24.02.2013 Aufrufe

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die Funktion <strong>der</strong> Cäsur ist es insofern nicht bloß die Handlung abzuschneiden, son<strong>der</strong>n mehr noch,<br />

die erste <strong>und</strong> zweite Hälfte <strong>der</strong> Handlung zu verbinden. Erst mit <strong>der</strong> Cäsur wird <strong>der</strong> Rhythmus <strong>der</strong><br />

tragischen Form erhalten <strong>und</strong> sie macht diesen Rhythmus wahrnehmbar. Die Cäsur als Konjunktion<br />

bezieht sich nämlich auf zwei Rhythmen ― den <strong>der</strong> Handlung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geschichte.<br />

In diesem sachlichen Zusammenhang wird nun eine typische Konjunktion, »<strong>und</strong>«, analysiert. Sie<br />

konstituiert den Titel <strong>der</strong> Elegie „Brot <strong>und</strong> Wein― definitiv., In dieser kleinen Partikel konvergiert<br />

die höl<strong>der</strong>linsche Geschichtsanschauung. Dieses »<strong>und</strong>« bewirkt den Rhythmus <strong>der</strong> Geschichte<br />

zwischen <strong>der</strong> Antike <strong>und</strong> <strong>der</strong> Neuzeit. An<strong>der</strong>s gesagt verbindet <strong>der</strong> Rhythmus selbst diese beiden.<br />

Die Kombination <strong>der</strong> Worte „Brot― <strong>und</strong> „Wein― assoziiert nichts an<strong>der</strong>es als Körper <strong>und</strong> Blut<br />

Christi. Trotzdem erscheinen in diesem Gedicht keine Verse, die unmittelbar auf das Sakrament<br />

hinweisen. Absichtlich hat Höl<strong>der</strong>lin diesen Titel gewählt, <strong>der</strong> die Erwartung <strong>der</strong> Leser präformiert.<br />

Umso mehr ist danach zu fragen, was dieses »<strong>und</strong>« bedeutet. Diese Frage ist von großer Tragweite,<br />

denn sie enthält sowohl die Höl<strong>der</strong>lin höchst eigentümliche Problematik <strong>der</strong> Fügung <strong>der</strong> Wörter, als<br />

auch die seiner Geschichts- bzw. Mythosanschauung. In <strong>der</strong> Elegie „Brot <strong>und</strong> Wein― ist die<br />

Geschichtsanschauung Höl<strong>der</strong>lins am deutlichsten markiert <strong>und</strong> hier sind „Brot― <strong>und</strong> „Wein― als<br />

mythische Bil<strong>der</strong> dargestellt.<br />

Diese Bil<strong>der</strong> sind aber ganz entfernt von <strong>der</strong> authentisch-christlichen Lehre platziert. Höl<strong>der</strong>lin<br />

fügt nämlich zwischen „Brot― <strong>und</strong> „Wein― einige Verse ein, die auf den Mythos von Dionysos<br />

anspielen, indem er die Antikes assoziierenden Wörter wie „Tag―, „Licht― usw. verwendet. Damit<br />

bindet er diese beiden Bil<strong>der</strong> zusammen.<br />

Sie haben noch an<strong>der</strong>e wichtige Bedeutung. „Brot― symbolisiert die Antike, „Wein― das<br />

christliche Zeitalter. Die „Spur <strong>der</strong> entflohenen Götter―, die <strong>der</strong> „Weingott― uns, den<br />

„Götterlosen― bringt, ist Wein, <strong>und</strong> zwar die Geistigkeit. Höl<strong>der</strong>lin stellt das Zeitalter nach dem Tod<br />

Christi als die geistige Zeit dar. Wie sich diese Geschichtsanschauung in ihm vertieft hat, ist darin<br />

angezeigt, dass er in seinen späten Werken dem Wort „Gott― das Wort „Geist― vorzieht. Die<br />

„Nacht―-Zeit ist keine Zeit des Brotes, son<strong>der</strong>n die des Weines. Die Konjunktion „<strong>und</strong>― im Titel <strong>der</strong><br />

Elegie stellt nicht nur die beiden Wörter ,„Brot― <strong>und</strong> „Wein― nebeneinan<strong>der</strong>. Sie verbindet das Bild<br />

„Brot―, das zur konkreten Zeit <strong>der</strong> Griechen gehört, mit dem Bild „Wein―, das in den<br />

christlich-abstrakten Kontext gehört. Dieses »<strong>und</strong>« bedeutet also: „Brot― <strong>und</strong> dann kommt „Wein―.<br />

- 24 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!