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Ausgabe 01 2012

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Blick auf eine Partie der Kronberger Altstadt (Postkarte Sammlung Philippi)<br />

Jahrhunderts gilt. Und sein erster Gleitfl ug über ganze 25<br />

m gelang ihm 1891.<br />

Was lag also näher, als die Brieft auben zu nutzen? Konnten<br />

sie Medikamente befördern, müssten sie auch einen<br />

kleinen Fotoapparat tragen können. Genau da aber lag das<br />

Problem: Es gab zur damaligen Zeit keine kleinen Fotoapparate.<br />

Von Minox oder Spionagekameras war noch lange<br />

nicht die Rede. Die vorhandenen Geräte aus Holz und<br />

mit in Messing gefassten schweren Glasobjektiven hätten<br />

selbst mehrere Tauben nicht in die Lüft e heben können.<br />

Neuentwicklungen waren gefragt. So entstanden im Laufe<br />

von 12 Jahren verschiedene Modelle, bis es ihm schließlich<br />

gelang, einen Apparat mit einem Federaufzug herzustellen,<br />

mit dem man den Zeitpunkt der Auslösung bestimmen<br />

konnte und der bei einem Gewicht von nur 40<br />

Gramm 21 Bilder in der Größe 3 : 6 liefern konnte.<br />

Neubronner meldete seine Erfi ndung umgehend beim Patentamt<br />

an. Aber heilige Ignoranz, die Eingabe kam mit<br />

dem Bemerken zurück, die Sache sei unausführbar! Erst<br />

nach Vorlage einiger Bilder und einer Bescheinigung, wie<br />

sie zustande gekommen waren, wurde die Erfi ndung patentiert.<br />

Der Enthusiast hatte aber noch weitere Ideen. Er bot seine<br />

Erfi ndung den Militärs an. Im Fall kriegerischer Auseinandersetzungen<br />

konnte den eigenen Truppen ein immenser<br />

Vorteil entstehen, wenn sie den Verlauf der gegnerischen<br />

Linien und Stellungen genau ermitteln könnten.<br />

Das Kriegsministerium zeigte Interesse, verwies ihn aber<br />

an die Luft schiff er-Abteilung, diese wieder an das Ingenieur-Komitee,<br />

dem das Brieft aubenwesen unterstellt war.<br />

Doch überall stieß er auf Schwierigkeiten und Widerstände.<br />

Erst als er die von Tauben aufgenommenen Bilder<br />

Dr. Julius Neubronner während der Internationalen Luft schiff er-Ausstellung in Paris<br />

zweimal in Paris während der Internationalen Luft schiffer-Ausstellung<br />

zeigen konnte und diese dort mit dem<br />

höchsten Preis, der Medaille in Gold ausgezeichnet worden<br />

waren, entschloss man sich der Sache näher zu treten.<br />

Die Erfi ndung hatte sich durchgesetzt.<br />

Die Militärs aus Frankreich und England nahmen sie mit<br />

wohl eher gemischten Gefühlen zur Kenntnis. Die ausländische<br />

Presse machte sich so ihre eigenen Gedanken. Ein<br />

Abonnent der Zeitschrift „Armee und Militär“, Paris, teilte<br />

mit, dass sich ein Fotograf in Toulouse anschicke, eine<br />

interessante Vervollkommnung zu entwickeln. Anstelle<br />

der Taube wolle er eine Ente trainieren, die doch ein größeres<br />

Gewicht tragen könne.<br />

Auf der Sorbonne könne ein speziell dafür eingerichteter<br />

Lehrgang dafür sorgen, dass diese strategische Ente den<br />

Apparat in dem Moment auslöse, wenn das Panorama ein<br />

32 33<br />

wichtiges militärisches Interesse biete. Und in der „Illustrated<br />

News“ in England hieß es: „Die Deutschen ziehen<br />

Brieft auben, um für Kriegszwecke zu photographieren. Es<br />

ist zu erwarten, dass sie in Zukunft auch zum Photographieren<br />

für Zeitungszwecke benutzt werden.“<br />

Als 1914 der I. Weltkrieg ausbrach, kamen zwar die Tauben<br />

noch zum Einsatz. Doch die Erfi ndung und schnelle<br />

Weiterentwicklung des Flugzeugs ließ die Taubenfotografi<br />

e bald in den Hintergrund treten. Geld hat Dr. Julius Neubronner<br />

damit nicht verdient. Das tat er mit einer anderen<br />

seiner Erfi ndungen: Der Entwicklung von Trockenklebematerialien<br />

und der von ihm gegründeten Fabrik in Kronberg.<br />

Sie existiert noch heute an ihrem späteren Standort<br />

in Oberursel - aber das ist eine andere Geschichte.<br />

Hans Robert Philippi

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