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General Ulrich Wille als Corpsstudent General Ulrich Wille - admin.ch

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<strong>General</strong> <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> <strong>Corpsstudent</strong><br />

Von Peter Hauser<br />

<strong>General</strong> <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> (1848-1925), der Oberbefehlshaber der S<strong>ch</strong>weizer Armee<br />

während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, war einer der prominentesten<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en <strong>Corpsstudent</strong>en. Er wurde am 5. April 1848 in Hamburg geboren<br />

<strong>als</strong> Sohn von François <strong>Wille</strong> (1811-1896) und Eliza Sloman (1809-1893),<br />

der To<strong>ch</strong>ter des aus England stammenden Hamburger Reeders Robert Miles<br />

Sloman, die si<strong>ch</strong> <strong>als</strong> Romans<strong>ch</strong>riftstellerin einen Namen gema<strong>ch</strong>t hatte. Die Familie<br />

<strong>Wille</strong> stammte aus La Sagne im Kanton Neuenburg und hiess ursprüngli<strong>ch</strong><br />

Vuille. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>s Urgrossvater Henri Vuille, ein S<strong>ch</strong>uhma<strong>ch</strong>ermeister, war<br />

aus La Sagne ausgewandert und hatte si<strong>ch</strong> in Zweibrücken in der Pfalz niedergelassen.<br />

Der Grossvater von <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>, Jacques Arnold <strong>Wille</strong>, lebte in Hamburg.<br />

1 Vater François <strong>Wille</strong>, Journalist und Mitglied des Frankfurter Parlamentes,<br />

kehrte 1849 <strong>als</strong> Folge der ges<strong>ch</strong>eiterten liberalen Revolution in die S<strong>ch</strong>weiz<br />

zurück und kaufte si<strong>ch</strong> 1851 das Gut Mariafeld in Meilen am Züri<strong>ch</strong>see, das<br />

no<strong>ch</strong> heute der Familie <strong>Wille</strong> gehört. 2 François <strong>Wille</strong> und seine Vorfahren hatten<br />

das Bürgerre<strong>ch</strong>t von La Sagne behalten, und die <strong>Wille</strong>s waren und sind daher<br />

e<strong>ch</strong>te S<strong>ch</strong>weizer.<br />

1 Carl Helbling, <strong>General</strong> <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>, Biographie, Züri<strong>ch</strong> 1957, Seite 7.<br />

2 Gut Mariafeld an der <strong>General</strong> <strong>Wille</strong>-Strasse 165 war der einstige Landsitz der Zür<strong>ch</strong>er Junkerfamilie<br />

Es<strong>ch</strong>er, erbaut 1722-25 auf den Grundmauern eines Herrs<strong>ch</strong>aftssitzes aus dem 15.<br />

Jahrhundert: www.meilen.<strong>ch</strong>, dort «Sehenswürdigkeiten».


Gut Mariafeld in Meilen, Aufnahme 1989 3<br />

François <strong>Wille</strong> studierte ab 1831 in Göttingen Theologie und war begeistert für<br />

die freiheitli<strong>ch</strong>en und demokratis<strong>ch</strong>en Ideale. Im Mai 1832 nahm er an dem gegen<br />

die Despotie geri<strong>ch</strong>teten Hamba<strong>ch</strong>er Fest teil. 1833 erhielt er in Göttingen,<br />

wie Bismarck, aus unwesentli<strong>ch</strong>em Anlass das Consilium abeundi. Ab Mi<strong>ch</strong>aelis<br />

(29. September) 1833 setzte er seine theologis<strong>ch</strong>en und juristis<strong>ch</strong>en Studien<br />

in Kiel fort, stets bedroht dur<strong>ch</strong> die Untersu<strong>ch</strong>ung eines tödli<strong>ch</strong> verlaufenen Duellhandels,<br />

an wel<strong>ch</strong>em er <strong>als</strong> Sekundant beteiligt gewesen war. <strong>Wille</strong> wurde zu<br />

einer se<strong>ch</strong>smonatigen Haft auf der dänis<strong>ch</strong>en Festung Nyburg verurteilt. Na<strong>ch</strong><br />

Verbüssung der Strafe arbeitete er in Hamburg <strong>als</strong> Journalist und s<strong>ch</strong>loss sein<br />

Studium erst 1845 in Jena mit dem Dr. phil. ab. 4<br />

François <strong>Wille</strong> war in den Augen seines konservativen S<strong>ch</strong>wiegervaters Sloman<br />

ein lockerer Vogel 5 und er muss au<strong>ch</strong> ein wilder, waffenfreudiger Kerl gewesen<br />

3 Bild aus: www.meilen.<strong>ch</strong>, dort «Sehenswürdigkeiten».<br />

4 Helbling (wie Anm. 1), Seite 8.<br />

5<br />

Niklaus Meienberg, Die Welt <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> und Wahn, Elemente zur Naturges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te eines<br />

Clans, 4. Auflage, Züri<strong>ch</strong> 1987, Seite 17. Das teilweise sehr polemis<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>riebene Bu<strong>ch</strong> ist<br />

au<strong>ch</strong> deshalb umstritten, weil si<strong>ch</strong> Meienberg mit fragwürdigen Methoden Zugang zu den<br />

