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Ihr spielt entscheidende Rollen<br />
in der AMC-Serie »Mad Men«,<br />
die wiederum in den 1960er-<br />
Jahren spielt. Habt ihr die Nase<br />
inzwischen voll von den 60ern?<br />
Jon Hamm: Nein, überhaupt<br />
nicht. Interessant an »Mad Men«<br />
ist doch, dass wenn die Sprache<br />
auf die 60er-Jahre kommt, eher<br />
die späten 60er oder frühen 70er<br />
gemeint sind – freie Liebe, Gegenkultur,<br />
Rock’n’Roll. In den USA<br />
sind wir mit »Mad Men« bei der<br />
4. Staff el angelangt, also Mitte der<br />
60er, wo man die Vorboten dieser<br />
Bewegungen schon spürt. Das ist<br />
einfach voneinander zu trennen.<br />
Die frühen 60er sind eher eine<br />
Verlängerung der späten 50er, der<br />
Eisenhower-Ära, des Konservatismus.<br />
Alles war viel reglementierter<br />
und wurde von einer älteren,<br />
etablierten Kultur gesteuert.<br />
Nach Kennedy und Johnson nahmen<br />
die Bürgerrechts-, Frauen-<br />
und Jugend-Bewegungen Fahrt<br />
auf. Und da kommen wir mit der<br />
Serie gerade an.<br />
Elisabeth Moss: Anfänglich<br />
war mir das Ganze sehr fremd,<br />
und ich fand es weitaus nerviger.<br />
Heute ist es eben mein Job,<br />
dort arbeite ich. Ich habe mich<br />
daran gewöhnt. Ich wurde in den<br />
Achtzigern geboren und wusste<br />
kaum mehr als das, was man aus<br />
den Geschichtsbüchern in der<br />
Schule kannte. Ein besonderes<br />
Interesse an den 60ern hatte ich<br />
auch nicht, abgesehen von der<br />
Tatsache, dass ich Schauspielerin<br />
bin und eine Menge Filme<br />
schaue. Ich liebe Filme aus den<br />
40er-, 50er- und 60er-Jahren,<br />
aber das war eigentlich die einzige<br />
Verbindung. Ich hätte auch<br />
nie gedacht, dass ich Teil eines<br />
Jahrzehnts werden würde, das ich<br />
nicht einmal selbst erlebt habe.<br />
Eine vermeintlich typische Frau<br />
der 60er spielen zu müssen,<br />
obwohl du in den 80ern und<br />
90ern aufgewachsen bist, war<br />
das schwierig?<br />
EM: Ich habe Peggy von Anfang<br />
an als eine normale Person<br />
gespielt, nicht wie jemand aus<br />
den 60ern. Natürlich wird diese<br />
Person bestimmt durch Dinge,<br />
die stark mit einem bestimmten<br />
Jahrzehnt zu tun haben, aber ich<br />
wollte sie als normales Mädchen<br />
darstellen. Wie würde ich fühlen<br />
und auf bestimmte Dinge reagieren?<br />
Ich wollte sie eben nicht zu<br />
einer Karikatur einer Dekade<br />
machen, sondern zu einer gut<br />
ausgearbeiteten Figur.<br />
Peggy ist weder angepasst, noch<br />
stellt sie sich auf ihren Schreibtisch<br />
und fordert Veränderung<br />
ein. Trotzdem erreicht sie, was<br />
sie will. Wie macht sie das?<br />
EM: Das ist genau das, was ich<br />
wollte. Etwas später in den 60ern,<br />
als die Frauenbewegung sich als<br />
wirkliche Bewegung formierte,<br />
haben sich die Verhältnisse<br />
geändert. Vorher wollten Frauen<br />
einfach nur für sich das durchsetzen,<br />
was sie wollten und worin<br />
sie selbst gut waren. Und Peggy<br />
ist gut in dem, was sie tut. Weder<br />
will sie den Umsturz in der Agentur<br />
noch die Männer stürzen.<br />
Sie will einfach, dass ihre Ideen<br />
für die Werbekampagnen Gehör<br />
fi nden. Ich glaube, dass das ein<br />
sehr realistischer feministischer<br />
Ansatz für den Arbeitsalltag ist.<br />
Sie liebt, was sie tut – und vor<br />
diesem Hintergrund triff t sie<br />
Entscheidungen.<br />
In einer Folge sagt Peggy: »Ich<br />
bin gerade an einem wirklich<br />
guten Ort«, was einige amerikanische<br />
Kritiker zum Anlass<br />
genommen haben, das anzuzweifeln.<br />
Vergleicht man sie aber<br />
mit all den zu groß geratenen<br />
»Frat Boys«, von denen sie umgeben<br />
