04.06.2016 Views

Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

sche Neuerangen. In Birma war es ein übliches<br />

Verfahren, <strong>die</strong> Reisernte auf Tennen, einer Art<br />

Dreschboden, auszubreiten und <strong>die</strong> Reiskörner<br />

durch Ausstampfen zu lösen. Oft wurden dazu<br />

Ochsen im Kreis über <strong>die</strong> Ernte getrieben, aber<br />

auch Menschen übernahmen <strong>die</strong>se Aufgabe, indem<br />

sie über den Reis stampften. Obwohl <strong>die</strong><br />

Hülsen des Reises relativ hart sind, führten <strong>die</strong>se<br />

Methoden zu einer Menge Reisbrach.<br />

Direkt an den Dreschplätzen kauften sogenannte<br />

..jungle broker“ den Bauern den Reis ab, indem<br />

sie von Dorf zu Dorf zogen. Diese Händler waren<br />

zumeist Mittelsmänner größerer Händler, <strong>die</strong><br />

wiederum den Kontakt zu den Exportmühlen<br />

herstellten und <strong>die</strong>sen den von ihren Zwischenhändlern<br />

bei den Bauern aufgekauften Reis vermittelten.<br />

Mit Ochsenkarren wurde der Reis dann<br />

zur nächsten Verladestation gebracht. Eür <strong>die</strong><br />

1920er Jahre ist bekannt, dass <strong>die</strong> Transportgebühr<br />

auf den Ochsenkarren bei etwa einer Rupie<br />

pro Tonne je Meile lag. Für das 19. Jahrhundert<br />

liegen leider keine Zahlen vor. Diese Gebühr<br />

wurde gewöhnlich vom Reiskäufer bezahlt. An<br />

den Verlade- oder Sammelpunkten der Ernten<br />

wurde der Reis auf großen Halden von 1.000-<br />

2.000 Tonnen ohne Schutz vor dem Wetter gelagert.<br />

Verunreinigungen und der Befall des Reises<br />

von Käfern und anderen Insekten wurden<br />

somit in Kauf genommen. Kamen dabei mehrere<br />

Reissorten in einem auf <strong>die</strong> Verschickung wartenden<br />

Berg von Reiskörnern durcheinander, verlor<br />

<strong>die</strong> Ware weiter an Wert. Je verschiedener<br />

<strong>die</strong> Körner einer Ladung Reis waren, desto<br />

schlechter ließen sich <strong>die</strong> Mahlvorrichtungen darauf<br />

einstellen beziehungsweise desto mehr<br />

Bruch entstand bei der Vermahlung. In den<br />

1860er und 1870er Jahren waren Verladestationen<br />

hauptsächlich Anlegestellen an Flüssen, <strong>die</strong><br />

das wichtigste Verkehrsnetz darstellten. Als 1877<br />

<strong>die</strong> erste Eisenbahnlinie von Rangun nach Pronte,<br />

dem heutigen Pyay, eröffnete, wurde der<br />

Rohreis mit dem wachsenden Streckennetz auch<br />

zunehmend per Bahn transportiert. Trotzdem<br />

konnte <strong>die</strong> Eisenbahn <strong>die</strong> als „paddy gigs“ oder<br />

„tonkins“ bezeichneten flachen Reisschuten<br />

nicht verdrängen. Zudem galt im Allgemeinen,<br />

dass per Eisenbahn transportierter Reis schlechtere<br />

Qualität hatte, weil mehr kleinere Ladungen<br />

gemischt werden mussten, <strong>bis</strong> eine Eisenbahnladung<br />

vollständig war.^’'*Wenn der Reis in Säcken<br />

transportiert wurde, war <strong>die</strong> Gefahr der Mischung<br />

verschiedener Sorten geringer. Allerdings<br />

war <strong>die</strong> Abfüllung der Ernten in Säcke mit Arbeitskraft<br />

und Zeitaufwand der Abfüllung sowie<br />

der Bereitstellung von Säcken mit Kosten verbunden.<br />

Durch das System der Zwischenhändler kamen<br />

<strong>die</strong> Bauern nie in direkten Kontakt mit den europäischen<br />

Müllem der Exporthäfen. Daher waren<br />

<strong>die</strong> Bauern in den angesprochenen Preiskämpfen<br />

das schwächste Glied der Kette. Denn<br />

ihr Interesse stand nicht nur gegen das der Mühlen,<br />

den Rohreis möglichst günstig zu beziehen,<br />

sondern auch gegen das der Zwischenhändler,<br />

<strong>die</strong> gerade in Konflikten mit den Großmühlen<br />

besonders schlecht an <strong>die</strong> Reisbauem zahlten,<br />

um selber noch Gewinne realisieren zu können.<br />

So wie <strong>die</strong> Zwischenhändler ein finanzielles<br />

Polster benötigten, um für einen Preiskampf Reis<br />

zurückhalten zu können, hätten <strong>die</strong>s auch <strong>die</strong><br />

Bauern gebraucht. Reisbauem waren aber fast<br />

immer auf Kredite angewiesen, um Arbeitsmittel<br />

wie Ochsen und Werkzeuge zu kaufen und <strong>die</strong><br />

Familie zu versorgen, egal, ob sie Pachtbauem<br />

waren oder landbesitzende Kleinbauern. Die<br />

Kredite vergaben entweder ihre Landbesitzer<br />

oder private Geldverleiher, <strong>die</strong> in Birma zumeist<br />

aus der indischen Bevölkerangsgrappe der Chettiar<br />

kamen. Die Kredite liefen vorwiegend über<br />

sieben <strong>bis</strong> acht Monate und wurden monatlich<br />

mit 1,25 <strong>bis</strong> 1,75 Prozent verzinst. Kamen <strong>die</strong><br />

Kredite von den verpachtenden Landbesitzern,<br />

waren <strong>die</strong> Zinsen noch höher, weil <strong>die</strong>se wiederum<br />

das Geld liehen und <strong>die</strong> Zinsen an ihre<br />

Bauern auf <strong>bis</strong> zu 2,5 Prozent erhöhten.^’^<br />

Der finanzielle Zwang <strong>die</strong>ser Kredite veranlasste<br />

<strong>die</strong> Bauern, den Reis direkt nach der Ernte zu<br />

verkaufen, um ihre Kredite abzulösen. Da aber<br />

innerhalb von vier Monaten <strong>die</strong> gesamte Ernte<br />

auf den Markt kam, waren in der Erntezeit <strong>die</strong><br />

Preise besonders niedrig und <strong>die</strong> Gewinne der<br />

Bauern nicht so hoch, wie sie hätten sein können.<br />

63

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!