Dannhauer - 2013 - Deutscher Reishandel 1850 bis 1914 die zentrale R
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Autoren davon aus, zu verlässlichen Zahlen gelangt<br />
zu sein und sahen in der Menge der Zahlen<br />
eine Chance, „<strong>die</strong> Vergangenheit zu vergegenwärtigen,<br />
um vielleicht für <strong>die</strong> Zukunft Nutzen<br />
daraus zu ziehen“.<br />
An <strong>die</strong> kurze Einleitung schließen sich Beschreibungen<br />
des <strong>Reishandel</strong>s über insgesamt vier Folioseiten<br />
an. Der erste größere Abschnitt beinhaltete<br />
den Handel mit Birma;<br />
„[...] so werden wir uns auch erlauben Fragen<br />
von höherem Interesse, soweit sie den <strong>Reishandel</strong><br />
betreffen, in unserem Jahres-Report<br />
einer möglichst eingehenden Besprechung zu<br />
unterziehen.<br />
Hierzu bieten nun zunächst <strong>die</strong> grossen Veränderungen<br />
in dem Verkehr Burmahs mit<br />
Europa, welche in den letzten Jahren stattgefunden<br />
haben und <strong>die</strong> für das Europ. Geschäft<br />
von grosser Bedeutung geworden sind, nächste<br />
Veranlassung.“<br />
Diese Änderungen waren, so heißt es anschließend,<br />
folgendermaßen; Bis vor etwa zehn Jahren<br />
produzierten <strong>die</strong> europäischen Exporteure in Birma<br />
nur so viel Cargoreis, wie von den europäischen<br />
Importeuren nachgefragt wurde. Diese<br />
Praxis änderte sich dann jedoch und <strong>die</strong> Mühlen<br />
setzten nach der Befriedigung der Nachfrage <strong>die</strong><br />
Reisverarbeitung fort, um <strong>die</strong> größtmögliche<br />
Menge an vorpoliertem Reis in Europa abzusetzen.<br />
Damit verloren einzelne Handelshäuser und<br />
Reisimporteure ihre Bedeutung in Birma und<br />
seit Mitte der 1860er Jahre waren <strong>die</strong> europäischen<br />
Reismüller und Verlader in den asiatischen<br />
Verladehäfen entscheidend für <strong>die</strong> europäischen<br />
Märkte. Reis wurde nicht mehr nur auf Nachfrage<br />
für Europa produziert und verschifft, sondern<br />
auch darüber hinaus. Damit entstanden europäische<br />
Stapelplätze, „für welchen Zweck [<strong>bis</strong><br />
1875 zumindest] London jedenfalls am geeignetsten<br />
erkannt werden musste“.<br />
Die entscheidende Veränderung dabei war, dass<br />
„<strong>die</strong> seitherigen Grundsätze im Waarenhandel<br />
verdrängt und dafür der Charakter des Effectenspiels<br />
für das Reisgeschäft“ aufgenommen wurde.<br />
Bedeutsamer als <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> meisten<br />
europäischen Reismüller nun ihre Waren<br />
nicht mehr in Asien aufkauften, sondern in London<br />
oder Liverpool, war <strong>die</strong> Tatsache, dass auf<br />
Reis Wechsel ausgestellt wurden. Ein Rohstoffmarkt<br />
war entstanden, der nicht mehr nur der<br />
Nahrungsmittelversorgung <strong>die</strong>nte, sondern für<br />
Händler, Investoren und Spekulanten einen Anlagemarkt<br />
darstellte. Eine größere globale wirtschaftliche<br />
Integration, als sie auf einem Rohstoffmarkt<br />
entsteht, der asiatische Anbaugebiete,<br />
europäische Handelsplätze und amerikanische<br />
Absatzmärkte verband, ist kaum denkbar.<br />
Die britischen Reismüller in den Häfen Birmas,<br />
so der Abschnitt weiter, hatten ihren Stammsitz<br />
zumeist in London und schrieben den europäischen<br />
Importeuren vor, keine Reisladungen der<br />
aktuellen Ernte vor September und unter bestimmten<br />
Mindestpreisen aufzukaufen. Noch gab<br />
es dagegen keinen Widerspruch, wenn sich <strong>die</strong>ser<br />
einmal rege, werde es nur noch kurze Zeit dauern,<br />
<strong>bis</strong> <strong>die</strong> Allmacht der britischen Reisverlader<br />
bricht;<br />
„Denn es ist nicht zu bestreiten, dass <strong>die</strong> Verschiffungen<br />
nach Europa fortan jährlich im<br />
Durchschnitt 600,000 Tons betragen werde<br />
und dass annähernd <strong>die</strong> Hälfte <strong>die</strong>ses Quantums<br />
auf dem Continent Verwendung findet.<br />
[...]<br />
Die Notgwendigkeit einer Abänderung der<br />
jetzt für den <strong>Reishandel</strong> geltenden [Zustände]<br />
ist fast allseitig anerkannt und <strong>die</strong>serhalb darf<br />
erwartet werden, dass, da <strong>die</strong> <strong>die</strong>sseitigen Forderungen<br />
<strong>die</strong> Grenzen des Rechts und der<br />
Billigkeit nicht überschreiten, <strong>die</strong>selben über<br />
kurz oder lang entweder mit oder gegen den<br />
Willen der Londoner Interessenten zur Durchführung<br />
gelangen.“<br />
Diesem ausführlichen Abschnitt über den <strong>Reishandel</strong><br />
sind drei wichtige Erkenntnisse zu entnehmen.<br />
Zuerst bestätigen <strong>die</strong> Autoren, dass Birma<br />
das für Europa wichtigste Reisanbaugebiet<br />
war. Erst mit den immer größer werdenden Mengen<br />
an Reis wurde ein wirklicher Rohstoffmarkt<br />
geschaffen. Aus vereinzelter Nachfrage entstand<br />
ein in London beheimateter Reismarkt, der neben<br />
der Versorgung auch eine börsenartige Funktion<br />
für <strong>die</strong> beteiligten Spekulanten und Investoren