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Das Derby! - VfL Osnabrück

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„Wir wollen Volkssport betreiben!“<br />

Die deutsche Arbeitersportbewegung zwischen den Weltkriegen<br />

Mit der Niederlassung der Wacker-Chemie<br />

in Burghausen im Jahre 1914 war der Grundstock<br />

für ein starkes Wachstum der Stadt<br />

gelegt. Besonders für die Wacker-Arbeiter<br />

wurde am 13. November 1930 der Sportverein<br />

Wacker Burghausen gegründet, der zuallererst<br />

dem Breitensport dienen sollte. Auch<br />

in Bayern folgte man einem damals weit verbreiteten<br />

Trend.<br />

„Wir wollen Volkssport<br />

betreiben, da hat der Sieg nur eine<br />

untergeordnete Bedeutung, viel höher stehen<br />

Ehre und Ansehen!“, so formulierte der<br />

deutsche Arbeiter Turn- und Sportbund<br />

(ATSB) in den zwanziger Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts seine heute exotisch<br />

und anachronistisch anmutenden Ziele.<br />

Nahezu in Vergessenheit geraten ist, dass<br />

die Arbeitersportbewegung zwischen den<br />

Weltkriegen deutlich mehr als eine Million<br />

Mitglieder hatte. Viele Vorläufervereine namhafter<br />

Fußballvereine haben ihre Wurzeln in<br />

der proletarischen Bewegung aus der Zeit<br />

des Klassenkampfes.<br />

Bereits im deutschen Kaiserreich organisierten<br />

sich zahlreiche Arbeiter in eigens<br />

gegründeten Turnvereinen. Grund dieser<br />

Gründungen war unter anderem, dass den<br />

Arbeitern der Zugang zu den bürgerlichen<br />

Vereinen häufig<br />

verwehrt war. So<br />

lautete der „Amateurparagraph“<br />

des<br />

Deutschen Ruderverbandes<br />

von 1883<br />

b e z e i c h n e n d e rweise:<br />

„Amateur ist<br />

jeder, der das Rudern nur aus Liebhaberei<br />

mit eigenen Mitteln betreibt, (…), weder als<br />

Arbeiter durch seiner Hände Arbeit seinen<br />

Lebensunterhalt verdient, …“<br />

Die Sozialdemokraten, deren Wählerschaft<br />

seinerzeit überwiegend aus Arbeitern<br />

bestand, standen der Monarchie des Kaiserreichs<br />

sehr kritisch gegenüber. So hieß es in<br />

der Ausgabe der „Arbeiter-Turnerzeitung“:<br />

„Die freiheitlich gesinnten Turner werden<br />

eifrig daran mitarbeiten, ein altes, verfaultes<br />

System mit Stumpf und Stiel auszurotten,<br />

alte Ruinen niederzureißen, damit<br />

neues Leben aus Ihnen erblühe. Wir werden<br />

ausrufen können: Wir haben Friede,<br />

Freiheit, Recht. Keiner ist des anderen<br />

Knecht.“<br />

Nach dem ersten Weltkrieg wandelte<br />

sich die Bewegung: Die Sozialdemokraten<br />

waren in der Weimarer Republik<br />

häufig Regierungspartei, die<br />

Arbeitersportbewegung blühte auf,<br />

der Fußball gewann gegenüber dem<br />

Turnen erheblich an Bedeutung<br />

(dennoch blieben die „bürgerlichen<br />

Sportvereine mit 6,7 Millionen Mitgliedern<br />

in der Übermacht). So fand bereits 1920 das<br />

erste Bundesendspiel (die Begriffe „Reich“<br />

und „Nationalmannschaft“ waren verpönt)<br />

statt, es siegte der TSV Fürth gegen die TuS<br />

Süden Forst mit 3:2. 1922 verfolgten 60.000<br />

Zuschauer den Sieg des <strong>VfL</strong> Leipzig-Stötteritz.<br />

