Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
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Auf den ersten Blick scheinen <strong>die</strong> Differenzen<br />
der Kaufsummen etwas groß. Möglich ist, dass<br />
<strong>die</strong> für Rangun ermittelten Einkaufspreise auf<br />
Grund der Umrechnung über eine dritte Währung<br />
etwas ungenau sind. Trotzdem ist es aber<br />
realistisch, dass <strong>die</strong> Preisunterschiede so groß<br />
waren. Einerseits sind wiederum <strong>die</strong> Frachtkosten<br />
zu bedenken. Andererseits kommt hinzu,<br />
dass bei Kaufverträgen, <strong>die</strong> vier Monate im Voraus<br />
abgeschlossen wurden, der Händler in seiner<br />
Kalkulation berechnen musste, dass einmal eine<br />
Ladung Reis durch Schimmel oder Ungezieferbefall<br />
verdirbt oder sogar durch einen Schiffsuntergang<br />
komplett verloren geht. Des Weiteren<br />
kann sich in <strong>die</strong>sem Zeitraum auch durch große<br />
Trockenperioden, übermäßigen Monsunregen<br />
und Überschwemmungen oder andere Naturkatastrophen<br />
ein größerer Emteausfall in den Reis<br />
erzeugenden Ländern ankündigen, was sofortige<br />
Preissteigerungen zur Folge gehabt hätte. Das<br />
vierte und wichtigste Argument, warum <strong>die</strong> Einkaufspreise<br />
für Tafelreis in Deutschland drei<strong>bis</strong><br />
viermal so hoch waren wie <strong>die</strong> Einkaufspreise<br />
für Rohreis in Rangun, ist <strong>die</strong> Reisverarbeitung.<br />
Bis zu einem Viertel an Gewichtsverlust entstand<br />
durch das Schälen, Mahlen und Polieren des<br />
Reises. Für 100 Kilogramm Tafelreis wurden also<br />
125 Kilogramm Rohreis benötigt. Zuletzt kostete<br />
<strong>die</strong> Bearbeitung in Deutschland auch Geld.<br />
Technische Anlagen mussten gekauft und gewartet<br />
werden, Schiffer, Schauerleute, Mühlenarbeiter<br />
und Verwaltungsangestellte mussten bezahlt<br />
werden und Gesellschafter wie später auch<br />
Aktionäre wollten Dividenden erhalten. Somit<br />
scheint trotz der Unsicherheit, ob <strong>die</strong> für Rangun<br />
ermittelten Einkaufspreise korrekt sind, das Verhältnis<br />
der Preise für Rohreis in Birma und für<br />
Tafelreis in Bremen durchaus stimmig.<br />
Von den Großhandelspreisen wiederum unterscheiden<br />
sich <strong>die</strong> Kleinhandelspreise deutlich.<br />
Für Bremen liegen keine Kleinhandelspreise von<br />
Reis vor. Von Berlin hingegen werden <strong>die</strong>se in<br />
den Statistischen Jahrbüchern der Stadt Berlin<br />
angegeben und sind für einzelne Jahre in der<br />
nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.^"<br />
Tabelle II. 4.8, Kleinhandelspreise für Reis in<br />
Berlin 1878-1907<br />
Jahr<br />
Preis je 1 kg in<br />
Pfennigen<br />
Preis je 100 kg<br />
in Mark<br />
1878 60 60<br />
1880 60 60<br />
1894 58 58<br />
1898 58 58<br />
1904 59 59<br />
1907 59-68 59-68<br />
Die Preise wurden über Stichproben in allen<br />
zwölf Monaten des jeweiligen Jahres an den<br />
Ständen Berliner Märkte gesammelt und beziehen<br />
sich auf Java-Reis. Dieser war generell etwas<br />
teurer als Reis aus Birma. Zudem wurde er vor<br />
allem aus den Niederlanden nach Deutschland<br />
eingeführt. Ob <strong>die</strong> genannten Preise sich auf in<br />
den Niederlanden oder in Deutschland veredelten<br />
Reis beziehen, ist nicht zu klären. Gravierende<br />
Kostenvorteile oder Kostennachteile dürfte aber<br />
kein Standort gehabt haben. Für Mitteldeutschland<br />
hatte <strong>die</strong> niederländische Industrie durch<br />
den Rhein Vorteile bei den Transportkosten, für<br />
den Raum Berlin ist das jedoch nicht anzunehmen.<br />
Die Preise im lOeinhandel lagen bei 58<br />
<strong>bis</strong> 60 Pfennige für ein Kilo. Zur einfacheren<br />
Vergleichbarkeit sind sie noch einmal in Mark<br />
je 100 Kilogramm aufgeführt. Hier zeigt sich,<br />
dass <strong>die</strong> Einzelhandelspreise immer etwas mehr<br />
als doppelt so hoch waren wie <strong>die</strong> Großhandelspreise.<br />
Selbst wenn man bedenkt, dass Java-Reis<br />
etwas teurer war als Rangun-Reis, dürfte für den<br />
Handel nach Abzug der Frachtkosten innerhalb<br />
Deutschlands und der Arbeitskosten des Händlers<br />
noch eine ordentliche Gewinnspanne übrig<br />
geblieben sein. Bei der näheren Betrachtung der<br />
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