2


sein. Er rühmte si<strong>ch</strong> nämli<strong>ch</strong> der 26 Narben von Hieb- und S<strong>ch</strong>usswunden und<br />

hatte mehr <strong>als</strong> 10 Pistolenduelle überstanden, alle auf 5 S<strong>ch</strong>ritte Barriere. Einmal<br />

wurde er auf der Höhe des Herzens dur<strong>ch</strong> den Arm ges<strong>ch</strong>ossen. 6 Die S<strong>ch</strong>misse<br />

auf der re<strong>ch</strong>ten Wange deuten darauf hin, dass François <strong>Wille</strong> linkshändig gefo<strong>ch</strong>ten<br />

hat, <strong>als</strong>o ein sog. «Linkser» war. Eliza Sloman, seine Frau, s<strong>ch</strong>rieb ni<strong>ch</strong>t<br />

ohne ironis<strong>ch</strong>en Unterton über seine Duellfreudigkeit: «Na<strong>ch</strong> seinem Temperament<br />

war es ihm ein Bedürfnis, si<strong>ch</strong> mit seiner Person einzusetzen. Rücksi<strong>ch</strong>tslose<br />

Worte musste er bezahlen und, selbst ungeübt in den Waffen, hat er gern<br />

gegen überlegene Gegner sein Kaltblut auf die Probe gestellt.» 7 Au<strong>ch</strong> Heinri<strong>ch</strong><br />

Heine reizte das mit S<strong>ch</strong>missen verzierte Gesi<strong>ch</strong>t <strong>Wille</strong>s im Gedi<strong>ch</strong>t «Deuts<strong>ch</strong>land,<br />

ein Wintermär<strong>ch</strong>en», Kapitel XXIII, Vers 4, zum Spötteln: «Da war der<br />

<strong>Wille</strong>, dessen Gesi<strong>ch</strong>t/ Ein Stammbu<strong>ch</strong>, worin mit Hieben/ Die akademis<strong>ch</strong>en<br />

Feinde si<strong>ch</strong>/ Re<strong>ch</strong>t leserli<strong>ch</strong> einges<strong>ch</strong>rieben.»<br />

ni<strong>ch</strong>t zur Publikation bestimmten Briefen von <strong>General</strong> <strong>Wille</strong> an seine Frau in den Jahren 1914<br />

bis 1918 vers<strong>ch</strong>afft hatte.<br />

6 Helbling (wie Anm. 1), Seite 14.<br />

7<br />

Bernhild Vögel, DIE ZEIT, Ein Na<strong>ch</strong>ruf auf das glei<strong>ch</strong>namige, 1840 in Hamburg gegründete<br />

Wo<strong>ch</strong>enblatt, die «Ahnfrau» der 1946 entstandenen heutigen ZEIT, in: www.birdstage.net<br />

3


Jean François Arnold <strong>Wille</strong> (1811-1896), Porträt von A. Sincadelli, 1877, 8<br />

Ob François <strong>Wille</strong> korporiert war oder ni<strong>ch</strong>t, kann i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>er sagen. <strong>Corpsstudent</strong><br />

war er bestimmt ni<strong>ch</strong>t; in den Kösener Corpslisten ist er jedenfalls ni<strong>ch</strong>t<br />

erwähnt. 9 Mögli<strong>ch</strong>erweise gehörte er aber zu der 1829 gegründeten, im Februar<br />

1831 vertagten, im Sommersmester 1831 erneuerten «2. Burs<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft oder<br />

Germania», die si<strong>ch</strong> im Herbst 1831 zu einer neuen Burs<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft Allemannia<br />

wandelte. In ihren Reihen wird ein F. <strong>Wille</strong> erwähnt. Ob <strong>als</strong> Mitglied des engeren<br />

oder weiteren Vereins oder nur <strong>als</strong> «S<strong>ch</strong>wanz» oder Renonce ist ni<strong>ch</strong>t be-<br />

8 Bild aus: Helbling (wie Anm. 1), na<strong>ch</strong> Seite 8.<br />

9 Bei Johannes von Muralt (S<strong>ch</strong>riftleiter), Das Corps Tigurinia 1850-1940, Züri<strong>ch</strong> 1940,<br />

(na<strong>ch</strong>folgend zit. Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te), Seite 22 heisst es allerdings, «Dr. Fr. <strong>Wille</strong> Hassiae<br />

Giessen, dessen Sohn 65/67 aktiv gewesen und im August 1814 zum <strong>General</strong> der s<strong>ch</strong>weiz.<br />

Armee ernannt worden sei», habe an Kneipen und Kommersen der Tigurinia teilgenommen.<br />

In den Kösener Corpslisten von 1960 (KCL 1960) findet si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> kein <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Mitglied<br />

des Corps Hassia Giessen. Bei der Angabe «Hassiae Giessen» muss es si<strong>ch</strong> um einen Irrtum<br />

handeln.<br />

4


kannt. Es könnte aber unser François <strong>Wille</strong> sein, 10 der Otto von Bismarck gekannt<br />

hat, wel<strong>ch</strong>er zur glei<strong>ch</strong>en Zeit wie er in Göttingen studierte und 1832/33<br />

beim Corps Hannovera Göttingen aktiv gewesen war. Im April 1892 wurde <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong><br />

