Der mündige Patient - mehr als nur ein Schlagwort - Gesundheit ...
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Info_Dienst für <strong>Gesundheit</strong>sförderung 1_08<br />
Gesunde Bundespolitik<br />
<strong>Gesundheit</strong> und soziale Ungleichheit /<br />
Präventionsgesetz im Bundestag / Rück- und<br />
Ausblick Kongress Armut und <strong>Gesundheit</strong> /<br />
Datenbank <strong>Gesundheit</strong>sprojekte wächst /<br />
Partizipation ja, aber wie? / Selbstevaluation<br />
<strong>Gesundheit</strong> und soziale Ungleichheit<br />
Strategien für soziallagenorientierte <strong>Gesundheit</strong>sförderung<br />
auf Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung diskutiert<br />
Wenn in so <strong>ein</strong>em reichen Land wie der Bundesrepublik<br />
Deutschland über Ungleichheit<br />
gesundheitlicher Chancen geredet werden<br />
muss, sei das "beschämend", so Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt auf der Veranstaltung<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung am<br />
21. Februar 2008. Im Rahmen des Projekts<br />
Gesellschaftliche Integration fand dort die<br />
Veranstaltung "<strong>Gesundheit</strong> und soziale<br />
Ungleichheit" statt. <strong>Gesundheit</strong> ist <strong>ein</strong>e<br />
Voraussetzung für Teilhabe, so die Ministerin.<br />
<strong>Gesundheit</strong>schancen sind jedoch auch in<br />
der Bundesrepublik in starkem Maß durch<br />
Einkommen, Bildung und Stellung in der<br />
Arbeitswelt bestimmt. Damit zeigen sich<br />
auch hier ähnliche Befunde, wie sie bereits<br />
die PISA-Studie für den Bildungsbereich<br />
belegt hat.<br />
Mittlerweile ist vieles über die Zusammenhänge<br />
von sozialer Lage und <strong>Gesundheit</strong><br />
bekannt. So hatte die rot-grüne Bundesregierung<br />
am 25. April 2001 erstm<strong>als</strong> <strong>ein</strong>en<br />
Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht.<br />
Das Robert-Koch-Institut hat mit s<strong>ein</strong>er<br />
<strong>Gesundheit</strong>sberichterstattung und den<br />
umfangreichen Daten des Kinder- und<br />
Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) viele Hinweise<br />
im Bezug auf Lebenslagen vorgelegt.<br />
<strong>Der</strong> Befund ist <strong>ein</strong>deutig, so Ulla Schmidt,<br />
Kinder haben in unserer Gesellschaft <strong>ein</strong>en<br />
schweren Stand. Neben den Problemen f<strong>als</strong>cher<br />
Ernährung und fehlender Bewegung<br />
verwies sie auch auf das höhere Unfallrisiko<br />
sozial benachteiligter Kinder und den höheren<br />
Krankheitsstand Arbeitsloser. Mangelnde<br />
Integration von Migrant/innen verstärkt<br />
diese Probleme dann noch.<br />
Eine Schlussfolgerung ist es, so Ulla Schmidt,<br />
vor Ort aktiv zu s<strong>ein</strong>, damit auch jene erreicht<br />
werden, denen all<strong>ein</strong> mit Plakaten und Infozetteln<br />
nicht geholfen ist. Hier steht Politik<br />
für sie in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen<br />
zu verbessern, die dieses Engagement<br />
braucht. Neben dem Erhalt <strong>ein</strong>es solidarischen<br />
Krankenversicherungssystems,<br />
sind auch die Rahmenbedingungen für settingorientierte<br />
<strong>Gesundheit</strong>sförderung zu verbessern.<br />
Noch wird über das Gesetz zur Förderung<br />
der Prävention gestritten, doch Ulla<br />
Schmidt machte deutlich: Nur <strong>ein</strong> Gesetz,<br />
dass die Projekte und Initiativen in den Settings<br />
stärkt und jenen hilft, die durch individuelle,<br />
verhaltensorientierte Prävention<br />
nicht erreicht werden, stellt <strong>ein</strong>en Gewinn<br />
dar. Neben dem Staat müssen sich dabei<br />
auch die Sozialversicherungen inklusive der<br />
Arbeitslosenversicherung engagieren. Die<br />
<strong>Gesundheit</strong>sberichterstattung und die Stärkung<br />
der Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung (BZgA) sind dabei wichtig Aspekte.<br />
