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Karnevalspredigt von Vikar Jörg Heinemann In Attendorn am ...

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<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 1<br />

<strong>Karnevalspredigt</strong> <strong>von</strong> <strong>Vikar</strong> <strong>Jörg</strong> <strong>Heinemann</strong><br />

<strong>In</strong> <strong>Attendorn</strong> <strong>am</strong> Karneval,<br />

zwischen Fraunensitzung und Abendmahl,<br />

schrieb ich die nun folgenden Zeilen,<br />

die ich will gerne mit Euch teilen.<br />

Alles wie immer möchte man meinen<br />

tut man sich den Lauf der Welt bescheinen:<br />

Deutschland fliegt in der EM-Endrunde raus,<br />

der Medaillensegen bei Olympia fällt weitgehend aus,<br />

Berlin verbrennt unzählige Steuergeldsummen<br />

bis dort irgendwann mal Flugzeuge brummen,<br />

die Brücke in Finnentrop wird auch nicht vollendet<br />

und es scheint, dass das Blatt sich niemals mehr<br />

wendet,<br />

Frau Wulff und Herr Grass schreiben selts<strong>am</strong>e<br />

Schriften,<br />

Die Quoten bei "Wetten Dass" gehen stiften,<br />

die Evangelischen werden auch immer freier<br />

und lassen nun jeden zur Abendmahlsfeier.


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 2<br />

Die Krise der Weltwirtschaft hält weiter an<br />

nur kommt sie vorerst in Deutschland nicht endgültig<br />

an.<br />

Frau Merkel regiert weiter in ihrem eigenen Stil<br />

– nein, geändert hat sich wirklich nicht viel.<br />

Und auch die Kirche ist wieder dabei,<br />

zeigt in der Öffentlichkeit unter großem Geschrei,<br />

dass sie es immer noch nicht verstanden hat<br />

wie man kommuniziert wenn man Probleme hat.<br />

Warum muss ich erst stundenlang durch Daten<br />

wühlen,<br />

um in Hintergründe vorzufühlen<br />

ob das, was zum Beispiel beim Focus steht<br />

sich deckt mit dem worum es eigentlich geht.<br />

Die offizielle Kirchenhierachie<br />

schießt sich mit diesem Stil mal um mal selber ins<br />

Knie,


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 3<br />

denn selbst wie wenn sie beim Kriminologen Pfeiffer<br />

grunsätzlich im Recht,<br />

verkauft sie sich dabei dann letztlich so schlecht,<br />

dass sie teuflisch und böse erscheint.<br />

Und dann auch noch in Köln der Skandal,<br />

vollendete letztens die Kirchenqual.<br />

Zwar ein schlimmer Einzelfall,<br />

zeigt dieser doch das überall,<br />

wo im System Angst und nicht Erbarmen regiert<br />

die christliche Botschaft sich selbst parodiert.<br />

Warum muss denn immer erst alles schiefgehen<br />

bevor einige alte Herren einsehen,<br />

dass ja doch viel mehr geht als gedacht –<br />

aber hätten Sie vorhergesacht, dass Kardinal Meisner<br />

beim lernen den Anfang macht?


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 4<br />

Doch wie auf diese Kriese reagieren?<br />

Etwa wie Bischof Müller ein "Progrom der Presse" zu<br />

skizzieren?<br />

Ich dacht´ nur: Sach ma, hast du sie noch alle?<br />

Tritt doch nicht auch noch in die Nazifalle.<br />

Denn bei all den ganzen Steilvorlagen<br />

kann man sich dann nicht beklagen,<br />

wenn die Schreiberzunft sie gern versenkt –<br />

<strong>von</strong> andern kriegen die so was selten geschenkt.<br />

Natürlich haben dort viele die Kirche nicht gern,<br />

doch haben all diese Berichte auch ihren Kern<br />

und so leicht braucht man es ihnen nicht wirklich zu<br />

machen,<br />

sonst werden die immer als letzte lachen.<br />

Also: Der Ruf der Kirche ist mal wieder im Keller,<br />

und schon kommen die Fragen auf unsern Teller:<br />

Mancher fragt: machen die mit Absicht diesen Mist<br />

und kann es sein, dass man oben vergisst,


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 5<br />

dass der normale Mensch sich längst schon fragt:<br />

Bei all dem was ihr Exzellenzen so sagt,<br />

Wollt ihr mich eigentlich extra vertreiben?<br />

Warum soll ich bei diesem Laden noch bleiben?<br />

Auf diese Frage will ich nun persönlich Antwort geben<br />

schließlich prägt diese Kirche mein ganzes Leben:<br />

Ich habe <strong>von</strong> dieser Kirche glauben gelernt,<br />

in Geschichten, die nicht nur mein Herz erwärmt,<br />

einen Platz im Leben, im Universum gefunden<br />

und in ungezählten geistlichen Runden,<br />

bei Gefährten auf dem Weg gesehen,<br />

wie fest man kann im Leben stehen,<br />

bei allen Steinen die einem in den Weg gelegt<br />

vom Leben, <strong>von</strong> Menschen und mit großer Qual<br />

auch <strong>von</strong> der Kirche und ihrem Frontpersonal,<br />

wie sich das Leben trotz allem zum Besseren wandelt<br />

wenn man erfährt, dass Gott an einem handelt.<br />

Denn die Botschaft der Bibel, <strong>von</strong> Jesus Christ<br />

ist eine, die schlicht unschätzbar ermutigend ist.