Mit insgesamt 5 Endrundenteilnahmen<br />

bis 1932, bevor der Arbeitersport von den<br />

Nationalsozialisten verboten wurde, waren<br />

der Dresdner SV 10 und der BSC München<br />

die erfolgreichsten Vereine.<br />

Die Arbeiter trugen zudem insgesamt 79<br />

Länderspiele aus, alleine fünfzehn Mal hieß<br />

der Gegner Österreich, elfmal spielte man<br />

gegen die englische Auswahl. Immerhin<br />

zweimal trat die deutsche Arbeitermannschaft<br />

gegen die Sowjetunion an.<br />

Als die Weimarer Republik allmählich von<br />

Staatsfeinden von rechts (NSDAP) und links<br />

(KPD) in die Zange genommen wurde und<br />

eine Radikalisierung<br />

des ATSB<br />

drohte, bewies<br />

der Vorsitzende,<br />

der sozialdemokratischeReichstagsabgeordnete<br />

Fußballgeschichte(n)<br />

Cornelius Gellert, der später in einem Konzentrationslager<br />

ermordet wurde, Augenmaß.<br />

Der ATSB schloß 1929 sämtliche Kommunisten<br />

aus seinen Reihen aus und wirkte<br />

somit bis zu seinem Ende als Stütze der wankenden<br />

Weimarer Republik.<br />

Die Kommunisten hingegen gründeten<br />

umgehend die „Kampfgemeinschaft für rote<br />

Sporteinheit“ („Rotsport“), die besonders in<br />

Industriezentren eine gewisse Bedeutung<br />

erlangte. Ernst Thälmann, Vorsitzender der<br />

KPD, begrüßte am 29.05.1930 Teilnehmer am<br />

roten Sportfest mit folgenden umstürzlerischen<br />

Worten: „Abgearbeitet, ausgepresst<br />

durch das Antreibersystem des Kapitalismus,<br />

lassen sie sich doch nicht niederdrücken,<br />

sondern benutzen die Körperkultur (…), um<br />

noch unerschütterlicher dem Klassenfeind<br />

die Stirn zu bieten. Sie marschieren in Erfurt<br />

auf, erfüllt vom flammenden Geist ihres<br />

revolutionären Wollen, (…) um das Reichstreffen<br />

zu einem roten Kampf- und Sporttag<br />

der ganzen deutschen Arbeiterklasse zu<br />

machen!“<br />

1933 wurden beide Verbände der Arbeitersportbewegung<br />

von den Nationalsozialisten<br />

zerschlagen, nach dem 2. Weltkrieg erschien<br />

es den Verantwortlichen unter den neuen<br />

Bedingungen der Bundesrepublik nicht<br />

mehr ratsam, den Arbeitersport separiert<br />

vom übrigen Sport in der Bundesrepublik zu<br />

betreiben.<br />

Anders erging es der „Deutschen Jugendkraft“<br />

(DJK) der Sportorganisation der katholischen<br />

Kirche. Noch heute zählt diese gut<br />

500.000 Mitglieder in der Bundesrepublik.<br />

Der ungewöhnliche Name war in den zwanziger<br />

Jahren keineswegs bemerkenswert. In<br />

Italien firmierte die Bewegung unter dem<br />

wohlbekannten und wohlklingenden Begriff<br />

„Juventus“.<br />

Die Deutsche Jugendkraft hatte in <strong>Osnabrück</strong><br />

einen hohen Stellenwert. Die Vereine<br />

spielten - im Gegensatz zu den Arbeitersportvereinen<br />

- in den regulären Ligen mit<br />

und errangen bereits früh anerkennenswerte<br />

Erfolge. Die bekanntesten Jugendkraftvereine<br />

in <strong>Osnabrück</strong> sind Blau-Weiß<br />

DJK Schinkel und SV Rasensport DJK v. 1925,<br />

besser in der Region als „Raspo“ bekannt…<br />

Eli.<br />

DRIN! · Saison 2009 / 2010 · Doppelausgabe<br />

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