S. 366).<br />
Der Streitfall selbst erfolgt bei den Laubbäumen sehr periodisch<br />
<strong>und</strong> weist von Jahr zu Jahr nur geri-jge Unterschiede<br />
auf. Über 90 % <strong>der</strong> Blätter <strong>der</strong> Buche fallen im Oktober<br />
(Abb. 205, oben). Bei <strong>der</strong> Fichte hingegen rieseln trockene<br />
o<strong>der</strong> vergilbte Nadeln fast ganzjährig herab, allerdings gibt es<br />
hier, wenig später als beim Laubfall <strong>der</strong> Buche, auch ein<br />
kleines Maximum des Nadelfalls (Abb. 205, unten).<br />
d Ökophysiologie <strong>der</strong> Krautschicht (Synusien)<br />
Das Mikroklima am Waldboden unterscheidet sich sehr stark<br />
von dem an offenen Standorten: Nach <strong>der</strong> Belaubung des<br />
Waldes ist die Beleuchtungsstärke am Waldboden geringer,<br />
die Temperaturverhällnisse sind ausgeglichener, die Feudi<br />
tigkeit <strong>der</strong> Luft sowie <strong>der</strong> oberen Bodenschichten ist grüße<br />
als außerhalb des Waldes. Die Kräuter im Wald sind Schat<br />
tenpflanzen <strong>und</strong> Hygrophyten mit sehr niedriger Zellsaltkonzentration,<br />
also günstiger Hydratur des Plasmas, deshalb<br />
welken sie bei voller Sonne rasch.
Die Lichtverhältnisse am Boden eines Laubwaldes könirn<br />
an klaren Tagen sehr heterogen sein, weil einzelne Sonnenstrahlen,<br />
die durch die Baumkronen fallen, am Boden<br />
Lichtflecken erzeugen. Da die Sonne sich am Himmel beneiît<br />
<strong>und</strong> die Äste <strong>der</strong> Bäume vom Winde hin <strong>und</strong> her gelogen<br />
werden, än<strong>der</strong>n die Lichtflecken innerhalb von Sev<strong>und</strong>en<br />
ihre Lage <strong>und</strong> Intensität.<br />
Wird ein Blatt von einem Lichtfleck getroffen, so kann die<br />
Beleuchtungsstärke auf das über 30fache ansteigen, was für<br />
■;e Photosynthese <strong>der</strong> Kräuter von großer Bedeutung ist.<br />
xswegen werden zur Bestimmung des Lichtgenusses <strong>der</strong><br />
xrautpflanzen in Prozent des vollen Tageslichts die Ver-<br />
¡leichsmessLingen am zweckmäßigsten an hellen, gleichiiäßig<br />
bewölkten Tagen vorgenommen. Aber sie können<br />
unreinen gewissen Anhaltspunkt geben. Besser ist es, wenn<br />
man die Tageslichtsummen für bestimmte Stellen am Wald-<br />
Wen automatisch registriert. Der Lichtgenuß <strong>der</strong> Kraut-<br />
■ihicht vor <strong>der</strong> Belaubung <strong>der</strong> Bäume ist sehr groß, er sinkt<br />
Jann mit <strong>der</strong> Entwicklung des Laubes rasch ab.<br />
Die günstigen Lichtverhältnisse vor <strong>der</strong> Belaubung nüt-<br />
;cn die Frühlingsgeophyten (Galanthus, Leucojum, Scilla,<br />
:l:aria, Corydalis, Anemone u. a.) aus. Es kommt ihnen zuiuie,<br />
daß die wenig geschwächte Sonnenstrahlung die<br />
Streu- <strong>und</strong> Humusschicht, in <strong>der</strong> die Geophyten wurzeln,<br />
■•hon im April auf 25 bis 30 °C erwärmt. Die lufthaltige<br />
Streuschicht hat eine geringe Wärmekapazität <strong>und</strong> infolgedessen<br />
eine sehr gute Temperaturleitfähigkeit. Die Bäume<br />
surzeln in tieferen Schichten, die sich kaum erwärmen, wodurch<br />
die Belaubung verzögert wird.<br />
In <strong>der</strong> kurzen Vorfrühlingszeit blühen <strong>und</strong> fruchten die<br />
I Geophyten <strong>und</strong> füllen ihre Reserven in den unterirdischen<br />
j Speicherorganen wie<strong>der</strong> für das nächste Jahr auf. Wenn die<br />
! Belaubung einsetzt, vergilben die Blätter <strong>der</strong> Geophyten <strong>und</strong><br />
• es setzt eine Ruhepause ein. Aber dieses Vergilben ist nicht<br />
1 nur durch die zunehmende Beschattung bedingt, son<strong>der</strong>n<br />
j rntspricht einem endogenen Entwicklungsrhythmus. Am<br />
I Licht ziehen die Geophyten noch früher ein. Es ist somit<br />
j | fine Pflanzengruppe, die befähigt ist, eine bestehende ökoi<br />
ogische Lücke (Nische) im Entwicklungsablauf <strong>der</strong> Laub-<br />
¡, Wäl<strong>der</strong> auszufüllen.<br />
Die Frühlingsgeophyten werden auch als Ephem eroide<br />
iweichnet; denn sie zeichnen sich durch eine ebenso kurze<br />
<strong>Vegetation</strong>szeit aus wie die annuellen Ephemeren, sind je-<br />
Joch ausdauernde Arten mit unterirdischen Speicherorganen.<br />
Sie verhalten sich ökologisch ähnlich <strong>und</strong> besitzen fast<br />
denselben Entwicklungsrhythmus, bilden somit eine „Ar-<br />
Der Laubwald als Ökosystem 351
352 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong> Der Laubwald als Ökosystem 353<br />
beitsgruppe", die man als Synusie bezeichnet. Synusicn<br />
sind nur Teilsysteme innerhalb bestimmter Ökosysteme. Sie<br />
besitzen keinen eigenen Stoffkreislauf (vgl. S. 106).<br />
Im russischen Eichenmischwald (Goryschina 1974, <strong>Walter</strong><br />
1976) wurden folgende Vertreter von fünf Laubwaldsynusien<br />
unterschieden:<br />
1. Ephemeroide: Scilla sibirka, Ficaria verna, Corydalis solida.<br />
4.<br />
Anemone ranunculoides.<br />
2. Hemi-Ephemeroide: Dentaria bulbifera.<br />
3. Frühsommerarten: Aegopodium podagraria, Pulmonaria obscura,<br />
Asperula (Calium) odorata, Stellaria holostea.<br />
Spätsommerarten: Scrophularia nodosa, Stachys sylvatica.<br />
Campanula trachelium, Dactylis glomerata, Festuca gigantea.<br />
Immergrüne Arten: Asarum europaeum, Carex pilosa.<br />
5.<br />
Die einzelnen Synusien nutzen die verschiedenen Lichtphasen<br />
am Waldboden durch morphologisch/physiologische<br />
Anpassungen. So bildet Aegopodium zuerst kleine Lichtblättcr<br />
aus, dann im Sommer große Schattenblätter <strong>und</strong> schließlich<br />
im Herbst bei tieferen Temperaturen sehr kleine xeroniorphe,<br />
kälteresistente Blätter, die überwintern (Aegopodium hat<br />
keine Winterruhephase). Dasselbe findet auch bei StellarL<br />
<strong>und</strong> Asperula statt, nur bilden sich die verschiedenen Blätter<br />
nacheinan<strong>der</strong> an <strong>der</strong>selben vertikalen Sproßachse.<br />
Sehr verschieden ist bei den einzelnen Synusien <strong>der</strong> Assimilathaushalt,<br />
das heißt die Art, wie sie die Assimilate verwenden:<br />
Scilla verbraucht alle in <strong>der</strong> Zwiebel gespeicherten Assimilate<br />
zum Aufbau des Blütensprosses <strong>und</strong> <strong>der</strong> Blätter; erst<br />
gegen Ende <strong>der</strong> kurzen <strong>Vegetation</strong>szeit werden die neugebildeten<br />
Assimilate in die junge Zwiebel geleitG.für die Verwendung<br />
im nächsten Jahr.<br />
Dentaria dagegen beginnt frühzeitig die Reserven im Rhizom<br />
aufzufüllen <strong>und</strong> braucht deshalb für das Blühen <strong>und</strong><br />
Fruchten mehr Zeit. Aegopodium verbraucht die spärlicher<br />
Reserven, um die Lichtblätter auszubilden, die intensiv COassimilieren<br />
<strong>und</strong> die Reserven schon Anfang Mai auffüller.<br />
<strong>und</strong> zugleich die Assimilate für den Aufbau <strong>der</strong> Schattenblätter<br />
liefern.<br />
Die Spätsommerpflanze Scrophularia hat in <strong>der</strong> großer<br />
Knolle nur wenige Reserven zur Ausbildung <strong>der</strong> ersten Bläiter.<br />
Deren Assimilatausbeute ist im Schatten gering, so daN<br />
es bis zum Herbst dauert, bis <strong>der</strong> Sproß ausgewachsen r:<br />
<strong>und</strong> die Früchte reifen.<br />
Beim Assimilathaushalt von Asarum ist kennzeichnend,<br />
daß die vorjährigen (immergrünen) Blätter gleich nach den'<br />
Winter erneut assimilieren, sie sterben im Laufe des Früh-<br />
„aiimers ab, lange nachdem die Photosynthese <strong>der</strong> jungen<br />
Blätter voll eingesetzt hat.<br />
Die gesamte Phytomasse <strong>der</strong> Krautschicht ist nicht groß,<br />
akr ihre Bedeutung für das Ökosystem besteht darin, daß<br />
de rasch abgebaut wird <strong>und</strong> den Stoffumsatz im gesamten<br />
Ökosystem auf diese Weise för<strong>der</strong>t, während die Laubstreu<br />
>ich langsam zersetzt; die in letzterer enthaltenen Nährstof-<br />
:e stehen erst im nächsten Jahr zur Verfügung.<br />
Die meisten Arten <strong>der</strong> Krautschicht sind Hemikryptophyten,<br />
das heißt ihre Erneuerungsknospen werden an <strong>der</strong><br />
Basis <strong>der</strong> Sprosse angelegt <strong>und</strong> überwintern direkt unter <strong>der</strong><br />
Biidenoberfläche, geschützt durch die im Herbst abgefalleaen<br />
Laubblätter <strong>und</strong> eine eventuelle Schneedecke. Aller-<br />
■■¡ngs sind sehr viele Vertreter clonal gebaut, das heißt sie<br />
vermehren sich auf unterschiedlichste Weise durch Teilung,<br />
also vegetativ. Die Teilung <strong>der</strong> Mutterpflanze, die Bildung<br />
von Ausläufern, Sproß- o<strong>der</strong> Wurzelknollen dient immer<br />
auch dem Erhalt <strong>der</strong> Art <strong>und</strong> ihrer Verbreitung. Die Vielzahl<br />
an klonalen Typen hat van Groenendael et al. vergleichend<br />
zusammengestellt, dazu sind in Abb. 206 jeweils auch Artkispiele<br />
aus dem mitteleuropäischen Laubwald angeführt.<br />
Die Gesamtbiomasse <strong>der</strong> Krautschicht ist meist sehr gering<br />
(Abb. 207), setzt sich aber rasch um. Dabei reagiert<br />
1 zerfallende<br />
Pfahlwurzel<br />
Ohne Ausbreitung<br />
Trifolium pratense<br />
kurzer hypogeotroper<br />
Sproß im Boden<br />
1<br />
Dactylus glomerata<br />
Wurzelknolien<br />
Ranunculus ficaria<br />
kurzlebiger plagiotroper<br />
sproß im<br />
Boden<br />
rasig, graminoid<br />
Festuca ovina<br />
langlebige<br />
iKnollen<br />
Corydalis cava<br />
kurzlebige<br />
Knollen<br />
Corydalis solida<br />
Zwiebeln<br />
Caltha palustris Ornithogalum gussonei<br />
Wurzeln mit<br />
Adventivknospen<br />
sich ausbreitend<br />
langlebiges oberirdisches<br />
Rhizom<br />
V' t<br />
T j r r r ^ r '<br />
Rumex acetosella Lycopodium annotinum<br />
langlebiger epigeo- langlebiger hypotroper<br />
Sproß im geotroper Sproß im<br />
Boden<br />
Boden<br />
rIM'JLus Aegopodium podagraria<br />
kurzlebiger hypo<br />
geotroper Sproß<br />
im Boden<br />
kurzlebige plagiotrope<br />
Ausläufer<br />
Fragaria vesca<br />
unterirdische<br />
Sproßknollen<br />
Lycopus europaeus<br />
Asperula odorata<br />
Achselknospen<br />
Dentaria bulbifera<br />
Abb. 206.<br />
Verschiedene klonale Strukturen<br />
mit Angaben zur Ausbreitung<br />
<strong>und</strong> Lebensdauer <strong>der</strong> Verbindungen<br />
(nach V A N G r o e n e n d a e l<br />
etal. 1996).
354 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 207.<br />
Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> ober- <strong>und</strong><br />
unterirdischen Biomasse <strong>der</strong><br />
Krautschicht im Buchenwald im<br />
Solling im Jahre ¡969 <strong>und</strong><br />
1970. ¡970 begann die <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
später <strong>und</strong> das Jahr war<br />
regenreicher (nach E l l e n b e r c et<br />
al. ¡986).<br />
12<br />
k g / h a p - .<br />
r.«<br />
k iif E?<br />
4<br />
P f<br />
t i t« ■jf<br />
Si<br />
1970<br />
M<br />
J<br />
Sproß <strong>und</strong> Wurzel, je nach Wasser- <strong>und</strong> Nährstoffangeboi<br />
nicht jedes Jahr gleich, wie Abb. 207 zeigt. Auch die Anzahl<br />
<strong>der</strong> Sproße schwankt von Jahr zu Jahr sehr stark (Abb. 208|.<br />
Die Krautschicht kann sich den wechselnden Bedingungen<br />
sehr rasch anpassen.<br />
In Mastjahren, wie 1971, ist aber auch die Zahl <strong>der</strong> Buchenkeimlinge<br />
sehr hoch, geht dann allerdings die nächsten<br />
Jahre sehr stark zurück. Die wenigen (von einer Million<br />
Bucheckern vielleicht 0,1 bis 1 Jungpflanzen), di;^ verbleiben,<br />
reichen aber aus, um eine neue Baumgeneration zu gewährleisten.<br />
Für viele Arten <strong>der</strong> Krautschicht im Walde wurde <strong>der</strong><br />
Lichtgenuß festgestellt. Sie haben ein Lichtgenußmaximum<br />
(L„,ax)' weil man sie nicht im vollen Tageslicht findet,<br />
<strong>und</strong> ein Lichtgenußminimum (L,,,,,,,), denn sie meidende::<br />
tiefsten Waldschatten. Beispiel für die beiden Grenzwerte in<br />
Prozent des Tageslichts sind: Lamium maculatum 67 bis 12“.!<br />
Lathyrus vernus 33 bis 20 %, Geranium robertianum 74 bis 4”l<br />
Prenanthes purpurea 10 bis 5 % (steril bis 3 %).<br />
L„vix wird durch den Wasserhaushalt bestimmt; denn die<br />
hygrophilen Arten verlangen einen feuchten Boden anj<br />
vertragen keine hohen Sättigungsdefizite <strong>der</strong> Luft, wie sie<br />
bei voller Einstrahlung auftreten.<br />
L„,in ist für die Pflanzen eine Hungergrenze. Die Lichtintensität<br />
reicht gerade noch aus, um die für die Entwicklunt
Der Laubwald als Ökosystem 355<br />
notwendige Stoffproduktion zu ermöglichen. Im allgemeinen<br />
beginnt im Wald bei 1 % des Tageslichts <strong>der</strong> tote Waldschatten,<br />
in dem nur die Fruchtkörper <strong>der</strong> heterotrophen<br />
Pilze anzutreffen sind, aber auch Holosaprophyten unter<br />
den Blütenpflanzen, zum Beispiel die Vogelnestorchidee<br />
iNeottia nidus-avis).<br />
Ein weiterer für die Krautschicht sehr wichtiger Faktor ist<br />
die Konkurrenz <strong>der</strong> Baumwurzeln. In den trockenen Waldgebieten<br />
an <strong>der</strong> Grenze zu den Waldsteppen ist <strong>der</strong> Wasser-<br />
[aktor von großer Bedeutung. Die Bäume, <strong>der</strong>en Zellsaftkonzentration<br />
höher ist als die <strong>der</strong> Kräuter, vermögen hohe<br />
Saugspannungen in Saugwurzeln zu entwickeln <strong>und</strong> damit<br />
das Wasser dem Boden besser zu entziehen als die Kräuter.<br />
Die Folge davon ist, daß in solchen Buchenwäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Boden<br />
nackt ist (Fagetum nudum). Wenn man dagegen die<br />
Baumwurzeln durchschneidet <strong>und</strong> damit ihre Konkurrenz<br />
ausschaltet, stellen sich Kräuter am Waldboden ein, ein Zeichen,<br />
daß nicht die Lichtverhältnisse <strong>der</strong> begrenzende Faktor<br />
waren, son<strong>der</strong>n das Wasser.<br />
Bei sehr flachgründigen Böden nehmen die Baumwurzeln<br />
auch die Nährstoffe für sich in Anspruch, insbeson<strong>der</strong>e<br />
den Stickstoff. Die Kräuter müssen sich mit dem begnügen,<br />
was die Baumwurzeln übrig lassen. Infolgedessen findet<br />
man in solchen Wäl<strong>der</strong>n nur anspruchslose Kräuter wie<br />
Liizula luzuloides, Avenella flexuosa, Potentilla sterilis, Vaccinium<br />
myrtUlus, u. a.<br />
Abb. 208.<br />
Unterschiedliche Zahl <strong>der</strong><br />
Sprosse einiger Arten des Buchenwalds<br />
in vier aufeinan<strong>der</strong>folgenden<br />
Sommerhalbjahren ab<br />
1968. Avenella wurde 1968<br />
noch nicht gezählt (aus E l l e n <br />
b e r g et al 1986).<br />
250<br />
o225<br />
8<br />
¿200<br />
«<br />
"5<br />
0 175-<br />
s '25<br />
9 75<br />
0<br />
1 150-<br />
?100-<br />
50-<br />
25-<br />
. Luzula luzuloides<br />
. Oxalis acetosella<br />
. Avenella flexuosa<br />
. Fagus-Jungwuchs<br />
|- 500<br />
- 450<br />
- 400 §<br />
c<br />
- 350 ^<br />
- 300 -o c D<br />
- 250 1<br />
C<br />
><br />
200 <<br />
C o ><br />
■ 150 s CÖ<br />
N<br />
C2<br />
- 100 I »<br />
CO<br />
- 50<br />
J J A S O N<br />
1968<br />
A M J J A S<br />
1969<br />
J J A S O<br />
1970<br />
A M J J A S O<br />
1971
356 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
e Wasserhaushalt<br />
Die Summe <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge ist im Solling die einzige Eingabegröße<br />
des Wasserumsatzes. Die Abgabe verteilt sich auf<br />
Verdunstung <strong>und</strong> Abfluß, die jeweils aus Teilgrößen bestehen<br />
(Abb. 209). Bei <strong>der</strong> Wasserhaushaltsgleichung (vgl.<br />
S. 72) kann man im Wald auch noch interne Wasserflüsse<br />
berücksichtigen, wie zum Beispiel Kronentrauf <strong>und</strong><br />
Stammablauf, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Buche eine Rolle spielt, bei <strong>der</strong><br />
Fichte aber vernachlässigbar ist (Abb. 210).<br />
Die Interzeption ist <strong>der</strong> Anteil an Wasser, <strong>der</strong> im Bestand<br />
zurückgehalten wird. Im Buchenwald wird <strong>der</strong> Spaziergänger<br />
ab 3 mm Regen richtig naß, im Fichtenwald erst ab etwa<br />
5 mm Nie<strong>der</strong>schlag.<br />
Von den auf den Wald fallenden Nie<strong>der</strong>schlägen werden<br />
von den Kronen <strong>der</strong> Buchen im Mittel 17 % (Sommerhalbjahr,<br />
da sommergrün), von den Fichten etwa 27 % (ganzjährig,<br />
da immergrün) zurückgehalten. Der Rest tropft<br />
entwe<strong>der</strong> durch o<strong>der</strong> läuft an den Stämmen ab. In Trockenjahren<br />
ist die Interzeption deutlich höher als in Naßjahren.<br />
Abb. 209.<br />
Kompartiment-Modell des Wasserhaushalts<br />
im Ökosystem mit<br />
ebener Lage im Solling (As =<br />
unterirdischer Abfluß: E = Evaporation:<br />
I = Interzeption:<br />
N = Nie<strong>der</strong>schlag: Nd = Kronentrauf:<br />
Ns = Stammablauf:<br />
dR = Speichergröße: T = Transpiration).<br />
Die Breite <strong>der</strong> Pfeile<br />
deutet die Größenordnung an<br />
(nach E l l e n b e r g et al. 1986).<br />
-t-Z-dR<br />
Ökosystem-Grenze<br />
Prot Ibasis<br />
L f__<br />
Untergr<strong>und</strong>
Der Laubwald als Ökosystem 357<br />
Abb. 210.<br />
Interzeption, Kronentrauf <strong>und</strong><br />
Stammablauf in den Monaten<br />
voller Belaubung bei Buche <strong>und</strong><br />
Fichte in Abhängigkeit vom<br />
Freilandnie<strong>der</strong>schlag. Bei <strong>der</strong><br />
Fichte ist <strong>der</strong> Stammablauf vernachlässigbar<br />
(nach E l l e n b e r g<br />
etal. ¡986).<br />
Der im Winter am Waldboden angereicherte Schnee taut<br />
imFrühjahr langsam <strong>und</strong> das Schmelzwasser versickert fast<br />
vollständig in die Streuschicht. Die Transpiration <strong>der</strong> Baumschicht<br />
ist so stark, daß im Sommer unter Wald kein Wasser<br />
dem Gr<strong>und</strong>wasser zugeführt wird. Die Wasserabgabe <strong>der</strong><br />
Krautschicht ist fünf- bis sechsmal geringer. Ein gut ausgebildeter<br />
Laubwald im Waldsteppengebiet verbraucht praktisch<br />
alles Wasser, das durch die Nie<strong>der</strong>schläge zugeführt<br />
wird, ein Buchenwald in Mitteleuropa dagegen nur 50 bis<br />
60% <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge, wobei in den Sommermonaten<br />
auch hier kein Überschuß vorhanden ist.
358 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
^ Der Fichtenwald läßt<br />
in nassen Jahren (1970)<br />
bis 880 mm ins Gr<strong>und</strong>wasser<br />
durch, in Trockenjahren<br />
(1971) nur 232 mm.<br />
Die entsprechenden Werte<br />
für den Buchenwald<br />
sind; 1970: 973 mm;<br />
1971: 304 mm. Dies sind<br />
die Werte, die letztlich<br />
zur Gr<strong>und</strong>wasserneubildung<br />
jeweils beitragen.<br />
Im Solling wurden, entsprechend des in Abb. 209 gezeigten<br />
Wasserumsatzmodells auch die Durchflüsse durch einzelne<br />
Bodenschichten mit Hilfe von Tensiometern (Bodensaugspannung),<br />
Lysimetern (mit Absaugvorrichtungen) <strong>und</strong><br />
mit Tritiumwasser gemessen. Das Infiltrationswasser im Boden,<br />
soweit es nicht von den Pflanzenwurzeln aufgenommen<br />
wird, dringt im Laufe eines Jahres unter Buchen<br />
1,65 m in die Tiefe vor, unter Fichten 1,20 m.<br />
Setzt man die bei <strong>der</strong> Produktion festgelegte chemische<br />
Energie in Relation zu <strong>der</strong> auf einen Hektar Wald eingestrahlten<br />
Energie, so erhält man etwa 2 % für die Bruttoproduktion<br />
<strong>und</strong> 1 % für die primäre Produktion. Ein Drittel<br />
<strong>der</strong> eingestrahlten Energie wird für die Transpiration verbraucht,<br />
insgesamt etwa 80 % für die Verdunstung von Wasser<br />
(Evaporation, Interception), <strong>der</strong> Rest wird in Wärme<br />
umgewandelt.<br />
Die Kopplung <strong>der</strong> C02-Assimilation mit <strong>der</strong> Transpiration,<br />
beide Vorgänge werden ja durch ein <strong>und</strong> dieselben Spalten<br />
reguliert, kann quantitativ mit dem Transpirationskoeffizienten<br />
ausgedrückt werden. Krautige Pflanzen (zum<br />
Beispiel Weizen) verbrauchen 540 kg Wasser, um 1kg Pflanzensubstanz<br />
zu produzieren. Die Buche im Solling hat im<br />
Mittel einen Transpirationskoeffizienten von nur 180, die<br />
Fichte von 220. Auf welche Weise die Buche ihre so beson<strong>der</strong>s<br />
rationelle Leistung vollbringt, läßt sich teilweise aus<br />
den Gaswechselmessungen ablesen (vgl. Abb. 202). Je nach<br />
Beleuchtungsstärke, Luftleuchte <strong>und</strong> COj-Konzentration regulieren<br />
die Blätter die Stomaweite so rasch, daß sie sich je<strong>der</strong><br />
Än<strong>der</strong>ung sofort anpassen. Außerdem ist die Photosynthese<br />
<strong>der</strong> dünnen, also mit wenig Substan"c| gebauten<br />
Schattenblätter <strong>der</strong> Buche im Verhältnis zu ihrem Trockengewicht<br />
ebenso effektiv wie die <strong>der</strong> Sonnenblätter. Infolgedessen<br />
vermag die Buche das Sonnenlicht wesentlich besser<br />
auszunutzen als die Eiche, die nur etwa drei Schichten von<br />
Sonnenblättern ausbildet, während bei <strong>der</strong> Buche zusätzlich<br />
noch drei bis vier Schichten Schattenblätter dazukommen.<br />
Darunter ist wegen des Lichtmangels die Stoffproduktion<br />
<strong>der</strong> Kraut- <strong>und</strong> Moosschicht auf sauren Böden unbedeutend,<br />
während sie in Eichenmischwäl<strong>der</strong>n beträchtlich sein<br />
kann.<br />
Insgesamt ergibt sich, daß im Solling für die Buche kaum<br />
jemals Wassermangel auftritt.<br />
f Der lange Kreislauf (Konsumenten)<br />
Die Rolle <strong>der</strong> Tiere in einem Ökosystem ist in erster Linie<br />
durch ihre Nahrungsbeziehungen geprägt. Die Mannigfaltii:-
Der Laubwald als Ökosystem 359<br />
N (lII t K c<br />
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Abb. 211. Wesentliche Nahrungsbeziehungen im Buchenwald des Solling (aus E l l e n b e r g et al. 1986).<br />
(/)
360 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
E<br />
< Hainsimsen-Buchenwald<br />
lndiv-m’2 g<br />
10^<br />
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10 E<br />
Ernährung überwiegend Q -phytophag<br />
• -saprophag<br />
x -zoophag<br />
▲ -pantophag<br />
Abb. 212.<br />
Die Individuen-Dichten einzelner<br />
Tiergruppen im Buchenwald<br />
des Solling mit Angabe <strong>der</strong> überwiegenden<br />
Ernährung (logarithmische<br />
Ordinate in Individuen<br />
pro m^: Nematoden <strong>und</strong> Aphidinen<br />
mit ergänzenden Daten)<br />
(nach E l l e n b e r g et al. 1986).<br />
keit <strong>der</strong> Nahrungsketten mit ihren Verflechtungen ist so<br />
groß, daß sie noch für kein Ökosystem vollständig erlaßi<br />
wurden.<br />
Die Pflanzen werden von verschiedenen Parasiten, vorwiegend<br />
Pilzen, <strong>und</strong> einer großen Zahl von Insektenschädlingen<br />
befallen. Ihre einzelnen Organe dienen verschiedenen<br />
Phytophagcn als Nahrung <strong>und</strong> diese bilden ihrerseits die<br />
Nahrung <strong>der</strong> Rauborganismen 1. Ordnung <strong>und</strong> zwar dr<br />
großen (Vögel, Säugetiere) sowie <strong>der</strong> kleinen Räuber unter<br />
den Wirbellosen. Diese werden von Räubern 2. Ordnung gefressen,<br />
zum Beispiel Vögeln o<strong>der</strong> Spitzmäusen, die Raubin-<br />
Sekten fangen. Einige quantitativ bedeutsame Nahrungsbe-
Ziehungen im Buchenwald des Solling sind in Abb. 211 gezeigt.<br />
Allerdings sollte man sich vergegenwärtigen, daß vie-<br />
, <strong>der</strong> angegebenen Beziehungen nicht eindeutig sind, son<strong>der</strong>n<br />
oft nur fakultativ o<strong>der</strong> gar episodisch. Insgesamt lassen<br />
»ich zwei Hauptwege erkennen: eine Phytophagennahrungskette,<br />
die von leben<strong>der</strong> Pflanzensubstanz, haupt-<br />
-zchlich Buchenlaub abhängt <strong>und</strong> eine Saprophagennah-<br />
Mngskette, die von <strong>der</strong> hauptsächlich am Boden lagernden<br />
:,)ten organischen Substanz ausgeht.<br />
Die chemische Energie in <strong>der</strong> Nahrung <strong>der</strong> tierischen Oranismen<br />
wird nur zu einem sehr kleinen Teil in die sekun-<br />
Järe Produktion, das heißt tierische Körpersubstanz umgei'.andelt.<br />
Zum größten Teil wird sie mit den Exkrementen<br />
jusgeschieden o<strong>der</strong> veratmet.<br />
Wenn man die Blätter o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Organe <strong>der</strong> Pflanzen<br />
cenaiier betrachtet, so erkennt man, wie häufig sie beschädigt<br />
sind. Schon allein bei <strong>der</strong> Eiche wird man leicht über<br />
Der Laubwald als Ökosystem 361<br />
A b b . 213.<br />
Die Zoomasse einzelner Tiergruppen<br />
im Buchenwald des<br />
Solling (logarithm. Ordinate in<br />
mgTG pro m^) (nach E l l e n b e r g<br />
etal. 1986).<br />
H a in s im s e n -B u c h e n w a ld
362 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Jugendphase Optimalphase , Altersphase , Zerfallsphase<br />
Bewohner<br />
teilweise<br />
abgestorbener<br />
Wurzelstöcke<br />
Zunehmende Anzahl <strong>der</strong> Käfergilden<br />
Abb. 214.<br />
Die im Laufe des langen natürlichen<br />
Lebenslaufes einer Eiche<br />
auftretenden Käfergemeinschaften<br />
(aus L e i c h t ¡996).<br />
20 Insektenarten finden, die von den Blättern o<strong>der</strong> den<br />
Knospen, <strong>der</strong> Rinde o<strong>der</strong> dem Holz leben; bereits die Zahl<br />
<strong>der</strong> gallenerzeugenden Insekten ist bei <strong>der</strong> Eiche o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Buche sehr groß.<br />
Im Solling hat man in jahrelanger Kleinarbeit versucht,<br />
eine Übersicht über die vorkommenden Tiergruppen <strong>und</strong><br />
ihre Nahrungsgr<strong>und</strong>lage zu erarbeiten. In Abb. 212 sind die<br />
wichtigsten Gruppen nach ihrem zahlenmäßigen Auftreten<br />
an Individuen dargestellt. Es ist verständlich, daß die mikroskopisch<br />
kleinen Gruppen dabei in riesigen Individuenzahlen<br />
auftreten können. In Abb. 213 ist als Bezugssystem die<br />
Biomasse <strong>der</strong> einzelnen Organismengruppen im Flächenbezug<br />
gegenübergestellt. Viele dieser Arten sind Boden- o<strong>der</strong><br />
Altholzbewohner.<br />
Eine Untersuchung von A ltb ä u m e n in Bayern ergab für<br />
die Käferfauna; von etwa 8000 heimischen Käferarten sind<br />
ca. 2000 Altholzbewohner. Dabei än<strong>der</strong>n sich die Käfergemeinschaften<br />
im Laufe des Lebensalters einer Eiche ganz erheblich,<br />
wie dies in Abb. 214 gezeigt ist. Viele dieser Aliholzbewohner<br />
sind Urwaldreliktarten, die früher (vor sechs
,i<strong>der</strong> acht Baumgenerationen, in den Zeiträumen <strong>der</strong> Evolulion<br />
gerechnet vor wenigen Augenblicken), also etwa vor<br />
2000 Jahren weit verbreitet waren <strong>und</strong> heute auf wenige<br />
Standorte zurückgedrängt sind. Damals war wohl Totholz<br />
<strong>und</strong> waren Altbäume die häufigsten organischen Substrate,<br />
demzufolge sich so viele Kleintierarten diesen Lebensraum<br />
erobert haben (Leicht 1996). Die Vielfalt <strong>der</strong> Habitatstrukturen<br />
in einem Altbaum ist in Abb. 215 angegeben. Aber es<br />
gibt kaum mehr Altbäume.<br />
Der Laubwald als Ökosystem 363<br />
i _ Der Erhalt von Altbäumen<br />
<strong>und</strong> historisch alten<br />
Waldbeständen spart viel<br />
Zeit <strong>und</strong> erfor<strong>der</strong>t Abkehr<br />
von unnötigen „Pflegemaßnahmen"<br />
<strong>und</strong> „übertriebener<br />
Baumsanierung".<br />
Verständnis für<br />
natürliche Prozesse, aber<br />
auch vernünftiges Umgehen<br />
mit <strong>der</strong> Natur <strong>und</strong><br />
kein Beharren auf <strong>der</strong><br />
„Verkehrssicherungspflicht"<br />
(Leicht 1996) ist<br />
gefor<strong>der</strong>t.<br />
am Boden liegendes<br />
Totholz<br />
(größere Holzteile)<br />
* Abb. 215.<br />
Übersicht über die an<br />
einem alten Baum bedeutsamen<br />
Habitatstrukturen<br />
im Alt<strong>und</strong><br />
Totholz (aus<br />
Leicht ¡996).
364 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 216.<br />
Schematische Zeichmmgen <strong>der</strong><br />
Humusprofüe im Buchenwald<br />
<strong>und</strong> Fichtenforst des SoUing (aus<br />
Ellenbf.rg et al. ¡986).<br />
30<br />
Ahe<br />
rPS<br />
Blattreste<br />
an<strong>der</strong>e Pflanzenreste<br />
•/.' Wurzeln,Wurzelreste<br />
^ organische<br />
Feinsubstanz<br />
B1<br />
g Destruenten in <strong>der</strong> Streu <strong>und</strong> im Boden<br />
Der größte Teil des jährlichen Abfalls eines Laubwaldes besteht<br />
aus toten, vergilbten Blättern <strong>der</strong> Streuschicht über<br />
dem Boden. Sie wird sofort von Bodenorganismen zerkleinert<br />
<strong>und</strong> dann von Mikroorganismen, Pilzen <strong>und</strong> Bakterien,<br />
befallen <strong>und</strong> abgebaut. Die Kleintierwell <strong>der</strong> Saprophagen<br />
ernährt sich von <strong>der</strong> Streu, durch <strong>der</strong>en Zerkleinerung erleichtert<br />
sie den Mikroorganismen den Zutritt. Neben Insektenlarven<br />
<strong>und</strong> zahllosen an<strong>der</strong>en Arthropoden sind es, wie<br />
oben ausgeführt, vor allem jedoch Regenwürmer, m <strong>der</strong>en<br />
Kolklümpchen die Bakterien eine rege Tätigkeit entfalten.<br />
Genauer, auch quantitativ, wurde die Tätigkeit dieser Tiere<br />
in Laubwaldbeständen untersucht ( E d w a r d s et al. 1970).<br />
Der Laubfall im Herbst ist Ende Oktober, oft innerhalb<br />
weniger Tage, abgeschlossen. Aus <strong>der</strong> Streu werden zunächst<br />
Zucker, organische Säuren <strong>und</strong> Gerbstoffe durch Regen<br />
ausgelaugt.<br />
Der weitere Abbau erfolgt um so rascher, je kleiner das<br />
C/N-Verhältnis <strong>der</strong> Streu ist. Bis zum nächsten Juni verliert<br />
Nadelreste<br />
pilzliche Zersetzung<br />
tierische Zersetzung<br />
仫 große Larvenlosungen<br />
. a ä Mineralboden, Risse<br />
Enchyträenlosungen<br />
j f i alte Wurnnlosungen<br />
Ln “ i j . o -er ^<br />
^ “ » ■<br />
Ahh<br />
Fr %<br />
Ahu<br />
Birkenstreu etwa 4/5 ihres Trockengewichts,<br />
Lindenstreu die Hälfte <strong>und</strong><br />
die schwer zersetzbare Eichenstreu<br />
nur etwa ein Viertel.<br />
Die Mineralisierung <strong>der</strong> Streu ist<br />
keine vollständige, vielmehr bilden<br />
sich auch Humusstoffe, die bei Absättigung<br />
mit Ca den Mull-Horizont<br />
ergeben, <strong>der</strong> reich an Lumbriciden<br />
(Regenwürmern) ist, bei saurer Reaktion<br />
den Mo<strong>der</strong>-Horizont mit Üribatiden<br />
(Hornmilben) <strong>und</strong> Collembolen<br />
(Springschwänzen). Im extremen Fall<br />
bei stark saurer Reaktion entsteht<br />
eine schwer zersetzbare Rohhitmus-<br />
Schicht fast ohne tierische Organismen,<br />
aber reich an Pilzhyphen. Die<br />
Feinstruktur <strong>der</strong> obersten organischen<br />
Humusauflage (H) <strong>und</strong> Streu<br />
(L) läßt Unterschiede zwischen Buchenwald<br />
<strong>und</strong> Fichtenforst im Sollina<br />
deutlich werden (Abb. 216). Im Fichtenhumus<br />
ist das Gefüge lockerer, es<br />
sind weniger Feinwurzeln, Pilzmycelien<br />
<strong>und</strong> Tiere vorhanden. Der<br />
Streuabbau bis zum Fm (dem Vermo<strong>der</strong>ungshorizont<br />
mittlerer Zersei
Der Laubwald als Ökosystem 365<br />
Abb. 217.<br />
Schwankungen des TG (g/ha)<br />
<strong>der</strong> Fruchtkörper von Mycorrhizapilzen<br />
<strong>und</strong> aller Höheren<br />
Pilze zwischen Juni <strong>und</strong> November<br />
im Feuchtjahr 1970 im<br />
Buchenwald des Solling (nach<br />
E l l e n b e r g et al. 1986).<br />
zung) dauert im Buchenwald etwa 41/2, im Fichtenforst<br />
nur 2 1/2 Jahre.<br />
Satchell (aus Duvigneaud 1974) gibt für die einzelnen<br />
Bodenorganismengruppen eines englischen Eichenwalds<br />
auf Kalkboden die Aktivität, das heißt die Atmung in Kilokalorien<br />
pro Quadratmeter <strong>und</strong> Jahr an:<br />
• Wirbellose (Dipteren, Collembolen, Oribatiden, Mollusken,<br />
Enchytraeiden, Lumbriciden, Nematoden, Protozoen)<br />
zusammen 361 kcal pro m^ <strong>und</strong> Jahr.<br />
• Bakterien <strong>und</strong> Actinomyceten: 77 kcal pro m^ <strong>und</strong> Jahr.<br />
• Am bedeutendsten ist die Tätigkeit <strong>der</strong> Pilze: in <strong>der</strong> Streuschicht<br />
543, im Humus 220 <strong>und</strong> in den A- sowie B-Horizonten<br />
380, also zusammen 1143 kcal pro m^ <strong>und</strong> Jahr.<br />
Dabei ist die Masse <strong>der</strong> Mikroorganismen im Vergleich zu<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wirbellosen sehr gering.<br />
Das auf dem Boden liegende tote Holz wird zu 90 % durch<br />
Mikroorganismen, vor allem Pilze zerstört. Die Pilze haben<br />
darübcrhinaus ja auch noch eine große Bedeutung als Mytorrhizapartner<br />
für die Bäume. Im Solling sind knapp die<br />
Hälfte <strong>der</strong> Höheren Pilze als Mycorrhizapilze einzustufen.<br />
Das Maximum <strong>der</strong> Fruchtkörperbildung liegt im September<br />
(Abb. 217); bei den an<strong>der</strong>en Pilzen gibt es allerdings auch im<br />
Sommer Fruchtkörperbildungen. Dies wird mit einem unterschiedlichen<br />
Wuchsstoffgleichgewicht zwischen Pilzwurzei<br />
<strong>und</strong> Baum bei <strong>der</strong> Mycorrhizasymbiose erklärt.<br />
h Ökosystem Solling<br />
Abschließend zu <strong>der</strong> etwas ausführlicher dargestellten Erörterung<br />
einiger Phänomene des nemoralen Buchenwalds soll<br />
noch kurz auf einen Vergleich <strong>der</strong> Produktivität <strong>der</strong> ver-
366 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 218.<br />
Jährliche Netloprimärproduktion<br />
auf den im Solling untersuchten<br />
Probeflächen<br />
(Buchenwald, Fichtenforst,<br />
Goldhaferwiese (NPK = vollgedüngt:<br />
PK = ohne Stickstoff:<br />
0 = ohne Düngung), Weidelgrasacker)<br />
angegeben in<br />
1000 MJ pro ha (offene Säulen:<br />
Schätzwerte) (nach E l l e n b e r g et<br />
al. 1986).<br />
Buche Fichte Wiese<br />
3000<br />
Acker<br />
n B4 B3 B1 F3 F1 F2<br />
60i 69j 123j 42j 85j 116j O PK NPK a<br />
I Grobstreu H Ä s t e ”<br />
■ Fein w u rzeln<br />
I I Feinstreu lUüll Derbholz ■ Zuwachs<br />
ilättfir ^ 3<br />
□ Blätter<br />
(Streu) Grobwurzeln<br />
schiedenen untersuchten Flächen <strong>und</strong> auf den Energiedurchfluß<br />
hingewiesen werden. In Abb. 218 ist die jährliche<br />
Nettoprimärproduktion <strong>der</strong> im Solling untersuchten Probeflächen<br />
dargestellt. Erstaunlicherweise ist die Produktivität<br />
<strong>der</strong> gedüngten Wiesen <strong>und</strong> die eines Ackers gleich groß wie<br />
die <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>. Unter den im Solling gegebenen Klima- <strong>und</strong><br />
Abb. 219.<br />
Energiefluß im Solling-Buchenwald<br />
(z. T. nach Atmungswerten<br />
berechnet (Zahlen in kJ<br />
pro <strong>und</strong> a: in Klammern unter<br />
<strong>der</strong> Annahme, daß 5 % <strong>der</strong><br />
organischen Substanz in Dauerhumus<br />
übergeht: bei den Carnivoren<br />
wird angenommen, daß<br />
sie etwa 10 % <strong>der</strong> saprophagen<br />
uitd herbivoren Tiere fressen)<br />
(nach E l l e n b e r g et al. 1986).
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 367<br />
Bodenbedingungen haben die verschiedenen Pflanzenbesiände<br />
eine annähernd gleich große Produktivität. Die<br />
Produktivität ist in Abb. 219 ausgedrückt als Maß <strong>der</strong> Energiebindung.<br />
Dieser Durchfluß an Energie durch die wesentlichen<br />
Kompartimente läßt erkennen, daß unter den Heterotrophen<br />
die Zersetzer den größten Energieumsatz haben.<br />
Dies kennzeichnet den kurzen Kreislauf organischer Subsianz,<br />
während durch den langen Kreislauf (über Herbivore<br />
<strong>und</strong> Carnivore) wie auch von an<strong>der</strong>en Landökosysteinen<br />
bekannt, verschwindend wenig umgesetzt wird. Interessanterweise<br />
ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Zoophagen sogar größer als<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Herbivoren; die Nahrungspyramide wird hier durch<br />
einen hohen Anteil saprophager Tiere „verfälscht".<br />
Der Solling als niedriges Mittelgebirge weist in gewisser<br />
Weise auch schon montane Züge auf, die Nie<strong>der</strong>schläge sind<br />
gegenüber dem tiefer liegenden Umland deutlich erhöht,<br />
Bewölkung gibt es häufiger <strong>und</strong> die Temperatur ist etwas erniedrigt.<br />
In den an<strong>der</strong>en Mittelgebirgen <strong>und</strong> erst recht in<br />
den Nordalpen wird aber die dritte Dimension, die orozonale<br />
Abfolge, deutlicher.<br />
6 Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die<br />
alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze<br />
Die Alpen trennen Mitteleuropa (ZB VI) von Südeuropa (ZB<br />
IV) wie ein Querriegel ab. Geologisch sind die Alpen gekennzeichnet<br />
durch die „kristallinen" Zentralalpen <strong>und</strong><br />
Abb. 220.<br />
Schema <strong>der</strong> geologischen Situation<br />
<strong>der</strong> Gebirge int mittleren Europa<br />
(aus O zEN D A ¡994).<br />
m Granit <strong>und</strong> Gneis<br />
I Glimmerschiefer<br />
[v] Vulkanite<br />
□ Kalk<br />
B Sandsteine <strong>und</strong> Flysch
368 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
durch Kalkgesteine in den ländlichen Alpenketten sowohl<br />
<strong>der</strong> Nord- wie <strong>der</strong> Südalpen (Abb. 220). Dies hat Auswirkungen<br />
auf die Flora <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong>.<br />
a Höhenstufen<br />
Die Höhenstufen des Orobioms VI sind am Alpennordrand<br />
gut ausgebildet. Mit zunehmen<strong>der</strong> Höhe sinkt die mittlere<br />
Jahrestemperatur <strong>und</strong> verkürzt sich die <strong>Vegetation</strong>szeit. Die<br />
direkte Sonnenstrahlung nimmt mit <strong>der</strong> Höhe zu, aber die<br />
diffuse wird geringer; infolgedessen werden die VVärmeunterschiede<br />
zwischen S- <strong>und</strong> N-Hang immer schärfer. Durch<br />
den Windstau am Alpennordrand steigen die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
mit <strong>der</strong> Höhe rasch an, zum Beispiel München (569 m NN)<br />
866 mm, Wendelstein (1727 m NN) 2869 mm.<br />
Demnach än<strong>der</strong>t sich die <strong>Vegetation</strong> in den Noid-Alpen:<br />
Stufe<br />
<strong>Vegetation</strong><br />
Nivale<br />
Polsterpflanzen, Moose <strong>und</strong> Flechten<br />
- >Klim atische Schneegrenze bei 2400 m NN<br />
Alpine<br />
Alpine Matten <strong>und</strong> Rasen<br />
Subalpine , J^ummholz <strong>und</strong> Zwergsträucher<br />
-» Waldgrenze bei 1 8 ^ m NN<br />
Hochmontane ' ^ Fichtenwald<br />
Montane<br />
Buchen- <strong>und</strong> Tannenwald<br />
Submontane Buchenwald<br />
Colline<br />
Eichenmischwald<br />
Nivalstufe<br />
Abb. 221.<br />
Die Schwankungen <strong>der</strong> Baum<strong>und</strong><br />
Schneegrenze im Spät- <strong>und</strong><br />
Postglazial in den Schweizer<br />
Zentralalpen (nach O z e n d a<br />
1994). Durch die menschlichen<br />
Aktivitäten ist die aktuelle Waldgrenze<br />
heute tiefer als die potentielle<br />
Waldgrenze, die <strong>der</strong> Baumgrenze<br />
entspricht.
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 369<br />
Da die Alpen ein interzonales Gebirge sind, haben wir es am<br />
Alpensüdrand mit einer Höhenstufenfolge von Orobiom IV<br />
zu tun <strong>und</strong> die Baumgrenze wird von <strong>der</strong> Buche gebildet.<br />
An<strong>der</strong>s sind auch die Stufenfolgen in den kontinentalen inneralpinen<br />
Tälern; die Laubwaldstufen fehlen, unter <strong>der</strong><br />
Fichtenstufe ist eine Kiefernstufe, über <strong>der</strong> Fichtenstufe folgt<br />
bis zur Waldgrenze eine Lärchen (Larix)-Arven (Pinus_ cembra^-5iU|.e.<br />
Die Waldgrenze i^lV A bb.j^iT fielt Thier ebenso<br />
wie die Schneegrenze ui^'iOÖ bis 6 0 ^ ^ höher infolge <strong>der</strong><br />
stärkeren Einstrahlung bef geringerer Bewölkung. Wir un-<br />
;erscheiden eine helvetische (Nordrand), penninische (Zentralalpen)<br />
<strong>und</strong> insubrische (Südrand) Höhenstufenfolge:<br />
Helvetische<br />
Hnhenstufenfolge<br />
(mitteleuropäisch)<br />
alpine Stufe<br />
Fichtenwald<br />
Buchenwald<br />
Eichenwald<br />
Penninische<br />
(kontinental)<br />
alpine Stufe<br />
Lärchen-Arvenwald<br />
Fichtenwald<br />
Kiefernwald<br />
Insubrische<br />
Höhenstufenfolge<br />
(submediterran)<br />
alpine Stufe<br />
Buchenwald<br />
Flaumeichenwald<br />
Hartlaub (zum Teil)<br />
b Waldgürtel<br />
Die oberste Waldstufe in den Zentralalpen bilden die europäische<br />
Lärche (Larix deddua) <strong>und</strong> die Arve o<strong>der</strong> Zirbe (Pimis<br />
cembra), die mit <strong>der</strong> sibirischen Unterart nahe verwandt<br />
ist. Die Lärche ist dabei die lichtliebende Pionierart, die von<br />
<strong>der</strong> mehr schattenvertragenden fünfnadeligen Arve mit <strong>der</strong><br />
Zeit verdrängt wird. Auf den Lawinenzügen geht die Lärche<br />
bis in tiefe Lagen hinunter.<br />
Über <strong>der</strong> Waldgrenze findet man als Krummholz die<br />
zvveinadelige Legföhre o<strong>der</strong> Latsche (Pinus montana), die an<br />
leuchten Standorten von <strong>der</strong> straüchformigeh~Gfünerl£_('.AZv.-<br />
nui virid^k) abgelöst wird. -----<br />
Über die Ökologie <strong>der</strong> Fichten-Biogeozöne vgl. S. 371, 438f.<br />
Am Nordrand <strong>der</strong> Alpen hat man die für die Fichtenwaldgrenze<br />
(Abb. 222) maßgebenden Ursachen untersucht.<br />
Mit <strong>der</strong> Höhe verkürzt sich die <strong>Vegetation</strong>szeit, die<br />
Sommer werden kühler, die Winter kälter <strong>und</strong> länger. Diese<br />
klimatischen Verän<strong>der</strong>ungen gehen stetig vor sich. Im<br />
Gegensatz dazu bildet die Waldgrenze im Hochgebirge eine<br />
ziemlich scharfe Linie. Die Wuchskraft <strong>der</strong> Bäume läßt plötzlich<br />
nach <strong>und</strong> eine nur sehr schmale Zone mit niedrigen<br />
Krüppelformen (Abb. 223) bildet den Übergang zu <strong>der</strong> waldlosen<br />
alpinen Stufe.<br />
Man hat sich die Frage vorgelegt, ob <strong>der</strong> kurze Sommer<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> lange Winter für das Aufhören des Baumwuchses
370 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Abb. 222.<br />
Die Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze in<br />
Vorarlberg bei Bludenz. Blick<br />
von <strong>der</strong> Saladinaspitze (Freiburger<br />
Hütte) nach Süden auf die<br />
gegenüberliegenden Nordhänge<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
Abb. 223.<br />
Die Fichtenw aldgrenze m it<br />
w indgefegten K rüppelfichten am<br />
Tegelberg bei F üßen (1600 m<br />
N N ) (phot. S.-W . B reckle).<br />
verantwortlich ist. Es zeigte sich, daß beide von Bcdeutuna<br />
sind. Wenn die <strong>Vegetation</strong>szeit unter drei Monaten liegt<br />
können die jungen Nadeln nicht mehr richtig ausreifen: ihre<br />
Cuticula erreicht nicht die endgültige Dicke. Die Folge davon<br />
ist, daß während des langen Winters <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e im<br />
Frühjahr bei schon starker Sonnenstrahlung, aber noch gefrorenem<br />
Boden hohe Wasserverluste eintreten, die durch<br />
das Ansteigen <strong>der</strong> Zellsaftkonzentration bis über 6,5 MPa<br />
angezeigt werden. Schäden durch Frosttrocknis machen sich<br />
bemerkbar <strong>und</strong> die Nadeln fallen ab. Unter einer Schneedecke<br />
tritt das nicht ein; deshalb gehen die im Winter diircli<br />
»Schnee geschützten Krüppelformen noch etwas über die<br />
Waldgrenze hinaus. Durch das Zusammenwirken bei<strong>der</strong><br />
Faktoren, <strong>der</strong> sich verkürzenden Vergetationszeit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
gleichzeitig sich verschärlendenT^fosttroikSisgetatif, kommi
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 371<br />
Jie scharie Grenze in einer bestimmten Höhenlage zustande.<br />
Die Latschen, die über <strong>der</strong> Fichtenwaldgrenze wachsen, hallen<br />
eine etwas kürzere <strong>Vegetation</strong>szeit aus, aber einige<br />
lOOm höher wie<strong>der</strong>holt sich für sie dasselbe Phänomen, die<br />
Sädeln reifen nicht mehr aus <strong>und</strong> erleiden Schäden durch<br />
Frosttrocknis, die obere Latschengrenze zeichnet sich deshalb<br />
ebenso scharf ab wie die Waldgrenze.<br />
DieJJrsachen <strong>der</strong> polaren F ichtenw aldgrenze (vgl.<br />
S. 462f.) siiid bislang wohl nicht untersucht worden; sie<br />
konnten ähnlicher Natur sein, mit dem Unterschied, daß die<br />
Sonnenstrahlung dort während <strong>der</strong> Polarnacht im Winter<br />
keine Rolle für die Schäden durch Frosttrocknis spielt. An<br />
ihre Stelle dürften die starken <strong>und</strong> kalten austrocknenden<br />
Winde treten. Die Waldgrenze stößt dementsprechend in den<br />
.vindgeschützten Tälern weiter nach Norden vor als auf den<br />
Wasserscheiden. In den Alpen ist es umgekehrt, weh in den<br />
Tälerniiurch Kaltluftseen die jemperaturen tiefere Grade errridten<br />
als auf dem Berggrat, von demjlie Kaltluft abfließt.<br />
'Âp--hôlflftëîl=4içgt~die Waldgrenze in den Zentralalpen<br />
mK 2000 bis 2150^01. Sie wird hier, wie wir erwähnten,<br />
nicht-voTT<strong>der</strong> Fichte gebildet, son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> nadelabwer-<br />
:enden_LärkJie^<strong>und</strong> <strong>der</strong> immerigrünen, relativ zartnadeligen<br />
A^lJHier wurden fortlaufende Messungen <strong>der</strong> klimati-<br />
>(fien Faktoren tind <strong>der</strong> Photosynthese im Laufe eines<br />
ynzen Jahres, also auch den ganzen Winter hindurch, ausdührt.<br />
Dadurch läßt sich die Stoffproduktion <strong>der</strong> Lärche<br />
mit <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Arve genau vergleichen. Im kalten Winter<br />
raln die Photosynthese auch bei <strong>der</strong> immergrünen Arve,<br />
aber im Frühjahr werden die Nadeln rasch aktiv, während<br />
die Lärche in dieser Höhe erst Mitte Juni ergrünt <strong>und</strong> bereits<br />
Ende September vergilbt. Während <strong>der</strong> Arve 181 Tage für<br />
die Stoffproduktion zur Verfügung stehen, sind es bei <strong>der</strong><br />
Lärche 107 Tage. Bei jungen Lärchen ist jedoch die Nadelniasse<br />
etwa drei- bis sechsmal größer als bei jungen Arven;<br />
außerdem assimilieren sie trotz <strong>der</strong> kürzeren <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
pro Gramm Nadelmasse im Jahr 47 % mehr an CO2 . Deswegen<br />
ist die Gesamtproduktion einer 4jährigen Lärche 4,5mal<br />
<strong>und</strong> die einer 12jährigen 8,5mal größer als die von gleichaltrigen<br />
Arven. Erst vom 25. Jahr ab ist die Nadelmenge <strong>der</strong><br />
Lärchen geringer im Vergleich zu <strong>der</strong> von Arven, so daß sie<br />
imWachstum Zurückbleiben, namentlich auf Rohhumusbödrn.<br />
Mit <strong>der</strong> Zeit setzt sich somit die Arve auch als Schattcnholzart<br />
durch. Das Lärchen-Arven-Verhältnis erinnert<br />
somit an das <strong>der</strong> Kiefer zur Fichte (vgl. S. 438).<br />
Alle Grenzen lagen während <strong>der</strong> Wärmezeit im Postglazial<br />
in den Alpen um bis zu 400 m höher, wie Holzf<strong>und</strong>e in
372 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
— m Unter Aperzeit (lat.<br />
apertus = offen)<br />
versteht man die Zeit<br />
ohne Schneebedeckung.<br />
subfossilen Torflagern in <strong>der</strong> subalpinen Stufe beweisen. Die<br />
Zwergsträuchcr, die unter Schnee überwintern, sind deshalb<br />
zum Teil Überreste <strong>der</strong> früheren Bewaldung. Die Wald- <strong>und</strong><br />
Schneegrenze im Verlaufe des Postglazials ist in Abb. 221<br />
angegeben.<br />
Infolge <strong>der</strong> hohen Nie<strong>der</strong>schläge, die im Winter als<br />
Schnee fallen, ist die Schneedecke in <strong>der</strong> alpinen Stufe sehr<br />
mächtig, so daß für die niedrige alpine <strong>Vegetation</strong> nicht die<br />
Lufttemperatur die Hauptrolle spielt, son<strong>der</strong>n die Aperzeit.<br />
Diese wird sehr stark durch das Relief, die Windrichtung<br />
<strong>und</strong> die Exposition bestimmt: Der Schnee wird in den Mulden<br />
<strong>und</strong> als Wachten auf <strong>der</strong> Leeseite eines Grates abgelagert,<br />
dagegen auf dessen Luvseite abgeweht. Ist die Luvseite<br />
zugleich sonnenseitig, so taut <strong>der</strong> Schnee zusätzlich ab,<br />
so daß <strong>der</strong> Standort das ganze Jahr hindurch aper ist. Don<br />
sind die Pflanzen (Loiseleurietum) extremer Frosttrocknis<br />
wie in <strong>der</strong> Gebirgst<strong>und</strong>ra ausgesetzt <strong>und</strong> ebenso von den<br />
gleichen Flechten begleitet. Auf einem schattenseitigen Luvhang<br />
fehlt die Erwärmung durch die Einstrahlung. Bei starken<br />
Schneeablagerungen am Fuße eines nach Norden exponierten<br />
Hanges wird die Aperzeit auf ein Minimum verkürzt<br />
(Schneetälchen) o<strong>der</strong> fehlt dort, wo <strong>der</strong> Schnee den Sommer<br />
über liegenbleibt, ganz. Dabei kann die Aperzeit je nach<br />
dem Schneefall in den einzelnen Jahren an demselben Standort<br />
bald länger, bald kürzer sein. Mit <strong>der</strong> Höhe nimmt die<br />
Aperzeit im Mittel ab <strong>und</strong> ist, wenn man die klimatische<br />
Schneegrenze erreicht, theoretisch gleich Null. Im Einzelfall<br />
kann sie aber noch hoch über <strong>der</strong> Schneegrenze an Steilwänden<br />
sehr lang sein. Deshalb kommen in den Alpen Blutenpflanzen<br />
in <strong>der</strong> nivalen Stufe, das heißt ülstr <strong>der</strong> klimatischen<br />
Schneegrenze, vor.<br />
Auf jeden Fall zeichnet sich das Mikroklima an Strahlungstagen<br />
selbst in großen Höhen durch günstige Temperaturverhältnisse<br />
aus. Die Temperatur <strong>der</strong> Blätter kann in <strong>der</strong><br />
Sonne bis zu 22 °C über <strong>der</strong> Lufttemperatur liegen. Es gibt<br />
überall warme Nischen, die <strong>der</strong> Bergsteiger kennt, <strong>und</strong> die<br />
insbeson<strong>der</strong>e von den niedrig wachsenden Pflanzen in Bodennähe<br />
ausgenützt werden. Bei trübem Wetter gleicher,<br />
sich die Unterschiede aus.<br />
Aus dem Gesagten geht hervor, daß es in <strong>der</strong> steilen alpinen<br />
Stufe im Hinblick auf die <strong>Vegetation</strong> kein Standardklima<br />
gibt, son<strong>der</strong>n daß eine Aufglie<strong>der</strong>ung in kleinste Kiimaräume<br />
besteht; diese können sich auf kürzeste Entfernung, zum<br />
Beispiel auf <strong>der</strong> Sonnen- <strong>und</strong> Schattenseite eines Felsblockes<br />
scharf unterscheiden. Von überragen<strong>der</strong> Bedeutung ist die<br />
Schneeablagerung im Winter, die man kennen muß, um die
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 373<br />
Aperzeit beurteilen zu können; sonst bleibt einem die <strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung<br />
unverständlich.<br />
Eine große Rolle spielen Temperaturinversionen <strong>und</strong><br />
Kallluftseen, die zu einer Umkehr <strong>der</strong> Stufenfolge führen<br />
(Buchen über Fichten). Selbst im Hochsommer kommen in<br />
Dolinen bei Ausstrahlung Nachtfröste vor, so daß am Boden<br />
<strong>der</strong> Dollne kein Baumwuchs möglich ist.<br />
Die Höhenstufen werden außerdem durch Lawinenzüge<br />
gestört; auf diesen geht die alpine <strong>Vegetation</strong> tief in die<br />
Waldstufe herunter, weil sie dort nicht dem Wettbewerb <strong>der</strong><br />
Waldvegetation ausgesetzt ist. Auch auf schwerverwitterbarcm<br />
Dolomit mit ganz flachgründigen, nährstoffarmen Böden<br />
findet man alpine Exklaven mitten im Wald. Bekannt<br />
sind auch die Reliktstandorte alpiner Arten auf Mooren im<br />
Alpenvorland. An solchen Standorten sind die anspruchslosen,<br />
aber langsamwüchsigen alpinen Arten weniger dem<br />
Wettbewerb an<strong>der</strong>er ausgesetzt.<br />
c Alpine <strong>und</strong> nivale Stufe<br />
Die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Alpen wurde ökologisch gut untersucht.<br />
Bei den immergrünen Arten läßt sich <strong>der</strong>selbe Jahresgang<br />
<strong>der</strong> Frosthärte mit einer Abhärtung im Spätherbst <strong>und</strong> einer<br />
Enthärtung im Frühjahr beobachten wie bei den Laubwäl<strong>der</strong>n.<br />
Während die Fichtennadeln im Sommer schon durch<br />
Fröste von -7 °C abgetötet werden, halten sie im Winter<br />
noch bei -40 °C aus. Obgleich die alpinen Arten viel höher<br />
hinaufgehen als die Fichte, ist ihre maximale Frosthärte<br />
meist geringer (unter -30 “C), denn sie überwintern unter<br />
Schnee <strong>und</strong> sind deshalb nicht den tiefen Wintertemperaturen<br />
ausgesetzt. Nur bei Loiseleuria, die an windexponierten,<br />
im Winter aperen Standorten wächst, ist die Frostharte<br />
größer. Bei starkem Wind werden meist an solchen Standorten<br />
die tiefsten Temperaturen nicht erreicht, aber die Gefahr<br />
<strong>der</strong> Frosttrocknis ist erhöht. Loiseleuria vertrocknet ungeachtet<br />
ihres xeromorphen Blattbaues im Winter innerhalb<br />
von 15 Tagen, wenn man sie frei aufhängt. Da sie jedoch am<br />
natürlichen aperen Standort dem Boden dicht angepreßt<br />
wächst, taut selbst im Winter bei Sonneneinstrahlung <strong>der</strong><br />
zwischen ihren Sprossen festgehaltene Schnee auf, so daß<br />
zwischendurch eine Wasseraufnahme möglich ist. Die unter<br />
Schnee überwinternden Zwergsträucher sind <strong>der</strong> Frosttrocknis<br />
nicht ausgesetzt.<br />
Im Sommer ist bei den häufigen Nie<strong>der</strong>schlägen die Wasserbilanz<br />
ziemlich ausgeglichen. Einer hohen Evaporation<br />
sind die Pflanzen nur für St<strong>und</strong>en bei starker Einstrahlung<br />
o<strong>der</strong> starkem Wind ausgesetzt. Letzterer ist in Bodennähe
374 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
abgebremst. Die Wasserführung des Bodens ist immer gut,<br />
selbst bei oberflächlich trocken aussehenden Schutthalden<br />
o<strong>der</strong> Felsstandorten. An solchen Standorten haben die<br />
Pflanzen ein ausgedehntes Wurzelsystem o<strong>der</strong> Pfahlwurzeln,<br />
die tief in die feuchten Felsspalten eindringen,<br />
während normalerweise das Wurzelsystem sehr flach in den<br />
oberen Bodenschichten ausgebreitet ist. Die günstige Wasserbilanz<br />
spiegelt sich in den niedrigen Zellsaftkonzentratiunen<br />
von 0,8 bis 1,2 MPa wie<strong>der</strong>. Selbst bei xeromorphen Arten<br />
wie Dryas, Carex firma <strong>und</strong> Androsace helvética erreicht sic •<br />
niemals 2,0 MPa. Es ist vielleicht richtiger, von Peinomorphosen<br />
(s. S. 459) zu reden, verursacht durch N-Mangel, da<br />
die N-Aufnahme bei tiefen Bodentemperaturen erschwert<br />
ist. An stickstoffreichen Standorten, wie Viehlägern, wachsen<br />
üppige hygromorphe Kräuter.<br />
Berechnet man die gesamte Wasserabgabe <strong>der</strong> Pflanzendecke<br />
<strong>der</strong> alpinen Rasengemeinschaften, so kommt man aul<br />
200 mm pro Jahr. Die Verdunstungsgröße hängt vor allem<br />
vom Wind ab, sie wird deshalb durch das Relief bedingt, aber<br />
im umgekehrten Sinne wie die Schneeablagerung.<br />
In <strong>der</strong> alpinen Stufe stellt sich bei <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
die Frage nach einer ausreichenden Stoffproduktion<br />
ebenso wie in <strong>der</strong> Arktis. Die Tageslänge ist kürzer als in <strong>der</strong><br />
Arktis, dafür ist jedoch die Strahlung stärker <strong>und</strong> die Nachttemperatur<br />
niedriger. Unter günstigen Beleuchtungsverhältnissen<br />
werden 100 bis 300 mg • dm^ an COj pro Tag assimiliert.<br />
Ein Monat mit guter Witterung würde genügen, um<br />
ausreichende Reserven für das nächste Jahr aiizulegen <strong>und</strong><br />
die Samen auszureifen. Da die <strong>Vegetation</strong>szeit drei Monate<br />
dauert, ist eine genügende Produktion auf je<strong>der</strong> Fall gesichert.<br />
Die primäre Produktion <strong>der</strong> Pflanzengemeinschaften<br />
hängt sehr stark von <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sdichte ab.<br />
Es wurden gef<strong>und</strong>en:<br />
bei geschlossenen Matten<br />
bei einem Dryadeto-Firmetum<br />
bei einem Salicetum herbaceae<br />
bei einem Oxyrietum<br />
auf einer Kalkgeröllhalde<br />
50-276 g • m-^<br />
91 g-m~2<br />
85 g-m-2<br />
15g- m"^<br />
1 g • m-2<br />
Die Photosynthese <strong>der</strong> Zwergsträucher ist weniger intensiv<br />
als bei den krautigen Arten; da jedoch ihre Gesamtblattfläche<br />
größer <strong>und</strong> die <strong>Vegetation</strong>szeit in <strong>der</strong> unteren alpinen Stufe<br />
länger ist, kommt eine höhere primäre Produktion zustande.<br />
Die ungünstigsten Verhältnisse findet man bei den<br />
Schneetälchen, das heißt dort, wo im Gebiet <strong>der</strong> Silikatge-
Orobiom<br />
VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 375<br />
Steine <strong>der</strong> Schnee am Nordhang sehr langsam abtaut <strong>und</strong> die<br />
Fläche nach <strong>und</strong> nach vom Rande her freigibt. Es läßt sich<br />
deshalb auf kleinstem Raum eine Zonation mit abnehmen<strong>der</strong><br />
Aperzeit unterscheiden. Der Boden an solchen Standorten<br />
ist humusreich <strong>und</strong> schwach sauer, immer gut mit<br />
Schmelzwasser durchfeuchtet, aber deswegen auch relativ<br />
kühl. Bei einer Aperzeit von drei Monaten bildet sich ein<br />
normaler Carex curvula-Rasen aus. Verküj^l^iEl^k <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
auf zwei Monate, so wird ^ajfx herbctc^\orherrschend,<br />
eine Weidenart, die nur die ^-læJàspitzéh aus dem<br />
Boden herausstreckt, so daß ihre Blätter einen dichten Rasen<br />
bilden. Diese Weide fruchtet allerdings nur, wenn nach<br />
schneearmen Wintern die Aperzeit drei Monate beträgt.<br />
Eine Reihe von sehr kleinen Arten, wie Gnaphalium supinum,<br />
Akhemilla pentaphylla, Arenaria biflora, Soldanella pusilla, Sibhüldiaprocumbens<br />
ti. a., gesellen sich dazu. Bei noch kürzerer<br />
<strong>Vegetation</strong>szeit können Moose wachsen, die keine Blüten<br />
<strong>und</strong> Früchte auszubilden brauchen, <strong>und</strong> zwar vor allem Polytrichum<br />
sexangulare (P. norvegicum). Wird auch für diese grünen<br />
Moose die Aperzeit zu kurz, dann wächst nur noch<br />
Anthelia juratzkana, ein Lebermoos, das wie ein schimmeliger<br />
Überzug aussieht, weil das Moos in Symbiose mit einem Pilz<br />
wächst <strong>und</strong> sich zum Teil saprophytisch ernährt. Nach<br />
schneereichen Wintern apert diese Zone überhaupt nicht<br />
aus.<br />
Auf Firnflächen in <strong>der</strong> nivalen Stufe findet man als letztes<br />
Lebewesen die Alge Chlamydomonas nivalis, welche <strong>der</strong><br />
Sdineeoberfläche einen rosa Schimmer verleiht.<br />
Da in den Alpen in <strong>der</strong> alpinen Stufe rohe Gesteinsböden<br />
vorherrschen, spielt die chemische Zusammensetzung des<br />
Gesteins für die <strong>Vegetation</strong> eine große Rolle, sie bestimmt<br />
die Bodenreaktion. Die floristischen Unterschiede zwischen<br />
den Kalkalpen <strong>und</strong> den Zentralalpen mit silikatischen Gesteinen<br />
sind sehr auffallend. Dementsprechend unterscheidet<br />
man kalkliebende o<strong>der</strong> basophile Arten <strong>und</strong> kalkfliehende<br />
o<strong>der</strong> acidophile Arten. Oft sind es v ik a riie re n d e A rte n ,<br />
wie bei dem bekannten Beispiel <strong>der</strong> Alpenrosen: Rhododendron<br />
hirsutum auf Kalk, Rh. ferrugineum auf Silikatgestein<br />
o<strong>der</strong> saurem Humusboden.<br />
ln den Jahren 1969 bis 1976 wurden Im Rahmen des Internationalen<br />
Biologischen Programms (IBP) auf dem Patscherkofel<br />
bei Innsbruck die Ökosysteme verschiedener<br />
Zwergstrauchheiden auf folgenden drei Probeflächen über<br />
<strong>der</strong> heutigen Waldgrenze sehr detailliert untersucht (L a r <br />
cher 1979):
376 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
A Vaccinium-Keidt (1980 m NN), in einer windgeschützten<br />
Mulde mit winterlichem Schneeschutz; Vaccimitn myrtillus<br />
3, V. uliginosum 2, V. vitis-idaea I, Loiseleuria procumbem<br />
I, Calluna vulgaris I, Melampyrum alpestre 1, Moose 1,<br />
Flechten 1.<br />
B Loiseleuria-Ueide (2000 m NN), dichter Bestand, <strong>der</strong> in<br />
windexponierter Lage häufig schneefrei ist: Loiseleuria 5,<br />
Vaccinium uliginosum 1, V. vitis-idaea 1, an<strong>der</strong>e nur +, Flechten<br />
(Cetraria islándica 1, Alectoria ochroleuca I, an<strong>der</strong>e nur +).<br />
C Offener, spalierwüchsiger <strong>und</strong> flechtenreicher Loiseleuria^<br />
Bestand (2175 m NN) in extrem windexponierter Lage:<br />
Loiseleuria 3, dazu kümmerlich Vaccinium uliginosum!, V. vitis-idaea<br />
1, Calluna I, an<strong>der</strong>e -i-, Moose -i-, Flechten (Cetraria<br />
islándica 2, C. cuculata I, Alectoria ochroleuca l, Cladonia rangiferina<br />
1, C. pyxidata I, Thamnolia vermicularis u. a. -I-).<br />
Abb. 224.<br />
Mitte: Phytomasseschichtung <strong>der</strong><br />
Vaccinium- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Loiseleuria-<br />
Heide (links assimilierende Teile,<br />
rechts nichtassimilierende <strong>und</strong><br />
tote Teile). Linke Hälfte: Kummulativer<br />
Blattflächenindex<br />
(LAI, gestrichelt) <strong>und</strong> Abschwächung<br />
des Lichts (PhAR)<br />
im Bestand (nach C e r n u s c a<br />
1976, aus L a r c h e r 1977).<br />
Das Klima ist kalt mit einer Jahrestemperatur wenig über<br />
0 °C, Fröste können in jedem Monat auftreten (abs. Minimum<br />
um -20 °C, doch erreichen die Tagesmaxima in den<br />
Sommermonaten 20 °C). Der Schnee liegt bei Probefläche A<br />
etwa sechs Monate, bei Probefläche B etwa vier bis sechs<br />
Monate, bei Probefläche C dagegen nur stellenweise <strong>und</strong><br />
vorübergehend. Das Mikroklima in den Beständen A <strong>und</strong> B<br />
ist etwas wärmer, während bei C sehr scharfe Temperaturunterschiede<br />
Vorkommen. Die CO^-Assimilationsdauer beträgt<br />
bei den laubabwerfenden Arten etwa 100 Tage, bei den<br />
immergrünen etwa 140 Tage. Abb. 224 zeigt den Au.lbau <strong>der</strong><br />
bedeckt<br />
heiter<br />
G räser
Orobiom V I - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 377<br />
Tab. ?1. Produktionsökologische Kennwerte alpiner <strong>Vegetation</strong>seinheiten; lebende<br />
stehende Phytomasse, tote Teile <strong>und</strong> Streu in Gramm Trockensubstanz pro<br />
Quadratmeter von <strong>der</strong> Zwergstrauchheide (A), <strong>der</strong> dichten Z.o/se/euna-Heide (B),<br />
<strong>und</strong> r m offenen L o is e le u r ia -B e s ta n ä (C)<br />
Probefläche: A B C<br />
Lebende oberirdische Phytomasse (max.) 983 1105 748<br />
Anhaftende tote Teile 263 123 72<br />
Lebende unterirdische Phytomasse 2443 2200 803<br />
Tote unterirdische Telle 1549 608 56<br />
Gesamte lebende Phytomasse 3426 3305 1551<br />
Zusammen mit toten Teilen 5238 4036 1679<br />
Streu am Boden 819 1080 931<br />
SproßA/Vurzel-Verhältnis 1:2,5 1:2,0 1:1,1<br />
Anteil assim. Teile an lebend. Phytomasse 55 % 68 % -?-<br />
oberirdische Nettoprimärproduktion (t ha~' a“') 4,8 3,2 1,1<br />
Bestände sowie die photosynthetisch aktive Strahlung<br />
(PhAR) in diesen, ebenso den kumulativen Blattflächenindex<br />
(LAI). Weitere Daten zur Produktionsökologie siehe<br />
Tab. 21. Der Wind wird in Zwergstrauchheidebeständen<br />
selbst bei Sturm stark abgebremst, so daß die Luftieuchtigkeit<br />
in denselben hoch bleibt. Der Nie<strong>der</strong>schlag im Gebiet,<br />
beträgt etwa 900 mm im Jahr, wobei je<strong>der</strong> Sommermonat<br />
im Mittel über 100 mm erhält.<br />
Die Böden über schiefrigen Biotitgneisen sind sandige,<br />
saure Eisenpodsole mit mächtiger Rohhumusauflage, die<br />
nur bei Bestand C schwach ausgebildet ist. Sie haben sich<br />
aus früherem Zirbenwaldboden entwickelt. Der Humus wird<br />
sehr langsam mineralisiert (Angebot an Stickstoff etwa 3 bis<br />
4kg/ha, bei C nur ein Drittel davon).<br />
Die Phytomasse dürfte bis auf gewisse Fluktuationen<br />
konstant bleiben, das heißt die Bestände stehen mit ihrer<br />
Umwelt in einem ökologischen Gleichgewicht, wobei eine<br />
Zunahme <strong>der</strong> Phytomasse auch durch Fraß (Wild, Schneehühner,<br />
Arthropoden) <strong>und</strong> durch gewisse Substanzverluste<br />
im Winter (Abfrieren <strong>und</strong> Vertrocknen <strong>der</strong> über den Schnee<br />
herausragenden Teile) verhin<strong>der</strong>t wird.<br />
Das Photosynthesevermögen pro Blattfläche ist bei den<br />
sommergrünen <strong>und</strong> immergrünen Zwergstraucharten<br />
gleich, bei Bezug auf das Trockengewicht <strong>der</strong> Blätter ist es<br />
bei den sommergrünen Zwergsträuchern ähnlich dem <strong>der</strong><br />
weichblättrigen sommergrünen Holzarten, bei den immergrünen<br />
vergleichbar mit dem <strong>der</strong> Nadelholzarten. Das flache<br />
Temperaturoptimum <strong>der</strong> Photosynthese liegt bei den Ericaceen<br />
zwischen 10 °C <strong>und</strong> 30 °C <strong>und</strong> entspricht den an trü-
378 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong> Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 379<br />
ben <strong>und</strong> klaren Tagen üblichen Temperaturen in den Beständen;<br />
das Temperaturminimum <strong>der</strong> COj-Assimilation ist<br />
bei unterkühlten Blättern -5 °C bis -6 °C. Überhitzung <strong>der</strong><br />
Blätter kommt kaum vor, ebenso wie eine Einschränkung<br />
<strong>der</strong> Photosynthese infolge von Wassermangel. Zwar ist die<br />
Wasserversorgung während <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit ausreichend<br />
<strong>und</strong> die gesamte transpirierte Wassermenge entspricht 100<br />
bis 200 mm, aber während Föhnperioden wurde eine Transpirationseinschränkung<br />
beobachtet. Im Winter ist die kutikuläre<br />
Transpiration sehr niedrig.<br />
Hitzeschäden während des Sommers werden höchstens<br />
bei einzelnen Sprossen über locker liegenden Steinen o<strong>der</strong><br />
über vegetationslosen Rohhumusdecken beobachtet. Kälteschäden<br />
im Winter können nur im aperen Zustand eintreten.<br />
Die Abhärtung schützt die Pflanzen vor Frostschäden:<br />
Spätfröste nach <strong>der</strong> Enthärtung können dagegen gefährlich<br />
sein. Schäden durch Frosttrocknis sind schwer iiachzuweisen;<br />
meist werden die Schäden durch das Zusammenwirken<br />
mehrerer Faktoren bewirkt. Völlig frosthart sind die arktisch-alpinen<br />
Arten Loiseleuria procumbens <strong>und</strong> Vaccinium idiginosum.<br />
Die Atmung ist zur Zeit des Hauptwachstums deutlich<br />
überhöht. Um diese Zeit sinkt bei <strong>der</strong> fettspeichernden Loiseleuria<br />
<strong>der</strong> Atmungskoeffizient auf 0,8 bis 0,9 <strong>und</strong> steigt nach<br />
Abschluß des intensiven Wachstums wie<strong>der</strong> auf 1.<br />
Der Wirkungsgrad <strong>der</strong> Nettoprimärproduktion ist während<br />
<strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit bei <strong>der</strong> Zwergstrauchheide 0,9%,<br />
bei <strong>der</strong> dichten Loiseleuria-Heide 0,7 % <strong>und</strong> bei dem offenen<br />
Bestand 0,3 % <strong>der</strong> photosynthetisch aktiven Einstrahlung.<br />
Die Ericaceen speichern neben Stärke reichlich Fett, doch<br />
wird letzteres nur teilweise mobilisiert; <strong>der</strong> größere Teil<br />
bleibt in den abgestorbenen Teilen. Auf die ersten Frostwechseltage<br />
reagieren die Zwergsträucher sofort mit <strong>der</strong><br />
Umwandlung eines großen Teiles <strong>der</strong> Stärke in Zucker, wobei<br />
Loiseleuria sich durch Anthocyan rötlich färbt.<br />
Weitere Untersuchungen wurden in <strong>der</strong> nivalen Stiiic.<br />
also über <strong>der</strong> klimatischen Schneegrenze, am Hohen Nebdkogel<br />
in den Stubaier Alpen unter beson<strong>der</strong>s schwierigen<br />
Verhältnissen durchgeführt ( M o s e r et al. 1977). Eine Versuchshütte<br />
mußte mit einem Hubschrauber abgesetzt <strong>und</strong><br />
sorgfältig isoliert sowie geerdet werden, da sie oft mitten in<br />
den Gewitterwolken stand.<br />
In dieser Stufe gibt es keine geschlossene Pflanzendecke<br />
mehr. Auf <strong>der</strong> 0,5 ha großen Versuchsfläche wurde in<br />
3184 m NN ein flaches Gratstück mit sieben Blütenpflanzen<br />
<strong>und</strong> mehreren Kryptogamenarten, ein Nordhang mit sehr<br />
i<br />
Cerastium uniflorum<br />
Saxifraga bryoiäse<br />
Primula glutinosa<br />
Saxifraga opßBUttifolia<br />
Ranunculus r^BBiaiis<br />
A<br />
Winter<br />
■ ■ vegetative Teile * Xylemreife<br />
Winter<br />
reproduktive Teile: I I Anlage von Blütenknospen<br />
grün überwinternde Pflanzen<br />
blühende Pflanzen<br />
[2 Blütenprimordien O Beginn <strong>der</strong> Vollblüte<br />
I Blütenanlagen ausgebildet 9 Beginn <strong>der</strong> Samenreife<br />
dürftiger <strong>Vegetation</strong> <strong>und</strong> ein Südhang mit elf Phanerogamenarten<br />
auf flachen Stufen ausgesucht.<br />
Die klimatischen Verhältnisse entsprechen keineswegs<br />
denen in <strong>der</strong> Hocharktis, son<strong>der</strong>n im Sommer mehr denen<br />
<strong>der</strong> Páramos in den Tropen. An klaren Tagen beträgt die<br />
Blattemperatur oft über 15 °C, um in <strong>der</strong> Nacht unter Null<br />
zu sinken, ohne daß die Photosynthesetätigkeit darunter leidet.<br />
Der arktische 24stündige Sommertag mit niedrigstehen<strong>der</strong><br />
Sonne zeichnet sich demgegenüber durch eine ziemlich<br />
gleichmäßige Temperatur aus.<br />
Von den drei ausgewählten Standorten hat <strong>der</strong> Südhang<br />
die günstigsten Licht- <strong>und</strong> Temperaturverhältnisse. Die Phänologie<br />
<strong>der</strong> wichtigsten Arten geht aus Abb. 225 hervor.<br />
Während die Blütezeit bei Saxifraga oppositifolia vorgezogen<br />
ist (Blütenorgane frostresistent), wird sie bei Cerastium unijlcrum<br />
am weitesten hinausgeschoben.<br />
Die Assimilate werden bei Prímula spp. <strong>und</strong> Ranunculus<br />
facialis als Stärke gespeichert, die im Winter in Zucker um-<br />
Scwandelt wird, bei den Saxifraga spp. dagegen als Fett. Die<br />
Verlagerung <strong>der</strong> gespeicherten Vorräte geht aus Abb. 226<br />
hervor. Auffallend ist, daß bei Ranunculus eine vorsorgliche<br />
Verlagerung aus den Blättern in die unterirdischen Speicherorgane<br />
schon bei vorübergehen<strong>der</strong> Wetterverschlechte-<br />
Abb. 225.<br />
Phänologie <strong>der</strong> Nivalpflanzen<br />
(aus M o s e r et al. 1977).
