Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
wollte, <strong>die</strong> Konkurrenz zwischen der HAPAG<br />
und dem NDL zu Nutze. Die Bremer Gesellschaft<br />
wollte ihre Marktstellung in China sichern<br />
und machte ein Angebot zur Übernahme der<br />
Rickmers’schen Küstendampfer. Der NDL übernahm<br />
sowohl <strong>die</strong> in Fahrt als auch <strong>die</strong> in Bau<br />
befindlichen Schiffe für 6.120.000 Mark, <strong>die</strong> innerhalb<br />
der nächsten fünf Jahre <strong>bis</strong> 1908 in Teilsummen<br />
von mindestens 500.000 Mark an <strong>die</strong><br />
Rickmers AG zu zahlen waren. Im Gegenzug<br />
verpflichtete sich Andreas Rickmers, zehn Jahre<br />
nicht mit den Linien<strong>die</strong>nsten des NDL in Konkurrenz<br />
zu treten. Daher wurde <strong>die</strong>ser Vertrag<br />
auch als Konkurrenzausschlussvertrag bezeichnet.<br />
Der Vertrag war innerhalb der Familie Rickmers<br />
umstritten. Paul Rickmers verließ <strong>die</strong> Rickmers<br />
AG sogar und machte sich in Hamburg<br />
selbstständig, weil er den Vertrag für zutiefst gegen<br />
<strong>die</strong> Interessen der Rickmers AG laufend bewertete.<br />
Seiner Ansicht nach war nun jede strategische<br />
Ausrichtung der Rickmers AG unmöglich.<br />
Der Konkurrenzausschlussvertrag hatte<br />
jedoch auch sehr positive Aspekte für <strong>die</strong> Geschäfte<br />
der Rickmers AG. Es wurde <strong>die</strong> Weiterbeschäftigung<br />
aller Kapitäne, Offiziere und<br />
Mannschaften auf den ehemals Rickmers gehörenden<br />
Schiffen für mindestens zwei Jahre festgelegt.<br />
Außerdem übernahm der NDL alle bereits<br />
im Voraus bezahlten Versicherungsprämien für<br />
<strong>die</strong> Schiffe. Der wichtigste Verhandlungserfolg<br />
war aber, dass <strong>die</strong> inzwischen zur Reis- und<br />
Handels AG gehörende Firma Markwald & Co.<br />
und <strong>die</strong> zu ihr gehörende Agentur Windsor in<br />
Bangkok zum Interessenvertreter der großen<br />
Bremer Schifffahrtsgesellschaft in der Region<br />
ernannt wurden. Die Agentur erhielt das Recht,<br />
Frachtraten für den NDL auszuhandeln und<br />
festzulegen und übernahm für jeden dritten<br />
Dampfer des Küstenlinien<strong>die</strong>nstes zwischen<br />
Bangkok und Hongkong alle Agenturaufgaben.’''®Damit<br />
wurde ein sehr sicheres Geschäftsfeld<br />
für Markwald & Co. erschlossen. Wieder<br />
zeigt sich, wie eng der <strong>Reishandel</strong> und <strong>die</strong> weiteren<br />
Aktivitäten der Rickmers AG zusammenhingen<br />
und auch, wie eng der deutsche <strong>Reishandel</strong><br />
über den Schifffahrts- und Logistiksektor mit<br />
den wachsenden globalen Warenströmen verbunden<br />
war.<br />
Nachdem nun aber innerhalb der Rickmers AG<br />
vorerst alle Versuche gescheitert waren, ein sicheres<br />
Auskommen für <strong>die</strong> hauseigenen Segelschiffe<br />
außerhalb der Reissaison zu finden, ergab<br />
sich in der Zusammenarbeit mit der Reis- und<br />
Handels AG ein neuer Anlauf zur Sicherung des<br />
Reedereigeschäfts. 1903 nahm Andreas Rickmers<br />
für <strong>die</strong> Rickmers AG Verhandlungen über<br />
eine langfristige Vercharterung der Segelschiffe<br />
auf. Diese waren in der Reissaison gut ausgelastet,<br />
in den anderen Jahreszeiten aber nur schwierig<br />
mit Frachten zu lohnenden Raten in Fahrt zu<br />
bringen. Verhandlungspartner der Rickmers AG<br />
um <strong>die</strong> Übernahme der Schiffe war <strong>die</strong> Reisund<br />
Handels AG. Vertreter der Reis- und Handels<br />
AG war Hermann Upmann. Dieser war aber ein<br />
enger Vertrauter von Andreas Rickmers und hatte<br />
den Ruf, der verlängerte Arm des Letztgenannten<br />
zu sein. Zudem war Andreas Rickmers zugleich<br />
größter Aktionär der Rickmers AG, <strong>die</strong> wiederum<br />
größter Aktionär der Reis- und Handels AG war.<br />
Man kann sagen, dass Andreas Rickmers mit<br />
sich selbst verhandelte und am Ende einen Vertrag<br />
schaffte, „der für <strong>die</strong> Zukunft beider Gesellschaften<br />
folgenschwer sein sollte“.<br />
Das entstandene Vertragswerk umfasste zwei<br />
Bereiche. Einerseits einen im Mai 1903 geschlossenen<br />
„Reedereivertrag“, andererseits einen<br />
„Baucontract“ vom folgenden November.<br />
Der Reedereivertrag bestimmte <strong>die</strong> Charterung<br />
der gesamten bereits in Fahrt befindlichen Flotte<br />
der Rickmers Reederei durch <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />
AG. Die gesamte Abwicklung des Geschäftsbetriebs<br />
der damit auf Kosten und Risiko<br />
der Reis- und Handels AG laufenden Reederei<br />
wurde aber weiterhin durch <strong>die</strong> Rickmers AG<br />
betrieben. Die Rickmers AG hatte für das Abkommen<br />
kein vertragsmäßiges Kündigungsrecht,<br />
früher als nach zehn Jahren auszuscheiden. Der<br />
Reiskonzem hingegen konnte jederzeit und ohne<br />
Einverständnis des Vertragspartners von der Vereinbarung<br />
zurücktreten. Für <strong>die</strong>sen Fall war aber<br />
zusätzlich festgelegt worden, dass <strong>die</strong> Reis- und<br />
Handels AG eine Strafzahlung in Höhe von 3<br />
215