- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...
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Gestaltungsprinzip des poetischen Textes, das die Poesie „bis zur Höhe <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong><br />
erheben― kann. Die sokratische Ironie solle also Poesie <strong>und</strong> <strong>Philosophie</strong> vereinigen.<br />
Diese Tendenz zur Einheit von <strong>Esoterik</strong> <strong>und</strong> <strong>Exoterik</strong> (entsprechend <strong>der</strong> Einheit von <strong>Philosophie</strong><br />
<strong>und</strong> Poesie) kennzeichnet auch das Konzept <strong>der</strong> <strong>„neuen</strong> <strong>Mythologie</strong>― in <strong>der</strong> Rede über die<br />
<strong>Mythologie</strong>, die im Gespräch über die Poesie (1800) von einem Gesprächspartner namens Ludoviko<br />
gehalten wird. Im Gespräch weist die Bezugnahme nicht nur auf Spinoza <strong>und</strong> Jacob Böhme,<br />
son<strong>der</strong>n auch auf „die Eleusinischen Mysterien― <strong>und</strong> „das orphische Fragment― darauf hin, dass<br />
Schlegel unter <strong>der</strong> <strong>„neuen</strong> <strong>Mythologie</strong>― ein Unternehmen versteht, in <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne aus <strong>der</strong><br />
<strong>Philosophie</strong> die Mystik wie<strong>der</strong> herzustellen, also die Umkehrung jenes Prozesses, in dem aus <strong>der</strong><br />
antiken Mystik die griechische <strong>Philosophie</strong> hervorgetreten war. In <strong>der</strong> <strong>„neuen</strong> <strong>Mythologie</strong>― soll aber,<br />
im Gegensatz zur antiken Trennung des Esoterischen <strong>und</strong> Exoterischen, die philosophische Lehre<br />
des Idealismus, die aus <strong>der</strong> Rückkehr des Geistes in sich selbst herkommt, mit <strong>der</strong> poetischen<br />
Natursymbolik des Realismus, die aus seinem Heraustreten aus sich entsteht <strong>und</strong> „ein erstes<br />
Ursprüngliches <strong>und</strong> Unnachahmliches― andeutet, verb<strong>und</strong>en werden.<br />
Im Konzept <strong>der</strong> <strong>„neuen</strong> <strong>Mythologie</strong>― ist dabei jedoch eine Ambivalenz anzutreffen: Ludoviko<br />
bestimmt sie einerseits als Produkt <strong>der</strong> wechselseitigen Ergänzung <strong>der</strong> Kreativität <strong>der</strong> autonomen<br />
Künstler <strong>und</strong> verlangt von seinen Fre<strong>und</strong>en unbeschränkte Entwicklung ihrer „Individualität― <strong>und</strong><br />
„Originalität―; er fühlt an<strong>der</strong>erseits „den geistigen Hauch [<strong>der</strong> neuen <strong>Mythologie</strong>] wehen― bloß „in<br />
<strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Fre<strong>und</strong>e―, also in einem kleinen intimen Kreis genialer Künstler, nicht in <strong>der</strong><br />
literarischen Öffentlichkeit. Diese Ambivalenz <strong>der</strong> <strong>„neuen</strong> <strong>Mythologie</strong>― ergibt sich daraus, dass die<br />
Sprachpraxis <strong>der</strong> Jenaer Frühromantik, die, <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Einheit von <strong>Esoterik</strong> <strong>und</strong> <strong>Exoterik</strong> ebenso<br />
wie von <strong>Philosophie</strong> <strong>und</strong> Poesie folgend, Formen wie Ironie, Witz <strong>und</strong> Fragment verwandte, von<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit abgelehnt wurde, so dass es ihr nicht gelang, ihre Ambition einer breiteren<br />
Zugänglichkeit zu verwirklichen.<br />
Dieser Konflikt <strong>der</strong> Romantiker mit <strong>der</strong> Öffentlichkeit wird im sarkastischen Essay Über die<br />
Unverständlichkeit (1800) dokumentiert. Dort verteidigt sich Schlegel emphatisch gegen die Kritik<br />
an <strong>der</strong> „Unverständlichkeit― <strong>der</strong> Ironie <strong>und</strong> erwartet in <strong>der</strong> Zukunft Leser, „die lesen können―, d.h.<br />
die die Unverständlichkeit des Textes anerkennen <strong>und</strong>, wie es im Lyceums-Fragment Nr. 20 heißt,<br />
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