380 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
Stärkespeicherung<br />
Fettspeicherung<br />
■ starke Speicherung ^ mäßige Speicherung<br />
I I Spuren<br />
CH keine Speicherung<br />
Abb. 226.<br />
Energiegeholt von 2 nivalen Arten<br />
<strong>und</strong> Speicherung <strong>der</strong> Reservestoffe<br />
(aus M o s e r et al. 1977).<br />
rung stattfindet, die bei Wetterbesserung wie<strong>der</strong> rückgängig<br />
gemacht wird. Jede Schneebedeckung im Sommer könnte ja<br />
bis zum nächsten Frühjahr dauern. Im allgemeinen beträgt<br />
die <strong>Vegetation</strong>szeit am Südhang etwa drei Monate, aber infolge<br />
<strong>der</strong> oft schlechten Witterung kommen für die Produktion<br />
nur 60 bis 70 (15 bis 100) Tage in Frage. An an<strong>der</strong>en<br />
Standorten kann es Vorkommen, daß die Pflanzen in einem<br />
Jahr überhaupt nicht ausapern.<br />
Die Produktion wird bei Ranunculus ^.acialh zur Hallte<br />
während <strong>der</strong> wenigen hellen <strong>und</strong> warmen Tage erzeugt, die<br />
an<strong>der</strong>e Hälfte während <strong>der</strong> vielen kühlen Tage mi‘ geringer<br />
Beleuchtung infolge von leichter Schneebedeckung o<strong>der</strong><br />
Nebel. Die Photosynthese bei dieser Art ist im Bereich von<br />
-7 bis 38 °C möglich.<br />
Die Assimilationsleistung ist zur Zeit <strong>der</strong> Vollblüte <strong>und</strong><br />
Fruchtbildung am größten. Unter optimalen Bedingungen<br />
erreicht sie bei Ranunculus glacialis bis zu 0,056 g Trockensubstanz<br />
pro dm^ Blattfläche <strong>und</strong> Tag, bei Primula glutinosi<br />
0,063 g; unter ungünstigen Witterungsbedingungen liegen<br />
die Werte bei 0,015 bis 0,020 g. Im Laufe einer Vegetatiomzeit<br />
nahm die Flächenausdehnung von Androsace alpim-<br />
Polstern um 13,5% zu; ihre durchschnittliche Nettoassimilationsrate<br />
während <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit betrug 0,058 g<br />
Trockensubstanz pro dm^ Polsteroberfläche <strong>und</strong> Tag. Infolge<br />
<strong>der</strong> geringen Deckung <strong>der</strong> Pflanzen ist die Primärproduktion
Orobiom VI - die Nordalpen <strong>und</strong> die alpine Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze 381<br />
5 <strong>der</strong> nivalen Stufe äußerst gering. Unter optimalen Bedinungen<br />
kann man bei einer Deckung von 10 % die Produkon<br />
auf 0,66 g pro m^ <strong>und</strong> Tag an Trockensubstanz veran-<br />
.hlagen.<br />
Es sei verwiesen auf die gr<strong>und</strong>legenden klassischen Werxe:<br />
C. ScHROETER „Das Pflanzenleben <strong>der</strong> Alpen" (2. Aufl.,<br />
1288 Seiten, Zürich 1926); J. Braun-B lanquet <strong>und</strong> H. Jenny<br />
.<strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Bodenbildung in <strong>der</strong> alpinen<br />
Stufe <strong>der</strong> Zentralalpen" (Denkschr. Schweiz. Naturf. Ges. 63,<br />
183-349, 1926); H. Gams „Von den Follateres zur Dent de<br />
Mordes" (Beitr. Geobot. Landesaufn. Schweiz 15, 760 Seilen,<br />
1927), E. A ichinger „<strong>Vegetation</strong>sk<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Karawan-<br />
^en" (Pflanzensoz. Bd. 2, 329 Seiten, Jena 1933) <strong>und</strong> R.<br />
StHARFETTER „Das Pflanzenleben <strong>der</strong> Ostalpen" (419 Seiten,<br />
uien 1938).<br />
SCHMID (1961) unterscheidet folgende Höhengürtel, die<br />
den Höhenstufen entsprechen;<br />
1. Quercus pubescens-Gürtt\ (auf Kalk) <strong>und</strong> Quercus robur-Calluna-Gürte\<br />
mit Kastanien (auf saurem Gestein) in <strong>der</strong><br />
heißen Höhenstufe,<br />
.. QMirais-7V//i3-Acer-Laubmischwaldgürtel in <strong>der</strong> warmen<br />
<strong>und</strong> milden Wärmestufe,<br />
3 Fagus-Abies-Gmtel in <strong>der</strong> kühlen Wärmestufe,<br />
4. P/'cea-Nadelwaldgürtel in <strong>der</strong> rauhen <strong>und</strong> unteren kalten<br />
Wärmestufe,<br />
i, Vaccinium uliginosum-Loiseleuria-Günc\, <strong>der</strong> schon ganz<br />
die alpine obere Kältestufc cinnimmt.<br />
Dazu kommen in den kontinentalen inneren Alpentälern<br />
ein PM&ai;7/ij-Steppengürtel mit Pinus sylvestris in den tiefen<br />
Lagen unter dem Pfceu-Gürtel <strong>und</strong> ein Larix-Pinus cembra-<br />
Giirtel über diesem bis zu <strong>der</strong> stark erhöhten Waldgrenze;<br />
die trockenen Föhntäler heben sich außerdem durch das<br />
Auftreten von Pinus sylvestris mit Erica carnea heraus.<br />
Das Netz <strong>der</strong> Wetterstationen ist in den Alpen dichter als<br />
in irgend einem an<strong>der</strong>en Gebirge, wobei auch eine Reihe<br />
hochgelegener Stationen vorhanden sind. Das gab H. Reh<strong>der</strong><br />
die Möglichkeit, eine Klimadiagrammkarte <strong>der</strong> Alpen mit<br />
den Randgebieten zu entwerfen (Flora B, 156, 78-93, 1966).<br />
Ökologisch sehr bedeutsam ist auch die Arbeit von K. F.<br />
Schreiber „Wärmeglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schweiz aufgr<strong>und</strong> von<br />
phänolcgischen Geländeaufnahmen in den Jahren 1969-<br />
1973" (4 Kartenblätter 1:200 000, Eidgen. Drucks. Zentr.<br />
lern, 1977), in <strong>der</strong> 18 Wärmehöhenstufen unterschieden<br />
iverden (drei heiße am Alpensüdrand im Tessin, drei warme,<br />
drei milde, drei kühle, drei rauhe, drei kalte <strong>und</strong> ungeglie<br />
_ i Von allen Gebirgen<br />
<strong>der</strong> Erde ist keines ökologisch<br />
so eingehend untersucht<br />
worden wie das im<br />
Zentrum des westlichen<br />
Europas gelegene komplizierte<br />
Gebirgssystem <strong>der</strong><br />
Alpen.
382 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong>t die alpine <strong>und</strong> nivale); auf einer beigefügten Kant<br />
1:500 000 wurden die Föhngebiete <strong>der</strong> Schweiz herausgehiben,<br />
die eine Verfrühung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sentwicklung bis zu<br />
drei Wochen aufweisen können.<br />
Zahlreich sind die <strong>Vegetation</strong>skarten. Neben vielen speziellen<br />
gibt es auch Übersichtskarten mit den wichtigsten<br />
Höhenstufen. Wir nennen aus den Ostalpen: H. Mayer „Karte<br />
<strong>der</strong> natürlichen Wäl<strong>der</strong> des Ostalpenraums" (Cbl. Ges.<br />
Forstwesen 94, 147-153, Wien 1977) <strong>und</strong> sein Werk „Wäl<strong>der</strong><br />
des Ostalpenraums" (344 S., G. Fischer, Stuttgart 1974):<br />
H. Wagner „Karte (1:1 000 000) <strong>der</strong> natürlichen <strong>Vegetation</strong>"<br />
im Österreich-Atlas (1971); P. Seibert „Übersichtskarte <strong>der</strong><br />
natürlichen <strong>Vegetation</strong>sgebiete von Bayern 1:500 000 mit<br />
Erläuterungen" (Schriftenreihe f. <strong>Vegetation</strong>sk. H. 13, Bad<br />
Godesberg 1968), die den Alpennordrand mit einschließt<br />
<strong>und</strong> zum nächsten Alpenabschnitt überleitet.<br />
Die mittleren Alpen umfaßt die <strong>Vegetation</strong>skarte in vier<br />
Blättern (1:200 000) von E. Schmid mit Erläuterungen (Geobot.<br />
Landesaufnahme Schweiz 39, 52 Seiten, 1961).<br />
Eine beson<strong>der</strong>s große Zahl von ökologischen <strong>Vegetation</strong>skarten<br />
mit sehr eingehenden Erläuterungen im Maßslab<br />
1:100 000 (bis zu 1:10 000) aus den Westalpen, aber auch aus<br />
an<strong>der</strong>en Teilen wird laufend herausgegeben von P. Ozenda in<br />
den „Document de Cartographie Ecologique" (Grenoble).<br />
In dieser Reihe findet man auch die Höhenstufen dargestellt,<br />
die im Süden von <strong>der</strong> Mittelmeerküste aufsteigen, also<br />
schon zum Orobiom IV gehören. Auf dieses einzigartige<br />
große kartographische Werk sei beson<strong>der</strong>s hingewiesen. Die<br />
detaillierten farbigen <strong>Vegetation</strong>skarten geben genaue Auskunft<br />
über die Höhenstufen auch in ihnv; Abhängigkeit von<br />
<strong>der</strong> Exposition <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesteinsart.<br />
In dem Werk von I. Horvat, V. Glavac & H. Eij.enberg,<br />
„<strong>Vegetation</strong> Südosteuropas" (768 Seiten, Stuttgart 1974)<br />
wird die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Dinarischen Alpen <strong>und</strong> die <strong>der</strong><br />
anschließenden Gebirge <strong>der</strong> Balkanhalbinsel behandelt.<br />
7 Zonoökoton IV/VII - die Waldsteppe<br />
Während die Laubwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> gemäßigten Zone sich auf die<br />
ozeanisch getönten Klimagebiete mit nicht zu scharfen Temperaturextremen<br />
<strong>und</strong> gleichmäßig verteilten Nie<strong>der</strong>schlägen,<br />
meist mit einem Sommermaximum, beschranken,<br />
werden auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre viel ausgedehntere kontinentale<br />
Teile von Grassteppen <strong>und</strong> Wüsten eingenommen,<br />
Im kontinentalen Klima in Europa von West nach Ost<br />
nimmt die Temperaturamplitude zu, die Sommer werden
leißer, aber die Winter in viel höherem Ausmaße kälter, so<br />
jaß die Jahresmitteltemperatur absinkt. Zugleich wird die<br />
jhrliche Nie<strong>der</strong>schlagsmenge geringer, die Sommer werden<br />
inzunehmendem Maße arid.<br />
Das Zonoökoton zwischen den Laubwäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong> den<br />
Grassteppen ist in Osteuropa die Waldsteppe. Sie ist keine<br />
•.omogene <strong>Vegetation</strong>sformation wie die klimatische, tropi-<br />
.^he Savanne, son<strong>der</strong>n ein Makromosaik von Laubwaldbe-<br />
•tänden <strong>und</strong> Wiesensteppen. Zuerst überwiegen die ersteren<br />
jnd die Steppen treten inselförmig auf. Je ari<strong>der</strong> jedoch das<br />
Klima wird, desto mehr kehrt sich das Verhältnis um, bis<br />
..hließlich nur kleine Waldinseln in einem Steppenmeer<br />
■ihrig bleiben. In diesem Grenzgebiet mit einem Klima, das<br />
■ve<strong>der</strong> den Wald noch die Grassteppe einseitig begünstigt,<br />
Jbt das Relief o<strong>der</strong> die Bodenart (Abb. 227) den Ausschlag.<br />
Die Wäl<strong>der</strong> findet man auf gut dränierten Standorten, auf<br />
den leichten Erhebungen, an den Hängen <strong>der</strong> Flußtäler, auf<br />
durchlässigen Böden, während die Wiesensteppen die<br />
sdilecht dränierten ebenen Lagen auf relativ schweren Böden<br />
einnehmen. Dies ist in <strong>der</strong> Savanne ähnlich. Es spielt<br />
auch hier <strong>der</strong> Wettbewerb zwischen <strong>der</strong> Grasnarbe <strong>und</strong> den<br />
ßaumsämlingen eine Rolle. Werden die Baumpflanzen bei<br />
Aufforstungsversuchen in den ersten Jahren vor dem Wettbewerb<br />
<strong>der</strong> Gräser geschützt, so können sie in <strong>der</strong> Steppe<br />
wachsen, aber sich nicht auf natürliche Weise verjüngen.<br />
Die Steppen wurden früher durch Grasbrände, die durch<br />
Blitzschlag ausgelöst wurden <strong>und</strong> durch die Beweidung mit<br />
Großwild begünstigt. Über die wirkliche Rolle des Großwilds<br />
unter natürlichen Verhältnissen kann man nur spekulieren.<br />
I II III IV<br />
Zonoökoton IVA/II - die Waldsteppe 383<br />
Abb. 227.<br />
Beziehungen zwischen <strong>Vegetation</strong>,<br />
Boden <strong>und</strong> Relief in <strong>der</strong><br />
Waldsteppe (nach W a l t e r<br />
1990).<br />
1 tiefgründige schlecht dränierte<br />
Schwarzerde mit Wiesensteppe:<br />
2 degradierte Schwarzerde <strong>und</strong><br />
3 dunkelgraue Waldböden (beide<br />
gut dräniert): 4 durchlässige<br />
sandig-lehmige Waldböden:<br />
5 hellgraue Waldböden: 6 Solonez<br />
auf ebenen Terrassen o<strong>der</strong><br />
um abflußlose Senken mit Soda-<br />
Anreicherung: 7 fluvio-glaziale<br />
Sande: 8 Moränen-Ablagerungen<br />
o<strong>der</strong> lößartige Lehme:<br />
9 präglaziale Schichten: 10 Alluvium<br />
in den Flußtälern.<br />
I Eichenwald auf gut entwässerten<br />
Erhebungen o<strong>der</strong> in Hanglage:<br />
II Auenwäl<strong>der</strong> (Eichen<br />
u. a.): III Kiefernwäl<strong>der</strong> auf armen<br />
Sanden mit Sphagnum-<br />
Moor in nasser Senke: IV Kiefern-Eichenwäl<strong>der</strong><br />
auf lehmigen<br />
Böden: V Espenhaine in kleinen<br />
Senken (Pods), in denen im<br />
Frühjahr Wasser steht, das langsam<br />
versickert (Böden im zentralen<br />
Teil ausgelaugt): Va desgl.<br />
aber Weidengebüsch:<br />
VI Schlucht-Eichenwald, am<br />
oberen Rand mit Steppenbusch.<br />
V Va VI<br />
1<br />
5 6 7 9 H 10
384 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong> Zonoökoton IVA/II - die Waldsteppe 385<br />
Abb. 228.<br />
Steppen- <strong>und</strong> Gebüsch- bzw.<br />
Waldparzellen-Mosaik in <strong>der</strong><br />
Dobrudscha (Rumänien). Eine<br />
gewisse Beweidung mit Ziegen<br />
<strong>und</strong> Schafen hält größere Teile<br />
als Steppen <strong>und</strong> artenreiche<br />
Trockenrasen offen. Die Gebüsche<br />
wachsen nur langsam nach<br />
außen weiter, eine Verjüngung<br />
ist auch ohne Beweidung kaum<br />
gegeben (phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
Die Beweidungsdichte durch die Weidetiere des Menschen<br />
(Schafe, Ziegen, Kühe) ist aber sicher viel höher als die des<br />
ursprünglichen Großwilds. Trotzdem dürfte in einigen Regionen<br />
die <strong>Vegetation</strong>sausstattung <strong>und</strong> Mosaikstruktur <strong>der</strong><br />
ursprünglichen sehr ähnlich sein (Abb. 228). Heute ist die<br />
Steppe vielerorts fast völlig in Ackerland umgewandelt worden.<br />
Klimatisch kann man in E-Europa die Waldzone, die<br />
Waldsteppenzone <strong>und</strong> die Steppenzone gut unterscheiden.<br />
Die Klimadiagramme <strong>der</strong> Waldzone zeigen keine Dürrezeit,<br />
bei denen <strong>der</strong> Steppenzone ist dagegen eine Dürrezeit immer<br />
vorhanden. Den Diagrammen <strong>der</strong> Waldsteppenzonc<br />
fehlt zwar eine Dürrezeit, man kann jedoch im Gegensatz<br />
zur Waldzone eine Trockenzeit zur Darstellung bringen<br />
(Abb. 229, S. 388).<br />
Die Grenze zwischen Wald <strong>und</strong> Steppe hat sich in <strong>der</strong><br />
Postglazialzeit verschoben. Im Boden unter den heutigen<br />
Waldbeständen kann man Krotowinen erkennen (Abb. 232,<br />
S. 391), das sind die früheren Baue von Steppennagetieren<br />
(Zieseln), die niemals Wäl<strong>der</strong> bewohnen. Man muß deshalb<br />
annehmen, daß <strong>der</strong> Wald in <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Besiedlung <strong>der</strong><br />
Waldsteppe durch den Menschen im Vorrücken begrillen<br />
war, weil das Klima nach einem Wärmeoptimum etwas<br />
feuchter wurde. Durch die starken Eingriffe des Menschen<br />
lassen sich jedoch Grenzverschiebungen in <strong>der</strong> Folgezeil<br />
nicht mehr feststellen.<br />
Die Ursache für die Ablösung <strong>der</strong> Waldzone im kontinentalen<br />
Gebiet durch die Steppenzone ist <strong>der</strong> Wasserfaktor, ln<br />
<strong>der</strong> Waldsteppe vollzieht sich <strong>der</strong> gesamte Wasserumsatz.fasi<br />
nur in den oberen 2 m des Bodens; ein ÄbsinTceff^n Wasser<br />
zum tiefen Gr<strong>und</strong>wasser findet nicht statt. Der Eichenwald<br />
verbraucht alles Wasser, <strong>der</strong> Boden bleibt in<br />
größerer Tiefe immer trocken. Das ist auf Euklimatopen <strong>der</strong><br />
Fall. An Südhängen mit Abfluß <strong>und</strong> hoher Verdunstung<br />
reicht <strong>der</strong> Wassergehalt des Bodens für Wald nicht mehr aus,<br />
<strong>und</strong> es stellt sich die Steppe ein. Im August <strong>und</strong> September<br />
brennt die Grassteppe aus, weil auch für sie die Wasservorräte<br />
zur Deckung ihrer Transpiration nicht ausreichen.<br />
Für die Graspflanzen bedeutet das jedoch keine Schädigung,<br />
wohl aber für die Bäume, wenn die Blätter vorzeitig vertrocknen<br />
o<strong>der</strong> ganze Äste absterben.<br />
In südöstlicher Richtung nehmen in <strong>der</strong> Waldsteppe die<br />
Sie<strong>der</strong>schläge ab <strong>und</strong> die Temperaturen zu. Dementsprechend<br />
werden die Waldparzellen immer dürftiger <strong>und</strong> ziehen<br />
sich auf die Nordhänge zurück, bis schließlich an <strong>der</strong><br />
Südgrenze <strong>der</strong> Waldsteppe nur noch ein Eichen-Schlehengebüsch<br />
in Schluchten verbleibt.<br />
Der Wettbewerb in <strong>der</strong> Waldsteppe vollzieht sich zwischen<br />
den Gräsern <strong>und</strong> den Baumkeimlingen. C lements <strong>und</strong><br />
Weaver konnten in <strong>der</strong> 1920 zum Teil noch ursprünglichen<br />
Langgrasprärie von Nebraska (Abb. 235, S. 395), die <strong>der</strong><br />
Waldsteppe entspricht, zeigen, daß sich gepflanzte Baumsämlinge<br />
nur halten, wenn man alle Graswurzeln um sie<br />
herum entfernt.<br />
Der Wasserverbrauch <strong>der</strong> Waldbestände nimmt mit dem<br />
.3lter des Bestandes zu. Aufforstungsversuche haben dementsprechend<br />
ergeben, daß junge, künstlich angelegte Forstkulturen<br />
relativ gut wachsen, aber bei älteren werden die<br />
Bäume wipfeldürr, schlagen dann wie<strong>der</strong> von unten aus,<br />
entwickeln sich also als Folge des Wassermangels nicht normal.<br />
Gute Bestände erhält man dagegen, wenn den Bäumen<br />
zusätzlich Gr<strong>und</strong>wasser zur Verfügung steht. Savannenartige<br />
Gemeinschaften fehlen den Waldsteppen, weil die Laubholzarten<br />
sich einzeln nicht gegen den Wettbewerb <strong>der</strong> Gräser<br />
durchsetzen können. Nur niedrige Sträucher (Spiraea,<br />
Caragana, Amygdalus) kommen häufiger vor, aber auch diese<br />
mehr auf steinigen Böden, welche für die Steppengräser mit<br />
dem intensiven Wurzelsystem viel weniger geeignet sind.<br />
Mit <strong>der</strong> Steppenkomponente <strong>der</strong> Waldsteppe - <strong>der</strong> eigentlichen<br />
Wiesensteppe - befaßt sich das nächste Kapitel<br />
(ZB VII).
386 Zonobiom <strong>der</strong> winterkahlen Laubwäl<strong>der</strong><br />
l'/i<br />
tv .<br />
-Ujly.cnJy'<br />
FRAGEN:<br />
1. Was könnte die Erklärung für die Tatsache sein, daß die Buche<br />
(Fagus sylvatica) eine so breite ökologische Amplitude<br />
aufweist?<br />
2. Ist eine lange Aperzeit in <strong>der</strong> Subnivalstufe für die <strong>Vegetation</strong><br />
för<strong>der</strong>lich o<strong>der</strong> nachteilig?<br />
3. Wie unterscheidet sich die Höhenstufenfolge <strong>der</strong> Nord-, <strong>der</strong><br />
Zentral- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Südalpen?<br />
4. Was sind vikariierende Arten?<br />
5. Für welchen Prozeß wird <strong>der</strong> relativ größte Energieanteil <strong>der</strong><br />
einfallenden Strahlung im Buchenwald im Solling verbraucht?<br />
6. In Seitentälern liegt die alpine Baumgrenze tiefer als am<br />
Hang, in Tälern greift die polare Baumgrenze aber weiter<br />
nach Norden vor! Warum? \ / '<br />
V r V, kvrft<br />
7. Wias sind die wesentlichen ökologischen Unterschiede zwischen<br />
alpiner <strong>und</strong> polarer Baumgrenze?. , ,/<br />
8. Wieviel % <strong>der</strong> Nettoprimärproduktion wird im Buchenwald<br />
von den Herbivoren gefressen?<br />
9. Haben Sonnen- o<strong>der</strong> Schattenblätter <strong>der</strong> Buche einen höheren<br />
Lichtkompensationspunkt?<br />
10. Warum sind klonale Pflanzenarten in <strong>der</strong> Krautschicht des<br />
Buchenwalds im Vorteil?<br />
11. Was könnte <strong>der</strong> ökologische Sinn für das Phänomen <strong>der</strong><br />
Mastjahre vieler Baumarten im ZB VI sein?<br />
12. Welche ökologischen Vorzüge bieten Altbäume <strong>und</strong> Altholi<br />
für einen Wald?<br />
13. Welche Sequenz spricht man mit den Bezeichnungen<br />
Holzacker - Forst - Wald - Urwald an?<br />
14. Wie könnte man erklären, daß die jährliche Energiebindung<br />
eines Ackers, einer Wiese, eines Fichtenforstes <strong>und</strong> eines Buchenwaldes<br />
fast gleich groß ist?<br />
15. Was sind Sclmeetälchen?
VII Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong><br />
kalten Wüsten (ZB des ariden<br />
gemäßigten Klimas)<br />
1 Klima<br />
Dieses kontinentale Zonobiom erstreckt sich in Eurasien von<br />
<strong>der</strong> Donauniündung durch Osteuropa <strong>und</strong> Asien bis fast<br />
zum Gelben Meer. In Nordamerika nimmt es den ganzen<br />
Mittleren Westen von S-Kanada bis zum Golf von Mexiko<br />
ein. Die Aridität ist in den einzelnen Teilen verschieden stark<br />
ausgeprägt.<br />
«<br />
Int ZB VII, <strong>der</strong> Steppen-, Halbwüsten- <strong>und</strong> Wüstenregion<br />
mit kalten Wintern, kann man sechs Subzonobiome unterscheiden:<br />
1. ein semiarides sZB mit kurzer Dürrezeit (Steppen bzw.<br />
Prärien, sZB VII)<br />
2. ein arides sZB mit längerer Dürrezeit <strong>und</strong> Winterregen<br />
(Halbwüste, sZB Vlla(w))<br />
3. ein stark arides sZB [mit dem Klimatypus VII (rill)], das<br />
heißt mit ebenso wenig Regen wie beim Klima <strong>der</strong> subtropischen<br />
Wüsten, aber mit Winterregen (Wüsten)<br />
4. ein arides sZB mit längerer Dürrezeit <strong>und</strong> Sommerregen<br />
(Halbwüste, sZB Vlla(s))<br />
5. ein stark arides sZB, aber mit Sommerregen (Wüste)<br />
6. die kalten Hochplateauwüsten (Tibet <strong>und</strong> Pamir) sZB<br />
Vll(tlX).<br />
Die beiden Halbwüstensubzonobiome sind Ökotone, die<br />
/wischen die Steppen (Abb. 229, Tschaklow) <strong>und</strong> eigentlichen<br />
Wüsten zwischengeschaltet sind. Diese ariden Ökotone<br />
<strong>der</strong> Halbwüsten sind durch den Klimalypus Vlla gekenn-
388 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Uman (216 m)<br />
[30 - 34]<br />
7,0° 463<br />
Tschakalov (114 m)<br />
[30 - 26]<br />
3,8° 385<br />
Astrachan (-14 m)<br />
[35-36) 9,3° 156<br />
Abb. 229.<br />
Klimadiagramme aus <strong>der</strong> Waldsteppenzone<br />
(mit Trockenzeit),<br />
aus <strong>der</strong> Steppenzone (mit Dürrezeit<br />
<strong>und</strong> langer Trockenzeit) <strong>und</strong><br />
aus <strong>der</strong> Halbwüste (mit langer<br />
Sommerdürre).<br />
zeichnet (Abb. 229,j\stfa,Äan). Die Halbwüsten (in Nordamerika<br />
ist es das $agebrusii!^ebiet) sind ari<strong>der</strong> als die Steppen,<br />
aber weniger arT3 als die Wüsten, <strong>und</strong> ihre <strong>Vegetation</strong><br />
trägt Übergangscharakter; dabei hält die ausgeprägte Dürrezeit<br />
etwa vier bis sechs Monate an (Abb. 158).<br />
2 Böden <strong>der</strong> Steppenzone Osteuropas<br />
Die osteuropäische Steppe ist die Wiege <strong>der</strong> Bodentypenlehre,<br />
die von Dokutschajev (1898) <strong>und</strong> Glinka (1914) begründet<br />
wurde. Es gibt kein Gebiet gleicher Fläche, in dein die<br />
parallek_ZOTierürTgA^ Tdima, Bodentvnen <strong>und</strong>-<strong>Vegetation</strong><br />
so deutlich zu efFenrieh ist, wobei allerdings gesagt werden<br />
muß, daTSTvöh <strong>der</strong> natürllch'en <strong>Vegetation</strong> nur sehr geringe<br />
Reste übrig geblieben sind, nie giin>:ijjip V p r a n ^ s e u jjp p für<br />
die Zoni^rung _sjrid das sehr ebene Relki <strong>und</strong>-em Wjeitgchend<br />
einheitliches] Muttergestein (yiß)^ Das Klima änden<br />
sich von NW nach SE stetig; Die Sommertemperaturen <strong>und</strong><br />
die potentielle Evaporation steigen, die Nie<strong>der</strong>schläge nehmen<br />
dagegen ab, das heißt die Aridität wird immer stärker<br />
ausgeprägt. Es tritt also über eine sehr lange Entfernung ein<br />
gleichmäßiger Gradient auf, <strong>der</strong> ideale Transekte ermöglicht<br />
Die Grenze zwischen Waldzone <strong>und</strong> Waldsteppenzone entspricht<br />
<strong>der</strong> Grenze zwischen humidem <strong>und</strong> aridem Gebici,<br />
das heißt nördlich dieser Grenze übertreffen die Jahresnie<strong>der</strong>schläge<br />
den Jahresbetrag <strong>der</strong> potentiellen Evaporation,<br />
südlich davon ist die letztere höher (Abb. 230), so daß sich<br />
in abflußlosen Senken (Pods) Brackböden bilden.<br />
Die Verteilung <strong>der</strong> Bodentypen zeigt stark vereinfacht<br />
Abb. 231. Im humiden Bereich finden wir typische Podsolboden<br />
<strong>und</strong> leicht podsolierte graue Waldböden, im ariden<br />
Bereich Schwarzerden bis zu den ariden Kastanien- <strong>und</strong><br />
Braunerden (Burosem). Die Bodentypen sind an ihren Bodenprofilen<br />
zu erkennen, die schematisch auf Abb. 232 dargestellt<br />
wurden.
Die Schwarzerden (Tschernosem) sind A-C-Böden o<strong>der</strong><br />
Pedocale, das heißt ihnen fehlt ein toniger Anreicherungshorizont<br />
(B). Man unterscheidet die Unterzonen: Nördliche,<br />
Mächtige, Gewöhnliche <strong>und</strong> Südliche Schwarzerde. Der Humushorizont<br />
A glie<strong>der</strong>t sich in den schwarzgefärbten A,, ir<br />
den etwas helleren A^ <strong>und</strong> den schwach durch Humus gefärbten<br />
Löß A3. Darauf folgt C, <strong>der</strong> unverän<strong>der</strong>te Löß mit<br />
prismatischer Struktur. Bei <strong>der</strong> Mächtigen Schwarzerde<br />
reicht <strong>der</strong> Humushorizont bis 170 cm tief, seine Mächtigkeit<br />
nimmt nach Norden <strong>und</strong> Süden ab, <strong>der</strong> Humusgehalt ist bei<br />
<strong>der</strong> Gewöhnlichen Schwarzerde mit 7 bis 8 % am höchsten<br />
(im östlichen Steppengebiet noch höher). Eine Tonverlagerung<br />
findet bei <strong>der</strong> Schwarzerde nicht statt, aber das<br />
Schmelzwasser im Frühjahr wäscht aus den oberen Horizonten<br />
den Kalk (CaCOj) aus, so daß beim Aultropfen von<br />
HCl kein Aufbrausen erfolgt; dieses beginnt erst tiefer, <strong>und</strong><br />
zwar liegt <strong>der</strong> Aufbrausungshorizont um so höher, je ari<strong>der</strong><br />
das Klima ist. Etwas unter dem Aufbrausungshorizont wird<br />
<strong>der</strong> ausgewaschene Kalk ausgefällt, zunächst in Form sehr<br />
feiner Kalkfäden, die an Schimmel erinnern (Pseudomycelien),<br />
weiter südlich auch als weiße Kügelchen (Kalkaugen =<br />
Bjeloglaski) <strong>und</strong> schließlich nur als solche. Außerdem erkennt<br />
man am Profil die Querschnitte von Gängen <strong>der</strong> verlassenen<br />
unterirdischen Zieselbauten (Krotowinen), die mit<br />
eingeschwemmter schwarzer Humuserde ausgefüllt sind.<br />
Alle diese Än<strong>der</strong>ungen vollziehen sich in Übereinstimmung<br />
mit <strong>der</strong> Klimaän<strong>der</strong>ung ganz gleitend von Norden<br />
nach Süden. Sie spiegein die zunehmende Aridität wi<strong>der</strong>.<br />
Böden <strong>der</strong> Steppenzone Osteuropas 389<br />
Abb. 230.<br />
Schematisiertes Klima-, Vegetatioiis-<br />
<strong>und</strong> Bodentransekt durch<br />
die osteuropäische Tiefebene von<br />
NW nach S E (nach S c h e n n i k o v ,<br />
aus W a l t e r 1990). Schwarz =<br />
Humushorizont: farbig =<br />
iiluvialer B-Horizont: <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra = Tagesmittel<br />
über 0 °C, sonst über<br />
10 °C.<br />
1
390 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 231.<br />
Bodentypenkarte des osteuropäischen<br />
Steppengebiets <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
angrenzenden Waidgebiete.<br />
Unter dem Walde in <strong>der</strong> Waldsleppenzone bleiben die<br />
oberen Bodenschichten feuchter; die Streu bildet den Ag-<br />
Horizont, die Durchmischung desselben mit dem mineralischen<br />
Boden ist geringer, <strong>der</strong> Humushorizont ist deshalb<br />
unter dem feuchten Hainbuchen {Carpinus)-'Wald nur hellgrau,<br />
unter dem trockenen Eichenwald dunkelgrau gefärbt:<br />
seine gute krümelige Struktur geht verloren, sie wird plattig;<br />
unter <strong>der</strong> Humusschicht findet man mehlige, gebleichte<br />
Sandkörner <strong>und</strong> darunter einen verdichteten B-Horizont,<br />
alles Anzeichen <strong>der</strong> beginnenden Podsolierung. Diese ist un-<br />
Podsolboden<br />
Graue Waldböden<br />
1 gewöhnliche Schwarzerde 1 I Sanddünen<br />
I H Wiesen <strong>und</strong> Moor llllllllll nördliche Schwarzerde<br />
I I Karbonatverbrackung HHHtl mächtige Schwarzerde<br />
i südliche Schwarzerde<br />
ä Kastanien-Braunerde<br />
Gesteinsböden
50<br />
100<br />
helle dunkle degrad. nördl. mächtige gewöhnliche<br />
«AoE<br />
iw<br />
B2<br />
Ba<br />
Böden <strong>der</strong> Steppenzone Osteuropas 391<br />
südliche Abb. 232.<br />
Schematische Darstellung <strong>der</strong><br />
Ai<br />
Bodenprofile in <strong>der</strong> Waldsteppen-<br />
<strong>und</strong> Steppenzone (westl.<br />
vom Dnjepr) von N nach S. Prozentzahlen<br />
= Humusgehalt des<br />
A,, br = Aiißraiisungshorizont,<br />
geschlängelte Linien = Pseudomycelien<br />
(Kalk), kleine Punkte<br />
= Kalkaugen, große schwarze<br />
Flecken = Krotowinen (alte Zieselbauten),<br />
horizontal gestrichelt<br />
= Plättchenstruktur beim Waldboden.<br />
150<br />
200<br />
ler dem Eichengebüsch (als den letzten Ausläufern des Waldes<br />
gegen die Steppe) bei <strong>der</strong> degradierten Schwarzerde<br />
kaum angedeutet. Gelangt man dann in die feuchteste Ausbildungsform<br />
<strong>der</strong> Wiesensteppen, so findet man unter ihnen<br />
schon die Nördliche Schwarzerde in typischer Ausbildung,<br />
aber mit sehr tiefliegendem Aufbrausungshorizont <strong>und</strong><br />
ohne Kalkausscheidungen (vgl. Abb. 231, 232).<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> noch verbliebenen Reste <strong>der</strong> natürlichen<br />
<strong>Vegetation</strong> konnte man nachweisen, daß jedem Bodentypus<br />
eine bestimmte Pflanzengemeinschaft zugeordnet ist, wie es<br />
lolgende Übersicht zeigt:<br />
f l e d e r n Bodentyp ist<br />
eine bestimmte Pflanzengemeinschaft<br />
zugeordnet.<br />
Bodentypus<br />
Graue Waldböden<br />
pegradierte Schwarzerde<br />
Nördliche Schwarzerde<br />
Mächtige Schwarzerde<br />
Gewöhnliche Schwarzerde<br />
Südliche Schwarzerde<br />
V e g e ta tio n s e in h e it<br />
Eichen-Hainbuchen- <strong>und</strong><br />
Eichenwald<br />
Eichen-Schlehengebüsch<br />
Feuchte, krautreiche<br />
Wiesensteppe<br />
Typische Wiesensteppe<br />
Krautreiche Fe<strong>der</strong>gras<br />
(Stipa)-Sxeppe<br />
Trockene, krautarme<br />
Si/yPö-Steppe
392 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Diese Zuordnung erlaubt es, auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bodenkarte die<br />
frühere <strong>Vegetation</strong>sglie<strong>der</strong>ung zu rekonstruieren.<br />
3 Wiesensteppen auf Mächtiger Schwarzerde<br />
<strong>und</strong> die Fe<strong>der</strong>grassteppen<br />
Das Wort Steppe stammt von <strong>der</strong> russischen Bezeichnung<br />
„stepj". Man sollte es deshalb nur für Grassteppen <strong>der</strong><br />
gemäßigten Zone verwenden, die den osteuropäischen Steppen<br />
gleichen, wie die Prärie <strong>und</strong> die Pampa, ln den Tropen<br />
gibt es in diesem Sinne keine Steppen, man spricht deshalb<br />
besser vom „tropischen Grasland". Mit dem Begriff Steppe<br />
verbindet man bei uns vielfach die Vorstellung einer öden,<br />
armen <strong>Vegetation</strong>, zum Beispiel, wenn man von einer ,.Versteppung"<br />
<strong>der</strong> Landschaft spricht. Für die nördlichen Varian-<br />
Abb. 233.<br />
Friihüiigsaspekte <strong>der</strong> Wiesensteppe<br />
(nach PoKROvsKAJA, aus<br />
W a l t e r 1968). Vertikalprojektion,<br />
Quadrate in dm. Oben. Anfang<br />
April: Brauner Aspekt mit<br />
lila Pulsatilla patens-Flecken,<br />
Carex humilis stäubt. Mitte -<br />
Ende April: Gelber Adonis vernalis-Aspekt,<br />
zartblaue Hyacinthus<br />
leucophaeus. Unten, Ende<br />
Mai: Blauer Myosotis sylvatica-<br />
Aspekt, weiße Anemone sylvestris,<br />
gelbe Senecio campestris, einige<br />
blühende Stipa.
Wiesensteppen auf Mächtiger Schwarzerde <strong>und</strong> die Fe<strong>der</strong>grassteppen 393<br />
Abb. 234.<br />
Frühsommer-Aspekt (aus W a l <br />
t e r & A L E C H I N 1936). Neben<br />
dem Fe<strong>der</strong>gras Stipa joannis<br />
blühen viele Kräuter (über<br />
40 cm hoch sind: Salvia pratensis,<br />
Flypochoeris macúlala. Filipéndula<br />
hexapelaia, Scorzonera<br />
purpurea, Phiomis tuberosa <strong>und</strong><br />
Echium rubrum).<br />
ten <strong>der</strong> osteuropäischen Steppen ist das Gegenteil <strong>der</strong> Fall.<br />
Sie sind heute die fruchtbarsten Teile des Landes mit den besten<br />
Schwarzerdeböden; im natürlichen Zustand übertreffen<br />
sie unsere üppigsten Wiesen an Blütenpracht; nur im Herbst<br />
machen sie einen trockenen Eindruck.<br />
Die Waldsteppe ist ein Makroinosaik von Laubwäl<strong>der</strong>n<br />
<strong>und</strong> Wiesensteppen. Die jahreszeitliche Entwicklung <strong>der</strong><br />
Wiesensteppen ist durch Abb. 233 <strong>und</strong> 234 erläutert <strong>und</strong><br />
wird im folgenden beschrieben.<br />
Nach <strong>der</strong> Schneeschmelze ist <strong>der</strong> Boden in <strong>der</strong> Steppe gut<br />
durchfeuchtet, die Temperaturen steigen an, so daß sich eine<br />
reiche Frühlingsflora entwickelt. Ende April erscheinen die<br />
lila Blüten von Pulsatilla patens, auch Carex humilis beginnt zu<br />
stäuben, dazu kommen Anfang Mai die großen goldenen<br />
Sterne von Adonis vernalis <strong>und</strong> die hellblauen Blütenstände<br />
von Hyacinthus leucophaeus. Mitte Mai ergrünt die Steppe;<br />
zwischen den sprießenden Gräsern stehen Lathyrus pannonicus,<br />
Iris aphylla <strong>und</strong> Anemone sylvestris. Anfang Juni ist das<br />
bunteste Stadium erreicht mit Mengen von blühen<strong>der</strong> Myosotis<br />
sylvatica, Senecio campestris <strong>und</strong> Ranunculus polyanthemus;<br />
gleichzeitig erscheinen die ersten Fe<strong>der</strong>schweife von Stipa joannis.<br />
Im Frühsommer bewegen sich die fe<strong>der</strong>igen langen
394 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Grannen <strong>der</strong> Stipa-Anm wellenförmig im Wind, <strong>und</strong> es<br />
strecken sich die Rispen von Bromus riparius (B. erectus nahestehend);<br />
dazwischen blühen Salvia pratensis <strong>und</strong> Tragopoßcn<br />
pratensis. Gegen Ende Juni färbt sich die Steppe weiß durch<br />
die Blüten von Trifolium montanum, Chrysanthemum leucanthemum,<br />
Filipéndula hexapetala, zu denen Campánula sibirica <strong>und</strong><br />
C. persicifolia, Knautia arvensis <strong>und</strong> Echium rubrum einen Farbenkontrast<br />
bilden. Anfang Juli nähert sich die Farbenpracht<br />
mit <strong>der</strong> rosablühenden Onobrychis arenaria <strong>und</strong> dem<br />
gelben Galium verum ihrem Ende.<br />
Von Mitte Juli an beginnen die Pflanzen zu vertrocknen:<br />
es erscheinen noch die dunkelblauen Rispen von Delphinium<br />
litwinowi <strong>und</strong> später die braunroten Kerzen von Veratrum nigrum.<br />
Ab August sieht die Steppe trocken aus <strong>und</strong> bleibt so,<br />
bis <strong>der</strong> Schnee sie zudeckt.<br />
Diese Beschreibung zeigt, daß die Trock^wgsM*U¿])i<br />
Steppenheiden ln MittefpiiroiSa dip'armTirher¿^trazonaleii'<br />
Außerrpoften dér Wiesensteppe im hum iden I*[li'fjfftfif<br />
trockenem, flachgründigen Standorten'dafstellen. ^ le floristische<br />
Ziisnmingn'SfttTitrir ist sehr ähnlich, nur daß in Mitteleuropa<br />
s^ímediterraí^vElemente hinzukommen, wie<br />
zum BeispieMje Orchidgp ^ i e <strong>der</strong> Steppe fehlen.<br />
Weiter südliAnbeginnen die Fe<strong>der</strong>grassteppen auf Gewöhnlicher<br />
<strong>und</strong> Südlicher Schwarzerde. In ihnen herrschen<br />
verschiedene Stipa-Anen vor. Die weniger dürreresistenten<br />
Kräuter sind bei <strong>der</strong> zunehmenden Trockenheit nicht wettbewerbsfähig<br />
<strong>und</strong> treten immer mehr zurück. Die Dichte <strong>der</strong><br />
Pflanzendecke nimmt ab, so daß <strong>der</strong> Boden zum Teil vom<br />
Moos Tortula (Syntrichia) ruralis <strong>und</strong> <strong>der</strong> Alge Nostoc bedeckt<br />
ist. Im Frühjahr sind die Geophyten (Iris, Gagea, Tulipa) <strong>und</strong><br />
einige Winterannuelle (Draba verna, Holosteum umbellatumj<br />
stärker vertreten. Beson<strong>der</strong>s auffallend ist Paeonia tenuifolia.<br />
Im Sommer treten an<strong>der</strong>e Kräuter {Salvia nutans, S. nemorosa,<br />
Serratula, Jurinea, Phiomis u. a.) auf, im Spätsommer kommen<br />
Apiaceen (Peucedanum, Férula, Seseli, Falcarla) <strong>und</strong> Compositen<br />
(Linosyris) hinzu. Noch südlicher nimmt die<br />
<strong>Vegetation</strong>sdichte weiter ab; neben diJB-tertggrannigen Fe<strong>der</strong>gräsern<br />
spielen das langgrannige Ah'pa capill^ <strong>und</strong> Festuca<br />
sulcata eine größere Rolle ttnd ugte£;€lffl4^utern solche<br />
mit tiefgejjffideisJ’fahlwurzel 0tyngium campe^t?e, Phiomis<br />
pungen^tentaurea} Limonium, Onosma).'<br />
Auf den kastanienfarbigen Böden treten Wermut (Ariern-<br />
„jdcCpSiXim stärker hervor, womit <strong>der</strong> Übergang zur'Wenmii-<br />
Halbwüste eingeleitet wird. Diese ist als Subzonobibm Vlla<br />
wie<strong>der</strong>um zwischengeschaltet zwischen <strong>der</strong> Steppe <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
noch ari<strong>der</strong>en Wüste |VII (-t III)].
4 Nordamerikanischö Prärie<br />
.:\ x<br />
Nordamerikanische Prärie 395<br />
Die Verhältnisse in <strong>der</strong> Prärie entsprechen denen <strong>der</strong> Steppe;<br />
sie sind nur komplizierter. Während sich die Steppe um den<br />
50. Breitengrad von den Ausläufern <strong>der</strong> Karpaten nach<br />
Osten weit über Europa hinaus erstreckt, beginnt die Prärie<br />
in Kanada zwar auch südlich vom 55. Breitengrade, aber die<br />
Zonen verlaufen in N-S-Richtung bis über den 30. Breitengrad<br />
nach Süden <strong>und</strong> gehen in Prosop/s-Savannen über.<br />
Dazu kommt, daß die weite Ebene in N-Amerika langsam<br />
von E nach W bis auf 1500 m NN ansteigt (Abb. 235). Die<br />
Nie<strong>der</strong>schläge nehmen von E nach W ab, die Temperatur jedoch<br />
von N nach S zu. Es ergibt sich dadurch keine so klare<br />
Bodenzonierung, son<strong>der</strong>n mehr eine schachbrettartige Anordnung<br />
<strong>der</strong> Bodentypen (Abb. 237, S. 397).<br />
Abb. 235.<br />
Transekt durch die Prärie Nordamerikas<br />
mit <strong>Vegetation</strong>s- <strong>und</strong><br />
Bodengradient (z. T nach B urrows<br />
1990).<br />
Jahrestemperatur: 8"C<br />
absolutes Minimum: -37°C<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlag ca: 300 mm<br />
potentielle Evaporation: ++<br />
Jahrestemperatur: 11°C<br />
absolutes Minimum: -34°C<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlag ca: 700 mm<br />
potentielle Evaporation: +/-<br />
Kurzgras-Prärie<br />
Misch-Prärie<br />
Langgras-Prärie<br />
t I I<br />
') / / '! V.''' / \
396 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Die einzelnen <strong>Vegetation</strong>szonen<br />
wie Langgrasprärie,<br />
Gemischte Prärie<br />
<strong>und</strong> Kurzgrasprärie, folgen<br />
aufeinan<strong>der</strong>, wenn<br />
man von Osten in <strong>der</strong><br />
Richtung <strong>der</strong> zunehmenden<br />
Aridität nach Westen<br />
geht, aber in je<strong>der</strong> Zone<br />
besteht ein floristisches<br />
Gefälle von Nord nach<br />
Süd.<br />
Abb. 236.<br />
Die Auswirkungen <strong>der</strong> Landnutzung<br />
<strong>der</strong> Prärien auf den Gehalt<br />
an Humus (organ. C) <strong>der</strong> Great<br />
Plains in USA (nach D o n i g i a n<br />
et al. ¡995).<br />
Eine größere Rolle als Stipa spielen Andropoßon-Anm,<br />
also Grassippeii südlicher Abstammung.<br />
Die Übergangszone <strong>der</strong> Waldsteppe ist in N-Amerika<br />
ebenfalls vorhanden mit Wäl<strong>der</strong>n an den Talhängen o<strong>der</strong><br />
auf leichten Böden <strong>und</strong> Grasland auf ebenen Wasserscheiden<br />
mit schweren Böden. Die Langgrasprärie entspricht <strong>der</strong><br />
nördlichen Wiesensteppe auf <strong>der</strong> Mächtigen Schwarzerde,<br />
aber die Prärieböden sind feuchter, <strong>der</strong> Kalk ist ganz ausgewaschen,<br />
ein Aufbrausungshorizont fehlt. Die Frage, weshalb<br />
die Prärie trotzdem baumlos ist, wurde experimentell<br />
durch Auspflanzen von Baumsämlingen mit <strong>und</strong> ohne<br />
Wettbewerb <strong>der</strong> Graswurzeln beantwortet. Das Ergebnis<br />
war, daß Baumwuchs durchaus möglich ist, wenn die Konkurrenz<br />
<strong>der</strong> Gräser ausgeschaltet wird.<br />
Verhin<strong>der</strong>t man die Präriebrände, rückt <strong>der</strong> Waid mit einer<br />
Gebüschzone als Vorhut langsam, etwa 1 m in drei bis<br />
fünf Jahren, gegen die Prärie vor. Aber eine genaue Statistik<br />
ergab für das Jahr 1965, daß im Mittel pro Jahr ein Blitzschlagfeuer<br />
auf je 5000 ha Präriefläche kommt; das Feuer ist<br />
im Präriegebiet somit ein natürlicher Umweltfaktor zugunsten<br />
<strong>der</strong> Gräser. Man muß auch berücksichtigen, daß die<br />
Prärievegetation früher durch die weidenden großen Bisonherden<br />
begünstigt wurde. Dazu kommt noch als ein Naturexperiment<br />
die katastrophale Dürre 1934 bis 1941, <strong>der</strong>en<br />
Auswirkung auf die Prärievegetation noch 1953 zu erkennen<br />
war. Solche periodisch alle Jahrh<strong>und</strong>erte wie<strong>der</strong>keh-<br />
Jahr
ii H s (ZU 7 ^^9 isia 1<br />
rende Dürreperioden sind sicher für die Baumlosigkeit <strong>der</strong><br />
Prärie mit verantwortlich zu machen.<br />
Die Langgrasprärie ist ebenso krautreich wie die Wiesensteppe,<br />
floristisch sogar artenreicher. Während <strong>der</strong> Hauptblüte<br />
im Juni blühen 70 Arten gleichzeitig. Die Hauptgräser<br />
{Andropogon scoparius <strong>und</strong> A. gerardi) haben jedoch ihre Blütezeit<br />
als südliche Elemente mit einer C4-Photosynthese erst<br />
imSpätsommer; bei <strong>der</strong> tiefen Durchfeuchtung <strong>der</strong> Prärieböden<br />
leiden sie in normalen Jahren nicht unter Wassermangel.<br />
Diese Gräser werden 40 bis 100 cm, mit den Blütenständen<br />
1 bis 2 m hoch. In <strong>der</strong> Gemischten Präriezone kommen<br />
nelien den Langgräsern (Andropogon scoparius, Stipa comata)<br />
auch reichlich Kurzgräser (Bouteloua gracilis, Buchloe dactyloides)<br />
vor, die dann in <strong>der</strong> Kurzgrasprärie allein dominieren;<br />
die Kräuter treten ganz zurück, dagegen ist Opuntia polyamtha,<br />
namentlich auf überweideten Flächen häufig (KüchtER<br />
1974). Durch die Beweidung wird überhaupt <strong>der</strong> Charakter<br />
<strong>der</strong> Prärie leicht in <strong>der</strong> Richtung einer scheinbaren<br />
größeren Aridität verän<strong>der</strong>t, das heißt die Langgrasprärie<br />
Abb. 237.<br />
Bodentypenkarte <strong>der</strong> USA (nach<br />
Karte des ÜS-Dept. of Agrk).<br />
1 Podsolboden, 2 graubraune<br />
Waldböden, 3 gelbe <strong>und</strong> rote<br />
Waldböden, 4 Gebirgsböden<br />
(allgemein), 5 Prärieböden,<br />
6 südl. Schwarz- <strong>und</strong> dunkle<br />
Braunerden, 7 nördl. Schwarzerde,<br />
8 Kastanien-Braunerde,<br />
9 nördl. Braunerde, 10 südl.<br />
Braunerde, 11 Grauerde (Serösem),<br />
12 pazifische Talböden.<br />
Braunerde = Burosem. Es entsprechen:<br />
1 <strong>der</strong> Nadelwaldzone,<br />
2 u. 3 <strong>der</strong> Mischwald- <strong>und</strong><br />
Laubwaldzone, 5 <strong>der</strong> Langgrasprärie,<br />
6-10 <strong>der</strong> Gemischten<br />
<strong>und</strong> Kurzgrasprärie, 11 im nördlichen<br />
Teil <strong>der</strong> Wermut(sagebrush)-Halhwüste,<br />
im südlichen<br />
Teil an<strong>der</strong>en Typen.
398 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
wird zur Gemischten Prärie, diese zur Kurzgrasprärie. Die<br />
nach Westen zunehmende Aridität kommt durch die Kalkausscheidungen<br />
am Bodenprofil zum Ausdruck. Die Kalkaugen<br />
treten in <strong>der</strong> Kurzgrasprärie schon in 25 cm Tiefe auf,<br />
<strong>der</strong> Humushorizo'nt ist nur wenig mächtig, die Wurzeltieft<br />
nimmt ab, denn die Wurzeln gehen kaum in den Horizont<br />
mit den Kalkausscheidungen hinein, da dieser die mitilert<br />
Tiefe <strong>der</strong> Bodendurchfeuchtung anzeigt.<br />
Im Rahmen vom US/IBP wurden von French (1979) in<br />
einem Sammelband zehn Beiträge mit ökologischen Untersuchungen<br />
über die Produktion, die Konsumenten <strong>und</strong> Beweidungsprobleme<br />
veröffentlicht.<br />
Die Nettoproduktion beträgt etwa in <strong>der</strong> Kurzgrasprärit<br />
2 t/ha, (Bestand ca. 65 cm hoch) in <strong>der</strong> gemischten 3 t/ha<br />
(Bestand ca. 130 cm hoch) <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Langgrasprärie (Bestand<br />
bis über 160 cm hoch) über 5 t/ha <strong>und</strong> Jahr.<br />
Wie die Steppen Osteuropas sind auch die nordamerikanischen<br />
Prärien unter den Pflug genommen worden. Ursprüngliche<br />
Prärien gibt es kaum noch. Die Beackerung hat<br />
zu einem starken Verlust an Humus geführt, <strong>der</strong> Anteil an<br />
löslichem organischem Kohlenstoff (oC) im Boden hat sich<br />
seit <strong>der</strong> Beackerung halbiert (Abb. 236, S. 396). Nicht nur<br />
die starken, durch den Umbruch <strong>der</strong> Prärie in Ackerland<br />
verursachten Verän<strong>der</strong>ungen im Humusgehalt, auch die<br />
mögliche weitere Entwicklung, die den Erhalt <strong>der</strong> Tragfähigkeit<br />
sichern soll, sind in Abb. 236 gezeigt. Umfangreiche Untersuchungen<br />
dienen dem Ziel die Humusverluste aufziihalten<br />
o<strong>der</strong> gar die Humusgehalte <strong>der</strong> Böden durch<br />
entsprechende Techniken wie<strong>der</strong> zu erhöhen. Dies soll zum<br />
Beispiel durch vermin<strong>der</strong>te Anbauintensität <strong>und</strong> durch<br />
Rückführung von Streu erreicht werden.<br />
Abb. 238.<br />
Inselhafte kleine Haine von<br />
Populus tremuloides <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Gehölzen in den Wasach-<br />
Mountains (Utah) (phot. S.-W.<br />
B r e c k l e ) .
