Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
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mit 15.000 Indern fast doppelt so viele Immigranten<br />
aus In<strong>die</strong>n. Rangun, das 1862 zum offiziellen<br />
Verwaltungszentrum von Birma wurde,<br />
erlebte durch <strong>die</strong>se Migration eine rasante Entwicklung,<br />
<strong>die</strong> Rangun zum weltgrößten Einwanderungshafen<br />
machte.Im Hafen von Rangun<br />
landeten mehr Einwanderer als in New York<br />
City: “The diverse origins of the immigration<br />
that consumed Rangoon produced a social and<br />
cultural milieu comparable to other British colonial<br />
port towns such as Singapore and Penang.”<br />
Die meisten der Einwanderer kamen aus den<br />
von Armut geprägten Gegenden um Madras und<br />
aus Bengalen. 1880 wurde das Dampfermonopol<br />
der British Indian Steam Navigation Company<br />
auf der Strecke zwischen In<strong>die</strong>n und Birma durch<br />
<strong>die</strong> Asiatic Steam Navigation Company gebrochen.<br />
Dabei setzte eine Rabattschlacht in den<br />
Transportpreisen ein und <strong>die</strong> private Emigration<br />
aus In<strong>die</strong>n nahm sprunghaft zu. Paul Rickmers<br />
beschrieb 1899 in seinem Reisetagebuch <strong>die</strong><br />
Umstände der Schiffspassagen von Arbeitsmigranten:<br />
„Schließlich gings dann los, das Schiff mit<br />
Schlagseite u. <strong>die</strong> Coolies wie <strong>die</strong> Heringe<br />
über, unter, neben u. durcheinander gepackt.<br />
Kein Regen ging mehr, weil <strong>die</strong>se Menschen<br />
auf einer Fläche sich zusammenkauern können,<br />
der nicht mehr wie 12 Quadrat“ einnimmt,<br />
als aber der Abd. kam u. sie sich ausstrecken<br />
wollten zu schlafen war es hier nach<br />
ein wimmelndes Meer von Beinen und Armen.<br />
-A lle <strong>die</strong>se Menschen gehen nach Akyab<br />
um <strong>die</strong> zweifache Reisemte zu schneiden<br />
u. weiterhin in der Saison in A. bei den Mühlen<br />
und Schiffen zu arbeiten um sich, wenn<br />
das vorbei mit ihren Schätzen wieder nach<br />
Hause zurückzukehren u. <strong>bis</strong> zur nächsten<br />
Saison von ihrem Ersparten zu leben.<br />
Nachdem <strong>die</strong> staatlich gelenkte Immigration<br />
nach Birma gescheitert war, wurde sie in <strong>die</strong>ser<br />
Situation indirekt staatlich gefördert. Die Regierung<br />
schloss mit beiden Dampfergesellschaften<br />
ein Abkommen, nach dem sie den Gesellschaften<br />
Zuschüsse zu den Tarifen im Auswandererverkehr<br />
zahlte, <strong>die</strong> beiden Reedereien aber ihrerseits<br />
einen Teil der Einnahmen in Form von Tarifsenkungen<br />
an <strong>die</strong> Auswanderungswilligen weitergab.<br />
Das war so erfolgreich, dass <strong>die</strong> Zahlungen<br />
1884 eingestellt wurden.<br />
Die nicht staatlich gelenkte Einwanderung hatte<br />
zwei typische Formen. Einerseits gab es <strong>die</strong><br />
wirklich freien Immigranten, <strong>die</strong> ihre Passage<br />
selbst bezahlt hatten und selbstbestimmt in der<br />
Wahl des Arbeitsplatzes waren. Andererseits waren<br />
<strong>die</strong> meisten Immigranten so arm, dass sie<br />
als Vertragsarbeiter kamen. Die „maistry“ genannten<br />
Vertrags-Unternehmer zahlten neben der<br />
Reise oft noch einen Kredit für den Unterhalt<br />
der in In<strong>die</strong>n bleibenden Familien der Arbeiter.<br />
Die Vertragsarbeiter waren überwiegend Analphabeten<br />
und der Ausbeutung durch ihre Vertragspartner<br />
hilflos ausgeliefert.Das Arbeitsgesetz<br />
von 1876 sollte durch <strong>die</strong> staatlich gesteuerte<br />
Arbeitsimmigration <strong>die</strong> Ausnutzung der<br />
Kulis begrenzen. Mit dessen Scheitern 1878 ging<br />
<strong>die</strong> Entwicklung Birmas zum weltgrößten Reislieferanten<br />
auf Kosten der Kulis, <strong>die</strong> unter sehr<br />
harten Bedingungen ohne große Rechte oder<br />
Menschenwürde lebten, aber ungebremst weiter.<br />
Nach der britischen Eroberung Oberbirmas 1885<br />
kehrte zudem noch eine größere Zahl Kulis, dir<br />
von dort stammten, in <strong>die</strong> Heimat zurück. Es<br />
entstand ein Arbeitskräftemangel und Kulis und<br />
ihre Arbeitskraft wurden regelrecht versteigert.<br />
Ein Arbeitsmarkt für Migranten entstand, der<br />
„virtually a slave trade“ war.'®'' Die Kulis lebten<br />
„in insanatary overcrowed barracks“ auf dem<br />
Gelände der Mühle, in der sie arbeiteten oder in<br />
billigsten Unterkünften außerhalb „with twenty-five<br />
to thirty fellow coolies to a room“.'®* Für<br />
den Lebensstandard der in der Landwirtschaft<br />
als Erntehelfer tätigen Inder ist anzunehinen.<br />
dass er auch nicht höher lag.'®^ Dabei legten <strong>die</strong><br />
indischen Immigranten trotz <strong>die</strong>ser schwierigen<br />
Voraussetzungen den Grundstein dafür, dass es<br />
ihnen mit der Wende zum 20. Jahrhundert zunehmend<br />
besser als der einheimischen Bevölkerung<br />
gelang, <strong>die</strong> unteren und mittleren Führungsetagen<br />
in der Wirtschaft und Verwaltung<br />
Birmas zu besetzen.<br />
Neben Südostin<strong>die</strong>n war Südostchina das zweite<br />
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