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Un seul monde Un solo mondo Eine Welt - Deza - admin.ch

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20<br />

Eglantina Gjermeni,<br />

35, ist Direktorin des<br />

Frauenzentrums Tirana<br />

und Dozentin an der<br />

Fakultät für Sozialarbeit<br />

der <strong>Un</strong>iversität Tirana.<br />

Na<strong>ch</strong> dem <strong>Un</strong>iversitätsabs<strong>ch</strong>luss<br />

in den USA<br />

kehrte sie na<strong>ch</strong> Tirana<br />

zurück um si<strong>ch</strong> dort für<br />

die Glei<strong>ch</strong>stellung der<br />

Frauen zu engagieren.<br />

<strong>Un</strong>ter anderem arbeitete<br />

sie in einem Beratungszentrum<br />

für missbrau<strong>ch</strong>te<br />

Frauen und Mäd<strong>ch</strong>en<br />

und spezialisierte si<strong>ch</strong> in<br />

Traumatherapie und<br />

Gender-Fragen. Heute<br />

gibt sie Vorlesungen und<br />

Seminare zur Gender-<br />

Thematik und zu vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Berei<strong>ch</strong>en der<br />

Sozial-arbeit. Sie ist verheiratet<br />

und teilt si<strong>ch</strong> mit<br />

ihrem Mann die Hausarbeit<br />

und die Erziehung des<br />

gemeinsamen Sohns.<br />

<strong>Eine</strong> <strong>Welt</strong> Nr.2 / Juni 2003<br />

Stimme aus... Albanien<br />

Nett, freundli<strong>ch</strong>, hilfsbereit und mütterli<strong>ch</strong>...<br />

Albanien ist mit enormen sozialen Problemen<br />

konfrontiert wie Armut, Arbeitslosigkeit, häusli<strong>ch</strong>er<br />

Gewalt und au<strong>ch</strong> Frauen- und Mäd<strong>ch</strong>enhandel.<br />

<strong>Eine</strong> der Ursa<strong>ch</strong>en dafür ist die <strong>Un</strong>glei<strong>ch</strong>stellung<br />

der Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter. Sie beginnt s<strong>ch</strong>on kurz na<strong>ch</strong> der<br />

Empfängnis. Ist eine Frau s<strong>ch</strong>wanger, wüns<strong>ch</strong>t sie<br />

si<strong>ch</strong> einen Sohn. Früher wurden Frauen, die keine<br />

Söhne zur <strong>Welt</strong> bra<strong>ch</strong>ten, von ihrer Familie vera<strong>ch</strong>tet,<br />

bestraft oder sogar misshandelt.<br />

Bis heute haben Redensarten überlebt wie «meine<br />

Frau hat mir einen Jungen ges<strong>ch</strong>enkt» und «meine<br />

Frau hat für mi<strong>ch</strong> einen Jungen zur <strong>Welt</strong> gebra<strong>ch</strong>t».<br />

Heute, da man die entspre<strong>ch</strong>enden Geräte<br />

zur Verfügung hat, mö<strong>ch</strong>ten vor allem Männer aus<br />

ländli<strong>ch</strong>en Gebieten das Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t des werdenden<br />

Kindes vor dessen Geburt kennen.<br />

Relativ häufig wird eine Frau zur Abtreibung gezwungen,<br />

wenn ihr Mann erfährt, dass das <strong>Un</strong>geborene<br />

ein Mäd<strong>ch</strong>en ist. Kommt ein Kind als<br />

Mäd<strong>ch</strong>en auf die <strong>Welt</strong>, läuft es Gefahr, in den<br />

Entbindungsstationen albanis<strong>ch</strong>er Spitäler aufgrund<br />

seines Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ts verna<strong>ch</strong>lässigt zu werden.<br />

In der Familie setzt si<strong>ch</strong> das fort. <strong>Un</strong>glückli<strong>ch</strong>erweise<br />

sind es in erster Linie die Mütter, die auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

ihre Tö<strong>ch</strong>ter dazu erziehen, die<br />

Hausarbeit zu erledigen, während sie ihre Söhne<br />

verehren und ihnen beibringen, dass sie keine<br />

«weibli<strong>ch</strong>en» Arbeiten zu verri<strong>ch</strong>ten haben.<br />

Mäd<strong>ch</strong>en hingegen lernen früh, dass sie ohne<br />

Mann weniger wert sind. Ihnen gegenüber äussert<br />

man Wüns<strong>ch</strong>e wie: «I<strong>ch</strong> hoffe, dass du einmal<br />

einen netten Mann heiratest, damit du glückli<strong>ch</strong><br />

wirst» oder «i<strong>ch</strong> wüns<strong>ch</strong>e dir Glück, damit du einmal<br />

