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November 2000 - Berliner Radsport Verband e.V.

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6 <strong>Berliner</strong> <strong>Radsport</strong> · Ausgabe Nr. 11 · <strong>November</strong> <strong>2000</strong><br />

Neuköllner schrieben <strong>Radsport</strong>-Geschichte<br />

Im Jahre 1910 fanden sich mehrere junge<br />

Leute zusammen, die sich das Radfahren als<br />

Sportart auserkoren hatten. Am 4. August<br />

besagten Jahres erfolgte in einem alten Bierkeller<br />

in der Luisenstadt an der Luckauer Straße,<br />

Ecke Sebastianstraße (heute Bezirk<br />

Kreuzberg) die Gründung der Rennfahrer-<br />

Vereinigung Luisenstadt. Willi und Albert Lorenz,<br />

Herbert Hamann, Hermann Rüdiger<br />

und Alfred Thimm waren die treibenden Kräfte<br />

und ließen ihren neuen Radfahrerverein<br />

beim Amtsgericht Berlin-Mitte ins Vereinsregister<br />

eintragen. Ein Jahr später folgten<br />

bereits die Brüder Otto und Oskar Tietz. Besonders<br />

Letzterer hat viel zum Ansehen seines<br />

Vereins und des <strong>Berliner</strong> <strong>Radsport</strong>s beigetragen.<br />

Als erstes größeres Rennen wurde<br />

der Große Straßenpreis der Neumark über<br />

250 km aus der Taufe gehoben.<br />

Die Luisenstädter dürfen aus heutiger Sicht<br />

aber auch als Geburtshelfer des Brandenburgischen<br />

und späteren Deutschen Straßenfahrer-<strong>Verband</strong>es<br />

betrachtet werden, nachdem<br />

sie bereits 1911 in die damalige Deutsche<br />

Radfahr-Union mit Sitz in Straßburg (Elsaß)<br />

eingetreten waren. Bis zum Ausbruch<br />

des Ersten Weltkrieges stellten sie den größten<br />

Verein in der Union dar und bestimmten<br />

dort die Geschicke weitestgehend mit.<br />

Nachdem 1924 der Umzug nach Neukölln<br />

erfolgte, wurde dieser Bezirk zur neuen Heimat,<br />

blieb es bis auf den heutigen Tag. Wie<br />

aus den Annalen hervorgeht, führte ein Karl<br />

Stenzel viele Jahre den Verein als Vorsitzender.<br />

Ihm folgte 1930 Fritz Rux, ein Cousin des<br />

späteren Boxers Conny Rux, der auch als jugendlicher<br />

Rennfahrer beim BRC Zugvogel<br />

von sich reden machte. Von ihm übernahm<br />

Hermann Egers 1949 den Vorsitz, ebenfalls<br />

ein hervorragender Kenner des <strong>Radsport</strong>s<br />

und großartiger Organisator. Erst sein Tod im<br />

Jahre 1971 sollte diese segensreiche Tätigkeit<br />

beenden.<br />

Unter den beiden genannten Vorsitzenden<br />

hatten sich die Neuköllner Luisenstädter<br />

dank hervorragender Sportler einen guten<br />

Ruf erworben, waren international geschätzte<br />

Konkurrenten. Oskar Tietz machte sich als<br />

Profi einen Namen, ebenso Alfred Witte, das<br />

älteste Ehrenmitglied des Vereins, das sich<br />

schon auf die Jubiläumsfeierlichkeiten freut.<br />

An seiner Seite stritt Erwin Digulla und erntete<br />

ebenso sportlichen Lorbeer.<br />

Zum 90jährigen Bestehen<br />

der NRVg Luisenstadt<br />

Übertroffen wurden sie dann von Gerhard<br />

Purann, der 1939 Deutscher Amateur-Fliegermeister<br />

und Dritter der Weltmeisterschaften<br />

werden konnte. Leider fiel er dem Zweiten<br />

Weltkrieg zum Opfer.<br />

Beim Wiederaufbau des <strong>Radsport</strong>s nach dem<br />

Kriege spielten die Luisenstädter schon bald<br />

wieder großartig mit. Für Deutsche Meistertitel<br />

sorgten nun Dieter Puschel, Burkhard<br />

Ebert, Burkhart Bremer, Hans Schliebener,<br />

Günther Stolp und Horst Bath. Nicht zu vergessen<br />

Klaus Bugdahl, der ganz speziell bei<br />

den beliebten Sechstagerennen glänzte. In<br />

seiner aktiven Zeit bestritt er 228 Sixdays, errang<br />

dabei 37 Siege und ist damit in Deutschland<br />

unübertroffen. Der Name Oskar Tietz wird<br />

auf sechs Bahnen als Sieger geführt.<br />

Zum 50jährigen Vereinsjubiläum wurde in<br />

Berlin 1960 die Deutsche Meisterschaft im<br />

Vierer-Straßenmannschaftsfáhren ausgerichtet,<br />

die promt von dem Quartett Bath/Stolp/<br />

Puschel/Alexander gewonnen werden konnte.<br />

Insgesamt gehen fünf Titel in dieser Disziplin<br />

auf das Konto der Luisenstädter. Der<br />

Vierer von 1954 hatte auf der Bahn triumphiert,<br />

weitere Titel des Nachwuchses 1983<br />

auf der Straße und Piste folgten. Die Titel bei<br />

<strong>Berliner</strong> Meisterschaften sind Legion. Unvergessen<br />

bleibt auch der Triumph von Max<br />

Bartoskiewiecz in der Ostzonenrundfahrt von<br />

Schon die Vorfeier zum 90jährigen Jubiläum der NRVg Luisenstadt an traditionsreicher<br />

