Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
im Freihafen selbst <strong>die</strong> Spitze zu bieten. Unter<br />
<strong>die</strong>sen Umständen ist vom Standpunkt der<br />
Zollverwaltung gar kein Anlass geboten, zu<br />
Gunsten eines Teils durch Änderung der Zollvorschriften<br />
einzugreifen, besonders deshalb<br />
nicht, weil, wie in der Eingabe selbst anerkannt<br />
wird, <strong>die</strong>se gewissermassen nur durch<br />
eine Prämie aus allgemeinem Reichsfond<br />
möglich wäre, während nicht einmal feststeht,<br />
dass dadurch im allseitigen Interesse wenigstens<br />
<strong>die</strong> ausländische Konkurrenz zurückgedrängt<br />
würde.<br />
Dieses externe Urteil nahm dem Argument der<br />
Reis- und Handels AG, auf Grund der hohen<br />
Kosten im Zollverfahren wirtschaftlich benachteiligt<br />
zu sein, jede Grundlage. Vielmehr wurde<br />
eine schlechte Organisation der internen Betriebsabläufe<br />
dafür verantwortlich gemacht, dass<br />
<strong>die</strong> Mühlen sich mit der Verarbeitung unter Zollaufsicht<br />
schwertaten. Darüber hinaus wird <strong>die</strong><br />
gesamte Argumentation, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Sicherung<br />
der Stellung im internationalen Wettbewerb abzielte,<br />
ausgehebelt. Die Generalzolldirektion sah<br />
keinen direkten Zusammenhang zwischen dem<br />
aufwändigen deutschen Zollverfahren und der<br />
Stellung der Reisindustrie im internationalen<br />
Wettbewerb.<br />
Etwa fünf Jahre nach dem Bremer Antrag auf<br />
eine Veränderung der Ausbeutesätze, Ende Oktober<br />
1911, sah sich der Reichskanzler so gut<br />
informiert, dass er den Bundesratsausschüssen<br />
für Zoll- und Steuerwesen sowie für Handel und<br />
Verkehr <strong>die</strong> Annahme eines Kompromissvorschlags<br />
antrug. Die Position b sollte auf 74 Prozent,<br />
<strong>die</strong> Position c auf 80 Prozent gesenkt werden.<br />
Zugleich sollte ein Spelzenmahlverbot in<br />
Kraft treten, damit durch <strong>die</strong> große Menge an<br />
Schälabfall und deren Verarbeitung kein Futtermittel<br />
schlechterer Qualität auf den Markt komme.<br />
Der Beschlussvorschlag des Reichskanzlers<br />
formulierte einen erwarteten Verlust von 600.000<br />
Mark an Zolleinnahmen zu Gunsten der Reisund<br />
Handels AG.*“ Diese Beschlussvorlage<br />
brachte umgehend Kritik hervor, und <strong>die</strong> Hamburger<br />
Handelskammer forderte noch im November<br />
den Senat auf, den Bundesratsbeschluss<br />
aufzuschieben. Dabei rechnete <strong>die</strong> Kammer vor,<br />
dass sich dem Bremer Konzern für 1911 ein Vorteil<br />
von 364.800 Mark ergeben hätte und je Doppelzentner<br />
der von den Bremern oft verarbeiteten<br />
Position b ein Preisvorteil von 32 Pfennigen ergebe.*“<br />
Damit war eine Entscheidung wiederum aufgeschoben.<br />
Im März 1913 setzte das Reichsschatzamt<br />
fest, dass zur Юärung der widersprüchlichen<br />
Auffassungen in Bremen und Hamburg „eine<br />
amtlich geleitete Anhörung“ stattfmden sollte.<br />
Diese Anhörung sollte <strong>die</strong> im Raum stehenden<br />
Vorwürfe und Argumente erhellen und als Entscheidungsgrundlage<br />
<strong>die</strong>nen.*“ An <strong>die</strong>ser Stelle<br />
enden <strong>die</strong> Akten über <strong>die</strong> Gegensätze der deutschen<br />
Reismüller. Zu einer Entscheidung ist es<br />
vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs nicht<br />
mehr gekommen. Es blieb nur noch ein Jahr, <strong>bis</strong><br />
<strong>die</strong> Reisimporte aus Asien kriegsbedingt abbrachen.<br />
Keine politische Entscheidung und Veränderung<br />
des Zollregulativs hätte in <strong>die</strong>ser kurzen<br />
Zeit von nur einer Reissaison den Wettbewerb<br />
zwischen den beiden großen Standorten<br />
der deutschen Reisindustrie sowie <strong>die</strong> Konkurrenz<br />
der deutschen Reisindustrie mit den europäischen<br />
Wettbewerbern nachhaltig verändert.<br />
4. Reisanbau als deutsche Kolonialaufgabe<br />
Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert<br />
gab es einen Zusammenhang zwischen dem<br />
staatlichen Imperialismus und der globalen Reiswirtschaft.<br />
In fast allen deutschen Kolonialgebieten<br />
gab es staatliche oder private Versuche,<br />
Reis anzubauen. Die ältesten Anbauversuche in<br />
der Kolonie Togo sind im Zusammenhang mit<br />
der Nordwestdeutschen Gewerbeschau in Bremen<br />
1890 bereits angesprochen worden. Ein Büschel<br />
Reis von dort gelangte nach Bremen und<br />
sollte durch Andreas Rickmers hinsichtlich der<br />
Qualität bewertet werden. Dieser kam jedoch zu<br />
keinem Ergebnis, da <strong>die</strong> Reisprobe zu klein war,<br />
um ein valides Urteil abgeben zu können. Über<br />
staatlich veranlasste oder beaufsichtigte Reisanpflanzungen<br />
in Togo gibt es keine Erkenntnisse.<br />
Dennoch muss es dort Reisbau für den Eigen-<br />
233