Silvia Voser / DEZA<br />

einen guten Mann bekommst».<br />

Die Klis<strong>ch</strong>eevorstellungen und die Erwartungen<br />

von Familie und Gesells<strong>ch</strong>aft lassen die jungen<br />

Frauen zudem spüren, dass sie nett, freundli<strong>ch</strong>,<br />

hilfsbereit und mütterli<strong>ch</strong> zu sein haben. Dies<br />

wirkt si<strong>ch</strong> natürli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> stark auf ihre Persönli<strong>ch</strong>keitsstruktur<br />

und ihr Temperament aus, und oft<br />

werden sie so weit gebra<strong>ch</strong>t, dass sie die sexuelle<br />

Diskriminierung und sogar die ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsbezogene<br />

Misshandlung einfa<strong>ch</strong> hinnehmen. Viele<br />

Frauen sagen si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong>, «das ist mein<br />

S<strong>ch</strong>icksal, i<strong>ch</strong> kann es ni<strong>ch</strong>t ändern» oder «i<strong>ch</strong><br />

wurde mit meinem Mann verheiratet, und er darf<br />

mit mir ma<strong>ch</strong>en, was er will» oder «i<strong>ch</strong> würde es<br />

ni<strong>ch</strong>t überleben, von der Gesells<strong>ch</strong>aft als ges<strong>ch</strong>iedene<br />

Frau gebrandmarkt zu werden».<br />

Die Idee, dass die Mäd<strong>ch</strong>en von Geburt an<br />

Eigentum ihres Vaters sind und na<strong>ch</strong> der Heirat<br />

Eigentum ihres Ehemanns werden, ist mitverantwortli<strong>ch</strong><br />

dafür, dass Frauen und Mäd<strong>ch</strong>en alles, was<br />

die Zuhälter und Kuppler mit ihnen ma<strong>ch</strong>en,<br />

erdulden, au<strong>ch</strong> die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass sie zu Sexualobjekten<br />

degradiert und missbrau<strong>ch</strong>t werden. In<br />

dem Bu<strong>ch</strong> «Essays für albanis<strong>ch</strong>e Frauen» der<br />

bekannten albanis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>riftstellerin Diana Culi,<br />

heisst es: «Was im Kanun (dem albanis<strong>ch</strong>en Gewohnheitsre<strong>ch</strong>t)<br />

ges<strong>ch</strong>rieben steht, nämli<strong>ch</strong> dass die<br />

Frauen den arbeitenden Tieren glei<strong>ch</strong> gestellt sind,<br />

ist heute ni<strong>ch</strong>t anders. Denn die Zuhälter, diese<br />

Tiere mit mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>em Gesi<strong>ch</strong>t, haben no<strong>ch</strong><br />

immer dieselbe Mentalität und beuten Frauen und<br />

Mäd<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t nur aus, sondern töten ihre Opfer<br />

sogar, wenn diese flü<strong>ch</strong>ten wollen.»<br />

Dur<strong>ch</strong> die Emigration, einem neuen Phänomen,<br />

mit dem si<strong>ch</strong> Albanien konfrontiert sieht, vers<strong>ch</strong>ärft<br />

si<strong>ch</strong> die Situation. Wenn die Männer weg<br />

sind, haben die albanis<strong>ch</strong>en Zuhälter ein viel lei<strong>ch</strong>teres<br />

Spiel, ihre Opfer dur<strong>ch</strong> fals<strong>ch</strong>e Heiratsverspre<strong>ch</strong>en<br />

oder Aussi<strong>ch</strong>t auf Arbeit, dur<strong>ch</strong> Nötigung<br />

und man<strong>ch</strong>mal sogar Entführung zu rekrutieren.<br />

Do<strong>ch</strong> heutzutage wä<strong>ch</strong>st die Zahl albanis<strong>ch</strong>er<br />

Frauen, die mit den Tabus und alten Mythen bre<strong>ch</strong>en,<br />

wel<strong>ch</strong>e während Jahrhunderten dafür<br />

gesorgt haben, dass ihre Re<strong>ch</strong>te als Mens<strong>ch</strong>en<br />

missa<strong>ch</strong>tet wurden. Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />

von Frauen haben einen grossen Beitrag zur re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Besserstellung der Frau und zur Auseinandersetzung<br />

mit Themen wie der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Besserstellung, Familienplanung, häusli<strong>ch</strong>er Gewalt,<br />

Frauen- und Mäd<strong>ch</strong>enhandel usw. geleistet. ■<br />

(Aus dem Englis<strong>ch</strong>en)

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