25.02.2013 Aufrufe

Inhalt Ausgabe 54.indd - beim Hebelbund Lörrach

Inhalt Ausgabe 54.indd - beim Hebelbund Lörrach

Inhalt Ausgabe 54.indd - beim Hebelbund Lörrach

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Güte, und stehen viel bewährte Mittel darin gegen den Aberglauben und gegen<br />

die Sünde, und die Sterne sind die goldenen Buchstaben in dem Buch. Aber es<br />

ist arabisch, man kann es nicht verstehen, wenn man keinen Dolmetscher hat.<br />

Wer aber einmal in diesem Buch lesen kann, in diesem Psalter, und liest darin,<br />

dem wird hernach die Zeit nimmer lang, wenn er schon bei Nacht allein auf<br />

der Straße ist, und wenn ihn die Finsternis verführen will, etwas Böses zu tun,<br />

er kann nimmer.“<br />

Man muss also, wie Hebel behauptet, dieses große Buch der Natur mit seinen<br />

Hieroglyphen nur richtig zu übersetzen wissen, um sich in diesem Kosmos<br />

erneut geborgen fühlen zu können. Nur darf man dann Naturwissenschaft und<br />

Glaube nicht als Gegensätze empfinden. Was für andere zunehmend auseinanderzuklaffen<br />

droht und zu einer Frage des Entweder-Oder gerät, das gehört für<br />

Hebel nach wie vor ganz selbstverständlich zusammen, als könne er überhaupt<br />

nicht verstehen, welche Probleme durch das kopernikanische Weltbild auf einmal<br />

zwischen Himmel und Erde, Vernunft und Gefühl, Frömmigkeit und Aufklärung<br />

entstehen sollten. So wie Hebel seinen Bauern und Handwerkern das neue<br />

Weltbild ausdeutet, gewinnt man den Eindruck, dass Gott das Universum nicht<br />

besser hätte einrichten können. Ganz anders als Pascal erblickt er dort draußen<br />

keine grausige Unendlichkeit, sondern er knüpft nochmals ungebrochen an die<br />

griechische Bedeutung des Wortes Kosmos an, das – wie es noch in unserem<br />

Wort Kosmetik nachklingt - nichts anderes als Schmuck, Glanz und Schönheit<br />

bedeutet. Wenn er den Gang der Planeten und die Konstellation von Erde, Mond<br />

und Sonne erklärt, könnte einem schon deshalb warm ums Herz werden, weil<br />

dabei das Fernste so traulich wie das Nächste erscheint. Da er von zerstörten<br />

Ozonschichten noch nichts wissen kann, gelten ihm Sonne und Erde als Nachbarn,<br />

die „untereinander in guter Freundschaft leben“ und dafür sorgen, dass<br />

„aus ihrer Liebe zueinander Tag und Nacht Märzveilchen, Erntekränze, Wein<br />

und gefrorene Fensterscheiben entstehen.“<br />

Unsere Welt ist für ihn nicht dadurch entzaubert, dass sie aus dem Mittelpunkt<br />

des Alls gerückt ist. Ganz im Gegenteil versichert er seinen Lesern, so wie<br />

Kopernikus sie erkläre, seien die kosmischen Zusammenhänge jetzt „viel<br />

einfacher“ zu verstehen. Dabei wissen wir aus einem Brief, den Hebel am 24.<br />

März 1812 an Michael Friedrich Will schrieb, wie schwer es ihm gefallen ist,<br />

diese nicht ganz unkomplizierten Dinge in eine allgemein verständliche Sprache<br />

zu übersetzen, zumal es – so lesen wir da – „ein besonderes Stück Arbeit“ sei,<br />

„dem gemeinen Mann ohne alle Terminologie so etwas deutlich zu machen, was<br />

man selber nicht deutlich weg“ habe. Allerdings geht es Hebel um weit mehr<br />

als ein bloßes Vereinfachen. Sonst würde er ja nicht gleich zu Anfang von der<br />

„göttlichen Allmacht und Güte“ reden und seine erzählerische Veranschaulichung<br />

des kopernikanischen Himmelssystems auch nicht als Predigt ausweisen.<br />

6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!