Ökophysiologie <strong>der</strong> Steppen- <strong>und</strong> Präriearten 399<br />
Abb. 239.<br />
Offener Steppenwald mit Pinus<br />
banksiana <strong>und</strong> Popuius tremutoides<br />
im Prinz Albert Pare (Saskatchewan,<br />
Canada) (phot.<br />
S.-W. <strong>Breckle</strong>).<br />
Nach Norden zu im kanadischen Raum als auch in den<br />
Gebirgen zeigen zunehmend größere Waldinseln den Übergang<br />
einer Waldsteppe zu den Wäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Taiga bzw. <strong>der</strong><br />
Gebirgswäl<strong>der</strong> an. Dabei spielt im nordamerikanischen<br />
Raum Popuius tremuloides eine bedeutende Rolle. Diese Art<br />
ist in <strong>der</strong> Lage durch weitstreichende Wurzelausläufer große<br />
Klone zu bilden. Ganze Wäldchen können so unter Umständen<br />
von einer Pflanze ausgehen (Abb. 238). Auch als Mischwald<br />
mit Kiefern (Pinus banksiana) kommt diese Art häufig<br />
vor (Abb. 239), wird aber dann auch beson<strong>der</strong>s gerne von<br />
Bibern für Dammbaue gefällt.<br />
5 Ökophysiologie <strong>der</strong> Steppen- <strong>und</strong> Präriearten<br />
Die <strong>Vegetation</strong>szeit <strong>der</strong> Steppenpflanzen wird durch den kalten<br />
Winter einerseits sowie die Dürre des Spätsommers <strong>und</strong><br />
Herbstes an<strong>der</strong>erseits begrenzt. Den Pflanzen stehen etwa<br />
\ier Monate mit sehr günstigen Wachstumsbedingungen im<br />
Frühjahr <strong>und</strong> Frühsommer zur Verfügung. Die Arten sind<br />
turn größten Teil Hemikryptophyten <strong>und</strong> müssen in dieser<br />
kurzen Zeit eine große produzierende Blattoberfläche mit<br />
möglichst geringem Materialaufwand atifbauen. Genaue Bestimmungen<br />
<strong>der</strong> Blattflächenindizes liegen nicht vor, sie<br />
dürften jedoch in <strong>der</strong> Wiesensteppe denen des Laubwaldes<br />
mtsprechen. Allerdings schwankt die gesamte Blattfläche je<br />
nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagshöhe von Jahr zu Jahr stark. Für die<br />
kratitarme Fe<strong>der</strong>grassteppe wird in feuchten Jahren eine<br />
iberirdische Phytomasse von 4530 bis 6250 kg/ha angegetien<br />
gegenüber 710 bis 2700 kg/ha in trockenen Jahren. Es<br />
inilet also eine Reduktion <strong>der</strong> transpirierenden Blattfläche<br />
_ Produktionsangaben<br />
zu den Steppen:<br />
Wiesensteppen: Phytomasse<br />
23,7 t/ha (unterirdisch<br />
84 %); Jahresproduktion<br />
10,4 t/ha<br />
Fe<strong>der</strong>grassteppen: Phytomasse<br />
20,0 t/ha (unterirdisch<br />
91 %); Jahresproduktion<br />
8,7 t/ha
400 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 240/1.<br />
Jahresgang <strong>der</strong> abiotischen (A,<br />
B) <strong>und</strong> <strong>der</strong> biotischen Größen<br />
(C-H) eines Wiesensteppenökosystems<br />
im Zentralen Schwarzer<strong>der</strong>eservat<br />
im Jahre ¡957. A meteorologische<br />
Faktoren,<br />
B Wassergehalt des Bodens,<br />
C oberirdische Phytomasse.<br />
bei ungünstiger Wasserversorgung statt, <strong>und</strong> das hat eine geringere<br />
Produktion zur Folge. Im Gegensatz dazu bleibt die<br />
unterirdische Phytomasse unverän<strong>der</strong>t. Sie ist im Vergleich<br />
zur oberirdischen viel größer.<br />
Die jährlich absterbende oberirdische Masse bildet an <strong>der</strong><br />
Bodenoberfläche die Streuschicht (Steppenfilz), die in <strong>der</strong><br />
Wiesensteppe 8 bis 10 t/ha erreicht, in <strong>der</strong> trockenen Steppe<br />
nur 3 t/ha. Die absterbende unterirdische Masse wird durch<br />
Bodenorganismen in Humus umgewandelt. Die Streuschichi<br />
unterliegt im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer einer starken Zerset-,<br />
zung; sie weist zu Beginn <strong>der</strong> Dürre ein Minimum, zu Beginn<br />
des Winters ein Maximum auf. Die jahreszeitliche Ver-<br />
^ 1<br />
- 9 5 -<br />
D)<br />
S 8 5 -<br />
ü<br />
CO<br />
-]<br />
D<br />
Q. 3 0 -<br />
E<br />
E<br />
= 7 5 - OJ 2 0 -<br />
0) > 5 1 0 -<br />
1 6 5 - 0 -<br />
^ A -10-1.<br />
100<br />
....... Rhizom-Gräser<br />
__ Horst-Gräser<br />
____ Kräuter<br />
____Carex spp.<br />
Fabaceae
Ökophysiologie<br />
<strong>der</strong> Steppen- <strong>und</strong> Präriearten 401<br />
Abb. 240/2.<br />
D Phänologie <strong>der</strong> Pflanzen,<br />
E tote oberirdische Pflanzenteile.<br />
F Masse <strong>der</strong> Wirbellosen, G Humusmasse,<br />
H Zahl <strong>der</strong> Nager<br />
(vorherrschende Wirbeltiere)<br />
(aus <strong>Walter</strong> 1990).<br />
Monate<br />
än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Umweltfaktoren <strong>und</strong> <strong>der</strong> biotischen Größen<br />
für das größte Steppenreservat gibt Abb. 240 wie<strong>der</strong>.<br />
Eine zu starke Anreicherung <strong>der</strong> Streu, zum Beispiel in<br />
Schutzgebieten, wirkt sich ungünstig aus. Die Verjüngung<br />
<strong>der</strong> Gräser wird erschwert, in <strong>der</strong> Pflanzendecke entstehen<br />
Lücken, <strong>und</strong> Unkrautpflanzen, wie Artemisia, Centaurea <strong>und</strong><br />
Disteln, stellen sich ein. Für die typische Entfaltung <strong>der</strong><br />
Steppenvegetation ist also eine gewisse Beweidung notwendig,<br />
wie sie in <strong>der</strong> Ursteppe durch Gazellen <strong>und</strong> Saiga-Antilopen,<br />
das Wildpferd <strong>und</strong> den Wildesel sowie vor allem<br />
durch die unzähligen Steppennagetiere (Ziesel u.a.) <strong>und</strong><br />
Heuschrecken erfolgte. Die Baue <strong>der</strong> Steppennager tragen
402 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
neben den Regenwürmern zur guten Durchmischung des<br />
Humus mit dem mineralischen Boden bei. Gelegentliche<br />
natürliche Steppenhrände hatten auch die Vernichtung <strong>der</strong><br />
angereicherten Streu zur Folge. In den Steppenreservaten<br />
hilft man sich, indem man die Flächen alle drei Jahre mäht.<br />
Zwischen den Steppengräsern <strong>und</strong> -kräutern herrscht ein<br />
ähnliches ökologisches Gleichgewicht wie zwischen den<br />
Holzpflanzen <strong>und</strong> den Gräsern in <strong>der</strong> Savanne (s. S. 188).<br />
Alle Gräser haben ein sehr intensives, fein verzweigtes Wiirzelsystem,<br />
die Kräuter dagegen ein extensives, oft mit einer.<br />
tiefgehenden Pfahlwurzel.<br />
Ihrem Wasserhaushalt nach gehören die Steppenkräuter<br />
zur Gruppe <strong>der</strong> malakophyllen Xerophyten. Im Frühjahr ist<br />
die Zellsaftkonzentration sehr niedrig. Vorübergehende<br />
Trockenperioden bewirken ein Welken mit einem steilen<br />
Anstieg <strong>der</strong> Zellsaftkonzentration. Bei den spätblühenden<br />
Arten wird zur Zeit <strong>der</strong> Blüte, wenn die Dürre beginnt, die<br />
Transpiration durch Verdorren <strong>der</strong> Blätter eingeschränkt; die<br />
Blüten <strong>und</strong> die reifen Früchte verbrauchen wenig Wasser<br />
<strong>und</strong> erhalten die Aufbaustoffe aus den vergilbenden Pflanzenteilen.<br />
Sehr typisch für die weiten offenen Steppen sind die<br />
StepB£^äuIsiJ-.^£ri7t,i?iM»r, Falcaría, Seseli, Phiomis, Centaurea u.<br />
ä.j. Bet diesen bleibt <strong>der</strong> versteifte Stengel mit den trockenen<br />
Fruchtständen als ein kugeliges Gebilde erhalten; am Wurzelhals<br />
ist eine schwache Stelle, an <strong>der</strong> <strong>der</strong> Stengel abbricht<br />
<strong>und</strong> vom Wind über die Steppe gerollt wird, wobei ein Ausstreuen<br />
<strong>der</strong> Samen erfolgt; oft verhaken sich die Fruchtstände,<br />
bilden zusammen metergroße Ballen, die in hohen<br />
Sprüngen mit großer Geschwindigkeit über die Steppe dahinjagen.<br />
Bei den Stipa-Anm erfolgt die Regulierung <strong>der</strong> Transpiration<br />
nicht nur durch Stomataschluß, son<strong>der</strong>n außerdem<br />
durch das Einrollen <strong>der</strong> Blätter; dadurch wird die Photosynthese<br />
beeinflußt. Die einzelnen Arten sind an bestimmte<br />
Standortsbedingungen angepaßt, wodurch ihre Verbreitung<br />
festg_<br />
Te Arbeiten beschäftigten sich mit dem Wasserhaushalt<br />
<strong>der</strong> Steppenheide in Mitteleuropa. Bei dieser handelt es sich<br />
um eine extrazonale Reliktvegetation aus einer xerothermen<br />
Periode <strong>der</strong> Postglazialzeit. Die Steppenheide ist an<br />
warme <strong>und</strong> trockene Standorte auf Löß- <strong>und</strong> Kalkhängen<br />
o<strong>der</strong> Sandböden geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> besteht aus malakophyllen<br />
Steppenarten, die sehr hydrolabil sind. Die Trockenheit in<br />
Mitteleuropa wird nicht durch das Klima, son<strong>der</strong>n durch die<br />
geringe Feldkapazität <strong>der</strong> Böden <strong>und</strong> die hohe potentielle
Asiatische<br />
Verdunstung an den südexponierten Hängen bedingt. Die '<br />
lange Dürrezeit des Spätherbstes fehlt, dafür kommen häufiger<br />
kurze Trockenperioden vor, wenn die Nie<strong>der</strong>schläge |<br />
eine Zeitlang ausbleiben.<br />
Steppen 403<br />
6 Asiatische Steppen<br />
Die osteuropäische Steppenzone setzt sich unter Umgehung<br />
des Südurals in dem kontinentaleren Klima Asiens fort; allerdings<br />
wird sie östlich vom Baikalsee durch viele Gebirge<br />
unterbrochen <strong>und</strong> ist mehr auf die Beckenlandschaften <strong>und</strong><br />
breiten Täler beschränkt. Nur in <strong>der</strong> Äußeren Mongolei <strong>und</strong><br />
in <strong>der</strong> Mandschurei ist sie wie<strong>der</strong> als Zone ausgebildet. Die<br />
vvestsibirischen Steppen tragen denselben Charakter wie die<br />
europäischen mit gewissen floristischen Unterschieden.<br />
Häufig tritt Lilium martaßon in <strong>der</strong> Steppe auf <strong>und</strong> Hemerocallis<br />
spp. Die transbaikalischen Steppen besitzen dagegen ein<br />
extrem kontinentales Klima mit sehr schneearmen Wintern<br />
<strong>und</strong> trockenem Frühjahr. Die Frühlingsflora fehlt, stark verireten<br />
ist Filifolium (Tanacetum) sibiricum, das sich im Herbst<br />
leuchtend rot färbt. Auffallend ist auch die starke Beimischung<br />
von alpinen Elementen (Arten <strong>der</strong> Gattungen Leontopodium,<br />
Androsace, Arenaria, Kobresia u. a.), was mit dem<br />
beson<strong>der</strong>s kontinentalen Klima zusammenhängt (W alter<br />
1975 a).<br />
In sehr ebenem Gelände <strong>der</strong> nördlichen sibirisch-kasachischen<br />
Steppe treten zahllose kleine Seen auf als Folge des semiariden<br />
Klimas, so paradox es scheint. Im humiden Klima<br />
fließt jede Senke über, <strong>und</strong> es entwickelt sich ein Flußsystem.<br />
Im semiariden ist das nicht <strong>der</strong> Fall. Jede kleine Senke<br />
hat ihr kleines Einzugsgebiet. Die Senken bilden sich an <strong>der</strong><br />
Stelle, wo nach Regen Lachen stehen, <strong>und</strong> das Wasser langsam<br />
tief in den Boden dringt. Dadurch werden die Bodenteilchen<br />
umgelagert <strong>und</strong> rücken dichter zusammen, das Bodenvolumen<br />
verkleinert sich, die Oberfläche verdichtet sich,<br />
die Senke vertieft sich dadurch. Man sieht solche Seenplatten<br />
in an<strong>der</strong>en semiariden Gebieten vom Flugzeug aus: in N-<br />
Dakota (USA), in <strong>der</strong> Pampa Argentiniens <strong>und</strong> in W-Australien.<br />
Wenn diese Seen einen wenn auch schwachen<br />
unterirdischen Abfluß haben, so bleibt das Wasser süß; verdunstet<br />
dagegen das ganze Wasser, so verbracken sie (Sodaverbrackung<br />
im schwach ariden Gebiet, sonst Chlorid-Sulfat-Verbrackung),<br />
Im östlichen Teil <strong>der</strong> europäischen Steppen, aber auch in<br />
N-Dakota siedeln sich am Rande <strong>der</strong> kleinen meist kreisr<strong>und</strong>en<br />
Seen Espen an {Populus trémula bzw. P. tremuloides). Die
404 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Steppe erscheint mit kleinen Hainen gespickt. Solche Espenhaine<br />
(in Sibirien mit viel Birke) bilden die Waldkomponente<br />
in <strong>der</strong> Waldsteppe dort, wo im kontinentalen Klima die<br />
nemorale Zone auskeilt <strong>und</strong> die Steppe an die boreale Nadelwaldzone<br />
grenzt (also im Zonoökoton VII/VIII), wie es in<br />
Westsibirien <strong>und</strong> im kanadischen Steppengebiet <strong>der</strong> Fall ist.<br />
7 Tierwelt <strong>der</strong> Steppen<br />
Heute kann man die<br />
Tierwelt nur in den wenigen<br />
Steppenreservaten<br />
<strong>und</strong> zum Teil noch in den<br />
sibirischen <strong>und</strong> mongolischen<br />
Steppen studieren,<br />
soweit sie noch von Nomaden<br />
beweidet werden.<br />
Wichtig sind vor allem die<br />
Bodenorganismen, die bei<br />
<strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong><br />
Schwarzerde von großer<br />
Bedeutung sind.<br />
Die Ursteppe war das Reich des G ro ß w ild e s , wie auch die<br />
amerikanische Prärie. Bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert war in <strong>der</strong> osteuropäisch-asiatischen<br />
Steppe noch <strong>der</strong> Tarpan (Equusgmelini)<br />
vertreten, das letzte Exemplar wurde 1866 an den zoologischen<br />
Garten in Moskau geliefert. Stärker vertreten waren<br />
die Paarhufer. Es wird angenommen, daß auch <strong>der</strong> Auerochse<br />
(Bos primigenius) ursprünglich die Steppe bevölkerte<br />
<strong>und</strong> sich dann vor den Menschen in die Wäl<strong>der</strong> zurückzog.<br />
Die Antilope (Saiga tatarica) hielt sich länger <strong>und</strong> ist selbst<br />
heute noch an einigen Stellen (Schutzgebiet bei Astrachan<br />
u. a.) vertreten. Hirsche <strong>und</strong> Rehe gab es früher in <strong>der</strong> Waldsteppe,<br />
<strong>und</strong> das Wildschwein (Sus scrofa) hielt sich um Wasserstellen<br />
<strong>und</strong> im Röhricht auf. Leichte Beweidung gehört<br />
zur Erhaltung <strong>der</strong> Steppenvegetation. Aber das Großwild<br />
<strong>und</strong> die Raubtiere sind vom Menschen restlos vernichtet<br />
worden. Geblieben sind die zahlreichen Steppennagetiere.<br />
Hervorzuheben sind vor allem die R e g enw ü rm er: Die<br />
großen (Dendrobaena mariupolensis) durchziehen den Boden<br />
mit ihren Gängen in allen Richtungen bis in große Tiefen; im<br />
oberen Meter wurden 525 Gänge/m^ gezählt, in 8 m Tiefe<br />
noch 110 Gänge/m^. Die kleinen Regenwürmer (Allophora<br />
spp.) beschränken sich mehr auf die oberen Bodenschichten.<br />
Die Regenwürmer durchmischen den Boden <strong>und</strong> reichern<br />
die unteren Schichten mit organischem Material an.<br />
Die Gänge erleichtern den Wurzeln das Eindringen in den<br />
Boden.<br />
An zweiter Stelle sind die A m e is e n zu nennen, die ebenfalls<br />
die Bodendurchmischung för<strong>der</strong>n, an dritter die Nagetie<br />
re mit unterirdischen Bauen. Ihre Tätigkeit ist an jedem<br />
Schwarzerdeprofil durch die Krotowinen zu erkennen, die<br />
Querschnitte <strong>der</strong> verlassenen Gänge, die von oben mit Humusboden<br />
ausgefüllt wurden <strong>und</strong> im Lößboden auf dem<br />
Profil als schwarze Kreise erscheinen. Die von den Nagern<br />
ausgeworfene Erde stammt aus den tieferen Schichten. Es<br />
wurden 175 Haufen/ha gezählt, die 0,5 bis 2 % <strong>der</strong> Fläche<br />
einnahmen. Durch sie entsteht mit <strong>der</strong> Zeit ein Mikrorelief<br />
mit Kleinsukzessionen <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>. Auf diesen Erdhaufen
steppen<br />
siedeln sich häufig Steppensträucher {Caragana frutex, Amygdalus<br />
nana u. a.) an, die hier vor <strong>der</strong> Konkurrenz <strong>der</strong> Graswurzeln<br />
geschützt sind. Auch die Nager tragen zur Lockerung<br />
<strong>und</strong> Durchmischung des Bodens bei.<br />
Solange die Steppen nur von den Herden <strong>der</strong> Nomaden,<br />
die ihren Standort dauernd wechselten, leicht beweidet<br />
wurden, wie es noch vor kaum mehr als zwei Jahrh<strong>und</strong>erten<br />
<strong>der</strong> Fall war, blieb die Steppenvegetation fast unverän<strong>der</strong>t<br />
erhalten. Durch die Umwandlung <strong>der</strong> Steppe in Ackerland<br />
o<strong>der</strong> intensive Viehweiden in den letzten zwei<br />
lahrh<strong>und</strong>erten wurde jedoch das ganze Steppenökosystem<br />
zerstört <strong>und</strong> die Fauna hat schwere Einbußen erlitten. Nur<br />
einige tierische Organismen haben sich an die neuen Verhältnisse<br />
angepaßt. Nager sind für den Ackerbau zur Plage<br />
geworden; in <strong>der</strong> Steppe harmlose Schädlinge gingen auf<br />
Getreide <strong>und</strong> Zuckerrübe über; sie treten heute in Massen<br />
auf <strong>und</strong> müssen mit chemischen Mitteln bekämpft werden.<br />
Durch die Beweidung mit Vieh wird die Pflanzendecke<br />
<strong>der</strong> Steppe degradiert. Eine Regeneration <strong>der</strong> Steppenvegetation<br />
auf geschützten Flächen erfolgt nur langsam. Auf diese<br />
Sek<strong>und</strong>ärsukzessionen können wir hier jedoch nicht eingehen.<br />
<strong>der</strong> südlichen Erdhalbkugel 405<br />
1<br />
8 Steppen <strong>der</strong> südlichen Erdhalbkugel<br />
Im Vergleich zu den Grassteppen <strong>der</strong> nördlichen Hemisphäre<br />
neiin^en die <strong>der</strong> südlichen nur eine relativ kleine Fläche<br />
ein. Da^größte zusammenhängende Gebiet ist die ostargenlinische<br />
Pampa in <strong>der</strong> Provinz Buenos Aires mit Teilen <strong>der</strong><br />
benachbarten Provinzen. Man könnte sie auch als semiaride<br />
Variante des"2onobioms V betrachten mit relativ hohen Nie<strong>der</strong>schlägen<br />
während <strong>der</strong> heißen Sommerzeit: Die Pampa<br />
liegt zwischen 32 <strong>und</strong> 38° südlicher Breite, dehnt sich über<br />
etwa .‘'00 000 km^ aus <strong>und</strong> grenzt direkt an die Küste des Atlantischen<br />
Ozeans. Sie liegt somit im warmtemperierten Gebiet<br />
<strong>und</strong> entspricht dem südlichsten Teil <strong>der</strong> Prärie in Oklahoma<br />
<strong>und</strong> Texas. Die Nie<strong>der</strong>schläge erreichen im Nordosten<br />
des Pampagebiets 1000 mm <strong>und</strong> sinken im Südwesten an<br />
, <strong>der</strong> Trockengrenze auf 500 mm. Diese Werte erscheinen sehr<br />
hoch, aber man darf nicht vergessen, daß die Temperaturen<br />
<strong>und</strong> somit die potentielle Evaporation ebenfalls hoch sind<br />
(Buenos Aires: mittl. Jahrestemperatur 16,1 °C). Doch galt<br />
das Klima <strong>der</strong> Pampa als humid <strong>und</strong> es wurde immer wie<strong>der</strong><br />
die Frage aufgeworfen, warum die Pampa ein baumloses<br />
Grasland ist. Die einfachste, aber unkritische Annahme ist,<br />
daß es sich um eine anthropogene <strong>Vegetation</strong> handelt, die
406 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
durch die vom Menschen gelegten Brände aus einer frülieren<br />
Waldvegetation hervorgegangen ist.<br />
Es hat sich jedoch gezeigt, daß die Beurteilung des Klimas<br />
nicht richtig ist. Selbst in den feuchtesten Teilen <strong>der</strong> sehr<br />
ebenen Pampa kann man viele abflußlose, seichte Seen (hier<br />
Lagunen genannt) beobachten <strong>und</strong> außerdem zahllose kleine<br />
Pfannen, die zwar im Frühjahr Wasser enthalten, aber im<br />
Sommer austrocknen. Das Wasser in den Lagunen ist stark<br />
alkalisch, es enthält Soda; um die Pfannen sind Sodaböden<br />
(Solonez) verbreitet mit dem typischen Gras <strong>der</strong> Brackböden<br />
(Distichlis). Dies spricht dafür, daß das Klima semiarid ist,<br />
ähnlich wie in <strong>der</strong> Waldsteppe Osteuropas. Tatsächlich zeigen<br />
die Messungen <strong>der</strong> potentiellen Evaporation, daß die<br />
Verdunstung unmittelbar am Ufer des La Plata gleich <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>schlagshöhe ist, während sie in <strong>der</strong> Pampa die letztere<br />
übertrifft. Die negative Wasserbilanz beträgt in <strong>der</strong> feuchten<br />
Pampa etwa 100 mm <strong>und</strong> in den trockensten Teilen <strong>der</strong><br />
Pampa bis 700 mm. Beson<strong>der</strong>s hoch ist die potentielle Evaporation<br />
in den Monaten Januar bis Februar, die auch ein<br />
Regenminimum aufweisen. In diesen Monaten treten<br />
abends <strong>und</strong> nachts gelegentlich schwere Gewitter auf,<br />
während am Tage die Strahlung sehr intensiv ist. Die im<br />
Frühjahr reichlich mit Wasser versorgte <strong>Vegetation</strong> brenm<br />
im Januar stark aus.<br />
In einem Waldsleppenklima kann man auf gut dränierten<br />
Böden eine Gehölzvegetation erwarten. Solche Gehölzinseln<br />
mit Celtis spinosa kommen in Kiistennähe auf kleinen Erhebungen<br />
mit durchlässigen Kalk- o<strong>der</strong> Sandböden vor,<br />
während die schlecht dränierten Böden eine Grasvegetation<br />
tragen. Auf steinigen Erhebungen wächst Gebüsch (Frangí<br />
1975). Von <strong>der</strong> ursprünglichen Pampavegetation ist fast<br />
nichts übriggeblieben. Auf den beweideten Flächen findet<br />
man europäische Gräser, die weicher sind als die Pampagräser<br />
<strong>und</strong> von europäischen Viehrassen lieber gefressen werden.<br />
Viele gepflanzte exotische Bäume, <strong>der</strong>en Wurzeln vor<br />
<strong>der</strong> Konkurrenz des intensiven Graswurzelsystems geschützt<br />
sind, wachsen überall gut.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> einiger kleiner Reste an unbeweideten Stellen<br />
kann man sagen, daß im feuchten nordöstlichen Teil <strong>der</strong><br />
Pampa eine Stipa-Bothriochloa laguroides-Steppe vorherrschte,<br />
die sich aus etwa 23 Graminiden <strong>und</strong> 46 Kräutern zusammensetzte<br />
(Lewis & Collantes 1975). Das Bodenprofil unter<br />
dieser Pampa hat einen bis 1,5 m mächtigen Humushorizont,<br />
erinnert an die Mächtige Schwarzerde o<strong>der</strong> die Prärieböden,<br />
läßt aber eine starke Wechselfeuchtigkeit erkennen<br />
<strong>und</strong> leitet zu den subtropischen Graslandböden S-Brasiliens
über. Es sind keinerlei Anzeichen einer früheren Bewaldung<br />
zu erkennen. Bei höherem Gr<strong>und</strong>wasserstand findet man<br />
Bestände mit dichten Horsten von Paspalum quadrifarium,<br />
die bei sehr hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand zu den Sodaböden<br />
(pH = 8 bis 9) mit Distichlis überleiten.<br />
Die trockene südwestliche Pampa war früher ein Ttissock-<br />
Grasland mit Stipa brachychaeta <strong>und</strong> St. trichotoma, fast ohne<br />
Kräuter. Unter Tussock versteht man eine Wuchsform <strong>der</strong><br />
Gräser, die auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre fehlt, aber auf <strong>der</strong> Siidhemisphäre<br />
mit den milden Wintern sehr verbreitet ist. Es<br />
<strong>und</strong> büschelförmige Horste, die über 1 m hoch werden können,<br />
aus alten harten Blättern, zwischen denen die jungen<br />
grünen stehen; das Tussock-Grasland hat deshalb stets eine<br />
gelbliche Färbung (Abb. 241). Diese Gräser haben einen geringen<br />
Weidewert <strong>und</strong> man versucht sie deshalb umzupflügen<br />
<strong>und</strong> durch europäische zu ersetzen.<br />
Wenn die Nie<strong>der</strong>schläge im Westen unter 500 mm im<br />
Jahr sinken <strong>und</strong> hauptsächlich im Sommer fallen, wird die<br />
Pampa durch lichte xerophytische Prosopis caldenia-Gehölze<br />
ersetzt. Dabei treten auch anstelle von Lößböden leichte<br />
Sandböden auf. Bei noch geringeren Regenmengen kommt<br />
man in die Prosopis-Savanne (Abb. 242), die sehr an die Acan4-Savanne<br />
in SW-Afrika erinnert (ZÖII/VII). Zugleich beginnen<br />
ausgedehnte Salzböden mit Halophyten. Bei weniger<br />
als 200 mm Regen im Jahr findet man auf steinigen Böden<br />
die Larrea-Halbwüste (s. S. 251, 408) mit vielen Rutensiräuchern,<br />
die zu verschiedenen Familien (Caesalpiniaceae,<br />
Scrophulariaceae, Capparaceae, Asteraceae) gehören. Die<br />
geringe transpirierende Fläche dieser Bestände <strong>und</strong> die<br />
steppen <strong>der</strong> südlichen Erdhalbkugel 407<br />
A b b . 241.<br />
Südliche Tussock-Pampa mit<br />
Stipa brachychaeta (mittlere<br />
Provinz Buenos Aires) (phot.<br />
E. W a l t e r ) .
408 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 242.<br />
Baumsavanne mit Pwsopis caldenia<br />
<strong>und</strong> den Gräsern Stipa<br />
tenuissima <strong>und</strong> S. ßynerioides<br />
zwischen Sta. Rosa <strong>und</strong> Victoria<br />
(Argentinien) (phot. E . W a l t e r ) .<br />
Starke Drosselung <strong>der</strong> Transpiration während <strong>der</strong> halbjährigen<br />
Dürrezeit erlauben es <strong>der</strong> Halbwüstenvegetation, mit<br />
den an ihrem Standort zur Verfügung stehenden Wassermengen<br />
im Boden auszukommen. Diese betragen auf <strong>der</strong><br />
Fläche etwa 50 bis 80 mm, an den Hängen nur 25 bis<br />
55 mm, dagegen in den Tälchen mit Zufluß über 140 mm.<br />
Die Larrea-Halhwüste zieht sich am Ostfuß <strong>der</strong> Andenkette<br />
bis nach Patagonien, wo südlich des 40. Breitengrades<br />
die ständigen stürmischen Westwinde beginnen, die über die<br />
hier niedrigere Andenkette (Paßhöhe etwa 1000 m) herüber<br />
wehen. Aber es sind Fallwinde, die trocken sind. Während<br />
<strong>der</strong> Ostrand des Gebirges noch 4000 mm Regen erhält <strong>und</strong><br />
Nothofagus-Wäl<strong>der</strong> trägt, gehen diese ostwärts in trockene<br />
Austrocedrus-'Wä\<strong>der</strong> <strong>und</strong> dann in ein Gebüsch mit <strong>der</strong> prächtig<br />
rot blühenden Proteacee Embotrium coccineum über, worauf<br />
die Holzpflanzen verschwinden <strong>und</strong> die Patagonische<br />
Steppe beginnt. Nur 100 km von den Anden entfernt betragen<br />
die Nie<strong>der</strong>schläge 300 mm im Jahr <strong>und</strong> sinken weiter<br />
auf 160 mm. Nur <strong>der</strong> Westrand Patagoniens ist eine Steppe,<br />
da wo niedrige Tussock-Gräser (Stipa <strong>und</strong> Festuca) vorherrschen;<br />
sonst ist es richtiger, von <strong>der</strong> p a t a g o n is c h e n Halbw<br />
ü s t e zu sprechen, für die xerophytische Polsterpflanzen,<br />
die wie<strong>der</strong>um ganz verschiedenen Familien angehören<br />
(Asteraceae, Apiaceae, Verbenaceae, Rubiaceae u. a.) bezeichnend<br />
sind (Abb. 243). Oft ist <strong>der</strong> Boden zu 60 bis 70 %<br />
kahl. Die Polsterform ist eine Anpassung an den ständigen<br />
starken Wind (mittlere Windgeschwindigkeit 4 bis 5 m/sec):<br />
innerhalb des Polsters stellt sich im Windschutz ein günstiges<br />
Mikroklima ein (Hager 1987).
Subzonobiom <strong>der</strong> Halbwüsten 409<br />
1<br />
Abb. 243.<br />
Patagonische Halbwüste mit Polstern<br />
von Chuquiraga aurea bei<br />
Manuel Choique, Prov. Rio<br />
Negro (phot. E. W a l t e r ) .<br />
Das patagonische Tussock-Grasland hat viel Ähnlichkeit<br />
mit dem in Otago auf <strong>der</strong> Südinsel von Neuseeland. Auch<br />
dieses liegt südlich 40°S <strong>und</strong> im Windschatten <strong>der</strong> Neuseeländischen<br />
Alpen mit Nie<strong>der</strong>schlägen um 300 mm. Niedrige<br />
Tussock-Gräser (Festuca novae-zelandiae, Poa caespitosa)<br />
herrschen vor. Sie werden in 750 bis 2000 m Höhe, wo <strong>der</strong><br />
Schnee zwei bis drei Monate liegen bleibt, durch 1,5 (bis 2) m<br />
hohe Tussock-Gräser ersetzt (Chionochloa = Danthonia). Zum<br />
Teil hat sich infolge von Bränden <strong>und</strong> Beweidung das Tussock-Grasland<br />
stark auf Kosten <strong>der</strong> früheren Nothofagus-Wa\-<br />
<strong>der</strong> ausgebreitet. Ökophysiologische Untersuchungen sind in<br />
diesen Graslän<strong>der</strong>n bisher nicht durchgeführt worden.<br />
9 Subzonobiom <strong>der</strong> Halbwüsten<br />
Die Halbwüste unterscheidet sich von <strong>der</strong> Wüste durch ihre<br />
diffuse <strong>Vegetation</strong>, aber mit einer geringen Deckung von<br />
etwa 25 %. In <strong>der</strong> Wüste ist die <strong>Vegetation</strong>sdichte noch geringer,<br />
zugleich vollzieht sich dort <strong>der</strong> Übergang zur kontrahierten<br />
<strong>Vegetation</strong>. Die Pflanzendecke <strong>der</strong> Halbwüsten ist<br />
sehr verschiedenartig. In den frostfreien Subtropen o<strong>der</strong><br />
Tropen findet man meist Holzpflanzen <strong>und</strong> Sukkulenten. In<br />
<strong>der</strong> gemäßigten Zone mit kalten Wintern sind es/idagegen<br />
vor allem Halbsträucher, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gattung Artemi-'-<br />
m. Das ist sowohl in Eurasien als auch in Nordamerika <strong>der</strong><br />
Fall. Eine ganze Reihe weiterer Arten kann solche Halbwüsten<br />
dominieren, etwa die Gattung Atriplex (A. confertifolia in<br />
Utah), aber auch Ceratoides (= Eurotia) im Mittleren Westen
410 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 244.<br />
Zwergstrauchhalhwüste, bedeckt<br />
mit <strong>der</strong> wollig-grauen Ceratoides<br />
lanata im Rush-Valley bei Tooele<br />
(Utah. USA) (phot. S.-'W.<br />
B reckle).<br />
So ( y \ [Ul/<br />
<strong>der</strong> USA C. lanata (Abb. 244), in Zentralasien C. latens <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e Arten. Im windigen Patagonien hatten wir die Polsterpflanzen<br />
als bezeichnendes Element kennengelernt.<br />
Der größeren Aridität <strong>der</strong> Halbwüsten entsprechend sind<br />
verbrachte Böden weit verbreitet. Beson<strong>der</strong>s auffallend ist<br />
das in Osteuropa, wo die weiten Flächen des Faulen Meeres<br />
nördlich <strong>der</strong> Krim im Sommer austrocknen <strong>und</strong> sich mit einer<br />
Salzkruste bedecken, wobei <strong>der</strong> Salzstaub vom Winde<br />
nach Norden verweht <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Zone <strong>der</strong> Südlichen<br />
Schwarzerde <strong>und</strong> <strong>der</strong> K astanienerden abgelagert wird. Diese<br />
Zufuhr von Na-Salzen führt zur Solonzierung <strong>der</strong> Böden.<br />
Das Salz wird durch das Schmelzwasser im Frühjahr aus den<br />
oberen Bodenschichten ausgewaschen, wobei die gebildeten<br />
Humussole (Sodabildung) auch die Sesquioxide (Fe^O,,<br />
AI2O3) mit in die tieferen Bodenschichten nehmen, wo eine<br />
Ausfällung stattfindet <strong>und</strong> ein verdichteter B-Horizont mit<br />
stark alkalischer Reaktion entsteht (Abb. 245). Nach Süden<br />
nimmt die Salzzufuhr ständig zu; aus dem A-Horizont werden<br />
die Humusstoffe ganz ausgelaugt, während <strong>der</strong> stark alkalische<br />
B-Horizont sich immer mehr verdichtet <strong>und</strong> durch<br />
die, bedingt durch den hohen Na-Anteil starke Entquellung<br />
im Sommer <strong>und</strong> starke Quellung während <strong>der</strong> humiden Jahreszeit<br />
eine säulenförmige Struktur annimmt. Dieser Säulensolonez<br />
erinnert in gewisser Hinsicht an die Podsolböden,<br />
die jedoch eine stark saure Reaktion aufweisen, weil bei<br />
ihnen die peptisierende Wirkung durch H-Ionen ausgelöst<br />
wird. Unter dem B-Horizont des Solonezbodens fällt zuerst<br />
das schwerlösliche CaC0 3 aus (Kalkaugen), dann <strong>der</strong> Gips<br />
(CaS0 4 ) als Röhrchen o<strong>der</strong> Drusen, während die leicht löslichen<br />
Salze ins Gr<strong>und</strong>wasser gewaschen werden.
Steigt das Gr<strong>und</strong>wasser an, was zum<br />
Beispiel an <strong>der</strong> Nordküste des Schwarzen<br />
Meeres, die langsam absinkt, <strong>der</strong> Fall<br />
ist, dann bildet sich ein nasser Salzboden,<br />
den man als S o lo n tsch ak bezeichnet.<br />
Das Gr<strong>und</strong>wasser wird kapillar bis<br />
zur Bodenoberfläche heraufgesogen <strong>und</strong><br />
verdunstet. Entsprechend finden wir<br />
über den Gleyhorizonten einen mit<br />
Gipsröhrchen <strong>und</strong> darüber die Humushorizonte<br />
mit einer weißen Salzkruste<br />
an <strong>der</strong> Oberfläche in <strong>der</strong> trockenen Jahreszeit.<br />
Bei <strong>der</strong> hohen Salzkonzentration<br />
kommt es nicht zur Bildung von Humussolen,<br />
denn die Humusstoffe werden<br />
aiisgeflockt.<br />
Auf den Solonezböden treten die<br />
Steppengräser zurück. Neben Artemisia<br />
maritima-salina <strong>und</strong> A. pauciflora stellen<br />
sich Arten <strong>der</strong> Gattungen Camphorosma,<br />
0-<br />
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A<br />
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* *<br />
150- * ■k C3<br />
*<br />
Limonium, Kochia,<br />
Fetrosimonia u. a. ein (in Nordamerika Ceratoides lanata, Atriplex<br />
confertifolia, Kochia spp. u. a.); dazu kommen Bodenflechten<br />
(Aspicilia), Lebermoose (Riccia) sowie (Nostoc).<br />
Auf den kleinen Erhebungen, die nicht versalzt sind, bildet<br />
sich die H a lb w ü s te n -B ra u n e rd e (= B urosem ) aus.<br />
Die oberen Horizonte haben einen Humusgehalt von nur 2<br />
bis 3 % <strong>und</strong> sind braun gefärbt; <strong>der</strong> Aufbrausungshorizont<br />
liegt 25 cm tief, die Deckung <strong>der</strong> Pflanzen ist unter 50 %. Die<br />
<strong>Vegetation</strong> besteht aus Festuca sulcata <strong>und</strong> den niedrigen<br />
Halbsträuchern Pyrethrum achilleifolium, Kochia prostrata <strong>und</strong><br />
Artemisia maritima-incana, die Salzböden meidet. Stipa-Anen<br />
findet man nur vereinzelt, aber im Frühjahr entwickeln sich<br />
viele Ephemeren. In <strong>der</strong> Kaspischen Nie<strong>der</strong>ung bilden beide<br />
Gesellschaften auf Burosem <strong>und</strong> auf Solonezböden oft ein<br />
Mikromosaik, das durch das Mikrorelief verursacht wird,<br />
.kuf dem ganz nassen Solontschak herrschen Salicornia <strong>und</strong><br />
Halocnemum vor, auf weniger nassem Suaeda, Obione, Petrosimonia,<br />
Limonium caspica, Atriplex verrucifera u. a. (vgl. dazu<br />
Levina 1964 <strong>und</strong> <strong>Walter</strong> &- Box 1983).<br />
Der südliche Teil <strong>der</strong> Kaspi-Nie<strong>der</strong>ung wurde nach dem<br />
Rückzug des Meeres im Bereich <strong>der</strong> Deltabildung des Wolga-<br />
Ural-Flußsystems mit alluvialen Sanden bedeckt. Diese waren<br />
ursprünglich mit Artemisia maritima-incana, Agropyron cristatum,<br />
Festuca sulcata, Koeleria glauca ti. a. bewachsen. Durch<br />
die Beweidung wurde die <strong>Vegetation</strong>sdecke zerstört, <strong>der</strong><br />
Sand geriet in Bewegung, so daß große vegetationslose<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> Halbwüsten 411<br />
Abb. 245.<br />
Bodenprofile in Osteuropa von<br />
schwach bis stark verbrachten<br />
Böden. 1 schwach solonzierte<br />
Südl. Schwarzerde mit leichter<br />
Verdichtung (A2B), 2 Dunkle<br />
Kastanienbraunerde mit B-Horizont,<br />
3 Helle Kastanienbraunerde<br />
stark solonziert (A humusarm<br />
<strong>und</strong> plattig, B säulenförmig <strong>und</strong><br />
sehr dicht), 4 Typischer Säulen-<br />
Solonezboden, 5 Solonez durch<br />
steigendes Gr<strong>und</strong>wasser verän<strong>der</strong>t,<br />
6 Typischer Solontschak<br />
mit hohem Gr<strong>und</strong>wasser <strong>und</strong><br />
humusreichem zl,. Kalkaugen<br />
C), Gipsröhrchen bei 2-4 <strong>und</strong><br />
C bei 5-6, Gipsdrusen Cj, Gleyhorizont<br />
(Gr<strong>und</strong>wasser) G, G,<br />
<strong>und</strong> G,
412 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 246.<br />
Asiatische Wüsten <strong>der</strong> gemäßigten<br />
Klimazone (aus W a l t e r<br />
1990). Mittelasiatische Wüsten:<br />
I Irano-Turanische (z. T. fast<br />
subtropisch) <strong>und</strong> II Kasachisch-<br />
Dsungarische. Zentralasiatische<br />
Wüsten: III im engeren Sinne<br />
(heiße Sommer) <strong>und</strong> IV Tibetische<br />
kalte Hochgebirgswüste.<br />
_ Man unterscheidet<br />
die Mittelasiatischen<br />
Wüsten <strong>und</strong> die Zentralasiatischen<br />
(Abb. 246). Die<br />
ersten umfassen das<br />
Irano-Turanische Wüstengebiet,<br />
das den südlichen<br />
Teil <strong>der</strong> Aralo-Kaspischen<br />
Nie<strong>der</strong>ung einnimmt, <strong>und</strong><br />
den südlichen Teil von<br />
Kazakstan mit <strong>der</strong> Dsungarei,<br />
Zu den zentralasiatischen<br />
Wüsten rechnet<br />
man zum Teil die Dsungarei,<br />
die Wüste Gobi,<br />
den westlichen Teil von<br />
Ordos im großen Knie des<br />
Hwang-Ho, Ala-Schan,<br />
Pei-Schan, das Tarim-<br />
Becken (Kaschgarien) mit<br />
<strong>der</strong> Wüste Takla-Makan<br />
sowie das schon höhere<br />
Becken Tsaidam.<br />
Wan<strong>der</strong>dünen (Barchane) entstanden. Läßt die Sandbewegung<br />
nach, so treten als Pioniere Elymus ßiganteus <strong>und</strong> die<br />
Chenopodiacee Agriophyllum arenarium auf, danach Salsola<strong>und</strong><br />
Corispermum-Anen. In den Dünentälern erscheinen Aristida<br />
pennata, Artemisia scoparia u. a. Langsam stellt sich die<br />
zonale <strong>Vegetation</strong> wie<strong>der</strong> ein.<br />
Die Sanddünen, namentlich die vegetationslosen, sind<br />
Wasserspeicher. Unter ihnen ist stets Gr<strong>und</strong>wasser vorhanden,<br />
das in den Dünentälern kleine Süßwasserseen bildet,<br />
um die herum die Ölweide (Elaeagnus angustifolia) sowie<br />
Weiden <strong>und</strong> Pappeln wachsen. Man hat versucht, die Sandflächen<br />
mit Pappeln <strong>und</strong> Weiden (Salix acuminata) aufzuforsten.<br />
Sie gedeihen anfangs gut auf Kosten <strong>der</strong> Wasservorräte<br />
im Boden; aber diese werden im Laufe von vier Jahren<br />
verbraucht, <strong>und</strong> die Kulturen gehen ein.<br />
Die Halbwüste nimmt in Kazakstan große Flächen ein<br />
zwischen den südsibirijdg^SfSmgn im Norden <strong>und</strong> den<br />
Wüsten im Süden^^^B£5iEfikä^it\pricht ihnen die Sagebrtish-Zone<br />
m^^^iemisia tridentäta. y<br />
f -<br />
10 Subzonobiom <strong>der</strong> Mittelasiatischen Wüsten<br />
Dieses Gebiet liegt im Iran nördlich <strong>der</strong> Grenze des Dattelanbaues.<br />
Es ist durch regelmäßige Fröste gekennzeichnet.<br />
Das Tsaidam-Becken (Abb. 247) leitet zu den Hochgebirgswüsten<br />
von Tibet mit Pamir im äußersten Westen über,<br />
Mittelasien erhält noch zyklonale Regen vom Atlantischen<br />
Ozean, die im südlichen Teil als Winterregen fallen, im<br />
nördlichen mehr im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer; auf jeden Fall ist<br />
in diesem Teil <strong>der</strong> Boden im Frühjahr nach <strong>der</strong> Schnee
Subzonobiom <strong>der</strong> Mittelasiatischen Wüsten 413<br />
75 80 85 90 95<br />
schmelze immer feucht. Die Nie<strong>der</strong>schläge nehmen von<br />
Westen nach Osten ab. Floristisch ist das Irano-Turanische<br />
Element stark vertreten. Im Gegensatz dazu stammt in Zentralasien<br />
die Feuchtigkeit von den Ausläufern des ostasiatischen<br />
Sommermonsuns. Der Winter <strong>und</strong> das Frühjahr sind<br />
extrem trocken (vgl. Abb. 248, Denkoi). Die abweichende<br />
Regenverteilung bedingt, daß in <strong>der</strong> Flora ostchinesischmongolische<br />
Elemente vorherrschen.<br />
Von diesen Gebieten ist die <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> Mittelasiatischen<br />
Wüsten in <strong>der</strong> Aralo-Kaspischen Nie<strong>der</strong>ung (früheres<br />
Turkestan) ökologisch am eingehendsten untersucht worden.<br />
Im ganzen Gebiet fallen weniger als 250 mm an Nie<strong>der</strong>schlägen.<br />
Infolge <strong>der</strong> kalten Winter ist die Verdunstung in<br />
dieser Jahreszeit sehr gering. Deshalb erreicht die Jahresverdunstung<br />
des Meerbusens Bogas nur 1100 mm. Die verschiedenen<br />
<strong>Vegetation</strong>stypen werden durch die Böden<br />
geprägt. Dementsprechend werden die folgenden Wüstentypen<br />
(Biogeozänkomplexe) unterschieden.<br />
Abb. 247.<br />
Die Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> zentralasiatisehen<br />
Wüstengebiete (nach W a l <br />
t e r 1990). Die Dsungarei ist ein<br />
Übergangsgebiet zu Mittelasien.<br />
Abb. 248.<br />
Klimadiagramme von Nukuss in<br />
Mittelasien mit Winterregen,<br />
Denkoi in Zentralasien mit Sommerregen<br />
<strong>und</strong> Pamirski Post<br />
(- Murgab) in <strong>der</strong> Kältewüste<br />
(hier nur 264 Tagesmittel über<br />
-10 X ).<br />
N ukuss (66 m)<br />
[1 3 -1 6 ]<br />
10,8° 79<br />
Denkoi (1054 m)<br />
[4]<br />
Pam irski Post (3640 m)<br />
-0,9° 59
414 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Die E p h e m e re n w ü s te findet man auf lößartigen, salzfreien<br />
Böden, die im Frühjahr sehr feucht, aber ab Mai<br />
trocken sind. In <strong>der</strong> kurzen <strong>Vegetation</strong>szeit von Anfang<br />
März bis Mitte Mai entwickeln sich annuelle Arten <strong>und</strong> Geophyten.<br />
Die wichtigsten Arten sind Carex hostii (C. stenophylla)<br />
<strong>und</strong> Poa bulbosa. Stellenweise tritt die 2 m hohe Ferula<br />
foetida auf, die 40 bis 50 annuellen Arten erreichen in 30 bis<br />
45 Tagen die Samenreife. In guten Regenjahren erinnert die<br />
Wüste an eine Wiese <strong>und</strong> erzeugt 0,5 bis 2,5 t/ha an<br />
Trockenmasse; sie kann drei Monate beweidet werden, aber<br />
neun Monate ist sie völlig trocken.<br />
Die G ip sw ü ste ist eine Steinwüste (Hamada) auf den<br />
Hochflächen <strong>der</strong> Tafelberge. Die Böden enthalten bis zu<br />
Abb. 249.<br />
Fast vegetationslose Wüste mit<br />
Pflasterböden über Gipsschichten<br />
in <strong>der</strong> Dasht-e-Margo in Süd-<br />
Afghanistan mit kleinen Stipagrostis-Horsten<br />
<strong>und</strong> Suaeda-<br />
Zwergsträuchern, in <strong>der</strong>en<br />
Windschatten sich etwas Feinmaterial<br />
anreichert (phot. S.-W.<br />
B r e c k l e ) .<br />
Abb. 250.<br />
Sandig-tonige Schwemmfläche<br />
in <strong>der</strong> Halbwüste südlich des<br />
Balchasch-Sees in Kazakhstan<br />
mit dichtem Bewuchs von kräftigen<br />
Saxaul-Sträuchern <strong>und</strong><br />
-Bäumchen (Haloxylon aphyllum)<br />
(phot. S.-VKB r e c k l e ) .
50 % Gips, <strong>der</strong> die Feuchtigkeit speichert. Die Verhältnisse<br />
erinnern an die Sahara. Im Frühjahr entwickeln sich Therophyten,<br />
sonst decken die Gipspflanzen 0,1 % <strong>und</strong> stehen<br />
nur in Erosionsrinnen dichter (Abb. 249). Auch einige Haiophyten<br />
treten auf.<br />
Auf gr<strong>und</strong>wassernahen Böden am Unterlauf <strong>der</strong> Flüsse,<br />
m Depressionen (Schory) o<strong>der</strong> um Salzseen ist eine H a -<br />
lophytenw üste weiter verbreitet. Die meisten Arten sind<br />
Hygrohalophyten (Salicornia, Halocnemum, Haloxylon, Seidlit-<br />
:ia u. a.). (Abb. 250).<br />
Takyre sind scheinbar vegetationslose, tonige ebene<br />
Flächen, die im Frühjahr vom Oberflächenwasser, das von<br />
den Gebirgen abfließt, überflutet werden, aber bald wie<strong>der</strong><br />
aiistrocknen (Abb. 251). In den flachen Lachen, die sich<br />
rasch erwärmen, findet man 92 Cyanophyceen, 38 Chlorophyceen<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Algen; sie erzeugen 0,5 t/ha an<br />
Trockensubstanz mit einem N-Gehalt von 4,5 % (Bindung<br />
des Luftstickstoffs). Auf etwas höheren Flächen siedeln sich<br />
flechten (Diploschistes u. a.), selten auch Moose an. Blütenpllanzen<br />
sind selten.<br />
Sandw üsten spielen eine beson<strong>der</strong>s große Rolle: Kara-<br />
Kum (Schwarzer Sand) zwischen Kaspi <strong>und</strong> Amu-Darja, Kysyl-Kum<br />
(Roter Sand) zwischen Amu- <strong>und</strong> Syr-Darja. Der<br />
Sandboden ermöglicht eine dichtere <strong>Vegetation</strong>. An <strong>der</strong><br />
A'iistenstation Repetek in <strong>der</strong> Karakum-Wüste wurden seit<br />
1912 eingehende ökologische Untersuchungen durchgeführt.<br />
Diese Wüste wird deshalb anschließend genau be-<br />
'prochen.<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> Mittelasiatischen Wüsten 415<br />
Abb. 251.<br />
Trockene Takyrfläche, <strong>der</strong> Boden<br />
ist in Polygone aufgespalten. Auf<br />
angewehtem Sande hat sich ein<br />
Tamarix-Strauch angesiedelt<br />
(phot. P. H a n e l t ) .
416 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 252.<br />
Karte <strong>der</strong> Karakum-Wüste (dick<br />
umrandet. KB = Kleiner Balchan<br />
(aus W a l t e r 1976).<br />
11 Die Karakum-Sandwüste<br />
Die Karakum-Wüste nimmt mit einer Fläche von<br />
350 000 km^ den südlichen Teil <strong>der</strong> Turanischen Nie<strong>der</strong>ung<br />
ein zwischen Kaspischem Meer im Westen <strong>und</strong> Amudarja<br />
im Osten, dem 2600 km langen Strom, <strong>der</strong> in 5000 m NN in<br />
den Pamirgebirgen entspringt (Abb. 252).<br />
Die Sandwüste ist ein geographisch gut abgegrenztes<br />
Biom des Subzonobioms <strong>der</strong> gemäßigten Wüsten des Zonobioms<br />
VII. Es handelt sich um ein großes Becken, das durch<br />
den Amudarja seit dem Tertiär mit alluvialen Lockergesteinen<br />
ausgefüllt wurde; letztere erfuhren durch Wind<br />
nachträglich eine Umlagerung. Dabei wurden die Staubteile<br />
im Süden am Kopetdag-Hang als Löß abgelagert, während<br />
die Sande eine Dünenlandschaft bildeten (Abb. 253).<br />
Der Fluß Amudarja mündete ursprünglich ins Kaspische<br />
Meer, wurde jedoch von den Deltaablagerungen <strong>der</strong> von Süden<br />
kommenden Flüsse Murghab <strong>und</strong> Tedshen nach Osten<br />
abgedrängt, so daß er heute zum Aralsee fließt. Aber er ist<br />
auch heute noch für die Karakum bestimmend, weil sein<br />
Wasser durch Infiltration einen Gr<strong>und</strong>wassersee speist, dessen<br />
Spiegel unter <strong>der</strong> ganzen zentralen Karakum mit einer<br />
leichten Neigung zum Kaspischen Meer liegt. Nur stellen-
Die Karakum-Sandwüste 417<br />
Abb. 253.<br />
Wüste Karakum mit leicht gewelltem<br />
Dünenrelief <strong>und</strong> spärlichem<br />
Strauchbewuchs (Haloxylon<br />
persicum u. a.) Boden nur<br />
im Frühjahr mit Ephemeren<br />
<strong>und</strong> Ephemeroiden bedeckt<br />
(phot. P e t r o v ) .<br />
weise tritt Gr<strong>und</strong>wasser an die Oberfläche, was zur Salzpfannenbildung<br />
führt.<br />
Man kann folgende Wasserbilanz für das gesamte Biom aufstellen:<br />
Gr<strong>und</strong>wasserinfiltration vom Amudarja im<br />
Mittel<br />
150m^/sec<br />
Regenwasserversickerung im Barchanengebiet 30 m’/sec<br />
Infiltration vom Murghab <strong>und</strong> Tedshen 21 m^/sec<br />
Unterirdischer Zufluß vom Kopetdag (aus Süden) 20 m^/sec<br />
Versickerung von den Anhöhen <strong>und</strong> Takyren 1 m’/sec<br />
Gesamter Zufluß zum Gr<strong>und</strong>wassersee 222 m’/sec<br />
Dem steht folgende ungefähre Verlustrechnung gegenüber:<br />
Verdunstung von nassen Salzpfannen mit<br />
hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand<br />
165 m’/sec<br />
Gr<strong>und</strong>wasserverluste durch Phreatophyten<br />
(an Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>ene Pflanzen) 57 m’/sec<br />
Gesamtverluste<br />
2 2 2 m^/sec<br />
Obgleich sich das Gr<strong>und</strong>wasser langsam von Ost nach West<br />
bewegt, so zeigen die Beobachtungen, daß kein Wasser in<br />
das Kaspische Meer abfließt. Das Gr<strong>und</strong>wasser ist leicht<br />
brackig, doch schwimmen Süßwasserlinsen auf demselben<br />
unter vegetationslosen Dünen. Sie werden durch einsickerndes<br />
Regenwasser gebildet, selbst bei Jahresnie<strong>der</strong>schlägen<br />
um nur 100 mm. An solchen Stellen liefern Brunnen<br />
gutes Trinkwasser.<br />
Das Klima <strong>der</strong> Karakum geht aus dem Klimadiagramm<br />
von Nukuss (Abb. 248) hervor. 50 bis 70 % <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge<br />
fallen im Frühjahr; es ist die günstigste Jahreszeit. Der<br />
Winter ist kalt, doch bleibt keine dauernde Schneedecke liegen.<br />
Im heißen Sommer ist die potentielle Evaporation 1500<br />
bis 2500 mm, also das 10- bis 20fache <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge.
1<br />
418 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
_ Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Böden lassen<br />
sich in <strong>der</strong> Karakum<br />
folgende Biogeozönkomplexe<br />
unterscheiden:<br />
a) Psammophytenkomplex,<br />
<strong>der</strong> über 80 % <strong>der</strong><br />
Fläche einnimmt;<br />
b) Takyrkomplex;<br />
c) Halophytenkomplex.<br />
Im Schutzgebiet bei <strong>der</strong> Wüstenstation Repetek (SE-Karakiim)<br />
wurden langjährige ökologische Untersuchungen<br />
durchgeführt, die wir sehr knapp zusammenfassen. Das Gebiet<br />
ist 34 000 ha groß (14 000 ha vegetationslose Barchanenfel<strong>der</strong>,<br />
18 000 ha bewachsene Dünen <strong>und</strong> 2000 ha Diinentäler).<br />
Charakteristisch für die Sandwüsten sind die<br />
Baumsträucher Haloxylon persicum (weißer Saxaul, sprich<br />
Ssakssa-ul) <strong>und</strong> H. ammodendron = aphyllum (schwarzer Saxaul).<br />
Beim Psammophytenkomplex unterscheidet man:<br />
1. das Biogeozön des Ammodendretum conollyi aristidosum<br />
auf leicht beweglichem Sande mit einer Pioniersynusie<br />
aus Aristida karelinii auf Dünenkämmen <strong>und</strong> den<br />
Sträuchern (Ammodendron conollyi, Callißonum arborescens,<br />
2 .<br />
3.<br />
Eremosparton u. a.) am oberen Hang,<br />
das Biogeozön des Haloxyletum persici caricosum auf unbeweglichem<br />
Sand am unteren Hang <strong>und</strong> auf den Sandflächen<br />
mit den Synusien <strong>der</strong> Frühlings- <strong>und</strong> Sommerephemeren<br />
sowie <strong>der</strong> Ephemeroiden (143 Arten, davon<br />
24 häufige). Dazu kommt<br />
das Biogeozön <strong>der</strong> tiefen Dünentäler mit Gr<strong>und</strong>wasser in<br />
5 bis 8 m Tiefe, das von den Wurzeln des salztoleranten<br />
Haloxylon ammodendron erreicht wird, einem 5 bis 9 m hohen,<br />
gehölzebildenden Baum. Auch hier lassen sich mehrere<br />
Synusien im Unterwuchs unterscheiden (Ephemeren,<br />
Halophyten).<br />
Am verbreitetsten ist das Haloxyletum persici caricosum<br />
(Abb. 253) mit einer offenen 3 bis 5 m hohen Strauchschicht<br />
(100 bis 300 Exemplare/ha, in <strong>der</strong> auch die aphyllen Callißo-<br />
«wm-Arten (Polygonaceae) Vorkommen. Der Altersaufbau<br />
<strong>der</strong> Sträucher ist folgen<strong>der</strong>:<br />
Alter in<br />
Jahren<br />
Exemplare<br />
in %<br />
1 2 3-5 6-10 11-15 16-20 > 2 0 tote<br />
8 3 1 14 2 0 41 1 1 2<br />
Eingehende ökologische Untersuchungen ergaben, daß die<br />
Sträucher das ganze Jahr hindurch aktiv sind, weil die oberen<br />
2 m des Sandes immer aufnehmbares Wasser enthalten.<br />
Das osmotische Potential sinkt während <strong>der</strong> Dürre etwas ab.<br />
die Wasserdefizite sind nie hoch, die sehr intensive Transpiration<br />
wird während <strong>der</strong> Dürre auf die Hälfte o<strong>der</strong> ein Drittel<br />
reduziert, die Photosynthese wird im Sommer nicht<br />
unterbrochen; sie ist bei den Ephemeren mit kurzer <strong>Vegetation</strong>szeit<br />
beson<strong>der</strong>s intensiv.
Beim Ammodendretum auf beweglichem Sand fand man<br />
in den oberen 2 m des Sandes 83 mm an gespeichertem Wasser,<br />
am Ende <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit verblieben noch 34 mm; von<br />
den verlorenen 49 mm wurden 37 mm für die Transpiration<br />
<strong>der</strong> Pflanzen verbraucht, so daß nur 12 mm vom Boden aus<br />
verdunsteten.<br />
Etwas ungünstiger sind die Verhältnisse beim dichter bewachsenen<br />
unbeweglichen Sand: Die Sträucher transpirierten<br />
30 mm (H. persicum allein 16 mm), <strong>der</strong> dichte Carexphysodes-Unterwuchs<br />
17 mm, zusammen 47 mm. Im Boden waren<br />
im Frühjahr 62 mm Wasser gespeichert, im Herbst verblieben<br />
nur 8 mm. Die Wasserabnahme betrug somit 54 mm, davon<br />
gingen durch die Transpiration <strong>der</strong> Pflanzen 47 mm verloren<br />
<strong>und</strong> somit 7 mm durch die Verdunstung vom Boden.<br />
In den tiefen Dünentälern über Gr<strong>und</strong>wasser mit Geholten<br />
betrug die Transpiration insgesamt 149 mm {H. ammoiendron<br />
108 mm, an<strong>der</strong>e Stäucher 30 mm, <strong>der</strong> lichte Carex<br />
physodes-Tep-pich 11 mm). Gespeichert wurden im Boden<br />
nur 76 mm. Wenn man annimmt, daß H. ammodendron die<br />
von ihm transpirierten 108 mm dem Gr<strong>und</strong>wasser entnimmt,<br />
dann werden die 4! mm aller übrigen Arten durch<br />
die Wasservorräte in den oberen 2 m reichlich gedeckt. Bei<br />
Haloxylon ammodendron laufen 14 % <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge am<br />
Stamm ab; in regenreichen Jahren erleichtert das <strong>der</strong> Pfahlwurzel<br />
das Vordringen in größere Tiefen.<br />
Wir sehen somit, daß ungeachtet <strong>der</strong> sehr hohen Transpirationsintensität<br />
<strong>der</strong> Karakum-Sträucher pro Gramm Frischgcwicht<br />
die Gesamttranspiration pro Fläche infolge <strong>der</strong> geringen<br />
gesamten Blattfläche niedrig ist <strong>und</strong> durch die<br />
Nie<strong>der</strong>schläge gedeckt werden kann. Die Hauptanpassung<br />
<strong>der</strong> Pflanzen besteht in <strong>der</strong> Aphyllie <strong>und</strong> dem Abwerfen <strong>der</strong><br />
kleinen Blätter während <strong>der</strong> Dürrezeit, soweit solche im<br />
Frühjahr gebildet werden.<br />
Für die oberirdische Phytomasse wurden festgestellt: auf<br />
noch beweglichem Sande 80 kg/ha (davon 25 % Calligonum<br />
<strong>und</strong> 12 % Aristida), auf bewachsenem Sande 2,4 t/ha (davon<br />
Haloxylon persicum 85 %, Carexphysodes 10 %). Viel größer ist<br />
die unterirdische Phytomasse, die nur in Dünentälern mit<br />
Haloxylon ammodendron bestimmt wurde: oberirdisch<br />
6,4 t/ha (davon Haloxylon 82 %), unterirdisch 19,4 t/ha (davon<br />
Haloxylon 49 %).<br />
Die jährliche Primärproduktion betrug für Haloxylon ammodendron<br />
oberirdisch 1,17 t/ha <strong>und</strong> unterirdisch 2,11 t/ha.<br />
Diese hohe Produktion in Wüsten wird in diesem Falle nur<br />
durch die Wasseraufnahme aus dem Gr<strong>und</strong>wasser ermöglicht.<br />
Die Karakum-Sandwüste 419
420 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Den Takyrbiogeozönkomplex findet man dort, wo abfließendes<br />
Regenwasser auf einer weiten Ebene ausläuft <strong>und</strong><br />
eine Tonschicht ablagert, über <strong>der</strong> es stehen bleibt, bis es verdunstet.<br />
Im Wasser entwickeln sich Algenmassen, vorwiegend<br />
Cyanophyta (auch N-bindende), die nach dem Austrocknen<br />
ein Algenhäutchen hinterlassen. Der Boden erhält Trockenrisse,<br />
die sich beim nächsten Benetzen durch Quellung rasch<br />
schließen. An nur feuchten, aber nicht überschwemmten<br />
Stellen entwickeln sich Flechten, hangaufwärts auch Ephemeren.<br />
Die Phytomasse (zum Teil Primärproduktion) bei diesen<br />
drei Biogeozönen ist: Algen = 0,1 t/ha, Flechten = 0,3 t/ha<br />
<strong>und</strong> Ephemeren = 1,2 bis 1,6 t/ha.<br />
Der Halophytenbiogeozonkomplex tritt dort auf, wo es<br />
infolge eines hohen Gr<strong>und</strong>wasserstandes zur Bildung von<br />
Salzpfannen kommt. Die oft nur aus einer Art bestehenden<br />
Biogeozöne ordnen sich in Kreisen um den zentralen Teil<br />
mit einer Salzkruste. Bei <strong>der</strong> Pionierart H a lo c n e m u m strobilac<br />
e u m wurde eine Phytomasse von 1,76 t/ha (davon Wurzeln<br />
1,04 t/ha) ermittelt <strong>und</strong> eine Jahresproduktion von 0,5 bis<br />
0,7 t/ha.<br />
Im Deltagebiet des Amudarja wuchsen üppige lianenreiche<br />
P o p u l u s - H a l i m o d e n d r o n - A u e n w ä l d e i (mit L o n k e r a , Vitis,<br />
C le m a tis ) <strong>und</strong> weite Schilf ('P/tra^m/fesJ-Bestände, von denen<br />
die oberirdische Phytomasse bzw. Primärproduktion bestimmt<br />
wurden: Auen 77,8 t/ha bzw. 11,4 t/ha, Schilf 35 t/ha<br />
bzw. eine außergewöhnliche Produktion von 18 t/ha. Heute<br />
ist diesen Beständen durch die Austrocknung des Aralsees<br />
das Gr<strong>und</strong>wasscr entzogen (<strong>Breckle</strong> et al. 1997, Klötzli<br />
1997). Diese artenreichen Auenwäl<strong>der</strong> (Tugai-Wäl<strong>der</strong>) sind<br />
daher heute fast völlig vernichtet.<br />
Eine sehr wichtige Rolle spielt die Tierwelt. Die früheren<br />
Herden von Antilopen, Wildpferden <strong>und</strong> -eseln sind heute<br />
durch drei Millionen Karakulschafe ersetzt worden, die die<br />
Sandwüste ganzjährig beweiden <strong>und</strong> Persianerfelle liefern.<br />
Der Viehtritt verhin<strong>der</strong>t das Zuwachsen <strong>der</strong> Sandflächen mit<br />
C a r e x p h y s o d e s <strong>und</strong> dem Moos T o r tu la d e s e r to r u m ; zugleich<br />
werden die Samen <strong>der</strong> Strauchkeimlinge in den Sand hineingetreten,<br />
was das Keimen erleichtert. Auch die vielen Nager<br />
durchwühlen den Boden, ebenso die großen Schildkröten<br />
(100 pro Hektar), die sich zehn Wochen bis vier Monate<br />
im Frühjahr von den Ephemeren ernähren <strong>und</strong> sonst im Boden<br />
schlafen.<br />
Die Zoomasse ist allerdings in den drei Biogeozönen wie<br />
immer nicht groß: Säugetiere 0,3 bis 1,4 kg/ha, Vögel 0,02<br />
bis 0,07 kg/ha, Reptilien 0,21 bis 0,7 kg/ha (ohne Schildkröten),<br />
Wirbellose maximal 15 kg/ha (ober- <strong>und</strong> unterirdisch).
Die Kreisläufe <strong>der</strong> mineralischen Elemente wurden ebenfalls<br />
untersucht, die Destruenten jedoch nur summarisch<br />
berücksichtigt.<br />
Eine ausführlichere Darstellung über die Karakum-Wüste<br />
findet man bei W alter 1976 <strong>und</strong> W alter & Box 1983.<br />
Orobiom VII (rill) in Mittelasien 421<br />
12 Orobiom VII (rill) in Mittelasien<br />
Beson<strong>der</strong>s interessante Verhältnisse weisen die Höhenstufen<br />
von diesem Orobiom in Mittelasien auf, wo es in <strong>der</strong> Klimazone<br />
VII (rill) liegt. Die Gebirge gehören dem Pamiro-Alaischen<br />
<strong>und</strong> dem Tienschan-System an <strong>und</strong> erheben sich bis<br />
über 7000 m NN. Fast Jede Stufenfolge hat hier je nach <strong>der</strong><br />
Auswirkung <strong>der</strong> lokalen Steigungswinde ihre Eigentümlichkeit;<br />
man kann jedoch zwei Haupttypen unterscheiden:<br />
1. aride Stufenfolgen ohne Waldstufe <strong>und</strong> 2. mehr humide<br />
mit ein bis zwei Waldstufen (Stanjukovitsch 1973).<br />
Im Fall des Zentralen Tienschan folgt auf die Halbwüstenstufe<br />
von 2000 m NN an eine Gebirgssteppenstufe bis<br />
2900 m, wobei in <strong>der</strong> subalpinen Stufe (ab 2600 m) sich alpine<br />
Arten beiniischen ( L e o n to p o d iu m a lp in u m , P o ly g o n u m v i-<br />
v ip a ru m , T h a lic tr u m a l p i n u m u. a.). Die Steppenelemente reichen<br />
in die untere alpine Stufe ( K o b r e s i a - P a s e n ) bis 3500 m<br />
NN hinein <strong>und</strong> verschwinden erst über 3500 m. Die<br />
hochmontanen, subalpinen <strong>und</strong> alpinen Stufen gehen vollkommen<br />
gleitend ineinan<strong>der</strong> über. Die Erklärung für diese<br />
merkwürdige Vermischung von Steppen- <strong>und</strong> alpinen Elementen<br />
ist darin zu suchen, daß die Stcppcnpflanze eine<br />
günstige <strong>Vegetation</strong>szeit von vier Monaten benötigt, die im<br />
ariden Gebirgsklima durch die starke Strahlung noch bis<br />
3500 m NN im Sommer gegeben ist. Die übrigen acht Monate<br />
können dürr o<strong>der</strong> aber eben kalt sein. Die alpinen Elemente<br />
kommen mit einer kürzeren <strong>Vegetation</strong>szeit aus,<br />
wachsen jedoch auch bei einer längeren, wenn diese so<br />
feucht ist, daß sie den Wettbewerb mit den Steppenpflanzen<br />
bestehen können (W alter 1975a).<br />
In weniger extremen Fällen treten in <strong>der</strong> subalpinen Stufe<br />
namentlich an Nordhängen J u n i p e r u s - B a u m ü m t n auf, die<br />
in <strong>der</strong> alpinen Stufe Spalierform annehmen.<br />
Beson<strong>der</strong>s interessant sind die humiden Stufen, bei denen<br />
über einer Halbwüste mit xerophilen Baumfluren (P is ta c ia ,<br />
C ra ta egus) <strong>und</strong> Gebirgssteppen eine Laubholzstufe mit Wildobstarten<br />
vorhanden ist ( A m y g d a lu s c o m m u n is , J u g la n s re -<br />
ß ia ,M a lu s s ie v e r s ii m i l großen Früchten, P y r u s - <strong>und</strong> P r u n u s - A r <br />
t e n ) . Die Hauptstadt von Kazakhstan, Almaty (früher<br />
Alma-Ata), heißt „Apfel-Vater", weil über ihr im Transili-
422 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 254.<br />
Steppenwald im Transüi-Alatau,<br />
südlich von Almaty (Kazakhstan)<br />
bei Medeo auf ca. 2000 m<br />
NN, ausschließlich mit Picea<br />
schrenkiana (phot. S.-W.<br />
B r e c k l e ) .<br />
Abb. 255.<br />
Steppenwald in den tiefen<br />
Tälern des östlichen Hindukush<br />
(oberes Nuristantal) mit Pinus<br />
gerardiana an den Hängen <strong>und</strong><br />
Auengebüsch auf dem Talboden<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
Alatau die Malus-Stuie so stark ausgebildet ist. Die Bevölkerung<br />
nutzt dies zur Fruchtzeit <strong>und</strong> kocht an Lagerfeuern Apfelmus<br />
<strong>und</strong> -schnitze ein. Über <strong>der</strong> Laubholzstufe folgt eine<br />
Nadelholzstufe (Abb. 254) aus Picea schrenkiana, eventuell<br />
mit Abies semenovii. Darüber schließt die alpine Stufe an.<br />
Ein gebirgiges Land mit ähnlichen <strong>Vegetation</strong>sverhältnissen<br />
ist auch Afghanistan mit dem Hindukusch-Gebirge, wo<br />
allerdings im Osten auch bereits Monsuneinflüsse auftreten<br />
(F reitag 1971b, B reckle 1971, 1973, 1974, 1983). Der Arten-<br />
<strong>und</strong> Endemitenreichtum ist im Flindukusch viel größer<br />
als im Alatau. Als Beispiel eines beson<strong>der</strong>s artenreichen Gebietes<br />
kann Nuristan im Osten Afghanistans angeführt werden<br />
(Abb. 255), wo bereits auch himalayische Florcnelemente<br />
einstrahlen. An<strong>der</strong>erseits reichen die Gipfel des<br />
Flindukusch auf über 7000 m Höhe, oberhalb 5000 m kom-
Subzonobiom <strong>der</strong> Zentralasiatischen Wüsten 423<br />
Abb. 256.<br />
Hochgebirgsgipfel (Kohe-Baba<br />
Tangí, 6800 m NN) im nordöstlichen<br />
Hindukush (Wakhan,<br />
Afghanistan) mit vergletscherten<br />
Flanken <strong>und</strong> hochreichenden<br />
Geröllhalden mit offener alpinnivaler<br />
<strong>Vegetation</strong> bis über<br />
5000 m NN (phot.<br />
S.-W. B r e c k l e ) .<br />
1<br />
men noch etwa 40 Arten Höherer Pflanzen vor (<strong>Breckle</strong><br />
1971, 1973, 1974). Die alpin-nivale Stufe profitiert trotz <strong>der</strong><br />
Sommertrockenheit von den großen Schnee- <strong>und</strong> Eisreserven<br />
<strong>der</strong> Gletscher (Abb. 256).<br />
Als Beispiel für ein nordamerikanisches Orobiom im semiariden<br />
Klimagebiet VII bringen wir die Höhenstufenfolge<br />
<strong>der</strong> Front Range <strong>der</strong> Rocky Mts. bei Colorado Springs: Auf<br />
die Kurzgrasprärie am Fuß des Gebirges in 1500 m NN folgt<br />
zunächst ein Gürtel mit Langgrasprärie, dann eine nur 50 m<br />
breite Höhenstufe aus Laubgebtisch sowie P in u s e d u lis <strong>und</strong><br />
J u n ip e r u s (Pinyon-Sttife), worauf die Waldstufen folgen, in<br />
denen nacheinan<strong>der</strong> P i n u s p o n d e r o s a , P s e u d o ts u g a m e n z ie s ii<br />
<strong>und</strong> P ice a e n g e lm a n n ii die Vorherrschaft erlangen. In 3700 m<br />
NN ist die Waldgrenze erreicht; nach einer schmalen subalpinen<br />
Stufe mit Pfccit-Krüppeln <strong>und</strong> D a s i p h o r a ( P o te n tilla ) f r u -<br />
(icoSit-Gebüsch beginnt die alpine Stufe.<br />
13 Subzonobiom <strong>der</strong> Zentralasiatischen Wüsten<br />
Wie erwähnt, reichen die letzten Ausläufer <strong>der</strong> ostasiatischen<br />
Störungen bis in dieses Gebiet hinein. Die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
fallen deshalb im Sommer <strong>und</strong> nehmen von Osten<br />
(Ordos 250 mm) nach Westen ab (Lop-Nor-Senke 11 mm).<br />
Der Winter <strong>und</strong> das Frühjahr sind trocken, <strong>und</strong> die für Mittelasien<br />
so charakteristischen Frühlingsephemeren fehlen in<br />
Zentralasien ganz. Die Flora ist arm; unter den ostchinesisch-mongolischen<br />
Elementen herrschen strauchförmige<br />
Psammophyten { C a r a g a n a , H e d y s a r u m , A r te m is ia u. a.) vor.<br />
Auch S tip a ist durch zentralasiatische Arten vertreten. Verbreitet<br />
sind <strong>der</strong> Sanddorn ( H i p p o p h a e r h a m n o id e s ) <strong>und</strong> das<br />
große Gras Tschij (L a s ia g r o s tis s p le n d e n s ) . In Auenwäl<strong>der</strong>n fin-
424 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
det man neben P o p u lu s d iv e r s if o lia <strong>und</strong> E la e a g n u s insbeson<strong>der</strong>e<br />
U lm u s p u m i l a . Beispiele für Halophyten sind N itr a r ia schob<br />
e n , Z y g o p h y llu m - , R e a u m u r ia - , K a l i d i u m - <strong>und</strong> L y c iu m - A n e n .<br />
Für den Charakter <strong>der</strong> Wüsten sind <strong>der</strong> geologische Aufbau<br />
<strong>und</strong> die Gesteinsarten von Bedeutung. Die geographische<br />
Lage <strong>der</strong> Wüsten ist aus Abb. 247 zu ersehen.<br />
1. O rdos. Das Gebiet liegt im Knie des Hwang-Ho nördlich<br />
<strong>der</strong> großen chinesischen Mauer, die am Rande des Wan<strong>der</strong>dünengebietes<br />
verläuft. Es schließt sich an das Steppengebiet<br />
<strong>der</strong> Lößebene des oberen Hwang-Ho an, das<br />
heute kultiviert <strong>und</strong> von Erosionsschluchten zerschnitten<br />
ist. Es handelte sich um eine S t i p a - S x e p p e , die sich jedoch<br />
durch das trockene Frühjahr stark von <strong>der</strong> osteuropäischen<br />
unterscheidet. Im eigentlichen Ordos stehen weiche<br />
Sandsteine an, die zur Ausbildung von weiten Sand<strong>und</strong><br />
Dünenflächen führten. Auf diesen ist die A rtem isia<br />
o r d o s i c a - H a l h w ü s t e mit P y c n o s te lm a (Asclepiadaceae) weit<br />
verbreitet (Deckung 30 bis 40 %). Im abflußlosen zentralen<br />
Teil findet man Seen mit Na2 COj <strong>und</strong> NaCl.<br />
2. A la -S c h a n . Es ist eine hauptsächlich aus Sandflächen<br />
mit Barchanen bestehende Wüste; sie schließt sich westlich<br />
vom Hwang-Ho an <strong>und</strong> wird im Süden durch das<br />
Njan-Schan-Gebirge begrenzt. Im Norden grenzt sie beim<br />
Gushun-Nor an die Gobi. Der Nie<strong>der</strong>schlag sinkt in diesem<br />
Gebiet von 219 mm im Osten auf 6 8 mm im Westen,<br />
wobei die potentielle Evaporation von 2400 mm anl<br />
3700 mm ansteigt. Das Regenmaximum ist im August;<br />
die mittlere Temperatur ist 8 °C, die Minima -2S bis<br />
-32 °C. Im Dünengebiet ist Gr<strong>und</strong>wasser vorhanden. Die<br />
Randgebirge erhalten höhere Nie<strong>der</strong>schläge. Über einer<br />
Wüsten- <strong>und</strong> Steppenhöhenstufe beginnen in 1900 bis<br />
2500 m Höhe mesophile Gebüsche mit L o n ic e r a , Rosa,<br />
R h a m n u s , D a s i p h o r a ( P o t e n t i l l a ) f r u t i c o s a u. a.; darüber<br />
wächst bis 3000 m ein Nadelwald mit P ic e a a s p e r a ta , Pinus<br />
ta b u l a e f o r m is <strong>und</strong> J u n ip e r u s r ig id a , worauf subalpine Gebüsche<br />
<strong>und</strong> alpine Matten folgen.<br />
3. B e i-S c h a n . Dieses Gebiet stellt einen alten gehobenen<br />
Block dar zwischen 1000 m bis 2791 mNN, im Westen von<br />
<strong>der</strong> Lop-Nor-Senke <strong>und</strong> Hami begrenzt. Die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
betragen 39 bis 85 mm, die potentielle Evaporation<br />
3000 mm. Die <strong>Vegetation</strong> ist eine niedrige Strauchwüsie<br />
aus zentralasiatischen Arten mit Halophyten. Auf den<br />
höchsten Erhebungen tritt P ic e a a s p e r a ta auf.
4 . Tarim-Becken mit Takla-Makan. Das Becken hat eine<br />
Länge von 1300 km <strong>und</strong> eine Breite von 500 km <strong>und</strong><br />
wird an drei Seiten von hohen, schneebedeckten Gebirgen<br />
umrahmt. Es ist <strong>der</strong> arideste Teil Zenlralasiens mit<br />
heißen Sommern <strong>und</strong> kalten Wintern (Min. -27,6 °C).<br />
Trotzdem ist es reich an Gr<strong>und</strong>wasser, das von den Gebirgsflüssen<br />
gespeist wird. Der 2000 km lange Tarim-Fluß<br />
führt im Mittel 1200 mVsec an Wasser <strong>und</strong> bildet weite<br />
Auen. Im Unterlauf ist er ein nomadisieren<strong>der</strong> Fluß, <strong>der</strong><br />
ständig seinen Lauf verlegt <strong>und</strong> in <strong>der</strong> zentralen Sandwüste<br />
versickert (Abb. 257). Der Lop-Nor ist bald ein<br />
Salzsee von 100 km Durchmesser, bald vollkommen<br />
trocken. Die Sandwüste Takla-Makan ist vegetationslos,<br />
aber in den Dünentälern kann man Wasser durch Graben<br />
erreichen.<br />
5. Tsaidam. Es handelt sich um ein 2700 bis 3000 m hoch<br />
gelegenes Becken, das von allen Seiten von sehr viel<br />
höheren Gebirgen umgeben ist. Der Altyntag trennt es<br />
von <strong>der</strong> Lop-Nor-Senke. Die mittlere Jahrestemperatur<br />
liegt bei 0 °C, das Minimum unter -30 °C. Auch dieses<br />
Becken wird von den Randgebirgen bewässert. Der zentrale<br />
Teil war im Pleistozän ein großer See <strong>und</strong> ist heute<br />
eine vegetationslose Salzwüste. Am Fuß <strong>der</strong> Gebirge findet<br />
man auf Sandböden eine AriewAw-Halbwüste. Tsaidam<br />
bildet den Übergang zum noch höheren Tibet.<br />
6 . Gobi (mongol. = Wüste). Dieses Gebiet erstreckt sich<br />
nördlich von den bisher genannten Wüsten <strong>und</strong> nimmt<br />
den ganzen südlichen Teil <strong>der</strong> Äußeren Mongolei ein.<br />
Von den Wäl<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Steppen im Osten wird es durch<br />
Subzonobiom <strong>der</strong> Zentralasiatischen Wüsten 425<br />
Abb. 257.<br />
Tarim-Becken: Flußversickerungsgebiet<br />
mit Nebkha-Landschaft.<br />
Die Haufendünen bilden<br />
sich um den Strauch Nitraria<br />
schoberi (phot. P e t r o v ).