<strong>Wille</strong>, der 1872 Clara geb. Gräfin Bismarck 11 geheiratet hatte, anlässli<strong>ch</strong><br />

eines Besu<strong>ch</strong>es beim früheren Rei<strong>ch</strong>skanzler in Friedri<strong>ch</strong>sruh von diesem denn<br />

au<strong>ch</strong> <strong>als</strong> «der Sohn eines alten Freundes von 1832» vorgestellt. 12<br />

<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> wu<strong>ch</strong>s auf Gut Mariafeld in einer kulturell ho<strong>ch</strong>stehenden und gebildeten<br />

Umgebung auf. Zahlrei<strong>ch</strong>e Persönli<strong>ch</strong>keiten aus dem Kulturleben wie<br />

zum Beispiel Conrad Ferdinand Meyer, Gottfried Keller, Franz Liszt, Arnold<br />

Böcklin, Theodor Mommsen und Ri<strong>ch</strong>ard Wagner waren Gäste von François<br />

und Eliza <strong>Wille</strong> auf Mariafeld. 13 <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> besu<strong>ch</strong>te in Meilen die Volkss<strong>ch</strong>ule und<br />

durfte bei den Kadetten mitma<strong>ch</strong>en, hatte aber Mühe mit der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />

Mundart, d.h. dem im Kanton Züri<strong>ch</strong> gespro<strong>ch</strong>enen «Züritüüts<strong>ch</strong>», denn sein<br />

Vater wollte, dass in der Familie Ho<strong>ch</strong>deuts<strong>ch</strong> gespro<strong>ch</strong>en werde. Au<strong>ch</strong> später<br />

bevorzugte <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> das Ho<strong>ch</strong>deuts<strong>ch</strong>e, was ihm insbesondere im Vorfeld<br />

seiner Wahl zum <strong>General</strong> der S<strong>ch</strong>weizer Armee von Gegnern au<strong>ch</strong> vorgehalten<br />

wurde 14<br />

10 S<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Mitteilung (E-Mail) von Dr. Harald Lönnecker, Leiter des Ar<strong>ch</strong>ivs der Deuts<strong>ch</strong>en<br />

Burs<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft, Bundesar<strong>ch</strong>iv in Koblenz, an den Verfasser vom 19.5.2012.<br />

11 To<strong>ch</strong>ter aus zweiter Ehe von Friedri<strong>ch</strong> Wilhelm Graf von Bismarck (*1783, † in Konstanz)<br />

aus dem rheinis<strong>ch</strong>en Zweig der S<strong>ch</strong>önhausener Linie des Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ts der Bismarck, württembergis<strong>ch</strong>er<br />

<strong>General</strong>leutnant, Diplomat und Militärs<strong>ch</strong>riftsteller.<br />

12 Helbling (wie Anm. 1), Seite 95.<br />

13<br />

Daniel Heller, <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>, in: Erwin Jaeckle/Eduard Stäuble (Hrsg.), Grosse S<strong>ch</strong>weizer<br />

und S<strong>ch</strong>weizerinnen, Stäfa 1990, Seite 429.<br />

14 Helbling (wie Anm. 1), Seite 17 f.<br />

5


<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> 1852 15<br />

Na<strong>ch</strong> se<strong>ch</strong>s Jahren Volkss<strong>ch</strong>ule erhielt <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> von seinem Vater intensiven Privatunterri<strong>ch</strong>t.<br />

Ein Gymnasium hatte er nie besu<strong>ch</strong>t und deshalb au<strong>ch</strong> keine Maturitätsprüfung<br />

abgelegt. Die deswegen nötige Aufnahmeprüfung an der Universität<br />

Züri<strong>ch</strong> bestand er aber mit Bravour 16 und immatrikulierte si<strong>ch</strong> an Ostern<br />

1865 <strong>als</strong> stud. jur. 17 Beim ges<strong>ch</strong>ilderten Charakter des Vaters erstaunt ni<strong>ch</strong>t,<br />

dass er sofort Renonce beim Corps Tigurinia Züri<strong>ch</strong> 18 wurde. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> war<br />

15 Aus Helbling (wie Anm. 1), na<strong>ch</strong> Seite 24.<br />

16 Helbling (wie Anm. 1), Seite 18.<br />

17 Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong> Nr. 2889, www.matrikel.uzh.<strong>ch</strong><br />

18 Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 100 und KCL 1960 144, Nr. 100: <strong>Wille</strong> <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong>, aus Meilen Kt.<br />

Züri<strong>ch</strong> (xx), später (1866) Hallenser Preusse (Corps Borussia Halle), Dr. jur., Gutsbesitzer,<br />

1914-1918 <strong>General</strong> der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Armee, Mariafeld bei Meilen am Zür<strong>ch</strong>ersee, gest.<br />