Strecke am Rollberg war sehr gelungen. Sicher wird es bei der bevorstehenden Feier<br />

nicht weniger stimmungsvoll zugehen wie auf diesem Siegerfoto vom 51. Rollbergrennen<br />

mit den Sponsoren. Links Herbert Kleinschmidt, am Siegerpodest Marina Müller. Oben<br />

v.l.n.r.: Björn Schröder, Torsten Hiekmann und André Schulze, die drei Erstplatzierten.<br />

Foto: Uhlig<br />

1949, mit der sich der <strong>Radsport</strong> im Osten<br />

Deutschlands wieder zu Wort meldete.<br />

Als erfolgreicher Bahnradsportler legte der<br />

leider 1998 verstorbene Horst Sylvestrzak in<br />

dieser Zeit nicht minder Ehre für die<br />

Luisenstädter ein. Gemeinsam mit Hans<br />

Schliebner, Ale Freitag und Klaus Bugdahl<br />

stand er in dem Meister-Vierer von 1954. Das<br />

brachte ihm eine Auswahlberufung zum Länderkampf<br />

gegen Dänemark ein. Speziell<br />

Zweier-Mannschaftsrennen sahen ihn in seinem<br />

Element. Das muß mit dazu geführt haben,<br />

daß er nach der aktiven Zeit 1969 eine<br />

WA-Laufbahn begann, bis 1998 als ausgemachter<br />

Kenner sämtlicher Sixdays vom<br />

Sportpalast über die Deutschlandhalle bis ins<br />

Velodrom betreute und sich überhaupt einen<br />

festen Platz in Berlins <strong>Radsport</strong> sicherte.<br />

Dazu trugen auch die Jahre als Vorsitzender<br />

von 1971–1982 und 1983–1998 ganz speziell<br />

bei. Mit Karl Riedel vom RV Panne hatte<br />

er 1972 die Fusion zur nunmehrigen Neuköllner<br />

Rennfahrervereinigung Luisen-stadt vollzogen.<br />

Dieser Zusammenschluß trug reiche<br />

Früchte. Das Internationale Roll-bergrennen<br />

fand dank Horst Sylvestrzak einen festen<br />

Platz im Terminkalender der Stadt, erfuhr nun<br />

dieses Jahr seine 51. Auflage. Seine Nachfolge<br />

als Vorsitzender hatte Norbert Kollipost<br />

angetreten. Diesem folgte nun Herbert<br />

Kleinschmidt im Amt.<br />

Seit einiger Zeit ist die NRVg Luisenstadt<br />

auch Heimstatt des Bundesligateams Jan<br />

Ullrich der Deutschen Telekom mit Peter<br />

Becker als Trainer. Seither konnten die Ehrenlisten<br />

bei Deutschen Meisterschaften mehrfach<br />

ergänzt werden. Zudem verspricht die<br />

vom Trainer-Ehepaar Horst und Marina Müller<br />

mit guter Eltern-Unterstützung betriebene<br />

Nachwuchspflege weiteren Zuwachs an<br />

<strong>Berliner</strong> Titeln und Erfolgen deutschlandweit.<br />

Ein Grund mehr, das 90jährige Bestehen der<br />

Neuköllner Rennfahrervereinigung Luisenstadt<br />

gebührend zu feiern.<br />

Luisenstadt hat einen König<br />

Von den zahlreichen prominenten Mitgliedern<br />

der NRVg Luisenstadt sticht<br />

Burkhard Ebert noch auf besondere<br />

Weise hervor. In der seit 1953 rollenden<br />

Tour de Berlin ist er der König, denn<br />

immerhin hat der Spreeathener gegen<br />

stärkste internationale Konkurrenz vier<br />

Gesamtsiege herausgefahren. Das hat<br />

ihm bis auf den heutigen Tag noch keiner<br />

nachgemacht und es wird wohl<br />

auch weiterhin unerreicht bleiben.<br />

Das Ehrenmitglied der Luisenstädter,<br />

seit 1975 im bayerischen Lenggries ansässig,<br />

wo er als Physiotherapeut tätig<br />

ist und ein kleines <strong>Radsport</strong>geschäft<br />

betreibt, erinnert sich aber auch gern<br />

an die Zeit unter Otto Ziege als Trainer<br />

der deutschen Straßenfahrer-Nationalmannschaft.<br />

„Otto Ziege habe ich meine<br />

schönste Zeit als Rennfahrer zu verdanken,<br />

denn unter seiner verständnisvollen<br />

Anleitung konnte ich meine größten<br />

Erfolge erringen.“<br />

Seine Vorliebe für das Radfahren hat<br />

sich der Ex-<strong>Berliner</strong> bis auf den heutigen<br />

Tag erhalten, ist aber ebenso gern<br />

mit seinem sportbegeisterten Sohn bei<br />

Bergtouren unterwegs.

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