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KZVB<br />
BZB März 11 Praxis<br />
Was macht eigentlich ...?<br />
Professor Dr. Johannes Einwag<br />
Johannes Einwag war von 1982 bis 1991 Oberarzt<br />
an der Universität Würzburg. Seit 1992 ist er Direktor<br />
des Zahnmedizinischen Fortbildungszentrums<br />
Stuttgart. Außerdem ist er Fortbildungsreferent der<br />
Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg <strong>und</strong><br />
Vorsitzender der Gesellschaft für Präventive Zahnheilk<strong>und</strong>e.<br />
Mit Einwag sprach Dr. Michael Gleau,<br />
KZVB-Referent für Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Dr. Gleau: Wie hat Sie die Zeit in Würzburg beeinflusst?<br />
Was vermissen Sie am meisten?<br />
Prof. Dr. Einwag: Die Zeit an der ZMK-Klinik in<br />
Würzburg war die, bezogen auf meine fachliche<br />
Ausrichtung, prägende Zeit meiner beruflichen<br />
Laufbahn. Prof. Dr. Rudolf Naujoks, mein entscheidender<br />
akademischer Lehrer, hatte seinerzeit in<br />
Würzburg den Sonderforschungsbereich „Biologie<br />
der M<strong>und</strong>höhle“ etabliert. Mit einer unglaublichen<br />
Weitsicht hatte er bereits in den 70er-Jahren ein<br />
interdisziplinäres Team aus Zahnmedizinern, Mikrobiologen,<br />
Pharmakologen, Biochemikern, Physikern,<br />
Chemikern, Tierärzten <strong>und</strong> so weiter zusammengestellt,<br />
das sowohl Gr<strong>und</strong>lagen- als auch<br />
anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet<br />
der präventiven Zahnheilk<strong>und</strong>e leistete. Die in einem<br />
derartigen Team alltäglichen – in der Regel<br />
weit über den Tellerrand der Zahnheilk<strong>und</strong>e hinausblickenden<br />
– umfassenden Gespräche haben<br />
meine Gedankenwelt stark beeinflusst.<br />
Dr. Gleau: Was war das schönste beziehungsweise<br />
unangenehmste Erlebnis während Ihrer Zeit an der<br />
Würzburger Uni?<br />
Prof. Dr. Einwag: Das schönste Erlebnis: privat:<br />
Ich habe meine Frau kennengelernt – in diesem<br />
Jahr feiern wir unseren 30. Hochzeitstag. Beruflich:<br />
Der Abschluss meiner Habilitation im Januar<br />
1986 <strong>und</strong> die Wahl zum Vorsitzenden der Gesellschaft<br />
für Kinderzahnheilk<strong>und</strong>e in einer Zeit des<br />
Umbruchs (von 1986 bis 1991), die enorme Chancen<br />
mit sich brachte. Um nur zwei (völlig unterschiedliche)<br />
Ebenen zu nennen: Die Wiedervereinigung<br />
mit ihren Konsequenzen zum Beispiel für die<br />
Approbations- <strong>und</strong> Prüfungsordnung <strong>und</strong> die Herausforderungen,<br />
Fachgesellschaften unterschied-<br />
Foto: privat<br />
licher Tradition aus Ost<br />
<strong>und</strong> West zusammenzuführen<br />
sowie die Einführung<br />
präventiver Leistungen<br />
(IP-Leistungen)<br />
in den BEMA. Hier bestandenGestaltungsspielräume!<br />
Das unangenehmste Erlebnis:<br />
Die Erfahrung,<br />
dass die fachlich unum-<br />
Professor Dr. Johannes Einwag<br />
strittene <strong>und</strong> auch bei<br />
jeder Gelegenheit von<br />
den Ges<strong>und</strong>heitspolitikern immer gerne artikulierte<br />
Bedeutung der Prävention für den Erhalt der<br />
Zahnges<strong>und</strong>heit sich nicht in den Strukturen der<br />
Hochschule widerspiegelt. Bis heute existieren keine<br />
Lehrstühle für präventive Zahnheilk<strong>und</strong>e! Eine<br />
entsprechende Initiative des Landesges<strong>und</strong>heitsrates<br />
Bayern Ende der 80er-Jahre, ausgehend von<br />
der BLZK <strong>und</strong> den gesetzlichen Krankenkassen, in<br />
der die Einführung von Lehrstühlen für präventive<br />
Zahnheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Parodontologie gefordert<br />
wurde, wurde seinerzeit durch den Einfluss einiger<br />
Hochschullehrer zunichte gemacht. Eine verpasste<br />
Chance!<br />
Dr. Gleau: Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen<br />
Kollegen <strong>und</strong>/oder Studenten aus Ihrer Würzburger<br />
Zeit? Wenn ja, mit wem?<br />
Prof. Dr. Einwag: Bedingt durch meine Tätigkeit<br />
als Fortbildungsreferent der Landeszahnärztekammer<br />
Baden-Württemberg in Stuttgart <strong>und</strong> meine<br />
standespolitischen Aktivitäten habe ich vielfältige<br />
Kontakte zu einer großen Zahl meiner ehemaligen<br />
Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, Doktoranden <strong>und</strong><br />
Studenten. Außerdem wohne ich nach wie vor in<br />
Würzburg. Den Kontakt zu den meisten meiner<br />
ehemaligen Würzburger Kollegen habe ich daher<br />
nie verloren. Es fällt mir daher schwer, einige besonders<br />
hervorzuheben. Besonders intensive Kontakte<br />
verbinden mich aktuell – aufgr<strong>und</strong> gemeinsamer<br />
Aktivitäten im Fortbildungsbereich – mit<br />
Priv.-Doz.Dr.Dr. J. Bill, Dr.Manuel Eichinger, Dr.Herbert<br />
Michel <strong>und</strong> Priv.-Doz.Dr. Gregor Petersilka.