31.1.1925.<br />

6


hell begeistert und s<strong>ch</strong>rieb seinen Grosseltern im Frühling 1865: «I<strong>ch</strong> bin jetzt<br />

<strong>als</strong>o Student und, was no<strong>ch</strong> mehr sagen will, Fu<strong>ch</strong>s des Corps Tigurinia. Und in<br />

dieser Eigens<strong>ch</strong>aft, na<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>üttelung des Staubs der lateinis<strong>ch</strong>en Folianten,<br />

mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> mit keinem König taus<strong>ch</strong>en.» Es waren die Ideale von Freunds<strong>ch</strong>aft<br />

und Ehre, die er im Corps gepflegt sah, und es ist klar, dass au<strong>ch</strong> das väterli<strong>ch</strong>e<br />

Temperament in ihm brauste. 19 Das elitäre Weltbild des s<strong>ch</strong>lagenden Couleur-,<br />

insbesondere des <strong>Corpsstudent</strong>entums, prägten <strong>Wille</strong>s Gedanken- und Vorstellungswelt<br />

zeitlebens mit. 20<br />

Im Sommer 1865 gab es in Züri<strong>ch</strong> se<strong>ch</strong>s s<strong>ch</strong>lagende Verbindungen: Das Corps<br />

Tigurinia, 21 gestiftet 11.11.1850 an der Universität, die Verbindung (später<br />

Corps) Alpigenia, 22 gegründet 15.6.1855 am Polyte<strong>ch</strong>nikum, das Corps Rhenania,<br />

23 gestiftet 11.11.1855 am Polyte<strong>ch</strong>nikum, die Landsmanns<strong>ch</strong>aft Teutonia, 24<br />

gegründet am 15.12.1860 am Polyte<strong>ch</strong>nikum, die Landsmanns<strong>ch</strong>aft Baltica, 25<br />

gegründet am 24.6.1862 an der Universität und am Polyte<strong>ch</strong>nikum sowie die<br />

19 Helbling (wie Anm. 1), Seite 20.<br />

20 Heller (wie Anm. 13), Seite 429.<br />

21 1923 suspendiert, 1927 in Köln rekonstituiert, 1931 in Köln suspendiert, 1932 <strong>als</strong> suspendiertes<br />

Corps na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong> zurückverlegt. Am 30.6.2007 <strong>als</strong> Corps Tigurinia II in Züri<strong>ch</strong> neu<br />

gestiftet. Eine Rekonstitution war na<strong>ch</strong> Kösener Statuten ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>, weil die Suspension<br />

mehr <strong>als</strong> 50 Jahre gedauert hatte und kein Alter Herr mehr lebte.<br />

22 15.6.1866 unter dem Druck der mensurfeindli<strong>ch</strong>en Stimmung am Polyte<strong>ch</strong>nikum Selbstauflösung.<br />

1884 in Bern reaktiviert, seit WS 1889/90 Corps im Aarburger SC, vorübergehend<br />

wieder in Züri<strong>ch</strong>, später in Lausanne, 1924 wieder in Bern, 1928 endgültig suspendiert. Einer<br />

der letzten Alpigener war der spätere <strong>General</strong>stabs<strong>ch</strong>ef der S<strong>ch</strong>weizer Armee, Korpskommandant<br />

Paul Gygli, der 1928 na<strong>ch</strong> der Suspendierung der Alpigenia zur Helvetia Bern übertrat.<br />

23 Seit 1863 Mitgründer des WSC, suspendiert Ende März 1865. 1871 rekonstituiert in Aa<strong>ch</strong>en,<br />

seit 1892 in Brauns<strong>ch</strong>weig bis heute <strong>als</strong> Corps Rhenania Z.A.B. (Z.üri<strong>ch</strong>, A.a<strong>ch</strong>en,<br />

B.rauns<strong>ch</strong>weig).<br />

24 Seit 31.7.1865 wegen des Drucks des Direktorium des Polyte<strong>ch</strong>nikums gegen s<strong>ch</strong>lagende<br />

Verbindungen suspendiert, ab Dezember 1865 in Karlsruhe <strong>als</strong> Landsmanns<strong>ch</strong>aft Frisia, seit<br />

1886 dort <strong>als</strong> Corps (1887 im WSC), seit 1950 na<strong>ch</strong> der Fusion mit Cheruscia Danzig <strong>als</strong><br />

Corps Friso-Cheruscia im WSC.<br />

25 Unter behördli<strong>ch</strong>em Druck im März 1866 suspendiert. Nahm nur Landsleute deuts<strong>ch</strong>er Nationalität<br />

und Erziehung aus den russis<strong>ch</strong>en Ostseeprovinzen auf. Hatte zahlrei<strong>ch</strong>e baltis<strong>ch</strong>e<br />

Adelige in ihren Reihen.<br />

7


Verbindung (Rot)-Helvetia, gegründet am 7. Januar 1865, domiziliert an der<br />

Universität und am Polyte<strong>ch</strong>nikum. 26 Ausserdem war da no<strong>ch</strong> die Zofingia, die<br />

es ihren Mitgliedern freistellte, ob sie fe<strong>ch</strong>ten wollten oder ni<strong>ch</strong>t. 27<br />

