Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
■<br />
!l I<br />
tere Gewinne verbucht, wenn der Reiskonzern<br />
seine Verbindlichkeiten hätte begleichen können.<br />
Darüber hinaus strichen <strong>die</strong> in der Leitung der<br />
Rickmers AG engagierten Familienmitglieder<br />
noch ihre Tantiemen ein. Ein Kleinaktionär, der<br />
1901 im Besitz von drei Aktien war, hätte von<br />
seinen 3.000 Mark Kapitaleinsatz im Jahr <strong>1914</strong><br />
nach Kapitalreduzierungen und Dividendenausschüttungen<br />
nur noch 1.945 Mark besessen. Für<br />
einen Kleinaktionär war <strong>die</strong> Reis- und Handels<br />
AG kein wirtschaftliches Erfolgsmodell, für <strong>die</strong><br />
Familie Rickmers und <strong>die</strong> Rickmers AG hingegen<br />
hatte sich <strong>die</strong> Konzemgründung auch wirtschaftlich<br />
gelohnt.<br />
Trotz der Umstände, unter denen Andreas Rickmers<br />
seinen Konzern verlassen musste, war <strong>die</strong><br />
Familie Rickmers nicht nur Antreiber der Reisund<br />
Handels AG, sondern auch der größte Profiteur.<br />
Ohne <strong>die</strong> fragwürdigen Baukontrakte und<br />
den Reedereivertrag hätte <strong>die</strong> Werft kaum überlebt<br />
und auch <strong>die</strong> Existenz der Rickmers AG<br />
wäre trotz des recht ordentlichen Reisgeschäfts<br />
bedroht gewesen. Die globale Bedeutung des<br />
deutschen <strong>Reishandel</strong>s ging <strong>bis</strong> zum Ersten Weltkrieg<br />
immer weiter zurück. Dies lag vor allem<br />
an den Veränderungen auf dem asiatischen<br />
Markt. Dass der deutsche <strong>Reishandel</strong> dort weiterhin<br />
eine wichtige Stellung einnahm und in<br />
Europa Marktführer der Branche blieb, war nicht<br />
unwesentlich ein Erfolg der Reis- und Handels<br />
AG.<br />
3. Zolldiskussionen<br />
Trotz aller Bestrebungen gelang es der Reis- und<br />
Handels AG nicht, jemals ein wirkliches Monopol<br />
in der reisverarbeitenden Industrie Deutschlands<br />
zu erreichen. 1901 wurden in Konkurrenz<br />
zum Bremer Reiskonzern <strong>die</strong> Hamburg-Indischen<br />
Reiswerke Paul Munckel gegründet, und<br />
als <strong>die</strong>se Ende 1908 mit dem Bremer Konzern<br />
zusammengingen, wurden in Hamburg durch <strong>die</strong><br />
Allgemeine Reisgesellschaft Ltd., und kurz darauf<br />
auch durch <strong>die</strong> Firma A. Lüthke & Co., wiederum<br />
unabhängige Mühlen betrieben. Zwischen<br />
den Mühlen der Reis- und Handels AG und den<br />
von ihr unabhängigen Mühlen gab es einen regen<br />
Wettstreit um <strong>die</strong> bestmögliche Beeinflussung<br />
der Politik hinsichtlich der Zollbehandlung von<br />
Reis. Eine weitere Konfiiktlinie zog sich zwischen<br />
den zollinländischen Mühlen, zu denen<br />
der Bremer Reiskonzern trotz seiner Dependancen<br />
in Hamburg gerechnet werden kann, einerseits<br />
und den im Zollausland liegenden Mühlen<br />
andererseits. Sowohl <strong>die</strong> Bremer Reismüller als<br />
auch ihre Hamburger Kollegen beantragten Veränderungen<br />
des Schälregulativs, über das <strong>die</strong><br />
Höhe der zu verzollenden Anteile des importierten<br />
Reises festgelegt wurde. Dafür schrieben <strong>die</strong><br />
Reismühlen Eingaben an ihre zuständigen Handelskammern,<br />
Senatskommissionen oder auch<br />
direkt an <strong>die</strong> gesetzgebenden Organe nach Berlin.<br />
In ihren Eingaben scheuten <strong>die</strong> Industriellen<br />
nicht davor zurück, <strong>die</strong> Konkurrenz der Vorlage<br />
falscher Zahlen oder der Lüge zu bezichtigen.<br />
Obwohl der Erfolg <strong>die</strong>ser regen Lobbyarbeit<br />
zweifelhaft war, wurden <strong>die</strong> Diskussionen sehr<br />
intensiv und über Jahre hinweg geführt. Nachfolgend<br />
soll <strong>die</strong>ser Schlagabtausch durch <strong>die</strong> Betrachtung<br />
einiger Eingaben nachvollzogen und<br />
erläutert werden.<br />
1906 galt noch das gleiche Zollregulativ, das<br />
1888 mit der Unterscheidung von fünf Bearbeitungsstufen<br />
des mit vier Mark je 100 Kilogramm<br />
verzollten importierten Reises eingeführt worden<br />
war. Die Normalsätze des Schälregulativs konnten<br />
bei dem Nachweis eines größeren Mahl Verlustes,<br />
als er dort vorgesehen war, noch einmal<br />
auf einen Mindestsatz gesenkt werden. Die Reisund<br />
Handels AG beantragt jedoch neue, niedrigere<br />
Ausbeutesätze für das Schälregulativ (s. Tabelle<br />
V. 3.1, S. 227).<br />
Anträge und Eingaben der Reis- und<br />
Handels AG<br />
Die Einfuhr von bereits in Birma geschältem<br />
Reis, den <strong>die</strong> Hamburg-Indischen Reiswerke<br />
weiterverarbeiteten, so eine Eingabe der Reisund<br />
Handels AG aus dem Oktober 1906, sei<br />
schon von nicht näher genannten Sachverständigen<br />
als „Umgestaltung des <strong>Reishandel</strong>s“ be-<br />
226