426 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 258.<br />
Klimaprofil durch Tibet von SW<br />
nach NE <strong>und</strong> die etwas tiefer gelegene<br />
Tsaidam-Wiiste (7 1/2<br />
fach überhöht). Die temperaturbedingte<br />
Baumgrenze ist in Tibet<br />
<strong>und</strong> in Tsaidam nur eine theoretische,<br />
da die Waldgrenze durch<br />
Trockenheit bedingt wird. Wald<br />
findet man nur am Südhang des<br />
Himalaya <strong>und</strong> als schmale<br />
Höhenstufe im Richthofen-<br />
Gebirge (Nanshan) (aus v o n<br />
WlSSMANN 1961).<br />
das Chingan-Gebirge abgetrennt; im Westen stößt es an<br />
die Dsungarei, die bereits Nie<strong>der</strong>schläge durch atlantische<br />
Zyklone erhält <strong>und</strong> deshalb mittelasiatische Züge aufweist.<br />
Im Norden geht die Gobi allmählich in die mongolischen<br />
Shpfl-Steppen mit A n e u r o l e p i d i u m (A g r o p y r o n )-<br />
<strong>und</strong> A r t e m i s i a - A n e n über. In <strong>der</strong> Wüste sind Salz- <strong>und</strong><br />
Gipsböden verbreitet; <strong>der</strong> zentrale Teil ist vegetationslos<br />
<strong>und</strong> von einem Steinpflaster bedeckt, auch sonst ist die<br />
Pflanzendecke spärlich; die Produktion an Trockenmasse<br />
erreicht kaum 100 bis 200 kg/ha, in den nördlichen Steppenteilen<br />
400 bis 500 kg/ha. Auf verbrachten Nie<strong>der</strong>ungen<br />
wachsen N i t r a r i a s ib ir ic a , L a s ia g r o s tis , K a lid iu m u. a.,<br />
auf mit Sand überwehten Flächen <strong>der</strong> Saksaul H aloxylon<br />
a m m o d e n d r o n . Im ganzen westlichen Teil tritt das Gr<strong>und</strong>wasser<br />
nicht an die Oberfläche. Im Osten sind einige Oasen<br />
vorhanden. In die Wüste Gobi reicht von Nordwesten<br />
<strong>der</strong> Gebirgszug Mongolischer Altai hinein, <strong>der</strong> sich in den<br />
Gobi-Altai fortsetzt. In letzterem wird nur eine Steppenhöhenstufe<br />
erreicht; im ersten ist schon eine Nadelwaldstufe,<br />
namentlich in Nordexposition, vorhanden, die aber<br />
mit L a r ix schon einen ganz sibirischen Charakter trägt.<br />
14 Subzonobiom <strong>der</strong> kalten Hochplateauwüsten<br />
von Tibet <strong>und</strong> Pamir (sZB VII, tlX)<br />
Zwischen <strong>der</strong> Gebirgsmauer des Himalaya im Süden <strong>und</strong><br />
dem Kwen-Lun sowie Altyntag im Norden liegt Tibet, die<br />
größte Massenerhebung <strong>der</strong> Erde mit einer mittleren Höhe<br />
von 4200 bis 4800 m NN. Die Hochfläche hat von Ost nach<br />
West eine Länge von 2000 km <strong>und</strong> von Nord nach Süd eine<br />
Breite von 1200 km. Sie besteht aus mit Schutt angefüllten<br />
Dhaulagiri<br />
Klimatische Schneegrenze<br />
Untergrenze <strong>der</strong> subnivalen Stufe<br />
Trockengrenze (Waldsteppengrenze <strong>und</strong> Isohygromene<br />
zwischen 5 <strong>und</strong> 6 humiden Monaten)
___________________Subzonobiom <strong>der</strong> kalten Hochplateauwüsten von Tibet <strong>und</strong> Pamir (sZB VII, tlX) 427<br />
Becken, die durch zahlreiche, nochmals 1000 ni höhere Gebirgszüge<br />
begrenzt werden (Abb. 258). Die abfließenden<br />
Schmelzwässer bilden vernäßte Flächen, Frostschiittsümpfe<br />
mit dem Riedgras K o b r e s ia tib e tic a , zum Teil auch „Salzseen".<br />
Auch Sanddünengebiete gibt es.<br />
Der südliche <strong>und</strong> östliche Teil steht noch unter dem Einfluß<br />
des Monsuns, <strong>und</strong> in den tief eingeschnittenen Tälern,<br />
die den Oberlauf <strong>der</strong> großen süd- <strong>und</strong> ostasiatischen Flußsysteme<br />
bilden, treten südostchinesische <strong>und</strong> himalayische<br />
Waldelemente auf.<br />
Der größere westliche <strong>und</strong> zentrale Teil, die Wüste<br />
Tschangtang (Chang Tan), zeichnet sich durch ein extremes<br />
Klima aus. Die mittlere Jahrestemperatur ist -5 °C, nur <strong>der</strong><br />
Juli hat ein positives Mittel von -1 - 8 °C. Tagesschwankungen<br />
<strong>der</strong> Temperatur von 37 °C kommen vor, die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
übersteigen selten 100 mm. Die arme Flora ist erst nach <strong>der</strong><br />
Eiszeit eingewan<strong>der</strong>t, also sehr jung; es sind zentralasiatische<br />
Elemente ( C e r a to i d e s , K o c h ia , R e a u m u r i a , R h e u m , E p h e d r a ,<br />
T a n a cetu m , M y r k a r i a u. a.).<br />
Das westliche Ende <strong>der</strong> Hochebene, von dem aus die hohen<br />
Gebirgszüge ausgehen, ist <strong>der</strong> P a m ir mit <strong>der</strong> in 3864 m<br />
Höhe liegenden Pamirschen Biologischen Station, an <strong>der</strong><br />
viele russische Forscher ökophysiologische Untersuchungen<br />
durchgeführt haben. Hier fallen im Mittel 6 6 mm an Nie<strong>der</strong>schlägen,<br />
hauptsächlich im Mai bis August. Die Luft ist<br />
trocken, die Sonnenstrahlung entspricht 90 % <strong>der</strong> Solarkonstante,<br />
so daß sich die Bodenoberfläche in den Sommermonaten<br />
auf über 52 °C erwärmt. Nur 10 bis 13 Nächte im<br />
Jahr sind frostfrei (vgl. Abb. 248, Pamirski Post). Eine geschlossene<br />
Schneedecke ist nicht vorhanden. Die Böden sind<br />
so trocken, daß sie nicht gefrieren.<br />
Auf den wüstenhaften Standorten wachsen 10 bis I 5 cm<br />
hohe Zwergsträucher: C e r a to id e s p a p p o s a , A r te m is ia r h o d a n th a ,<br />
T a n a cetu m p a m ir ic u m o<strong>der</strong> S tip a g la r e o s a sowie die Polsterpllanze<br />
A c a n th o lim o n d ia p e n s io id e s . In den Tälern an Bächen<br />
findet man dagegen alpine Wiesen (Abb. 259).<br />
Das Wachstum an den trockenen Standorten ist äußerst<br />
langsam. C e r a to id e s gelangt erst nach 25 Jahren zur Blüte, erreicht<br />
dafür ein Alter von 100 bis 300 Jahren. Die Wurzelsysteme<br />
sind mächtig ausgebildet, <strong>und</strong> ihre Masse ist zehn- bis<br />
zwölfmal größer als die <strong>der</strong> Sproßsysteme. Die meisten Wurzeln<br />
findet man in 0 bis 40 cm Tiefe, also in den Bodenschichten,<br />
die sich im Sommer auf über 10 °C erwärmen.<br />
Seitlich streichen die Wurzeln über 2 m weit. Der Vorrat an<br />
ausnutzbarem Wasser in den oberen 100 cm des skelettrei-
428 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Abb. 259.<br />
Landschaft des Ost-Pamir<br />
(4000 m NN) mit Wüstensteppe<br />
auf Schüttboden: Kleine Horste<br />
sind Stipa ßlareosa, größere<br />
Zwergstrducher Ceratoides papposa<br />
(phot. 1. A. Raikova).<br />
eben Bodens beträgt maximal 26 mm <strong>und</strong> minimal 5 mm.<br />
Das ist sehr wenig, reicht jedoch bei <strong>der</strong> spärlichen <strong>Vegetation</strong><br />
für die intensive Transpiration aus. Die Photosynthese ist<br />
nur in den Vormittagsst<strong>und</strong>en lebhaft. Die Tagesausbeute<br />
wird mit 25 mg pro dm^ Blattfläche angegeben. Die niedrigen<br />
Nachttemperaturen verhin<strong>der</strong>n größere Atmungsverluste.<br />
Drei Biogeozöne wurden untersucht (s. Tab. 22): Eines<br />
mit vorherrschen<strong>der</strong> Ceratoides auf Schüttböden, ein zweites<br />
mehr steppenartiges auf lehmigen Böden mit Artemisia <strong>und</strong><br />
Stipa ßlareosa <strong>und</strong> ein drittes mit den niedrigen krautigen<br />
Polstern auf steinigen Böden mit relativ günstigen Wasserverhältnissen<br />
an Rinnen.<br />
Man erkennt, daß ungeachtet <strong>der</strong> relativ hohen "^ranspirationsintensitäl<br />
<strong>der</strong> Wasserverbrauch <strong>der</strong> Biogeozöne in<br />
Millimeter so klein ist, daß er durch die Nie<strong>der</strong>schläge gedeckt<br />
wird. Nur die krautigen Polsterpflanzen in <strong>der</strong> Nähe<br />
<strong>der</strong> Bachläufe erhalten zusätzliches Wasser durch Zufluß. Im<br />
allgemeinen wird die Hälfte bis ein Drittel <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge<br />
zur Deckung <strong>der</strong> Transpiration <strong>der</strong> Pflanzen verbraucht.<br />
Tab. 22. Phytomasse <strong>und</strong> Wasserverbrauch in Ostpamir<br />
Biogeozöne Wüste Steppe Polsterpflanzen<br />
Deckung <strong>der</strong> Pflanzen in % 5-18 15-20 15-30<br />
Phytomasse in t ha"' 0,14-0,54 0,09-0,48 0,4-0,89<br />
Transpiration (g ■gFG“' •h"') 0,3-0,9 0,1-0,7 0,1-0,19<br />
Wasserverbrauch in mm<br />
während <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit 8-40 6-87 25-446
Kompliziert sind die Verhältnisse bei den Orobiomen,<br />
denn die Höhenstufenglie<strong>der</strong>ung hängt sehr stark von den<br />
Nie<strong>der</strong>schlägen ab. In Gebieten mit unter 100 mm fehlt eine<br />
eigentliche Schneegrenze, weil die geringe Schneemenge<br />
selbst in über 5500 m NN bei <strong>der</strong> starken Strahlung verdunstet.<br />
Bis zur oberen Verbreitungsgrenze des Pflanzenwuchses<br />
bleibt die Wüste erhalten, während sonst in größeren Höhen<br />
alpine Steppen o<strong>der</strong> bei über 500 mm sogar alpine Wiesen<br />
auftreten. In <strong>der</strong> oberen alpinen Stufe spielen meist isoliert<br />
stehende Polsterpflanzen eine bedeutende Rolle.<br />
Der Mensch in <strong>der</strong> Steppe 429<br />
15 Der Mensch in <strong>der</strong> Steppe<br />
Die Steppen bedeckten weite Gebiete <strong>der</strong> Nordhalbkugel. Sie<br />
ernährte unzählige wildlebende Weidetiere, die Büffel in <strong>der</strong><br />
Prärie in Nordamerika, die Wildrin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Wildpferde in<br />
Eurasien <strong>und</strong> wahrscheinlich noch viele an<strong>der</strong>e Herbivore.<br />
ln Zentralasien spielt auch heute noch das Echte Kamel<br />
(zweihöckerig) eine große Rolle. Die nomadisierende Lebensweise<br />
<strong>und</strong> die Möglichkeiten weiter Wan<strong>der</strong>ungen haben<br />
in früheren Jahrtausenden <strong>und</strong> bis ins Mittelalter dazu<br />
geführt, daß asiatische Reitervölker bis nach Europa vorstoßen<br />
konnten.<br />
Erst in jüngster Zeit wurde die Steppe <strong>und</strong> die Prärie fast<br />
vollständig für den Ackerbau gepflügt. Die Stauberosion<br />
<strong>der</strong> Prärien in den Dreißiger Jahren, in Kasachstan in den<br />
Sechziger Jahren haben zu großen Schäden <strong>und</strong> zu Desertifikation<br />
geführt.<br />
Entscheidend für ein Leben in diesen Gebieten ist die<br />
Verfügbarkeit von Wasser, entwe<strong>der</strong> in natürlichen Quellen<br />
(<strong>und</strong> damit Oasen) o<strong>der</strong> durch Tiefbrunnen, die heute an<br />
vielen Stellen gebohrt sind <strong>und</strong> Zisternen speisen. Darüberhinaus<br />
wird die spärliche <strong>Vegetation</strong> durch Viehherden<br />
(meist viele Schafe mit wenigen Ziegen, aber auch Rin<strong>der</strong>)<br />
genutzt, die große Aktionsräume brauchen. Die Beweidung<br />
<strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> Halbwüsten ist durch Überweidung, Degradierung<br />
<strong>und</strong> Bodenerosion zu einem akuten Problem geworden.<br />
Eine Lösung, die am ehesten Abhilfe verspricht,<br />
wäre <strong>der</strong> Ersatz <strong>der</strong> Haustierherden durch Wildtiere (C a m p<br />
bell 1985). Die Steppenherbivoren sind hervorragend an<br />
ihre Umwelt angepaßl, sie könnten das Gleichgewicht in<br />
den störanfälligen Ökosystemen wie<strong>der</strong> hersteilen. Auf <strong>der</strong><br />
gleichen Fläche könnten sie, wenn sie sachgemäß gehalten<br />
würden, mehr Fleisch liefern als Hausvieh. Rin<strong>der</strong> sollten<br />
den gemäßigten Breiten Vorbehalten bleiben, auf Flächen,<br />
die auch eine intensive Beweidung vertragen.
w<br />
430 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
16 Zonoökoton Vl/Vlll - Boreo-nemorale Zone<br />
Abb. 260.<br />
<strong>Vegetation</strong>szonen Euro-Sibiriens.<br />
1 Arktische Wüste: 2 T<strong>und</strong>ra:<br />
3 Zwergstrauch- <strong>und</strong> Waldt<strong>und</strong>ra:<br />
4 boreale Nadelwaldzone:<br />
5 Mischwaldzone: 6 Laubwaldzone:<br />
7 kleinblättrige Laubwäl<strong>der</strong>:<br />
8 Waldsteppe: 9 Grassteppe:<br />
10 Halbwüsten <strong>und</strong> Wüsten:<br />
11 Gebirgsnadelwäl<strong>der</strong>: 12 alpine<br />
Zone<br />
Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Zonen erstreckt<br />
sich die boreale Nadelwaldzone mit einem kalten gemäßigten<br />
Klima auf <strong>der</strong> Nordhemisphäre im nördlichen Eurasien<br />
<strong>und</strong> Nordamerika (durch Meere unterbrochen) um den<br />
ganzen Erdball herum. Im Süden grenzt diese Zone im Bereich<br />
des ozeanischen Klimas an die nemorale Laubwaldzone,<br />
im Bereich des kontinentalen Klimas dagegen an die ariden<br />
Steppen o<strong>der</strong> Halbwüsten (Abb. 260). Die Grenze<br />
zwischen <strong>der</strong> Laubwaldzone <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nadelwaldzone ist<br />
nicht scharf; vielmehr ist hier ein boreo-nemorales Ökoton<br />
VI/VIII eingeschaltet, in dem entwe<strong>der</strong> Mischbestände Vorkommen<br />
von einigen Nadelholzarten (meistens Kiefern) mit<br />
Laubholzarten, o<strong>der</strong> aber eine makromosaikartige Durchmischung<br />
stattfindet mit reinen Laubwäl<strong>der</strong>n an günstigen<br />
Standorten <strong>und</strong> auf besseren Böden <strong>und</strong> reinen Nadelwäl<strong>der</strong>n<br />
auf ungünstigen Standorten mit armen Böden. Im<br />
östlichen Nordamerika sind es verschiedene Pinus-Anen, die<br />
in Mischbeständen Vorkommen; im Gebiet <strong>der</strong> Großen Seen<br />
vor allen Dingen Pinus strobus, aber auch Tsuga camdensis: im<br />
! 7 [ ! □ 9<br />
I 8 ijjiiil 10<br />
I 11<br />
I 12
Südosten Junipems virßiniana. Oftmals sind die Kiefern Pionierholzarten<br />
nach Waldbränden o<strong>der</strong> auf aufgelassenem<br />
Kulturland. Sie wachsen auf armen Böden rascher in die<br />
Höhe als die Laubhölzer <strong>und</strong> bilden deshalb eine obere<br />
Baumschicht. Die Verjüngung <strong>der</strong> Kiefern in solchen Mischbeständen<br />
ist jedoch, wenn <strong>der</strong> Laubholzunterwuchs dicht<br />
ist, schwierig. Die Kiefer hält sich deshalb nur dort, wo Feuer<br />
als immer wie<strong>der</strong>kehren<strong>der</strong> Faktor eine Rolle spielt. Es<br />
konnte nachgewiesen werden, daß Brände in diesen Wäl<strong>der</strong>n<br />
namentlich auf sandigen Böden mit einer im Sommer<br />
trockenen Streuschicht auch ohne Zutun des Menschen<br />
durcli Blitzschlag häufig entstehen, ln Europa sind die Verhältnisse<br />
viel einfacher: Auf den armen lluvioglazialen Sauden,<br />
die sich als breiter Streifen vor den Endmoränen in Mittel-<br />
<strong>und</strong> E-Europa hinziehen, findet man im Gebiet, das<br />
klimatisch noch <strong>der</strong> Laubholzzone angehört, reine Kiefernwäl<strong>der</strong><br />
(Pinetum), die in E-Europa als „Bor" bezeichnet werden,<br />
Auf besseren lehmigen Sandböden treten als untere<br />
Baumschicht Eichen auf; wir erhalten ein Querceto-Pinetum<br />
o<strong>der</strong> „Subor".<br />
Auf lehmigen Böden gesellt sich die Hainbuche (Carpinus<br />
betulus) hinzu, so daß diese Wäl<strong>der</strong>, die man „Sugrudki"<br />
nennt, dreischichtig sind (Carpineto-Querceto-Pinetum).<br />
Auf Löß schließlich haben wir die zonalen Laubwäl<strong>der</strong> mit<br />
Eiche in <strong>der</strong> oberen <strong>und</strong> Carpinus in <strong>der</strong> unteren Baumschicht<br />
(Querceto-Carpinetum), als „Grud" bezeichnet. Ein-<br />
¡¡riffe des Menschen verän<strong>der</strong>n diese Wäl<strong>der</strong> sehr stark:<br />
Waldbrände <strong>und</strong> Brennholzgewinnung durch Schlagen <strong>der</strong><br />
Laubhölzer för<strong>der</strong>n die Kiefer; Nutzung <strong>der</strong> als Bauholz<br />
wertvollen Kiefer führt zu reinen Laubwäl<strong>der</strong>n. Dazu<br />
kommt die Waldweide. In Mitteleuropa sind durch die Forstwirtschaft<br />
selbst in früheren reinen Laubwaldgebieten ausgedehnte<br />
Kiefernforste entstanden, zum Beispiel in <strong>der</strong><br />
Oberrheinischen Tiefebene. Weiter nördlich (in Südskandinavien,<br />
mittl. Osteuropa) spielen die Fichte (Picea abies) <strong>und</strong><br />
die Eiche (Quercus robur) eine größere Rolle, die sich meist<br />
makromosaikartig durchdringen (Klötzli 1975). Da die besseren<br />
Böden (die Eichenwaldstandorte) heute meist kultiviert<br />
werden, ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Fichte an den noch verbliebenen<br />
Wäl<strong>der</strong>n gestiegen; sie wird außerdem durch die<br />
Forstwirtschaft begünstigt. Im eigentlichen Mitteleuropa<br />
sind die Fichtenforste in tiefen Lagen alle künstlich angelegt<br />
worden. Die „Verfichtung" <strong>der</strong> Landschaft hatte immer<br />
mehr zugenommen, denn die Forstwirtschaft wollte höhere<br />
Erträge erzielen. Aber in den letzten beiden Jahrzehnten erkrankten<br />
infolge des „sauren Regens" <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Schad-<br />
n<br />
Zonoökoton VIA/Ill - Boreo-nemorale Zone 431
432 Zonobiom <strong>der</strong> Steppen <strong>und</strong> kalten Wüsten<br />
Stoffeinträge sowie zusätzlicher Bodenverarmung nicht nur<br />
Tannen, son<strong>der</strong>n auch Fichten <strong>und</strong> die Laubbäume immer<br />
mehr.<br />
Die Grenze zwischen <strong>der</strong> boreo-nemoralen <strong>und</strong> <strong>der</strong> eigentlichen<br />
borealen Zone entspricht in Europa <strong>der</strong> nördlichen<br />
Verbreitungsgrenze <strong>der</strong> Eiche. Sie verläuft in Südschweden<br />
am 60. Breitengrad, zieht sich dann enilang <strong>der</strong><br />
Südküste von Finnland hin <strong>und</strong> verläuft von dort zur mittleren<br />
Kama, wo die Steppe an die boreale Zone grenzt.<br />
FRAGEN:<br />
1. Warum sind Grasland <strong>und</strong> Steppe begrifflich <strong>und</strong> inhaltlich<br />
stets auseinan<strong>der</strong>zuhalten?<br />
2. Auf welche Weise wirken sich Sommer- bzw. Winterregenmaxima<br />
auf die <strong>Vegetation</strong> unterschiedlich aus?<br />
3. Wie läßt sich das Wettbewerbsgleichgewicht zwischen Gräsern<br />
(Steppe) <strong>und</strong> Kräutern sowie Zwergsträuchern (Halbwüste)<br />
beschreiben?<br />
4. Weshalb ist nach einer Beackerung <strong>der</strong> Steppe eine Regeneration<br />
fast nicht möglich?<br />
5. Welche wesentlichen Unterschiede weisen die Wüsten des ZB<br />
VII (rill) gegenüber den Wüsten des ZB III auP<br />
6. Warum schiebt sich in <strong>der</strong> Mongolei zwischen die Halbwüsten-/Steppenzone<br />
(ZB VII) nach Norden hin zur Taiga (ZB<br />
VIII) keine Laubwaldzone (ZB VI) dazwischen?
VIII Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
(ZB des kalt-gemäßigten<br />
borealen Klimas)<br />
1 Klima <strong>und</strong> Nadelholzarten <strong>der</strong> borealen Zone<br />
Die eigentliche boreale Zone (Abb. 260) beginnt düJCLJiw das<br />
KlimaJür die HartholzrLaubholzarten zu.inigünstig wird,<br />
das heißt, wo die Sommer zu kurz <strong>und</strong> die Winter zu lang<br />
werden. Im Klimadiagramm erkennt man es daran, daßliie<br />
Dauer <strong>der</strong> Zeit mit Tagesmitteln über 10 °C unter 120 Tage<br />
sinkt <strong>und</strong> die kalte Jahreszeit über sechs Monate dauert<br />
(Abb. 261). Die Nordgrenze <strong>der</strong> borealen Zone gegen die.<br />
Arktis liegt dorblVö etwa nur 30_Tage init Tagesmitteln über<br />
10 °C <strong>und</strong> eine kalte Jahreszeit von acht Monaten lür das<br />
Klima typisch sind.<br />
'Allerdings darf man bei <strong>der</strong> weiten Erstreckung dieser<br />
Zone nicht von einem einheitlichen Klima sprechen, son<strong>der</strong>n<br />
man muß ein mehr kaltozeanisches Klima mit einer relativ<br />
geringen Amplitude <strong>der</strong> Temperaturen <strong>und</strong> ein kaltkontinentales<br />
unterscheiden, bei dem im extremen Fall die<br />
Abb. 261.<br />
KUmadiagramme aus <strong>der</strong> borealen<br />
Zone N-Europas, <strong>der</strong> Mischwaldzone<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> borealen Zone<br />
Sibiriens. Bei horizontalen Strichen<br />
Zahl <strong>der</strong> Tage mit Mittel<br />
über +10 °C (oben) <strong>und</strong> über<br />
-10 °C (unten).<br />
Archangelsk (10 m)<br />
[61 - 24]<br />
0,4“ 466<br />
Moskva (167 m)<br />
[35 - 22]<br />
3,2“ 538<br />
Irkutsk (467 m)<br />
[35 - 33] -1,3“ 369
434 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
_ Das Zonobiom VIII ist<br />
gekennzeichnet durch<br />
lange, kalte Winter <strong>und</strong><br />
kurze Sommer, im Laufe<br />
des Jahres treten extrem<br />
große Temperatufsch ^ n -<br />
-kungerratif. Z B ^ II nTfhmt<br />
in Eurasien riesige Flächen<br />
ein; entsprechend kann<br />
man mehrere Subzonobiome<br />
unterscheiden.<br />
Spanne zwischen dem Temperaturmaximum (+30 °C) <strong>und</strong><br />
-minimum (-70 °C) lOOK erreichen kann. Ebenso än<strong>der</strong>n<br />
sich die Temperaturverhältnisse von N nach S.<br />
Bedingt durch die klimatischen Vorgaben lassen sich folgende<br />
Subzonobiome unterscheiden: Ein nördliches, ein<br />
mittleres, ein südliches (jeweils mit immergrünen Coniferen)<br />
<strong>und</strong> ein extrem kontinentales (mit <strong>der</strong> sommergrünen<br />
L a r i x ) . Davon abgetrennt werden müssen die ozeanische<br />
Ausprägung mit Birken in NW-Europa <strong>und</strong> NE-Asien.<br />
Ähnlich geglie<strong>der</strong>t, aber nicht so ausgedehnt ist die Taiga<br />
in Kanada <strong>und</strong> Alaska (Walker 1998).<br />
Im ozeanischen Bereich spielen Birkenarten Lßcia^eine<br />
wichtige Rolle (A hti & J alas 1968). Die floristiscmZusammensetzung<br />
<strong>der</strong> Baumschicht ist über die riesigen Entfernungen<br />
hinweg natürlich verschieden. Für die Nadelwäl<strong>der</strong><br />
gilt, daß die Zahl <strong>der</strong> Nadelholzarten in N-Amerika <strong>und</strong> E-<br />
Asien sehr groß ist, im eurosibirischen Raum dagegen sehr<br />
klein. Als Ursache spiegelt sich hier die gleiche <strong>Vegetation</strong>sgeschichte<br />
wi<strong>der</strong> wie schon im ZB VI.<br />
In N-Amerika haben wir sehr viele Arten <strong>der</strong> Gattungen<br />
P in u s , P ic e a , A b ie s , L a r ix , aber auch T s u g a , T h u ja , C h a m a ecyp a -<br />
r is <strong>und</strong> J u n ip e r u s , die jedoch mehr <strong>der</strong> Übergangszone angehören.<br />
Die Arten dieser Gattungen an <strong>der</strong> pazifischen Küste<br />
sind an<strong>der</strong>e als im östlichen Teil. Nur die Schimmelfichte<br />
(P ic e a g la u c a ) geht von Neuf<strong>und</strong>land bis zur Beringstraße. An<br />
<strong>der</strong> Baumgrenze gegen die Arktis wachsen außerdem die<br />
Schwarzfichte (P ic e a m a r ia n a ) , die sonst meist auf armen Böden<br />
auftritt, ebenso wie L a r ix la r ic in a in den kontinentalen<br />
Gebieten. Dazu kommen A b ie s b a ls a m e a <strong>und</strong> T h u ja occidcntalis<br />
, wie auch P i n u s h a n k s i a n a , letztere insbeson<strong>der</strong>e auf<br />
Brandflächen. Sehr verschiedene Arten findet man in <strong>der</strong><br />
Nadelwaldstufe <strong>der</strong> Gebirge.<br />
Im Gegensatz dazu spielen in <strong>der</strong> borealen Zone Europas<br />
nur die FicSite (P ic e a a b i e s ). <strong>und</strong> die Kiefer ( P in u s s y lv e stris)<br />
jiinelROTe. Erst im östlicEen Teil wird unsere Fichte durch<br />
die nahe verwandte sibirische Art, P ic e a o b o v a ta , abgelöst,<br />
<strong>und</strong> es kommen A b ie s s ib ir ic a . L a r ix s ib ir i c a <strong>und</strong> P in u s sibirica,<br />
eine Unterart <strong>der</strong> Arve ( P in u s c e m b r a ) hinzu. Der Anteil <strong>der</strong><br />
Fichte nimmt ab, im kontinentalen Ostsibirien fehlt sie ganz.<br />
Zugleich tritt dort an die Stelle von L a r i x s ib ir i c a die L.<br />
d a h u r i c a . Allein die Lärchenwäl<strong>der</strong> bedecken in Sibirien<br />
2,5 Milk km^. Im nordjapanischen Raum nimmt die Zahl <strong>der</strong><br />
Nadelholzarten wie<strong>der</strong> stark zu.<br />
Im nordeuropäischen Raum sind die Spuren <strong>der</strong> Eiszeit<br />
allgegenwärtig. Gerade im Gebiet <strong>der</strong> europäischen Taiga
Klima <strong>und</strong> Nadelholzarten <strong>der</strong> borealen Zone 435<br />
Abb. 262.<br />
Spätßlaziak <strong>und</strong> holozäne Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Ostsee. A Baltischer<br />
Eissee mit Süßwasser (vor<br />
10200 Jahren): B Ancylus-See<br />
mit Süßwasser (vor 8000 Jahren);<br />
C Litorina-Meer (vor etwa<br />
5000 Jahren) (aus D i e r s s e n<br />
1996).
436 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 263.<br />
Bildung von Gewässern nach<br />
Abschmelzen des Toteises im Geschiebe<br />
(links) <strong>und</strong> im Moränenmaterial<br />
(rechts).<br />
abschmelzendes Inlandeis<br />
Tümpel<br />
X Tümpel<br />
(Skandinavien) ist die Umgestaltung <strong>der</strong> Landschaft durch<br />
die großen Inlandseisinassen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Abschmelzen vor<br />
allem an <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong> Ostsee ablesbar (Abb. 262). Erst<br />
vor wenigen tausend Jahren ist die Ostsee in <strong>der</strong> heutigen<br />
Form entstanden. In den umliegenden Landschaften sind<br />
die glazialen Spuren an <strong>der</strong> Bildung zahlloser Toteisgewässer<br />
(Abb. 263) <strong>und</strong> an den verschiedenen Ablagerungen (Moränen,<br />
Geschiebe etc.) zu erkennen.<br />
2 Die ozeanischen Birkenwäl<strong>der</strong> im ZB VIII<br />
Die starken Unterschiede in <strong>der</strong> Kontinentalität quer durch<br />
die Taigazone Eurasiens machen sich floristisch, wie bereits<br />
besprochen, deutlich bemerkbar. Im ozeanischen Klimabereich<br />
am Atlantik in Norwegen einerseits, am Pazifik in<br />
Kamchatka an<strong>der</strong>erseits, treten lichte Wäl<strong>der</strong> aus Birken<br />
<strong>und</strong> Kiefern auf. In Norwegen fehlt die Fichte fast ganz, eine<br />
Taigazone ist somit eigentlich nicht entwickelt. Die Baumgrenze<br />
wird in Nordskandinavien von Betula tortuosa (mit B.<br />
alba nahe verwandt) gebildet. Betula tortuosa ist nie<strong>der</strong>wüch-
Die<br />
sig mit einem unregelmäßig gekrümmten Stamm („Betrunkene<br />
Bäume").<br />
Ähnlich aussehende lichte Wäl<strong>der</strong> treten in Kamchatka<br />
auf. Dort bildet Betula ermannii, zum Teil mit <strong>der</strong> Krummholzkiefer<br />
Piims pumila, wie<strong>der</strong>um die polare Waldgrenze. In<br />
den Wäl<strong>der</strong>n Kamchatkas dominiert Betula ermannii, die ein<br />
sehr schweres Holz bildet (spezifisches Gewicht >1; daher<br />
<strong>der</strong> Name Steinbirke) <strong>und</strong> die mehrere h<strong>und</strong>ert Jahre alt<br />
werden kann. Ihre Verbreitung ist sehr groß, sie erreicht<br />
auch Japan <strong>und</strong> Korea. Vereinzelt sind noch an<strong>der</strong>e Birken<br />
(B. japónica, B. middendorfii) <strong>und</strong> Larix-Arten beigemischt (L.<br />
ßmelinii, L. kamtschatica, L. cajan<strong>der</strong>ii). Auch die kamchatischen<br />
Wäl<strong>der</strong> gehören im strengen Sinne also nicht zur Taiga.<br />
Nur selten kommen auch Fichtenwäl<strong>der</strong> vor (mit Picea<br />
ajanensis).<br />
europäische boreaie Waidzone 437<br />
3 Die europäische boreaie Waldzone<br />
Typisch für das Zonobiom VIII in N-Europa ist <strong>der</strong> dunkle<br />
Fichtenwald, als Taiga bezeichnet, auf.Podsolfeden mit einer<br />
Kohhümusscfiicht, einem Bleichhorizont <strong>und</strong> einem<br />
verdichteten B-Horizont. Solche Böden bilden sich in <strong>der</strong><br />
humiden horealen Zone auf jedem Mutiergestein aus, aber<br />
um so ausgeprägter, je basenärmer dieses ist. Die Streu <strong>der</strong><br />
Fichte ist schwer zersetzbar <strong>und</strong> liegt über dem A„-Horizont,<br />
<strong>der</strong> aus organischer Masse besteht, die durch die Rhizome<br />
<strong>und</strong> Wurzeln <strong>der</strong> Zwergsträucher sowie Pilzmyzelien verflochten<br />
ist <strong>und</strong> als Rohhumusschicht bezeichnet wird. Sie<br />
läßt sich leicht von dem darunter liegenden A,-Horizont<br />
(humushaltiger Mineralboden) abheben (daher auch Auflagehumus<br />
o<strong>der</strong> Trockentorf genannt). Die im Rohhumus gebildeten<br />
Humussäuren wan<strong>der</strong>n mit dem Regenwasser in<br />
die Tiefe <strong>und</strong> bewirken eine völlige Auslaugung <strong>der</strong> Basen<br />
<strong>und</strong> Sesquioxide (Fe2 0 j, AI2 O3 ), so daß im A2 -Horizom nur<br />
ausgebleichter feiner Quarzsand verbleibt (Bleichhorizont).<br />
An <strong>der</strong> Grenze des nicht ausgelaugten Untergr<strong>und</strong>es werden<br />
die Humussole mit den Sesquioxiden infolge <strong>der</strong> Abnahme<br />
<strong>der</strong> Azidität o<strong>der</strong> durch den Wasserentzug <strong>der</strong> Baumwurzehi<br />
ausgefällt. Es bildet sich <strong>der</strong> B-Horizorrtrtler dunkelbraun<br />
(Humuspodsole) o<strong>der</strong> rostrot (Eisenpodsole) gefärbt ist.<br />
Im Fichtenwald (Piceetum typicum) kann man außer<br />
<strong>der</strong> Baumschicht noch eine Krautschicht <strong>und</strong> eine geschlossene<br />
Moosschicht unterscheiden. In <strong>der</strong> Krautschicht<br />
herrscht die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) vor, in trockenen<br />
Waldtypen auch die Preiselbeere (Vaccinium vitiijdaea)<br />
o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> südlichen Zone häufig <strong>der</strong> Sauerklee (Oxalis acejdj<br />
i<br />
' /
438 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
H^.C'< k/'H o<br />
: n -<br />
I<br />
fV-<br />
I<br />
tosella). Sehr charakteristisch sind außerdem Lycopodium annotinum,<br />
Maianthemum bifolium, Linnaea borealis, Listera cordata,<br />
Pyrola (Moneses) uniflora u. a. Bei hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand<br />
nimmt die Rohhumusanreicherung zu, leitet zur<br />
Torfbildung über <strong>und</strong> führt zur Hochmoorbiidung. In <strong>der</strong><br />
Moosschicht herrscht dabei zuerst Polytrichum <strong>und</strong> im späteren<br />
Stadium das Torfmoos (Sphaßnum) vor. Tritt die Vernässung<br />
durch fließendes, sauerstoffreiches Gr<strong>und</strong>wasser ein,<br />
dann gehen die Fichtenwäi<strong>der</strong> in Auenwäl<strong>der</strong> über.<br />
Neben den Fichtenwäl<strong>der</strong>n ist in <strong>der</strong> borealen Zone <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> Kiefernwäl<strong>der</strong> (Pineten) immer sehr groß. Die KieiurJ^Hnus<br />
sy/vesirnj xg-fdrängt-die Fichte an trockenen StandortenäJTie<br />
Krautschicht dieser lichten Wäl<strong>der</strong> wird vofiUem<br />
Heidekraut (Calluna vulßaris) mit Preiselbeere gebildet, in <strong>der</strong><br />
MoSsSffirefit stellen sich viele Flechten (Cladonia, Cetraria) ein<br />
(s. Abb. 268, S. 444); charakteristische Arten <strong>der</strong> Krautschichl<br />
sind Pyrola-Anen, Goodyera repens, Lycopodium complanatum<br />
u. a. Aber die Kiefer ist oft auch an für die Fichte günstigen<br />
Standorten verbreitet, jedoch nur nach Waldbränden, die<br />
auch durch Blitzschlag entstehen können. Auf den Brandflächen<br />
tritt oft eine Massenentwicklung von Molinia caerulea,<br />
Calamaßrostis epigeios o<strong>der</strong> Pteridium aquilinum auf, wobei diese<br />
Reihenfolge einer zunehmenden Trockenheit entspricht.<br />
Von den Baumarten kommen auf solchen Brandflächen<br />
die Birke <strong>und</strong> Espe am raschesten hoch; sie werden dann<br />
durch die Kiefer verdrängt. Unter <strong>der</strong> Kiefer wächst langsam<br />
die Fichte heran. In Nordschweden hält sich das Birkenstadium<br />
150 Jahre, das Kiefernstadium 500 Jahre. Oft tritt ein<br />
neuer Brand auf, bevor das <strong>der</strong> zonalen <strong>Vegetation</strong> entsprechende<br />
Fichtenstadium erreicht ist. Der große Anteil <strong>der</strong><br />
Kiefer ist deshalb verständlich. Die Kiefer fehlt nur an feuchten<br />
Standorten mit geringer Feuergefahr.<br />
Entsprechende Wäl<strong>der</strong> findet man in Nordamerika, nur<br />
sind sie floristisch etwas reicher.<br />
4 Zur Ökologie des Nadelwaldes<br />
Je dichter <strong>der</strong> Bestand ist, desto weniger dringen die Sonnenstrahlen<br />
bis zum Boden durch. Unter einem Fichtenwald<br />
ist deshalb <strong>der</strong> Boden um 2 °C kälter als an offenen Stellen.<br />
Auch die Schneedecke ist weniger mächtig, so daß <strong>der</strong> Beiden<br />
während des langen Winters tiefer gefriert. Die Frosttiefe<br />
betrug im Boden eines dichten Bestandes 85 cm gegenüber<br />
50 cm im gelichteten Bestand, in dem <strong>der</strong> Bodenfrost<br />
Anfang Juni verschwand, während er sich im dichten Bestand<br />
bis Anfang August hielt.
Die Fichte wurzelt sehr flach in den oberen 20 cm <strong>und</strong> bei<br />
hohem Gr<strong>und</strong>wasserstand noch flacher (Abb. 267). Eine<br />
ständig gute Wasserversorgung bei einem mittleren Gr<strong>und</strong>wasserstand<br />
ist für eine hohe Produktion <strong>der</strong> Fichtenwäl<strong>der</strong><br />
notwendig. Die tiefer wurzelnde Kiefer ist gegen Bodentrockenheit<br />
nicht so empfindlich. Die gesamte jährliche<br />
Wasserabgabe <strong>der</strong> typischen Fichtenwäl<strong>der</strong> beträgt in <strong>der</strong><br />
nördlichen Taiga etwa 250 mm, in <strong>der</strong> mittleren 350 mm, in<br />
<strong>der</strong> südlichen 450 mm. Die mittlere Produktion an organischer<br />
Masse ist 5,5 t/ha im Jahr, <strong>der</strong> Holzzuwachs 3 t/ha, in<br />
<strong>der</strong> südlichen Taiga dagegen bis 5 t/ha. Der größte jährliche<br />
Zuwachs wird im Norden von Waldbeständen erst im Alter<br />
von 60 Jahren erreicht, im Süden schon im Alter von 30 bis<br />
40 Jahren. Die Phytomasse <strong>der</strong> Baumschicht beträgt bei Kiefernwäl<strong>der</strong>n<br />
maximal 270 t/ha, die des Unterwuchses in alten<br />
Beständen bis zu 20 I7ha. Vergleichbare Angaben aus<br />
einem Kiefernwald Mittelschwedens sind in Abb. 264 zusammengestellt.<br />
Die Masse <strong>der</strong> während des Heranwachsens alter Bestände<br />
gebildeten Streu kann 1000 t/ha überschreiten; sie wird<br />
jedoch nicht aufgespeichert, son<strong>der</strong>n ständig abgebaut, bis<br />
ein Gleichgewicht zwischen Zugang <strong>und</strong> Abgang bei einer<br />
Zur Ökologie des Nadelwaldes 439<br />
o b e rird isc h e<br />
P h y to m a s s e<br />
120<br />
Abb. 264.<br />
Kohlenstoffvorräte (in Kästchen<br />
in ß C • m~^) <strong>und</strong> Kohlenstofjflüsse<br />
(Pfeile in ß C • m~^ • a~‘)<br />
in einem Kiefernwald in Mittelschweden.<br />
Der Mineralboden ist<br />
bis in 30 cm Tiefe einbezoßen.<br />
Pfeile zu den schwarzen Rechtecken:<br />
Atmunßsverluste. Blaue<br />
Linien kennzeichnen den Transport<br />
über abßestorbem Orßanismen<br />
o<strong>der</strong> über Ausscheidunßen.<br />
Werte in Klammern sind unsicher<br />
(aus Die rsse n 1996).
440 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Streuinasse von 50 t/ha erreicht ist. Nur bei <strong>der</strong> Tori'bildung<br />
wird organische Masse gespeichert. Unter solchen ur,günstigen<br />
Verhältnissen ist <strong>der</strong> jährliche Zuwachs an Trockenmasse<br />
<strong>der</strong> Baumschicht oft geringer als <strong>der</strong> <strong>der</strong> übrigen Schichten,<br />
zum Beispiel im krautigen Fichten-Sumpfwald bei <strong>der</strong><br />
Baumschicht 850 kg/ha (insgesamt 1906 kg/ha), im Kiefernhochmoor<br />
bei <strong>der</strong> Baumschicht 104 kg/ha (insgesamt<br />
1780 kg/ha). Der Blattflächenindex ist relativ hoch, da mindestens<br />
zwei Jahrgänge von Nadeln vorhanden sind (bei<br />
Kiefernwäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong> boreo-nemoralen Zone LAI = 9 bis 10,<br />
bei Fichtenwäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Taiga über 11).<br />
Die Nadelbäume besitzen stets eine ektotrophe Mycorrhiza,<br />
wodurch <strong>der</strong> Bereich des Wurzelsystems durch die Pilzhyphen<br />
stark erweitert wird. Auf diese Weise sind die in <strong>der</strong><br />
Rohhumusschicht enthaltenen Nährstoffe für die Bäume<br />
leichter zugänglich. Die Baumwurzelkonkurrenz ist für die<br />
Arten <strong>der</strong> Krautschicht sehr groß. Auf flachgründigen Gralnitböden<br />
können die Kiefern alles Wasser verbrauchen, so<br />
daß die Krautschicht ganz fehlt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Boden nur mit Flech-<br />
_ten bedeckt ist (Abb. 268). Unter diesen Umständen kann<br />
kein Kiefernjungwuchs aufkommen, obgleich die Lichtverhältnisse<br />
günstig sind. Er stellt sich nur dort ein, wo ein alter<br />
Baum abstirbt (Abb. 267, S. 443) <strong>und</strong> die Wurzelkonkurrenz<br />
fehlt. Bei größerer Bodenfeuchtigkeit macht sich die Wurzelkonkurrenz<br />
durch den Wettbewerb um den Stickstoff bemerkbar,<br />
den die Baumwurzeln aufnehmen, so daß sich nur<br />
äußerst anspruchslose Zwergsträucher (Vacciniwn myrlillus)<br />
halten können. Durchschneidet man jedoch die Baumwurzeln,<br />
um <strong>der</strong>en Konkurrenz auszuschalten, so stellen sich bei<br />
unverän<strong>der</strong>ten Lichtverhältnissen anspruchsvollere Arten<br />
ein, wie Oxalis acetosella o<strong>der</strong> sogar die nitrophile Himbeere<br />
(Rubus idaeus), die sonst nur auf Lichtungen auftritt, wo ebenfalls<br />
die Baumwurzelkonkurrenz fehlt. Es ist also oft nicht <strong>der</strong><br />
Lichtfaktor, <strong>der</strong> die Zusammensetzung <strong>der</strong> Krautschicht bestimmt,<br />
son<strong>der</strong>n die Menge <strong>der</strong> für die Kräuter zur Verfügung<br />
stehenden Nährstoffe (vgl. auch S. 46, 88).<br />
Über den Wasserhaushalt eines Fichtenwaldes in Schweden<br />
werden folgende Angaben gemacht:<br />
Von den Nie<strong>der</strong>schlägen geht ein großer Teil durch die<br />
Benetzung <strong>der</strong> Kronen verloren (Interzeption), <strong>und</strong> zwar<br />
sind es etwas über 50 % (bei den weniger dichten osteuropäischen<br />
Beständen sind es nur 30 %). Auch die Moos<strong>und</strong><br />
Streuschicht hält weiteres Wasser zurück, so daß nur<br />
etwa 1/3 <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schläge den Wurzeln zur Verfügung<br />
steht. Es waren in den Sommermonaten 90 mm, in den<br />
übrigen 202 mm, also zusammen 292 mm. Diese werden
fast restlos durch die Transpiration des 40jährigen Bestandes<br />
verbraucht. An feuchten Standorten werden sogar 378 mm<br />
durch Transpiration an die Atmosphäre abgegeben; aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> muß ein Teil <strong>der</strong> Wasserverfuste durch Entnahme<br />
aus dem Gr<strong>und</strong>wasser gedeckt werden.<br />
Die meisten ökophysiologischen Untersuchungen wurden<br />
in <strong>der</strong> Fichtenstufe <strong>der</strong> Alpen ausgeführt, doch dürften<br />
die Verhältnisse in <strong>der</strong> borealen Zone zumindest teilweise<br />
analog sein.<br />
Die rege Transpiration geht parallel mit einer entsprechend<br />
intensiven Photosynthese. Bei <strong>der</strong> Fichte kann man<br />
Sonnen- <strong>und</strong> Schattennadeln unterscheiden. Die Verhältnisse<br />
erinnern an die <strong>der</strong> Buche. Als Unterschied zu dieser beginnt<br />
die aktive Periode bei <strong>der</strong> immergrünen Fichte im<br />
Frühjahr sehr zeitig <strong>und</strong> geht im Herbst bis zum Auftreten<br />
vereinzelter Fröste weiter. Für den Reingewinn an Trockensubstanz<br />
sind die Jahreszeiten mit niedrigen Nachttemperaturen<br />
<strong>und</strong> somit geringen Atmungsverlusten beson<strong>der</strong>s günstig.<br />
Nach einer Frostnacht wird die Photosynthese<br />
allerdings vorübergehend gehemmt, doch erst nach Beginn<br />
<strong>der</strong> eigentlichen Kälteperiode verfällt die Fichte in eine Dauerruhe<br />
<strong>und</strong> assimiliert selbst an sonnigen Tagen nicht mehr.<br />
Zugleich sinkt aber auch die Atmung auf so niedrige Werte,<br />
daß sie kaum meßbar ist <strong>und</strong> keine wesentlichen Stoffverluste<br />
verursacht. In dieser Zeit verlieren die Nadeln ihre<br />
frische grüne Färbung <strong>und</strong> die Chloropiasten sind unter dem<br />
Mikroskop schwer erkennbar.<br />
Nach einer langen Kälteperiode braucht die Photosynthese<br />
im Frühjahr eine gewisse Anlaufzeit, bis sie wie<strong>der</strong> normal<br />
verläuft. Es muß zunächst <strong>der</strong> photosynthetische Apparat<br />
wie<strong>der</strong> aktiviert werden. Bei den Arven im Gebirge<br />
wurde festgestellt, daß junge Bäumchen unter Schnee mit<br />
grünen Nadeln überwintern <strong>und</strong> dann im Frühjahr bei<br />
höheren Temperaturen sofort mit <strong>der</strong> COj-Assimilation beginnen.<br />
Der Übergang zur Winterruhe ist mit einer Abhärtung<br />
verb<strong>und</strong>en, das heißt mit einer starken Zunahme <strong>der</strong> Frostresistenz<br />
(vgl. S. 326f.), Dieselben Vorgänge wie bei entlaubten<br />
Taubbäumen lassen sich bei den immergrünen Nadelbäumen<br />
<strong>der</strong> borealen Zone beobachten. Die Abhärtung ist<br />
noch viel eindeutiger. Während die Fichtennadeln im nicht<br />
abgehärteten Zustand im Herbst schon durch Fröste von<br />
-7 °C abgetötet werden, halten sie im Winter Temperaturen<br />
von fast -40 °C ohne Schaden aus. Sehr empfindlich schon<br />
gegen leichten Frost sind die ganz jungen Fichtentriebe im<br />
Frühjahr. Sie können durch Spätfröste geschädigt werden.<br />
Zur Ökologie des Nadelwaldes 441
442 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Die Frosthärte <strong>der</strong> Nadeln läßt sich auch künstlich verän<strong>der</strong>n,<br />
<strong>und</strong> zwar die Abhärtung durch Einwirkung tiefer<br />
Temperatur vor allem im Spätherbst <strong>und</strong> Frühjahr, die Enthärtung<br />
durch normale Zimmertemperatur insbeson<strong>der</strong>e im<br />
Dezember <strong>und</strong> Spätwinter. Die Abhärtung bedingt, daß<br />
Frostschäden bei Nadelhölzern am natürlichen Standort<br />
nicht beobachtet werden, selbst nicht in Sibirien bei Temperaturen<br />
unter -60 °C. Infolge <strong>der</strong> Winterruhe halten die Nadelbäume<br />
auch den polaren Winter bei völliger Dunkelheit<br />
aus. Die Anpassungsfähigkeit ist artspezifisch verschieden,<br />
was in <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong> einzelnen Arten zum Ausdruck<br />
kommt. Nur wenige Arten halten die extrem kontinentalen<br />
sibirischen Winter aus, die nadelabwerfende Lärche besser<br />
als die immergrünen Arten. Sicher sind auch innerhalb einer<br />
Art Unterschiede je nach <strong>der</strong> Provenienz vorhanden. Fichten<br />
aus den Alpen werden sich an<strong>der</strong>s verhalten als solche<br />
aus <strong>der</strong> nördlichen borealen Zone, Fichten von <strong>der</strong> oberen<br />
Baumgrenze an<strong>der</strong>s als solche tiefer Lagen. Schon die<br />
Baumform ist verschieden; je extremer die Bedingungen<br />
sind, desto spitzkroniger werden die Bäume, das heißt das<br />
Wachstum <strong>der</strong> Seitenzweige wird stärker gehemmt als das<br />
des Haupttriebes. Auch bei <strong>der</strong> Kiefer läßt sich im polaren<br />
Gebiet dasselbe feststellen.<br />
Ob nun diese Baumform durch Auslese von Mutanten<br />
zustande kommt, die weniger unter Schneebruchgefahr leiden,<br />
ist schwer zu sagen, denn dieselbe Erscheinung wird bei<br />
<strong>der</strong> Tanne in Albanien an <strong>der</strong> unteren, das heißt <strong>der</strong><br />
Trockengrenze beobachtet, wo Schneebruchgefahr nicht besteht;<br />
es scheint vielmehr, daß bei allgemein ungünstigen<br />
Bedingungen die Hemmung <strong>der</strong> Seitenzweige früher eintritt<br />
als beim Haupttrieb (unter ungünstigen Lichtverhältnissen<br />
ist es umgekehrt). In Utah (N-Amerika) besaßen zum. Beispiel<br />
Picea, Abies <strong>und</strong> Pseudotsuga an trockenen Hängen extrem<br />
spitze Kronen, auf dem Talboden dagegen stumpfe bei<br />
gleicher Schneebruchgefahr.<br />
Ein weiteres Phänomen muß hier noch erwähnt werden;<br />
die Regenerationsw ellen. An Nadelwäl<strong>der</strong>n in Japaii hat<br />
Abb. 265.<br />
Schematisches Transekt durch einen<br />
Abies halsamea-Wald (Maine,<br />
NE-USA), <strong>der</strong> eine Regenerationswelle<br />
aufweist, wie dies<br />
auch als Shimagare-Phänomen<br />
(s. Abb. 266) aus Japan bekannt<br />
ist (nach Sprugel 1976, aus<br />
B urrows 1990).<br />
1<br />
Die Sibirische Taiga 443<br />
Abb. 266.<br />
Abies veitchii-Wald am Shimagare-Hang<br />
(Japan. Alpen) mit<br />
einer Absterbewelle. Links beginnt<br />
eine Regenerationswelle<br />
(phot. S.-W. <strong>Breckle</strong>).<br />
man schon lange beobachtet, daß breite Streifen abgestorbener<br />
Bäume allmählich weiter wan<strong>der</strong>n <strong>und</strong> durch eine neue<br />
Welle von nahezu gleichaltrigem Jungwuchs ersetzt werden.<br />
Dieses sogenannte Shim agare-Phänom en (Abb. 265 <strong>und</strong><br />
266) kommt nur in monospezifischen Wäl<strong>der</strong>n mit einer nahezu<br />
gleichaltrigen Altersstruktur <strong>der</strong> Bäume zustande, die<br />
meist als natürliche Monokultur sehr dicht aufwachsen.<br />
Dieses natürliche W aldsterben setzt nicht nur bestimmte,<br />
wenn auch seltene Ereignisse voraus (Stürme, Feuerstreifen),<br />
die zu einer Synchronisierung <strong>der</strong> Altersjahrgänge beitragen,<br />
son<strong>der</strong>n es ist auch ein Beispiel räumlicher Selbstorganisation,<br />
wobei gleichaltrige Kohorten von Bäumen<br />
synchron absterben <strong>und</strong> Jungwuchs synchron nachfolgt<br />
(Mueller-D ombois 1987, J eltsch 1992).<br />
5 Die Sibirische Taiga<br />
Im ganzen eurasiatischen Taigagebiet<br />
kommt die Kiefer (Pinus sylvestris)<br />
vor, von <strong>der</strong> man viele<br />
Formen unterscheidet. Sie bildet<br />
aber keine zonale <strong>Vegetation</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n füllt nur Lücken aus,<br />
zum Beispiel auf Brandflächen,<br />
auf armen Sandböden <strong>und</strong> auf<br />
Moorböden. Vielmehr tritt oft<br />
dominant Picea obovata auf, die<br />
mit <strong>der</strong> europäischen P. abies<br />
nahe verwandt ist. Zusammen<br />
mit <strong>der</strong> Zirbelkiefer {Pinus sibirica,<br />
Abb. 267.<br />
Kiefern-Fichten-Taiga, südlich<br />
von St. Petersburg, mit großen<br />
Windwürfen <strong>und</strong> dadurch hochstehenden<br />
Wurzeltellern (zum<br />
Größenvergleich: Prof Okmir<br />
Agachanjanz). ln <strong>der</strong> Krautschicht<br />
dominieren Vaccinium-<br />
Arten, tiefere Stellen sind<br />
vermoort, es sind kleine Sphagnum-Senken<br />
(phot. S.-W.<br />
B r e c k l e ) .
444 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 268.<br />
Trockener Flechten-KiefernwaU<br />
in Mittelnorwegen bei Grimsdalen<br />
(i30 mm Jahresnie<strong>der</strong>schlag).<br />
Die Krautschicht besteht<br />
fast ausschließlich aus einem<br />
dichten bis 25 cm hohen Teppich<br />
aus Strauchflechten (Cetraria,<br />
Cladonia. Alectoria etc.) (phot.<br />
S.-W. B r e c k l e ) .<br />
-w ■^<br />
■•ai -4i fM'<br />
Abb. 269.<br />
Ursprüngliche Kiefern-Birken-<br />
Taiga zwischen Irkutsk <strong>und</strong> Kultuk,<br />
mit Rhododendron dahuricum<br />
<strong>und</strong> Ledum palustre in <strong>der</strong><br />
niedrigen Strauchschicht (phot.<br />
U. Kull).
Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens 445<br />
nahe mit <strong>der</strong> alpinen P. cembra verwandt) <strong>und</strong> mit Abies sibirica<br />
bildet sie die Dunkle Taiga. Reinbestände von Abies sibirica<br />
kommen aber ebenfalls vor, sie werden als Schwarze<br />
o<strong>der</strong> Finstere Taiga bezeichnet. Umgekehrt tritt im extrem<br />
kontinentalen Ostsibirien Larix gmelinii (= L. dahurica) in<br />
Reinbeständen auf, sie bildet die Lichte Taiga. Alle diese<br />
Taigatypen enthalten in <strong>der</strong> mehr nördlichen Zone auch Larbcsibirica,<br />
die in Westsibirien die polare Baumgrenze bildet,<br />
ln Ostsibirien tritt an ihre Stelle L, gmelinii. Aber auch in <strong>der</strong><br />
Sibirischen Taiga tritt an offenen Stellen immer wie<strong>der</strong> die<br />
Birke auf (Abb. 269). Sie bildet nicht nur Pionierübergangsstadien<br />
auf Brand- o<strong>der</strong> Sturmflächen, son<strong>der</strong>n sie hält sich<br />
auch lange in ungestörten Beständen.<br />
5 Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens<br />
mit Thermokarsterscheinungen<br />
Die schattigen Nadelwäl<strong>der</strong> W-Sibiriens mit Picea obovata,<br />
Abies sibirica <strong>und</strong> Pinus sibirica (Dunkle Taiga) unterscheiden<br />
sich wesentlich von den sehr hellen Wäl<strong>der</strong>n <strong>der</strong> nadelwerfenden<br />
Larix gmelinii (Lichte Taiga) in Ostsibirien. Es<br />
handelt sich um ein riesiges Subzonobiom mit extrem kontinentalem<br />
borealem Klima (absolute Temperaturschwankung<br />
im Jahr bis 100 K), das aus den Klimadiagrammen auf<br />
Abb. 270 zu erkennen ist. In Nordamerika ist ein ähnliches<br />
begrenztes, aber etwas weniger extremes Klimagebiet um<br />
Fort Yukon (Alaska) vorhanden (Abb. 282).<br />
Die Nie<strong>der</strong>schläge in diesem Gebiet sind sehr gering (unter<br />
250 mm); das wird jedoch durch die langsam auftauende<br />
obere Bodenschicht kompensiert. Die Wurzeln nehmen<br />
das Schmelzwasser auf, so daß ein Wald wachsen kann. Die<br />
Lärchenwäl<strong>der</strong> haben meistens einen Zwergstrauchunterwuchs<br />
aus Vaccinium uliginosum, Arctous alpina, auf trockenen<br />
Jakutsk (102 m)<br />
[39 - 35]<br />
-10.4“ 187<br />
O im ekon (800 m)<br />
[7-5]<br />
-16,3° 131<br />
^ Bei tiefen Jahresmitteltemperaturen<br />
von<br />
-10 °C ist <strong>der</strong> Boden in<br />
E-Sibirien dauernd bis in<br />
Tiefen von 250 bis 400 m<br />
gefroren: es ist ein Permafrostboden.<br />
In den relativ<br />
warmen Sommern<br />
tauen nur die oberen 10<br />
bis 50 cm auf, bei gut dränierten<br />
Böden höchstens<br />
100 bis 150 cm.<br />
Abb. 270.<br />
Klimadiagramme aus dem extrem<br />
kalt-kontinentalen Gebiet<br />
Ostsibiriens. Oimekon ist <strong>der</strong><br />
Kältepol <strong>der</strong> Nordhemisphäre.
446 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 271.<br />
Waldt<strong>und</strong>ra im Tscherski-Gebirgsland<br />
(Ostsibirien): Lärchenwald<br />
(Larix dahurica) am<br />
Hang, im Kältetal Moost<strong>und</strong>ra<br />
mit Zwergbirke (Betula exilis)<br />
<strong>und</strong> Rhododendron parvißorum<br />
(phot. V N . P a v l o f ) .<br />
\<br />
Böden Vaccinium vitis-idaea, Dryas crenulata, auf feuchten Böden<br />
Ledum palustre <strong>und</strong> auf sehr trockenen nur eine Bodenschicht<br />
aus Flechten.<br />
Weiter im Norden gehen die lichten Wäl<strong>der</strong> in offene<br />
Baumfluren (Redkolesje) über <strong>und</strong> dann in eine Zwergstraucht<strong>und</strong>ra<br />
mit Betula exilis (kniehoch) <strong>und</strong> Rhododendron<br />
parviflorum (Abb. 271).<br />
Beson<strong>der</strong>s beeindruckend sind hier die Ausmaße <strong>der</strong><br />
Thermokarsterscheinungen im kältesten Teil <strong>der</strong> Nordhalbkugel.<br />
Über den Thermokarst schreibt Frenzel:<br />
„Der Permafrost Sibiriens, vermutlich auch Alaskas, entstand<br />
seit dem frühen Eiszeitalter. Jede Eiszeit trug zu<br />
seiner Ausbreitung bei, in den Warmzeiten wurden hingegen<br />
sein Areal <strong>und</strong> seine Mächtigkeit reduziert. Jedoch<br />
auch die warmzeitlichen Klimate sind in diesen<br />
Landschaften <strong>der</strong> Neubildung des Permafrostes günstig,<br />
wenn auch die Mächtigkeit des jahreszeitlichen Auftaiibodens<br />
größer als während <strong>der</strong> Kalt- o<strong>der</strong> Eiszeit ist;<br />
Vergehen <strong>und</strong> Entstehen des Permafrostes gehen Pfand<br />
in Hand. Diese Prozesse werden beson<strong>der</strong>s auf feinkörnigen<br />
Sedimentgesteinen ökologisch <strong>und</strong> geomorphologisch<br />
wirksam".<br />
Während <strong>der</strong> Eiszeiten wurden auf weiten Flächen <strong>der</strong><br />
damaligen extrem winterkalten Klimazone Löße (als äolisches<br />
Sediment) <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Derivate gebildet. In den heutigen<br />
hochkontinentalen Klimaten <strong>der</strong> borealen Nadelwald-
Zone sind sie bis zu 80 Volumenprozent mit Eis des Permafrostes<br />
erfüllt. Lokale Störungen <strong>der</strong> Strahlungsbilanz<br />
<strong>und</strong> des Wärmeflusses zwischen Atmosphäre <strong>und</strong> Boden,<br />
etwa durch die pro Gebiet ungefähr alle 180 bis 240 Jahre<br />
auftretenden natürlichen Waldbrände, durch Flußerosion<br />
etc., führen zunächst zu einer Mächtigkeitszunahme des<br />
sommerlichen Auftaubodens. Da das Gestein vorher weitaus<br />
an Eis übersättigt gewesen war, kommt es nun auf geneigten<br />
Landoberflächen zum Abgleiten dieser Schicht. Der Boden<br />
wird förmlich aufgezehrt, weshalb in Sibirien von <strong>der</strong> „Jedom"-Serie<br />
(Yedoma) gesprochen wird, also den (russisch)<br />
„zerfressenden" Lockergesteinen. Durch das verstärkte<br />
sommerliche Auftauen des Oberbodens hat sich somit eine<br />
Volumenabnahme ereignet. Sie wird allgemein als Thermokarst<br />
bezeichnet (Abb. 272). Auf horizontalen Flächen<br />
sackt beim Entstehen des Thermokarsts <strong>der</strong> Boden in sich<br />
zusammen: Es entstehen bis mehrere Kilometer große, abflußlose<br />
Senken, die sogenannten „Alasse", in denen durch<br />
Steigen des Gr<strong>und</strong>wassers <strong>der</strong> etwa vorher vorhandene<br />
Wald ertränkt wird (Abb. 273). Diese Erscheinungen sind<br />
schon von den Reisenden, die in <strong>der</strong> Mitte des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Sibirien durchstreift hatten, beschrieben worden, ein<br />
klares Zeichen dafür, daß es sich bei <strong>der</strong> Alassbildung um<br />
natürliche Prozesse handelt, <strong>der</strong>en Beginn heute bis an das<br />
Ende des Spätglazials (etwa 12 000 bis 10 000 vor heule)<br />
zurückverfolgt werden kann. Gegenwärtig wird die Alassbildung<br />
durch Rodungen <strong>und</strong> Bautätigkeit verstärkt.<br />
Alasse treten beson<strong>der</strong>s häufig in <strong>der</strong> unter einem hochkontinentalen<br />
Klima stehenden Viljuij-Senke <strong>und</strong> in ihren<br />
Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens 447<br />
1<br />
Abb. 272.<br />
Durch Thermokarst bedingte<br />
Zerstörung des Larve dahurica-<br />
Waldes am Fluß Aldan. Die<br />
obersten 5-8 m des Bodens, auf<br />
dem Wald steht, tauen auf, <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> wasserübersättigte Schlamm<br />
transportiert die umgestürzten<br />
Bäume zum Fluß (phot. B.<br />
F r e n z e l ) .
448 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 273.<br />
Ein entstehen<strong>der</strong> Alass in <strong>der</strong><br />
Lärchentaiga Zentraljakutiens.<br />
Durch Auftauen <strong>der</strong> obersten<br />
15-20 m des Permafrostes ist <strong>der</strong><br />
Boden um denselben Betrag eingesunken.<br />
Die Abflußlosigkeit<br />
des Beckens führt zum Ertränken<br />
des Larix dahurica-Waldes<br />
(phot. B. Frenzel).<br />
Abb. 274.<br />
Ein Bulgunnjach in einem von<br />
natürlichen Wiesengesellschaften<br />
eingenommenen Alass Zentraljakutiens.<br />
Die Hänge des bereits<br />
wie<strong>der</strong> zerspaltenen <strong>und</strong> damit<br />
zerfallenden Pingos werden von<br />
einer Grassteppenvegetation eingenommen,<br />
Kuppe noch bewaldet<br />
(phot. B. F r e n z e l ) .<br />
Randgebieten Zentral- <strong>und</strong> Ostjakutiens auf. Sind die Masse<br />
zunächst in <strong>der</strong> Regel in ihrem Zentrum wassererfüllt, so<br />
bieten die steilen, bis 50 m hohen Rän<strong>der</strong> infolge verbesserter<br />
natürlicher Dränage <strong>und</strong> verstärkter Einstrahlung sehr<br />
bunten Steppengesellschaften geeignete Ansatzpunkte (1/3<br />
<strong>der</strong> etwa 900 Arten Höherer Pflanzen Jakutiens gehören in<br />
<strong>der</strong>artige Pflanzengemeinschaften, <strong>der</strong>en Gesamtfläche nur<br />
wenige Prozent des Landes ausmacht).<br />
Geht die Absenkung <strong>der</strong> Böden <strong>der</strong> Alasse langsam vonstatten<br />
<strong>und</strong> sammelt sich nicht zu viel Wasser an, dann treten<br />
dort an die Stelle <strong>der</strong> zu Gr<strong>und</strong>e gegangenen Lärcheno<strong>der</strong><br />
Kiefernwäl<strong>der</strong> natürliche Wiesengesellschaften, die
heute für die dortige Viehzucht bedeutungsvoll sind. Ihre<br />
Artengarnitur verweist oft auf versalzte Standorte.<br />
Alass-Seen können verlanden. Hiermit wird erneut <strong>der</strong><br />
Wärmefluß geän<strong>der</strong>t, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Permafrost breitet sich aus.<br />
Da jetzt aber in den Alassen sehr viel Wasser vorhanden ist,<br />
bilden sich in ihnen große, eiskernerfüllte Hügel, die „Bulgunnjachi"<br />
o<strong>der</strong> Pingos (Abb. 274). Sie wachsen so lange<br />
in die Höhe, bis die sommerliche Einstrahlung das Bestehen<br />
ihrer Eiskerne verhin<strong>der</strong>t, o<strong>der</strong> bis sie infolge ihres Hochwachsens<br />
aufreißen <strong>und</strong> die sommerliche Wärme tief in die<br />
Bulgunnjachi einwirken kann <strong>und</strong> zu ihrem Zerfall führt.<br />
Derartige Hügel haben eine Lebensdauer von einigen Jahrzehnten<br />
bis zu maximal wenigen Jahrtausenden. Stets aber<br />
gilt, daß auch sie zur Erhöhung <strong>der</strong> Biotopmannigfaltigkeit<br />
beitragen, da ihre steilen Hänge oft wegen <strong>der</strong> guten Dränage<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> erhöhten Insolation bunten Steppengesellschaften<br />
reichlich Ansatzpunkte geben.<br />
Das Auftreten von Steppengesellschaften ist in Jakutien<br />
für alle trockenen <strong>und</strong> im Sommer sehr warmen, steilen<br />
Südhänge bezeichnend, zum Beispiel an den zu den großen<br />
Flüssen abfallenden Flanken (Abb. 275 <strong>und</strong> 276).<br />
Ganz allgemein ist das Klima Jakutiens mindestens als semiarid<br />
zu bezeichnen. Das geht deutlich aus dem Klimadiagramm<br />
auf Abb. 270 hervor, das heißt die potentielle Evaporation<br />
ist auch auf Euklimatopen höher als die geringen<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schläge.<br />
In Übereinstimmung damit findet man in den Lärchenwäl<strong>der</strong>n<br />
baumfreie Stellen - die „Tscharany" (Charani) -<br />
auf denen durch die starke Verdunstung eine Salzanreiche-<br />
Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens 449<br />
_ Das Permafrostgebiet,<br />
in dem alles Leben <strong>der</strong><br />
winterlichen Kälte wegen<br />
so stark reduziert zu sein<br />
scheint, ist voller Dynamik.<br />
Abb. 275.<br />
Gras- <strong>und</strong> Kräutersteppe auf<br />
südexponierten Ufern des Aldan<br />
(Zentraljakutien). Die feinkörnigen<br />
eiszeitlichen Sedimente sind<br />
bis zu 80 Volumprozent mit Eis<br />
des Permafrostes erfüllt, beson<strong>der</strong>s<br />
in den großen polygonalen<br />
Eiskeilsystemen. Beim Anschneiden<br />
durch den Fluß schmilzt<br />
zunächst das reinere Eis <strong>der</strong> Eiskeile.<br />
In ihnen siedelt sich, von<br />
den Hochflächen ausgehend,<br />
wegen <strong>der</strong> jetzt verbesserten<br />
Wasserführung Wald an. Der<br />
trockenere Mineralboden zwischen<br />
den Eiskeilett wird aber<br />
am Oberhang von Grassteppen,<br />
am Mittel- <strong>und</strong> Unterhang von<br />
Kräutersteppen (vgl. Abb. 276)<br />
eingenommen, die auf dem<br />
schmelzenden Untergr<strong>und</strong> abgleiten<br />
(phot. B . F r e n z e i ) .