Die ersten zwei Mensuren <strong>als</strong> Tiguriner s<strong>ch</strong>lug <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> mit Angehörigen<br />

der Landsmanns<strong>ch</strong>aft Teutonia, nämli<strong>ch</strong>:<br />

- Im Juni 1865 in Herrliberg mit L. Peil(l), 28 über 24 Gänge m.m. 29 Die Partie<br />

wurde ausgepaukt, <strong>Wille</strong> kassierte aber eine Tiefquart, die mit 5 Nadeln genäht<br />

26 Die (Rot-) Helvetia ist in Züri<strong>ch</strong> mit unbedingter Satisfaktion und dem freisinnigen Prinzip<br />

der Helvetia von 1832 gegründet worden. Sie gehörte ab Mitte Juli 1865 dem Zentralverband<br />

der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Studentenverbindung Helvetia an. Als sie 1874 das Prinzip der unbedingten<br />

Satisfaktion im Zentralverband ni<strong>ch</strong>t für alle Sektionen dur<strong>ch</strong>setzen konnte, trat sie<br />

aus dem Zentralverband aus und bestand <strong>als</strong> Verbindung, später <strong>als</strong> Corps (Blau-) Helvetia<br />

weiter. Aus ihm entstand 1878 das Corps (Grün-) Helvetia, wel<strong>ch</strong>es dem KSCV angehörte<br />

und zusammen mit Tigurinia den SC zu Züri<strong>ch</strong> bildete. Bereits 1885 suspendierte die (Grün-)<br />

Helvetia. 25.11.1893 wurde die (Rot-) Helvetia rekonstituiert und ist seither die Helvetia Züri<strong>ch</strong>,<br />

wie wir sie heute kennen und s<strong>ch</strong>ätzen: Max Ri<strong>ch</strong>ter, Auf die Mensur! Die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

der s<strong>ch</strong>lagenden Korporationen der S<strong>ch</strong>weiz, 3. Auflage Züri<strong>ch</strong> 1978, Seiten 102 f. und 117.<br />

27 1865 erliess der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Zofingerverein ein Duellverbot. Die Sektion Züri<strong>ch</strong> kämpfte<br />

vergebli<strong>ch</strong> dagegen an, erhielt aber einen Sonderstatus, indem es ihren Mitgliedern gestattet<br />

war, Mensuren zu fe<strong>ch</strong>ten, ohne jedo<strong>ch</strong> dazu gezwungen werden zu können. Etli<strong>ch</strong>e Zofinger<br />

waren mit dieser Lösung ni<strong>ch</strong>t zufrieden und gingen zur Tigurinia über. 1902 wurde die Ausnahmestellung<br />

der Zür<strong>ch</strong>er aufgehoben und die Mensur in der Zofingia generell untersagt.<br />

Die Mehrheit der Zür<strong>ch</strong>er Zofinger trat aus und gründete 1903 die Verbindung Neuzofingia,<br />

die heute no<strong>ch</strong> dem S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Waffenring SWR angehört, seit 1996 wegen Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>smangels<br />

allerdings suspendiert ist: Ri<strong>ch</strong>ter (wie Anm. 26), Seite 104.<br />

28 Nr. 51 Mitgliederverzei<strong>ch</strong>nis der Teutonia in: Hans S<strong>ch</strong>üler, Chronik des Corps Frisia<br />

Karlsruhe, Karlsruhe 1900: «L. Peill, aus Köln, rezipiert 19.7.1865, kgl. Commerzienrath,<br />

Düren/Rheinprovinz.» Die Angaben aus der S<strong>ch</strong>ülers<strong>ch</strong>en Chronik der Frisia verdanke i<strong>ch</strong><br />

Samuel Mühlberg, AH des Fe<strong>ch</strong>tclubs der Zür<strong>ch</strong>er Singstudenten.<br />

29 m.m. = mit Mützen. Gemäss § 8 des «Pauk-Comments der Züri<strong>ch</strong>er Corporationen» von<br />

1861, rev. Fassung Februar 1863, war die commentmässige Forderung für Fü<strong>ch</strong>se «24 Gänge<br />

mit S<strong>ch</strong>lägern und gewöhnli<strong>ch</strong>en Mützen». Die Mütze war vor der Einführung der dam<strong>als</strong><br />

no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t überall verbreiteten Paukbrille au<strong>ch</strong> eine S<strong>ch</strong>utzmassnahme für die Augen. Burs<strong>ch</strong>en<br />

fo<strong>ch</strong>ten ohne Mützen.<br />

8


wurde. Sekundant von <strong>Wille</strong> war Ludwig (Louis) Mi<strong>ch</strong>el, 30 derjenige von Peill<br />

E. Züblin. 31 Als Unparteiis<strong>ch</strong>er fungierte Hilgard, 32 und <strong>als</strong> Paukarzt wirkte <strong>Wille</strong>s<br />

