Gesamtes Livebook als PDF - Börsenblatt des deutschen ...
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Aus dem Antiquariat nf 10 (2012) nr. 1 Buchkunst<br />
selbst bestimmt. Auch ein anderer Brief an Axel<br />
Juncker verdeutlicht, wie klar die Vorstellungen<br />
sind, die rilke nun im hinblick auf die Gestaltung<br />
seiner Bücher hat:<br />
im ›Versacrum‹ [sic] ist mir ein heft gewidmet. heft<br />
21; haben sie es gesehen? es enthält drei dichtungen<br />
aus einem größeren Zusammenhang ›spiele‹. ich hätte<br />
es ihnen gern geschickt, aber der Buchschmuck ist so<br />
häßlich und das lesen <strong>des</strong> textes erschwerend, so<br />
sehr im Auswuchsstyle der wiener sezession, daß ich<br />
es ihnen nicht zumuthen darf. fünf Künstler haben<br />
an der ›Ausschmückung‹ dieses heftes recht rücksichtslos<br />
gearbeitet und es ist ein stark versalzener<br />
Brei herausgekommen. 29<br />
Obwohl rilke sehr zufrieden damit ist, wie<br />
Juncker auf seine Vorstellungen eingeht, bietet<br />
er seinen nächsten Gedichtband ›Buch der<br />
Bilder‹ am 12. Oktober 1901 Otto Julius Bierbaum<br />
für den insel-Verlag mit der Anmerkung<br />
an: »die Ausstattung denke ich mir ganz ohne<br />
Buchschmuck, groß, ernst, einfach.« 30 da Bierbaum<br />
im insel-Verlag nicht mehr zuständig war<br />
und sich das Projekt hinzieht, wendet sich rilke<br />
wieder an Juncker; erneut werden detaillierte<br />
Vorstellungen zur Ausstattung und zum druck<br />
<strong>des</strong> Buches entwickelt. Anfang dezember 1901<br />
schreibt rilke:<br />
An unser Gedichtbuch ›das Buch der Bilder‹ denke<br />
ich viel und habe Pläne, die sich mit den ihren, wie<br />
ich merke in manchem Punkte berühren. es wird ein<br />
sehr schönes Buch werden und ich habe mich noch<br />
auf keines so gefreut. es ist besser, wenn ich ihnen<br />
meinen Plan bezüglich dieses Buches, den ich auch<br />
mit h. Vogeler noch besprechen will, erst mittheile,<br />
bis die Wirrnis <strong>des</strong> Weihnachtsmarktes an ihnen vorübergezogen<br />
ist. Wir kommen dann darauf ausführlich<br />
zurück und gehen mit dem neuen Jahr an die<br />
neue Arbeit. 31<br />
Aberm<strong>als</strong> werden in zahlreichen Briefen themen<br />
zur Gestaltung erörtert. Angesprochen wird die<br />
Wahl <strong>des</strong> Papiers, der schrift, fragen <strong>des</strong> formats,<br />
<strong>des</strong> Bindens usw. der zentrale Punkt bei<br />
diesem Gedichtband ist die schrift:<br />
ich aber lege darauf gerade die Betonung, daß<br />
Gedichte in einer großen monumentalen, jeden<br />
Buchstaben klar für sich setzenden schrift gedruckt<br />
werden; […] das charakteristische von Versen [wird]<br />
am besten ausgedrückt durch das stehen, monumentalwerden<br />
auch der kleinsten Worte. es giebt nichts<br />
unwichtiges, nichts unfestliches da. Je<strong>des</strong> Wort, das<br />
mitgehen darf im triumpfzug <strong>des</strong> Verses, muß<br />
schreiten und das Kleinste darf dem größten nicht<br />
nachstehen an äußerer Würde und schönheit. 32<br />
im Brief rilkes an Juncker vom 6. februar 1902<br />
werden detaillierte Anweisungen und Wünsche<br />
zur Gestaltung <strong>des</strong> umschlags, zum einband-<br />
und Vorsatzpapier und zum satz gemacht;<br />
außerdem heißt es:<br />
da auch hier wieder das Prinzip, von welchem ich<br />
ihnen schon einmal gesprochen habe, eingehalten<br />
werden soll, – die äußere seite möglichst einfach und<br />
schmucklos zu halten. dagegen hat Vogeler für das<br />
innere titelblatt eine wunderschöne Vignette<br />
ge zeichnet, die für dieses und (in entsprechender<br />
Größe) für alle meine künftigen Bücher gelten soll.<br />
ich habe schon clichés in zwei Größen herstellen<br />
lassen, um ihnen ehestens Probedrucke senden zu<br />
können. die Anordnung dieses titelblattes (<strong>des</strong><br />
inneren, weißen <strong>als</strong>o) wäre dann etwa diese:<br />
[es folgt eine skizze]<br />
Außer dieser sehr schönen Vignette, die weniger<br />
Buchschmuck, <strong>als</strong> vielmehr eine Art Buchmarke sein<br />
soll, und nach meiner Angabe entstanden ist, kommt<br />
kein Buchschmuck vor. Größte einfachheit! die<br />
große type, gutes Papier. 33<br />
Auf Vorgaben rilkes hin <strong>als</strong>o hatte Vogeler<br />
einen springbrunnen für die titelseite der erstausgabe<br />
gezeichnet: ein mehrstrahliger Brunnen<br />
wird von Bäumen und rankenden rosenstöcken<br />
symmetrisch eingerahmt. in mehreren Gedichten<br />
(z. B. ›Von den fontänen‹, 1900; ›römische<br />
fontäne‹, 1906) rilkes taucht eine fontäne auf,<br />
Vignette Vogelers.<br />
In: Rilke, Buch<br />
der Bilder, 1902<br />
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