450 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 276.<br />
Kräutersteppe auf dem nach Süden<br />
gewandten Hang eines kleinen<br />
Nebentälchens <strong>der</strong> Lena in<br />
<strong>der</strong> alles beherrschenden Pinus<br />
silvestris-Taiga. Die kerzenförmigen<br />
Blutenstände <strong>der</strong> Orostachys<br />
spinulosa (Crassulaceae), dichte<br />
Fruchtstände von Alyssum sp.<br />
(unten rechts) <strong>und</strong> die nicht abgebildete<br />
Ephedra monosperma<br />
charakterisieren den Bestand.<br />
Dieser Steppentyp gedeiht auf<br />
Dauerfrost (phot. B. F r e n z e l ) .<br />
rung stattfindet. Auf solchen verbrackten, solonzierten Böden<br />
wachsen Salzpflanzen, die auch an Meeresküsten Vorkommen,<br />
wie Atriplex litoralis, Spergularia marina <strong>und</strong> Salicornia<br />
europaea, auf nassen Salzböden auch die Gräser<br />
Puccinellia tenuißora <strong>und</strong> Hordeum brevisubulatum (<strong>Walter</strong><br />
1974).<br />
Da im hohen Norden die steilen Südhänge von den<br />
Strahlen <strong>der</strong> tiefstehenden Sonne mittags senkrecht getroffen<br />
werden, können einzelne Steppenarten sogar noch auf<br />
<strong>der</strong> Insel Wrangel (71°N) wachsen (Yurtsev 1981). Folgende<br />
typische Arten werden angeführt: Ephedra monostachya, Stipa<br />
krylovii, Koeleria cristata. Festuca spp. u. a. Gräser, PulsatiUa<br />
spp., Potentilla spp., Astragalus <strong>und</strong> Oxytropis spp., Linum perenne,<br />
Verónica incana, Galium verum, Artemisia frígida, Leontopodium<br />
campestre, Aster alpinus (für sibirische Steppen typisch)<br />
u. a.<br />
Diese Steppeninseln kommen heute extrazonal an warmen<br />
Südhängen vor. Sie sind Relikte von zonalen Steppen<br />
<strong>der</strong> Glazialzeiten, als das Klima noch ausgeprägter kontinental<br />
war. Damals kamen von <strong>der</strong> riesigen Eiskuppe im Sommer<br />
föhnartige sich stark erwärmende Fallwinde, die nach<br />
Osten abgelenkt über die eisfreien periglazialen Flächen<br />
wehten <strong>und</strong> die mächtigen Lößschichten ablagerten. Die<br />
Sommer waren offensichtlich so heiß, daß sich im Löß große<br />
Trockenrisse bildeten, in denen es durch den Permafrost zur<br />
Reifbildung <strong>und</strong> Ausfüllung mit Eis kam (Jedome-Serie).<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> neueren russischen Untersuchungen muß<br />
man annehmen, daß während <strong>der</strong> Glazialzeit solche periglaziale<br />
Steppen sich zonal über ganz Eurasien <strong>und</strong> Nordameri
ka zogen <strong>und</strong> eine reiche Steppenfauna ermöglichten mit<br />
Steppennagern, Antilopen, Wildpferden bis zum Wolligen<br />
Nashorn <strong>und</strong> Mammut. Und erst mit dem Auftreten des<br />
Menschen verschwanden die Großsäuger.<br />
Die T<strong>und</strong>ravegetation war wohl nur an moorige <strong>und</strong><br />
sumpfige Stellen um Seen herum, also als Pedobiome an die<br />
tieferen Stellen des Relief geb<strong>und</strong>en. Das häufige Vorkommen<br />
von Ephedra- <strong>und</strong> Artemisia-VoWen in den Pollenspektren<br />
<strong>der</strong> Torfproben aus <strong>der</strong> Glazialzeit beweist, daß ringsherum<br />
Steppen mit diesen Arten wuchsen, Kältesteppen,<br />
wie man sie heute nur an wenigen Stellen, vor allem in Jakutien<br />
findet.<br />
Erst als in <strong>der</strong> Postglazialzeit das Eis abschmolz, <strong>der</strong> Meeresspiegel<br />
anstieg, das Eismeer entstand, die Landverbindung<br />
zwischen Ostasien <strong>und</strong> Alaska unterbrochen wurde,<br />
<strong>der</strong> Golfstrom im Nordatlantik warmes Wasser dem Eismeer<br />
zuführte, än<strong>der</strong>te sich die gesamte Luftzirkulation. Die von<br />
den Aleuten einerseits <strong>und</strong> von Island an<strong>der</strong>erseits westwärts<br />
wan<strong>der</strong>nden Luftfronten gestalteten das Klima <strong>der</strong><br />
nördlichen Breiten um, es wurde humid <strong>und</strong> an den Westflanken<br />
<strong>der</strong> Landmassen stark ozeanisch getönt. Im nördlichen<br />
Teil <strong>der</strong> früheren periglazialen Steppen breitete sich<br />
nun die T<strong>und</strong>ravegetation aus <strong>und</strong> eroberte auch die eisfrei<br />
gewordenen Flächen, ihr folgte von den Refugien ausgehend<br />
die Waldvegetation, bis die T<strong>und</strong>ra- <strong>und</strong> Waldzone die<br />
heutige Lage einnahmen.<br />
Die periglaziale Steppenvegetation zog sich in das aride<br />
Gebiet <strong>der</strong> heutigen kontinentalen Steppen zurück <strong>und</strong> mit<br />
ihr auch die entsprechende Fauna. Aber die Tierarten, die<br />
nicht mit den Verän<strong>der</strong>ungen Schritt halten konnten, vielleicht<br />
auch durch das Auftreten des Menschen, starben aus.<br />
Das waren gerade die größten Formen wie Mammut, Wolliges<br />
Nashorn, Riesenhirsch u.a. (vgl. W alter Er B reckle<br />
1991).<br />
Diese Ausführungen sollen andeuten, daß die heutige zonale<br />
T<strong>und</strong>ravegetation, aber auch die boreale Nadelwaldzone<br />
mit den vielen Mooren-in <strong>der</strong> jetzigen Form junge Neubildungen<br />
sind. Auch Hochmoore hat es früher<br />
wahrscheinlich nicht gegeben. Gewisse Relikte <strong>der</strong> periglazialen<br />
Steppen findet man in Mittelrußland an Kreidefelsen.<br />
Auch Carex humilis mit seinem verstreuten Vorkommen in<br />
den Steppenheiden gilt als periglaziales Relikt. In den Alpenmatten<br />
wachsen viele Arten, die genetisch zu typischen<br />
Steppengattungen gehören, wie Astragalus, Oxytropis, Potentilla,<br />
Pulsatilla, Festuca, Avena s. 1., insbeson<strong>der</strong>e auch Artemisia,<br />
das Edelweiß (Leontopodium) <strong>und</strong> Aster alpinus.<br />
Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong> Ostsibiriens 451
452 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
7 Orobiom VIII - Gebirgst<strong>und</strong>ra<br />
fJH<br />
, / '<br />
Die Höhenstufenfolge ist in diesen nördlichen Breiten des<br />
ZB VIII sehr kurz. Schon in geringer Höhe ist die Waldgrenze<br />
erreicht, je nach geographischer Lage durch Picea, Pinussibirica<br />
o<strong>der</strong> Larix gebildet. Darüber in <strong>der</strong> alpinen Stufe findet<br />
man jedoch keine typische T<strong>und</strong>ra, son<strong>der</strong>n eine Gebirgst<strong>und</strong>ra<br />
(S t a n j u k o v it s c h 1973).<br />
In den Alpen fällt <strong>der</strong> erste Schnee auf noch nicht gefrorenen<br />
Boden <strong>und</strong> die Temperatur am Boden liegt unter einer<br />
mächtigen Schneedecke den ganzen Winter hindurch<br />
um 0 °C. Die ausdauernden Kräuter sind deshalb we<strong>der</strong> tiefen<br />
Frösten noch einer Frosttrocknis ausgesetzt <strong>und</strong> die <strong>Vegetation</strong><br />
besteht aus dichten Alpenmatten.<br />
An<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Gebirgst<strong>und</strong>ra: Der Schnee fällt auf schon<br />
gefrorenen Boden, die Schneedecke ist dünn <strong>und</strong> wird von<br />
den Gipfeln abgeblasen. Es herrscht Permafrost, den es in<br />
den Alpen nicht gibt. Die Winterstürme sind sehr stark, die<br />
Frostverwitterung ist sehr intensiv; <strong>der</strong> Schutt bewegt sich<br />
langsam abwärts (S o liflu k tio n ), <strong>und</strong> die Feinerde wird ausgeblasen.<br />
Das alles führt dazu, daß die Berggipfel in <strong>der</strong> Gebirgst<strong>und</strong>ra<br />
kahl sind <strong>und</strong> als „G o lzy" bezeichnet werden<br />
(russ. golyj = kahl). Sie sind nur von Flechten <strong>und</strong> wenigen<br />
Moosen bedeckt sowie vereinzelten Zwergsträuchern zwischen<br />
den Felsen. Die Verhältnisse erinnern an die windgefegten<br />
Grate <strong>der</strong> Alpen mit Loiseleuria <strong>und</strong> denselben Flechten<br />
(s. S. 376).<br />
Etwas günstiger sind die Verhältnisse in <strong>der</strong> subalpinen<br />
o<strong>der</strong> „Podgolez"-Stufe, wo <strong>der</strong> abgewehte Schnee sich anreichern<br />
kann. Die Gebirgst<strong>und</strong>ra findet man im kontinentalen<br />
Klimabereich nach Süden bis 50° N, selbst noch im<br />
Altai. Im ozeanischen Gebiet <strong>der</strong> borealen Zone (Skandinavien,<br />
Kamchatka) fehlt die Gebirgst<strong>und</strong>ra, <strong>und</strong> die alpine<br />
Stufe erinnert etwas mehr an die Verhältnisse in den Alpen.<br />
Die Winter sind sehr schneereich. Die Waldgrenze wird von<br />
Birken (Betula spp.) gebildet.<br />
8 Moortypen <strong>der</strong> borealen Zone (Peinohelobiome)<br />
Das Klima <strong>der</strong> borealen Zone,ist humid, das heißt die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
übertreffen die potentielle Evaporation, die Wasserbilanz<br />
ist also positiv. Wenn <strong>der</strong> Abfluß des überschüssigen<br />
Wassers zu den Flüssen erschwert ist, steigt <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>wasserspiegel an <strong>und</strong> es kommt zur Vermoorung. Da<br />
die Böden in <strong>der</strong> borealen Zone arm <strong>und</strong> sauer sind (Podsole),<br />
hat auch das Gr<strong>und</strong>wasser eine saure Reaktion <strong>und</strong> ent-
Moortypen <strong>der</strong> borealen Zone (Peinohelobiome) 453<br />
hält nur wenige mineralische Bestandteile. Meist ist das<br />
Gr<strong>und</strong>wasser durch Humussole braun gefärbt. Nur bei anstehendem<br />
Kalkstein sind die Verhältnisse an<strong>der</strong>s. Da weite<br />
Gebiete <strong>der</strong> borealen Zone sowohl in Eurosibirien als auch<br />
in N-Amerika sehr eben sind, ist <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel<br />
hoch. Solange er den größten Teil des Jahres mehr als 50 cm<br />
unter <strong>der</strong> Bodenoberfläche bleibt, ist Baumwuchs möglich,<br />
sonst wird er gehemmt <strong>und</strong> die Wäl<strong>der</strong> gehen in Moore<br />
über.<br />
ln Teilregionen Finnlands entfallen auf die Moore über _ _ Ausgedehnte Flächen<br />
40 %, zum Teil sogar über 60 % <strong>der</strong> Gesamtfläche. Dasselbe sind in <strong>der</strong> borealen Zone<br />
gilt für die boreale Zone E-Europas <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e W-Si- nicht durch die zonale <strong>Vegetation</strong><br />
<strong>der</strong> Nadelwäl<strong>der</strong><br />
biriens, das bis auf die flußnahen Teile ganz von Mooren bedeckt<br />
ist. Ähnliche Verhältnisse finden wir teilweise in eingenommen, son<strong>der</strong>n<br />
durch Moore.<br />
Kamchatka, Alaska sowie Labrador <strong>und</strong> in den Gebieten<br />
südlich <strong>der</strong> Hudson Bay. Es ist deshalb notwendig, im An- /<br />
Schluß an die Nadelwäl<strong>der</strong> auch das PedobiOTo<strong>der</strong>Moore<br />
behandeln. Oft ist die Grenze zwischen Naaeivvala <strong>und</strong><br />
Moor schwer zu ziehen. Die bereits erwähnten Fichtenwäl<strong>der</strong><br />
mit Polytrichum <strong>und</strong> Sphagnum weisen schon starke Torfbildung<br />
auf (Abb. 267, S. 443).<br />
Unter Mooren versteht man im geologischen Sinne eine<br />
Lagerstätte von Torf mit einer Mächtigkeit von mindestens<br />
20 bis 30 cm. Ist die Torfschicht geringer o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gehalt an<br />
verbrennbarer Substanz nur 15 bis 30 %, so spricht man von<br />
Anmooren. Im ökologischen Sinne sind Moore bestimmte<br />
Lebensgemeinschaften, die an hohes Gr<strong>und</strong>wasser geb<strong>und</strong>en<br />
sind, unabhängig von <strong>der</strong> Mächtigkeit <strong>der</strong> Torfschicht,<br />
auf <strong>der</strong> sie wachsen. Bei <strong>der</strong> schlechten Durchlüftung des<br />
Bodens wurzeln die Moorpflanzen sehr flach, so daß für sie<br />
nur die Beschaffenheit <strong>der</strong> obersten Torfschichten von Bedeutung<br />
ist.<br />
Es lassen sich folgende Moortypen unterscheiden:<br />
1. Top ogene M o o re , die an einen sehr hohen Gr<strong>und</strong>wasserspiegel<br />
geb<strong>und</strong>en sind <strong>und</strong> deshalb die tiefsten Teile<br />
des Reliefs einnehmen o<strong>der</strong> dort auftreten, wo Quellwasser<br />
austritt. Hierher gehören die Nie<strong>der</strong>moore (engl. Fen)<br />
verschiedenster Art.<br />
2. O m b ro g ene M o o re , die ausschließlich durch das auf die<br />
Oberfläche fallende Nie<strong>der</strong>schlagswasser vernäßt werden<br />
<strong>und</strong> sich über die Umgebung erheben. Es sind Hochmoore<br />
(engl, raised bogs).<br />
3. S oligene M o o re , die ebenfalls durch die Nie<strong>der</strong>schläge<br />
vernäßt werden, sich jedoch nicht über die Umgebung<br />
erheben <strong>und</strong> zusätzlich von Wasser überrieselt werden,<br />
das von den Hängen bei <strong>der</strong> Schneeschmelze abfließt.<br />
_ ^ Nach Herkunft <strong>und</strong><br />
Beschaffenheit des Wassers<br />
im Moorboden können<br />
topogene, ombrogene<br />
<strong>und</strong> soligene Moore<br />
unterschieden werden.
454 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Die nährstoffarmen,<br />
das heißt oligotrophen<br />
Moore, die man nur im<br />
kühlen bis kalten humiden<br />
Klima findet, sind<br />
Peinohelobiome. Nach<br />
ihrem Aufbau <strong>und</strong> ihrer<br />
Topographie kann man<br />
mehrere an bestimmte<br />
klimatische Verhältnisse<br />
geb<strong>und</strong>ene Typen unterscheiden<br />
(Abb. 277);<br />
Deckenmoore - Hochmoore<br />
- Aapamoore -<br />
Palsenmoore.<br />
Abb. 277.<br />
Verbreitungsgebiet <strong>der</strong> Moortypeit<br />
in N-Eiiropa (nach W a l t e r<br />
¡990). 1 Palsenmoore: 2 Aapamoore:<br />
3 typische Hochmoore:<br />
4 Deckenmoore: 5 Waldhochmoore:<br />
6 Moore <strong>der</strong> Gebirge.<br />
Weiße Flächen <strong>der</strong> südliehen<br />
Gebiete mit vorwiegend topogenen<br />
Mooren.<br />
Das Gr<strong>und</strong>wasser <strong>der</strong> topogenen Moore kann viele mineralische<br />
Stoffe enthalten <strong>und</strong> nährstoffreich sein. Solche Moore<br />
sind deshalb eutroph o<strong>der</strong> minerotroph. Das Regenwasser<br />
ist dagegen sehr rein <strong>und</strong> nährstolTarm; deswegen sind die<br />
ombrogenen Moore oligotroph o<strong>der</strong> ombrotroph. Das Rieselwasser,<br />
das die soligenen Moore erhalten, ist, wenn es<br />
sich nicht nur um Schmelzwasser handelt, wie<strong>der</strong> nährstoffreicher;<br />
diese Moore sind deswegen meist minerotroph,<br />
sonst oligotroph.<br />
In <strong>der</strong> borealen Zone ist das Gr<strong>und</strong>wasser mineralsalzarm,<br />
so daß es schwer ist, zwischen Nie<strong>der</strong>mooren <strong>und</strong><br />
Hochmooren zu unterscheiden; man spricht häufig von mesotrophen<br />
Übergangsmooren. Wenn das Wasser weniger als<br />
1 mg Ca/Liter enthält, dann findet man schon die anspruchslosen<br />
Arten <strong>der</strong> oligotrophen Moore.<br />
Die eutrophen Moore, in denen Seggen {Carex-Avlen) die<br />
Hauptrolle spielen, treten in <strong>der</strong> gemäßigten Zone unabhängig<br />
vom Klima überall auf, wo <strong>der</strong> Boden durch kalkhaltiges,<br />
aber nicht brackiges Gr<strong>und</strong>wasser vernäßt ist. Sie gehören<br />
alle zu den Pedobiomen, <strong>und</strong> zwar den Helobiomen.<br />
l// D e c k e n m o o re . Wir hatten diese für das stark ozeanische<br />
¡Klima <strong>der</strong> atlantischen Heidegebiete auf den Britischen<br />
Inseln <strong>und</strong> an <strong>der</strong> ganzen Westküste Skandinaviens erwähnt<br />
(s. S. 335). Sie überziehen das ganze Terrain.
H o c h m o o re . Sie sind für<br />
die etwas weniger ozeanische<br />
Nordwestecke Mitteleuropas<br />
mit Heidegebieten, die<br />
ganze boreonemorale Zone<br />
<strong>und</strong> den südlichen Teil <strong>der</strong><br />
borealen Zone bezeichnend.<br />
Bei typischer Ausbildung<br />
sind sie baumlos. Wird jedoch<br />
das Klima etwas kontinentaler<br />
<strong>und</strong> trockener, so<br />
findet man auch Kiefern auf<br />
diesen Mooren, man spricht<br />
dann von Waldhochmooren.<br />
Sie ziehen sich an <strong>der</strong> ganzen Südgrenze des borealen<br />
Hochmoorgebietes entlang (Abb. 277, 278). Sie kommen<br />
auch im Nordosten Deutschlands, in Nordpolen <strong>und</strong> vereinzelt<br />
im Voralpenraum vor.<br />
Moortypen <strong>der</strong> borealen Zone (Peinohelobiome) 455<br />
Abb. 278.<br />
Moorseen <strong>und</strong> Taiga wechseln<br />
sich ab, Mittelschweden bei Sunnersta<br />
(phot. S.-W. <strong>Breckle</strong>).<br />
A a p a m o o re o d e r S tra n g m o o re . Man findet sie nördlich<br />
<strong>der</strong> Hochmoorzone in Fennoskandien <strong>und</strong> Westsibirien.<br />
Es sind soligene Moore mit flachem Gefälle. Sie bestehen<br />
aus etwas erhöhten Strängen, die senkrecht zum<br />
Gefälle verlaufen <strong>und</strong> ombrotroph sind; zwischen ihnen<br />
befinden sich langgestreckte vertiefte Stellen, die mit minerotrophem<br />
Wasser gefüllt sind (finnisch „Rimpis",<br />
schwedisch „Flarke"). Das ganze Moor fällt in Stufen ab<br />
<strong>und</strong> erinnert an die Terrassen beim Reisanbau. Bei <strong>der</strong><br />
Aufwölbung <strong>der</strong> Stränge spielt die Schubwirkung <strong>der</strong> Eisdecke<br />
eine Rolle, die die Rimpis im Winter bedeckt <strong>und</strong><br />
sie in horizontaler Richtung ausdehnt (vgl. Abb. 279).<br />
^ Die Hochmoore sind<br />
sowohl in Eurasien als<br />
auch in N-Amerika an ein<br />
ozeanisches Klima geb<strong>und</strong>en,<br />
Aapa- <strong>und</strong> Palsenmoore<br />
sind dagegen zirkumpolar<br />
verbreitet.<br />
Abb. 279.<br />
Endlose Weite des westsibirischen<br />
Moorgebiets. Strangmoore,<br />
am Horizont Mcorseen. Luftbildaufnahme<br />
vom Zeppelin am<br />
17.8. ¡929 (Foto Archiv des<br />
Zeppelin-Museums, Friedrichshafen).
456 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
Abb. 280.<br />
Palsen o<strong>der</strong> Torßügelmoore in<br />
N-Finnland (p h o t. E. W a l t e r ).<br />
4. P a lsenm o o re <strong>der</strong> Torfhügelt<strong>und</strong>ra. Diese treten schon<br />
außerhalb <strong>der</strong> borealen Zone in <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra auf in<br />
Gebieten mit einer mittleren Jahrestemperatur unter<br />
-1 °C. An <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Torfhügel, die 20 bis 35 m lang<br />
<strong>und</strong> 10 bis 15 m breit sein können <strong>und</strong> eine Höhe von 2<br />
bis 3 m (bis 7 m) erreichen, spielt das Bodeneis eine wesentliche<br />
Rolle. Wenn auf leicht erhöhten Stellen weniger<br />
Schnee abgelagert wird, so dringt <strong>der</strong> Frost rascher in<br />
den Torfboden ein. Es bilden sich Eisschichten, <strong>und</strong> diese<br />
ziehen Wasser aus dem nicht gefrorenen, umgebenden<br />
Torfboden an. Die Eislinsen werden dicker <strong>und</strong> heben<br />
den Torf empor. Da im Sommer nicht das ganze Eis<br />
schmilzt, bleibt die Erhebung zum Teil erhalten. Infolgedessen<br />
ist die Schneebedeckung im nächsten Jahr noch<br />
geringer, <strong>der</strong> Boden gefriert noch rascher; die Eismassen<br />
werden von Jahr zu Jahr größer <strong>und</strong> <strong>der</strong> Torfhügel mit<br />
dem Eiskern immer höher. Im Sommer sinkt das Ganze<br />
ein, so daß um den Torfhügel eine grabenartige, mit<br />
Wasser gefüllte Vertiefung entsteht, in <strong>der</strong> die Zwergbirke<br />
(Betula nana) <strong>und</strong> Wollgräser (Eriophorum) wachsen<br />
(Abb. 280).<br />
Die Kuppe <strong>der</strong> Torfhügel (Palsen) kann im Sommer austrocknen,<br />
dann erhält sie Risse (Abb. 280). Sie wird dann<br />
vom Wind erodiert <strong>und</strong> kann ganz abgetragen werden.<br />
Man nimmt an, daß die meisten Palsen subfossile Gebilde<br />
aus einer kälteren Klimaperiode sind <strong>und</strong> sich in Auflösung<br />
befinden. Es handelt sich um Thermokarsterscheinungen<br />
kleineren Ausmaßes.<br />
9 Ökologie <strong>der</strong> Hochmoore<br />
Die wichtigsten Pflanzen, die den Aufbau eines Hochmoores<br />
bewirken, sind die T o rfm o o s e {Sphagnum-Arien). Da sie<br />
zum größten Teil aus großen toten Zellen bestehen, die sich<br />
leicht kapillar mit Wasser füllen, wirken sie bei dem polsterförmigen<br />
Wuchs wie Schwämme <strong>und</strong> halten das Vielfache<br />
ihres Trockengewichts an Wasser fest. Am oberen Ende
wachsen sie in die Höhe, am unteren sterben sie ab <strong>und</strong> vertorfen.<br />
Die Polster werden immer größer, verschmelzen miteinan<strong>der</strong>,<br />
<strong>und</strong> schließlich entsteht ein sich uhrglasförmig<br />
über die Oberfläche wölbendes Hochmoor. Da die Torfmoose<br />
kein Austrocknen vertragen, sind gleichmäßig feuchte<br />
<strong>und</strong> kühle Sommer die Voraussetzung für die Hochmoorbildung.<br />
Torfmoose siedefn sich nur auf armen sauren Böden<br />
an; Podsolboden sind dafür sehr geeignet. Hochmoore gehen<br />
deshalb oft aus vernässenden Nadelwäl<strong>der</strong>n hervor.<br />
Bei einem großen wachsenden Hochmoor unterscheidet<br />
man die sehr nasse <strong>und</strong> wenig gewölbte Hochfläche, das besser<br />
entwässerte <strong>und</strong> relativ steil abfallende Randgehänge<br />
<strong>und</strong> ein das Hochmoor umsäumendes, minerotrophes Moor,<br />
als Lagg bezeichnet. Die Hochfläche ist nicht völlig eben,<br />
son<strong>der</strong>n besteht aus kleinen Erhebungen, den Buften, die<br />
über die Moosfläche herausragen, <strong>und</strong> aus in den Moosteppich<br />
eingesenkten Schlenkert, in denen das Wasser bis<br />
dicht an die Oberfläch-rtteh|i jn ihnerjjwaehsfin hygrophile<br />
Torfmoose sowie Carex limosaßodef 'Scheuchzed^i Wenn sich<br />
mehrere Schlenken vereinigen, bildwrsichH'ft^orseen, Blänken<br />
o<strong>der</strong> Kolke genannt (Abb. 278). Ihre Tiefe ist meistens<br />
nur 1,5 bis 2 m; sie besitzen jedoch keinen festen Boden,<br />
son<strong>der</strong>n sind mit weichem Detritus (Mudden) gefüllt. Das<br />
überschüssige Wasser fließt von <strong>der</strong> Hochfläche in kleinen<br />
Rinnen, den Rüllen, ab.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> auf Hochmooren wachsenden Blütenpflanzen<br />
ist nicht groß, es sind in bezug auf Nährstoffe äußerst<br />
anspruchslose Arten: Eriophorum va^inatum, Trichophorum<br />
caespitosum sowie die Zwergstraucher Ändromeda polifolia,<br />
Vacciuium oxycoaus, V. vitis-idaea, V uUginosum, Calluna vulgaris<br />
<strong>und</strong> Eiu^etrum; im adantischen Gebiet kommen Narthecium,<br />
im Osten Ledurn palustre <strong>und</strong> Chamaedaphne calyeulata, im<br />
Norden Rubiis chamaemorus, Betula nana <strong>und</strong> Scheuchzeria palustris<br />
dazu.<br />
Neben <strong>der</strong> N ährstoffarm ut ist <strong>der</strong> zweite ökologische<br />
Faktor, <strong>der</strong> die Verbreitung <strong>der</strong> Arten bestimmt, das Überwachsen<br />
durch Torfmoose. Das Substrat, auf dem die Blütenpflanzen<br />
keimen, sind die wachsenden lebenden Spitzen<br />
<strong>der</strong> Torfmoose. Je nach Wasserversorgung beträgt das Höhenwachstum<br />
<strong>der</strong> Torfmoose 3,5 bis 10 cm pro Jahr. Um<br />
diesen Betrag müssen die Blütenpflanzen jedes Jahr ihre<br />
Sproßbasis durch Streckung <strong>der</strong> Rhizome o<strong>der</strong> Bildung von<br />
Adventivwurzeln höher legen, sonst werden sie von den<br />
Torfmoosen überwuchert. Sie können dem Überwachsen<br />
um so leichter entgehen, je langsamer die Moose wachsen,<br />
was auf den relativ trockenen Bülten bzw. auf dem gut ent<br />
Ökologie <strong>der</strong> Hochmoore 457
458 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
wässerten Randgehänge <strong>der</strong> Fall ist. An diesen Stellen iindet<br />
man die meisten Zwergsträucher. Je<strong>der</strong> Bult zeigt eine gewisse<br />
Zonierüng: An <strong>der</strong> Basis wachsen Eriophorum vaginatum<br />
<strong>und</strong> Andromeda, höher Vaccinium oxycoccus, ganz oben an<strong>der</strong>e<br />
Zwergsträucher. Oft ist die Spitze vom Bult so trocken,<br />
daß an Stelle von Sphagnum an<strong>der</strong>e Moose (Polytrichum strictum,<br />
Entodon schreheri) o<strong>der</strong> sogar Flechten {Cladonia-Anen,<br />
Cetraria) gedeihen.<br />
Am schwierigsten haben es die Bäume (Kiefer, Fichte),<br />
die ihre Stammbasis nicht verlegen können <strong>und</strong> auf dem armen<br />
Substrat nur ein geringes Höhenwachstum aufweisen.<br />
Oft ragen aus den Moorbulten nur die obersten Zweigspitzen<br />
heraus. Waldhochmoore findet man deshalb nur dort,<br />
wo infolge des trockenen Klimas das Wachstum <strong>der</strong> Torfmoose<br />
gering ist. Sobald die Moore entwässert werden <strong>und</strong><br />
das Wachstum <strong>der</strong> Torfmoose zum Stillstand kommt, tritt<br />
eine rasche Verheidung ein, das heißt die Zwergsträucher<br />
gelangen zur Vorherrschaft. Bald kommen Baumarten hinzu<br />
wie Birken, Kiefern o<strong>der</strong> Fichten. In diesem Zustand befinden<br />
sich die meisten Moore in Mitteleuropa, verstärkt<br />
wird dieser Effekt noch durch den zusätzlichen Stickstoffeintrag<br />
aus <strong>der</strong> Atmosphäre.<br />
Auffallend ist, daß längs <strong>der</strong> Rüllen o<strong>der</strong> am Rande <strong>der</strong><br />
Kolke oft Arten des minerotrophen Bodens wachsen, obgleich<br />
das Wasser ebenso nährstoffarm ist wie im übrigen<br />
Moor. Es zeigt sich, daß fließendes Wasser o<strong>der</strong> durch Wellen<br />
bewegtes eine günstigere Versorgung mit Nährstoffen ermöglicht<br />
als ruhiges, in dem nur eine Diffusion <strong>der</strong> Nährstoffe<br />
stattfindet. Bei dem hohen Wassergehalt <strong>der</strong><br />
Moorböden erwärmen sie sich sehr langsam. Moore sinT<br />
deshalb kalte Standorte <strong>und</strong> es ist verständlich, daß sich auf<br />
ihnen nordisch-arktische Florenelemente, dmunter viele<br />
R e lik te d e r G la z ia lz e it, halten können; dazu kommt, daß<br />
sie auf den Hochmooren vor <strong>der</strong> Konkurrenz <strong>der</strong> raschwüchsigen<br />
anspruchsvollen Arten geschützt sind.<br />
Mit Ausnahme <strong>der</strong> Drosera-Arten, die ihre Stickstoffversorgung<br />
durch die Verdauung <strong>der</strong> auf den Blättern gefangenen<br />
Insekten ergänzen, sind alle an<strong>der</strong>en Arten xeroipLy^ph<br />
gebaut, obgleich ihnen Wasser im Überfluß zur Verfügung<br />
steht. Man führt das auf eine mangelnde Stickstoffversorgung<br />
zurück. Es hat sich allgemein gezeigt, daß eine „Xeromorphie"<br />
dann zu beobachten ist, wenn das Wachstum <strong>der</strong><br />
Pflanzen gehemmt wird, zum Beispiel durch Wassermangel,<br />
aber auch bei Wasserüberschuß, also Sauerstoffmangel im<br />
Boden, durch tiefe Bodentemperaturen, die die Aufnahme<br />
von Stickstoff erschweren, o<strong>der</strong> durch direkten Stickstoff-
mangel. Die „Xeromorphosen" sind hier also Mangelerscheinungen;<br />
es ist deshalb zweckmäßiger, von P e in o m o rp h o -<br />
sen zu sprechen.<br />
Eine zusammenfassende Darstellung über die Moore in NW-<br />
Europa stammt von Overbeck (1975).<br />
Die Westsibirische Nie<strong>der</strong>ung 459<br />
10 Die Westsibirische Nie<strong>der</strong>ung,<br />
das größte Moorgebiet <strong>der</strong> Erde<br />
Dieses Gebiet mit dem Ob-Irtysch-Becken ist ein Peinohelobiom<br />
von schwer vorstellbar großem Ausmaß. Es erstreckt<br />
sich von <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra im Norden bis zur Steppe im Süden<br />
über 800 km <strong>und</strong> vom Ural im Westen bis zum Jenissej im<br />
Osten über etwa 1800 km.<br />
In diesem Moorgebiet liegen die Siedlungen nur an den<br />
Flüssen, die dem Verkehr dienen. Das eigentliche Moorgebiet<br />
wurde erst von Popov (1971-75) eingehend erforscht.<br />
Als Ursachen <strong>der</strong> Vermoorung kann man die Topographie,<br />
das Klima <strong>und</strong> die hydrologischen Verhältnisse nennen.<br />
Die Moore sind an die Stelle <strong>der</strong> dunklen Taiga getreten.<br />
Das große Becken ist von meso-neozoischen Schichten<br />
unterlagert. Die Eiszeiten im Pleistozän wirkten sich wenig<br />
aus. Es kam zur Ablagerung von alluvialen, zum Teil wasser<strong>und</strong>urchlässigen<br />
Sedimenten, die den Wasserstau för<strong>der</strong>ten.<br />
Auf den vernäßten nährstoffarmen Podsolböden siedeln sich<br />
leicht Torfmoose (Sphagnum-Äxten) an, die die Torfbildung<br />
einleiten. Das Klima ist mit Jahresnie<strong>der</strong>schlägen von<br />
500 mm humid, denn die Evaporation beträgt nur 240 bis<br />
300 mm <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abfluß 127 bis 270 mm. Temperaturmäßig<br />
ist das Klima sehr kontinental; die frostfreie Periode beträgt<br />
174 Tage, trotzdem liegen die Tagesmittel an 100 Tagen über<br />
10 °C. Die Sommer sind also relativ warm <strong>und</strong> infolgedessen<br />
die Pflanzenproduktion <strong>und</strong> <strong>der</strong> Torfzuwachs beträchtlich.<br />
Es kommen sogar kurze heiße Dürreperioden vor, so daß<br />
Waldbrände nicht unbedingt ausgeschlossen sind. Die<br />
Brandflächen vermooren leicht.<br />
Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung sind jedoch die hydrologischen<br />
Verhältnisse. Die wenig eingeschnittenen Flüsse<br />
mäan<strong>der</strong>n stark, was den Abfluß hemmt. Das Frühlingshochwasser<br />
beginnt am Oberlauf des Ob <strong>und</strong> Irtysch 1,5 Monate<br />
früher als die Schneeschmelze am Unterlauf, also dann,<br />
wenn im Norden die Flüsse noch vom Eis bedeckt sind. Beim<br />
Eisgang entstehen hohe Eisdämme; flußaufwärts von diesen<br />
wird das Wasser zusätzlich gestaut. Da die Quellen des Ob<br />
von den Gletschern des Altai-Gebirges gespeist werden, folgt<br />
40 % <strong>der</strong> Torflager<br />
<strong>der</strong> ganzen Erde befinden<br />
sich in <strong>der</strong> Westsibirischen<br />
Nie<strong>der</strong>ung. Die Moore mit<br />
über 100 000 Moorseen<br />
speichern eine Wassermenge,<br />
die dem zweijährigen<br />
Abfluß des<br />
riesigen Ob-Irtysch-Flußsystems<br />
entsprechen soll.
460 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
^ Die Flüsse Westsibiriens<br />
entwässern also<br />
die Nie<strong>der</strong>ung nicht, son<strong>der</strong>n<br />
im Gegenteil, sie<br />
überstauen sie mit Wasser<br />
<strong>und</strong> för<strong>der</strong>n die Vermoorung.<br />
gleich das Sommerhochwasser, das heißt <strong>der</strong> hohe Wasserstand<br />
<strong>der</strong> Flüsse (12 m über Niedrigwasser) dauert praktisch<br />
den ganzen sibirischen Sommer an. Es werden auch die niedrigen<br />
Wasserscheiden überschwemmt <strong>und</strong> es bildet sich mit<br />
den Moorseen eine einzige große Wasserfläche.<br />
Die Vermooriing begann schon in <strong>der</strong> subarktischen Periode<br />
<strong>der</strong> Postglazialzeit. Den Ausgangspunkt bildeten weite<br />
flache Senken mit mineralsalzarmem Wasser, in ihnen entwickelten<br />
sich Scheuchzeria-Moore mit Eriophorum vaginatum<br />
<strong>und</strong> verschiedenen Sphagnum-Anen. Entsprechende mesotrophe<br />
Scheuchzeria-Torie findet man an <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> ältesten<br />
4 bis 7 m tiefen Torfprofile. Die oligotrophe Phase wird<br />
durch das Auftreten <strong>der</strong> wichtigsten Torfmoosart, Sphagnum<br />
fuscum, angezeigt. Sie beginnt im mittleren Postglazial. Die<br />
Moore wölbten sich empor, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>wasserspiegel<br />
wurde gehoben. Das führte zur Vernässung <strong>der</strong> benachbarten<br />
Wäl<strong>der</strong>; Sphagnum-Anen siedelten sich unter den absterbenden<br />
Bäumen an, <strong>und</strong> die Moore breiteten sich rasch<br />
in horizontaler Richtung aus. Alle jüngeren Moorprofile,<br />
<strong>und</strong> das ist die Mehrzahl, haben eine Torfmächtigkeit von T<br />
bis 4 m <strong>und</strong> weisen im untersten Horizont immer Torfe mit<br />
viel Kiefernholz <strong>und</strong> Rindenresten auf; gleich danach beginnt<br />
die oligotrophe Phase mit Fuscum-Torf.<br />
Die Moore Westsibiriens sind S tra n g m o o re (Abb. 279)<br />
mit einer mittleren Neigung von nur 0,0008 bis 0,004°. Auf<br />
den mehr o<strong>der</strong> weniger breiten Strängen wachsen Pinus sylvestris<br />
in <strong>der</strong> Kümmerform P. willkommii <strong>und</strong> Ledum palustre<br />
sowie die Zwergsträucher Chamaedaphne calyculata, Andromeda<br />
polifolia, Oxycoccus microcarpus, zerstreut auch Rubus chamaemorus<br />
sowie Drosera rot<strong>und</strong>ifolia. Die Moosschicht besteht<br />
aus Sphagnum fuscum; Flecken mit Flechten (Cladonia spp.,<br />
Cetraria) sind selten.<br />
ln den Schlenken findet man Eriophorum vaginatum mit<br />
Sphagnum balticum o<strong>der</strong> Scheuchzeria, respektive Carex limosa<br />
mit Sphagnum majus, aber auch Rhynchospora alba mit Sphagnum<br />
cuspidatum kommen vor.<br />
Die Strangmoore erleiden auf den vernäßten Wasserscheiden<br />
meist eine Regression, die zur Ausbildung von<br />
Moorseen führt. Das findet insbeson<strong>der</strong>e überall dort statt,<br />
wo die rezenten tektonischen Bewegungen mit einer Senkung<br />
verb<strong>und</strong>en sind. Neuere aero-geologische Vermessungen<br />
ergaben in verschiedenen Gebieten eine Senkung von<br />
0,07 bis 0,25 mm pro Jahr. Das genügt, um das sehr labile<br />
Gleichgewicht zwischen Strängen <strong>und</strong> Schlenken zu stören<br />
<strong>und</strong> zu einer zunehmenden Vernässung zu führen. Dieser
Wasserüberschuß leitet die Regressior.serscheinungen ein.<br />
Er führt zu einer Sauerstoffarinut selbst in den oberen Torfschichten<br />
<strong>und</strong> zur Bildung von Methangas.<br />
Beim Bohren an solchen Stellen verursacht das ausströmende<br />
Methangas Fontänen aus flüssigem Torf. Beim natürlichen<br />
Austritt <strong>der</strong> Gase stirbt die Pflanzendecke ab. Es bilden<br />
sich tote Moorflächen, die zu Moorseen werden. Die<br />
zunächst kleinen Seen vereinigen sich zu größeren, bei denen<br />
<strong>der</strong> Wellenschlag die Torfufer zum Einsturz bringt, so<br />
daß. sich immer größere Wasserflächen bilden. Die Moorseen<br />
<strong>der</strong> verschiedensten Größen bilden alle zusammen mit<br />
den Moorschlenken ein einziges hydrologisches System -<br />
eine ökologische Einheit, die wir, da sie nährstoffarm<br />
(Aschengehalt <strong>der</strong> Torfe nur 2 bis 4 %) <strong>und</strong> naß ist, als<br />
Peinohydrobiom bezeichnen (Abb. 279), vgl. <strong>Walter</strong> (1977).<br />
Stellenweise können die Strangmoore auch austrocknen,<br />
wenn ein solches vernäßtes Gebiet ein eigenes Abflußsystem<br />
ausbildet <strong>und</strong> die Moorbäche sich in den Torf einschneiden,<br />
so daß die Ufer besser dräniert werden. Auf solchen Ufern<br />
kann ein schmaler Waldstreifen entstehen mit Kiefer, Birke<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Zirbe (Pinus cembra ssp. sibirica).<br />
Die hier gegebene Beschreibung <strong>der</strong> Moore gilt für die<br />
Taigazone. Die Torfmächtigkeit nimmt nach Norden wegen<br />
Verkürzung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> geringeren Pflanzenproduktion<br />
ab.<br />
Auch in <strong>der</strong> südlichen Taiga än<strong>der</strong>n sich die Moortypen.<br />
Im Gebiet <strong>der</strong> Waldsteppen, also in Sibirien im Zonoökoton<br />
VII-VIII mit Birken-Espenwäl<strong>der</strong>n, ist <strong>der</strong> Ca-Gehalt des<br />
Gr<strong>und</strong>wassers schon hoch, <strong>und</strong> es herrschen schwachgewölbte<br />
eutrophe Hypnaceen-Moore mit Carex-Arten (Seggen)<br />
vor. Oligotrophe Moore können sich aber auch auf diesen<br />
Waldmoorinseln bilden („Rjamy"). Das Torfwachstum ist<br />
durch die größere Trockenheit des Klimas gehemmt. Im südlichen<br />
Teil gibt es nur noch Nie<strong>der</strong>ungsmoore in den tiefsten<br />
Teilen des Reliefs, vor allem in den breiten Flußtälern. Der<br />
Aschengehalt des Torfs kann sehr hoch (19 %) sein. Oft findet<br />
man typische Bultennie<strong>der</strong>ungsmoore, wobei die Buhen<br />
aus alten Horsten <strong>der</strong> Carex caespitosa <strong>und</strong> C. omskiana bestehen,<br />
Es handelt sich um ein Helobiom.<br />
Noch südlicher in <strong>der</strong> nördlichen Steppenzone ist das Klima<br />
semiarid. In <strong>der</strong> Baraba-Nie<strong>der</strong>ung bildet sich kein<br />
Flußsystem aus, son<strong>der</strong>n es sind wie in <strong>der</strong> Pampa (s.<br />
S. 405)zahllose kleine abflußlose Seen vorhanden, die zum<br />
Teil brackig sind. Um diese herum findet man eutrophe<br />
Moore o<strong>der</strong> sogar Halophytensümpfe mit Salzpflanzen, also<br />
schon Übergänge zu einem Halo-Helobiom.<br />
Die Westsibirische Nie<strong>der</strong>ung 461
462 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
11 Der Mensch in <strong>der</strong> Taiga<br />
Die Eingriffe <strong>und</strong> die<br />
Ausmaße <strong>der</strong> Zerstörung<br />
in <strong>der</strong> Sibirischen Taiga<br />
übertreffen teilweise diejenigen<br />
in den tropischen<br />
Regenwäl<strong>der</strong>n.<br />
Die riesige Weite <strong>der</strong> Taiga hat sie in diesem Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
nicht davor bewahrt, an vielen Stellen zerschnitten, großflächig<br />
sogar zerstört zu werden. Verursacht wird dies durch<br />
großflächige Öl- <strong>und</strong> Gasprospektion, Pipelines <strong>und</strong> Erzgewinnung<br />
<strong>und</strong> die dazu erfor<strong>der</strong>liche flächenintensive Inlrastruktur.<br />
In den vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erten war die Sibirische<br />
Taiga ein schwer zugängliches Gebiet. Pelzjäger <strong>und</strong> einzelne<br />
Siedler durchstreiften das Gebiet, das an vielen Stellen<br />
aber auch von ursprünglichen Stämmen kleinräumig in weiten<br />
Abständen besiedelt war.<br />
Diese ursprüngliche Nutzung <strong>der</strong> Taiga als Lebensrauni<br />
durchziehen<strong>der</strong> Nomaden <strong>und</strong> weit verstreuter Einzelsiedlungen<br />
ist in je<strong>der</strong> Hinsicht n a c h h a ltig . An<strong>der</strong>erseits muß<br />
man festhalten, daß viele Großsäuger die ganzen Eiszeiten<br />
überdauerten <strong>und</strong> erst im Spätglazial ausstarben. Vieles<br />
spricht sehr dafür, daß dies bereits ein Effekt des destruktiven<br />
Einflusses des Menschen war.<br />
12 Zonoökoton VIII/IX (Waldt<strong>und</strong>ra) <strong>und</strong> die<br />
polare Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze<br />
Ähnlich wie sich zwischen Wald <strong>und</strong> Steppe als Zonoökoton<br />
VI/VII die Waldsteppe einschiebt, haben wir auch zwischen<br />
<strong>der</strong> borealen Waldzone <strong>und</strong> <strong>der</strong> baumlosen T<strong>und</strong>ra als Zonoökoton<br />
Vfll/IX die W a ld tu n d ra , in <strong>der</strong> Wald <strong>und</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
makromosaikartig verzahnt sind. Zunächst treten im Waldgebiet<br />
einzelne baumlose Flecken auf, meistens auf Erhe-<br />
Abb. 281.<br />
Die arktisch-polare Baumgrenze<br />
mit Betula tortuosa oberhalb des<br />
Torneträsk (ozeanische Ausprägung)<br />
in Nordschweden (phot.<br />
S . - W . B r e c k l e ) .
Zonoökoton VIII/IX (Waldt<strong>und</strong>ra) 463<br />
Abb. 282.<br />
Die arktisch-polare Baumgrenze<br />
mit Larix gmelinii (extrem<br />
kontinentale Ausprägung) in<br />
Nordost-Sibirien, auskeilen<strong>der</strong><br />
Lichtwald im Momatal <strong>der</strong><br />
Tscherski-Kette (phot.<br />
0. A gachanjanz).<br />
Innigen. Sie nehmen nach Norden zu, bis vom Walde nur<br />
einzelne Inseln übrig bleiben, die schließlich nur noch aus<br />
Inischförmigen Krüppeln bestehen. Im Gebirge ist diese<br />
Krüppelzone ganz schmal, hier im flachen Gelände kann sie<br />
sich dagegen über H<strong>und</strong>erte von Kilometern ausdehnen. Die<br />
Baumarten im ozeanischen Gebiet sind Birken (Abb. 281),<br />
im kontinentalsten Bereich Lärchen (Abb. 282), sonst Fichten.<br />
Als Ursachen für das Zustandekommen <strong>der</strong> polaren<br />
Baumgrenze können wir dieselben wie bei <strong>der</strong> alpinen<br />
Waldgrenze annehmen. Die Frosttrocknis wird durch die<br />
Winterstürme erhöht. Der Wald stößt am weitesten an den<br />
Talhängen <strong>der</strong> Flußtäler vor, wo er Wind- <strong>und</strong> Schueeschutz<br />
hat, wo auch die gut dränierten Böden im Sommer tiefer<br />
atiftauen <strong>und</strong> die von Süden kommenden Flüsse wärmeres<br />
Wasser führen. Aber auch die fehlende Verjüngung wird als<br />
Ursache genannt. An <strong>der</strong> nördlichen Verbreitungsgrenze erzeugen<br />
die Bäume nur selten keimfähige Samen. Dazu<br />
kommt, daß die meisten von Tieren gefressen werden. Stürme<br />
können sie (auf <strong>der</strong> Schneefläche gleitend) weit nach<br />
Norden transportieren, wo eine Entwicklung nicht mehr<br />
möglich ist. Auch sind in <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra dichte Flechten<strong>und</strong><br />
Moosdecken vorhanden, die ein ungünstiges Keimbett<br />
darstellen. Sehr groß ist die Bedeutung des Menschen <strong>und</strong><br />
seiner Rentierherden. Neben <strong>der</strong> Beschädigung durch die<br />
Tiere ist namentlich die Holznutzung von Bedeutung, denn<br />
<strong>der</strong> natürliche Zuwachs <strong>der</strong> Holzpflanzen ist äußerst gering.<br />
Meist gelingt es einem Baumsämling nur Fuß zu fassen,<br />
wenn zwei Jahre hintereinan<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s günstige Temperaturverhältnisse<br />
herrschen. Selbst dann ist das weitere<br />
Wachstum äußerst langsam. 20- bis 25jährige Bäumchen
464 Zonobiom <strong>der</strong> Taiga<br />
ragen kaum aus <strong>der</strong> Krautschicht hervor; <strong>der</strong> jährliche<br />
Höhenzuwachs beträgt 1 bis 2 cm. Das Dickenwachsuim <strong>der</strong><br />
Bäume zeigt eine sehr enge Korrelation zu den Julitemperaturen.<br />
Die nördlichsten echten Wäl<strong>der</strong>, eine Taiga mit 2 bis<br />
5 m hohen Bäumen finden sich heute auf <strong>der</strong> Taimyr-Halbinsel,<br />
in Arymas, neben <strong>der</strong> Chatanga-Mündung bei<br />
72°30’N, mit Larixgmelinii. Das Wachstum ist sehr langsam,<br />
zum Beispiel hatte ein 104-jähriger Stamm einen Durchmesser<br />
von 9,5 cm (<strong>Walter</strong> & <strong>Breckle</strong> 1990).<br />
Die offenen Flächen in <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra werden meist von<br />
<strong>der</strong> Zwergstraucht<strong>und</strong>ra eingenommen. Diese bildet zugleich<br />
die südliche Subzone <strong>der</strong> echten T<strong>und</strong>ra (.\bb. 260).<br />
Die Waldgrenze lag während <strong>der</strong> Wärmezeit des Postglazials<br />
bedeutend weiter nördlich. Als Beweis dienen die in <strong>der</strong><br />
heutigen T<strong>und</strong>ra im Torf eingeschlossenen Baumstümpfe.<br />
FRAGEN:<br />
1. Wo gibt es großflächig (zonale) Wäl<strong>der</strong>, in denen Kiefern dominant<br />
sind?<br />
2. Warum sehen manche fast im Wasser stehende Pflanzen<br />
(Calluna im Moor) xeromorph aus?<br />
3. Warum ist auf Permafrostboden Waldwuchs möglich?<br />
4. Was för<strong>der</strong>t den Rückstau <strong>der</strong> sibirischen Flüsse <strong>und</strong> trägt damit<br />
zur Bildung <strong>der</strong> riesigen Hochmoore in Westsibirien bei?<br />
5. Was bedeuten die Begriffe „Helle", „Dunkle", „Finstere<br />
Taiga "?<br />
6. Können Birkenwäl<strong>der</strong> die zonale <strong>Vegetation</strong> bilden? Unter<br />
welchen Bedingungen?<br />
7. Welche ökologischen Bedingungen för<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Taiga eine<br />
„Krautschicht" aus Flechten?
IX Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
(ZB des arktischen Klimas)<br />
1 Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
Das ZB IX umfaßt zwei sehr weit voneinan<strong>der</strong> getrennte<br />
Teilgebiete, die sich aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> sehr unterschiedlichen<br />
Verteilung <strong>der</strong> Land- <strong>und</strong> Ozeanflächen im Norden <strong>und</strong> Süden<br />
<strong>und</strong> in den entsprechenden Breitenlagen stark voneinan<strong>der</strong><br />
unterscheiden. Jeweils von Süd nach Nord nimmt die<br />
Kontinentalität stark ab.<br />
Das größte waldlose T<strong>und</strong>ragebiet nimmt in N-Sibirien<br />
eine Fläche von drei Millionen Quadratkilometern ein. Die<br />
Zahl <strong>der</strong> Tage mit einem Temperaturmittel über 0 “C beträgt<br />
dort 188 bis nur 55. Dies hängt mit dem stets niedrigen Sonnenstand<br />
zusammen. Die geringe Sommerwärme ist zum<br />
Teil aber auch auf den Wärmeverbrauch für das Abtauen des<br />
Schnees <strong>und</strong> das Auftauen des Bodens zurückzuführen. Die<br />
Winter sind im ozeanischen Bereich ziemlich mild, im kontinentalen<br />
extrem kalt (Abb. 283). Doch liegt <strong>der</strong> Kältepol<br />
Abisko (388 m) Chesterfield (4 m)<br />
[17] -1,0° 267 jggj -11,8° 282<br />
Abb. 283.<br />
Klimadiagramme aus <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra<br />
Schwedens (ozeanisch) ,<br />
(links), aus <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra N-Amerikas<br />
(Mitte) <strong>und</strong> aus dem extrem<br />
kontinentalen borealen<br />
Gebiet Alaskas (rechts) (vgl.<br />
dazu Abb. 5, Verchojansk <strong>und</strong><br />
Abb. 270).<br />
Fort Yukon {127 m)<br />
•6,7° 172<br />
[21]
466 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
^ Das Zonobiom IX umfaßt<br />
die Gebiete um die<br />
Pole <strong>der</strong> Erde. Im Norden<br />
sind es die T<strong>und</strong>rengebiete<br />
<strong>und</strong> die Kältewüsten<br />
nördlich <strong>der</strong> arktischen<br />
Baumgrenze, im Süden<br />
südlich <strong>der</strong> antarktischen<br />
Baumgrenze kommt T<strong>und</strong>ra<br />
nur kleinflächig <strong>und</strong><br />
auf einzelnen Inseln vor.<br />
Die Antarktis selbst ist<br />
von einer riesigen Eiswüste<br />
bedeckt.<br />
bei Oimekon (bei Verchojansk) noch im Waldgebiet, obgleich<br />
dort die mittlere Jahrestemperatur -16,3 °C beträgt<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Permafrost tief in den Boden reicht (Abb. 270). Die<br />
Bodengefrornis hat auf die <strong>Vegetation</strong>sverhältnisse keinen<br />
Einfluß. Es kommt nur auf die Mächtigkeit <strong>der</strong> im Sommer<br />
auftauenden oberen Bodenschichten an.<br />
Die V e g e ta tio n s ze it beginnt in <strong>der</strong> südlichen T<strong>und</strong>ra im<br />
Juni <strong>und</strong> endet im September. Von großer Bedeutung ist <strong>der</strong><br />
Wind, auf den die unregelmäßige Ablagerung des Schnees<br />
zurückzuführen ist, die ihrerseits das <strong>Vegetation</strong>smosaik bedingt.<br />
Die Stürme im Winter erreichen 15 bis 30 m pro sec.<br />
Die Nie<strong>der</strong>schläge sind gering, oft sogar unter 20 mm pro<br />
Monat.<br />
Trotzdem ist das Klima bei <strong>der</strong> sehr geringen potentiellen<br />
Verdunstung humid. Das überschüssige Wasser kann infolge<br />
des Permafrostes im Boden nicht einsickern. Die Folge ist<br />
eine starke Versumpfung; doch kommt es zu keiner<br />
nennenswerten Torfbildung, weil die Produktion <strong>der</strong> Pflanzen<br />
zu gering ist. Die Schneehöhe beträgt 20 bis 50 cm, wobei<br />
die Erhebungen freigelegt werden, so daß Schnee- <strong>und</strong><br />
Eisschliff als mechanische Faktoren für die <strong>Vegetation</strong> eine<br />
große Rolle spielen.<br />
Bei dem tiefen Sonnenstand im Sommer werden steile,<br />
steinige Südhänge relativ stark erwärmt. Sie bilden deshalb<br />
häufig richtige „B lu m e n g ä rte n ". Solche Südhänge <strong>und</strong> die<br />
Bach- sowie Flußufer sind die günstigsten Standorte. Flache<br />
Erhebungen mit Steinnetzböden (Polygonböden) werden<br />
nur schwach besiedelt, ebenso leichte Hänge, die <strong>der</strong> Solifluktion<br />
unterliegen. Endlose Flächen sind mit Zwergbirken<br />
<strong>und</strong> -weiden sowie Eriophomm- <strong>und</strong> Carex-Arten bedeckt.<br />
Auf trockenen Böden findet man eine reine Flechtent<strong>und</strong>ra,<br />
auf feuchten spielen Moose eine große Rolle, nicht aber die<br />
Sphagnum-Arten. Die in 2 m Höhe ausgeführten meteorologischen<br />
Messungen <strong>der</strong> Lufttemperatur sind für den niedrigen<br />
Pflanzenteppich nicht maßgebend. Durch die Einstrahlung<br />
kann <strong>der</strong> bodennahe Temperaturgradient beträchtlich sein.<br />
Wenn die Lufttemperatur 0 °C erreicht, ist <strong>der</strong> Boden meist<br />
schon einen halben Meter aufgetaut <strong>und</strong> die <strong>Vegetation</strong>sentwicklung<br />
in vollem Gange. Die Temperatur <strong>der</strong> Pflanzen liegt<br />
am Tage oft 10 “C über <strong>der</strong> Lufttemperatur. Trotzdem reicht<br />
die kurze Sommerzeit häufig nicht für das Ausreifen <strong>der</strong> Samen<br />
aus. Deswegen werden zum Beispiel auf Grönland, bei<br />
<strong>der</strong> Hälfte aller Arten die Blüten im Jahr vorher angelegt, so<br />
daß das Aufblühen sehr früh erfolgen kann. Die Knospen<br />
<strong>und</strong> auch die grünen Blätter überwintern meist unter dem<br />
Schnee, die offenen Blüten sterben dagegen ab.
Beson<strong>der</strong>s interessant sind die a p e rio d is c h e n _ A rte ri,<br />
wie zum Beispiel die kleine BrassTcä^ee üraya humilis. Jhie<br />
Entwicklung wird über mehrere Jahre ausgedehnt <strong>und</strong><br />
während des 'Winters “inem beiiehigen Stadium vorübergehend<br />
unterbrochen. Diese Arten sind somit unabhängig<br />
vom kurzen Sommer <strong>und</strong> blühen entwe<strong>der</strong> zu Beginn<br />
<strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>szeit o<strong>der</strong> später auf, wobei die Knospen<br />
schon zwei Jahre vorher angelegt sein können.<br />
Die Frucht- o<strong>der</strong> Samenverbreitung erfolgt bei 84 % <strong>der</strong><br />
Arten durch den Wind (auf dem Schnee gleitend), bei 10 %<br />
durch das Wasser. Beerenfrüchte kommen nur in <strong>der</strong> Waldt<strong>und</strong>ra<br />
vor. Bei <strong>der</strong> geringen Produktivität in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra sind<br />
die Samen klein; bei 75 % <strong>der</strong> Arten wiegen sie unter 1 mg.<br />
Die meisten Pflanzen sind Frostkeimer, das heißt sie erlangen<br />
die Keimfähigkeit erst nach <strong>der</strong> Einwirkung <strong>der</strong> tiefen<br />
Wintertemperatur, keimen dann gleich im Frühjahr <strong>und</strong> haben<br />
Zeit, bis zum Herbst gewisse Reserven anzulegen. Vivipar<br />
sind 1,5 % <strong>der</strong> Arten, verschiedene Gräser, aber auch Polygopum-,<br />
Stellaria-, Cerastium-Anen u. a. Bei <strong>der</strong> reichlichen<br />
Samenproduktion werden offene Stellen, zum Beispiel an<br />
<strong>der</strong> unteren Lena, rasch besiedelt. Die meisten Arten sind<br />
Hemikryptophyten <strong>und</strong> Chamaephyten. Einjährige Arten<br />
(Therophyten) sind nur Koenigia islándica, drei Gentiana-Arten,<br />
Montia lamprosperma, zwei Pedicularis-Arten <strong>und</strong> wenige<br />
an<strong>der</strong>e. Die kurze <strong>Vegetation</strong>szeit hier mit niedrigen Temperaturen<br />
ist für die Annuelien nicht günstig (vgl. dagegen die<br />
Wüste). Die meisten Arten haben dicke Wurzeln als Reservespeicher.<br />
Das Alter <strong>der</strong> Einzelpflanze kann selbst bei krautigen<br />
Arten 100 Jahre überschreiten. Bei Zwergsträuchern<br />
liegt es zwischen 40 <strong>und</strong> 200 Jahren.<br />
Eine große Rolle spielt <strong>der</strong> S tic k s to ffh a u s h a lt. Mineralisierung<br />
<strong>und</strong> Stickstoffaufnahme sind aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> niedrigen<br />
Temperaturen sehr gehemmt. Die Leguminosen (Oxytropis,<br />
Hedysarum, Astragalus) besitzen Wurzelknöllchen, die<br />
direkt unter <strong>der</strong> sich erwärmenden Bodenoberfläche liegen.<br />
Wo kein Stickstoff im Boden vorhanden ist, findet man nur<br />
Moose <strong>und</strong> Flechten. Düngung durch tierische Exkremente<br />
ist von Bedeutung. Von Dryas drummondii, die als Pionierart<br />
in Alaska wächst, wird angegeben, daß sie ähnlich wie Ainus<br />
Wurzelknöllchen besitzt. Während des Dryas-Pionierstadiums<br />
erhöht sich <strong>der</strong> Stickstoffgehalt des Bodens von<br />
33 kg/ha bis auf 400 kg/ha.<br />
Von <strong>der</strong> übrigen Arktis abweichende Klimaverhältnisse<br />
findet man in einigen Trogtälern im Inneren von Peary-Land<br />
(N-Grönland) auf dem 80. Breitengrad. Im Sommer fehlen<br />
hier durch die vom Inland wehenden Fallwinde die Nie<strong>der</strong>-<br />
Klima <strong>und</strong> <strong>Vegetation</strong> <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra 467
468 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
schlage, <strong>und</strong> es herrschen wüstenartige Verhältnisse mit<br />
Salzausblühungen an <strong>der</strong> Bodenoberfläche mit alkalischen<br />
Böden, wo sogar einige Halophyten Vorkommen, Auch<br />
sonst fehlt eine <strong>Vegetation</strong> nicht ganz, weil sich im Winter<br />
Flugschnee von den Bergen ansammelt, <strong>der</strong> im Frühjahr<br />
schmilzt. Das Wasser versickert, da die Böden 1 m tief auftauen.<br />
Entsprechend hat auch Braya purpurascens eine Pfahlwurzel<br />
von über 1 m Länge. Die Zahl <strong>der</strong> frostfreien Tage erreicht<br />
59, die Julitemperatur beträgt 6 °C.<br />
2 Ökophysiologische Untersuchungen<br />
Die Temperatur <strong>der</strong> niedrigen Pflanzen <strong>und</strong> des Bodens ist<br />
während des Polartags bei 24 h lang tiefstehen<strong>der</strong> Sonne<br />
ziemlich gleichmäßig, die Einstrahlungsrichtung wirkt sich<br />
dennoch aus. Die Unterschiede zur Lufttemperatur können<br />
an Schönwettertagen dann sehr deutlich werden (Abb. 284).<br />
Ausreichende Temperaturen stellen für die Pflanzen eine<br />
Voraussetzung für aktive Stoffwechselvorgänge dar.<br />
Die Wasserbilanz <strong>der</strong> arktischen Pflanzen ist ausgeglichen,<br />
ihre Zellsaftkonzentration beträgt 0,7 bis 2,0 MPa.<br />
Wenn die Arten trotzdem im Bau oft xeromorphe Züge auf-<br />
35<br />
Temperatur (°C)<br />
Abb. 284.<br />
Tagesgänge <strong>der</strong> Temperatur an<br />
<strong>der</strong> Bodenoberfläche in einer<br />
Catena vom Carici rupestris-<br />
Dryadetum (CD) zum Salicetum<br />
polaris am 29.8.1990, einem<br />
Schönwettertag am Liefdefjord<br />
in NW-Spitzbergen (90 m NN)<br />
(aus Dierssen 1996).<br />
I CD/Carex nardina-Fazies;<br />
2 CD/Dryas-Fazies: 3 CD/Carex<br />
misandra-Fazies;. 4 Salicetum<br />
polaris.
weisen, so dürfte es sich ebenso wie bei den Hochmoorpflanzen<br />
um durch Stickstoffmangel bedingte, erblich fixierte<br />
Peinomorphosen handeln.<br />
Beson<strong>der</strong>s wichtig ist die Frage <strong>der</strong> Photosynthese <strong>und</strong><br />
damit <strong>der</strong> Stoffproduktion. Die maximale Intensität <strong>der</strong> CO2 -<br />
Assimilation beträgt 12 mg • dm“^ • h~*. An trüben Tagen sinkt<br />
die COj-Aufnahme vorübergehend unter Null. Da sie jedoch<br />
meistens 24 St<strong>und</strong>en hindurch fortgesetzt werden kann, mit<br />
einem Minimum parallel zum Lichtminimum um Mitternacht,<br />
erreicht die Ausbeute an einem Sommertag 100 mg<br />
CO2 • dm“^ = r<strong>und</strong> 60 mg Stärke.<br />
Diese Ausbeuten genügen, um ausreichende Stoffreserven<br />
im Sommer anzulegen. Die primäre Produktion <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong>sdecke<br />
in einem Jahr beträgt im subarktischen Gebiet<br />
in SchwedischLappland bei Abisko (<strong>Vegetation</strong>szeit<br />
111 Tage) 2500 kg/ha, in Alaska (<strong>Vegetation</strong>szeit 70 Tage)<br />
830 kg/ha, in <strong>der</strong> Hocharktis (<strong>Vegetation</strong>szeit 60 Tage) nur<br />
30 kg/ha. Die Phytomasse eines arktischen Weidengebüsches<br />
auf Grönland erreicht 5,5 t/ha.<br />
Das „T<strong>und</strong>rabiom" (Zonobiom IX) wurde im Rahmen des<br />
I. B. P. sehr intensiv untersucht (vgl. Buss & Wielgolaski<br />
1973).<br />
3 Tierwelt <strong>der</strong> Arktischen T<strong>und</strong>ra<br />
Die weiten T<strong>und</strong>raflächen Sibiriens sind eines <strong>der</strong> wenigen<br />
Gebiete unserer Erde, in denen man noch ursprüngliche<br />
Tierwelt einigermaßen ungestört durch den Menschen antrifft<br />
<strong>und</strong> somit ihren Einfluß auf die <strong>Vegetation</strong> studieren<br />
kann. Im Winter verlassen die meisten großen Wirbeltiere<br />
die T<strong>und</strong>ra, die Vögel ziehen nach Süden. Nur die Lemminge<br />
<strong>und</strong> Ziesel bleiben in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra. Polarfuchs <strong>und</strong> Schnee-<br />
Eule ziehen sich aus den nördlichsten, beutearmen Gegenden<br />
zurück.<br />
Die L e m m in g e verfallen nicht in Winterschlaf, legen<br />
auch keine Nahrungsvorräte an, son<strong>der</strong>n bleiben unter dem<br />
harten Panzer <strong>der</strong> Schneedecke aktiv <strong>und</strong> ernähren sich<br />
hauptsächlich von den Erneuerungsknospen <strong>der</strong> Cyperaceen.<br />
Ein Lemming braucht pro Jahr, obgleich er nur 50 g<br />
wiegt, etwa 40 bis 50 kg an frischer Pflanzensubstanz. Er besiedelt<br />
meist gut dränierte Südhänge <strong>und</strong> baut im Winter ein<br />
Nest aus Cyperaceen-Sprossen in <strong>der</strong> Nähe seines Weidegebietes,<br />
das für eine Familie etwa 100 bis 200 m^ groß ist.<br />
Eine ganze Siedlung umfaßt etwa 1 bis 1,5 ha, auf denen 90<br />
bis 94 % <strong>der</strong> Pflanzen abgeweidet werden. Eriophorum angustifolium<br />
gelangt auf solchen Flächen nicht zur Blüte. Ein<br />
Tierwelt <strong>der</strong> Arktischen T<strong>und</strong>ra 469
470 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
Maximum <strong>der</strong> Lemminge tritt im Mittel alle drei Jahre auf.<br />
Die trockenen Pflanzenteile werden nicht gefressen; sie bilden<br />
im Frühjahr das „Heu" (1 bis 2 t/ha), das zusammengeschwemmt<br />
wird <strong>und</strong> sich zu torfigen Bülten aufhäuft. Nach<br />
Verlassen <strong>der</strong> Winterquartiere legen die Lemminge ihre<br />
Baue auf höher gelegenen Stellen an, wobei sie bis zu<br />
250 kg/ha an Erde herauswerfen.<br />
An solchen gestörten Standorten findet man eine charakteristische<br />
Pflanzengemeinschaft, die eine sek<strong>und</strong>äre Sukzession<br />
einleitet. Dasselbe gilt für die Zieselbaue, vergleichbar<br />
in Mitteleuropa mit einer Maulwurfswiese. Auf diese<br />
Weise wird eine ständige D y n a m ik innerhalb <strong>der</strong> Pflanzendecke<br />
aufrechterhalten. Auch die Scharen von Wasservögeln,<br />
vor allem Gänse, die im Frühjahr kommen, zerstören<br />
die Pflanzendecke zu 50 bis 80 %, indem sie die<br />
jungen Triebe von Oxytropis abbeißen <strong>und</strong> die stärkehaltigen<br />
Rhizome von Eriophorum herausreißen. Auf dem nackten<br />
Boden macht sich die Solifluktion bemerkbar, bis ihn eine<br />
dichte Moosdecke bedeckt.<br />
Die Nist- <strong>und</strong> Sammelplätze <strong>der</strong> Vögel werden stark gedüngt,<br />
so daß sich nitrophile Arten {Rhodiola, Stellaria, Polemonium,<br />
Myosotis, Draba, Papaver u. a.) einstellen.<br />
Zur Tierwelt <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra gehört auch das R e n tie r, das im<br />
Winter nur dann in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra bleibt, wenn weite apere, das<br />
heißt nicht vom Schnee bedeckte Flächen vorhanden sind.<br />
Im Sommer weiden die Rentiere zerstreut <strong>und</strong> beeinflussen<br />
die <strong>Vegetation</strong> wenig. Wenn sie sich jedoch im Herbst zu<br />
großen Herden sammeln, macht sich <strong>der</strong> Tritt bemerkbar.<br />
Dabei werden die Flechten <strong>und</strong> Zwergsträucher gefressen<br />
<strong>und</strong> zerstört, während sich die Rasengesellschaften mit Deschampsia<br />
<strong>und</strong> Poa ausbreiten. Das Freßverhalten ist allerdings<br />
sehr anpassungsfähig entsprechend des Nahrungsangebots<br />
(Abb. 285).<br />
Die Zahl <strong>der</strong> wilden Rentiere nimmt heute zugunsten <strong>der</strong><br />
domestizierten ab. Die Rentiere sind in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra das wichtigste<br />
herbivore Tier, in <strong>der</strong> nordamerikanischen T<strong>und</strong>ra ist<br />
es das Karibu (Rangifer caribou), während in <strong>der</strong> eurosibirischen<br />
T<strong>und</strong>ra das eigentliche Rentier (Rangifer tarandus) vorkommt.<br />
Die Wirkung <strong>der</strong> Raubtiere (Polarfuchs, vereinzelt<br />
Bär <strong>und</strong> Luchs) auf die Pflanzenwelt ist gering.<br />
Man weiß heute, daß erst in den letzten 20 000 Jahren<br />
zahlreiche Arten <strong>der</strong> Megafauna ausgestorben sind (Martin<br />
1984, SiMMONS 1996). Man geht sogar davon aus, daß bis zu<br />
200 Gattungen großer Säuger <strong>und</strong> Vögel bis zum Ende <strong>der</strong><br />
letzten Eiszeit verschw<strong>und</strong>en sind. In Nordamerika sind<br />
etwa 2/3 <strong>der</strong> großen Säuger, die noch gegen Ende <strong>der</strong> letz-
Tierwelt <strong>der</strong> Arktischen T<strong>und</strong>ra 471<br />
Verweildauer <strong>der</strong> Rentiere (%/t) Abb. 285.<br />
Jahreszeitliches Freßverhalten<br />
wil<strong>der</strong> Rentiere in <strong>der</strong> Hardangervidda<br />
(nach S kogland 1983)<br />
1 Loiseleurio-Diapension:<br />
2 Cladonio-Juncetum trifidi:<br />
3 Phyllodoco-Vaccinion myrtilli<br />
<strong>und</strong> Potentillo-Polygonion vivipari:<br />
4 Nardo-Caricion gigelowi:<br />
5 Adenostylion alliariae: 6 Canción<br />
nigrae: 7 Ranunculo-Salketum<br />
herbaceae: 8 Cassiopo-Salicetum<br />
herbaceae.<br />
ten Eiszeit nachzuweisen sind (also vor etwa 13 000 Jahren),<br />
ausgestorben. Dazu gehören 3 Elefantenartige, 15 Huftierarten,<br />
zahlreiche große Nagetiere <strong>und</strong> Räuber, 6 Edentatenarten<br />
(Riesenfaultiere, Gürteltier, Ameisenbär etc.). Es gibt<br />
keinerlei Anhaltspunkte für ähnliche Aussterberaten aus<br />
früheren eiszeitlichen Epochen, die als Ursache eiszeitliche<br />
Klimaän<strong>der</strong>ungen annehmen ließen. Vielmehr muß man<br />
davon ausgehen, daß gerade am Ende <strong>der</strong> letzten Eiszeit die<br />
großen Einwan<strong>der</strong>ungswellen <strong>der</strong> Indianer über die Beringstraße<br />
die Hauptursache für diesen Massenexodus waren.<br />
Die Eroberung des Kontinents von Kanada bis Mexiko<br />
kann in 350 bis 500 Jahren stattgef<strong>und</strong>en haben. Innerhalb<br />
einer Zeitspanne von 500 Jahren sind die meisten Arten<br />
auch ausgestorben. Ähnliche Aussterbezeiten sind von Neuseeland,<br />
von Madagaskar, von Java, jeweils nach Ankunft<br />
des Menschen bekannt.<br />
In Eurasien ist die Aussterberate nicht ganz so dramatisch<br />
gewesen. Während in Nordamerika mindestens 24 Gattun
472 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
gen verschw<strong>und</strong>en sind, waren es in Eurasien wahrscheinlich<br />
neun Arten, dazu gehören das Mammut (Mammuthus<br />
primigenius), das Woll-Nashorn (Coelodonta antiquitatis), <strong>der</strong><br />
Große Elch (Megaloceros giganteus), <strong>der</strong> Moschus-Ochse (Ovibus<br />
moschatus), <strong>der</strong> Steppen-Bison (Bison priscus), eine Büifelart<br />
(Homoioceros antiquus) sowie drei Carnivoren (Simmons<br />
1996), Moschus-Ochsen hat man heute an einigen Stellen<br />
wie<strong>der</strong> eingebürgert.<br />
Neben den verbesserten Jagdtechniken zur Blütezeit des<br />
prähistorischen Menschen dürften auch die rasche Erwärmung<br />
<strong>und</strong> das Vorrücken <strong>der</strong> Waldvegetation mitverantwortlich<br />
sein für die plötzliche hohe Aussterberate <strong>der</strong> ,Megafauna.<br />
4 Der Mensch in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
Die jahreszeitlichen Wan<strong>der</strong>züge <strong>der</strong> Rentierherden haben<br />
das Jagdverhalten <strong>der</strong> Menschen <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra nachhaltig geprägt.<br />
Die domestizierten Rentierherden, zum Beispiel bei<br />
den Tungusen, wan<strong>der</strong>n im Sommer aus <strong>der</strong> Taiga in die<br />
T<strong>und</strong>ra <strong>und</strong> im Frühherbst wie<strong>der</strong> zurück in die Taiga. In <strong>der</strong><br />
T<strong>und</strong>ra selbst wohnen verschiedene Eskimostämme, die sich<br />
ganz an die arktischen Verhältnisse angepaßt haben. Dabei<br />
treiben die einzelnen Stämme auch untereinan<strong>der</strong> Handel,<br />
die einen jagen vorwiegend Wale <strong>und</strong> Robben, die an<strong>der</strong>en<br />
sind landeinwärts aktiv als Karibujäger, erbeuten aber auch<br />
Bergschafe, Elche, Biber, Bären, Schneehasen, Enten <strong>und</strong><br />
Gänse. Walfleisch, Walspcck <strong>und</strong> Tran werden dann gegen<br />
Karibufleisch <strong>und</strong> Beeren getauscht (Campbell 1985).<br />
Die Lebensweise <strong>der</strong> Eskimo in Nordalaska <strong>und</strong> vor allem<br />
Ihre Wohnweise in meist kreisr<strong>und</strong>en Hütten ist ein Beispiel<br />
für die mögliche Lebensweise <strong>der</strong> Menschen während <strong>der</strong><br />
Eiszeit in Europa, zum Beispiel zur Magdalenienzeit.<br />
Die Hütten sind halbunterirdisch gebaut, dick mit Grassoden<br />
eingepackt, mit einem Dach aus Walrippen, die mit Tierfellen<br />
abgedeckt sind, so daß eine hervorragende Wärmeisolierung<br />
zustande kommt. Ähnliche Bauweisen kennt man<br />
von zahlreichen Ausgrabungen aus <strong>der</strong> Magdalenienzeit,<br />
mit ersten Nachweisen des Cro Magnon-Menschen schon<br />
30 000 vor heute, mit einer Blütezeit in Südfrankreich (Dordogne)<br />
zwischen 19 000 bis 13 000 Jahren vor heute.<br />
Das Rentier war auch <strong>der</strong> Hauptfleischlieferant des Cro<br />
Magnon-Menschen. Aber auch Reste von Wisenten, Mammute,<br />
Pferden, Wildrin<strong>der</strong> hat man aus den Wohnstätten<br />
ausgegraben. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die systematische<br />
Ausbeutung des reichen Wildtierbestandes durch den
Cro Magnon-Menschen forciert wurde. Auf jeden Fall war<br />
diese Form des Nahrungserwerbs, die sich hauptsächlich auf<br />
eine Wildtierart stützte, am Ende des Oberen Pleistozäns bereits<br />
voll ausgebildet. Sie ist noch heute in ähnlicher Weise<br />
bei Stämmen <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra erkennbar, wenn auch heute mit<br />
verbesserten technologischen Methoden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />
von H<strong>und</strong>en, Booten <strong>und</strong> Schlitten. Doch sowohl die<br />
Steinzeitmenschen in <strong>der</strong> eiszeitlichen T<strong>und</strong>ra Mitteleuropas<br />
als auch die Eskimos verfügten über hochentwickelte technische<br />
Hilfsmittel: wärmeisolierte Hütten, Bekleidung, Fallen<br />
etc. <strong>und</strong> auch bereits einfache Maschinen wie Harpunen<br />
<strong>und</strong> Speerschleu<strong>der</strong>n.<br />
Heute hat die westliche Zivilisation tiefgreifende Verän<strong>der</strong>ungen<br />
verursacht. Alkohol ist ein großes Problem.<br />
Schneemobile ersetzen die H<strong>und</strong>eschlitten, die Jäger benützen<br />
Gewehre. Heute können wenige Eskimos eine ganze<br />
Karibuherde an einem Tag dezimieren. Die Jagd ist so einfach<br />
geworden, daß es nicht mehr darauf ankommt, sämtliche<br />
Teile eines erlegten Tieres zu verwerten; man nimmt nur<br />
noch die besten Stücke. Überzähliges Wild wird verkauft.<br />
5 Arktische Kältewüste <strong>und</strong> die Solifluktion<br />
Arktische Kältewüste <strong>und</strong> die Solifluktion 473<br />
Die Arktische Kältewüste ist das nördlichste <strong>der</strong> drei Subzonobiome<br />
des ZB IX.<br />
Auch hier lassen sich ozeanische <strong>und</strong> kontinentale Gebiete<br />
zusätzlich unterscheiden (Aleksandrova 1971).<br />
In <strong>der</strong> Kältewüste sind Frostwechseltage, an denen die<br />
Temperatur den Nullpunkt zweimal überschreitet, sehr häufig;<br />
dadurch wird die Erscheinung <strong>der</strong> S o liflu k tio n , des Bodenfließens,<br />
hervorgerufen. Schon in <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra selbst, wie<br />
auch in den alpinen <strong>und</strong> nivalen Höhenstufen <strong>der</strong> Gebirge,<br />
entstehen durch lokale Eisbildung mit starker Volumenvergrößerung<br />
unter <strong>der</strong> Pflanzendecke im nassen Boden die<br />
Torihügel- <strong>und</strong> Frostbuckel- o<strong>der</strong> Bultent<strong>und</strong>ra. Selbst an<br />
sehr wenig geneigten Hängen wird <strong>der</strong> Boden abwärts geschoben,<br />
wobei <strong>der</strong> Hang ein Aussehen annimmt, als ob er<br />
mit Viehtreppen bedeckt wäre. Die Frosttreppen sind niedrige<br />
Stufen, die parallel zu den Isohypsen verlaufen. Abb. 286<br />
zeigt den Querschnitt durch eine solche Stufe. Diese Bodenbewegung<br />
wird nach Norden zu immer auffallen<strong>der</strong>.<br />
Dort, wo im Herbst eine nicht gefrorene vernäßte Schicht<br />
zwischen dem Permafrostboden unten <strong>und</strong> einer gefrierenden<br />
Schicht oben zusammengepreßt wird, sprengt sie<br />
stellenweise die obere Gefrierschicht <strong>und</strong> ergießt sich als flüssiger<br />
Lehmbrei über die Pflanzendecke, einen vegetationslo-<br />
^ Von Süden nach Norden<br />
kann man in <strong>der</strong><br />
arktischen T<strong>und</strong>ra drei<br />
Subzonobiome unterscheiden:<br />
1. die Zwergstraucht<strong>und</strong>ra<br />
im Bereich <strong>der</strong><br />
postglazialen Bewaldung,<br />
2. die eigentliche Moos<strong>und</strong><br />
Flechtent<strong>und</strong>ra<br />
<strong>und</strong><br />
3. die Kältewüste, die<br />
dort beginnt, wo <strong>der</strong><br />
Pflanzenwuchs sehr<br />
spärlich wird.