Corpsbruder cand. med. Max S<strong>ch</strong>ede. 33<br />

Auszug aus dem Paukbu<strong>ch</strong> der Tigurinia: erste Mensur <strong>Wille</strong>s im Juni 1865.<br />

- Am 3. Juli 1865 gegen E. Löhmann Teutoniae, 34 wiederum auf 24 Gänge mit<br />

Mützen. <strong>Wille</strong>s Sekundant war aberm<strong>als</strong> Ludwig Mi<strong>ch</strong>el, derjenige von Löhmann<br />

B. Wieck 35 , <strong>als</strong> Unparteiis<strong>ch</strong>er amtete erneut Hilgard. 36 Die Partie wurde<br />

30 Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 81 und KCL 1960 144, Nr. 81: «Mi<strong>ch</strong>el Ludwig, aus Sarnen, Kt.<br />

Unterwalden (xx), rezipiert 1861, später (1863) Würzburger Nassauer (Corps Nassovia), Apotheker,<br />

Brooklyn USA, gest. 1900.»<br />

31 Nr. 17 im Mitgliederverzei<strong>ch</strong>nis der Teutonia (wie Anm. 28): «E. Züblin, aus St. Gallen,<br />

rezipiert 18.10.1862, Oberingenieur für den Bau der Nordostbahn, Züri<strong>ch</strong>.»<br />

32 Aufgrund des Zirkels im Paukbu<strong>ch</strong> (siehe unten Bild über die Mensur <strong>Wille</strong> vs. Peil) ein<br />

Würzburger Rhenane, sehr wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> Carl Hilgard, Rhenaniae Würzburg, rezipiert 1863,<br />

Dr. med., Arzt, Dürkheim, gest. 1895: KCL 1960 143 Nr. 147. Studierte vom WS 1864 bis<br />

Sommer 1866 in Züri<strong>ch</strong> Medizin: Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong> Nr. 2791.<br />

33 Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 95 und KCL 1960 144, Nr. 95: «S<strong>ch</strong>ede Max, aus Halle a.d.S.<br />

(xxx, x), rezipiert 1864, früher (1863) Hallenser Preusse (Corps Borussia Halle), Dr. med.,<br />

Geh. Medizinalrat, ord. Professor der Chirurgie, Bonn, gest. 1902.» S<strong>ch</strong>ede war ein Pionier<br />

der Antisepsis in Deuts<strong>ch</strong>land.<br />

34 Nr. 57 im Mitgliederverzei<strong>ch</strong>nis der Teutonia (wie Anm. 28): «E. Löhmann, aus Altona,<br />

rezipiert. 15.11.1865, Wasserbau-Inspektor, gest. 1884.»<br />

35 Nr. 54 im Mitgliederverzei<strong>ch</strong>nis der Teutonia (wie Anm. 28): «B. Wieck (früher Germania<br />

Mün<strong>ch</strong>en, diese 1863-1865 Burs<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft, 1865-1867 Landsmanns<strong>ch</strong>aft, seither Corps im<br />

WSC), aus S<strong>ch</strong>leswig, rezipiert 26.4.1863, Ingenieur in Berlin.»<br />

9


ausgepaukt, <strong>Wille</strong> bezog ni<strong>ch</strong>ts, sein Gegner erhielt «2 Blutige, mit 3 Nadeln<br />

geflickte Tiefquarten in die Nase».<br />

Auszug aus dem Paukbu<strong>ch</strong> der Tigurinia: Zweite Mensur <strong>Wille</strong>s im Juli 1865.<br />

Und diese zweite Partie hatte disziplinaris<strong>ch</strong>e Folgen: Die dam<strong>als</strong> in Züri<strong>ch</strong> wegen<br />

vers<strong>ch</strong>iedener Duellvorkommnisse 37 sehr mensurfeindli<strong>ch</strong> eingestellten Behörden<br />

hatten hinterher Wind von der Mensur bekommen, die dam<strong>als</strong> <strong>als</strong> Duell<br />

betra<strong>ch</strong>tet wurden. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> erhielt am 2. November 1865 wegen Duellierens<br />

«für das laufende und das folgende Semester» das Consilium abeundi. 38<br />

Na<strong>ch</strong>stehend die hands<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e zweiseitige Verfügung <strong>als</strong> Faksimile 39 und die<br />

mas<strong>ch</strong>inenges<strong>ch</strong>riebene Transkription. 40<br />

36 Siehe Anm. 32.<br />

37 Zu erwähnen sind vor allem das tödli<strong>ch</strong> verlaufene Pistolenduell zwis<strong>ch</strong>en dem Senior der<br />

Baltica Baron von Behr und dem Tübinger Studenten Gaumer <strong>als</strong> Beleger bei Tigurinia im<br />

Juni 1863 bei Winterthur sowie der Tod des Alpigenerfu<strong>ch</strong>ses Hieroymus von Salis na<strong>ch</strong> einer<br />

Mensur mit dem Tiguriner Giesker im WS 1864/65 (siehe au<strong>ch</strong> hinten Anm. 44): Robert<br />

Develey, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en corporierten Studentens<strong>ch</strong>aft im 19. Jahrhundert,<br />

