Das gesunDheitsmagazin - Lukas-Krankenhaus Bünde
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18 <strong>Lukas</strong> 12 naCHbaRSCHaft II<br />
<strong>Lukas</strong> 12<br />
19<br />
Neuland betreten<br />
ZWeI kRankenSCHWeSteRn aUS lItaUen Und RUSSland eRZÄHlen IHRe geSCHICHte<br />
»In lItaUen Und RUSSland gIbt eS keIne So alten menSCHen.<br />
Und Wenn, dann WeRden SIe ZU HaUSe von den angeHöRIgen<br />
gePflegt. eS fÄngt geRade eRSt an, daSS SICH doRt<br />
daS faCHgebIet geRIatRIe entWICkelt.« Sagt JURate vaHRSon<br />
Und lÄCHelt SCHüCHteRn.<br />
neuland war es also, das die 37-Jährige<br />
betrat, als sie im vergangenen Jahr<br />
aus Litauen nach Deutschland an das<br />
evangelische <strong>Krankenhaus</strong> nach enger<br />
kam. gemeinsam mit ihrer 14-jährigen<br />
tochter und – der Liebe wegen. Die ausgebildete<br />
Krankenschwester, die in ihrer<br />
baltischen heimat in einer spezialklinik<br />
für Lungenerkrankungen gearbeitet hatte,<br />
traf 2011 eine schwere entscheidung,<br />
die sie rückblickend nicht bereut: »Vor<br />
ein paar Jahren habe ich einen deutschen<br />
mann kennengelernt. am anfang unterhielten<br />
wir uns auf englisch, später fing<br />
ich an Deutsch zu lernen. Dann mussten<br />
wir uns entscheiden, wie es weitergeht.«<br />
Sie zieht im August 2011 nach<br />
Deutschland, das Paar heiratet, Jurate<br />
Vahrson macht einen mehrmonatigen<br />
Sprachkurs in Herford. »Ich habe die B1-<br />
Prüfung mit 100 Prozent bestanden«, freut<br />
sich die Litauerin noch nachträglich über<br />
ihre gute Leistung. Dann aber stand eine<br />
große Frage im Raum: »Wie fange ich an<br />
mich zu bewerben?« Seit Mai 2011 werden<br />
alle Berufe innerhalb der EU ohne umständliche<br />
Prüfungsverfahren anerkannt.<br />
Was Jurate Vahrson zugute kam,<br />
denn sie hatte ihre Bestätigungen aus<br />
Litauen in der Tasche, ihr Zeugnis als<br />
Krankenschwester. »Ich habe also meine<br />
Unterlagen genommen und bin direkt<br />
durch die Tür, zu Frau Gisbrecht,« erzählt<br />
Jurate Vahrson. Und die 44-jährige Elena<br />
Gisbrecht wusste sofort: »Fachlich ist<br />
die gut. Es ist ja so schwer, fachlich gute<br />
Leute zu bekommen.« Die Ahnung der<br />
Stationsleiterin des Fachkrankenhauses<br />
für Geriatrie in Enger trog nicht. Es war<br />
aber auch ihre eigene Herkunft, die sie gut<br />
nachvollziehen ließ, in welcher Situation<br />
die wenige Jahre jüngere Vahrson steckte.<br />
Auch Gisbrecht kam als Krankenschwester<br />
mit ihrer Familie nach Deutschland, vom<br />
russischen Uralgebirge, wo sie bis 1991<br />
gelebt hatte, nach Kirchlengern. Ihr war<br />
»Zurückgehen nach Russland?<br />
Nein, ist doch niemand mehr da, sind<br />
alle hier. Ich fühle mich hier wohl.«<br />
damals der Einstieg ins Berufsleben nicht<br />
ganz so leicht gemacht worden: Ein Anerkennungsjahr<br />
war damals noch Voraussetzung.<br />
Doch schon direkt im Anschluss<br />
daran bekam die junge Schwester eine<br />
feste Stelle in Enger angeboten, sie stieg<br />
1997 zur stellvertretenden Leitung auf und<br />
übernahm ab 2001 nach der Weiterbildung<br />
zur Stationsleitung die Gesamtleitung der<br />
Station. Ihre guten Deutschkenntnisse<br />
kamen ihr dabei zugute, ist sich Leiterin<br />
Gisbrecht heute sicher: »Wir sind plattdeutsche<br />
Russen. In meiner Gegend gab<br />
es rund 15 Dörfer. Der Unterricht in der<br />
Schule war russisch, wir hatten jeden Tag<br />
eine Stunde Deutschunterricht – Deutsch<br />
als Muttersprache. Zu Hause sprachen wir<br />
plattdeutsch.«<br />
Auch Jurate Vahrsons Sprachkenntnisse<br />
sind für die kurze Zeit in Deutschland<br />
sehr beeindruckend, aber sie ist ehrgeizig:<br />
»Es ist mir wichtig, dass mich die Patienten<br />
verstehen und ich sie.« Auf die Unter-<br />
schiede zwischen Deutschland und ihrer<br />
jeweiligen Heimat angesprochen, sind sich<br />
beide Frauen einig: »Die kulturellen Unterschiede<br />
sind nicht so groß wie erwartet.<br />
Aber die Aufgaben der Krankenschwestern<br />
sind ganz anderes, hier ist es viel mehr<br />
Pflege, in unserer Heimat haben wir mehr<br />
medizinische Ausgaben übernommen.«<br />
Und Elena Gisbrecht fügt hinzu: »In Russland<br />
bedeutete Krankenschwester zu sein<br />
Prestige!« Und noch eine Sache ist anders,<br />
wie Jurate Vahrson nachschiebt: »Hier gibt<br />
es viel mehr Respekt vor den Menschen.<br />
Ich wurde von Kollegen schon gefragt: Wie<br />
fühlst du dich? Wie geht es dir? – Undenkbar<br />
in Litauen!«<br />
Vielleicht also irgendwann als Expertin<br />
für geriatrische Fragen in die Heimat zurück?<br />
Jurate Vahrson lächelt, zuckt mit den<br />
Schultern. Noch ist das nicht vorstellbar.<br />
Steht an, sich hier einzuleben. Der Anfang<br />
ist gemacht. •