474 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
Abb. 286.<br />
Erdfließen an einem leichten<br />
Hang in <strong>der</strong> Arktis (Alaska). Die<br />
faserige Torfschicht (F) mit <strong>der</strong><br />
lebenden Pflanzendecke hat sich<br />
um etwa 30 cm von I nach II bewegt<br />
<strong>und</strong> dabei eine Falte gebildet.<br />
in die <strong>der</strong> freie Schlufßoden<br />
(S) zum Teil eingeschlossen ist<br />
(nach <strong>Walter</strong> I960).<br />
Abb. 287.<br />
T<strong>und</strong>ra mit größeren Erdflecken<br />
<strong>und</strong> Blockpolygonen im Sognefjell<br />
(Jotunheimen, Mittelnorwegen)<br />
(phot. S.-W. B r e c k l e ) .<br />
Abb. 288.<br />
Fleckent<strong>und</strong>ra mit vertikalem<br />
Schnitt durch einen Flecken. Die<br />
Flecken entstehen durch Hochpressen<br />
des zwischen Permafrostboden<br />
unten <strong>und</strong> gefrieren<strong>der</strong><br />
Schicht oben eingeschlossenen<br />
flüssigen Lehmbreis, <strong>der</strong> sich<br />
dann über die Oberfläche ergießt<br />
<strong>und</strong> einen vegetationslosen<br />
Lehmfleck bildet, <strong>der</strong> einige cm<br />
höher ist (nach <strong>Walter</strong> 1990).
sen Fleck bildend, <strong>der</strong> einige Zentimeter höher ist (Abb. 287<br />
<strong>und</strong> 288). Es entsteht die Fleckent<strong>und</strong>ra (Abb. 290).<br />
Eine Folge des Frostes ist auch die Herausarbeitung <strong>der</strong><br />
Steine aus dem Boden. Abb. 289 erläutert diesen Vorgang:<br />
Beim Gefrieren <strong>der</strong> oberen Bodenschicht saugt diese Wasser<br />
von unten an <strong>und</strong> nimmt an Volumen zu; sie hebt dabei die<br />
Steine mit empor, die in <strong>der</strong> gefrierenden Schicht stecken.<br />
Unter dem Stein bildet sich eine Höhlung, in die feiner Sand<br />
fällt; nach dem Auftauen bleibt deshalb <strong>der</strong> Stein auf einem<br />
gegenüber früher etwas höheren Niveau liegen. Wie<strong>der</strong>holt<br />
sich das vielmals an den Frostwechseltagen, so liegt <strong>der</strong> Stein<br />
schließlich über <strong>der</strong> Bodenoberfläche. Meist geht das Gefrieren<br />
des Bodens von einzelnen Punkten aus, die einen o<strong>der</strong><br />
mehrere Meter auseinan<strong>der</strong>liegen. Dann werden die Steine<br />
nicht nur herausgehoben, son<strong>der</strong>n zugleich zur Seite geschoben.<br />
Im Endresultat bilden sie zwischen den Gefrierzentren<br />
ein Steinnetz, das heißt einen P o lygonboden (Abb. 289).<br />
Die Pflanzen finden vereinzelt Zuflucht zwischen den Steinen<br />
des Polygonbodens, wo die Bewegung am geringsten ist.<br />
Vollzieht sich dieser Vorgang an einem Hang, so werden die<br />
Steine nicht nur gehoben, son<strong>der</strong>n auch hangabwärts geschoben;<br />
es bilden sich dann die Steinströme o<strong>der</strong> Streifenböden.<br />
Diese ständige Bodenbewegung in <strong>der</strong> Arktis läßt die<br />
Pflanzendecke nicht zur Ruhe kommen <strong>und</strong> wirkt sich<br />
ungünstig aus. Man kann dies schon auf Island beobachten<br />
(Lötschert 1974), viel deutlicher auf Spitzbergen.<br />
Die Solifluktion ist von gleicher Bedeutung auch im<br />
Gebirge, <strong>und</strong> zwar in <strong>der</strong> oberen alpinen <strong>und</strong> subnivalen<br />
Arktische Kältewüste <strong>und</strong> die Solifluktion 475<br />
----- GjiO ----<br />
Abb. 289.<br />
Obeti: Schematische Darstellung<br />
<strong>der</strong> Vorgänge beim Gefrieren <strong>und</strong><br />
Auftauen des Bodens, l vor dem<br />
Gefrieren: 2 Boden oben gefroren,<br />
Stein wird angehoben:<br />
3 nach dem Auftauen, <strong>der</strong> Stein<br />
ist bis an die Oberfläche gerückt.<br />
Unten: Steinnetzbildung.<br />
A: bei • Gefrierzentrum: B: Pfeile<br />
zeigen die Richtung, in <strong>der</strong> sich<br />
die Steine bewegen: C: ursprüngliche<br />
Lage <strong>der</strong> Steine im Boden:<br />
D: <strong>der</strong>en endgültige Lage, wenn<br />
sich das Froststeinnetz o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Polygonboden (im Schnitt) gebildet<br />
hat (nach W a l t e r I960).
476 Zonobiom <strong>der</strong> T<strong>und</strong>ra<br />
A bb. 290.<br />
Fleckenhodent<strong>und</strong>ra im Tscherski-Gebirße<br />
(Ostsibirien) in<br />
¡100 m NN. Vorherrschend<br />
Betula exilis <strong>und</strong> Rhododendron<br />
parviflorum. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong><br />
Frostflecken (phot.<br />
V N. P a v l o v ) .<br />
Stufe, aber nur lokal <strong>und</strong> nicht über so weite Flächen hinweg<br />
wie in <strong>der</strong> Arktis.<br />
Was die Zusammensetzung <strong>der</strong> <strong>Vegetation</strong> anbelangt, so<br />
sind die floristischen Unterschiede um den ganzen Nordpol<br />
herum relativ gering. Ein großer Prozentsatz <strong>der</strong> wenigen<br />
Arten ist circumpolar verbreitet.<br />
6 Antarktis <strong>und</strong> subantarktische Inseln<br />
Auf dem eisbedeckten antarktischen Kontinent hat man im<br />
Randgebiet nur zwei Blütenpflanzen gef<strong>und</strong>en: Colobanthus<br />
crassifolius (Caryophyllaceae) <strong>und</strong> das Gras Deschampsia antárctica.<br />
Neuerdings wurde Poa pratensis eingeschleppt. Sonst<br />
kommen nur Moose, Flechten <strong>und</strong> Landalgen vor, insgesamt<br />
einige h<strong>und</strong>ert Arten. Sie beschränken sich auf zeitweilig<br />
schneefreie Stellen an <strong>der</strong> Küste (Abb. 291), auf steile Felswände<br />
<strong>und</strong> Geröllhalden, Quantitativ hat ihre Biomasse eine<br />
sehr geringe Bedeutung. In Bodenproben konnte man auch<br />
Bakterien <strong>und</strong> Pilze nachweisen. Für die Tierwelt spielt diese<br />
geringe Phytomasse keine Rolle. Die Pinguine <strong>und</strong> viele an<strong>der</strong>e<br />
Tiere, die im Küstenbereich <strong>der</strong> Antarktis zeitweilig Vorkommen,<br />
haben ihre Nahrungsgr<strong>und</strong>lage im Meer. Ob cs Invertebraten<br />
gibt, die von den Krustenflechten o<strong>der</strong> den<br />
Gesteinsalgen leben, ist uns nicht bekannt.<br />
Im Meer um die Antarktis herum mit seinen ständigen<br />
Weststürmen sind viele kleine Inseln zerstreut, die meisten<br />
südlich vom 50. Breitengrad. Sie zeichnen sich alle durch<br />
ihre Baumlosigkeit aus, denn die Sommer sind kühl, die Winter<br />
nicht kalt; auf diesen Inseln herrscht fast Isothermie, zum
Beispiel schwanken die Werte <strong>der</strong><br />
Temperatur fast das ganze Jahr hindurch<br />
auf den Macquarie-Inseln<br />
(54°3' S) nur zwischen 2,8 °C <strong>und</strong><br />
7,7 °C. Nieselregen <strong>und</strong> Nebel sind<br />
für die Witterung typisch. Man hat<br />
von einer Windwüste gesprochen;<br />
denn nur im Windschutz ist die <strong>Vegetation</strong><br />
üppiger.<br />
Die häufigste Pflanze auf den<br />
Kerguelen ist die dichte Polster bildende<br />
Azorella selago (Apiaceae).<br />
Den Seeleuten als Frischgemüse gegen<br />
Skorbut diente früher <strong>der</strong> Kerguelen-Kohl, Pringlea antiscorbutica<br />
(Brassicaceae) mit seinen großen Blättern. Acae-<br />
«it-Arten (Rosaceae) sind auf allen Inseln verbreitet. Auch<br />
Tussock-Grasland {Festuca- <strong>und</strong> Pofl-Arten) kommt vor,<br />
außerdem viele Moose, Farne <strong>und</strong> Flechten. Verschiedene<br />
polsterbildende Arten sind für die Subantarktis, wie stets für<br />
sehr windige Standorte, bezeichnend.<br />
Die terrestrischen Verhältnisse auf <strong>der</strong> Antarktis werden bei<br />
FIoldgate 1970 (Vol. 2, Part XII-XIII) mit behandelt.<br />
Antarktis <strong>und</strong> subantarktische insein 477<br />
A b b . 291.<br />
Antarktische Felseiswüste mit<br />
dünnen Flechtenüberzügen auf<br />
den Felsen (Admirality Bay,<br />
King George Island). Auf den<br />
flachen Terrassenbänken sammeln<br />
sich Pinguine zur Brutkolonie<br />
(phot. L. K a p p e n ) .<br />
FRAGEN:<br />
1 . Wie lange muß die <strong>Vegetation</strong>szeit im Jahr sein, damit noch<br />
Phanerogamenvegetation auftritt?<br />
4.<br />
Warum nimmt die Kontinentalität vom 60° zum S0°S stark<br />
zu <strong>und</strong> vom 60° zum 80°N stark ab?<br />
Wie wirkt sich die in <strong>der</strong> Arktis gehemmte Mineralisierung<br />
organischer Substanz für die T<strong>und</strong>ra aus?<br />
Wie unterscheidet sich <strong>der</strong> typische Podsolboden von ZB IX<br />
von dem im ZB VIII?<br />
5. Was ist typisch für eine Windwüste <strong>und</strong> wo kommt sie vor?<br />
6. Was sind die Voraussetzungen für das Auftreten von Solifluktionsprozessen?<br />
7. Wie kann man sich die Entstehung eines Polygonbodens erklären?<br />
8. Welche Höheren Pflanzen umfaßt die Flora <strong>der</strong> Antarktis?
Zusammenfassende Übersicht<br />
<strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
1 Phytomasse <strong>und</strong> primäre Produktion <strong>der</strong> einzelnen<br />
<strong>Vegetation</strong>szonen <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesamten Biosphäre<br />
Die Geo-Biosphäre überzieht als dünne Hülle, als dünnstes<br />
Häutchen, die Erdoberfläche; sie umfaßt die oberste durchwurzelte<br />
Bodenschicht <strong>und</strong> die bodennahe Luftschicht,<br />
soweit die Organismen in diese hineinragen, sowie alle<br />
Gewässer. In ihr vollzieht sich somit auch <strong>der</strong> gesamte<br />
biologische Stoffkreislauf.<br />
Von <strong>der</strong> totalen Biomasse auf dem Lande entfallen über<br />
99 % auf die Phytomasse, so daß wir uns auf die Verteilung<br />
<strong>der</strong>selben bei unseren Betrachtungen beschränken können.<br />
Sie zeigt deutliche Beziehungen zu den Zonobiomen.<br />
Die genaue Bestimmung <strong>der</strong> Phytomasse <strong>und</strong> <strong>der</strong> primären<br />
Produktion stößt auf Schwierigkeiten. 1970 veröffentlichten<br />
Bazilevich et al. Berechnungen unter Auswertung<br />
<strong>der</strong> einschlägigen Literatur für die einzelnen<br />
thermischen Zonen <strong>und</strong> bioklimatischen Gebiete <strong>der</strong> Erde.<br />
Berechnet wurden für die einzelnen Gebiete als Trockenmasse<br />
in Tonnen (t) die mittlere Phytomasse <strong>und</strong> die mittlere<br />
jährliche primäre Produktion pro Hektar (t/ha). Nach<br />
Ausmessung <strong>der</strong> Flächen von den einzelnen Gebieten, wobei<br />
die Fläche von Flüssen, Seen <strong>und</strong> Gletschern sowie Firnflächen<br />
nicht inbegriffen sind, werden außerdem noch die<br />
gesamte Phytomasse <strong>und</strong> die gesamte jährliche primäre Produktion<br />
für die einzelnen Gebiete angegeben. Die Summierung<br />
dieser Zahlen ergibt die Phytomasse <strong>und</strong> die jährliche<br />
Produktion <strong>der</strong> Landoberfläche <strong>der</strong> Erde. Dazu werden in<br />
<strong>der</strong> Tab. 23 auch noch die entsprechenden Angaben für die<br />
Gewässer hinzugefügt. Es handelt sich dabei um potentielle
Tab. 23. Verteilung <strong>der</strong> potentiellen Produktivität <strong>der</strong> Erde<br />
Phytomasse <strong>und</strong> primäre Produktion 479<br />
Klimazone Fläche Phytomasse<br />
Primärproduktion<br />
[10® km^] gesamt mittlere gesamt mittlere<br />
[10® t] [th a-'l [10® t a"'] [t ha''-a''<br />
Polare 8,05 13,8 17,1 1,33 1,6<br />
Boreale 23,20 439 189 15,2 6,5<br />
Gemäßigte<br />
humid 7,39 254 342 9,34 12,8<br />
semiarid 8,10 16,8 20,8 6,64 8,2<br />
arid 7,04 8,24 11,7 1,99 2,8<br />
Subtropische<br />
humid 6,24 228 366 15,9 25,5<br />
semiarid 8,29 81,9 98,7 11,5 13,8<br />
arid 9,73 13,6 13,9 7,14 7,3<br />
Tropische<br />
humid 26,5 1166 440 77,3 29,2<br />
semiarid 16,0 172 107 22,6 14,1<br />
arid 12,8 9,01 7,0 2,62 2,0<br />
Geobiosphäre<br />
Landmasse 133 2400 180 172 12,8<br />
Gletscher 13,9 0 0 0 0<br />
Hydrobiosphäre<br />
Seen/Flüsse 2,0 0,04 0,2 1,0 5,0<br />
Ozeane 361 0,17 0,005 60,0 1,7<br />
nach Bazilevich et al. 1970<br />
Werte, das heißt unter Zugr<strong>und</strong>elegung <strong>der</strong> natürlichen,<br />
durch den Menschen nicht verän<strong>der</strong>ten <strong>Vegetation</strong>.<br />
Bazilevich et al. (1970) unterscheiden fünf thermische<br />
Zonen: 1. polare (arktische), 2. boreale, 3. gemäßigte,<br />
4. subtropische <strong>und</strong> 5. tropische. Die ersten zwei Zonen besitzen<br />
ein humides Klima, bei den drei an<strong>der</strong>en werden jeweils<br />
drei Gebiete unterschieden; ein humides (h), ein semiarides<br />
(s) <strong>und</strong> ein arides (a) (vgl. Abb. 292, Tab. 23). Diese<br />
Glie<strong>der</strong>ung unterscheidet sich von <strong>der</strong> Zonobiomglie<strong>der</strong>ung,<br />
wie folgende Gegenüberstellung zeigt:<br />
Thermische Zonen<br />
<strong>und</strong> Klim agebiete Zonobiom e<br />
Zone 1<br />
ZB IX<br />
Zone 2<br />
ZB VIII<br />
Zone 3 h, s, a ZB VI <strong>und</strong> VII<br />
Zone 4 h, s, a ZB V, IV <strong>und</strong> III (außerhalb <strong>der</strong><br />
Wendekreise)<br />
Zone 5 h, s,a ZB I, II <strong>und</strong> III (innerhalb <strong>der</strong><br />
Wendekreise)
480 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
Abb. 292.<br />
Thermische Zonen <strong>und</strong> bioklimatische<br />
Gebiete nach<br />
Bazilevich et al. (1970)<br />
1 Gletscher <strong>und</strong> Firnflächen;<br />
2 Arktische Zone; 3 Boreale<br />
Zone;<br />
4-6 Gemäßigte Zone: 4 humide<br />
Gebiete, 5 semiaride Gebiete,<br />
6 aride Gebiete;<br />
7-9 Subtropische Zone: 7 humide<br />
Gebiete, 8 semiaride Gebiete,<br />
9 aride Gebiete:<br />
10-12 Tropische Zone: 10 humide<br />
Gebiete: 11 semiaride Gebiete:<br />
12 aride Gebiete.<br />
Vergleicht man die Verhältnisse auf dem Land mit denen in<br />
den Ozeanen, so sieht man, daß die Produktion <strong>der</strong> letzteren<br />
mit 60- 10'^ t nur etwa ein Drittel von <strong>der</strong> auf dem Lande<br />
ausmacht, obgleich ihre Fläche fast dreimal größer ist.<br />
Außerdem fällt auf, daß die Phytomasse in den Ozeanen<br />
verschwindend gering ist, insbeson<strong>der</strong>e im Hinblick auf die<br />
300mal größere primäre Produktion. Das wird verständlich,<br />
wenn man berücksichtigt, daß die Pflanzen des Planktons<br />
aus einzelligen Organismen bestehen, die dauernd in Teilung<br />
begriffen sind (vgl. S. 121). Demgegenüber beträgt die<br />
primäre Produktion auf dem Lande nur etwa 7 % <strong>der</strong> Phytomasse.<br />
Rechnet man die gesamten aktiven Kohlenstoffvorräte<br />
<strong>der</strong> Erde zusammen, so erhält man etwa 748 Gt C (vor allem<br />
COj) in <strong>der</strong> Atmosphäre, etwa 2000 Gt C in den Landoberflächen<br />
<strong>und</strong> 38000 Gt C sind im Ozean geb<strong>und</strong>en, also etwa<br />
50 mal mehr als in <strong>der</strong> Atmosphäre (Tom Boden, mündl.<br />
Mitt.).<br />
Fragt man nach <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> Konsumenten <strong>und</strong> Destruenten,<br />
so werden für alle Kontinente zusammen nur<br />
20 • 10^ t an Trockenmasse angegeben, also weniger als 1 %<br />
<strong>der</strong> Phytomasse, während man in den Ozeanen mit etwa
3-10'* t rechnet, was das über ISfache <strong>der</strong> dortigen Phytomasse<br />
ausmacht. Im Gegensatz zu den einzelligen Pflanzen<br />
handelt es sich bei den Konsumenten in den Ozeanen auch<br />
um große tierische Organismen, die man für die menschliche<br />
Ernährung ausbeutet.<br />
Wie gering demgegenüber die Zoomasse <strong>der</strong> großen Konsumenten<br />
auf dem Lande ist, haben wir an verschiedenen<br />
Beispielen gezeigt. Die Phytomasse auf dem Lande besteht<br />
vorwiegend aus <strong>der</strong> Holzmasse in den Wäl<strong>der</strong>n, auf die<br />
82 % <strong>der</strong> gesamten Phytomasse auf allen Kontinenten entfallen,<br />
obgleich die Wäl<strong>der</strong> nur 39 % <strong>der</strong> Fläche einnehmen.<br />
Die Hauptmenge <strong>der</strong> Waldphytomasse mit etwa 50 % findet<br />
man in den tropischen Wäl<strong>der</strong>n, etwa 20 % in den borealen<br />
<strong>und</strong> etwa je 15 % in den subtropischen <strong>und</strong> gemäßigten.<br />
Diese Zahlen sollte man auch im Gedächtnis behalten für die<br />
„Global-Change"-Diskussion.<br />
Die Phytomasse <strong>der</strong> Wüsten ist mit 0,8 % sehr gering im<br />
Vergleich zu <strong>der</strong> großen Fläche von 22 %, die sie auf <strong>der</strong> gesamten<br />
Landfläche einnehmen.<br />
Die mittlere Phytomasse in t/ha <strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong> (humide Gebiete)<br />
steigt bei zunehmend günstigeren Temperaturverhältnissen<br />
von 189 t/ha in <strong>der</strong> borealen Zone ständig bis auf<br />
440 t/ha in den Tropen an. Im Gegensatz dazu ist die mittlere<br />
Phytomasse in den tropischen ariden Gebieten mit 7 t/ha<br />
am geringsten; denn Trockenheit mit dauernd hohen Temperaturen<br />
ist für den Pflanzenwuchs beson<strong>der</strong>s ungünstig.<br />
Betrachtet man die mittlere jährliche primäre Produktion,<br />
so ist sie auf dem Lande mit 12,8 t/ha mehr als siebenmal<br />
so hoch wie in den Ozeanen <strong>und</strong> beträgt etwa das zweieinhalbfache<br />
von <strong>der</strong> in den Seen <strong>und</strong> Flüssen mit ihren<br />
Wasser- <strong>und</strong> Sumpfpflanzenbeständen.<br />
Die primäre Produktion <strong>der</strong> humiden Gebiete pro Hektar<br />
steigt auf dem Lande ebenfalls äquatorwärts, wobei sie sich<br />
von <strong>der</strong> borealen zur gemäßigten Zone <strong>und</strong> von dieser zur<br />
subtropischen jeweils verdoppelt, dann aber weiter zur tropischen<br />
Zone nur noch wenig ansteigt. Die Unterschiede<br />
zwischen den humiden <strong>und</strong> semiariden Gebieten sind nicht<br />
so groß, wie bei den Werten für die Phytomasse, da die Holzmassen<br />
in den Wäl<strong>der</strong>n nicht produzieren <strong>und</strong> es mehr auf<br />
die Blattfläche ankommt (Vergleich Wiese <strong>und</strong> Wald im Solling,<br />
s. S. 366).<br />
Auffallend ist die relativ hohe Produktion in den subtropischen<br />
semiariden <strong>und</strong> ariden Gebieten mit 13,8 bzw.<br />
7,3 t/ha; sie ist auf die oft sehr üppige <strong>und</strong> produktive ephemere<br />
<strong>Vegetation</strong> zurückzuführen, die sich während <strong>der</strong> günstigen<br />
kühleren Jahreszeit entwickeln kann.<br />
Phytomasse <strong>und</strong> primäre Produktion<br />
i _ Die gesamte jährliche<br />
potentielle primäre Produktion<br />
<strong>der</strong> Biosphäre auf<br />
dem Lande, in den Ozeanen<br />
sowie Seen <strong>und</strong> Flüssen<br />
beträgt etwa<br />
233 ■10^ t. Davon entfallen<br />
auf die Landmasse<br />
172 - 1051,<br />
auf die Seen <strong>und</strong> Flüsse<br />
1■1Q51 <strong>und</strong> auf die Ozeane<br />
60 -lO^t.
482 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
Zu etwas an<strong>der</strong>en Werten gelangten Lieth Er Whittaker<br />
(1975). Sie gehen von den <strong>Vegetation</strong>sformationen aus <strong>und</strong><br />
berechnen nicht die potentielle, son<strong>der</strong>n eher die reale Produktion<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong> kultivierten Flächen.<br />
Deshalb sind die Werte für die terrestrische Produktion geringer.<br />
Als „genaueste" Zahl gibt Lieth eine primäre Produktion<br />
von 121,7 • 10’ t an Trockenmasse auf einer Landfläche<br />
von 149 • 10'’ km^ an.<br />
Fragt man sich zum Schluß, wie hoch <strong>der</strong> Konsum <strong>der</strong><br />
Menschheit bei einer Bevölkerungszahl von drei Milliarden<br />
mit einer Biomasse von 0,2- 10’ t war, so kann man ihn<br />
etwa gleich <strong>der</strong> damaligen gesamten landwirtschaftlichen<br />
Produktion setzen, auf die 0,7 % <strong>der</strong> primären Produktion<br />
<strong>der</strong> Biosphäre entfielen. Der Energieverbrauch wird mit<br />
2,8 • 10'® cal angegeben, da nur ein Teil <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Nahrung<br />
aufgenommenen Energie ausgenutzt wird. Diese Zahlen erscheinen<br />
nicht hoch, doch dürfte <strong>der</strong> Konsum bei <strong>der</strong> rapiden<br />
Bevölkerungszunahme inzwischen stark angestiegen<br />
2 Folgerungen aus ökologischer Sicht<br />
Die vorangegangenen Kapitel geben in knapper Form einen<br />
Überblick über die großen, natürlichen ökologischen Zusammenhänge<br />
<strong>der</strong> Geo-Biosphäre. Ihre Kenntnis ist die Voraussetzung<br />
für eine richtige Beurteilung <strong>der</strong> Gefahren, die<br />
durch die zunehmenden Eingriffe des Menschen in das Naturgeschehen<br />
entstehen.<br />
Diese sind so mannigfaltig <strong>und</strong> tiefgreifend, daß man sie<br />
im Rahmen dieser Übersicht nicht behandeln kann. Der<br />
Mensch hat sich dank seiner geistigen Fähigkeiten neben <strong>der</strong><br />
natürlichen eine eigene, scheinbar unabhängige Welt<br />
aufgebaut, die einer technisch orientierten Weltwirtschaft.<br />
Durch die fortschreitende Urbanisierung wurde er <strong>der</strong><br />
Natur immer mehr entfremdet. Dabei verliert er den Boden<br />
unter den Füßen, hält alles für technisch machbar <strong>und</strong><br />
glaubt an ein unbegrenztes Wirtschaftswachstum.<br />
Der Club of Rome hat bereits 1972 auf Gr<strong>und</strong> vieler Untersuchungen<br />
auf das Utopische dieser Einstellung hingewiesen<br />
<strong>und</strong> eine wirtschaftliche Krise vorausgesagt, wenn<br />
nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen würden (vgl. auch<br />
Gruhl 1975). Aber nichts Wesentliches geschah. Die Krise ist<br />
inzwischen eingetreten, lokal schon lange, regional an vielen<br />
Orten. Noch immer wird Ausschau nach den ersten rosa<br />
Streifen am Horizont des Wirtschaftswachstums gehalten.
Zwar ist „Ökologie" in aller M<strong>und</strong>e, aber eine gr<strong>und</strong>legende<br />
Umstellung <strong>der</strong> Denkweise erfolgt nicht. Die sogenannten<br />
wirtschaftlichen Zwänge haben immer noch Priorität. Die<br />
Zerstörung <strong>der</strong> Umwelt, von <strong>der</strong> die Existenz des Menschen<br />
abhängt, geht auf <strong>der</strong> ganzen Welt nahezu unvermin<strong>der</strong>t<br />
weiter. Man versucht nur, mit kosmetischen Mitteln lokale<br />
Schäden zu vertuschen. Aber es handelt sich um globale<br />
Probleme. Auf die beiden größten Gefahren muß hier kurz<br />
hingewiesen werden:<br />
1. die Bevölkerungsexplosion<br />
2. die Übertechnisierung.<br />
Ausführlicher ist es bereits an an<strong>der</strong>er Stelle geschehen<br />
(<strong>Walter</strong> 1989). Danach muß man die Frage stellen, wie eine<br />
nachhaltige Landnutzung möglich ist, also eine tragfähige<br />
Landnutzung, die für viele Generationen des Menschen<br />
(also für Jahrh<strong>und</strong>erte bis Jahrtausende) die Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
des Menschen erhält.<br />
Die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n 483<br />
3 Die Bevölkerungsexplosion in den<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
Der Präsident des Club of Rome Aurelio Peccio hat 1981 in<br />
<strong>der</strong> deutschen Ausgabe seiner Schrift „Die Zukunft in unserer<br />
Hand" erneut darauf hingewiesen, daß die Weltbevölkerung<br />
mit einer <strong>der</strong>artigen Geschwindigkeit ansteigt, daß sofort<br />
etwas dagegen geschehen muß. Nach Peccio werden<br />
jede Minute auf <strong>der</strong> Welt 223 Kin<strong>der</strong> geboren, das sind an<br />
einem Tag 321 000 o<strong>der</strong> im Jahr 120 Millionen. Diese Zahl<br />
ist aber <strong>1999</strong> deutlich höher! Allerdings hat sich <strong>der</strong> exponentielle<br />
Anstieg in den letzten Jahren etwas abgeflacht.<br />
Augenblicklich nimmt die Bevölkerung <strong>der</strong> Erde in weniger<br />
als 15 Jahren um eine Milliarde zu. Wenn es gelingen<br />
würde, alle geborenen Kin<strong>der</strong> am Leben zu erhalten, <strong>und</strong><br />
das wird ja angestrebt, dann würde es in kaum 10 Jahren<br />
1,2 Milliarden Kin<strong>der</strong> unter 10 Jahren auf <strong>der</strong> Welt geben.<br />
Diese müßten versorgt <strong>und</strong> geschult werden. Nach weiteren<br />
10 Jahren wäre die Beschaffung von Arbeitsplätzen für sie<br />
notwendig, <strong>und</strong> bald darauf würden sie ihrerseits weitere<br />
Kin<strong>der</strong> in die Welt setzen.<br />
Die Bevölkerungsexplosion erfolgt mit exponentiellem<br />
Zuwachs (Abb. 293). Vor 2000 Jahren gab es schätzungsweise<br />
200 bis 300 Millionen Menschen auf <strong>der</strong> ganzen Erde.<br />
Bis zum Jahre 1800 nahm die Bevölkerung nur langsam zu.<br />
Dann aber begann die starke Zunahme. Malthus hatte<br />
bereits 1798 rechtzeitig auf die Gefahr hingewiesen. Doch<br />
das beginnende Industriezeitalter in Westeuropa brauchte
Abb. 293.<br />
Die Bevölkerungsexplosion auf<br />
<strong>der</strong> Erde (als Atombombenpilz<br />
dargestellt) vom Jahre Null unserer<br />
Zeitrechnung an: Es hat<br />
seit dem Auftreten des Menschen<br />
Millionen von Jahren gedauert,<br />
bis es Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
eine Milliarde Menschen auf <strong>der</strong><br />
Erde gab. Nach weiteren<br />
WO Jahren waren es bereits<br />
2 Milliarden, dann nach weiteren<br />
37 Jahren 3 Milliarden,<br />
aber schon 13 Jahre später<br />
4 Milliarden.<br />
Um das Jahr 2000 muß man<br />
mit etwa 6 Milliarden rechnen<br />
<strong>und</strong> um das Jahr 2030 mit<br />
8-10 Milliarden. Die Zahl um<br />
2100 konnte nicht dargestellt<br />
werden, denn bei Gleichbleiben<br />
<strong>der</strong> Zunahme müßte man die<br />
Breite des Pilzes oben verdoppeln<br />
auf 20 Milliarden. Nach<br />
neueren Berechnungen dürfte<br />
sich die Zahl aber schon ab 2050<br />
bei 11-14 Milliarden einpendeln<br />
( B i r g , mündl. Mitt.), während<br />
auf Europa schon ab 2005 (ohne<br />
Zuwan<strong>der</strong>ungen) eine starke<br />
■Schrumpfung <strong>der</strong> Bevölkerungszahl<br />
zukommt.<br />
Arbeitskräfte. Die Warnung wurde nicht beachtet. Gerade in<br />
diesen Län<strong>der</strong>n, geför<strong>der</strong>t durch die medizinischen Errungenschaften,<br />
wuchs die Bevölkerung in den Städten beson<strong>der</strong>s<br />
stark. Erst als Folge des wachsenden Wohlstandes <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> immer höheren Ansprüche an ein bequemes Leben sank<br />
die Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> pro Familie so rasch ab, daß heute die<br />
Bevölkerung in den Industrielän<strong>der</strong>n kaum noch zunimmt.<br />
Aber um so katastrophaler ist die Lage in fast allen an<strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n. Krankheiten <strong>und</strong> Epidemien wurden auch dort<br />
erfolgreich bekämpft. Die Sterberate sank, kaum jedoch die<br />
Geburtenrate. Als Folge davon nahm <strong>und</strong> nimmt die Bevölkerung<br />
rasant zu <strong>und</strong> das innerhalb weniger Jahrzehnte. Dies<br />
ist im Rahmen <strong>der</strong> Menschheitsentwicklung nur ein Moment.<br />
Wenn durch die heutige katastrophale Lage in diesen<br />
Län<strong>der</strong>n Millionen unterernährt sind o<strong>der</strong> verhungern, so ist<br />
die Bevölkerungsexplosion die direkte Ursache, die man vor<br />
allem bekämpfen muß. Der Hunger ist nur ein Symptom -<br />
die naturgesetzliche Folge, die für alle Lebewesen <strong>der</strong> ökologischen<br />
Systeme gilt, auch für den Menschen, daß keine Art<br />
sich unbegrenzt auf Kosten <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Lebewesen vermehren<br />
darf. Keine Entwicklungshilfe kann dieses Gesetz ausschalten.<br />
Der Mensch mit seinem irdischen Leibe, <strong>der</strong> ernährt<br />
werden muß, ist <strong>und</strong> bleibt ein Teil <strong>der</strong> Natur. Deswegen ist<br />
die gutgemeinte Lebensmittelhilfe beson<strong>der</strong>s schädlich, denn<br />
sie heizt die Bevölkerungszunahme noch mehr an, so als<br />
wollte man einen Brand mit Öl löschen.<br />
Ein in Hohenheim ausgebildeter Diplom-Landwirt, <strong>der</strong><br />
später in seinem Heimatland als Hochschulprofessor <strong>der</strong>
Landwirtschaftswissenschaften tätig war, rief in einem<br />
R<strong>und</strong>funkvortrag aus: „Hände weg von den Entwicklungslän<strong>der</strong>n,<br />
sie müssen selbst ihre Ges<strong>und</strong>ung durchführen;<br />
jede Entwicklungshilfe verhin<strong>der</strong>t das".<br />
Bemerkenswert ehrlich ist auch in dieser Hinsicht die<br />
Stellungnahme des Entwicklungsberaters des Weltkirchenrats<br />
Jonathan F reyers auf Gr<strong>und</strong> von seinen Erfahrungen.<br />
Sie löste Empörung in weiten ahnungslosen Kreisen aus.<br />
Denn in einem Zeitungsartikel vertrat er die Ansicht, daß<br />
Lebensmittelsendungen verheerende Schäden verursachen.<br />
Sie würden an die Ärmsten verteilt, die Käufer auf den<br />
Märkten blieben weg, was die Ackerbautreibenden veranlaßte,<br />
sich nicht mehr abzumühen, son<strong>der</strong>n auch Hilfsempfänger<br />
zu werden. Die heimische Produktion breche zusammen<br />
<strong>und</strong> die Zahl <strong>der</strong> Hilfsempfänger stiege immer mehr an<br />
- ein Teufelskreis!<br />
Wenn man die Losung ausgibt „Hilfe zur Selbsthilfe" o<strong>der</strong><br />
„Anregung zur Selbstinitiative", so verkennt man wie<strong>der</strong>um<br />
die Einstellung sowie die Denkweise vieler Einheimischen.<br />
Durch Jahrtausende hindurch wurde ihre Lebensweise<br />
durch strenge Sittengesetze geregelt, <strong>und</strong> diese waren optimal<br />
an die Umwelt, entsprechend <strong>der</strong> Kulturstufe angepaßt,<br />
also nachhaltig. Sonst wäre durch Jahrtausende ein Überleben<br />
nicht möglich gewesen.<br />
Auch die Kolonialherrschaft än<strong>der</strong>te daran wenig, die<br />
Machtkämpfe unter den Stämmen wurden unterb<strong>und</strong>en,<br />
auf noch unbesiedelten Flächen entstanden Farmen o<strong>der</strong><br />
Plantagen mit gewissen Verdienstmöglichkeiten für die Arbeiter.<br />
Eine langsame Einbeziehung in das europäische Wirtschaftssystem<br />
bahnte sich an. Die übereilte Entlassung in die<br />
Unabhängigkeit mit <strong>der</strong> Auflage, unter Einhaltung <strong>der</strong><br />
früheren Kolonialgrenzen Einheitsstaaten nach demokratischen<br />
Regeln zu schaffen, führte überall zu Chaos <strong>und</strong><br />
Stammeskämpfen. Die nicht geschulten Massen konnten<br />
das Überspringen einer im Westen über ein Jahrtausend<br />
dauernden Entwicklung nicht verkraften. Das wäre wohl<br />
auch unseren Vorfahren zu Beginn unserer Zeitrechnung<br />
nicht gelungen. Die den Geschlechtsverkehr <strong>und</strong> die Bevölkerungszahl<br />
regelnden, sehr strengen Sittengesetze wurden<br />
aufgehoben, <strong>der</strong> ungezügelte Vermehrungstrieb setzte ein<br />
<strong>und</strong> damit <strong>der</strong> enorme Anstieg <strong>der</strong> Geburtenzahl. Privateigentum<br />
in unserem Sinne war unbekannt, alles gehörte <strong>der</strong><br />
Großsippe <strong>und</strong> wurde von dieser geregelt; somit fehlte ein<br />
Ansporn zur Eigeninitiative. Die meisten Entwicklungshelfer<br />
kehren tief enttäuscht zurück. Solange man bei einem<br />
Projekt die notwendige Anleitung gibt, wird sehr willig <strong>und</strong><br />
Die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n 485
486 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
^ Kolonialismus <strong>und</strong><br />
Kommunismus sowie<br />
<strong>der</strong> Kapitalismus mit<br />
dem Dogma des exponentiellen<br />
Wirtschaftswachstums<br />
sind vielleicht nichts<br />
an<strong>der</strong>es als ein „interglazialer<br />
Irrtum" (sinngemäß<br />
liiMC<br />
Mitt,).<br />
eitrig mitgearbeitet. Hört jedoch die Anleitung auf, dann geschieht<br />
in den meisten Fällen nichts mehr, nur die äußere<br />
Fassade wird gewahrt, doch die genügt nicht. „Aber man<br />
muß doch etwas tun, man muß doch den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
helfen", so wird von denen argumentiert, die nie selber<br />
in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n praktisch arbeiteten. Man darf<br />
jedoch nicht vergessen, daß es sich um souveräne Staaten<br />
handelt, die sehr mißtrauisch sind <strong>und</strong> einschneidende Ratschläge<br />
gleich als Neokolonialismus auslegen. Das gilt beson<strong>der</strong>s<br />
in bezug auf Ratschläge zur Eindämmung <strong>der</strong> Bevölkerungsexplosion.<br />
Solange jedoch dieses Problem nicht<br />
gelöst wird, ist jede Hilfe umsonst o<strong>der</strong> schädlich. Natürlich<br />
ist die Einrichtung von Gewerbebetrieben, SOS-Kin<strong>der</strong>dörfern,<br />
Blindenbetreuung etc. für die dabei erfaßten Menschen<br />
eine Hilfe <strong>und</strong> lobenswert. Sie än<strong>der</strong>t jedoch nichts an<br />
<strong>der</strong> katastrophalen Gesamtlage, die immer schlimmer wird.<br />
Auch wenn (mehr nebenbei) darauf hingewiesen wird, daß<br />
die E n tw ic k lu n g s h ilfe den Zweck mit verfolgt, neue Absatzmärkte<br />
für unsere Industrieprodukte zu erschließen, für<br />
die ein unbegrenzter Bedarf in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n besteht,<br />
so dürfte diese Rechnung nicht aufgehen.<br />
Die Lieferung kann nur auf Kredit erfolgen, mit <strong>der</strong>en<br />
Rückzahlung o<strong>der</strong> Verzinsung kaum zu rechnen ist. Die<br />
Beispiele von rohstoffreichen Län<strong>der</strong>n wie Brasilien <strong>und</strong><br />
Mexiko machen es deutlich. Dazu kommt, daß den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
eine Wirtschaftsform, Monopolisierung<br />
<strong>und</strong> Globalisierung aufgedrängt wird, von <strong>der</strong> man heute<br />
nicht sagen kann, ob sie dem Menschen eine dauernde Existenz<br />
überhaupt garantiert, o<strong>der</strong> ob sie nicht selbst wie eine<br />
schillernde Seifenblase zerplatzen wird. Alle <strong>der</strong> Natur entfremdeten<br />
Zivilisationen <strong>der</strong> Vergangenheit brachen zusammen<br />
<strong>und</strong> wurden von naturnahen „Barbaren" abgelöst. Allerdings<br />
ist heute die Entfremdung <strong>und</strong> das Problem nicht<br />
mehr nur regional, son<strong>der</strong>n gobal.<br />
4 Die Übertechnisierung in den Industrielän<strong>der</strong>n<br />
Die technische Entwicklung ermöglicht es, den Lebensstandard<br />
in den Industrielän<strong>der</strong>n immer mehr zu heben, was als<br />
großer Fortschritt angesehen wird. Dieser Fortschritt wird<br />
an <strong>der</strong> Höhe des Bruttosozialprodukts (einschließlich zum<br />
Beispiel aller Unfallautoreparaturen) o<strong>der</strong> des mittleren Pro-<br />
Kopf-Einkommens (das zwischen 500 DM Rente <strong>und</strong> Millionenhonoraren<br />
liegt) gemessen.<br />
Angestrebt wird auch eine möglichst starke Arbeitszeitverkürzung<br />
<strong>und</strong> damit Freizeitverlängerung, um allen Men
sehen die Möglichkeit zur „Selbstverwirklichung" zu geben.<br />
Dieses Ideal ist bereits erreicht, aber nicht in einem Industrieland,<br />
son<strong>der</strong>n bei dem kleinen Inselstaat auf <strong>der</strong> Koralleninsel<br />
Nauru im Pazifischen Ozean (etwa 2“S <strong>und</strong> 164°E).<br />
Dort müßten die glücklichsten Menschen leben. Ihr mittleres<br />
Pro-Kopf-Einkommen übertrifft das <strong>der</strong> reichsten Industrielän<strong>der</strong>.<br />
Die Wochenarbeitsst<strong>und</strong>en sind Null, Freizeit ist<br />
das ganze Jahr (Bericht IWZ vom 8.-14. Januar 1983). Die<br />
Kin<strong>der</strong> werden dort als Rentner geboren.<br />
Die Insel ist 21,4 km^ groß <strong>und</strong> erhebt sich bis zu 60 m<br />
über den Meeresspiegel. Sie wird von 4000 Nauruanern bewohnt.<br />
Auf ihr befinden sich viele Meter mächtige fossile<br />
Guanoablagerungen. Es sind die reinsten Phosphatvorkommen,<br />
die man kennt.<br />
Diese wurden 1900 von <strong>der</strong> deutschen Kolonialverwaltung<br />
entdeckt, die auch mit dem Abbau begann. Nach dem<br />
ersten Weltkrieg setzten Großbritannien, Australien <strong>und</strong><br />
Neuseeland den Abbau abwechselnd in verstärktem Ausmaß<br />
fort. 1968 gelang es dem Nauruaner-Häuptling Hammer<br />
de Roburt, die Selbständigkeit <strong>der</strong> Insel innerhalb des<br />
British Commonwealth durchzusetzen, <strong>und</strong> 1979 wurden<br />
die Phosphatvorkommen Eigentum <strong>der</strong> Nauruaner. Seitdem<br />
braucht kein Nauruaner zu arbeiten. Das besorgen Gastarbeiter<br />
aus Australien, Neuseeland, Hongkong, Taiwan u.a.,<br />
die jedoch nicht die Staatsangehörigkeit erlangen dürfen.<br />
Jährlich werden r<strong>und</strong> zwei Millionen Tonnen Phosphat abgebaut<br />
<strong>und</strong> zum Weltmarktpreis verkauft.<br />
Die Hauptbeschäftigung <strong>der</strong> Nauruaner ist das Schlafen,<br />
das Essen (Körperfülle ist Schönheitsideal) <strong>und</strong> das Sitzen<br />
vor dem Fernsehapparat (am beliebtesten sind Mickymaus-,<br />
Wildwest- <strong>und</strong> australische Werbefilme). Sport ist bei <strong>der</strong><br />
Körperfülle zu anstrengend. Man fährt in mo<strong>der</strong>nsten Automodellen<br />
auf <strong>der</strong> 18 km langen Autostraße um die Insel herum.<br />
Leere Bierdosen verzieren die Landschaft. Ein Hobby ist<br />
<strong>der</strong> Fischfang mit PS-starken Motorbooten. Man erlaubt sich<br />
den Luxus einer defizitären „Air-Nauru" mit sechs Düsenjets,<br />
die von australischen Piloten nach Melbourne, Hongkong,<br />
Manila <strong>und</strong> Samoa geflogen werden, <strong>und</strong> einer luxuriösen<br />
Schiffahrtslinie.<br />
Zur Zukunftssicherung werden zwei Drittel <strong>der</strong> Einnahmen<br />
dem Nauru Royalties Trust überwiesen <strong>und</strong> im Ausland<br />
in Gr<strong>und</strong>stücken, Hotels <strong>und</strong> Geschäftshäusern sicher angelegt.<br />
Das „Nauru House" in Melbourne mit 50 Stockwerken<br />
ist das höchste Geschäftshaus in Australien. Doch es gibt ein<br />
„aber": Nach Schätzungen reichen die Phosphatvorkommen<br />
nur noch wenige Jahre, was nachbleibt ist eine sterile Ko<br />
Die Übertechnisierung in den Industrielän<strong>der</strong>n 487 1
488 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
rallenlandschaft mit 10 bis 20 m hohen zahnförmigen Felsen.<br />
Auf die Frage, warum nicht sparsamer abgebaut wird,<br />
lautet die Antwort, die Nauruaner unterschieden sich nicht<br />
von <strong>der</strong> übrigen Welt, sie liebten das Geld wie die Europäer<br />
<strong>und</strong> Amerikaner <strong>und</strong> lebten in den Tag hinein, solange sie es<br />
hätten.<br />
So viel an<strong>der</strong>s ist es in den Industrielän<strong>der</strong>n tatsächlich<br />
nicht. Alle Warnungen, daß die Resourcen zu Ende gehen,<br />
haben nichts geän<strong>der</strong>t, man denkt nur bis zum nächsten<br />
Wahltermin <strong>und</strong> schiebt unangenehme Entscheidungen<br />
hinaus, auch die immer drängen<strong>der</strong>en Umweltprobleme.<br />
Es ist kaum zu leugnen, daß die meisten Menschen in den<br />
Industriestaaten die Freizeit selber nicht richtig zu nutzen<br />
wissen. F re izeitg e s ta ltu n g ist durchorganisiert kommerzialisiert.<br />
Freizeitgestaltung ist zu einem lukrativen Gewerbe geworden.<br />
Man denke nur an die vielen Reisebüros <strong>und</strong> die<br />
Massenunterkünfte in den rasch heranwachsenden in- <strong>und</strong><br />
ausländischen „Erholungsorten" mit den Vergnügungslokalen.<br />
Der Feriengast braucht sich um nichts zu kümmern, er<br />
kann alles passiv über sich ergehen lassen <strong>und</strong> muß nur den<br />
Preis dafür bezahlen. In fremden Län<strong>der</strong>n lebt er in einem<br />
Ghetto, möglichst so wie er es gewohnt ist, obgleich das<br />
Elend in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n nicht zu übersehen ist.<br />
Was ist <strong>der</strong> Gewinn dieses Massentourismus? Der Verbraillji<br />
an Photomaterial. Sonst nur ein passives Aufnehmen<br />
<strong>der</strong> durch die Massenmedien manipulierten Informationen.<br />
Er rauscht vorüber <strong>und</strong> kann gar nicht verarbeitet werden.<br />
Dasselbe gilt auch für den Unterricht, sowohl in den Schulen<br />
als auch an den Hochschulen. Die Menge <strong>der</strong> Informationen<br />
wächst ständig, zur kritischen Verarbeitung <strong>der</strong> Probleme<br />
fehlt die Zeit immer mehr.<br />
Das selbständige Denken wird nicht angeregt. Denken,<br />
glauben viele, kann man dem Computer überlassen. Die<br />
Wissenschaft, in Spezialfächer aufgesplittert, droht zu einem<br />
Turm von Babel zu werden. Durch die „Vermassung" ist eine<br />
fruchtbare Diskussion in kleineren Kreisen nicht mehr möglich.<br />
Eine Massenvorlesung ist nicht viel an<strong>der</strong>s als eine<br />
Fernsehdarbietung. Die Hörer lassen alles passiv über sich<br />
ergehen <strong>und</strong> büffeln erst einige Wochen vor <strong>der</strong> Prüfung.<br />
Ein Wissen, das nicht lange anhält. Das Verständnis fehlt.<br />
Man macht auf eine zunehmend feindliche Haltung <strong>der</strong><br />
Menschen gegenüber <strong>der</strong> Technik aufmerksam. Aber richtiger<br />
wäre es, von einer zunehmend menschenfeindlichen<br />
Technisierung zu sprechen. Die Technik, die dem Menschen<br />
helfen sollte, den Lebensablauf zu erleichtern <strong>und</strong> angenehmer<br />
zu gestalten, hat eine Eigendynamik entwickelt <strong>und</strong>
zwingt die Menschenmassen immer mehr in ihren Bann<br />
<strong>und</strong> in ein Abhängigkeitsverhältnis.<br />
Man darf nicht vergessen, daß <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Technik von<br />
jeher vor allem <strong>der</strong> Herstellung von Waffen galt. Kriegerische<br />
Handlungen gaben <strong>der</strong> Technik immer die größten Impulse<br />
zur Weiterentwicklung. Neue Erfindungen wurden sofort<br />
für die W a ffe n te c h n ik verwendet. Ohne die zwei<br />
Weltkriege hätte die Technik <strong>und</strong> die Massenfabrikation<br />
ihren heutigen Stand nicht erreicht. Obgleich <strong>der</strong> Vorrat an<br />
Vernichtungswaffen genügt, um die Menschheit zehnmal<br />
auszumerzen, geht die Aufrüstung noch immer weiter <strong>und</strong><br />
ein Ende ist nicht abzusehen. Lei<strong>der</strong> lehrt die Erfahrung, daß<br />
neu entwickelte Waffen meist auch verwendet wurden.<br />
Die Menschenfeindlichkeit <strong>der</strong> Technik kommt auch in<br />
<strong>der</strong> Umweltzerstörung zum Ausdruck. Während weltweit<br />
fast überall jährlich große Waldflächen <strong>der</strong> Technik zum<br />
Opfer fallen, versuchen in Japan umweltbewußte Großkonzerne,<br />
die Waldflächen zu vergrößern: Alle Stahlwerke <strong>der</strong><br />
Nippon Steel Coop., alle Betriebskomplexe <strong>und</strong> Forschungszentren<br />
<strong>der</strong> Honda Motors Co. <strong>und</strong> <strong>der</strong> Topay Industrien, die<br />
Kraftwerke <strong>der</strong> Tokyo Electric Co. <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kansai Electric<br />
Co. u. a. forsten die Flächen um ihre Betriebskomplexe als<br />
Luftfilter <strong>und</strong> Erholungsräume auf. Die einheimischen<br />
Baumarten haben bereits eine Höhe von 10 m erreicht<br />
(M iyawaki 1983). Holz kann man ja in Borneo holen.<br />
Bei uns sind die Betonklötze von asphaltierten Parkplätzen<br />
<strong>und</strong> nackten Rasenflächen umgeben. Der Rest <strong>der</strong> verbliebenen<br />
Umwelt wird vergiftet. Zwar sollen Höchstwerte<br />
für die einzelnen Giftstoffe nicht überschritten werden, aber<br />
ob sie auch bei <strong>der</strong> Summierung vieler Giftstoffe noch Gültigkeit<br />
haben, weiß niemand. Man denke an die Zunahme<br />
<strong>der</strong> Allergien o<strong>der</strong> an die Schadstoff- <strong>und</strong> Schwermetallanreicherungen<br />
in den Kulturböden. Die Schadstoffe waren in<br />
den 70er Jahren endlich selbst in <strong>der</strong> Muttermilch so hoch,<br />
daß man vom Stillen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nur deshalb nicht abgeraten<br />
hat, weil die Ersatzmittel nicht schadstoffärmer waren<br />
bzw. die Vorteile auch bedacht werden mußten. In den 90er<br />
Jahren ist die Belastung <strong>der</strong> Muttermilch allerdings dank<br />
entsprechend bewußter Ernährung <strong>und</strong> niedrigerer Grenzwerte<br />
auf erheblich geringere Werte abgesunken.<br />
Beson<strong>der</strong>s gravierend ist die T ech n isieru n g d e r L a n d <br />
w irts c h a ft. Die größeren, weitgehend autarken Bauernhöfe,<br />
die ohne Fremdenergie auskamen, waren die einzigen<br />
Betriebe, die mit <strong>der</strong> Umwelt in einem gewissen harmonischen<br />
Gleichgewicht standen. Sie werden jetzt durch landwirtschaftliche<br />
Fabriken ersetzt mit riesigen schwer zu be<br />
Die Übertechnisierung in den Industrieiän<strong>der</strong>n 489
490 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
^ Eine neue Bescheidenheit<br />
tut not:<br />
Lieber ärmer <strong>und</strong> ges<strong>und</strong><br />
als reich <strong>und</strong> halb tot.<br />
seitigenden organischen Abfallmassen. Ausgeräumte, eintönige<br />
Landschaften entstanden.<br />
Eine <strong>der</strong> gravierenden Folgen ist <strong>der</strong> seit 1960 auch in<br />
Deutschland stark beschleunigte Rückgang <strong>der</strong> Artenvielfalt.<br />
Die „Roten Listen" zeigen nicht nur eine zunehmende Gefährdung<br />
seltener, meist spezialisierter Arten, son<strong>der</strong>n auch<br />
einen Rückgang von früher weit verbreiteten <strong>und</strong> häufigen<br />
Arten (R uckdeschel 1996). Landwirtschaft, aber auch Forstwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Jagd, Tourismus, Tagebau, Industrie sind die<br />
Hauptverursacher, die vor allem einen starken Rückgang <strong>der</strong><br />
Vielfalt <strong>der</strong> Kleinlebensräume bedingen (vgl. Abb. 211 <strong>und</strong><br />
215).<br />
Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden in den Strudel<br />
<strong>der</strong> Weltwirtschaft hineingezogen, womit die Landwirtschaft<br />
ihre Krisenfestigkeit verliert. Die Technik entzieht dem Menschen<br />
immer mehr die natürliche Lebensgr<strong>und</strong>lage. Deshalb<br />
kann man von den Ökologen nicht erwarten, daß sie <strong>der</strong><br />
Übertechnisierung||fre<strong>und</strong>lich gesonnen sind. Es ist ihre<br />
Pflicht, auf die drohenden Gefahren immer wie<strong>der</strong> hinzuweisen.<br />
Der Mensch kann, wenn er muß, auf vieles verzichten<br />
<strong>und</strong> mit sehr wenig auskommen, aber er braucht reine Luft<br />
zum Atmen, sauberes Wasser zum Trinken <strong>und</strong> eine giftfreie<br />
Nahrung sowie einen natürlichen Einsatz seiner körperlichen<br />
Kräfte.<br />
Was die Technik produziert, sind in <strong>der</strong> Mehrzahl Dinge,<br />
die nicht lebensnotwendig sind <strong>und</strong> nur <strong>der</strong> Bequemlichkeit<br />
o<strong>der</strong> dem Prestige dienen. Die Bedürfnisse werden künstlich<br />
durch eine weltweite P ro p aganda <strong>und</strong> aufdringliche W erbung<br />
geschürt. Je<strong>der</strong> soll alles haben können. Nicht die<br />
Interessen <strong>der</strong> Menschen stehen bei <strong>der</strong> Technik im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n das Profitdenken <strong>und</strong> die rein wirtschaftlichen<br />
Interessen, vor allem <strong>der</strong> Großkonzerne. Immer mehr<br />
wird <strong>der</strong> Mensch durch Rationalisierung (Roboter, Mikroelektronik)<br />
aus dem Produktionsprozeß als Arbeitskraft<br />
hinausgedrängt <strong>und</strong> zum reinen Konsumenten <strong>der</strong> Massenproduktion<br />
degradiert. Wie sollen die Massen Industrieprodukte<br />
kaufen, wenn man ihnen nicht einen Verdienst<br />
garantiert <strong>und</strong> sie arbeitslos werden? Man spricht von wirtschaftlichen<br />
Zwängen des Wettbewerbs - ein Teufelskreis!<br />
Die Menschen sind durch die Technik we<strong>der</strong> glücklicher<br />
noch gesün<strong>der</strong> geworden. Die Zivilisationskrankheiten körperlicher<br />
o<strong>der</strong> psychischer Natur nehmen ständig zu. Wenn<br />
das mittlere Lebensalter ansteigt, so geschieht das durch immer<br />
mehr Arzneimittel, <strong>der</strong>en Kosten ins Unermeßliche<br />
steigen.
W alter äußerte sich dazu folgen<strong>der</strong>maßen: „Wenn man<br />
die acht Jahrzehnte seines eigenen Lebens überschaut <strong>und</strong><br />
ein Urteil über die Segnungen <strong>der</strong> Technik abgeben sollte, so<br />
kann das nur ein sehr Subjektives sein. Nach welchen Kriterien<br />
sollte es geschehen? Auf jeden Fall fehlte <strong>der</strong> Streß.<br />
Auch die Überquerung <strong>der</strong> Weltmeere bei den Forschungsreisen<br />
mit dem Schiff waren eine schöne Erholung vor <strong>und</strong><br />
nach <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> erlaubten eine langsame Umstellung,<br />
während bei den heutigen Flugreisen das nicht <strong>der</strong> Fall ist;<br />
selbst die Umstellung auf das an<strong>der</strong>e Klima, die an<strong>der</strong>e Umwelt,<br />
die an<strong>der</strong>e Uhrzeit erfolgt zu plötzlich".<br />
Ohne die Technik wäre die „Vermassung" nicht möglich<br />
gewesen. Sie hat jetzt zu <strong>der</strong> wachsenden Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen<br />
geführt, die eine schwere Belastung <strong>der</strong> Zukunft sind.<br />
Dabei ist die Lösung des Problems eine einfache Milchmädchenrechnung,<br />
die nur etwas mehr Solidarität <strong>und</strong> weniger<br />
Egoismus erfor<strong>der</strong>n würde. Schließlich rechnen selbst<br />
die Wirtschaftsoptimisten nicht mehr mit einem Wirtschaftswachstum<br />
wie vor ein bis zwei Jahrzehnten. Auch bei uns<br />
ist die Bevölkerungszahl bereits zu groß.<br />
Nachhaltige Landnutzung 491<br />
5 Nachhaltige Landnutzung<br />
Jedes Lebewesen wird von seiner Umwelt beeinflußt, umgekehrt<br />
beeinflußt jedes Lebewesen aber auch seine Umwelt.<br />
Letzteres wird umso deutlicher je größer die Populationsdichte<br />
einer Art ist.<br />
Abb. 294.<br />
Die Komponenten des „Global<br />
Change“ (nach Vitousek 1994).<br />
Die dicken Pfeile kennzeichnen<br />
starke Effekte.
492 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
^ Nur in den Gebieten,<br />
in denen über viele Generationen<br />
hinweg eine<br />
Nutzung, eine Besiedlung<br />
<strong>und</strong> ein Auskommen im<br />
Einvernehmen mit <strong>der</strong><br />
vorhandenen <strong>Vegetation</strong><br />
<strong>und</strong> Fauna möglich ist,<br />
kann man von einer nachhaltigen<br />
Landnutzung<br />
sprechen. Dies schließt<br />
auch die Erhaltung <strong>der</strong> Ertragsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> Böden<br />
über lange Zeiträume mit<br />
ein.<br />
Der Mensch hat inzwischen eine erschreckende Populationsdichte<br />
erreicht. Die Beeinflussung <strong>der</strong> Umwelt steigt<br />
dabei exponentiell mit <strong>der</strong> Bevölkerungsdichte an (vgl.<br />
Abb. 293, 294).<br />
Landnutzung verän<strong>der</strong>t stetslkich die Böden <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t<br />
die Erosion. Die Bodenbildung ist aber ein langwieriger Prozeß.<br />
Bodenerosion vernichtet auf Jahrh<strong>und</strong>erte o<strong>der</strong> Jahrtausende<br />
wertvolle Ressourcen. Dies ist allerdings in den<br />
einzelnen Zonobiomen sehr unterschiedlich.<br />
Eine nachhaltige, tragfähige Landnutzung ist nur zu erreichen,<br />
wenn die Populationsdichte (einschließlich <strong>der</strong><br />
Städte) ein bestimmtes Maß nicht überschreitet <strong>und</strong> wenn<br />
Abb. 295.<br />
Die Konzentration an CO2 in <strong>der</strong><br />
Atmosphäre auf dem Mauna<br />
Loa in Hawaii (A) <strong>und</strong> am Südpol<br />
(B). Die jährlichen Schwingungen<br />
kommen durch die saisonale<br />
Aktivität <strong>der</strong> Landpflanzen<br />
<strong>der</strong> nördlichen Hemisphäre zustande,<br />
die stetige Zunahme<br />
durch die Verfeuerung fossiler<br />
Brennstoffe <strong>und</strong> Abholzung <strong>der</strong><br />
Wäl<strong>der</strong> (nach K e e l i n g & W h o r f<br />
1994).
Nachhaltige Landnutzung 493<br />
sich die Landnutzungsmethoden für Ackerbau, Viehzucht<br />
<strong>und</strong> Forstwirtschaft an natürlichen Prozessen orientieren,<br />
also eine K re is la u fw irts c h a ft konsequent auf allen Ebenen<br />
eingeführt wird. Dies schließt notwendigerweise auch<br />
industrielle Verfahren ein.<br />
Die inzwischen erkennbaren <strong>globalen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />
(Global Change) <strong>der</strong>en wesentliche Effekte in Abb. 294 zusammengestellt<br />
sind, umfassen insbeson<strong>der</strong>e auch die Än<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> chemischen Zusammensetzung <strong>der</strong> Atmosphäre.<br />
Die Zunahme an COj <strong>und</strong> auch an<strong>der</strong>er Spurengase<br />
(CH4 , NjO, FCKW, etc.) muß zu einer verän<strong>der</strong>ten Gleichgewichtslage<br />
des Strahlungshaushalts <strong>der</strong> Erde führen. Die saisonalen<br />
Schwankungen durch die Jahreszeiten auf <strong>der</strong><br />
Nordhemisphäre, die die sogenannte Mauna-Loa-Kurve<br />
zeigt, sind schon lange bekannt (Abb. 295), aber die stetige<br />
Zunahme des COj-Gehalts von etwa 280 ppm (in vorindustrieller<br />
Zeit) auf <strong>der</strong>zeit etwa 360 ppm COj ist weltweit<br />
nachweisbar. Daß daneben auch an<strong>der</strong>e globale Stoffkreisläufe<br />
durch die wachsenden anthropogenen Aktivitäten inzwischen<br />
eine Verän<strong>der</strong>ung erfahren, ist bislang weniger zur<br />
Kenntis genommen worden. Abb. 296 stellt die natürliche<br />
N-Bindung <strong>der</strong> durch den Menschen bedingten gegenüber,<br />
die inzwischen mindestens die gleiche Größenordnung erreicht<br />
hat.<br />
G lo b a le N - F ix ie r u n g ( T g p r o J a h r )<br />
N a ü r lic h e N - F ix e r u n g<br />
•<br />
100<br />
50<br />
/<br />
A n t h r o p o g 3ne N - F ix ie ru ig<br />
1 9 2 0 1 9 4 0 1 9 6 0 1 9 8 0 J a h r<br />
Abb. 296.<br />
Der globale N-Haushalt ist<br />
gekennzeichnet durch die weitgehend<br />
konstante natürliche<br />
N-Fixierung (biologische<br />
Stickstoffixierung in terrestrischen<br />
Ökosystemen <strong>und</strong> Bindung<br />
von N in elektrischen Entladungen)<br />
sowie durch die stark gestiegene<br />
anthropogene N-Fixierung<br />
(industrielle Düngerherstellung<br />
z. B. Haber-Bosch-Verfahren,<br />
N-Bindung bei <strong>der</strong> Verbrennung<br />
fossiler Treibstoffe <strong>und</strong> N-Bindung<br />
durch Leguminosen-<br />
Anbau) (nach Vitousek 1994).
494 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
Nachhaltige Nutzung von Wäl<strong>der</strong>n ist in den gemäßigten<br />
Breiten unter klimatischen Bedingungen, die keine beson<strong>der</strong>en<br />
Extreme aul'weisen, für Jahrh<strong>und</strong>erte möglich, aber<br />
selbst in Mitteleuropa gibt es die Probleme <strong>der</strong> Waldschäden.<br />
In wechsell'euchten Gebieten ist die Erosionsrate auf abgeholzten<br />
Flächen ein großes Problem. Die Böden werden<br />
nach <strong>der</strong> Abholzung stark verspült, eine Wie<strong>der</strong>bewaldung<br />
ist dadurch schwieriger. In den tropischen Regenwäl<strong>der</strong>n ist<br />
Holznutzung nach europäischem Muster ökonomisch ein<br />
Unsinn (vgl. S. !74ff.).<br />
Nahezu zwei Drittel <strong>der</strong> urprünglichen Wäl<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde<br />
insgesamt sind für immer verloren. Von den 8,08 ■10'* ha, die<br />
vor etwa 8000 Jahren noch von Wald bedeckt waren, sind<br />
heute noch 3,04-10'’ ha übriggeblieben. Zu diesem erschreckenden<br />
Ergebnis kommt die neueste Untersuchung<br />
des WWF (World Wild Life F<strong>und</strong>) über den <strong>globalen</strong> Zustand<br />
<strong>der</strong> Wäl<strong>der</strong>. Der Erhalt des Rests ist keineswegs sicher. Fleutzutage<br />
werden jährlich etwa 17 • IO*" ha Urwäl<strong>der</strong> durch<br />
großangelegte Rodungen, industriellen Holzeinschlag<br />
Straßenbau <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Eingriffe des Menschen zerstört o<strong>der</strong><br />
durch artenarme Holzplantagen mit geringem ökologischem<br />
Wert ersetzt. Besorgniserregend ist vor allem die Tatsache,<br />
daß sich die Vernichtung in den letzten Jahren nicht verringert,<br />
son<strong>der</strong>n beschleunigt hat. Der WWF schlägt daher vor,<br />
ein weltumspannendes Netz von Schutzzonen zu schaffen,<br />
das je 10 % <strong>der</strong> tropischen <strong>und</strong> subtropischen Wäl<strong>der</strong> sowie<br />
<strong>der</strong> gemäßigten <strong>und</strong> borealen Wäl<strong>der</strong> umfassen soll. Allein<br />
für Europa werden 100 Waldgebiete dafür vorgeschlagen.<br />
6 Großprogramme <strong>und</strong> globale Projekte<br />
Daß es eine Reihe von <strong>globalen</strong> Umweltproblemen gibt, zeigen<br />
die stetig steigenden Abkommen <strong>und</strong> Konferenzen zwischen<br />
den verschiedenen Staaten <strong>und</strong> Staatengruppen. Vereinbarungen<br />
zur verstärkten Zusammenarbeit bei <strong>der</strong><br />
Verhütung <strong>der</strong> <strong>globalen</strong> Erwärmung, dem Schutz <strong>der</strong> Ozonschicht,<br />
gegen sauren Regen, bei <strong>der</strong> Reinhaltung von Luft,<br />
Wasser <strong>und</strong> Boden sowie bei <strong>der</strong> Abfallwirtschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Wie<strong>der</strong>gewinnung von Rohstoffen gibt es immer mehr. Die<br />
Auswirkungen an <strong>der</strong> Basis, also die tatsächlichen Verbesserungen<br />
sind aber bislang nur sehr punktuell (zum Beispiel<br />
bei <strong>der</strong> Wasserqualität des Rheins) erkennbar.<br />
Weniger Geld für Kongresse <strong>und</strong> Tagungen, für politische<br />
Konferenzen <strong>und</strong> Gremien, dafür mehr klare politische Entscheidungen<br />
<strong>und</strong> mehr Geld für Basisforschung (vgl. Kapitel<br />
I) könnte hier bessere Erfolge erzielen.