Band II, Basel 1995, Seite 665 f.; Ri<strong>ch</strong>ter (wie Anm. 26), Seite 101.<br />

38 Die lateinis<strong>ch</strong>en Worte «Consilium abeundi», abgekürzt c.a., bedeuten wörtli<strong>ch</strong> «Rat, wegzugehen».<br />

Der Begriff entstammt der akademis<strong>ch</strong>en Geri<strong>ch</strong>tsbarkeit des 18. und 19. Jahrhunderts<br />

und wurde ni<strong>ch</strong>t an allen Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ulen glei<strong>ch</strong> angewendet. Bei einigen Universitäten,<br />

z.B. in Züri<strong>ch</strong>, war na<strong>ch</strong> Ablauf der Straffrist eine erneute Immatrikulation mögli<strong>ch</strong>. Grundsätzli<strong>ch</strong><br />

konnte si<strong>ch</strong> aber ein mit dem c.a. belegter Student an einer anderen Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule jederzeit<br />

immatrikulieren. Das Consilium abeundi stand in der S<strong>ch</strong>were der Strafe zwis<strong>ch</strong>en der<br />

Carzerstrafe und der Relegation, d.h. der endgültigen Entfernung von der Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule ohne<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit, si<strong>ch</strong> andernorts einzus<strong>ch</strong>reiben: Robert Pas<strong>ch</strong>ke, Studentenhistoris<strong>ch</strong>es Lexikon,<br />

Köln 1999, Seite 70 f.; Friedhelm Golücke, Studentenwörterbu<strong>ch</strong>, Das akademis<strong>ch</strong>e Leben<br />

von A bis Z, Graz Wien Köln 1987, Seite 98.<br />

39 Staatsar<strong>ch</strong>iv Züri<strong>ch</strong>, Akten Universität Züri<strong>ch</strong>, Sign. U 98 a.1 (Mappe «Duell»).<br />

40<br />

Transkription im Auftrag des Verfassers dur<strong>ch</strong> Lukas Messmer, stud. phil. I und Journalist,<br />

Uster, der für das Staatsar<strong>ch</strong>iv des Kantons Züri<strong>ch</strong> regelmässig Urkunden transkribiert.<br />

10


Verfügung vom 2.11.1865 Seite 1<br />

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Verfügung vom 2.11.1865 Seite 2<br />

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Die Direction des Erziehungswesens des Kantons Züri<strong>ch</strong><br />

Der Director des Erziehungswesens<br />

Hat<br />

na<strong>ch</strong> Einsi<strong>ch</strong>t eines Antrages des akademis<strong>ch</strong>en Senats vom 29. Oktober l. Js. dahin gehend: Gegen<br />

den stud. juris, Herrn <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> von Chaux-de-Fonds (recte La Sagne, der Verf.) Kant. Neuenburg<br />

wegen Duellirens die Strafe des consilium abeundi, gemäß §. 144 des Unterri<strong>ch</strong>tsgesetzes u. §. §. 22 u.<br />

25. der Statuten für die Studirenden zu verhängen, jedo<strong>ch</strong> mit Rücksi<strong>ch</strong>t darauf, daß das Duell s<strong>ch</strong>on<br />

am 4. Juli 41 l. Js. stattgefunden, aber erst am 30./31. August der akademis<strong>ch</strong>en Behörde zur Kenntniß<br />

gekommen ist, die Strafe nur bis zum Ende des Wintersemesters 1865/66 zu erstrecken, d. h. bis zu<br />

dem Zeitpunkte, bis zu wel<strong>ch</strong>em sie ohne jenes Versäumniß der Untersu<strong>ch</strong>ungsbehörden gegolten<br />

haben würde,<br />

in Berücksi<strong>ch</strong>tigung,<br />

daß der Wortlaut des §. 22 der Statuten für die Studirenden einer Auslegung, wie sie bevorwortet wird,<br />

entgegengesetzt, und daß die Consequenz einer sol<strong>ch</strong>en Auslegung unter Umständen dahin führen<br />

könnte, die Strafe und den damit beabsi<strong>ch</strong>tigten Zweck illusoris<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en, gemäß §. §. 22, 25 u. 26<br />

der Statuten für die Studirenden<br />

verfügt:<br />

1. Gegen den Studiosus juris, Herrn Ulr. <strong>Wille</strong> v. Chaux-de-Fonds wird das consilium abeundi und<br />

damit der Auss<strong>ch</strong>luß von der Universität für das laufende und das folgende Semester verhängt.<br />

2. Von der vom akademis<strong>ch</strong>en Senate gegen den stud. med. Hs. Aloys Mi<strong>ch</strong>el von Sarnen wegen Sekundirens<br />

bei dem Duelle des Hrn. <strong>Wille</strong> verhängten 6tägigen Carcerstrafe und der Unters<strong>ch</strong>rift des<br />

consilium abeundi wird Vormerkung genommen.<br />

3. Mittheilung an die Polizeidirektion dur<strong>ch</strong> Zus<strong>ch</strong>rift, an das Rektorat der Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule zu Handen<br />

akademis<strong>ch</strong>en Senates und zur Kenntnißgabe im Sinne des §. 26, Lemma 2 der Statuten für die Studirenden<br />

mit dem Beifügen, daß es demselben anheimgestellt werde, wenn nöthig den Studirenden neuerdings<br />

die geltenden Disciplinarvors<strong>ch</strong>riften gegen das Duell und die Betheiligung an demselben in<br />

