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Gesamtes Livebook als PDF - Börsenblatt des deutschen ...

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Aus dem Antiquariat nf 10 (2012) nr. 1 Buchkunst<br />

in einem Brief an seine mutter wird noch ein<br />

weiterer Grund für den Aufenthalt im Barkenhoff<br />

genannt: »heinrich Vogeler hat uns eingeladen<br />

dort für zwei monate seine Gäste zu sein.<br />

[…] zwei monate so gut wie umsonst zu leben,<br />

ist jetzt für uns das Wichtigste.« 48 später schreibt<br />

er: »Wir sind hier in Worpswede von heinrich<br />

Vogeler sehr gut aufgenommen worden und fangen<br />

an, uns ein wenig zu erholen.« 49 doch zwei<br />

tage zuvor hatte er lou Andreas-salomé mit geteilt:<br />

»Aber so still wie einst ist es nicht mehr auf<br />

dem Barkenhoff. Vogelers blonde frau wartet<br />

auf ihre zweite niederkunft und im Garten<br />

zwitschert die blasse kleine marie-luise Vogeler,<br />

die so alt ist wie ruth, aber viel zarter und<br />

kränklicher <strong>als</strong> sie.« 50 die Geburt der zweiten<br />

tochter erfolgte am 4. August.<br />

in einem ein paar tage später geschriebenen<br />

Brief werden der Wandel der inneren einstellung<br />

zu Vogeler und die begonnene entfremdung<br />

deutlich:<br />

Bei Vogelers ist wieder ein ganz kleines Kind, ein<br />

mädchen; und es wird einen altmodischen blassen<br />

namen haben, helene Bettina, und, wenn es sich<br />

nicht wehrt, wird es aufwachsen zu einem leben,<br />

das längst vergangen sein könnte. und es wird<br />

immer kleiner um heinrich Vogeler, sein haus zieht<br />

sich um ihn zusammen und füllt sich mit Alltag aus,<br />

mit Zufriedenheit, mit conventionen und mit trägheiten,<br />

so daß nichts unerwartetes mehr geschieht<br />

[…] und heinrich Vogelers Kunst wird unsicher,<br />

verliert immer mehr an Anschauung und sicherheit<br />

und ist ganz auf den Zufall einer spielerischen erfindung<br />

gestellt die sich von den dingen entfernt. […]<br />

heinrich Vogeler brauchte ein festes, stetes haus;<br />

aber jetzt, da es eigentlich voll und fertig ist [,] wächst<br />

es weiter in den Alltag hinein; und er empfindet<br />

nicht, daß es schwer wird. 51<br />

Wohl auch die enttäuschung, dass die sehnsucht<br />

nach ruhe und einem sorgenfreien Aufenthalt<br />

nicht in erfüllung gehen konnten, spielte bei<br />

diesen formulierungen mit. rilke fühlt sich angekommen<br />

in der rolle <strong>als</strong> einsamer Künstler<br />

ohne haus und ohne Bindung, nur seinem Werk<br />

verpflichtet. darüber hinaus wird der einfluss<br />

der Arbeitsauffassung rodins (»il faut travailler,<br />

rien que travailler«) ihn darin bestärkt haben.<br />

rilke kommt in den nächsten Jahren nach<br />

dem sommer von 1903 mehrfach nach Worps-<br />

wede – abgesehen von Besuchen in Oberneuland,<br />

um seine tochter zu sehen –, z. B. ende<br />

1904 bis ende februar 1905. Auch von Ostern<br />

1905 (23./24. April) bis zum 12. Juni 1905 hält er<br />

sich in Worpswede auf. seine frau hatte ihr Atelier<br />

in Oberneuland aufgegeben und nun eins in<br />

Worpswede in der hoffnung gemietet, dort<br />

schülerinnen zu finden. Bei diesem Aufenthalt<br />

besucht rilke Vogeler, um sich mit ihm wegen<br />

<strong>des</strong> ›stundenbuchs‹ zu beraten. 52<br />

Am 18. dezember 1905 reist rilke von frankreich<br />

über Brüssel erneut nach Worpswede, um<br />

clara zu besuchen. clara arbeitet zu diesem<br />

Zeitpunkt an einem leider verschollenen ton-<br />

oder Gipsmodell von ruth. Am 5. Januar 1906<br />

geht es zurück zu rodin nach meudon. Während<br />

einer Vortragsreise (rodin) im märz 1906<br />

hält sich rilke nur kurz in Worpswede auf, da er<br />

wegen <strong>des</strong> to<strong>des</strong> seines Vaters nach Prag weiterreisen<br />

muss. im Oktober 1906 sind Vogelers in<br />

Paris; doch konnten sie rilke nicht treffen, denn<br />

er war in dieser Zeit in Berlin.<br />

Von Anfang dezember 1907 bis zum<br />

18. februar 1908 befindet rilke sich in Oberneuland.<br />

Ob er bei dieser Gelegenheit auch im<br />

Barkenhoff war, ist unklar. Anlass für den Aufenthalt<br />

war der tod Paula modersohn-Beckers<br />

am 20. november 1907, der ihn sehr getroffen<br />

hatte. 53 Knapp ein Jahr später schreibt er für sie<br />

sein ›requiem. für eine freundin‹. Vom 9. Juli<br />

bis 10. August 1910 ist rilke zum letzten mal<br />

bei frau und tochter in Oberneuland. Am<br />

3. August besucht er von dort aus die familie<br />

Vogeler in Worpswede. er schenkt frau Vogeler<br />

seinen ›malte‹ mit der Widmung: »frau martha<br />

Vogeler herzlich und freundschaftlich beim<br />

Wiedersehn nach lange. Worpswede, am<br />

3. August 1910. rmr.« 54 es ist der letzte Barken -<br />

hoff-Besuch.<br />

Während seines Paris-Aufenthalts von 1911<br />

besucht Vogeler häufig den louvre, um unter<br />

anderem die Kunst der Ägypter und Babylonier<br />

zu studieren. er sieht rilke bei diesem Aufenthalt<br />

ein paar mal. seiner mutter schreibt rilke:<br />

»mein alter freund heinrich Vogeler aus<br />

Worpswede ist jetzt hier mit seiner frau, da er<br />

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