I<br />
Großprogramme <strong>und</strong> globale Projekte 495<br />
Physikalisches Klimasystem<br />
Atmosphären-PhysikZ-Dynamik<br />
E T<br />
Ozean-Dynamik<br />
Globaler<br />
Wasserhaushalt<br />
TT<br />
1 Terrestrische Energieumsätze,<br />
Wasserhaushalt<br />
Terrestrische<br />
Ökosysteme<br />
T_L<br />
Troposphären-Chemie<br />
Biogeochemische Kreisläufe<br />
1<br />
Boden<br />
1 T re ib h a u s -1 _ _<br />
r gase f<br />
Landnutzung<br />
Klimawandel<br />
/<br />
Schadgase/Treibhausgase<br />
Menschliche<br />
Aktivitäten<br />
Sozialsystem<br />
W irtschaft<br />
Politik<br />
Recht<br />
Die Fülle an Organisationen, an Großprojekten <strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>forschungszentren<br />
führt zu einer Flut von neuen<br />
Akronymen, also immer mehr zu einer eigenen Sprache. Einige<br />
wenige sind in Abb. 297, 298 <strong>und</strong> 299 erwähnt, soweit<br />
sie den Anspruch haben auch ökologische Forschungen anzustoßen.<br />
Es ist sicher sinnvoll alle diese Aktivitäten kritisch<br />
zu beobachten <strong>und</strong> mit neuen Ideen zu begleiten (wobei oft<br />
<strong>der</strong> „ges<strong>und</strong>e Menschenverstand" schon sehr hilfreich wäre).<br />
In vielen dieser großen Programme <strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>forschungseinrichtungen<br />
geht es um die Erfassung <strong>der</strong><br />
physikalisch-chemischen Dynamik im <strong>globalen</strong> Maßstab<br />
HDGEC<br />
10<br />
SCOPE UNESCO ICSU IGBP-GCTE lUMS<br />
D IVERSITAS<br />
ein internationales Programm <strong>der</strong> Biodiversitäts-Forschung<br />
Ursprung,<br />
Aufrechterhaltung<br />
<strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Biodiversität<br />
- t ^<br />
Systematische<br />
Inventuren <strong>und</strong><br />
Klassifikation<br />
(Taxonomie)<br />
Monitoring <strong>der</strong><br />
Biodiversität<br />
Effekte <strong>der</strong><br />
Biodiversität<br />
auf Funktionen<br />
im Ökosystem<br />
Biodiversität in E . ^ Mikrobielle 1 Limnische<br />
r.-., : Böden <strong>und</strong> | Biodiversität Q 1Biodiversität<br />
Sedimenten ffi<br />
Schutz, Wie<strong>der</strong>herstellung<br />
<strong>und</strong> nachhaltige<br />
Nutzung<br />
<strong>der</strong> Biodiversität<br />
j Marine<br />
' Biodiversitätn<br />
Abb. 297.<br />
Durch globale Modelle lin Rahmen<br />
des IGBP (International<br />
Geosphere-Biosphere Programme)<br />
<strong>und</strong> durch <strong>der</strong>en Verknüpfung<br />
z. B. des physikalischen<br />
Klimasystems, <strong>der</strong> biogeochemischen<br />
Kreisläufe <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
menschlichen Aktivitäten soll<br />
versucht werden, ein besseres<br />
Verständnis <strong>der</strong> Erde als Gesamtsystem<br />
zu erreichen. Dies<br />
könnte dann auch gewisse Prognosen<br />
zukünftiger Entwicklungen<br />
ermöglichen (nach IGBP<br />
1993).<br />
Abb. 298.<br />
Die im Rahmen des internationalen<br />
Forschungsprogramms<br />
DIVERSITAS geplanten Hauptaktivitäten<br />
(numeriert von 1-5)<br />
<strong>und</strong> einige spezielle Untersuchungsziele<br />
(6-10). In <strong>der</strong> obersten<br />
Zeile sind die Trägerorganisationen<br />
genannt (nach<br />
DIVERSITAS 1996).
496 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
Abb. 299.<br />
Die Verknüpfung <strong>der</strong> verschiedenen<br />
internationalen Organisationen<br />
<strong>und</strong> ihrer Programme zur<br />
Erforschung <strong>der</strong> Erde als Gesamtsystem<br />
(nach IGBP 1993).<br />
HDGEC<br />
ICSU<br />
IGBP<br />
IPCC<br />
IOC<br />
ISSC<br />
SCOPE<br />
UNEP<br />
UNESCO<br />
WCRP<br />
WMO<br />
Human Dimensions of Global Environmental Change<br />
International Council of Scientific Unions<br />
International Geosphere-Biosphere Programme<br />
Intergovernmental Panel on Climate Change<br />
Intergovernmental Oceanographic Commission<br />
International Social Science Council<br />
Scientific Committee on Problems of the Environment<br />
United Nations Environment Programme<br />
United Nations Educational, Scientific and Cuiturai Organization<br />
World Climate Research Programme<br />
World Meteorological Organization<br />
(Abb. 297, 299). Die organismische Welt hat man deutlich<br />
vernachlässigt. Ob ein Programm wie DIVERSITAS (vgl.<br />
Abb. 298) die Rückstände aufholen kann, ist fraglich. Auch<br />
sind viele <strong>der</strong> Probleme seit langem gut erkannt, ihre datengenaue<br />
Erfassung ist sicher wichtig, aber nur eine Seite; die<br />
an<strong>der</strong>e Seite ist die Umsetzung in Maßnahmen, die greifen<br />
<strong>und</strong> Abhilfe bewirken können. Dabei klafft bei <strong>der</strong> rasanten<br />
technologischen Entwicklung <strong>der</strong> Industrielän<strong>der</strong> <strong>und</strong> dem<br />
„auf <strong>der</strong> Stelle treten" <strong>und</strong> an „Symptomen kurieren" fast aller<br />
Län<strong>der</strong> eine immer größere Lücke.<br />
7 Bekenntnisse<br />
Wie kann man abhelfen <strong>und</strong> eine Entwicklung zu einer<br />
nachhaltigen Nutzung erreichen, die auch noch den Kindeskin<strong>der</strong>n<br />
ein lebenswertes Leben ermöglicht?<br />
Dies ist kein naturwissenschaftliches Problem, son<strong>der</strong>n<br />
eine Frage des soziologisch-politischen Systems. Und dabei<br />
hat man oft den Eindruck, daß die Masse <strong>der</strong> Bevölkerung
Bekenntnisse 497<br />
nicht gerade als mündige Bürger behandelt wird. Man<br />
scheut sich vor den längst fälligen einschneidenden Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> nimmt dafür lieber ständig „Kredite" im weitesten<br />
Sinne auf Kosten <strong>der</strong> Enkel auf <strong>und</strong> betrachtet den<br />
Staat als Selbstbedienungsladen. Positive Vorbil<strong>der</strong> sind sehr<br />
rar geworden, ebenso wie wegweisende Gerichtsentscheidungen.<br />
Dabei ist Abhilfe nur möglich, wenn alle an einem<br />
Strang ziehen. Abhilfe ist insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> Ebene des<br />
Einzelnen möglich, nur auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> intakten Familie<br />
können nachhaltige Verhaltensweisen von Generation<br />
zu Generation tradiert werden.<br />
Der Verlust von Wertvorstellungen <strong>und</strong> Tradition führt<br />
aber zu bedenklichen Entwicklungen. In Ungarn, Taiwan<br />
<strong>und</strong> vielen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n sind für r<strong>und</strong> 90 % <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
Kin<strong>der</strong> die Vorausetzung für ein erfülltes Leben. In<br />
USA (46 %) <strong>und</strong> in Deutschland (49 %) schreiben nur<br />
knapp die Hälfte <strong>der</strong> Erwachsenen Kin<strong>der</strong>n eine sinngebende<br />
Bedeutung zu. Aber diese sogenannte Selbstverwirklichung<br />
des Einzelnen, die übertriebene Liberalisierung <strong>und</strong><br />
grenzenloser Lustgewinn führen zum Chaos.<br />
Dabei hat man gerade in den letzten Jahren im Rahmen<br />
neurophysiologischer Forschungen in den USA zeigen können,<br />
wie enorm groß die Prägbarkeit des menschlichen Gehirns<br />
in den frühen Stadien <strong>der</strong> Entwicklung <strong>und</strong> Entfaltung<br />
ist.<br />
Es ist in früherer Zeit völlig klar gewesen, daß <strong>der</strong> Beruf<br />
<strong>der</strong> Mutter in einer intakten Familie <strong>der</strong> beste Garant für<br />
das gcistig-scclischc Gedeihen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> damit für die<br />
Zukunft <strong>der</strong> Menschheit ist. Dies hat man in manchen westlichen<br />
Län<strong>der</strong>n in den letzten Jahrzehnten vergessen. Der<br />
Staat, aber noch viel mehr <strong>der</strong> Einzelne ist gefor<strong>der</strong>t.<br />
Dazu hat W alter in hohem Alter Gedanken formuliert,<br />
die im abschließenden Abschnitt kurz aufgegriffen werden<br />
sollen.<br />
Die Menschlichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> enge Kontakt <strong>der</strong> Menschen<br />
untereinan<strong>der</strong> geht immer mehr verloren, er beschränkt<br />
sich auf kurze <strong>und</strong> meist nichtssagende Telefongespräche<br />
o<strong>der</strong> gar auf kurze e-mail-Notizen. Der einzelne Mensch<br />
wird zu einer Nummer: zu einer Personalnummer, einer<br />
Steuernummer, einer Krankenkassennummer, vielen K<strong>und</strong>ennummern<br />
etc. Der Name erscheint nur noch auf den<br />
Briefsendungen. Wie lange noch? Was früher den meisten<br />
Menschen noch das Verhältnis zur Natur bedeutete, das<br />
kennt die heutige Jugend in den mit Technik durchsetzten<br />
Landschaften nicht mehr; sie weiß nicht, was man ihr genommen<br />
hat. Denn es kommt nicht auf den materiellen Le<br />
^ Ob klug o<strong>der</strong> lahm,<br />
ob kraftvoll o<strong>der</strong> schlapp,<br />
ob seelisch belastbar o<strong>der</strong><br />
beeinträchtigt, ob willensstark<br />
o<strong>der</strong> anfällig für<br />
Süchte, Kriminalität <strong>und</strong><br />
seelische Erkrankungen,<br />
ob optimistisch o<strong>der</strong> verzagt,<br />
ob also glücklich<br />
o<strong>der</strong> lebenslang unglücklich<br />
- das hängt weitgehend<br />
davon ab, was das<br />
menschliche Gehirn in seiner<br />
Frühphase an Eindrücken<br />
speichert.
498 Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
bensstandard an, son<strong>der</strong>n auf die Lebensqualität - nicht auf<br />
den äußeren Schein, son<strong>der</strong>n auf das innere Sein.<br />
Lebensstandard <strong>und</strong> Lebensqualität brauchen keine<br />
Gegensätze zu sein. Aber die Erfahrung lehrt, daß je mehr<br />
man Wert auf den äußeren Schein legt, desto mehr verarmt<br />
meist das Innenleben, von dem man deshalb nicht spricht.<br />
Auch äußerlich kommt Lebensqualität zum Ausdruck,<br />
durch eine ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> natürliche Lebensführung, den<br />
sinnvollen Gebrauch seiner Lebenskräfte <strong>und</strong> den Verzicht<br />
auf alle Suchtmittel, die Bevorzugung einer stillen Lebensweise<br />
in Bescheidenheit <strong>und</strong> mit Selbstbeherrschung. Wer<br />
wirklich mit <strong>der</strong> Natur verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> sie in ihrer ganzen<br />
Mannigfaltigkeit <strong>und</strong> gewaltigen Größe kennt, <strong>der</strong> fühlt sich<br />
nicht als Mittelpunkt <strong>der</strong> Schöpfung. Der weiß, daß er nur<br />
ein winziges, momentanes Eiweißklümpchen ist in <strong>der</strong><br />
Unendlichkeit des Alls.<br />
Dazu W alter sinngemäß:<br />
"Dem eröffnet sich nicht nur die Außenwelt, die Thema<br />
dieses Buches ist, zu <strong>der</strong> wir mit unserem Leibe gehören <strong>und</strong><br />
die wir mit unserem Denkvermögen erforschen, son<strong>der</strong>n<br />
auch die an<strong>der</strong>e Seite des Menschen, seine Innenwelt, die<br />
nicht <strong>der</strong> Logik unterliegt, für die von den Philosophen verschiedene<br />
komplizierte Bezeichnungen verwendet werden,<br />
die aber gemeinhin „Seele" genannt wird. Dies läßt sich<br />
nicht in Worte fassen, auch nicht beweisen. Sich dazu zu bekennen,<br />
ist ein Akt <strong>der</strong> freien Entscheidung eines jeden Einzelnen,<br />
ohne die es für den Menschen keine wahre Freiheit<br />
gibt. Erst sie verschafft ihm Unabhängigkeit vom Urteil <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en <strong>und</strong> damit innere Sicherheit, Ruhe <strong>und</strong> Gelassenheit<br />
sowie innere Fröhlichkeit. Es handelt sich dabei nicht<br />
um ein Diesseits o<strong>der</strong> Jenseits. Das Absolute kennt keine<br />
Grenzen. Es ist in uns <strong>und</strong> auch außerhalb von uns. Das ist<br />
die wichtigste Schlußfolgerung für die nach dem Sinn des<br />
Lebens suchende Jugend, das Ergebnis eines langen Lebens,<br />
das <strong>der</strong> Erforschung des Lebendigen auf <strong>der</strong> ganzen Erde gewidmet<br />
war, eines Lebens voller W<strong>und</strong>er, in einer Zeit, die<br />
nicht an W<strong>und</strong>er glaubt <strong>und</strong> die Verbindung mit dem Mittelpunkt<br />
aller Dinge verloren hat. Man muß stets gegen den<br />
verschmutzten Strom schwimmen bis an die reine Quelle,<br />
die aus <strong>der</strong> Tiefe kommt" (vgl. auch W alter: „Bekenntnisse<br />
eines Ökologen").
Bekenntnisse 499<br />
FRAGEN:<br />
1 Was ist eine nachhaltiße, tragfähige Landwirtschaft, was eine<br />
nachhaltige Forstwirtschaft?<br />
2 Wo ist die jährliche Produktivität <strong>der</strong> grünen Produzenten<br />
größer, auf <strong>der</strong> festen Erdoberfläche o<strong>der</strong> im Ozean?<br />
3 Wie unterscheidet sich das Verhältnis Biomasse <strong>der</strong> Produzenten<br />
<strong>und</strong> jährliche Produktivität in marinen <strong>und</strong> in terrestrischen<br />
Ökosystemen?<br />
4 Was ist eine „Rote-Liste-Art"?<br />
5 Warum ist <strong>der</strong> Begriff „Explosion" bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong><br />
Bevölkerungszunahme <strong>der</strong> Menschheit angebracht?<br />
6 Wie unterscheiden sich die minimalen Lebensanfor<strong>der</strong>ungen<br />
eines Menschen vom normalerweise gefor<strong>der</strong>ten Lebensstandard?<br />
Abb. 300.<br />
Symbolische Darstellung von<br />
Jordan Pop-IUer (Mazedonien),<br />
aus UN CCD: „Comics to combat<br />
Desertification ", S. 75: UN CCD,<br />
First Conference of the Parties,<br />
Rome, 29.9.-10.10.1997.
Literaturverzeichnis<br />
Es werden nur einige gr<strong>und</strong>legende, meist neuere Veröffentlichungen genannt.<br />
Für ausführlichere Literaturangaben siehe insbeson<strong>der</strong>e W alter 1973, 1986 sowie W alter fr<br />
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Mariabrunn 62, 244 S.
Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Pflanzennamen<br />
Von den im Text lateinisch genannten Pflanzengattungen (verschiedentlich auch -arten)<br />
sind nur diejenigen aufgeführt, für die es gute deutsche Namen gibt.<br />
Abies = Tanne<br />
- bakamea = Balsamtanne<br />
- concolor = Grautanne<br />
Acacia = Echte Akazie<br />
Acantholimon = Igelpolster<br />
Acer = Ahorn<br />
- mompessulanum = Felsenahorn<br />
Adansonia = Baobab, Affenbrotbaum<br />
Adonis = Adonisröschen<br />
Aeßopodium = Giersch, Geißfuß<br />
Aßropyrum = Quecke<br />
Albizzia julibrissin = Seidenrosenbaum<br />
Adenocarpus = Ginstergattung<br />
Alchemiila = Frauenmantel<br />
Alhaßi = Kameldorn<br />
Ainus = Erle<br />
Amyßdalus = Mandel<br />
Andromeda = Rosmarinheide, Gränke<br />
Andropoßon = Bartgras<br />
Androsace = Mannsschild<br />
Anemone = Windröschen<br />
- hepática siehe Hepática nobilis<br />
Araucaria excelsa = Zimmertanne<br />
Arbutus = Erdbeerbaum<br />
Arctostaphylos = Bärentraube<br />
Arctous = Alpen-Waldrebe, Alpen-Bäremraube<br />
Arenaria = Sandkraut<br />
Arßemone = Mexikanischer Mohn<br />
Artemisia = Wermut, Beifuß<br />
Ar<strong>und</strong>inaria = Zwergbambus<br />
Asarum = Haselwurz<br />
Asparaßus = Spargel<br />
Asperula odorata siehe Galium odoratum<br />
Asphodelus = Affodill<br />
Aspidistra = Schildblume, Schusterpalme<br />
(Zimmerpflanze)<br />
Asplénium = Streifenfarn<br />
- nidus = Nestfarn<br />
Astraßalus = Tragant<br />
Atriplex = Melde<br />
Atropa = Tollkirsche<br />
Avenella (Deschampsia) = Schmiele<br />
Betula = Birke<br />
- nana = Zwergbirke<br />
- ermanii = Steinbirke<br />
- tortuosa = Arktische Moorbirke<br />
Brachypodium = Zwenke-Gras<br />
Brassica = Senfpflanze<br />
Bromus = Trespe<br />
Buxus = Buchsbaum<br />
Calamaßrostis = Reitgras<br />
Calamus = Rotang-Palme<br />
Calceolaria = Pantoffelblume<br />
Calluna = Heidekraut, Besenheide<br />
Camellia = Kamelie<br />
Campanula = Glockenblume
Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Ptlanzennamen 513<br />
Camphorosma = Kampterkraut<br />
Capparis = Kapernstrauch<br />
Caragana = Erbsenstrauch<br />
Carex = Segge<br />
Carpinus = Hainbuche<br />
Castanea = Echte Kastanie<br />
Casuarina = Känguruhbaum<br />
Cedrus = Ze<strong>der</strong><br />
Ceiba = Kapokbaum<br />
Celtis = Zürgelbaum<br />
Centaurea = Flockenblume<br />
Cephalotaxus = Kopfeibe<br />
Cerastium = Hornkraut<br />
Ceratoides (Eurotia) = Hornmelde<br />
Ceratonia = Johannisbrotbaum, Karube<br />
Cercis = Judasbaum<br />
Ceterach = Milzfarn, Schriftfarn<br />
Cetraria = Isländisches Moos (Flechte)<br />
Chamaecyparis = Scheinzypresse<br />
Chamaerops humilis = Zwergpalme<br />
Cheilanthes = Schuppenfarn<br />
Cheiranthus = Goldlack<br />
Chlorophytum = Graslilie (Zimmerpflanze)<br />
Chrysanthemum = Wucherblume<br />
Cßtus = Zistrose<br />
Citrus = Apfelsine, Zitrone u. a.<br />
Cladonia = Rentierflechte u. a.<br />
Clematis - Waldrebe<br />
Cochlearia = Löffelkraut<br />
Coffea = Kaffeebaum<br />
Colutea = Blasenstrauch<br />
Commiphora = Myrrhenharz-Strauch<br />
Corallorhiza = Korallenwurz<br />
Corispermum = Wanzensame<br />
Corydalis = Lerchensporn<br />
Crassula = Dickblatt<br />
Crataegus = Weißdorn<br />
Crocus = Krokus<br />
Cryptomeria = Sicheltanne<br />
Cupressus = Zypresse<br />
Cytisus = Geißklee-Ginster<br />
Dactylis = Knäuelgras<br />
Datura = Stechapfel<br />
Delphinium = Rittersporn<br />
Dentaria = Zahnwurz<br />
Deschampsia = Schmiele<br />
Distichlis = Salzgras<br />
Draba = Hungerblümchen<br />
Dracaena draco = Drachenbaum<br />
Drosera = Sonnentau<br />
Dryas = Silberwurz<br />
Echium = Natterkopf<br />
Eichhornia = Wasserhyazinthe<br />
Elaeagnus = Ölweide<br />
Empetrum = Krähenbeere<br />
Entodon schreberi = Rotstengelmoos<br />
Ephedra = Meerträubel<br />
Epiphyllum - Weihnachtskaktus<br />
Eragrostis = Liebesgras<br />
Erica arbórea = Baumheide<br />
- cinerea = Grauheide<br />
- tetralix - Moor-, Glockenheidc<br />
Eriophorum = Wollgras<br />
Eryngium = Mannstreu<br />
Erythrina = Korallenstrauch, K.-baum<br />
Eucalyptus = Fieberbaum<br />
Euonymus = Pfaffenkäppchen, -hülchen<br />
Euphorbia = Wolfsmilch<br />
Fagus = Buche<br />
- sylvatica = Rotbuche<br />
Falcaría = Sichclmöhrc<br />
Ferula = Riesenfenchel, Asant<br />
Festuca = Schwingel<br />
Picarla = Scharbockskraut<br />
Ficus = Feigenbaum<br />
- elástica = Gummibaum<br />
Filipéndula = Mädesüß<br />
Fragaria = Erdbeere<br />
Fraxinus = Esche<br />
- ornus = Mannaesche<br />
Gagea = Goldstern<br />
Galanthus = Schneeglöckchen<br />
Galium = Labkraut<br />
- odoratum = Waldmeister<br />
Genista = Ginster<br />
Gentiana = Enzian<br />
Geranium = Storchschnabel<br />
Gleichenia = Tropischer Kletter-Farn
514 Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Pflanzennamen<br />
Gnaphalium = Ruhrkraut<br />
Goodyera = Netzblatt, Mooswurz<br />
Grevillea = Australische Silbereiche<br />
Hagmia = Wurmbaum<br />
Halocnemum = Wirtelmelde<br />
Haloxylon = Saxaul (saxa-ul) o<strong>der</strong> Saksaul<br />
- aphyllum = Schwarzer Saxaul<br />
- perskum = weißer Saxaul<br />
He<strong>der</strong>á = Eteu<br />
Helichrysum = Strohblume, Immortelle<br />
Hemerocallis = Taglilie, Goldlilie<br />
Hepática nobilis = Leberblümchen<br />
Heracleum = Bärenklau<br />
Hibiscus = Eibisch<br />
Hippeastrum = Ritterstern, „Amaryllis"<br />
Hippophae = Sanddorn<br />
Holosteum = Spurre<br />
Hypericum = Johanniskraut, Hartheu<br />
Ilex aquifolium = Stechpalme<br />
Imperata = Trop. Alang-Gras<br />
Ipomoea = Prachtwinde<br />
Iris = Schwertlilie<br />
Jubaea = Königspalme<br />
Juglans = Walnuß<br />
Juncus = Binse<br />
Juniperus = Wachol<strong>der</strong><br />
- excelsa = Baumwachol<strong>der</strong><br />
- oxycedrus = Ze<strong>der</strong>nwachol<strong>der</strong><br />
Jurinea = Silberscharte<br />
Kobresia = Schuppenried<br />
Kochia - Radmelde<br />
Koeleria = Schillergras<br />
Knautia = Witwenblume<br />
Lamium = Taubnessel<br />
Larix = Lärche<br />
Larrea = Kreosotbusch<br />
Lathyrus = Platterbse<br />
Laurocerasus = Kirschlorbeer<br />
Laurus = Lorbeer<br />
Lavandula = Lavendel<br />
Ledum = Sumpfporst<br />
Leontopodium = Edelweiß<br />
Leucadendron = Silberbaum<br />
Leucojum = Märzbecher, Knotenblume<br />
Ligustrum = Liguster, Rainweide<br />
Lilium martagón = Türkenb<strong>und</strong><br />
Limonium = Strandnelke<br />
Linnaea = Moosglöckchen<br />
Linosyris = Goldaster<br />
Liquidambar = Amberbaum<br />
Listera = Zweiblatt<br />
Loiseleuria = Alpen-Azalee<br />
Lonicera = Geißblatt<br />
Lupinus = Lupine<br />
Luzula - Simse<br />
Lycium = Bocksdorn<br />
Lycopodium = Bärlapp<br />
Lygeum spartum = Espartogras<br />
Maianthemum = Schattenblümchen<br />
Malus = Apfelbaum<br />
Mesembryanthemum = Eiskrautpflanze, Mittagsblume<br />
Monotropa = Fichtenspargel<br />
Molinia = Pfeifengras<br />
Monstera = Fensterblattpflanze<br />
Montia = Quellkraut<br />
Myosotis = Vergißmeinnicht<br />
Myrica = Gagelstrauch<br />
Myricaria = Rispelstaude<br />
Nardus = Borstgras<br />
Narthecium = Beinbrech, Ährenlilie<br />
Neottia = Nestwurz-Orchidee<br />
Nepenthes = Kannenpflanze<br />
Nerium = Olean<strong>der</strong><br />
Nicotiana = Tabak<br />
Mitrarla - Salpeterstrauch<br />
Nothofagus = Südbuche<br />
Notholaena = Serpentin-Farn<br />
Obione = Salzmelde<br />
Ochroma = Balsabaum<br />
Ocotea foetans = Stinkholz<br />
Olea = Ölbaum<br />
Onobrychis = Esparsette<br />
Onosma = Lotwurz
Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Pflanzennamen 515<br />
Ophrys = Ragwurz-Orchidee<br />
Opuntia = Feigenkaktus<br />
Orostachys = Nabelpflanze<br />
Ornithogalum = Milchstern<br />
Oryza = Reisgras<br />
Ostrya = Hopfenbuche<br />
Oxalis = Sauerklee<br />
Oxycoccus = Moosbeere<br />
Oxytropis - Fahnenwicke<br />
Paeonia = Pfingstrose<br />
Pandanus = Schraubenpalme<br />
Pankum = Hirse<br />
Papaver = Mohn<br />
Pedicularis = Lausekraut<br />
Pelargonium = Zimmergeranium<br />
Periploca = Oriental. Baumschlinge<br />
Peucedanum = Haarstrang<br />
Philodendron, siehe Monstera<br />
Phillyrea = Steinlinde, Lorbeerliguster<br />
Phoenix = Dattelpalme<br />
Phiomis = Brandkraut<br />
Phragmites = Schilf<br />
Phyllocactus = Blattkaktus<br />
Picea = Fichte<br />
Pinus = Kiefer<br />
- canariensis = Kanarenkiefer<br />
- cem bra = Arve, Zirbe<br />
- halepensis = Aleppokiefer<br />
- mugo (= P. Montana) = Legföhre, Latsche<br />
- nigra = Schwarzkiefer<br />
- p in e a = Pinie<br />
- pon<strong>der</strong>osa = Gelbkiefer<br />
- sihirica = Sibirische Arve<br />
- strobus = Weymouths-Kiefer<br />
- sylvestris = Waldkiefer, Forche, Föhre<br />
- uncinata = Hakenkiefer<br />
Pirus (Pyrus) = Birnbaum<br />
Pistacia lentiscus = Mastix-Strauch<br />
- terebinthus = Terpentin-Pistazie<br />
Platanus = Platane<br />
Poa bulbosa = Knolliges Rispengras<br />
Polemonium = Himmelsleiter, Jakobsleiter<br />
Polygonum = Knöterich<br />
Polytrichum = Wi<strong>der</strong>tonmoos<br />
Populus = Pappel<br />
- trémula = Espe, Aspe, Zitterpappel<br />
- tremuloides = Amerikanische Espe<br />
Portulaca = Portulak<br />
Portulacaria = Strauch-Portulak, Speckbaum<br />
Poterium spinosum = Dornige Bibernelle<br />
Potentilla = Fingerkraut<br />
Prenanthes = Hasenlattich<br />
Primula = Schlüsselblume<br />
Prunus = Kirsche, Pflaume<br />
- laurocerasus = Kirschlorbeer<br />
Pseudotsuga = Douglastanne<br />
Pteridium = Adlerfarn<br />
Pterocarya = Flügelnußbaum<br />
Puccinellia = Salzschwaden<br />
Pulmonaria = Lungenkraut<br />
Pulsatilla = Kuhschelle<br />
Pyrola = Wintergrün<br />
Quercus = Eiche<br />
- coccifera = Kermeseiche<br />
- Hex = Steineiche<br />
- petraea = Traubeneiche<br />
- pubescens = Flaumeiche<br />
- robur = Stieleiche<br />
- súber = Korkeiche<br />
Ranunculus = Hahnenfuß<br />
Ribes = Johannisbeere, Stachelbeere<br />
Rieda = Sternlebermoos<br />
Rhacomitrium = Zackenmützenmoos<br />
Rhamnus alaternus = Immergrüner Kreuzdorn<br />
Rheum = Rhabarber<br />
Rhodiola = Rosenwurz<br />
Rhus = Sumach<br />
Rhynchospora = Schnabelried<br />
Rosa sempervirens = Immergrüne Rose<br />
Rosmarinus = Rosmarin<br />
Rubia = Kletten-Krapp<br />
Rubus = Brombeere<br />
- chamaemorus = Moltebeere<br />
- idaeus = Himbeere<br />
Ruscus = Mäusedorn<br />
Saintpaulia = Usambaraveilchen<br />
Salicornia = Queller
516 Lateinisch-deutsches Verzeichnis <strong>der</strong> Pflanzennamen<br />
Salix = Weide<br />
- herbácea = Krautweide<br />
Salvia = Salbei<br />
Samolus = Salzbunge<br />
Sansevieria = Bogenhanf<br />
Sarcopoterium s. Poterium<br />
Sarothamnus = Besenginster<br />
Saussurea = Alpenscharte<br />
Saxifraga = Steinbrech<br />
Scheuchzeria = Blasenbinse<br />
Scilla = Blaustern<br />
Scrophularia = Braunwurz<br />
Sedum = Mauerpfeffer, Fetthenne<br />
Selaginella = Moosfarn<br />
Sempervivum = Hauswurz<br />
Senecio = Greiskraut, Kreuzkraut<br />
Serratula = Scharte<br />
Seseli = Bergfenchel<br />
Sibbaldia = Gelbling<br />
Silene = Leimkraut<br />
Sisymbrium = Rauke<br />
Smilax aspera = Stechwinde<br />
Soldanella = Troddelblume<br />
Solidago = Goldrute<br />
Sorbus = Eberesche<br />
Spartocytisus = Ginsterart<br />
Spergularia = Scliuppenmiere<br />
Sphagnum = Torfmoos<br />
Stachys = Ziest<br />
Statice, siehe Limonium<br />
Stellaria = Sternmiere<br />
Stipa = Fe<strong>der</strong>gras<br />
- capillata = Pfriemgras<br />
Suaeda = Sode<br />
Tamarix = Tamariske<br />
Tanacetum = Rainfarn<br />
Taxodium = Sumpfzypresse<br />
Taxus = Eibe<br />
Terminalia = Gelbholz<br />
Tetraclinis = Sandarakbaum<br />
Thalictrum = Wiesenraute<br />
Thuja = Lebensbaum<br />
Thymus = Thymian<br />
Tortula = Drehzahnmoos<br />
Trichophorum = Haarsimse<br />
Trientalis = Siebenstern<br />
Trifolium = Klee<br />
Tsuga = Hemlocktanne<br />
Tulipa = Tulpe<br />
Ulex = Stechginster<br />
Ulmus = Ulme<br />
Utricularia = Wasserschlauch<br />
Vaccinium myrtillus = Heidelbeere<br />
- oxycoccus = Moosbeere<br />
- uliginosum = Rauschbeere<br />
- vitis-idaea = Preiselbeere<br />
Veratrum = Germer<br />
Verbena = Eisenkraut<br />
Viburnum tinus - Immergrüner Schneeball<br />
Viola = Veilchen<br />
Vitis = Weinrebe<br />
Xanthorrhoea = Grasbaum<br />
Zantedeschia = Zimmer-Calla<br />
Ziziphus = Judasdorn<br />
Zygophyllum = Jochblattpflanze
Erklärungen verwendeter Fach-Fremdwörter<br />
(g = griechische, 1= lateinische, r = russische; Gen. = Genitiv)<br />
a-, an- (g) = verneinende Vorsilbe, ohne<br />
ad- (1) = an, zu<br />
aequus (1) = gleich<br />
aer, Gen. aeros (g) = Luft<br />
aggregätio (1) = Anhäufung<br />
alkäli (arab.) = Pottasche<br />
allelos (g) = wechselseitig<br />
ämorphos (g) = gestaltlos<br />
amphi (g) = rings<br />
anälysis (g) = Auflösung<br />
änemos (g) = Wind<br />
ännuus (1) = einjährig<br />
antagonisma (g) = Wettstreit<br />
änthos (g) = Blüte<br />
änthropos (g) = Mensch<br />
aper, von apertus (1) = offen, unbedeckt<br />
arche (g) = Anfang, Ursprung<br />
äridus (I) = trocken<br />
assimilätio (1) = Angleichung<br />
atmös (g) = Dampf<br />
autös (g) = selbst<br />
bacteria (g) = Stab<br />
bäsis (g) = Gr<strong>und</strong>lage<br />
biennis (1) = zweijährig<br />
bios (g) = Leben<br />
boreas (g) = nördl. Wind<br />
burosem, von buryj (r) = braun <strong>und</strong><br />
semlja (r) = Erde<br />
capfllus (1) = Haar<br />
carpos, siehe karpos<br />
causa (1) = Gr<strong>und</strong><br />
chamai (g) = niedrig<br />
chlorós (g) = grün<br />
chorein (g) = wan<strong>der</strong>n<br />
circum (1) = herum<br />
-cola (1) = bewohnend<br />
con, cum (1) = zusammen<br />
cütis (1) = Haut<br />
de- (1) = von, weg, ab<br />
dendron (g) = Baum<br />
día (g) = mittendurch<br />
dichotomein (g) = zweiteilen<br />
diffüsio (1) = Ausbreitung<br />
dis- (1) = auseinan<strong>der</strong>, un<br />
dissimilátio (1) = Unähnlichmachiing<br />
dissociare (1) = trennen<br />
domináre (1) = herrschen<br />
dynamis (g) = Kraft<br />
eidos, oides (g) = aussehend<br />
endémos (g) = einheimisch<br />
ephémeros (g) = einen Tag während<br />
epi (g) = auf<br />
epigaios (g) = auf <strong>der</strong> Erde<br />
eu (g) = gut, schön<br />
eurys (g) = breit, weit<br />
evaporátio (1) = Verdunstung<br />
e, ex (1) = aus, heraus<br />
exö (g) = außen<br />
extensivus (1) = ausgedehnt<br />
factor (1) = Ursache, Kraft<br />
flos, Gen. floris (1) = Blüte<br />
flüctuus (1) = schwankend<br />
fössilis (1) = ausgegraben<br />
frúctus (1) = Frucht
518 Erklärungen verwendeter Fach-Fremdwörter<br />
fúngus (1) = Pilz<br />
gamos (g) = Ehe<br />
ge, gaia (g) = Erde<br />
génesis (g) = Ursprung<br />
graphein (g) = schreiben<br />
gutta (1) = Tropfen<br />
gymnós (g) = nackt<br />
hals, Gen. halos (g) = Salz<br />
hápax (g) = einmal<br />
harmonía (g) = richtiges Verhältnis<br />
hélos, Gen. háleos (g) = Sumpf<br />
hélios (g) = Sonne<br />
hcmi- (g) = halb<br />
hérba (1) = Gras<br />
heteros (g) = ungleich, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
liólos- (g) = ganz<br />
homoios (g) = gleich<br />
ht'imidus (1) = feucht<br />
humus (1) = Boden<br />
hydor, Gen. hydatos (g) = Wasser<br />
hygrós (g) = feucht<br />
hyper (g) = über<br />
hypo (g) = unter<br />
jedom, von jeda (r) = Speise (Eislöß, <strong>der</strong> von<br />
Sommerwärme „verspeist" wird)<br />
incrustare (1) = mit Schale überziehen<br />
indicáre (1) = anzeigen<br />
Individuum (1) = Unteilbares<br />
inténsus (1) = heftig, angespannt<br />
ínter (1) = zwischen<br />
ión (g) = wan<strong>der</strong>nd<br />
fsos (g) = gleich<br />
karpós (g) = Frucht<br />
kinesis (g) = Verän<strong>der</strong>ung, Bewegung<br />
klimax, Gen. klimatos (g) = Leiter<br />
koinós (g) = gemeinsam<br />
kormós (g) = Sproß<br />
kryos (g) = Frost<br />
lábilis (1) = vergänglich<br />
lamella (1) = Blättchen<br />
laurus (1) = Sieg, Triumph, Lorbeer<br />
leptós (g) = zart<br />
letalis (1) = tödlich<br />
lignum (1) = Holz<br />
Ifmne (g) = See<br />
lithos (g) = Stein<br />
littis, Gen. litoris (1) = Ufer<br />
lógos (g) = Lehre<br />
lysis (g) = Lösung<br />
makros (g) = groß<br />
malakós (g) = weich, schlaff<br />
máximum (1) = Größte<br />
mesos (g) = mäßig<br />
métron (g) = Maß<br />
mikrós (g) = klein<br />
mínimum (1) = Geringstes<br />
molécula (1) = Klümpchen<br />
monos (g) = einzig, allein<br />
morphé (g) = Gestalt<br />
mors, Gen. mortis (1) = Tod<br />
mykes (g) = Pilz<br />
myrmex (g) = Ameise<br />
nekrós (g) = tot<br />
nemoralis (1) = Hain-, Laubwald<br />
nomos (g) = Gesetz<br />
ob- (1) = umgekehrt<br />
oikos, oikia (g) = Haus, Haushalt<br />
olfgos (g) = wenig<br />
opsis (g) = Aussehen<br />
óptimus (1) = Beste<br />
órganon (g) = Werkzeug<br />
órnis, Gen. órnithos (g) = Vogel<br />
oros (g) = Anhöhe, Gebirge<br />
osis (g) = Druck<br />
osmós (g) = Auspressen<br />
oxys (g) = sauer, scharf<br />
palaiós (g) = alt<br />
parásitos (g) = Mitspeisen<strong>der</strong><br />
páthos (g) = Leiden, Krankheit<br />
pédon (g) = Boden<br />
peine (g) = Hunger, Mangel<br />
perénnis (1) = ausdauernd<br />
peri (g) = herum<br />
períodos (g) = Umfang<br />
permeábilis (1) = durchlässig<br />
phagein (g) = essen<br />
phainein (g) = sichtbar machen<br />
phainomai (g) = erscheinen<br />
phanerös (g) = offenbar, deutlich<br />
phasis (g) = Erscheinung<br />
philos (g) = liebend<br />
phobein (g) = fliehen<br />
phóbos (g) = Furcht<br />
phos, Gen. photós (g) = Licht<br />
phykos (g) = Tang<br />
phyllon (g) = Blatt
Erklärungen verwendeter Fach-Fremdwörter 519<br />
physis, Gen. physeos (g) = Natur, Leben<br />
phytón (g) = Pflanze<br />
planktós (g) = umhertreibend, wogend<br />
plasma (g) = Gebilde<br />
plus, Gen. plúris (l) = mehr<br />
podsól, von pod (r) = unten, darunter <strong>und</strong><br />
sola (r) = Asche<br />
poros (g) = Öffnung, Durchgang<br />
póteos (g) = fähig, wirksam<br />
pous, Gen. podós (g) = Fuß<br />
primus (1) = Erste<br />
pro (g) = vor, vorher<br />
próblema (g) = Streitfrage<br />
provem're (1) = hervorgehen<br />
psammos (g) = Sand<br />
pseudés (g) = falsch<br />
psilós (g) = nackt<br />
pteridion (g) = Fe<strong>der</strong>chen<br />
pyr, Gen. pyrós (g) = Feuer<br />
quótiens (1) = wievielmal<br />
reáctio (1) = Gegenwirkung<br />
redúctio (1) = Zurückführung<br />
regeneráre (1) = wie<strong>der</strong>erzeugen<br />
reprodúcere (1) = hervorbringen<br />
resorbére (1) = verschlucken<br />
rhfza (g) = Wurzel<br />
rüdus, gen. rü<strong>der</strong>is (1) = Schutt<br />
saprós (g) = verfault<br />
secrétio (1) = Abson<strong>der</strong>ung<br />
semi- (1) = halb<br />
sflva (1) = Wald<br />
similis (1) = zugleich<br />
sklerós (g) = hart<br />
sócius (1) = gemeinsam, verb<strong>und</strong>en<br />
sólum (1) = Boden<br />
Spectrum (1) = Schemen, Gesicht<br />
spérma, Gen. spermatos (g) = Same<br />
sphaira (g) = Kugel<br />
spiräre (1) = atmen<br />
spontäneus (1) = freiwillig<br />
spóros, sporá (g) = Samen<br />
städium (1) = Zustand<br />
stenós (g) = eng, schmal<br />
stérilis (1) = unfruchtbar<br />
strucu'ira (1) = Bau<br />
sub- (1) = unter-, unterhalb<br />
substratum (1) = Unterlage<br />
sübtilis (1) = fein<br />
succuléntus (1) = saftig<br />
sym-, syn- (g) = zusammen<br />
syrosém, von syroj (r) = roh <strong>und</strong><br />
semljá (r) = Erde<br />
systema (g) = Zusammenstellung<br />
télos (g) = Endzweck, Ziel<br />
temperare (1) = mäßigen<br />
terra (1) = Erde<br />
thällos (g) = Lager<br />
theon'a (g) = Betrachtung<br />
thermos (g) = warm<br />
theros (g) = Sommer<br />
tomé (g) = Spaltung, Schnitt<br />
tonos (g) = Spannung<br />
tópos (g) = Lager, Ort<br />
lótus (1) = ganz<br />
Irans (1) = hinaus, über<br />
trophé (g) = Ernährung<br />
tschernósem, von tschórnyi (r) = schwarz <strong>und</strong><br />
semljá (r) = Erde<br />
tüber (1) = Knolle<br />
tübus (1) = Röhre<br />
türgor (1) = Schwellung<br />
typos (g) = Gepräge<br />
uligo, Gen. uliginis (1) = Sumpf<br />
ültra (1) = jenseits<br />
unifórmis (1) = gleichförmig<br />
usi'on (g) = Verarbeitung<br />
vacuum (1) = Hohlraum<br />
várians (1) = verän<strong>der</strong>lich<br />
vegetáre (1) = beleben<br />
vicárius (1) = stellvertretend<br />
virus (1) = Saft, Gift<br />
vita (1) = Leben<br />
volumen (1) = Inhalt<br />
voráre (1) = verzehren<br />
xerós (g) = trocken<br />
xylon (g) = Holz<br />
zön siehe koinós<br />
zone (g) = Gürtel<br />
zöon (g) = Tier
Register<br />
Aapamoore 454f,<br />
Abfallwirtschaft 494<br />
Abflußbecken 84<br />
Abhärtung 327f., 441f.<br />
Abholzung 211, 310, 494<br />
- Regenwald 174<br />
Abies balsamea-Vlald 442<br />
Abies veitchii-Wald 443<br />
Absorptionskräfte 62<br />
Absterbewelle 443<br />
Acacia amura 252<br />
Acacia detinens-Savanne 188<br />
Acacia meilifera-Savanne<br />
234<br />
Acacia torft'/fs-Halbwüste<br />
234<br />
Acíjcffl-Dornsavanne 212<br />
Ackerbau 48, 310<br />
Aconcagua 291<br />
Adansonia digitata 186<br />
Adenium sokotranum 227<br />
Adenostoma fascicula 285<br />
Admirality Bay 477<br />
Affenbrotbaum 186<br />
Affodill-Flur 268, 276ff„<br />
311<br />
Afghanistan 414, 422f.<br />
Afrika 129<br />
- Klimadiagrammkarte 42<br />
Afrikanische Wäl<strong>der</strong> 158<br />
Agathis australis 323<br />
Agave deserti, Produktivität<br />
246<br />
Ägypten 248<br />
Ägyptisch-arabische Wüste<br />
223<br />
Akkumulation 87<br />
Aktuelle Waldgrenze 368<br />
Alang-Alang-Gras 138<br />
Ala-Schan 412f., 424<br />
Alass 447, 448<br />
Aldan 449<br />
Algeciras 321<br />
Algenmassen 420<br />
Alhagi 283<br />
Alkali-Halophyten 76<br />
Allelopathie 45<br />
Allergien 489<br />
Alma-Ata siehe Almaty<br />
Almaty 42If.<br />
Alpen, Fichtenstufe 441<br />
- Höhenstufen 368f.<br />
Alpenrose 375<br />
Alpine Kältestufe 381<br />
Alpine Rasen 37<br />
Alpine Stufe 368, 373<br />
- Orobiom I 168<br />
Altbäume, Erhalt 362f.<br />
Altersphase 47<br />
- Eiche 362<br />
Alterungsphase 172<br />
Altholzbewohner 362<br />
Altiplano 221, 263<br />
Altyntag 42 5f.<br />
Amanus-Gebirge 300<br />
Amazonas 139<br />
Ameisen 111,404<br />
Ammensystem 45<br />
Amphibien 211<br />
Amphibiom 198<br />
Amudarja 416ff.<br />
- Deltagebiet 420<br />
Anastomosen, Wurzeln 153<br />
Anatolien 278, 282, 300<br />
Ancylus-See 435<br />
Anden 290ff.<br />
- Höhenstufen 221<br />
Andenvorland 200<br />
Anemochore 291<br />
Anfangsphase 47<br />
Annuelle Gräser 246<br />
Annuelle Periodik 53<br />
Annuelle Sukkulenten 244<br />
Anomales Dickenwachstum<br />
150<br />
Anpassung an Winterkälte<br />
325
Anreicherung 401<br />
Antarktis 28, 95, 476f.<br />
Anthelia juratzkana 375<br />
Anthocleista orientalis 142<br />
Anthropogener Einfluß<br />
311<br />
Aperiodische Arten 467<br />
Aperzeit 372<br />
Aphel 54<br />
Aphyllie 419<br />
Aquatische Ökosysteme<br />
1201.<br />
Äquator 159<br />
Äquatorial humides Tageszeitenklima<br />
134<br />
Äquatoriale Klimazone 177<br />
Äquatoriales Zonobiom 97<br />
Äquinoktien 531.<br />
Arabische Halbinsel 250<br />
Aralo-Kaspische Nie<strong>der</strong>ung<br />
413<br />
Aralsee 79, 416<br />
Araucaria angustifolia 320<br />
Aravalli-Gebirge 223<br />
Arawa-Senke 249<br />
Arbeitszeit 486<br />
Ardennen 113<br />
Areal, Buchenwald 338<br />
Arecile 2011.<br />
Areg 236<br />
Argentinien 205, 408<br />
Arid 35, 39, 87, 97, 230<br />
Aride Höhenstulenlolge<br />
300<br />
Aride Küste, Mangrove<br />
217<br />
Arides Klima 230, 387<br />
Arides mediterranes Subzonobiom<br />
282<br />
Arido-humide Winterregengebiete<br />
268<br />
Arktische Kältewüste 4731.<br />
Arktisches Klima 465<br />
Arktisches Zonobiom 97<br />
Arktisch-polare Baumgrenze<br />
456, 462<br />
Artemisia tridentata 288<br />
Artemisia-Halbv/üsle 287<br />
Arten, Chile 270<br />
- Kalilornien 270<br />
-vikariierende 375<br />
Artenarmut 87<br />
Artenneubildung 273<br />
Artenreichste Län<strong>der</strong> 34<br />
Artenreichtum 298<br />
Artenschw<strong>und</strong> 22<br />
Artenviellalt 490<br />
Artenzahlen 22, 207, 269<br />
- Baumarten pro ha 1551.<br />
- Bergwald Costa Rica 167<br />
- einzelne Län<strong>der</strong> 331.<br />
Arthraerua leubnitziae 257<br />
Arymas 464<br />
Asche 123<br />
Asiatische Steppe 403<br />
Asiatische Wüsten 412<br />
Asien 131<br />
Aspektlolge 275<br />
Assimilathaushalt 114, 281,<br />
3511.<br />
Assimilation, Buche 346<br />
- Fichte 346<br />
Assoziation 106<br />
Astronomische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
51<br />
Aswan 248<br />
Atacama 230, 26211., 290<br />
Atemwurzeln, Mangrove<br />
2181.<br />
Äthiopis 28<br />
Atlantische Heidegebiete<br />
331<br />
Atlas 276<br />
Atmosphäre 49, 93<br />
Atmung 110, 378<br />
Atmungsverluste 172<br />
Atriplex vesicaria 251<br />
Atta 173<br />
Register 521<br />
Auenwäl<strong>der</strong> 281, 383<br />
Aulbrausungshorizont<br />
38911.<br />
Aulerstehungspflanzen 64<br />
Aullorstungsversuche,<br />
Waldsteppe 385<br />
Aultreten des Menschen<br />
451<br />
Ausbreitung, klonale<br />
Pflanzen 353<br />
Auslaugungsprozesse 182<br />
Außenwelt 498<br />
Ausstellungen 23<br />
Aussterberaten, Megalauna<br />
4711.<br />
Ausstrahlung 54<br />
Austauschkapazität 87<br />
Australien 230, 253, 2951.,<br />
315<br />
- Einfluß des Menschen<br />
310<br />
- Eucalyptus-Nothofagus-<br />
Wäl<strong>der</strong> 321<br />
- Früchte 291<br />
- Nährstoffe im Boden 271<br />
- Zonobiomglie<strong>der</strong>ung 126<br />
Australis 28, 251<br />
Australische Wüsten 251<br />
Australisches ZB 11 206<br />
Austrocknungslähigkeit 64<br />
Auswaschung von Nährstoffen<br />
87, 138, 340<br />
Autökologie 18<br />
Autotroph 17<br />
Avenella flexuosa, Sproßzahl<br />
355<br />
Avicennia 21411., 2161.,<br />
Azonale <strong>Vegetation</strong> 911.<br />
Azoreila selago A ll<br />
Azorenhoch 274<br />
Bad Lands 284<br />
Bahn <strong>der</strong> Sonne 55<br />
Bakterivore 439
522 Register<br />
Balchasch-See 414<br />
Baña 176<br />
Banksia 123, 299<br />
Baobab-Bäume 186, 228<br />
Baraba-Nie<strong>der</strong>ung 461<br />
Barchane 2191., 412<br />
Basrah 234<br />
Batha 276<br />
Bäume 206<br />
Baumfallücke 198<br />
Baumtarne 164<br />
Baumgrenze (siehe auch<br />
Waldgrenze) 435, 288,<br />
301<br />
- Nordalpen 367, 370<br />
- Orobiom I 16511.<br />
Baumgruppe 199<br />
Baumkrone, Lichtminimum<br />
346<br />
Baumriesen 141<br />
Baumsavanne 1901., 408<br />
Baumschicht 105, 1401.<br />
- Ökophysiologie 343<br />
Baumschwamm 363<br />
Baum-Sewedo-Arten 169<br />
Baumveiiuste 196<br />
Baumwurzelkonkurrenz<br />
355, 440<br />
Beackerung 39611.<br />
Beckenlandschalt 39, 79,<br />
200<br />
Beduinen 265<br />
Bei-Schan 424<br />
Beleuchtungsstärke, Buche<br />
345<br />
Bergregenwald 143, 155<br />
Bescheidenheit 490, 498<br />
Bestandeshöhe 146<br />
Bestands-Nie<strong>der</strong>schlag 357<br />
Betula 434<br />
- ermannii 437<br />
- tortuosa 436, 456<br />
Beuteltiere 299<br />
Bevölkerungsexplosion<br />
48311.<br />
Bewässerung 78, 82,<br />
242<br />
Beweidung 195, 211, 401,<br />
405<br />
Bikaner-Distrikt 225<br />
Biodiversität 3111., 86, 155,<br />
311<br />
- Zonobiom 1 171, 175<br />
Biogeochemische Kreisläule<br />
495<br />
Biogeozön 102, 104, 106<br />
Biogeozönkomplexe 107<br />
Biogeozönose 105, 108<br />
Biomasse 108, 203, 207<br />
- Buche 349<br />
Biome 10211.<br />
Biosphäre 19, 93, 102<br />
Biosphären-Reservat<br />
Schorlheide 339<br />
Biotop 50<br />
Biozönose 108<br />
Birken-Espenwäl<strong>der</strong> 461<br />
Birkenstadium 438<br />
Birkenwald 300<br />
Bison 396<br />
Blänken 457<br />
Blasenhaare 76, 252<br />
Blattabwurl 326<br />
Blattemperatur 136<br />
Blattllächenindex 113,172,<br />
245, 3471., 3761.<br />
- Savanne 208<br />
Blattknollen 151<br />
Blattmasse 348<br />
Blattschnei<strong>der</strong>ameisen 173<br />
Blattsukkulente Euhalophyten<br />
77<br />
Blattsukkulenz 7511., 243<br />
Blitzschlag 122, 294, 2981.,<br />
396<br />
- Grasland 201<br />
- Kalilornien 285<br />
Blocklel<strong>der</strong> 248<br />
Blockpolygone 474<br />
Blue bush 251<br />
Blühperiodik 140<br />
Blumengärten 152<br />
- T<strong>und</strong>ra 466<br />
Blütenknospen 379<br />
Blütenpflanzenlamilien,<br />
Kontinente 140<br />
Blütezeit 143<br />
-Heliconia 157<br />
Boden 49, 611., 8211.<br />
- Osteuropa 388<br />
-Regenwald 137<br />
- Solling 264<br />
- Steppenzone 388<br />
- Wüsten 232<br />
Bodenarmut 296<br />
Bodenatmung 187, 203<br />
- Zonobiom I 173<br />
Bodenbewegung, Arktis<br />
475<br />
Bodenbildung 881., 492<br />
Bodencatena 107<br />
Bodendurchleuchtung 233<br />
Bodenermüdung 340<br />
Bodenerosion 182, 274,<br />
492<br />
Bodengelrornis 466<br />
Bodengenese 89<br />
Boden-Ökogramm 89<br />
Bodenprolil, Steppe 391<br />
Bodenprolile, Osteuropa<br />
411<br />
Bodenschutz 86<br />
B Odentemperatur,<br />
Orobiom I 166<br />
Bodentransekt 389<br />
Bodentypen 98, 38811.<br />
Bodentypenkarte, USA 397<br />
Bodenverluste 86<br />
Bodenversalzung 78
Bodenvolumen 71<br />
Bodenwasser 61f., 400<br />
Bogor (Buitenzorg) 134<br />
Boreale Zone, Klima 433<br />
Boreo-nemorale Zone,<br />
Zonoökoton Vl/Vm 4301.<br />
Borkenkäfer 122<br />
Borneo 139, 1421.<br />
Brackböden 406<br />
Brand (siehe auch Feuer)<br />
122, 2031., 28511., 2981.,<br />
3221.<br />
- Garrigue 277<br />
- Heide 334<br />
- Kapland 294<br />
Brandflächen 438<br />
Brandrodung 124, 176<br />
Brasilianischer Schild 204<br />
Brasilien 149<br />
Brassica 69<br />
Braya humilis 467<br />
Brennholzgewinnung 196<br />
Brettwurzeln 141<br />
Bromeliaceen 151<br />
Brunnen 222<br />
Bruttoproduktion 109, 172,<br />
348<br />
Bruttosozialprodukt 486<br />
Brutvogelarten, Nordamerika<br />
156<br />
Buche 33911., 34311.<br />
- Areal 329, 338<br />
- Assimilation 346<br />
- Beleuchtungsstärke 345<br />
- Biomasse 349<br />
- Holzproduktion 3471.<br />
- Interzeption 357<br />
- Laubfall 350<br />
- Lichtkompensationspunkt<br />
343<br />
- Luftfeuchtigkeit 345<br />
- Photosynthese 345<br />
- Produktionsanalyse 345<br />
- Stammdurchmesser 349<br />
- Stoffproduktion 347<br />
- Temperatur 345<br />
- Transpiration 345<br />
-Wasserhaushalt 356<br />
Buchenwald 300, 318,<br />
- Gr<strong>und</strong>wasser 358<br />
- Krautschicht 3 54<br />
- Nahrungsbeziehungen<br />
359<br />
- Solling 34011., 34411.,<br />
348, 36411.<br />
-Wasserumsatz 358<br />
-Zoomasse 361<br />
Bulgunnjach 4481.<br />
Buhen 457, 461<br />
Bultent<strong>und</strong>ra 473<br />
Sirrkea-Baumsavanne<br />
21011.<br />
Burosem 411<br />
Buschbrände 222<br />
B üschelgrasgebirgswüste<br />
263<br />
C4-Pflanzen 244<br />
Caatinga 161, 176,<br />
226<br />
Cacti forest 251<br />
Cairo, siehe Kairo<br />
Californien, siehe<br />
Kalifornien<br />
Calligonum 418<br />
Calima vulgaris 33111.,<br />
33411.<br />
CaHitna-Heiden 333<br />
CAM, Epiphyten 152<br />
Campo de Gibraltar 321<br />
Campos Cerrados 204<br />
Canada, siehe Kanada<br />
Canopy walkway 152<br />
Capensis 28<br />
Carbon-partitioning 114<br />
Carex curvula-Raseu yi5<br />
Carex physodes 419<br />
Carnivore 439<br />
Register 523<br />
Carpineto-Querceto-<br />
Pinetum 431<br />
Carpinus betulus 347<br />
Castanopsis cuspidata-'Wald<br />
119<br />
Catena 238<br />
Catophractes 192<br />
Cecropia 111<br />
Ceiba 166<br />
Cerastium uniflorum 379<br />
Ceratoides 410<br />
- papposa 427<br />
Ceratonia siliqua 275<br />
Ceriops tagal 215<br />
Ceriops-Zone 215<br />
Cerrados 183<br />
Chaco 204<br />
Chamaerops humilis 275<br />
Chamise 285<br />
Chang Tan 427<br />
Chaparral 268, 28511.,<br />
Charani 449<br />
Chemische Faktoren 50<br />
Chile 263, 267, 271, 28911.,<br />
321<br />
- Einfluß des Menschen<br />
310<br />
- Mittelchile 292<br />
China 318<br />
Chionosphäre 95<br />
Chiropterochor 144<br />
Chiropterogam 144<br />
Chirripo 166<br />
Chlamydomonas nivalis 375<br />
Chlorid 74, 79<br />
Chloridhalophyten 751.<br />
Chloridspeicherung 72<br />
Chlorid-Sulfat-Verbrackung<br />
403<br />
Cistus-Heiden 304<br />
Colline Stufe 368<br />
Colophospermum mopane 185<br />
Columbien, siehe<br />
Kolumbien
524 Register<br />
Compatible solutes 65, 74<br />
Coniferen, siehe auch<br />
Nadelwald 292<br />
Cordillera de Talamanca<br />
146<br />
Costa Rica 143, 146, 154ff.,<br />
165ff.<br />
-Artenzahlen 167<br />
-Entwaldung 175<br />
Crassulacean Add Metabolism<br />
244<br />
Cro Magnon-Mensch 4721.<br />
Cuba 139<br />
Cumulus-Wolke 103<br />
Curatella 202<br />
Dasht-e-Margo 414<br />
Dattelpalme 309<br />
Dayas 238<br />
Deckenmoore 335, 454<br />
Deckungsgrad 204<br />
Degradationsstadien 274<br />
Degradierte Schwarzerde<br />
391<br />
Degradierung 86, 311<br />
Deltagebiet, Amudarja 420<br />
Demökologie 18<br />
Dendrobium crumenatum 144<br />
Dendrolimus pini 113<br />
Desert 230<br />
Destruenten 1091., 212,<br />
364<br />
Deterministisch 33<br />
Diasporen 49<br />
Dicksonia 322<br />
Didiereaceae 228<br />
Dilluse <strong>Vegetation</strong> 240<br />
Dipterocarpaceen-Regenwald<br />
142<br />
Diurnale Periodik 53<br />
DIVERSITAS 23, 495<br />
Diversität 31<br />
Diversitätsindex 33<br />
Diversitätsrekord 155<br />
Diversitätszentrum 33<br />
Dobrudscha 384<br />
Dolmen 140<br />
Dolomit 91<br />
Dominikanische Republik<br />
149, 175<br />
Dornbusch 1611.<br />
Dornbuschwald 178<br />
Dornkugelpolster 283,<br />
30011.<br />
Dornsträucher, Sindwüste<br />
224<br />
Dorn-Sukkulenten-Savanne<br />
228<br />
Douglastanne 314<br />
Dracaena draco 309<br />
Drachenbaum 309<br />
Drakensberge 320<br />
Dreieckszonoökotone 99<br />
Dreischicht-Tonmineral 88<br />
Drosera 296, 458<br />
Dryas drummondii 467<br />
Dsungarei 413<br />
Dünen 226, 237<br />
Dung 212<br />
Dunkle Taiga 445<br />
Durchströmungsmodell 65<br />
Durchwurzelung 71<br />
Dürre 280<br />
Dürrejahre, Sahel 222<br />
Dürreresistenz 61<br />
Dürretoleranz 61<br />
Dürrezeit 1841., 215<br />
- Indien 178<br />
- Zonobiom 11 180<br />
Echinopsis atacamensis 263<br />
Edaphische Faktoren 50<br />
- Savannen 196<br />
Ellekte aul Zellorganelle 18<br />
Eiche, Kälergilden 362<br />
Eichenmischwald 348,<br />
352<br />
- Osteuropa 113<br />
Eichenwald 1121., 346,<br />
349, 383, 431<br />
- Worskla 341<br />
- Costa Rica 147<br />
Eichhornia 213<br />
Einfluß des Menschen,<br />
Zonobiom IV 310<br />
Eingrille des Menschen<br />
105, 30811., 48211.<br />
- Savanne 222<br />
- Steppe 429<br />
- Taiga 462<br />
- T<strong>und</strong>ra 472<br />
-Wüsten 265<br />
Einnischung 156, 203,<br />
Einstrahlung 511., 54<br />
Einwan<strong>der</strong>ungswellen 471<br />
Einzelbäume, Grasland 199<br />
Eis 95<br />
Eisdämme 459<br />
Eislinsen 456<br />
Eiszeiten 29, 183, 274, 434<br />
Ekliptik 54<br />
Ektotrophe Mykorrhiza<br />
440<br />
El Medaño 307<br />
El Nino 104<br />
Elaeagia auriculata 142<br />
Elelanten 1951.<br />
Elytropappus rhinocerotis<br />
267, 295<br />
Embryonalentwicklung 57<br />
Encella farinosa 671.<br />
Encinal 268, 287<br />
Endemismus 30, 34<br />
-Schmetterlinge 158<br />
- tropisches Afrika 159<br />
Endemiten 304, 307<br />
Endorheische Becken 78<br />
Endsee 79<br />
Energieabsorption 53<br />
Energiefluß 1101.<br />
- Solling 366<br />
Energiegewinn 54
Energieumsatz 53<br />
Energieverbrauch 482<br />
Enthärtung 1>27<br />
Entwaldungsrate, Regenwald<br />
175<br />
Entwässerung 82<br />
Entwicklungsdauer 56f.<br />
Entwicklungsgeschichte<br />
273<br />
Entwicklungshilfe 222,<br />
484ff.<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong> 483<br />
Eozän 272<br />
Epacridaceen 296<br />
Ephemere 69, 245, 251,<br />
256, 286<br />
- Garrigue 276<br />
- Sukkulenten 244<br />
- Wüste 242<br />
Ephemeren wüste 414<br />
Ephemeroide 242, 351<br />
Epiphylle 154<br />
Epiphyten 148ff.,164, 305<br />
- CAM 152<br />
Episodische Ereignisse 32,<br />
58<br />
Episodische Feuer 123<br />
Episodisches Sturmereignis<br />
199<br />
Erdachse 53<br />
Erdbahn 53f.<br />
Erde, Nettoprimärproduktion<br />
116<br />
- Phytomasse 117<br />
Erdflecken 474<br />
Erdfließen 474<br />
Erdrotation 51 ff.<br />
Erforschung <strong>der</strong> Erde 496<br />
Erg 236ff., 248<br />
Erholungsorte 488<br />
Encfl-Stufe 306<br />
Erinacea pungens 301<br />
Erosion 85f.<br />
- Tropen 174<br />
Erosionsrate 494<br />
Erosionsrinnen 240, 257ff.<br />
Erste Landpflanzen 27<br />
Eskimo 472f.<br />
Espenhaine 383<br />
Espinal 268, 290ff.<br />
Eucalyptisierung 310<br />
Eucalyptus 295<br />
- marginata 299<br />
- regnans 322f.<br />
Eucalyptus diversicolor-Waid<br />
296<br />
Eucalyptus-Nothofagus-<br />
Wäl<strong>der</strong> 321<br />
Euhalophyten 75ff.,<br />
Euklimatope 91, 101, 232,<br />
279<br />
Europa 130<br />
Europäische Baumarten in<br />
den Tropen 143<br />
Europäische boreale Waldzone<br />
437<br />
Euro-Sibirien, <strong>Vegetation</strong>szonen<br />
430<br />
Eurygaster maura 56<br />
Euryops walterorum 2<br />
Euxinische Reliktwäl<strong>der</strong><br />
316<br />
Euxinischer Wald 321<br />
Evaporation 71, 356<br />
Evaporite 79<br />
Evapotranspiration 39, 72<br />
Exkursionen 23f.<br />
Extraterrestrische Sonneneinstrahlung<br />
51<br />
Extrazonale <strong>Vegetation</strong> 91f.<br />
237<br />
Extrem arid 230, 240<br />
Extrem kontinentale Lärchenwäl<strong>der</strong><br />
445<br />
Extremwüste 248<br />
Fagetum nudum 355<br />
Fagus-Abies-Günel 381<br />
Register 525<br />
Fagus, Jungwuchs 355<br />
-multinervis 317f.<br />
- sylvatica (siehe auch<br />
Buche) 339, 346ff„ 355<br />
- Ökogramm 45<br />
Fakultative Halophyten 74,<br />
77, 252<br />
Fallaub-Eichenwald 300<br />
Faules Meer 410<br />
Faultiere 173<br />
Fauna (siehe auch Tierwelt)<br />
211, 258, 261, 273, 299<br />
Faunenregionen 28<br />
Fe<strong>der</strong>grassteppe 392ff., 399<br />
Feinstreu, Fichte 350<br />
Feldkapazität 61f.<br />
Feldspat 88<br />
Felseiswüste, Antarktis 477<br />
Felswüsten 248<br />
Fen 453<br />
Ferntransport 85<br />
Ferocaäus acantholdes 247<br />
- wisllzenii 69f.<br />
Festuca indigesta-Trockenrasen<br />
300<br />
Fett 378<br />
Fettspeicherung 380<br />
Feuchtadiabatisch 100<br />
Feuchtwäl<strong>der</strong> 60<br />
Feuer, siehe auch Brand<br />
122f„ 138, 176, 194,<br />
201 ff., 208, 298ff., 396,<br />
431<br />
Feuergebrauch 310<br />
Fichte, Assimilation 346<br />
- Feinstreu 350<br />
- Interzeption 357<br />
Fichtenforst, Solling 364ff,<br />
Fichtenforste 339<br />
Fichtenstadium 438<br />
Fichtenstufe <strong>der</strong> Alpen 441<br />
Fichtenwald 339, 357,<br />
437ff.<br />
- Holzzuwachs 439
526 Register<br />
- Produktion 439<br />
- Wasserhaushalt 440<br />
Fichtenwaldgrenze 369f.<br />
-polare 371<br />
Ficus 153<br />
Filzeichenwald 300<br />
Finstere Taiga 445<br />
Firnflächen 375<br />
Fischfluß-Canyon 236<br />
Flarke 455<br />
Flechten 31<br />
Flechten-Kiefernwald 444<br />
Flechtent<strong>und</strong>ra 466, 473<br />
Fleckent<strong>und</strong>ra 474ff.<br />
Fließgeschwindigkeit 85<br />
Florenreiche 27ff.<br />
Florida 318<br />
Flußmündungsmangroven<br />
215<br />
Flußsystem 197<br />
Föhn 103<br />
Föhnwirkung 100<br />
Formationsglie<strong>der</strong>ung 200<br />
Forst 48<br />
Forstwirtschaft 339, 431,<br />
493<br />
- Laubwald 336<br />
- Mitteleuropa 336<br />
Fossile Savannen 196<br />
Fossilf<strong>und</strong>e 272ff.<br />
Freifläche 48<br />
Freilandbiologie 24<br />
Freiland-Nie<strong>der</strong>schlag 357<br />
Freizeitgestaltung 488<br />
Freizeitverlängerung 486<br />
Fremdlingsflüsse 265<br />
Frost, Zonobiom 1 134<br />
Frostbuckelt<strong>und</strong>ra 473<br />
Fröste 317<br />
Frostgrenze, Orobiom 1<br />
165<br />
- Orobiom II 221<br />
Frosthärte 442<br />
Frostkeimer 467<br />
Frostschaden 185, 327f.,<br />
378, 442<br />
Frostschuttböden 169<br />
Frosttrocknis 57f., 326ff.,<br />
334ff„ 463<br />
- Waldgrenze 370ff.<br />
Frostwechseltage 169,<br />
473ff,<br />
Fruchtbarer Halbmond 284<br />
Fruchtfarben 291<br />
Fruchtformen 291<br />
Fruchtfresser 213<br />
Frühlingsaspekte, Wiese<br />
392<br />
Frühlingsephemere 423<br />
Frühlingsflora 393<br />
Frühlingsgeophyten 351<br />
Frühlingspunkt 54<br />
Frühsommerarten 352<br />
Frühsommer-Aspekt 393<br />
Fungivore 439<br />
Funktionale Vernetzung<br />
156f.<br />
Funktionelle Gruppen 212<br />
Furchenerosion 196<br />
Fynbos 123, 268, 293ff„<br />
320<br />
Galeriewald 91, 200, 258<br />
Galiläa 278<br />
Gaps 32, 145<br />
Garigue, siehe Garrigue<br />
Garrigue 268, 276ff., 311<br />
Garúa 262<br />
Gaswechsel 280<br />
Gebirgsprofil, Costa Rica<br />
166<br />
Gebirgsstationen 38<br />
Gebirgst<strong>und</strong>ra, Orobiom<br />
VIII 452<br />
Gebirgswüste 306<br />
Gehölze 196<br />
Gemäßigt nemorales Klima<br />
325<br />
Gemäßigtes Klima 387<br />
Gemischte Prärie 396ff.<br />
Genese von Böden 89<br />
Genetische Resourcen,<br />
Regenwald 176<br />
Geo-Biosphäre 93, 96,<br />
478f.<br />
Geologie, Mitteleuropa 367<br />
Geophyten 276, 283, 294,<br />
351<br />
- Sukkulenten 244<br />
Geosphere-Biosphere-<br />
Programme 495<br />
Geschiebe 436<br />
Gesetz vom Biotopwechsel<br />
90f.<br />
Getreidebau 284<br />
Gewässer 94<br />
Gewitter 103f., 286<br />
Gewöhnliche Schwarzerde<br />
389ff.<br />
Gezeiten 215<br />
Ginster 307, 333<br />
Ginsterheide 300, 304, 308<br />
Ginsterstufe 307f.<br />
Gipskrusten 88<br />
Gipspflanzen 415<br />
Gipswüste 414<br />
Glazial 157<br />
Gleichgewicht 47<br />
Gleichgewichtsphase 145<br />
Gletscher 95<br />
Glimmer 88<br />
Global Change 481, 491ff.<br />
Globale Erwärmung 494<br />
Globale Klimaän<strong>der</strong>ungen<br />
491<br />
Globale Modelle 495<br />
Globale Projekte 494<br />
Globaler Kreislauf 176<br />
Globaler N-Haushalt 493<br />
Globalstrahlung, Solling<br />
342<br />
Glyko-Halophyten 77
Gobabeb 258<br />
Gobi 42 5f.<br />
Goldhaferwiese 366<br />
Golzy 452<br />
Gondwana 28<br />
Gran Canaria 302ff„ 306ff.<br />
Grand Teton National Park<br />
122<br />
Grasbäume 296<br />
Grasbrände 195<br />
Gräser 189, 206<br />
- annuell 246<br />
Grasfresser 213<br />
Grasland 60, 180f.,193,<br />
197ff„ 200, 239<br />
Grasland <strong>und</strong> Savanne 188,<br />
190ff.<br />
Graspolster 221<br />
Grasschicht 210<br />
Grassteppe 385<br />
Graue Waldböden 391<br />
Great Indian Desert 223<br />
Great Salt Lake, siehe<br />
Großer Salzsee (Utah)<br />
Grönland 95<br />
Großer Salzsee (Utah) 74,<br />
79, 289<br />
Großes Pantanal 213<br />
Großklima 96<br />
Großprogramme 494<br />
Großwild 196, 383, 404<br />
Grud 431<br />
Gr<strong>und</strong>wasser 94, 232ff.<br />
- Neubildung 358<br />
-Regenzeit 201<br />
Gr<strong>und</strong>wasseranstieg 80<br />
Gr<strong>und</strong>wasserinfiltration<br />
417<br />
Gr<strong>und</strong>wasserschwankungen<br />
182<br />
Gr<strong>und</strong>wasserstrom 237<br />
Grüne Welle 20<br />
Guanoinseln 260f.<br />
Guayana 139, 204<br />
Gulf of Kutch 226<br />
Guttation 148<br />
Habitatstrukturen, Altbaum<br />
363<br />
Haftwasser 232ff.<br />
Hagenia-Haine 171<br />
Hainsimsen-Buchenwald<br />
360<br />
Haiti 175<br />
Halbimmergrüner Wald<br />
162, 176<br />
Halbwüste 60, 191, 387,<br />
410<br />
- patagonische 408f.<br />
- Subzonobiom (ZB VII)<br />
409<br />
- Zonoökoton III/IV 266<br />
Halbwüsten-Braunerde 411<br />
Halbwüstenklima 37<br />
-Venezuela 219<br />
Haifagras 266<br />
Halobiome 72, 101, 238,<br />
289<br />
Halo-Catena 78<br />
Halocnemum strobilaceum<br />
420<br />
Halo-Helobiome 214<br />
Halophobe 74<br />
Halophyten 72, 75, 245,<br />
289<br />
- fakultative 252<br />
- Typen 77<br />
- Zonobiom II 219<br />
Halophytenbiogeozön 420<br />
Halophytenkomplex 418<br />
Halophyten wüste 415<br />
Haloserie 74<br />
Halosukkulenz 75<br />
Haloxylon ammodendron<br />
siehe H. aphyllum<br />
- aphyllum 418f.<br />
-persicum 418<br />
Hamada 235, 238, 248, 414<br />
Register 527<br />
Hartlaub 268, 281, 287,<br />
290ff.<br />
Hartlaubarten 273<br />
Hartlaubgebiet 269, 289<br />
Hartlaubgehölze 60, 299<br />
- Zonobiom TV 268<br />
Hartlaubvegetation 273,<br />
295, 315<br />
Hartlaubwald 311<br />
Hartlaubzone 286<br />
Harz 340<br />
Haufendünen 257<br />
Haustiere 310<br />
He<strong>der</strong>á helix 326<br />
Heide 48, 298f,, 316<br />
- Brand 334<br />
- Streuproduktion 334<br />
- Verjüngungsstadien 334<br />
- Zwergstrauchschicht 334<br />
- zyklischer Wechsel 335<br />
Heidegebiete, Böden 331<br />
Heidegebiete, Westeuropa<br />
330<br />
Heidemoore 318<br />
Heidewald 139<br />
Heiße Wüsten 230<br />
Heliconia 156<br />
Helobiome 101, 203<br />
Helvetische Höhenstufenfolge<br />
369<br />
Hemi-Ephemeroide 352<br />
Hemi-Epiphyten 150, 153<br />
Hemikryptophyten 353<br />
Hemmstoffe 45<br />
Herbarien 23<br />
Herbivore 109, 367, 439<br />
Herbivorenhypothese 147<br />
Herbstpunkt 54<br />
Heterotroph 17<br />
Hilfe zur Selbsthilfe 485<br />
Himalaya 221, 426<br />
Hindukush 422<br />
Hispaniola 175<br />
Historische Fragen 272
528 Register<br />
Historischer Faktor 26<br />
Hitzeflimmern 103<br />
Hitzeresistenz 55<br />
Hochanden 263<br />
Hochdruckgebiete 96<br />
Hochgebirgswüste,<br />
tibetische 412<br />
Hochmontane Stufe 368<br />
Hochmoor 451ff.,455ff.<br />
- Bildung 438<br />
- Ökologie 456<br />
-Pollendiagramm 331<br />
Höchst produktive Ökosysteme<br />
118<br />
Hochstauden 118ff.<br />
Hochwasser 214<br />
Höhenstufen 91, 99ff., 381<br />
- Alpen 368, 373<br />
-Anden 221<br />
- Biotopwechsel 91<br />
- Iberien 300<br />
- Kenya 171<br />
- Mittelasien 421<br />
- Rocky Mountains 423<br />
- tropische Gebirge 163<br />
-Venezuela 161ff.<br />
Holarktis 28, 248<br />
holozän 435<br />
Holzeinschlag 494<br />
Holzknollen 151, 296<br />
Holzmasse 348<br />
Holznutzung 463, 494<br />
Holzpflanzen 189<br />
Holzplantagen 494<br />
Holzproduktion, Buche<br />
347f.<br />
Holzwert, Regenwald 174<br />
Holzzuwachs 348<br />
- Fichtenwäl<strong>der</strong> 439<br />
Homoiohydre 59<br />
Homoklimate 35, 40<br />
Hoodia currorii 256<br />
Huleh-Sümpfe 250<br />
Humboldtstrom 289<br />
Humid 35, 39, 87, 97<br />
Humide Küste, Mangrove<br />
217<br />
Humides Subzonobiom 316<br />
Humido-arides tropisches<br />
Sommerregengebiet 180<br />
Humus, Prärie 396, 401<br />
Humusprofile, Solling 364<br />
Hunger 484<br />
Hungergrenze, Licht 354<br />
Hydratation 67<br />
Hydratur 62ff., 65f., 68f.<br />
Hydraturgrenze 63<br />
Hydraulic lift 71<br />
Hydraulisches Durchströmungsmodell<br />
65<br />
Hydrobiome 101<br />
Hydro-Biosphäre 93f., 479<br />
hydrologische Wasserbilanz<br />
203<br />
Hydrosphäre 93f.<br />
Hygrohalophyten 78, 238,<br />
289<br />
Hygromorph 68<br />
Hygrophyten 61<br />
Hyper a postica 57<br />
Hypsozonal 99, 300<br />
Hyrkanische Reliktwäl<strong>der</strong><br />
315f.<br />
Iberische Halbinsel 300<br />
Ichugras 263<br />
Idiotop 199<br />
Igapo-Wald 176<br />
Igelgräser 252<br />
Ilex aquifolium 326<br />
Illit 88<br />
Immergrüne Arten 352<br />
Immergrüne Fagaceen<br />
317<br />
Immergrüne Hartlaubstufe<br />
300<br />
Immergrüne Nadelhölzer<br />
326<br />
Immergrüner Regenwald<br />
162, 290<br />
Immergrüner tropischer<br />
Regenwald 134<br />
Imperata-Grasland 138<br />
Indien 187, 220<br />
-Dürrezeit 178<br />
-<strong>Vegetation</strong> 178<br />
Individuendichten, Tiergruppen<br />
im Solling 360<br />
Indus-Nie<strong>der</strong>ung 223ff.<br />
Industrielän<strong>der</strong> 486<br />
Industrielle Landwirtschaft<br />
311<br />
Industrieprodukte 486<br />
Industriezeitalter 483<br />
Inlandeis 436<br />
Innenwelt 498<br />
Insektivoren 152<br />
Insel Wrangel 450<br />
Inselberge 255<br />
Inselbiotop 198<br />
Inselendemismus 30<br />
Insubrien 317<br />
Insubrische Höhenstufenfolge<br />
369<br />
Intakte Familie 497<br />
Intensivackerbau 310<br />
Interaktionen in Ökosystemen<br />
18<br />
Interaktionen mit Pflanzen<br />
18<br />
Interglazialer Irrtum 486<br />
Internationale Organisationen<br />
496<br />
Interspezifischer Wettbewerb<br />
46<br />
Interzeption 71, 356f.<br />
Interzonal 101<br />
Interzonales Gebirge, Alpen<br />
369<br />
Intraspezifischer Wettbewerb<br />
46<br />
Investitionsstrategie 114
Irano-turanische Wüste<br />
412<br />
Isosmosen 69<br />
Isothermic, Subantarktis<br />
476<br />
Israel 249<br />
Jagdtechnik 472<br />
Jahresgang 51, 53, 400<br />
Jahresnie<strong>der</strong>schlag 59,<br />
249<br />
- Kairo 232<br />
Jahresrhythmus 203<br />
Jahresringe 142<br />
Jahreszeiten 54<br />
Jaisalmer 226<br />
Jakutien 4481.<br />
Jamaica 139<br />
Janzen-Hypothese 147<br />
Japan 443<br />
Jarrah-Wald 268, 295, 297<br />
Java 135<br />
Jedom 447, 450<br />
Jemen 250<br />
Johannisbrotbaum 275<br />
Jordan 249<br />
Jugendphase 172<br />
- Eiche 362<br />
Juniperus-Baumfluren 421<br />
Käfergilden, Eiche 362<br />
Kaffeekulturen 162<br />
Kahlschlag 48<br />
Kairo 36, 231, 245<br />
- Jahresnie<strong>der</strong>schlag 232<br />
Kakteen 251<br />
Kakteen-Dornbusch 162<br />
Kakteen-Halbwüste 161<br />
Kakteen-Wüste 287<br />
Kalifornien 270f., 284ff.,<br />
291, 313<br />
- Arten 270<br />
- Einfluß des Menschen<br />
310<br />
Kalkaugen 389, 391, 398,<br />
410<br />
Kalkausscheidungen 266<br />
Kalkböden 101<br />
Kalkkrusten 88<br />
Kalte Hochplateauwüsten,<br />
Pamir 426<br />
-Tibet 426<br />
Kalte Wüsten 387<br />
Kälteempfindliche Pflanzen<br />
58<br />
Kältepol 445<br />
Kälteresistenz 55, 327ff.<br />
Kältestufe, alpine 381<br />
Kältewüste 169, 466<br />
Kalt-gemäßigtes Zonobiom<br />
97<br />
Kaltluftseen 373<br />
Kamchatka 437<br />
Kamchatka-Fluß 119<br />
Kamel 265, 429<br />
Kameldorn 283<br />
Kanada 313<br />
Kanaren-Kiefernwald 307<br />
Kanarenstrom 274<br />
Kanarische Inseln 302<br />
Kandelaberkakteen 251<br />
Känguruhs 299<br />
Kannenpflanzen 152<br />
Kaolinit 88<br />
Kapflora 294<br />
Kapgebiet 270f.<br />
Kapillarkräfte 62<br />
Kapitalismus 486<br />
Kapland 293ff.<br />
Kapstadt 294, 320<br />
Kapverden 302<br />
Karakum-Sandwüste 415ff.<br />
Karibu 470<br />
Karibujäger 472<br />
Karoo 230, 253f„ 295<br />
Karri-Wald 297<br />
Kasachstan, siehe<br />
Kazakhstan<br />
Register 529<br />
Kaspi-Nie<strong>der</strong>ung 411<br />
Kaspisches Meer 315<br />
Kastanien-Braunerde 395<br />
Kastanienerden 410<br />
Kationenaustauschkapazität<br />
87<br />
Kauliflorie 144<br />
Kazachisch-dsungarische<br />
Wüste 412<br />
Kazakhstan 412ff.<br />
Kegelkarst 140<br />
Keimling 32<br />
Kenya 170f., 197<br />
Kerguelen 477<br />
Kerguelen-Kohl 477<br />
Kerzenbäume 228<br />
Kiefern 431<br />
Kiefern-Birken-Taiga 444<br />
Kiefern-Fichten-Taiga 443<br />
Kiefernforste 311, 339, 431<br />
Kiefernstadium 438<br />
Kiefernwald 300, 304, 383,<br />
438<br />
- Mittelschweden 439<br />
- Phytomasse 439<br />
Kiefernwald-Ginsterheide-<br />
Stufe 306<br />
Kieswüste 236, 241<br />
Kleinia-Euphorbia-Stuie 306<br />
Kleintrombe 103<br />
Klima 49, 264<br />
- arid 387<br />
- boreale Zone 433<br />
- gemäßigt 387<br />
-T<strong>und</strong>ra 465<br />
- Zonobiom I 134<br />
Klimadiagramm 35ff.<br />
- Abisko 465<br />
- Achtuba 36<br />
- Adelaide 322<br />
- Aishihik 38<br />
- Ankara 283<br />
- Antofagasta 290<br />
- Archangelsk 36, 433
530 Register<br />
- Assuan 231<br />
- Astrachan 388<br />
- Azrou 269<br />
- Badin 224<br />
- Bahawalpur 224<br />
- Barmer 224<br />
-Beigaum 177<br />
-Bidar 177<br />
- Bikaner 224<br />
- Bombay 40, 220<br />
- Buitenzorg 36<br />
- Cairo 36<br />
- Calabozo 160<br />
- Calama 38<br />
- Cal<strong>der</strong>a 290<br />
- Chesterfield 465<br />
- Coquimbo 290<br />
- Denkoi 413<br />
- Eriwan 283<br />
- Evangelistas 290<br />
- Fort Yukon 465<br />
- Gata 269<br />
- Geraldton 295<br />
- Guaymas 40<br />
- Hobart 322<br />
- Hotham Heights 38<br />
- Hy<strong>der</strong>abad 224<br />
- Iquique 290<br />
- Irkutsk 433<br />
- Izana 305<br />
- Jacobabad 224<br />
-Jaipur 177<br />
- Jakutsk 445<br />
- Jodhpur 224<br />
- Kapstadt 293<br />
- Karachi 40, 224<br />
- Karridale 295<br />
- Karskija Vorota 36<br />
- Khanpur 224<br />
-Khartum 231<br />
- La Guaira 160<br />
- La Laguna 305<br />
- La Orchila 160<br />
- Les Cedres 38<br />
- Los Angeles 36<br />
- Lugano 325<br />
- Luxembourg 325<br />
- Mahabaleshwar 220<br />
- Mapoon 40<br />
- Marmagoa 177<br />
- Matheran 220<br />
- Mayumba 40<br />
- Melbourne 322<br />
- Messina 269<br />
- Montagu 293<br />
- Mosdene 209<br />
- Moskva 433<br />
- N'Guigmi 40<br />
- Nagasaki 36<br />
- Nukuss 36,413<br />
- Nylstroom 209<br />
- Odessa 36<br />
- Oimekon 445<br />
- Oudtshoorn 231,293<br />
- Pamirski Post 413<br />
- Paramo de Mucuchies 38<br />
- Pasadena 284<br />
•Perth 295<br />
■Pikes Peak, Co. 38<br />
■Potrerillos 290<br />
■Puerto Aisen 290<br />
■Punta Arenas 290<br />
- Punta Lavapie 290<br />
■Rawlinna 231<br />
■Reno 287<br />
■Roebume 40<br />
■Sagehen Creek 285<br />
■Salisbury 36<br />
■Salt Lake City 287<br />
■San Antonio de los<br />
Cubres 38<br />
■San Carlos de Rio Negro<br />
160<br />
■San Diego 284<br />
■Santa Cruz Porillo 40<br />
■Santiago 290<br />
■Solling 341<br />
• St. Cruz de Teneriffa 305<br />
- Stanleyville 134<br />
- Sukkur 224<br />
-Suva 134<br />
- Swakopm<strong>und</strong> 255<br />
- Tafelberg 293<br />
- Taschkent 283<br />
- Temuco 290<br />
-Tobruk 231<br />
- Tschakalov 388<br />
-Tucson 231<br />
- Tulear 40<br />
- Uaupes 134<br />
- Uman 388<br />
- Valdivia 290<br />
-Valence 325<br />
- Valparaiso 290<br />
- Vancouver 284<br />
- Washington 36<br />
- Winnemucca 287<br />
- Wostok 38<br />
- Yangambi 36<br />
- Ziguinchor 40<br />
- Zugspitze 38<br />
Klimadiagrammkarte,<br />
Afrika 42<br />
- Sindwüste 224<br />
Klimadiagrammkarten 41<br />
Klimarhythmik 144,178<br />
Klimasystem 27, 35, 97<br />
Klimatische Savannen 190,<br />
196<br />
Klimatische Schneegrenze<br />
368, 378<br />
Klimatogramm, Solling 341<br />
Klimatransekt 389<br />
Klimawandel 495<br />
<strong>Klimazonen</strong> 96<br />
Kloakentiere 299<br />
Klonale Pflanzen 353<br />
Klumpung 147<br />
Knöllchenbakterien 31<br />
Knospenschutz 142<br />
Knyshna 320<br />
Koevolution 30
Koh-e-Baba 423<br />
Kohlenstoffvorräte, Erde<br />
480<br />
Kohleschicht 203<br />
Kolchis 32 f<br />
Kolchische Wäl<strong>der</strong> 315<br />
Kolibri-Arten 156<br />
Kolke 457f.<br />
Kolonialgrenzen 485<br />
Kolonialherrschaft 485<br />
Kolonialismus 486<br />
Kolumbien 200f.<br />
Kommunismus 486<br />
Kompartiment-Modell 356<br />
Komplementäre Arten 47<br />
Komplexitätsebenen 18<br />
Kondensation 163<br />
Kondensalionswärme 100<br />
Konkurrenz 41, 45<br />
- Baumwurzeln 355<br />
Konkurrenzdruck 44<br />
Konkurrenzkraft 46, 49<br />
Konsum, Menschheit 482<br />
Konsumenten 108ff.<br />
- Solling 358<br />
Kontinentales Zonobiom<br />
97<br />
Kontinentalplatten 27<br />
Kontinentalverschiebung<br />
26<br />
Kontinente, Großglie<strong>der</strong>ung<br />
126ff.<br />
kontrahierte <strong>Vegetation</strong><br />
240f.<br />
Konvergenzen 29<br />
Kopetdag-Gebirge 416f.<br />
Korallenriffe 214<br />
Korea 317f.<br />
Korkeiche 275<br />
Korkeichenwald 279<br />
Körnerfresser 213<br />
Korngröße 85<br />
Kräutersteppe 449<br />
Krautschicht 105<br />
- Biomasse 354<br />
-Buchenwald 354<br />
- Phytomasse 353<br />
- Regenwald 147<br />
Kredite 497<br />
Kreislaufwirtschaft 493<br />
Kreosotbusch 239, 251<br />
Kronendach 152<br />
- Laubwald 338<br />
Kronenraum 152<br />
Kronentrauf 356f.<br />
Krotowinen 389ff.<br />
Krummholz 369<br />
Kruste 181ff„ 240<br />
Kryosphäre 95<br />
Kryptogamen-Wüste 307<br />
Kryptopodsolierung 340<br />
Kugelkakteen, Produktion<br />
246<br />
Kugelpolster 283<br />
Kuiseb 258ff.<br />
Kulturböden 277<br />
Kulturformationen 49<br />
Kurzer Kreislauf 109f.,<br />
367<br />
Kurzgeschlossener Kreislauf<br />
138<br />
Kurzgrasprärie 396ff.<br />
Küstenkordillere 263<br />
Küstenmangroven 215<br />
Küsten-Matorral 292<br />
Küstenwüsten 230<br />
Kwen-Llun 426<br />
Kyzylkum 415<br />
Lagg 457<br />
Lago Enriquillo 79<br />
Lagunen 261, 406<br />
Lake Bonneville 79, 288<br />
Lalmi 265<br />
Lamaherden 221<br />
Lamto-Savanne 207<br />
Landeis 95<br />
Landnutzung 483, 495<br />
Landnutzungsmethoden<br />
493<br />
Landvogelarten, Nordamerika<br />
157<br />
Landwirtschaft 310f., 489<br />
Langer Kreislauf 109f.<br />
- Solling 358, 367<br />
Langgrasprärie 234, 385,<br />
396f.<br />
Langtagpflanzen 143<br />
Languedoc 277<br />
Lärche 442<br />
Lärchen-Arven-Verhältnis<br />
371<br />
Lärchentaiga 448<br />
Lärchenwäl<strong>der</strong> 445<br />
- extrem kontinental 445<br />
Larix dahurica 327, 446f.<br />
- gmelinii 462<br />
Larix-Pinus cembra-Günel<br />
381<br />
Larrea divaricata 239<br />
Larrea-Halbwüste 407f.<br />
Larrea-Wüste 251<br />
Latente 88f„ 194<br />
Lateritisierung 137, 182<br />
Lateritkruste ISlff., 193,<br />
196, 198<br />
Latschengrenze 371<br />
Laubabwerfende Bäume<br />
280<br />
Laubabwerfende Wäl<strong>der</strong><br />
162, 180, 184<br />
Laubabwurf 184, 325<br />
Laubfall, Buche 350, 364<br />
- Solling 364<br />
Laubfresser 213<br />
Laubholzstufe mit Wildobstarten<br />
421<br />
Laubmischwald 300<br />
Laubmischwaldgürtel 381<br />
Laubwald 325f„ 336ff.<br />
Lauriphylle 98, 273, 280,<br />
315f.
