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Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R

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hatte. Zum Zweiten wird bestätigt, dass <strong>die</strong> Ursprünge<br />

der europäischen Reisverarbeitungsindustrie<br />

in England, besonders in London lagen.<br />

Daher dominierten <strong>die</strong> dort ansässigen Häuser<br />

auch das Geschäft. Die dritte Erkenntnis ist aber<br />

entscheidend für den weltweiten <strong>Reishandel</strong> in<br />

den kommenden Jahrzehnten. 1874 ging bereits<br />

<strong>die</strong> Hälfte des in Europa umgeschlagenen Reises,<br />

etwa 300.000 Tonnen, nach Kontinentaleuropa.<br />

Je offener der Reismarkt wurde, desto einfacher<br />

konnten auch nicht-britische Akteure und Standorte<br />

durch ihre Investitionen Einfluss nehmen.<br />

Und eben <strong>die</strong>se Entwicklung deutete sich an.<br />

1874 war <strong>die</strong> Familie Rickmers bereits Anteilseigner<br />

der Mühle Ichon & Rickmers und der<br />

Ausbau des Reisgeschäfts durch Rickmer Glasen<br />

und Andreas Rickmers in den folgenden Jahren<br />

entsprach genau der Vorhersage des Berichts von<br />

Huisken & Reuthen Denn <strong>die</strong> Rickmers Mühle<br />

kaufte, besonders wegen der eigenen Reederei,<br />

nicht in London den zu verarbeitenden Reis,<br />

sondern traf mit den Großmühlen in Birma Absprachen<br />

und deckte sich dort ein. Für <strong>die</strong> britischen<br />

Großfirmen machte es vorerst keinen Unterschied,<br />

ob sie ihre Ware in Rangun oder den<br />

anderen Häfen Birmas verkauften, doch mittelfristig<br />

nahmen sie London damit <strong>die</strong> Eigenschaft,<br />

wichtigster europäischer <strong>Reishandel</strong>splatz zu<br />

sein und beförderten den Aufstieg Bremens in<br />

eben <strong>die</strong>se Stellung.<br />

Die im Reismaklerbericht genannten Zahlen im<br />

Abschnitt über <strong>die</strong> Lage des europäischen Reismarktes<br />

zeigen, dass <strong>die</strong> europäische Reisindustrie<br />

gemeinsam eine zunehmend relevante Stellung<br />

im weltweiten <strong>Reishandel</strong> einnahm. Zwischen<br />

1868 und 1874 stieg der europäische<br />

Verbrauch an poliertem Reis von 292.900 Tonnen<br />

auf 330.000 Tonnen. Der Export der europäischen<br />

Mühlen stieg von 71.900 Tonnen auf<br />

110.600 Tonnen. Der Konsum steigerte sich um<br />

13 Prozent, während der Export um 54 Prozent<br />

angehoben wurde. Die Zahlen aus dem Geschäftsjahr<br />

1874 bestätigen zudem eindrucksvoll,<br />

dass Birma für den globalen <strong>Reishandel</strong> mit den<br />

dafür wichtigen Stapel- und Verarbeitung.splätzen<br />

in England und Deutschland der wichtigste Rohstofflieferant<br />

war. 1874 erreichten 589.790 Tonnen<br />

Reis auf 607 Schiffen Europa. Von <strong>die</strong>ser<br />

Menge kamen 475.824 Tonnen auf 412 Schiffen<br />

aus Birma. 68 Prozent der in Europa ankommenden<br />

Reisschiffe kamen aus den Häfen Birmas<br />

und hatten 81 Prozent der insgesamt einkommenden<br />

Reismenge geladen. 361 Schiffe<br />

mit insgesamt 349.374 Tonnen Reis erreichten<br />

England, während 246 Schiffe mit zusammen<br />

240.416 Tonnen Reis das europäische Festland<br />

ansteuerten.<br />

Der Abschnitt über das Geschäftsjahr 1874 zeigt<br />

wiederum zwei Dinge deutlich auf: Einerseits,<br />

wie stark der Reismarkt ein globaler Markt war<br />

und daher unabhängig von räumlichen Distanzen<br />

beeinflusst wurde und andererseits wiederum,<br />

dass der Reismarkt sich nicht allein zwischen<br />

den Bauern, den Industriellen und den Konsumenten<br />

regelte, sondern als Rohstoff- und Finanzmarkt<br />

auch von den Verhaltensweisen von<br />

Investoren und Spekulanten abhing. Im Oktober<br />

und November 1873 trafen in Europa Berichte<br />

über eine große Hungersnot in Bengalen ein.<br />

Daher gab es <strong>die</strong> Erwartung eines britischen<br />

Ausfuhrverbots in Birma, um mit dem dortigen<br />

Reis den Bedarf in Bengalen zu decken. Die<br />

Mindesterwartung war, dass wegen des Bedarfs<br />

in Bengalen <strong>die</strong> Verschiffungen nach Europa<br />

sehr klein sein würden. Tatsächlich war <strong>die</strong> Reisemte<br />

Birmas groß genug, so dass es in Europa<br />

keine Lieferschwierigkeiten gab. Die Spekulationen<br />

über Lieferengpässe führten zu höheren<br />

Notierungen auf <strong>die</strong> kommende Ernte in London.<br />

Der Preis für einen Ballen’^' Rohreis aus Birma<br />

lag im Januar bei <strong>bis</strong> zu 12 Schillinge 6 Pence.<br />

Mit den Nachrichten, <strong>die</strong> <strong>bis</strong> März eintrafen und<br />

keine ungewöhnlich niedrige Verschiffung anzeigten,<br />

fielen <strong>die</strong> Preise auf etwa 11 Schillinge.<br />

Ende April zeigte sich, dass mehr als 350.000<br />

Tonnen Reis in Birma für Europa verschifft waren<br />

und mit einer normalen Menge an einkommendem<br />

Reis zu rechnen war. Daraufhin fielen<br />

<strong>die</strong> Preise und als <strong>die</strong> Ladungen tatsächlich eintrafen,<br />

pendelten sich <strong>die</strong> Preise zwischen 8<br />

Schillinge 9 Pence und 9 Schillinge 9 Pence ein.<br />

Im Vergleich zu den Januarpreisen hatte <strong>die</strong><br />

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