Dr. Gleau: Welches Buch lesen Sie derzeit?<br />
Prof. Dr. Einwag: Ich lese gerne <strong>und</strong> viel – häufig<br />
parallel. Aktuell „verschlinge“ ich gerade die<br />
„Bauchentscheidungen“ von Gerd Gigerenzer! Die<br />
Ergebnisse der modernen „Hirn-Bauchforschung“<br />
sind wirklich faszinierend – auch in ihren Konsequenzen<br />
für den Alltag.<br />
Dr. Gleau: Wie sehen Sie die künftige Entwicklung der<br />
Zahnmedizin <strong>und</strong> was wünschen Sie sich für die Zukunft<br />
des zahnärztlichen Berufsstandes?<br />
Prof. Dr. Einwag: Fachlich scheint die gr<strong>und</strong>legende<br />
Strategie vorgegeben: Abweichungen vom<br />
„Ges<strong>und</strong>en“ werden durch neue Diagnoseverfahren<br />
frühzeitiger als bisher erkannt – präventive/<br />
therapeutische Eingriffe erfolgen in einem Stadium,<br />
das eine weitgehende Restitutio ad integrum<br />
ermöglicht – sowohl was Erkrankungen der Zahnhartsubstanz<br />
als auch der Weichgewebe betrifft.<br />
Eine verstärkte „Digitalisierung der Zahnmedizin“<br />
ist in diesem Zusammenhang zu erwarten. Was<br />
den Berufsstand betrifft: Dieser wird mittelfristig<br />
ganz entscheidend von folgenden Faktoren geprägt<br />
sein:<br />
1. der demografischen Entwicklung (die Menschen<br />
werden älter),<br />
2. dem enormen Kostendruck im Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />
3. dem Mangel an Fachkräften <strong>und</strong><br />
4. der Feminisierung des Berufsstandes.<br />
Der Zahnarzt in der Einzelpraxis, wie wir ihn kennen,<br />
ist angesichts dieser Entwicklungen ein Aus-<br />
Praxis BZB März 11 <strong>49</strong><br />
laufmodell. Die Zukunft liegt in „zahnmedizinischen<br />
Versorgungszentren“ – ob uns das passt oder<br />
nicht. Ich gehe im Übrigen auch davon aus, dass<br />
es zu einer Differenzierung des Berufsbildes Zahnarzt<br />
kommen wird, spätestens dann, wenn die Sicherstellung<br />
einer dem individuellen Erkrankungsrisiko<br />
angemessenen Versorgung auf der Fläche<br />
nicht mehr gewährleistet werden kann. Beispiele<br />
im Ausland existieren bereits – nicht weit weg, sondern<br />
direkt vor unserer Haustüre im europäischen<br />
Ausland. Wir leben in spannenden Zeiten! Mein<br />
Wunsch ergibt sich daher eigentlich von selbst: Ich<br />
wünsche mir, dass der Berufsstand im Interesse der<br />
Patienten <strong>und</strong> seiner Mitglieder mit seinem Potenzial<br />
an fachlicher, kommunikativer <strong>und</strong> sozialer<br />
Kompetenz kreativ die Chancen nutzt, die sich aus<br />
derartigen Konstellationen ergeben! Dann ist mir<br />
auch um die Zukunft nicht bange.<br />
Dr. Gleau: Herr Professor Einwag, ich bedanke mich<br />
für das Gespräch.<br />
Wollen Sie wissen, was Ihr ehemaliger Professor, Oberarzt<br />
oder ein ehemaliger Standespolitiker heute macht? Dann<br />
schreiben Sie an folgende Adresse:<br />
Kassenzahnärztliche<br />
Vereinigung Bayerns (KZVB)<br />
Dr. Michael Gleau<br />
Fallstraße 34<br />
81369 München<br />
Fax: 089 72401-276<br />
E-Mail: presse@kzvb.de<br />
KZVB<br />
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