<strong>B<strong>und</strong></strong>esvorstand 4
Prof. Dr. Joachim Gerchow 90 Jahre <strong>B<strong>und</strong></strong>esvorstand Zu Prof. Dr. med. Joachim Gerchow wurde schon (fast) alles gesagt – bei vielen festlichen <strong>und</strong> ehrenvollen Anlässen, zu r<strong>und</strong>en Geburtstagen <strong>und</strong> in Laudationen. – Für seine zahlreichen Schüler, Weggefährten <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e ist sein 90. Geburtstag Veranlassung, ihm weiterhin alles Gute zu wünschen <strong>und</strong> zugleich eine Freude <strong>und</strong> Ehre, seine Person, seinen Lebensweg <strong>und</strong> seine Leistungen noch einmal kurz nachzuzeichnen. Joachim Gerchow gehört zu den außergewöhnlichen <strong>und</strong> herausragenden Wegbereitern <strong>und</strong> Lichtgestalten im Grenzbereich von Medizin (somatische Rechtsmedizin, forensische Psychiatrie, Suchtforschung), Ethik <strong>und</strong> Recht. Er hat in Lehre, Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis eine weit umfassende enzyklopädische Richtung vertreten <strong>und</strong> darin soziales Engagement <strong>und</strong> Resozialisierungsgedanken stets nachhaltig vertreten. Er hat zahlreiche öffentliche Aufgaben wahrgenommen, Ämter bekleidet, Zeitschriften <strong>und</strong> Bücher herausgegeben, in Prozessen als Gutachter gedient <strong>und</strong> Gesetzesänderungen geprägt. Dies alles kann hier allenfalls ansatzweise widergespiegelt werden. Aus den verschiedenen vorangehenden Festschriften <strong>und</strong> Laudationen hier nur einige wenige Zitate: – ein hoch gelehrter <strong>und</strong> hoch gebildeter Mann, – ein präziser, überaus seriöser Wissenschaftler, – ein Mann mit feinem Humor, empfindsam, aber nicht empfindlich, voller Verständnis für die Sorgen <strong>und</strong> Nöte anderer, vor allem der jüngeren, suchenden Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, – eine geradezu exemplarische Schaffenskraft <strong>und</strong> unbestrittene Sachk<strong>und</strong>e ... – Herr Gerchow hatte als Rechtsmediziner beruflich in den Schattenseiten der Gesellschaft zu entscheiden <strong>und</strong> musste Distanz <strong>und</strong> Verantwortung für Einzelne in behutsamem Gleichgewicht halten. Vielleicht hat er sich deswegen immer wieder intensiv <strong>und</strong> bis heute mit dem Verhältnis von Ethik <strong>und</strong> Medizin beschäftigt. – Bedachtsamkeit, Ruhe <strong>und</strong> Zurückhaltung paaren sich bei ihm mit ungebrochener Vitalität <strong>und</strong> erstaunlicher Schaffenskraft. Trotz eines hohen Maßes an Arbeitslast im Beruf <strong>und</strong> im Dienst für das Gemeinwohl findet er auch noch Zeit, in geselliger R<strong>und</strong>e im Kreis seiner Mitarbeiter, mit Kollegen oder mit Fre<strong>und</strong>en. – Seine umfassenden Kenntnisse, seine Kollegialität, seine Verträglichkeit, seine Konzilianz <strong>und</strong> seine partnerschaftliche Einstellung sind dankbar zu erwähnen. – Joachim Gerchow hat der Frankfurter Rechtsmedizin in Fach, Feld <strong>und</strong> Öffentlichkeit internationales Ansehen verschafft. Kurz gefasst einige Hinweise zu seinem Lebenslauf: Prof. Dr. med. Joachim Gerchow wurde am 26.06.1921 in Mirow/Mecklenburg geboren. Das Abitur hat er am Humanistischen Gymnasium in Neustrelitz am 01.03.1939 abgelegt. Direkt danach begannen für ihn ab dem 01.04.1939 Reichsarbeitsdienst, Kriegsdienst in Polen, Frankfurt, Russland, Norwegen <strong>und</strong> Deutschland. Zwischenzeitlich konnte er noch während des Krieges ein Medizinstudium in Rostock <strong>und</strong> Kiel durchführen. Er war kurz in englischer Kriegsgefangenschaft. Am 11. Dezember 1946 hat er in Kiel das Staatsexamen abgelegt. Promotion zum Dr. med. am 1. März 1948 in Kiel mit dem Thema: „Über die Schmerzempfindung bei Neugeborenen <strong>und</strong> ihre forensische Bedeutung“. Herr Gerchow trat in das Kieler Institut für Gerichtliche Medizin ein; hier war er Schüler von Wilhelm Hallermann. Habilitation für das Fach „Gerichtliche <strong>und</strong> soziale Medizin“ mit der Schrift „Die Bedeutung der reaktiven Abnormisierung für die Beurteilung von Kindesmörderinnen“; Venia legendi am 26. Oktober 1954. Gerchow war zunächst einmal wissenschaftliche Hilfskraft, dann ab 1951 voll bezahlter wissenschaftlicher Assistent <strong>und</strong> später Oberassistent. Zum 01.06.1962 ging er an das Institut für Gerichtliche <strong>und</strong> Soziale Medizin der Medizinischen Fakultät der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Hier erfolgte die Berufung zum ordentlichen Professor <strong>und</strong> Institutsdirektor am 18.10.1962. Das Institut wurde später aufgr<strong>und</strong> eines Beschlusses der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin in „Institut für Rechtsmedizin“ umbenannt. Gerchow blieb in Frankfurt, obwohl er 1969 noch einen Ruf auf den Lehrstuhl in Kiel hatte. Die Emeritierung erfolgte zum 30.09.1989. – Zu seinen Schülern <strong>und</strong> Weggefährten in Frankfurt gehörten viele bekannte Rechtsmediziner, die später auch eigene Lehrstühle erlangten <strong>und</strong> Gerchow in diversen Ämtern nachfolgten (z.B. auch als Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin oder Herausgeber der Fachzeitschrift dieser Gesellschaft); genannt seien Adebahr, Grüner, Reinhardt, Staak <strong>und</strong> Schewe. 5