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 6<br />

Die Kirche, die alte <strong>In</strong>stitution<br />

speichert seit Generationen schon<br />

Traditionen, Rituale und Geschichten,<br />

die mir die Horizonte lichten<br />

über das Böse, das Gute, die Liebe das Leben<br />

und vor allem über das große Vergeben,<br />

dass Gott immer einen Neuanfang macht<br />

egal wie tief und finster die Nacht,<br />

dass selbst der Tod seinen letzten Stachel verliert<br />

und nicht mehr total den Lauf der Welt regiert.<br />

Diese frohe Botschaft – hier nur kurz umrissen<br />

möchte ich in keinem Falle mehr missen.<br />

Doch ohne die Kirche und Ihre Folkloren<br />

wäre vieles da<strong>von</strong> längst verloren.<br />

Dabei versagten in der Kirche, die die diese Botschaft<br />

erhalten,<br />

öfters klar bei deren verwalten:


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 7<br />

Seit zweitausend Jahren ein ewiger Streit<br />

um die richtigen Wege, wie eng und wie weit,<br />

dazu haben die Mächtigen in letzter Zeit träge und<br />

ängstliche Züge gewonnen<br />

seit ihre Macht und Stellung zerronnen.<br />

Doch will ich es trotzdem noch versuchen<br />

ohne zu sehr über alles zu fluchen,<br />

unter all dem Dreck und mit den selts<strong>am</strong>en Gestalten<br />

meinen Glauben an Christus zu behalten<br />

und für ein anderes Gesicht der Kirche zu stehn<br />

denn das gibt es auch, das wird oft übersehn.<br />

Das soll nicht heißen, die Augen zu schließen,<br />

aber trotzdem die Momente genießen<br />

in denen sich Sinn und Kraft des Glaubens erschließt<br />

dann wird er auch nicht mehr so einfach vermießt.<br />

Doch braucht es auch Hilfe den Muff zu ertragen,<br />

den unsere Kirche seit tausend Jahren


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 8<br />

kultiviert wie niemand, das ist unser Ding –<br />

so lass uns hören, wie der Augleich dazu früher mal<br />

ging:<br />

Im Mittelalter wurde – so laß ich berauscht,<br />

Karneval der Bischof mit nem Esel getauscht.<br />

Das glorreich große Kirchensystem<br />

wurde auf einmal ganz neu angesehn<br />

und klar gemacht für jedermann,<br />

dass es das nicht allein seien kann.<br />

Vielleicht hilft das auch in unsren närrischen Tagen,<br />

mental den Esel in Deutschlands Kirche zu tragen<br />

und so mit Narrendenken auszubrechen<br />

und den Eiterpickel zunächst im Geist aufzustechen<br />

der unsern Glauben zu entstellen droht -<br />

denn schon früher in noch größrer Not<br />

war das Narrentradition:<br />

Jede <strong>In</strong>stitution<br />

deren Schrullen und Fehler man ertragen hatte,<br />

die kriegte Karneval eins auf die Matte.


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 9<br />

So konnte der Druck raus und die Luft wurde reiner.<br />

Zwar ist auch das nur ein Schritt, ein kleiner,<br />

doch kann er helfen wieder farbig zu sehn<br />

und den Lauf der Welt in die richtige Richtung zu<br />

drehn.<br />

Doch ist denn das alles nicht letztlich vergeblich<br />

und selbst wenn man bemüht sich noch so redlich<br />

ist nicht alles zwingend dem Untergang geweiht,<br />

so wie es mancher <strong>von</strong> den Dächern schreit?<br />

Dazu eine alte Anekdote: Napoleon, der alte Franzos<br />

drohte dem päpstlichen Gesandten f<strong>am</strong>os,<br />

er würde im Zweifel die ganze Kirche vernichten<br />

darauf der Gesandte sagte: Mitnichten!<br />

Das haben selbst wir noch nicht geschafft!


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 10<br />

Aus diesem Satz zieh ich für mich auch heute noch<br />

Kraft,<br />

denn er zeigt Selbstironie und Gottvertrauen -<br />

und auf beides kann ich vieles bauen.<br />

Und im Kirchensumpf wachsen noch viele Blumen<br />

und blühen,<br />

wo Menschen trotz allem für die Botschaft glühen.<br />

Jeder Einzelne dabei ein Zeichen der Hoffnung ist,<br />

dass noch nicht alles beendet ist.<br />

Das der Sumpf auf jeden Fall baldigst entgiftet gehört,<br />

dass bis dahin aber – wenn auch gestört<br />

weiter Blumen in ihm gedeihn<br />

– denen will ich mein Streben weihn.


<strong>Karnevalspredigt</strong> 5ter Sonntag LJC 2013 11<br />

So nutz ich die klärende Narrenzeit<br />

zum Aufatmen und mach mich bereit<br />

mit offenen Augen weiterzugehn<br />

und diese Prüfung des Glaubens mit Gott zu bestehn.<br />

So schöpf ich Kraft in diesen Tagen,<br />

dass wollte ich Euch heute sagen,<br />

Euch einladen, das für Euch auch mal zu testen,<br />

doch jetzt feiern wir erst mal <strong>am</strong> besten,<br />

den Glauben in der Narrenzeit –<br />

denn beides dient der Heils<strong>am</strong>keit.<br />

Amen.

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