Raimund Geene, Hochschule Magdeburg-<br />
Stendal, verwies in s<strong>ein</strong>er Moderation auf<br />
<strong>ein</strong>e Stellungnahme von Peter Ramsauer,<br />
CSU, worin dieser den Kompromiss in Sachen<br />
Präventionsgesetz bereits angekündigt hat<br />
(Financial Times Deutschland, 21.02.08). Auf<br />
s<strong>ein</strong>e Frage, ob das Präventionsgesetz<br />
kommt und wie es mit der Koordination steht,<br />
zeigte sich Ulla Schmidt in Sachen Stiftung<br />
gelassen. Nötig jedoch ist <strong>ein</strong> Präventionsrat,<br />
um die Abstimmung zu gewährleisten und<br />
vor allem muss es den vor Ort benötigten<br />
Gesunde Bundespolitik<br />
Projekten erleichtert werden, Gelder für ihre<br />
Arbeit zur erhalten. Wenn Projekte vor Ort<br />
förderfähig sind, so die Ministerin, sollen sie<br />
sich nicht auf mühselige Finanzsuche begeben<br />
müssen. An diesem Punkt müssen<br />
gesetzliche Regelungen <strong>ein</strong>e deutliche Verbesserung<br />
bringen. "Wir haben schon in vielem<br />
abgespeckt gegenüber dem, was wir<br />
wollten", dennoch hofft sie, dass der Einstieg<br />
in die Prävention <strong>als</strong> gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe noch gelingt.<br />
Wie vielfältig der Bedarf, aber auch die Angebote<br />
im Bereich der Soziallagen bezogenen<br />
Prävention sind, zeigte die anschließende<br />
Diskussion. Monika Köster, BZgA, verdeutlichte<br />
dies durch Beispiele aus der Arbeit des<br />
Kooperationsverbundes ‚<strong>Gesundheit</strong>sförderung<br />
bei sozial Benachteiligten'. Die Datenbankwww.gesundheitlich-chancengleichheit.de<br />
belegt mit über 1.300 Projekten das<br />
Potential, um die unterschiedlichen Zielgruppen<br />
sozial benachteiligter Menschen für Prävention<br />
zu gewinnen. Mechthild Rawert, SPD<br />
Bundestagsabgeordnete, machte in ihrem<br />
Beitrag deutlich, dass Prävention <strong>als</strong> gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe auch <strong>ein</strong> Zusammenwirken<br />
der verschiedenen Politikbereiche<br />
erfordert. Sie verwies auf die Bundestagsentschließung,<br />
Prävention im Bereich<br />
Ernährung und Bewegung auch in Zusammenarbeit<br />
mit dem Bund-Länder-Programm<br />
'Soziale Stadt' zu stärken. Aber auch Gendergerechtigkeit<br />
in der Prävention kann <strong>nur</strong><br />
erreicht werden, wenn <strong>ein</strong> gem<strong>ein</strong>sames<br />
Handeln gestärkt wird. Sie verwies auf<br />
betriebliche <strong>Gesundheit</strong>sförderung, die in<br />
Kl<strong>ein</strong>- und Mittelbetrieben <strong>nur</strong> gem<strong>ein</strong>schaftlich<br />
vorangebracht werden kann. Nutznießerinnen<br />
solchen Engagements wären auch<br />
viele weibliche Beschäftigte, die in ihrem Alltag<br />
vielfältigen Belastungen ausgesetzt sind.<br />
Bernhard Badura, Universität Bielefeld, lieferte<br />
in s<strong>ein</strong>em Beitrag weitere Beispiele für<br />
gesundheitliche Ungleichheit. Insbesondere<br />
Zahlen aus dem Feld der betrieblichen<br />
<strong>Gesundheit</strong>sförderung belegten, wie stark<br />
gesundheitliche Belastungen durch soziale<br />
und allgem<strong>ein</strong>e Faktoren, z.B. Entlassungen,<br />
bestimmt werden. Hier zeigt sich für ihn, dass<br />
soziale Ungleichheit nicht <strong>nur</strong> in individuellen<br />
<strong>Gesundheit</strong>srisiken zum Ausdruck<br />
kommt, sondern "auch soziale Systeme können<br />
erkranken". So stellt beispielsweise für<br />
Migrant/innen die fehlende gesellschaftliche<br />
Akzeptanz <strong>ein</strong> zusätzliches <strong>Gesundheit</strong>srisiko<br />
dar.<br />
Am Beispiel der Alltagsbedingungen von<br />
Müttern mit Migrationshintergrund veranschaulichte<br />
Carola Gold, <strong>Gesundheit</strong> Berlin,<br />
dass der Settingansatz sich nicht in der Frage<br />
des Zugangswegs zu <strong>ein</strong>er sozial benachtei-<br />
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