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I<br />
Walter Haag:<br />
Tapferkeit ist gut - Kenntnisse sind besser<br />
Die Beseitigung nicht detonierter Angriffsmittel<br />
Die Beseitigung nicht detonierter Angriffsmittel stellt<br />
eine überaus schwierige Aufgab e dar, die mit den ersten<br />
Luftangriffen 1939/1940 notwendig wurde und die heute,<br />
also über zehn Jahre nach Einstellung der Feindseligkeiten,<br />
immer noch nicht beendet ist. Seit der Waffenruhe<br />
verloren in der Bundesrepublik über 7000 Menschen durch<br />
Bombenblindgänger, Munition oder Muuitionsteile der<br />
ehemaligen deutschen Wehrmacht das Leben. Viele Tausende<br />
wurden schwerer oder leichter verletzt. In der<br />
Mehrzahl waren es Schrottsucher und Kinder, die beim<br />
unbefugten Hantieren mit a.ufgefundener Munition getötet<br />
wurden. Aber a u ch die nach dem Zusammenbruch<br />
1945 zur Räumung eingesetzten Kommandos hatten über<br />
450 Tote und ebenso viele Schwer- und Leichtverletzte.<br />
Nach den Vorschriften der L.Dv.<br />
764 "Beseitigung von Blindgängern<br />
feindLicher Fliegerbomben"<br />
vom 29. 8 1939 erfolgte bei Beginn<br />
des Luftkrieges die Beseitig,ung durch<br />
die Feuerwerker der Flak- und Fliegereinheiten.<br />
Diese Feuenwerker hatten<br />
im Frieden an FeuerweI'kerschulen<br />
eine zwei bis drei Jahre dauernde<br />
abgeschlossene Ausbildung erhalten.<br />
Im Lehrplan der Feuer,werkerschulen<br />
war jedoch vor dem Kmege die Beseitigung<br />
nicht detonierter feindlicher<br />
Abwurfmunition nicht enthalten. Die<br />
Feuerwerlker wurden dahe[" bei<br />
Kriegsbeg;inn zusätzliciJ. !in vLel'Zelhntägligen<br />
SonderleJ:lI'gängen auf technischen<br />
Waffenschulen über die<br />
Beseitigung Igegnerischer Abwurfmunition<br />
untermchtet und pI'aktisch<br />
eingewiesen. Aber auch diese SonderausbHdiung<br />
war recht lückenhaft,<br />
da die L.Dv. 764 nur einen dürftigen<br />
Leitfaden abgab und in b&Ug auf<br />
Aufbau und WirkJungsweise der gegnerischen<br />
Zünder nur auf Mutmaßungen<br />
beruhte.<br />
Später wurden solche Sonderlehrgänge<br />
auch bei den Luftgaukomma:ndos<br />
abgehalten, dn denen Angehörige<br />
der gleichen Laufbahn des<br />
Heeres und der Marine sowie technisch<br />
vorgebildete Männer des Sicherheits-<br />
und Hilfsdienstes ausgebildet<br />
wurden. Auch bodenständige Polizeikräfte<br />
wurden für die BombenbLindgängerräumung<br />
edngesetzt, aber bald<br />
wieder zurückJgezogen, da die Ausfälle<br />
wegen zu kurzer AusbäLdungszeit<br />
zu hoch waren. An Tapferkeit<br />
fehlte es nicht, sie konnte jedoch<br />
mangelnde technische Kenntnisse<br />
nicht ersetzen.<br />
Daß trotzdem im Verlaufe des<br />
Krieges die immer umfangreicher<br />
weI'dende Beseitigung von Bombenblindgängern<br />
und Bomben mit Langzeitzündern<br />
so gründlich und technisch<br />
,zweckmäßig durchgeführt werden<br />
konnte, ist hauptsächlich das<br />
VerdieIlJSt der ,füI1 diese Aufgaben<br />
eingesetzten Waffenoffiziere, Beamten<br />
und Feuerwerker ,sowie der ihnen<br />
treu zur Seite stehenden Männer des<br />
Sicherheits- und HilfsdJenstes. Ihre<br />
in häufig verlustreichen Einsätzen<br />
gesammelten Erfahrungen bildeten<br />
die Grundlage für die später vom<br />
Luftfahrtministerium herausgegebenen<br />
Belehrungsblätter.<br />
Da die Flak- und Fliegereinheiten<br />
häufig die Standorte wechselten, der<br />
Luftkrieg zunehmend heftigere Formen<br />
annahm und dde Zahl der Blindgänger<br />
(7 v. H. bis 10 v. H. deT abgeworfenen<br />
Angriffsmittel) und der<br />
Fliegel'bomben mit Langzeitzündern<br />
zunahm, wurde dn einer Neufassung<br />
der L.Dv. 764 (H.Dv. 412, M.Dv. 872)<br />
vom 3. 1. 1941 angeordnet, daß die<br />
LuftJgaukommandos ihren Bereich in<br />
Sprengbezirke zu unterteilen und<br />
dort einen geeigneten Offizier (W)<br />
als Sprengkommandoführer einzusetzen<br />
hatten. Der Sprengkommandoführer<br />
bildete ,aus drei bis vier der<br />
in sednem Bereich vorhandenen<br />
Feuerwerkern der Luftwaffe, des<br />
Heeres oder der Marine ein Sprengkommando.<br />
Unter der Leitung dieser<br />
Sprengkommandos führte im Heimatknieg'Slgebiet<br />
der Instandsetzungsdienst<br />
des Sicherheits- und Hilfsdien'StJes<br />
die Beseitigung der Blindgänger<br />
und Langzeitzünder durch.<br />
Zm Entlastung der Sprengkommandos<br />
wurden ab 1942/1943 Kräfte der<br />
Luftschutzpolizei 1m Beseitigen von<br />
Kleinst-Splitterbomben so ausgebildet,<br />
daß sie feindliche Brandmunition<br />
selbst entschärfen und beseitigen<br />
konnten.<br />
Zu Heginn des Luftkrieges fielen<br />
nur verhältnismäßig wenig und<br />
kLeine Bomben, und es gab auch<br />
wenig Blindgänger. Da die Zünder<br />
zunächst unbekannt waren, wurden<br />
die Blindgänger gesprengt. Später<br />
wurden sie durch Ausbau der Zünder<br />
entschärft. Das setzte natürlich eine<br />
genaue Kenntnis des Aufbaues und<br />
der Wirkungsweise der zahlreichen<br />
Zündersysteme voraus. Mit zunehmen