ist, würde ich schon sagen:<br />
Sie ist in einer guten Position, an<br />
einem »guten Ort«.<br />
EM: Das sehe ich genauso. <strong>Als</strong><br />
sie das sagt, hat sie zwar gerade<br />
Marihuana geraucht, was defi nitiv<br />
mitschwingt, aber ich glaube,<br />
ihre Aussage ist doppeldeutig.<br />
Sie hat viel mehr Möglichkeiten,<br />
mehr Richtungen, in die sie<br />
gehen kann, und defi nitiv eine<br />
viel höhere Vorstellungskraft als<br />
die meisten Männer, von denen<br />
sie umgeben ist. Ich sehe sie als<br />
jemanden, der ständig versucht,<br />
Wände einzureißen. Das führt<br />
zu interessanten Wesensveränderungen<br />
bei ihr. Sie muss härter<br />
arbeiten und immer besser sein<br />
als andere, weil es ihr schwerer<br />
gemacht wird als z. B. den Männern.<br />
In zwanzig Jahren wird<br />
sich das Ganze für sie hoff entlich<br />
ausgezahlt haben.<br />
Don Draper ist als Mann der<br />
60er nicht politisch korrekt. Er<br />
raucht, trinkt, scheitert, betrügt<br />
seine Frau und ist ein Heimlichtuer.<br />
Hört sich abstoßend und<br />
verlockend zugleich an.<br />
JH: Die Gefahr bei einer Rolle<br />
wie »Superman« ist, dass sie fast<br />
zu perfekt ist. Man fi ndet kaum<br />
Spannungen oder Reibungspunkte.<br />
Das ist bei Charakteren wie<br />
Don Draper, Tony Soprano oder<br />
Vic Mackey von »The Shield«<br />
anders. Heute wollen Zuschauer<br />
genau solche gebrochenen Typen<br />
sehen, die zwar voller Fehler<br />
sind, aber die eben im Zentrum<br />
der Geschichte stehen. Und<br />
wenn man mittendrin ist, dann<br />
hoff t man, dass sie auch mal die<br />
richtigen Entscheidungen treffen.<br />
Natürlich ergeben sich die<br />
ganze Spannung und das Drama<br />
aber genau aus ihren falschen<br />
Entscheidungen. Du hast recht:<br />
Diese Figuren sind auch irgendwie<br />
abstoßend. Aber je älter man<br />
wird, desto klarer wird einem<br />
Weiter 063<br />
doch, dass das Leben hart ist und<br />
man nicht immer die richtigen<br />
Entscheidungen triff t. Man muss<br />
aber mit seinen Entscheidungen<br />
leben. Ich glaube, dass viele Leute<br />
erst einmal wegen des sexy Glamours<br />
auf »Mad Men« stoßen.<br />
Mit der Zeit stellen sie aber fest,<br />
dass die Figuren dreidimensional<br />
und gehaltvoll sind und es aufregend<br />
ist, sie zu beobachten.<br />
Don, Peggy plus die ganze Agentur<br />
sind ja damit beschäftigt, so<br />
etwas wie Glück zu verkaufen.<br />
Darin sind sie ziemlich gut, ihre<br />
Privatleben hingegen sind ein<br />
Desaster.<br />
EM: Das sind die großen Gegensätze<br />
der Serie! Leute, die damit<br />
beschäftigt sind, Glück zu verkaufen,<br />
sind selbst unglaublich<br />
unglücklich. Unser erster Slogan<br />
bei »Mad Men« war: »Where the<br />
truth lies.« Das ist brillant und<br />
bringt die Serie auf den Punkt.<br />
Es geht um Menschen, die mit<br />
Lügen ihr Geld verdienen und<br />
alle ihre Geheimnisse und Dinge<br />
haben, die sie versteckt halten.<br />
Sehr nah am Leben.<br />
JH: <strong>Als</strong> Schauspieler interessiert<br />
mich natürlich diese Bandbreite<br />
an Emotionen und Erfahrungen.<br />
Aber ich kann nach der Arbeit ja<br />
auch einfach nach Hause in mein<br />
eigenes Leben gehen. Das ist der<br />
spaßige Teil an der Schauspielerei.<br />
Du kannst quasi als Stellvertreter<br />
diese ganzen Erfahrungen<br />
machen, musst dich aber nicht<br />
um den emotionalen Fall-out<br />
kümmern.<br />
Mad Men (USA 2007; Idee: Matthew<br />
Weiner; D: Jon Hamm, Elisabeth<br />
Moss) Die erste Staffel läuft<br />
seit 06.10. auf ZDFneo im Free-<br />
TV. Der Pay-TV-Sender Fox Channel<br />
zeigt seit 27.09. bereits die zweite<br />
Staffel, die Ausstrahlung der<br />
dritten folgt ab Ende November.