24.02.2013 Aufrufe

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

- 1 - Mythologie und Philosophie: Esoterik und Exoterik der „neuen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

― Zur Bedeutung <strong>der</strong> narrenhaften Perspektive im Faust ―<br />

- 20 -<br />

Iwao TANAKA<br />

In einigen bedeutenden Faust-Kommentaren <strong>und</strong> -Forschungen <strong>der</strong> letzten Jahre, wie bei A.<br />

Schöne, U. Gaier <strong>und</strong> J. Schmidt, ist auf die Beson<strong>der</strong>heit von Goethes Faust hingewiesen worden.<br />

So macht Gaier auf die Vieldimensionalität des Textes aufmerksam, <strong>der</strong> viele Perspektiven als<br />

Sinnschichten in sich enthalte, <strong>und</strong> führt demnach sieben thematisch verschiedene „Lesarten― vor.<br />

Dieser neue Ansatz ist bemerkenswert, ihm fehlt jedoch fast ganz <strong>der</strong> Blick auf das Scherzhafte als<br />

konstitutives Element des Textes, was auch bei Schöne <strong>und</strong> bei Schmidt <strong>der</strong> Fall ist. Goethe hat in<br />

seinem letzten Brief an Humboldt den Faust als „diese sehr ernsten Scherze― bezeichnet, <strong>und</strong> ein<br />

Paralipomenon zum „Vorspiel auf dem Theater― lautet: „Und wenn <strong>der</strong> Narr durch alle Szenen läuft,<br />

/ So ist das Stück genug verb<strong>und</strong>en.― Mit dem „Stück― ist selbstverständlich Faust selbst gemeint,<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> „Narr― kann nur Mephisto sein. Goethe erteilt dem Narren Mephisto die Aufgabe, das<br />

Ganze zusammenzuhalten. Wenn man Mephisto als Narren <strong>und</strong> das Scherzhafte für den Faust als<br />

konstitutiv auffasst, werden neue Horizonte <strong>der</strong> Faust-Interpretation eröffnet. Im vorliegenden<br />

Aufsatz soll herausgearbeitet werden, dass gerade die narrenhafte Perspektive <strong>der</strong> „ernsten<br />

Scherze― die Vieldeutigkeit <strong>und</strong> Vielschichtigkeit des Textes bewirkt <strong>und</strong> zugleich das ganze Stück<br />

zusammenhält.<br />

Als Hintergr<strong>und</strong> des Narren Mephisto sind einige Elemente zu nennen: die komische Tradition<br />

des Faust-Stoffes im Volksbuch <strong>und</strong> Puppenspiel, die nahe Verwandtschaft des „Urfaust― mit Farcen<br />

<strong>und</strong> Schwänken, die teuflische Herkunft des Narren im geistlichen Spiel des Mittelalters <strong>und</strong> vor<br />

allem die Tradition <strong>der</strong> barocken Theaterkunst, <strong>der</strong> geistlichen Bühne <strong>und</strong> <strong>der</strong> Commedia dell’arte.<br />

Als Herkunft des Narren Mephisto kann man nicht eine einzige benennen, da hier verschiedene<br />

komische Traditionen miteinan<strong>der</strong> verschmelzen. Bemerkenswert ist aber die Tatsache, dass sich<br />

Goethe gerade in den Jahren um 1800 des Narren Mephisto methodisch bewusst wurde, als er drei<br />

Prologe zum Faust konzipierte.<br />

Wörter wie Schalk, Narr <strong>und</strong> Narrheit usw. werden erst in den um 1800 entstandenen Textpartien

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!