532 Register<br />
Laurus canariensis 303<br />
- nobilis 315<br />
Lawinenzüge 373<br />
Leaf Area Index (siehe auch<br />
Blattflächenindex) 377<br />
Leben 17<br />
Lebensformen, Dornsavanne<br />
228<br />
- Sukkulenten 244<br />
- Verteilung 200<br />
Lebensqualität 498<br />
Lebensstandard 486, 498<br />
Le<strong>der</strong>blätter 273<br />
Leguminosen 206f.<br />
Lehmfleck 474<br />
Lemminge 469<br />
Les Landes 315<br />
Leucadendron argenteum 293<br />
Lianen 148ff., 274<br />
Licht, Hungergrenze 354<br />
Lichtausbeute 137<br />
Lichte Taiga 445<br />
Lichtfaktor 50f., 55<br />
Lichtfleck 350<br />
Lichtgenuß, Krautschicht<br />
351<br />
Lichtgenußmaximum 354<br />
Lichtgenußminimum 354<br />
Lichthölzer 346<br />
Lichtkompensationspunkt,<br />
Buche 343<br />
Lichtmangel 358<br />
Lichtminimum 346<br />
Lichtverhältnisse, Laubwald<br />
351<br />
- Regenwald 136<br />
Lignotuber 195, 296<br />
Liriodendron-'WalA 113<br />
Lisansee 79<br />
Lithobiome 101, 139<br />
Lithosphäre 93<br />
Litorina-Meer 435<br />
Llanos 161, 183<br />
- Orinoko 200<br />
Loiseleuria 372f., 376ff.<br />
Loma-<strong>Vegetation</strong> 262<br />
Lop-Nor 425<br />
Lorbeerwald 303f., 308,<br />
316ff„ 330,<br />
- Zonobiom V 313<br />
Lorbeerwald-Stufe 306<br />
Löß 84, 388, 446, 450<br />
Lücken im Wald (gaps) 32,<br />
145, 198<br />
Luftfeuchtigkeit 135<br />
- Solling 345<br />
Luftwurzeln 15 Iff.<br />
Lüneburger Heide, Regenerationsstadien<br />
332f., 335<br />
Luzula luzuloides, Sproßzahl<br />
355<br />
Lymantria dispar 112<br />
Macaranga 111<br />
Macchie 268, 276, 278,<br />
311<br />
Mächtige Schwarzerde<br />
389ff„<br />
Machtkämpfe 485<br />
Macquarie-Inseln 477<br />
Macrozamia 123<br />
Madagaskar 28, 228<br />
Maireana sedifolia 252<br />
Makaronesien 302<br />
Makromosaik 393<br />
Malakophylle 243, 279f.<br />
Malaysia 143<br />
Mallee 267f„ 295ff.<br />
Mfl/Ms-Stufe 422<br />
Man made desert 223<br />
Mangrove 162, 214, 219<br />
- Ostafrika 216<br />
-Salzhaushalt 218<br />
- Zonobiom H 217<br />
Marktwert, Regenwald 174<br />
Marokko 276<br />
Marsupialia 299<br />
Massenexodus 471<br />
Massentourismus 304, 488<br />
Mastjahre 354<br />
Matas 200ff.<br />
Matorral 268, 289ff.<br />
Mauna Loa, C02-Konzentration<br />
492f.<br />
Mbuga 198<br />
Mechanische Faktoren 50<br />
Mediterran 268ff., 300<br />
Mediterrane Orobiome 300<br />
Mediterranes Zonobiom 97<br />
Mediterrangebiete 271, 274<br />
- Mensch 310<br />
Meereis 95<br />
Meeresbecken 79<br />
Meersalz 79<br />
Megafauna 470<br />
Mensch, Zonobiom I 174<br />
-Mediterrangebieten 310<br />
- Savanne 222<br />
- Steppe 429<br />
- Taiga 462<br />
- T<strong>und</strong>ra 472<br />
-Wüste 265<br />
-Biosphäre 19<br />
- Einfluß <strong>und</strong> Eingriffe<br />
105, 308, 310f.<br />
Menschenfeindlichkeit 489<br />
Menschheit, Konsum 482<br />
Menschheitsentwicklung<br />
484<br />
Menschliche Aktivitäten<br />
495<br />
Mesembryanthemen 256<br />
Mesomorph 68<br />
Mesophyten 61<br />
Meteorologische Phänomene<br />
103<br />
Methangas 461<br />
Mikroklima 49<br />
-Waldboden 350<br />
Mikroturbulenz 104<br />
Mineralisierer 109<br />
Mineralstoffversorgung 82f.
Minimum-Areal 155<br />
Miombo-Wäl<strong>der</strong> 186f., 196<br />
Mischbestände 147<br />
Mittelamerika 127<br />
Mittelasiatische Wüsten<br />
412<br />
Mittelasien, Orobiom VII<br />
(rill) 421<br />
Mittelchile 270, 289, 292<br />
Mitteleuropa, Forstwirtschaft<br />
336<br />
- Geologie 367<br />
Mittelmeergebiet 270, 311<br />
Modell, Wasserhaushalt<br />
356<br />
Modelle 107<br />
Mogotes 140<br />
Mohave 230<br />
Mongolei 413<br />
Monokultur 112<br />
Monopolisierung 486<br />
Monotremata 299<br />
Monsun 317<br />
Monsunklima 206, 215<br />
Monsunwald 153, 177f.,<br />
187<br />
Monsunwinde 316<br />
Montane Stufe 368<br />
Montaner Eichenwald,<br />
Costa Rica 167<br />
Montmorillonit 88<br />
Moorboden 453<br />
Moore 453, 459<br />
- ombrogen 453<br />
- soligen 453<br />
- topogen 453<br />
Moorseen 455, 460<br />
Moortypen 452ff.<br />
Moost<strong>und</strong>ra 446, 473<br />
Mopane-Savanne 181<br />
Moros 140<br />
Mortalität 57<br />
Mosaik 33, 197<br />
Mosaikbestände 47<br />
Mosaikbildung 147<br />
Mosaikstruktur 145<br />
Mucubaji 168<br />
Mulga 252f.<br />
Mulka 231<br />
Multizonal 101<br />
Murchison-Park 196<br />
Murghab 416f.<br />
Museen, Bedeutung 23<br />
Mutter in <strong>der</strong> Familie 497<br />
Muttergestein 49, 88<br />
Mycorrhiza 30, 121, 138<br />
Mycorrhizapilze, Solling<br />
365<br />
Myrianthus arboreus 142<br />
Myrico-Ericetum 304<br />
Myrothamnus flabellifolius<br />
242<br />
Nabatäer 241<br />
Nachhaltige Bewässerungskultur<br />
82<br />
Nachhaltige Landnutzung<br />
483, 491ff„ 496<br />
Nadelholzstufe 422<br />
Nadeln 442<br />
Nadelwald 60, 292<br />
- Ökologie 438<br />
Nadelwaldgürtel 381<br />
Nagetiere 404<br />
Nährstoffarmut 137, 182<br />
-Torfmoose 457<br />
Nährstoffe, Auswaschung<br />
340<br />
Nährstoffkapital 138<br />
Nährstoffvorrat 331<br />
Nahrungsbeziehungen,<br />
Solling 359<br />
Nahrungskette 111<br />
- Zonobiom I 173<br />
Nahrungsnetz 111<br />
Nahrungspyramide 367<br />
Namib 122, 230, 253ff„<br />
256ff„<br />
Register 533<br />
Namibia 80, 192, 223, 236<br />
Natrium 79<br />
Natürliches Gleichgewicht<br />
324<br />
Natürliches Waldsterben<br />
443<br />
Naturschutz 305<br />
N aturwissenschaftliche<br />
Dokumentation 23<br />
Nauru 487<br />
Nazca-Platte 26<br />
Nearktis 28<br />
Nebel 255ff„ 261, 286, 304<br />
Nebelnie<strong>der</strong>schlag 305<br />
Nebelpflanzen 255, 262<br />
Nebelwald 151, 161ff., 164,<br />
300<br />
- Orobiom n 221<br />
Nebkha 237f„ 257f„ 425<br />
Negative Wasserbilanz 406<br />
Negev 233, 241, 249<br />
Nektarangebot 157<br />
Nektarfresser 213<br />
Nemorales Klima 37, 325ff.<br />
Nemorales Zonobiom 97<br />
Neokolonialismus 486<br />
Neotropis 28, 250<br />
Nepenthes 152<br />
N ettoholzproduktion,<br />
Savanne 208<br />
Nettoprimärproduktion<br />
115f„ 366, 377<br />
- Wirkungsgrad 378<br />
Nettoproduktion 109, 285,<br />
398<br />
- Miombo-Wald 187<br />
- Savanne 208<br />
Neuseeland 28, 126, 324<br />
- warmtemperierte Biome<br />
323<br />
Ngoro-Ngoro 206<br />
Nichthalophyten 74, 76f.<br />
Nichtholzprodukte, Regenwald<br />
174
534 Register<br />
Nie<strong>der</strong>kalifornien 284<br />
Nie<strong>der</strong>moore 453<br />
Nie<strong>der</strong>schlag 39, 59, 71,<br />
115, 288<br />
-Südamerika 158<br />
Nie<strong>der</strong>ung, aralo-kaspisch<br />
413<br />
- westsibirisch 459<br />
Nie<strong>der</strong>wald 48<br />
Niedrigwasser 214<br />
Nigeria 141<br />
Nischenblätter 151<br />
Nitraria schoben 425<br />
Nivalpflanzen, Phänologie<br />
379<br />
Nivalstufe 368, 373<br />
- Orobiom 1 169<br />
Nomaden 265, 405<br />
Nordafrika 273<br />
Nordalaska 472<br />
Nordalpen 367<br />
Nordamerika 127<br />
Nordamerikanische Prärie<br />
395<br />
Nordanatolien 315, 321,<br />
330<br />
Nordchile 230, 262<br />
Nördliche Schwarzerde<br />
389ff.<br />
Nordostpassat 160<br />
Norwegen 436, 444<br />
Nothofagus 292, 315, 321ff„<br />
Notogaea 28<br />
Nuristan 422<br />
Nutzung 277<br />
- Taiga 462<br />
Nylsvley-Savanne 209<br />
Oasen 238, 258, 265<br />
Oberflächenabfluß 71<br />
Ob-lrtysch-Becken 459<br />
Obligat pyrochor 123<br />
Obligate Halophyten 77<br />
Obstgartensteppe 206<br />
Offenes Ökosystem ohne<br />
Produzenten 122<br />
Ohmsches Gesetz 66<br />
Oimekon 466<br />
Ökogramm 45, 88<br />
- Böden 89<br />
Ökokline 90<br />
Ökologie 19f„ 93, 482<br />
- Hochmoore 456<br />
- Nadelwald 438<br />
Ökologische Benachteiligung<br />
d. Tropen 88, 174<br />
Ökologische Gesetzmäßigkeiten<br />
20f.<br />
Ökologische Klimadiagramme<br />
35<br />
Ökologische Primärfaktoren<br />
50<br />
Ökologische Typen, Wüstenpflanzen<br />
241<br />
Ökologisches Gleichgewicht<br />
46<br />
Ökologisches Optimum 44<br />
Ökophysiologie, Präriearten<br />
399<br />
- Steppenarten 399<br />
Ökophysiologische Untersuchungen,<br />
T<strong>und</strong>ra 468<br />
Ökosystem 18, 71, 112<br />
Ökosystemare Kennzahlen,<br />
Savanne 208<br />
Ökosystembiologie 18, 93,<br />
108<br />
Ökosysteme, höchst produktive<br />
118<br />
- Solling 365<br />
Ökosystemforschung 205f.<br />
Ökotone 98<br />
Ökotop 50<br />
Ökotypen 90<br />
Ölbaum 275, 310<br />
Olea Oleaster 275<br />
Oligotrophe Moore 461<br />
Ollague 264<br />
Ombrogene Moore 453<br />
Optimalphase 172, 348<br />
-Eiche 362<br />
Optimum 44<br />
Ordos 412f„ 424<br />
Oreale Stufe 368<br />
Oregon 320<br />
Organismische Welt 496<br />
Orgelberge 140<br />
Orinoko 201, 204<br />
Ornithorhynchus anatinus<br />
299<br />
Orobiom 1 163<br />
- Alpine Stufe 168<br />
- Baumgrenze 165<br />
- Bodentemperatur 166<br />
-Frostgrenze 165<br />
-Nivalstufe 169<br />
-Waldgrenze 165<br />
Orobiom 11 220<br />
Orobiom 111, Wüstengebirge<br />
264<br />
Orobiom IV 299ff.<br />
Orobiom VI 367<br />
Orobiom VII (rill) Mittelasien<br />
421<br />
Orobiom VIII, Gebirgst<strong>und</strong>ra<br />
452<br />
Orobiome 38, 99f„ 102<br />
- mediterran 300<br />
Orographische Faktoren 50<br />
Orozonal 99<br />
Orozonale <strong>Vegetation</strong> 300<br />
Osmotische Zustandsgrößen<br />
65ff.<br />
Osmotisches Potential 67ff.<br />
Ostafrika 226<br />
- Parklandschaften 206<br />
- Savannen 206<br />
Ostasien 317<br />
-Bioklima 319<br />
Ostbrasilien 318<br />
Osteuropa 113,384,388<br />
- Böden 388
-Bodenprofile 411<br />
- Eichenmischwald 113<br />
- Steppengebiet 390<br />
Ostpamir, Phytomasse 428<br />
- Polsterpflanzen 428<br />
- Steppe 428<br />
- Wasserverbrauch 428<br />
- Wüste 428<br />
Ostsee 435f.<br />
Ostseiten <strong>der</strong> Kontinente<br />
316<br />
Ostsibirien 445<br />
Oueds 237<br />
Oxalis acetosella, Sproßzahl<br />
355<br />
Ozeane, Phytomasse 480<br />
Ozeanische Birkenwäl<strong>der</strong>,<br />
ZB VIII 436<br />
Ozeanische Rücken 26<br />
Ozeanischer Nadelwald 314<br />
Ozeanisches Zonobiom 97<br />
Ozonschicht 494<br />
Paarhufer 211<br />
Pachycereus pringlei 70<br />
Paläarktis 28<br />
Paläotropis 28, 223, 226,<br />
249<br />
Palmares 198, 203<br />
Palmsavanne 198, 203<br />
Palsenmoore 454ff.<br />
Pamir 427<br />
- kalte Hochplateauwüsten<br />
426<br />
Pamirische Biologische<br />
Station 427<br />
Pamiro-Alai 421<br />
Pampa 205, 405ff.<br />
Pampa de Tamarugal 82<br />
Panama 155<br />
Pantophag 360<br />
Papyrus 120<br />
Paramo 161, 166, 169<br />
-Venezuela 168<br />
Parasiten 109<br />
Parklandschaften 193,<br />
196f„ 205<br />
- Ostafrika 206<br />
Passat 163, 219<br />
Passatklima 160<br />
Passatwind 96, 160, 302,<br />
316<br />
Passatwolke 307<br />
Patagonien 408<br />
Patagonische Halbwüste<br />
408f.<br />
Patagonische Steppe 290<br />
Paucienne, Sukkulenten<br />
244<br />
Pedobiome 92, lOlf., 137,<br />
139, 162, 232<br />
Peinobiome 102, 139, 183,<br />
298<br />
Peinohelobiome 452ff„ 459<br />
Peinomorphosen 459<br />
Peireskia guamacho 161<br />
Pei-Schan 412<br />
Penninische Höhenstufenfolge<br />
369<br />
Perenne, Sukkulenten 244<br />
Periglaziale Steppen 450f.<br />
Periglaziales Relikt 451<br />
Perihel 54<br />
Periodische Ereignisse 32,<br />
58<br />
Periodizität <strong>der</strong> Entwicklung<br />
142<br />
Periophthalmus 219<br />
Permafrost 58, 94, 445f.,<br />
448f„ 466, 473<br />
Permanenter Welkepunkt<br />
62<br />
Perth 296<br />
Peru 155, 230<br />
Pfannen 238<br />
Pflanzengemeinschaft 46f„<br />
106<br />
Pflanzengesellschaft 106<br />
Register 535<br />
Pflanzensoziologie 106<br />
Pflanzenverfügbares Wasser<br />
62<br />
Phänologie, Nivalpflanzen<br />
379<br />
Phänologischer Kalen<strong>der</strong><br />
325<br />
Phasen 47<br />
I<br />
Phoenix canariensis 309<br />
Phosphat 271<br />
Photosynthese, Buche 345<br />
- Solling 344f.<br />
- Welwitschia 260<br />
- Zwergsträucher 374<br />
Photosynthetisch aktive<br />
Strahlung 377<br />
Phreatophyten 235, 240<br />
Phrygana 276<br />
pH-Wert 87<br />
Phyllosphäre 66<br />
Physikalisches Klimasystem<br />
495<br />
Physiologisches Optimum<br />
44<br />
Phytomasse 108, 112f„<br />
118, 121<br />
- alpine Zwergstrauchheide<br />
377<br />
- Biosphäre 478f.<br />
-Erde 117<br />
- Kiefernwäl<strong>der</strong> 439<br />
- Miombo-Wald 187<br />
- Ostpamir 428<br />
- Ozeane 480<br />
- Savanne 208ff.<br />
- Schichtung 376<br />
- Steppe 400<br />
- Zonobiom I 171f.<br />
Phytophag 109, 360<br />
Phytotelmen 152, 363<br />
Phytozönosen 46<br />
Picea abies 346<br />
-schrenkiana 422<br />
Pfcea-Nadelwaldgürtel 381
536 Register<br />
Piceetum typicum 437<br />
Pico Bolivar 161<br />
Pico de Teide 303<br />
Pinetum 431, 438<br />
Pingo 4481.<br />
Pinguine 476<br />
Pinus 422<br />
- canariensis 3071,<br />
Pinus silvestris-TdÁgA 450<br />
Piny on 287<br />
Pionierholzarten 431<br />
Pionierwald 48<br />
Pisolith 1811.<br />
Plaggenhieb 332, 335<br />
Plakorllächen 91, 101<br />
Planetarische Zirkulation<br />
96<br />
Plasma 67<br />
Plattentektonik 26<br />
Platzwechsel 47<br />
Pleistozän 271, 273, 285<br />
Plenterphase 47<br />
Pliozän 272<br />
Pluvialzeiten 157,183,237<br />
Pneumatophoren 218<br />
Pod 383, 390<br />
Podgolez 452<br />
Podsol 98, 390<br />
Podsolierung 881.<br />
Poikilohydre 59, 64, 242,<br />
251<br />
Poikilotherm 56<br />
Polare Fichtenwaldgrenze<br />
371<br />
Polare Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze<br />
462<br />
Polareis 58, 94<br />
Polarnacht 53<br />
Polartag 53, 468<br />
Pollendiagramm 331<br />
Polstermoore 292<br />
Polsterpllanzen, Ostpamir<br />
428<br />
Polygona da Seca 226<br />
Polygonböden 466, 474<br />
Polygonum sachalinense 120<br />
Polylepis 170, 221<br />
Polynesien 28<br />
Polytrichum sexangulare 375<br />
Populationsbiologie 31<br />
Populationsdichte 491<br />
Populus tremuloides 3981.<br />
Porenvolumen 61<br />
Portugal 316<br />
Postglazial 274, 368, 371,<br />
460<br />
-Heide 331<br />
Potentielle Verdunstung 78<br />
Prägbarkeit 497<br />
Prärie, Gemischte 39611.<br />
- Humus 396<br />
- Kurzgras 396<br />
- Langgras 396<br />
- Nordamerikanische 395<br />
- Transekt 395<br />
Präriearten, Ökophysiologie<br />
399<br />
Präriebrände 396<br />
Primäre Sukzession 49<br />
Primärproduktion 1131.,<br />
121, 348, 481<br />
Primärwald 146<br />
Primula glutinosa 379<br />
Pringlea antiscorbutica A ll<br />
Prinz Albert Pare 399<br />
Produktion 113, 118, 374,<br />
377<br />
- Agave 246<br />
- Biosphäre 4781.<br />
- Buchenwald 348<br />
- Fichtenwäl<strong>der</strong> 439<br />
- Kugelkakteen 246<br />
- Landoberlläche 478<br />
- Solling 345<br />
- Steppe 399<br />
- T<strong>und</strong>ra 469<br />
Produktivität 1141., 172,<br />
347<br />
-Erde 479<br />
- Solling 366<br />
- Wüstenvegetation 245<br />
Produzenten 10811.<br />
Propaganda 490<br />
Prosopis 82<br />
Prosopis caldenia-Gehölze<br />
407<br />
Prosopis-Savanne 223, 407<br />
Proteaceengebüsch, Heiden<br />
293, 298<br />
Proteoi<strong>der</strong> Fynbos 124<br />
Provenienz 90<br />
Prunus laurocerasus 326<br />
Psammobiome 101, 318<br />
Psammobiome, Zonobiom II<br />
219<br />
Pseudo-Halophyten 74, 77<br />
Pseudomacchie 302<br />
Pseudomycel 389, 391<br />
Pseudotsuga 314<br />
Pulsatilla-Steppengürtel 381<br />
Puna 221, 222<br />
Pyrochor 123<br />
Pyrophyten 195, 204, 299<br />
Quartärgeschichte 253<br />
Quarzsande 204<br />
Quellkörper 63<br />
Querceto-Carpinetum<br />
431<br />
Querceto-Coryletum 113<br />
Quercetum ilicis 274, 277<br />
Quercus calliprinos 2771.<br />
-ilex 41, 2751., 281<br />
-pubescens 381<br />
-súber 275, 279<br />
-virginiana 318<br />
Raised bogs 453<br />
Ramets 32<br />
Ran ol Kutch 226<br />
Rangiler caribou 470<br />
Rangiler tarandus 470
Rangstufen ökologischer<br />
Systeme 102<br />
Rankenpflanzen 148<br />
Ranunculus glacialis 379f.<br />
Rationalisierung 490<br />
Raubbau 19<br />
-Regenwald 175<br />
Raumeinheiten 103<br />
Redkolesje 446<br />
Reg 236<br />
Regelgröße 67<br />
Regelkreise 110<br />
Regen, Zonobiom I 134f.<br />
Regeneration 31f.<br />
Regeneration, Lüneburger<br />
Heide 332f.<br />
Regenerationsstadien 277<br />
Regenerationswellen 442f.<br />
Regenfeldbau 265<br />
Regenmenge 151<br />
Regenwald 60, 134, 156<br />
-Entwaldung 175<br />
-Profil 141<br />
-Raubbau 175<br />
-Schmetterlinge 158<br />
-Vögel 158<br />
Regenwaldrefugien, Südamerika<br />
158<br />
Regenwürmer 404<br />
Regenzeit 185<br />
Regression 460<br />
Reinhaltung <strong>der</strong> Luft 494<br />
Rekretohalophyten 76f.<br />
Relative Standortskonstanz<br />
90f.<br />
Relikt 91<br />
- periglazial 451<br />
Reliktsavannen 183<br />
Reliktwäl<strong>der</strong> 315<br />
- euxinisch 316<br />
- hyrkanisch 316<br />
Renosterbos 268, 295<br />
Renosterformation 267<br />
Rentier 470ff.<br />
Repetek 416ff.<br />
Reptilien 211<br />
Resourcendynamik 199<br />
Resourcennutzung 491<br />
Respiration 11 Off.<br />
Rhigozum 192<br />
Rhizophora 215f.<br />
Riffmangroven 215<br />
Rimpis 455<br />
Ri vier 256ff.<br />
Rjamy 461<br />
Rocky Mountains, Höhenstufenfolge<br />
423<br />
Rodungsflächen, Regenwald<br />
176<br />
Rohboden 89, 98<br />
Rohhumusauflage 332, 349<br />
Roßbreiten 96<br />
Rossby-Welle 103<br />
Rotation 146f.<br />
Rote Listen 490<br />
Rotlehme 98<br />
Rub-al-Khali 250<br />
Rückgekoppelte Regelkreise<br />
67<br />
Rückkopplung 110<br />
Rüllen 457f.<br />
Run-off 241, 265<br />
Sachalin 120<br />
Sagebrush 287<br />
Sahara 230, 248<br />
Saharastaub 139<br />
Saharo-sindische Wüstenzone<br />
223<br />
Sahel-Dürre 104<br />
Sahelzone 222<br />
Saisonregenwald 160, 178<br />
Salar de Atacama 263<br />
Salare 221<br />
Salix herbácea 375<br />
Salpeter 263<br />
Saltation 85<br />
Saltbush 251<br />
Register<br />
Salzanreicherung 79ff.<br />
Salzausscheidung 76<br />
Salzböden 72, 390<br />
- Sindwüste 226<br />
Salzdrüsen 218<br />
Salzgehalt 80<br />
Salzhaushalt, Mangrove<br />
218<br />
Salzkonzentration, Mangrove<br />
217<br />
- Regulierung 218<br />
Salzkruste 79f.<br />
Salzpfannen 78, 221, 233,<br />
263, 417<br />
Salzpflanzen (siehe auch<br />
Halophyten) 245<br />
Salzseen 78, 288, 415, 427<br />
Salzstaub 79<br />
Salzverlagerung 80<br />
Salzwasser 94<br />
Salzwüste 81, 288<br />
Samen 32<br />
Samenbank 32<br />
Samenverbreitung, T<strong>und</strong>ra<br />
467<br />
Sämlingsetablierung 199<br />
Sammlungen 23<br />
Sandböden 233<br />
Sanddünen 248, 412<br />
Sandfänger 237<br />
Sandgebläse 235<br />
Sand-Namib 258<br />
Sandwüste 236, 250, 415<br />
-Karakum 416<br />
Saprophag 212, 360<br />
Saprophagennahrungskette<br />
361, 364, 367<br />
Saprophyten 121<br />
Saprovore 439<br />
Sarcopoterium 278<br />
Sättigungsdefizit 136<br />
Säugetiere 205, 211<br />
- Zonobiom I 173<br />
Saugschuppen 151
538 Register<br />
Saugspannung 65ff.<br />
Säulenkakteen 69f.<br />
Säulensolonez 410<br />
Saurer Regen 431<br />
Savanne 60, 178ft„ 188ff„<br />
191, 198f„ 201, 207<br />
- Beweidung 195f.<br />
- Campos Cerrados 204<br />
-Neotropen 183<br />
- Ökosysteme 207<br />
- Ostafrika 206<br />
-Pakistan 225<br />
-Zonale 193<br />
Savannenwald 194<br />
Saxifraga bryoides 379<br />
- oppositifolia 379<br />
Schafweide 334<br />
Schattenarten 47<br />
Schattenblätter 343, 345<br />
Schattenhölzer 346<br />
Scheuchzeria-Tori 460<br />
Schibljak 301<br />
Schichtpaketabbau 88<br />
Schirmbäume 228<br />
Schlenken 457, 460<br />
Schlucht-Eichenwald 383<br />
Schlusswald 47<br />
Schmetterlinge, Endemismus<br />
158<br />
Schnabeligel 299<br />
Schnabeltier 299<br />
Schnee 94f.<br />
Schneeablagerung 372<br />
Schneegrenze 368, 372,<br />
378, 426, 429<br />
Schneehöhe 400<br />
Schneeschmelze 393<br />
Schneetälchen 372<br />
Schopfbäume 169, 228<br />
Schopfbaum-Senecioneen<br />
171<br />
Schopfpflanzen 228<br />
Schorfheide 339<br />
Schory 415<br />
Schottland 334<br />
Schotts 238<br />
Schubspannungsgeschwindigkeit<br />
85<br />
Schüttellaub 142<br />
Schuttkriecher 307<br />
Schutzgebiete 157<br />
Schutzzonen 494<br />
Schwammspinner 112<br />
Schwarze Taiga 445<br />
Schwarzer Saksaul 418<br />
Schwarzerde 383, 389f.,<br />
395<br />
-Degradierte 391<br />
- Gewöhnliche 389ff.<br />
- Mächtige 389ff.<br />
- Nördliche 389ff.<br />
- Südliche 389ff.<br />
Schweden 45 5f.<br />
- Kiefernwald 439<br />
Schwemmland 137<br />
Sebkha 238<br />
Sedimentation 84f.<br />
Sedimentfracht 84<br />
Seele 498<br />
Sek<strong>und</strong>äre Savannen 197<br />
Sek<strong>und</strong>äre Sukzession 49,<br />
199<br />
Sek<strong>und</strong>ärproduktion 109<br />
Sek<strong>und</strong>ärwald 138, 146,<br />
173<br />
Selbständiges Denken 488<br />
Selbstinitiative 486<br />
Selbstverwirklichung 487,<br />
497<br />
Semiarid 230<br />
Senecio keniodendron 170<br />
Senken 198, 403<br />
Sequoia sempervirens 320<br />
Serengeti 196<br />
Serir 236, 238<br />
Seßhaftigkeit 265<br />
Shifting cultivation 178,<br />
188, 196<br />
Shimagare-Phänomen<br />
442f.<br />
Shorea rohusta 220<br />
Sibirische Taiga 443, 462<br />
Sierra de Domeyka 263<br />
Sierra de Talamanca 165,<br />
167<br />
Sierra de Tilaran 143<br />
Sierra Nevada 300<br />
Silberbaum 293<br />
Sinai 249<br />
Sindwüste 223ff.<br />
Sittengesetze 485<br />
Skiereiden 316<br />
Sklerophylle 98, 279ff.,<br />
315f.<br />
Sklerophylle Eichenwäl<strong>der</strong><br />
285<br />
Sklerophylle Xerophyten<br />
243<br />
Sodabildung 410<br />
Sodaböden 406<br />
Sodaverbrackung 403<br />
Sokotra 227<br />
Solanum elaeagnifolium 68f.<br />
Solarkonstante 53<br />
Solidago altissima 118<br />
Solifluktion 307, 452, 470,<br />
473ff.<br />
soligene Moore 453<br />
Solling, Buchenwald 340ff.,<br />
344ff„ 348<br />
- Energiefluß 366<br />
- Globalstrahlung 342<br />
- Humusprofile 364<br />
- Konsumenten 358<br />
- langer Kreislauf 358<br />
- Laubfall 364<br />
- Mycorrhizapilze 365<br />
- Nahrungsbeziehungen<br />
359<br />
- Nettoprimärproduktion<br />
366<br />
- Ökosysteme 365
- Photosynthese 344f.<br />
- Produktionsanalyse 345<br />
- Produktivität 366<br />
- Tiergruppen 360<br />
-Wasserhaushalt 356<br />
- Wind 342<br />
- Zoomasse 360<br />
Solonez 89, 411<br />
Solontschak 411<br />
Solonzierung 410<br />
Solstiziallinie 54<br />
Sommerannuelle, Sukkulenten<br />
244<br />
Sommergewitter 285<br />
Sommergrüner Wald 290<br />
Sommerhochwasser 460<br />
Sommerregen 205<br />
Sommerregenklima 37<br />
Sonnenblätter 343, 345<br />
Sonneneinstrahlung 53f.<br />
Sonnenflecken 137<br />
Sonnenhöhe 52<br />
Sonnenscheindauer 52,<br />
135<br />
Sonnenstrahlung 51<br />
Sonneratia 215ff.<br />
Sonora-Wüste 70, 230,<br />
246, 250, 264<br />
Sozialsystem 495<br />
Spanien 301<br />
Spannung 66<br />
Spartocytisus-Gehiigshalhwüste<br />
306<br />
Spätfrost 328f., 378<br />
Spätglazial 368, 435<br />
Spätsommerarten 352<br />
Speicherung, Reserve 380<br />
Sphagnum 456, 459<br />
- fuscum 460<br />
Spinifex-Gras\anà 252<br />
Spitzbergen, Temperatur<br />
468<br />
Spitzkronig 442<br />
Spreizklimmer 148<br />
Sproß/Wurzel-Verhältnis<br />
377<br />
Sproßsukkulenz 75<br />
Sproßzahl 355<br />
Stammablauf 356f.<br />
Stammdurchmesser, Buche<br />
349<br />
Stammeskämpfe 485<br />
Stammsukkulente 29, 228,<br />
243<br />
Stammsukkulente Euhalophyten<br />
77<br />
Standort 50<br />
Standortfaktoren 50<br />
Standortsindifferente Halophyten<br />
77<br />
Stärkespeicherung 380<br />
Staubeintrag 84<br />
Stauberosion 429<br />
Stauschicht 181<br />
Steigungsregen 163f.<br />
Steineichenwald 300<br />
Steinnetzbildung 475<br />
Steinnetzböden 466, 475<br />
Steinpflaster 235, 266<br />
Steinwüste 235<br />
Steinzeitmensch 473<br />
Stenohydre Xerophyten<br />
243<br />
Steppe 60, 384ff„ 387,<br />
392ff„ 405<br />
- asiatische 403<br />
- Ostpamir 428<br />
- periglaziale 450f.<br />
- Tierwelt 404<br />
Steppenarten, Ökophysiologie<br />
399<br />
Steppenböden 395<br />
Steppenbrand 402<br />
Steppenelemente 421<br />
Steppengattungen 451<br />
Steppengebiet, Osteuropa<br />
390<br />
Steppenheide 394<br />
Register 539<br />
- Kalkhänge 402<br />
- Lößhänge 402<br />
Steppenherbivoren 429<br />
Steppeninseln 450<br />
Steppenklima 37<br />
Steppenkräuter 402 '<br />
Steppenläufer 402<br />
Steppenmosaik 384<br />
Steppennager 401<br />
Steppenreservate 404<br />
Steppenvegetation 401<br />
Steppenwald 399, 422<br />
Steppenzone 384<br />
- Böden 388<br />
-Bodenprofil 391<br />
- E-Europa 384<br />
Stickstoff 271<br />
Stickstoff-Biogeochemie<br />
491<br />
Stickstoffhaushalt, T<strong>und</strong>ra<br />
467<br />
Stinkboom 320<br />
Stipa 402<br />
- tenadssima 266<br />
Siipa-Bothriochloa laguroides-<br />
Steppe 406<br />
Stochastisch 33<br />
Stoffkreislauf 11 Off., 120<br />
Stoffproduktion 239, 281<br />
- Buche 347<br />
Stomaweite 358<br />
Stomawi<strong>der</strong>stand 66<br />
Störgröße 67<br />
Strahlung 51<br />
Strandformationen, Zonobiom<br />
II 219<br />
Strangmoore 455, 460f.<br />
Strauchflechten 444<br />
Strauchsavanne 190f.<br />
Strauchschicht, Ökophysiologie<br />
350<br />
Streifenböden 475<br />
Streu 109, 122, 137, 439<br />
-Akkumulation 282,401
540 Register<br />
- alpine Zwergstrauchheide<br />
377<br />
- Mineralisierung 364<br />
- Steppe 401<br />
Streufall 350, 364<br />
Streumenge 349<br />
- Zonobiom I 173<br />
Streuproduktion, Heide<br />
334<br />
Strom 66<br />
Subalpine Stufe 368<br />
Subalpiner Wald 166<br />
Subantarktische Inseln 476<br />
Subantarktischer sommergrüner<br />
Wald 290<br />
Subduktionszone 26<br />
Submediterrane Laubwäl<strong>der</strong><br />
301<br />
Submediterrane Zone<br />
330ff.<br />
- Kiimadiagramme 325<br />
Submontane Stufe 368<br />
Subor 431<br />
Substratabhängige Wüstentypen<br />
235<br />
Subtropisches Klima 230<br />
Subtropisches Zonobiom 97<br />
Subzonobiom, arid 282<br />
- Halbwüsten 409<br />
- humid 316<br />
- mediterran 282<br />
- Westseiten <strong>der</strong> Kontinente<br />
320<br />
- Zentralasiatische Wüsten<br />
423<br />
Subzonobiome 102<br />
Süd- <strong>und</strong> Südwest-Australien<br />
270<br />
Südafrika 267, 293<br />
- Einfluß des Menschen<br />
310<br />
Südamerika 128<br />
Sudan 222<br />
Sudanische Enklaven 250<br />
Süd-Australien 295<br />
Süd-Chile 314<br />
Sudd 213<br />
Südliche Schwarzerde<br />
389ff.<br />
Südost-Australien, Eucalyptus-Nothofagus-V^ä\<strong>der</strong><br />
321<br />
Südostpassat 160<br />
Südpol, C02-Konzentration<br />
492<br />
Südwest-Australien 295<br />
Sugrudki 431<br />
Sukkulenten 151, 161,<br />
243f„ 251, 254, 304<br />
- Lebensformen 244<br />
- Ostafrika 227<br />
Sukkulenten-Halbwüste<br />
304, 306, 308f.<br />
Sukkulenz 72, 74f.<br />
Sukzession 278, 299<br />
Sukzessionszyklus 48f.<br />
Sulfathalophyten 75f.<br />
Sumpfgebiet 213f.<br />
Sumpfwäl<strong>der</strong> 318<br />
Süßwasser 94<br />
Swakopm<strong>und</strong> 231, 257<br />
Symbiosen 30f., 156<br />
Synökologie 18<br />
Synusien 102, 104, 106,<br />
350ff.<br />
Syrien 277<br />
Systematik 22<br />
Tafelberg (Kapstadt) 293f.<br />
Tafelberge 194, 295<br />
Tafeltuch 294<br />
Tag- <strong>und</strong> Nachtgleichen 54<br />
Tagesgang 53<br />
Tageslänge 52f.<br />
Tageszeitenklima 37, 134,<br />
163, 166<br />
Taiga 98, 434, 436f., 443,<br />
455, 461<br />
- Dunkle 445<br />
- Finstere 445<br />
- Lichte 445<br />
- Nutzung 462<br />
- Schwarze 445<br />
- Sibirische 462<br />
Taigazone 37<br />
Taimyr-Halbinsel 464<br />
Takla Makan 412f., 425<br />
Takyr 238, 415, 420<br />
Takyrkomplex 418<br />
Talamanca 146<br />
Tamarix 234<br />
Tarim-Becken 425<br />
Tasmanien 322<br />
- Eucalyptus-Nothofagus-<br />
Wäl<strong>der</strong> 321<br />
Taufall 255<br />
Taurus 300<br />
Taxonomie 22<br />
Taxus 326<br />
Technisierung 488ff.<br />
Tectona grandis 144<br />
Tedshen 416f.<br />
Teide 307<br />
Tektonische Platten 26<br />
Temperatur 55<br />
- Buche 345<br />
- Regenwald 134f.<br />
- Spitzbergen 468<br />
Temperaturabhängigkeit 56<br />
Temperaturfaktor 50<br />
Temperaturgang 54<br />
Temperaturinversion 373<br />
Tenebrioniden 261<br />
Teneriffa 302ff„ 305ff„ 330<br />
Termiten 137, 212<br />
Termitensavanne 197f.<br />
Terra rossa-Böden 98, 273,<br />
275<br />
Terrestrische Ökosysteme<br />
121<br />
Tertiär 271 ff., 274, 303<br />
Tertiärreliktarten 316
Tertiärwäl<strong>der</strong> 315<br />
Teruel 301<br />
Teufelskreis 485<br />
Thailand 187<br />
Tharwüste 223<br />
Theoretische Modelle 107<br />
Thermik 103<br />
Thermische Zonen 479f.<br />
Thermokarst 445ff.,<br />
Therophyten 283<br />
Tibesti-Gebirge 264<br />
Tibet, kalte Hochplateauwüsten<br />
412, 426<br />
Tiefbrunnen 429<br />
Tiefdruckgebiete 96<br />
Tienschan 421<br />
Tierra caliente 161<br />
Tierra fria 161<br />
Tierra helada 161<br />
Tierra templada 161<br />
Tierregionen 29<br />
Tierwelt, Australien 299<br />
- Karakum 420<br />
- Namib 258, 261<br />
-Savanne 21 If.<br />
- Solling 358ff.<br />
- Steppen 404<br />
- T<strong>und</strong>ra 469<br />
Tierwelt, Zonobiom I 173<br />
Tillandsien 262<br />
Tomillares 276<br />
Tonaufbau 89<br />
Tonböden 233<br />
Tonmineralien 88<br />
Tonverlagerung 89, 389<br />
Topogene Moore 453<br />
Torfbildung 438ff.<br />
Torfhügelt<strong>und</strong>ra 456, 473f.<br />
Torfmoose 456f., 479<br />
- Nährstoffarmut 457<br />
Torfzuwachs 459<br />
Tornado 103<br />
Torneträsk 456<br />
Toteis 436<br />
Totes Meer 79, 249<br />
Totholz 363<br />
Tradition 497<br />
Transpiration 39, 71, 232f.,<br />
356f.<br />
- Buche 345<br />
- Welwitschia 260<br />
Transpirationskoeffizient<br />
246f„ 358<br />
Transpirationsverluste<br />
246f., 257<br />
Transpirationswi<strong>der</strong>stand<br />
136<br />
Träufelspitze 142<br />
Treibhauseffekt 176<br />
Treibhausgase 495<br />
Treibnebel 255<br />
Triodia hasedowii 253<br />
Trockenadiabatisch 100<br />
Trockenfrüchte 291<br />
Trockengrenze 165<br />
Trockenrasen 384<br />
Trockenrasenstufe 301<br />
Trockentäler 237, 254, 257<br />
Trockenwald 181, 187,<br />
193, 195<br />
Trockenwiese 394<br />
Tropen 97, 143, 164<br />
Tropenökologie 20f.<br />
Tropische Gebirge 163, 220<br />
Tropische Hydrobiome 213<br />
Tropische Kalkböden 139<br />
Tropische Lebensformen<br />
157<br />
Tropische Podsolboden 139<br />
Tropischer Regenwald 134,<br />
172, 184<br />
-Rodungsflächen 176<br />
Tsaidam-Becken 412f.,<br />
425f.<br />
Tschangtang 427<br />
Tscharany 449<br />
Tschernosom (Tschernosem)<br />
89, 98, 389<br />
Register 541<br />
Tscherski-Gebirge 446, 462<br />
Tucson 250<br />
T<strong>und</strong>ra 60,98,451<br />
- Klima 37, 465<br />
- Mensch 472H.<br />
- Produktion 469<br />
- Stickstoffhaushalt 467<br />
- Tierwelt 469<br />
- <strong>Vegetation</strong> 465f.<br />
Tunesien 241<br />
Turgordruck 67<br />
Turm von Babel 488<br />
Tussock-Grasland 407ff.,<br />
477<br />
Tuz Gölü 79<br />
Übergangsmoore 454<br />
Übergangswald 47<br />
Übergangszonobiom 314<br />
Übernutzung 311<br />
Übertechnisierung 483ff.,<br />
486ff.<br />
Übertemperatur 56<br />
-Blätter 136<br />
Überweidung 206<br />
Uferwäl<strong>der</strong> 214<br />
Uganda 213<br />
Ullung-do 317f.<br />
Umlaufbahn <strong>der</strong> Erde 52<br />
Umsatzraten 172<br />
Umwandlung <strong>der</strong> Steppe<br />
405<br />
Umwelt 41, 50<br />
Umweltbereiche 49<br />
Umweltprobleme, globale<br />
494<br />
Unterirdischer Abfluß 83<br />
Urbanisierung 482<br />
Ursteppe 401<br />
Urwald 48, 348<br />
Urwald von Bialowiez 337<br />
Urwaldreliktarten 362<br />
USA, Bodentypenkarte 397<br />
Utah 288f.
542 Register<br />
Vaccinium-Heide 376<br />
Valdivianischer Regenwald<br />
290, 314, 321<br />
Variabilität <strong>der</strong> Regenmenge<br />
231<br />
<strong>Vegetation</strong> 49<br />
- Alpen 373<br />
- diffus 240<br />
- hypsozonal 300<br />
- kontrahiert 240f.<br />
- orozonal 300<br />
- T<strong>und</strong>ra 465<br />
- Wüste 247<br />
- Zonobiom I 140<br />
<strong>Vegetation</strong>sdecke 86<br />
<strong>Vegetation</strong>skarten 382<br />
<strong>Vegetation</strong>slose Dünengebiete<br />
122<br />
<strong>Vegetation</strong>slose Wüsten<br />
231<br />
<strong>Vegetation</strong>smosaik 79, 176<br />
<strong>Vegetation</strong>sprofil 74<br />
<strong>Vegetation</strong>stransekt 389<br />
<strong>Vegetation</strong>stypen 98<br />
<strong>Vegetation</strong>szeit, T<strong>und</strong>ra<br />
466f.<br />
<strong>Vegetation</strong>szonen 60<br />
- Euro-Sibirien 430<br />
Venezuela 160ff.,177, 187,<br />
195, 213<br />
-Mangrove 216<br />
-Paramo 168<br />
-Waldgrenze 165<br />
Verbrackung 79<br />
Verbreitung, Zonobiome<br />
124f.<br />
Verbreitungsgrenze 41<br />
Verbuschung 191<br />
Verchojansk 466<br />
Verdunstung 230, 233<br />
Verfichtung 431<br />
Vergrasung 138<br />
Verheidung 458<br />
Verjüngungsphase 47<br />
Verjüngungsstadien, Heide<br />
333<br />
Verkehrssicherungspflicht<br />
363<br />
Verlust biologischer Vielfalt<br />
491<br />
Vermassung 488<br />
Vermo<strong>der</strong>ungshorizont 364<br />
Vermoorung 295, 452, 460<br />
Vernässung 203, 438, 460<br />
Vernetzung 156<br />
Vernichtungswaffen 489<br />
Versalzung 78<br />
Versickerung 71, 233<br />
Versteppung 392<br />
Verwitterung 83, 89<br />
Verzinsung 486<br />
Viehtritt 420<br />
Vikariierende Arten 375<br />
Vivipare Keimlinge 218<br />
Vley 181<br />
Vögel 205,211<br />
Vor<strong>der</strong>asien 130<br />
Vorfrühlingszeit 351<br />
Vulkanisch aktive Regionen<br />
26<br />
Wachstumskurven 44<br />
Wadi 237, 256, 258<br />
Wadi Allaqi 265<br />
Waffentechnik 489<br />
Wakhan 423<br />
Wald 48<br />
Wald- <strong>und</strong> Baumgrenze,<br />
polar 462<br />
Waldbaulich einseitige<br />
Kulturen 340<br />
Waldboden, Mikroklima<br />
350<br />
Waldbrände 322<br />
Waldgrenze 161, 305, 308<br />
-Kenya 171<br />
- Nordalpen 367, 370<br />
- Orobiom I 165ff.<br />
- Zentralalpen 371<br />
Waldgürtel, Alpen 369<br />
Waldhochmoor 139, 455,<br />
458<br />
Waldlücken 145<br />
Waldlücken, Grasland 199<br />
Waldphytomasse 481<br />
Waldschäden 339f„ 494<br />
Waldschatten 136<br />
Waldsteppe 382ff,, 385,<br />
390, 393<br />
-Bodenprofil 391<br />
- Nordamerikanische 396<br />
Waldsteppengrenze 426<br />
Waldsteppenzone, E-Europa<br />
384<br />
Waldstufe 308<br />
- tropische Gebirge 163<br />
Waldsturzstreifen 324<br />
Waldt<strong>und</strong>ra 446, 456, 463<br />
- Zonoökoton VIIl/IX 462<br />
Waldzone, E-Europa 384<br />
Wallacea 28<br />
Wan<strong>der</strong>ackerbau 178, 188,<br />
196<br />
Wan<strong>der</strong>dünen 219,412<br />
Wandoo-Zone 297<br />
Warmtemperierte Biome,<br />
Neuseeland 323<br />
Warmtemperiertes humides<br />
Klima 313<br />
Wasser 94f.<br />
Wasseraufnahme 251, 286<br />
Wasserbecken 214<br />
Wasserbilanz 35, 181, 293<br />
Wasserdampfdruck 63<br />
Wasserfaktor 50, 59<br />
- Steppenzone 384<br />
Wassergehalt, Sandwüste<br />
226<br />
Wasserhaushalt 59, 71,<br />
185, 189, 232<br />
- Buche 356<br />
- Fichtenwald 440
- Solling 356<br />
Wasserhaushaltsgleichung<br />
71<br />
Wasserhaushaltstypen 61<br />
Wasserkreislauf 39<br />
Wassermangel 59, 66, 243<br />
Wasserpotential 65ff.<br />
Wasserqualität 494<br />
Wasserspeicherung 234<br />
Wasserumsatz 356<br />
Wasserverbrauch, Ostpamir<br />
428<br />
Wasserversorgung, Wüstenpflanzen<br />
238ff.<br />
Wasservorrat 71<br />
Wasserzustand <strong>der</strong> Zelle<br />
62f.<br />
Wechselwirkungen 49<br />
Weide 48, 162<br />
Weidelgrasacker 366<br />
Weidewirtschaft 310<br />
Weißer Saksaul 418<br />
Weißrußland, Bialowiez<br />
337<br />
Welwitschia mirabilis 259f.<br />
- Photosynthese 260<br />
- Transpiration 260<br />
Werbung 490<br />
Wermut-Halbwüste 394<br />
Wertvorstellungen 497<br />
Westeuropa 130<br />
- Heidegebiete 330<br />
Westseiten <strong>der</strong> Kontinente,<br />
Subzonobiom 320<br />
Westsibirische Nie<strong>der</strong>ung<br />
459<br />
Wettbewerb 41, 45ff., 191,<br />
279<br />
Wetter 35<br />
Wetterfront 104<br />
Widdringtonia 123f.<br />
Wi<strong>der</strong>stand 66<br />
Wie<strong>der</strong>bewaldung 494<br />
Wiese 48<br />
- Frühlingsaspekte 392<br />
Wiesensteppe 392, 399f.<br />
Wildpfade 196<br />
Wind 85<br />
Windepflanzen 148<br />
Windrichtungen, Solling<br />
342<br />
Winterannuelle, Sukkulenten<br />
244<br />
Winterkahle Laubwäl<strong>der</strong><br />
325<br />
Winterkälte 58<br />
- Zonobiom VI 326f.<br />
Winterkalte Wüsten 230<br />
Winterregen 231<br />
Winterregengebiete, aridohumid<br />
268<br />
Winterregenklima 37<br />
Winterruhe 441<br />
Wirbellose 212, 401<br />
Wirbelstürme 104<br />
Wirkungsgrad, Nettoprimärproduktion<br />
378<br />
Wirtschaftliche Zwänge<br />
483<br />
Wirtschaftssystem, europäisches<br />
485<br />
Wirtschaftswachstum 482<br />
Wisent 337<br />
Wissenschaft 93<br />
Witheringia solanacea 111<br />
Witterung 35<br />
Witterungsfaktoren, Regenwald<br />
135<br />
Wolke 104<br />
Wolkenbildung 100, 163<br />
Wolkenstufe 164, 300<br />
Wolkenstufengrenze 305<br />
Wollkerzen 169<br />
Wuchsort 50<br />
Wuchsperiodik 143<br />
Würger 150<br />
Würgerbäume 153<br />
Wurzelkletterer 148ff.<br />
Register 543<br />
Wurzelknöllchen 467<br />
Wurzelmasse 141<br />
Wurzelnetzwerk 153<br />
Wurzelraum 192<br />
Wurzelsukkulenten 244<br />
Wurzelsystem 188, 286<br />
Wurzeltiefe 141<br />
Wüste 178, 230, 239ff.<br />
- Gobi 412f.<br />
- Karakum 417<br />
- Ostpamir 428<br />
Wüsten, asiatische 412<br />
- irano-turanische 412<br />
-kalte 387<br />
- kazachisch-dsungarische<br />
412<br />
- mittelasiatische 412<br />
-zentralasiatische 412f.<br />
Wüstengebirge, Orobiom III<br />
264<br />
Wüstenklima 37, 60<br />
Wüstenlack 235f.<br />
Wüstenpflanzen 241<br />
- Wasserversorgung 238<br />
Wüsten-Puna 221, 263<br />
Wüstenvegetation 247<br />
Wüstenvegetation, Produktivität<br />
245<br />
Xanthorrhoea 299<br />
Xerohalophyten 78, 289<br />
Xeromorphie 458<br />
Xerophyten 61, 64,<br />
241 ff.<br />
- malakophyll 243<br />
- sklerophyll 243<br />
- Stenohy<strong>der</strong> 243<br />
Xylopodien 228<br />
Yanamono 155<br />
Yedoma 447<br />
Zahl <strong>der</strong> Nager 401<br />
Zaire 187
542 544 Register<br />
ZBVIII, ozeanische Birkenwäl<strong>der</strong><br />
436<br />
Zeitgeber 144<br />
Zelle 17<br />
Zellsaft 64, 74, 216<br />
Zellsaftkonzentration 65,<br />
71f.<br />
Zenit 51<br />
Zentralalpen 368<br />
-Waldgrenze 371<br />
Zentralasiatische Wüsten,<br />
Subzonobiom 412f., 423<br />
Zentralaustralien 251<br />
Zerfallsphase 47<br />
- Eiche 362<br />
Zerstörung 462<br />
Ziesel 470<br />
Zinses-Zins-Effekt 114<br />
ZÖ lV/111 295<br />
Zonale <strong>Vegetation</strong> 48, 92<br />
Zonale Wäl<strong>der</strong> 347<br />
Zonobiom I 97, 134<br />
- Biodiversität 171<br />
-Bodenatmung 173<br />
-Mensch 174<br />
-Nahrungsketten 173<br />
- Phytomasse 171f.<br />
-Säugetiere 173<br />
-Streumenge 173<br />
-Tierwelt 173<br />
- Trockengebiete 159<br />
Zonobiom n 97, 180ff.<br />
- Australien 206<br />
-Dürrezeit 180<br />
Zonobiom in 97, 230<br />
- heiße Wüsten 230<br />
Zonobiom IV 97, 272<br />
- Hartlaubgehölze 268<br />
Zonobiom IX 97, 465ff.<br />
Zonobiom V 97, 272<br />
- Lorbeerwäl<strong>der</strong> 313<br />
Zonobiom VI 97, 325ff.<br />
- Ausdehnung 329<br />
Zonobiom Vll 97, 387ff.<br />
-Prärie 395ff.<br />
Zonobiom VIII 97, 433ff.<br />
- kalt-gemäßigtes boreales<br />
Klima 433<br />
- Moore 452ff.<br />
- Nadelwäl<strong>der</strong> 438ff.<br />
- Taiga 433<br />
Zonobiome 96ff., 102<br />
-Verbreitung 124<br />
Zonobiomglie<strong>der</strong>ung, Afrika<br />
129<br />
- Asien 131<br />
-Australien 126<br />
-Europa 130<br />
-Mittelamerika 127<br />
-Nordamerika 127<br />
- Südamerika 128<br />
- Vor<strong>der</strong>asien 130<br />
- Westeuropa 130<br />
Zonoökoton I/n 176<br />
Zonoökoton II/III 189, 222<br />
Zonoökoton III/IV Halbwüsten<br />
266<br />
Zonoökoton IV/in 297<br />
Zonoökoton IV/V 297<br />
Zonoökoton IVm 331<br />
Zonoökoton IV/VII 382<br />
Zonoökoton VI/VHI Boreonemorale<br />
Zone 430<br />
Zonoökoton VIII/IX Waldt<strong>und</strong>ra<br />
462<br />
Zonoökotone 98, 126ff.<br />
Zoomasse 108, 112,208,<br />
211f„ 420<br />
- Solling 361<br />
Zoo-Ökologie 111<br />
Zoophage 109, 360, 367<br />
Zuwachsmessungen 141<br />
Zuwachsringe 142<br />
Zweischicht-Tonmineral 88<br />
Zwergephemeren 69<br />
Zwergsträucher 254<br />
- Photosynthese 374<br />
Zwergstrauchhalbwüste<br />
263<br />
Zwergstrauchheide 300,<br />
334, 377<br />
Zwergstraucht<strong>und</strong>ra 473<br />
Zygophyllum dumosum 78<br />
Zygophyllum-Launea-'Wiiste<br />
306<br />
Zyklische Erneuerung, Verjüngung<br />
32, 146<br />
Zyklischer Platzwechsel<br />
147<br />
Zyklischei; Wechsel, Heide<br />
335<br />
Zyklisches Salz 79<br />
Zyklone 96, 103f.
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<strong>Vegetation</strong>, Böden Ki"--<br />
Komponenten öke ooiscii<br />
kompakte Synth’ .c- un-<br />
Erde dar <strong>und</strong> -damit die .<br />
großen Zusa^ imenhänc.:<br />
ugsti<br />
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Das gut ringeführte Buc<br />
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großzügig illustrierten <strong>und</strong><br />
die wesentlichen Prozesse u ii.,<br />
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