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Umschlag 2008 final - Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg

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Frank Bajohr • Hochburg des Internationalismus<br />

nalisten“, die unter dem Deckmantel deutsch-französischer Zusammenarbeit<br />

e<strong>in</strong>e klassische nationalistische Machtpolitik betrieben. De Gaulles Versuch, im<br />

Schlepptau mit den Deutschen gegen die amerikanische Hegemonie <strong>in</strong> Westeuropa<br />

anzugehen und se<strong>in</strong>e Vision von e<strong>in</strong>em „Europa der Vaterländer“, das<br />

vom Atlantik bis zum Ural reichen sollte, hielt Blumenfeld <strong>für</strong> ebenso gefährlich<br />

wie naiv. Dar<strong>in</strong> war er sich mit den meisten norddeutschen Christdemokraten<br />

wie den Sozialdemokraten e<strong>in</strong>ig, die fast geschlossen zu den „Atlantikern“ zählten.<br />

E<strong>in</strong>em tendenziell gegen die USA gerichteten deutsch-französischen Zweibund<br />

erteilte Blumenfeld e<strong>in</strong>e klare Absage, der e<strong>in</strong>em Zusammenschluss Europas<br />

auf breiter Grundlage und dessen enger Kooperation mit den USA das Wort<br />

redete, ganz wie es den Vorschlägen Präsident Kennedys vom „Grand Design“<br />

e<strong>in</strong>er europäisch-atlantischen Partnerschaft entsprach. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />

kritisierte Blumenfeld offen den deutsch-französischen Elysée-Vertrag<br />

vom 22. Januar 1963. Während der Vertrag aus Sicht de Gaulles die Grundlage<br />

<strong>für</strong> e<strong>in</strong>en deutsch-französischen Zweibund abgeben sollte, gelang es den<br />

„Atlantikern“, zu denen auch der spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard zählte,<br />

dem Vertrag e<strong>in</strong>e Präambel voranzustellen und ihn damit zu entschärfen. In dieser<br />

wurden die atlantischen B<strong>in</strong>dungen und Verpflichtungen der Bundesrepublik<br />

noch e<strong>in</strong>mal bekräftigt – und damit die Intentionen de Gaulles, die dieser mit dem<br />

deutsch-französischen Vertragswerk verknüpft hatte, faktisch konterkariert.<br />

Der Streit zwischen „Gaullisten“ und „Atlantikern“, der vor allem die<br />

Union erschütterte und außenpolitisch lähmte, fiel nicht zufällig <strong>in</strong> die Endphase<br />

der Ära Adenauer, deren Ende <strong>in</strong> <strong>Hamburg</strong> herbeigesehnt wurde: Nicht zuletzt<br />

durch die <strong>Hamburg</strong>er CDU, die den Kanzler schon 1959 erstmals zum Rücktritt<br />

aufgefordert hatte. Die <strong>Hamburg</strong>er Leitmedien ZEIT, „Stern“ und SPIEGEL profilierten<br />

sich bundesweit als Schrittmacher e<strong>in</strong>er politischen und gesellschaftlichen<br />

Liberalisierung, als Bastionen der „Zeitkritik“, die dem Konsensjournalismus<br />

früherer Jahre e<strong>in</strong> Ende bereiteten und die Stadt <strong>Hamburg</strong> als Standort<br />

kritischer Medien bundesweit positionierten. Konrad Adenauer verkörperte das<br />

liberale Lebensgefühl <strong>in</strong> der Bundesrepublik seit Ende der 50er jedoch immer<br />

weniger und wirkte wie e<strong>in</strong> autoritärer Anachronismus, der zudem politischen<br />

Immobilismus repräsentierte.<br />

Dies galt nicht zuletzt <strong>für</strong> das Feld der Außenpolitik, wo nicht Adenauer<br />

und de Gaulle, sondern der junge amerikanische Präsident John F. Kennedy<br />

Aufbruch und Reform repräsentierte – und damit das Lebensgefühl der frühen<br />

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