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Umschlag 2008 final - Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg

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Frank Bajohr • Hochburg des Internationalismus<br />

National-Zeitung“ bezeichnete den „l<strong>in</strong>ksstehenden CDU-Bundestagsabgeordneten“<br />

als „Vorkämpfer deutscher Verzichte“. Der „Landesverband der vertriebenen<br />

Deutschen <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> e. V.“ forderte alle Delegierten des CDU-Landesparteitages<br />

<strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> gar schriftlich auf, Blumenfeld nicht zu ihrem<br />

Vorsitzenden zu wählen, woraufh<strong>in</strong> der Justitiar des CDU-Landesverbandes den<br />

Vertriebenen rechtliche Gegenmaßnahmen androhte.<br />

In ke<strong>in</strong>em anderen Bundesland – so lassen sich diese Beobachtungen zusammenfassen<br />

– waren die Beziehungen der bürgerlichen Eliten zu den Vertriebenenorganisationen<br />

so heillos zerrüttet wie <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong>. Deren Forderungen<br />

nach e<strong>in</strong>er Revision der Nachkriegsgrenzen passten nicht zu den hamburgischen<br />

Vorstellungen e<strong>in</strong>er friedlichen und gedeihlichen Zusammenarbeit auch<br />

über die Länder- und Systemgrenzen h<strong>in</strong>weg. Auch deshalb gewannen die Vertriebenen<br />

auf die operative <strong>Hamburg</strong>er Politik kaum E<strong>in</strong>fluss. Dies h<strong>in</strong>g nicht<br />

zuletzt auch mit dem relativ ger<strong>in</strong>gen Anteil der Vertriebenen an der <strong>Hamburg</strong>er<br />

Gesamtbevölkerung zusammen, der angesichts der Zuzugssperren der Nachkriegszeit<br />

unter 10 % lag und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt<br />

blieb. Noch viel deutlicher lag der Vertriebenenanteil <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> unter dem der<br />

norddeutschen Nachbarländer Schleswig-Holste<strong>in</strong> und Niedersachsen.<br />

In den Konflikten zwischen <strong>Hamburg</strong>er Politikern und den Vertriebenenverbänden<br />

um die Ostpolitik und die Nachkriegsgrenzen spielten jedoch nicht<br />

alle<strong>in</strong> politische und wirtschaftliche Motive e<strong>in</strong>e Rolle, sondern auch Fragen der<br />

Vergangenheit bzw. der Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zur früheren<br />

nationalsozialistischen „Volksgeme<strong>in</strong>schaft“. Als ehemaliger Auschwitz-Häftl<strong>in</strong>g<br />

und „jüdischer Mischl<strong>in</strong>g 1. Grades“ verhehlte Erik Blumenfeld nicht, dass<br />

er viele Vertriebenenfunktionäre <strong>für</strong> <strong>in</strong> Wolle gefärbte Nationalsozialisten hielt.<br />

Mit deutlicher Ger<strong>in</strong>gschätzung sprach er von „enragierten Verbandsfunktionären,<br />

deren Lautstärke im umgekehrten Verhältnis zur Kraft ihrer politischen<br />

Argumente steht“. Dann fügte er h<strong>in</strong>zu: „Was bei vielen schon seit 1933 und<br />

früher der Fall war. Sie haben oder wollen diese Zeit ihrer bed<strong>in</strong>gungslosen Gefolgschaft<br />

Hitlers zwar vergessen – wir haben es nicht, und es wird hohe Zeit,<br />

die verbands- und landsmannschaftlichen Führungsorgane von diesen ‚Ehemaligen’<br />

zu säubern. Auch das wäre e<strong>in</strong> konstruktiver Beitrag zur Lösung der<br />

Oder/Neisse-Frage.“<br />

Umgekehrt nahm auch mancher Vertriebenenfunktionär subtil auf die Zugehörigkeit<br />

zur ehemaligen NS-Volksgeme<strong>in</strong>schaft Bezug: So zum Beispiel der<br />

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