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Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

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arbeiteten Reises in Europa, der Karibik, Nordund<br />

Südamerika. Durch <strong>die</strong> Verbesserung der<br />

Segeleigenschaften von Schiffen und <strong>die</strong> Durchsetzung<br />

der Dampfschifffahrt verloren Entfernungen<br />

an Bedeutung. Besonders der Suezkanal<br />

ist dafür ein Sinnbild. Die Gewinnspannen des<br />

weltweiten Handels wuchsen, je günstiger Entfernungen<br />

überbrückt werden konnten. Dazu<br />

kam, dass <strong>die</strong> verbesserte Kommunikation durch<br />

ein geregeltes Postwesen, <strong>die</strong> Telegrafie sowie<br />

<strong>die</strong> schrittweise Vereinheitlichung von Maßen<br />

und Gewichten dem Handel entgegenkamen. Die<br />

Ablösung Englands durch Bremen und Hamburg<br />

an der Spitze des internationalen <strong>Reishandel</strong>s<br />

lag auch daran, dass <strong>die</strong> Bremer Reishändler und<br />

-müller <strong>die</strong> Möglichkeiten <strong>die</strong>ser Entwicklungen<br />

besser nutzten. Sie reagierten zielgerichtet auf<br />

Angebots- und Nachfrageschwankungen, nutzten<br />

ihre Kommunikationsmittel und Marktkenntnisse<br />

konsequent und erzielten durch <strong>die</strong> bestmögliche<br />

Nutzung der Mahltechniken bessere Ergebnisse<br />

in ihren Fabriken. Dass wirtschaftlicher Erfolg<br />

von einem Informationsvorsprung abhängen<br />

kann, ist keine Erfahrung des digitalen Zeitalters<br />

im späten 20. und im 21. Jahrhundert, sondern<br />

wurde schon in der weltwirtschaftlichen Vernetzung<br />

des 19. Jahrhunderts gesehen.<br />

Andreas Rickmers erkannte, dass der <strong>Reishandel</strong><br />

zwischen Asien und Europa einen Umfang erreichen<br />

würde, der <strong>die</strong> Kapazitäten seiner eigenen<br />

Reederei überstieg. Norddeutschland war<br />

ein Nachzügler in der Dampfschifffahrt, sowohl<br />

im Bau von Dampfschiffen auf den dortigen<br />

Werften als auch in der Dampfschiffsreederei.<br />

In Bremen gab es als einzige große Dampfschiffsreederei<br />

den Norddeutschen Lloyd. Dieser<br />

transportierte Reis durchaus als Beiladung. Andreas<br />

Rickmers trug 1881 wesentlich zur Gründung<br />

der DDG „Hansa“ bei, <strong>die</strong> sehr regelmäßig,<br />

später sogar fahrplanmäßig, Frachtfahrten zwischen<br />

Bremen und Birma unternahm. Damit<br />

stärkte Andreas Rickmers zwar <strong>die</strong> Konkurrenz<br />

in der Reisschifffahrt, doch er stärkte auch den<br />

Standort Bremen als Zentrum des internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong>s und vernetzte Rohstoffmarkt und<br />

Veredelungsort enger. Inzwischen ging es im internationalen<br />

<strong>Reishandel</strong> nicht mehr nur um Angebot<br />

in Asien und Nachfrage in Europa und<br />

den anderen Kontinenten. Es waren Warenterminbörsen<br />

entstanden. Händler spekulierten Monate<br />

im Voraus auf fallende oder steigende Kurse<br />

oder auf Schwankungen der indischen Weizenpreise,<br />

<strong>die</strong> Einfluss auf <strong>die</strong> Reispreise hatten,<br />

oder auf den Zustand der kommenden Reisernte.<br />

Ebenfalls 1881 lagen in Bremen <strong>die</strong> Pläne für<br />

<strong>die</strong> Weserkorrektion vor. Ab 1887 wurde <strong>die</strong> Weser<br />

begradigt und vertieft, 1888 wurde der Freihafen<br />

I eingeweiht und seegängige Schilfe konnten<br />

<strong>die</strong> Stadt Bremen anlaufen. Mit Abschluss<br />

der Weserkorrektion 1895 rückte Bremen noch<br />

enger an <strong>die</strong> internationalen Handels- und Schifffahrtsrouten.<br />

Gute Kenntnisse der Angebots- und<br />

Nachfragemärkte, hochwertige Reisverarbeitung<br />

der Bremer Mühlen und <strong>die</strong> gute Verkehrsinfrastruktur<br />

Bremens führten dazu, dass dort 1888<br />

mehr Reis eingeführt wurde als in London. Bremen<br />

war endgültig zu dem internationalen Umschlags-<br />

und Verarbeitungsplatz für Reis geworden.<br />

In den 1880er Jahren endete in Europa ein Vierteljahrhundert<br />

des Wirtschaftsliberalismus. Während<br />

<strong>die</strong> Industrialisierung durch das Ende vieler<br />

zunftständischen Gewerbezwänge erleichtert<br />

worden war, hatte der Abbau von Zollschranken<br />

den internationalen Handel beflügelt. Davon hatte<br />

Bremen, dessen Eliten sich immer zum Freihandel<br />

bekannt hatten, besonders profitiert. Nach<br />

1879 wurden schrittweise protektionistische<br />

Zollschranken in ganz Europa errichtet und dennoch<br />

wuchs der internationale Handel weiter.<br />

Die deutschen Nachbarländer, besonders <strong>die</strong> Niederlande<br />

und Österreich, bauten eigene Reisund<br />

Reisstärkeindustrien auf und erhoben Einfuhrzölle<br />

zu deren Schutz. Der Rohstoffbezug<br />

wurde für <strong>die</strong> deutschen Reismüller immer einfacher,<br />

<strong>die</strong> Konkurrenz um den Absatz des polierten<br />

Produkts aber zugleich größer. Der Handel<br />

mit Reis über Kontinente hinweg war keine<br />

Pionierleistung mehr, sondern das weltweite<br />

Handelsnetz war so eng verflochten, dass auch<br />

andere Länder außer England und Deutschland<br />

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