Erinnerung zu bringen.<br />

Züri<strong>ch</strong>, den 2. Nov. 1865.<br />

Für ri<strong>ch</strong>tigen Protokollauszug;<br />

Der Sekretär: Hs. S<strong>ch</strong>weizer<br />

Das Verdikt der Erziehungsdirektion wurde vom Rektor am 3. November 1865<br />

mit einem Zirkulationss<strong>ch</strong>reiben au<strong>ch</strong> den «ho<strong>ch</strong>gea<strong>ch</strong>teten Herren Collegen»<br />

zur Kenntnis gebra<strong>ch</strong>t. Die Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ullehrer hatten mit ihrer Unters<strong>ch</strong>rift auf<br />

41 Laut Paukbu<strong>ch</strong> der Tigurinia am 3. Juli 1865.<br />

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dem Brief zu bestätigen, dass sie ihn gelesen hatten. Auf der Unters<strong>ch</strong>riftenliste<br />

42 finden si<strong>ch</strong> so illustre Namen wie diejenigen der Professoren Billroth 43 und<br />

Regelsberger. 44<br />

<strong>Wille</strong> musste Züri<strong>ch</strong> verlassen und ging «mit Renoncenfarben entlassen» 45 na<strong>ch</strong><br />

Halle an der Saale und wurde dort an « Mi<strong>ch</strong>aelis» (29. September) 1865 46 beim<br />

Corps Borussia aktiv. 47 Wie aus der Exmatrikel vom 5. November 1866 hervorgeht,<br />

hatte er si<strong>ch</strong> am 18. November 1865 an der «Vereinigten Friedri<strong>ch</strong>suniversität<br />

Halle Wittenberg» <strong>als</strong> Jurastudent einges<strong>ch</strong>rieben.<br />

42 Staatsar<strong>ch</strong>iv Züri<strong>ch</strong>, Akten der Universität Züri<strong>ch</strong>, Sign. U 98 a.1 (Mappe «Duell»).<br />

43 Billroth Christian Albert Theodor, aus Bergen auf Rügen, geb. 1829. 1860-1867 Ordinarius<br />

für Chirurgie in Züri<strong>ch</strong>, ab WS 1867 Professor der Chirurgie in Wien, Begründer der modernen<br />

Bau<strong>ch</strong><strong>ch</strong>irurgie, u.a. der Magenresektion (teilweise Entfernung des Magens na<strong>ch</strong> den Methoden<br />

Billroth I und Billroth II), gest. 1894. Billroth war medizinis<strong>ch</strong>er Guta<strong>ch</strong>ter im Strafprozess<br />

gegen Heinri<strong>ch</strong> Giesker Tiguriniae. Dieser hatte am 6.2.1865 den Alpigenerfu<strong>ch</strong>sen<br />

Hieronymus von Salis im 12. Gang mit einer Tiefquart abgesto<strong>ch</strong>en. Salis zog si<strong>ch</strong> wegen<br />

sträfli<strong>ch</strong>er Verna<strong>ch</strong>lässigung der ziemli<strong>ch</strong> harmlosen Wunde und zu früher Ausfahrt im Cerevis<br />

eine Infektion zu, die am 9.3.1865 zum Tod dur<strong>ch</strong> Meningitis führte. Giesker wurde wegen<br />

«Tötung im Duell bzw. Zweikampf» angeklagt, jedo<strong>ch</strong> vom Ges<strong>ch</strong>worenengeri<strong>ch</strong>t am<br />

27.4.1865 freigespro<strong>ch</strong>en, weil Professor Billroth <strong>als</strong> Experte den Kausalzusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />

S<strong>ch</strong>miss und Tod verneinte. Der Angeklagte wurde unter dem Jubel von über hundert<br />

Studenten auf den S<strong>ch</strong>ultern seiner Freunde aus dem Saal getragen. Die Presse dagegen kritisierte<br />

das Urteil s<strong>ch</strong>arf: Akten der Staatsanwalts<strong>ch</strong>aft im Staatsar<strong>ch</strong>iv des Kantons Züri<strong>ch</strong>,<br />

Signatur Y 60.120; Develey (wie Anm. 38) Seite 664; Ri<strong>ch</strong>ter (wie Anm. 26), Seite 101; Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

(wie Anm. 9), Seite 27; Paukbu<strong>ch</strong> Tigurinia 1850-1895, Nr. 374. Der dam<strong>als</strong><br />

s<strong>ch</strong>on berühmte Billroth, der 1872 EM des Akademis<strong>ch</strong>en Gesangvereins Wien (jetzt<br />

Universitätssängers<strong>ch</strong>aft Barden) wurde und ein Freund von Johannes Brahms war, zog zahlrei<strong>ch</strong>e<br />

Inaktive von Mün<strong>ch</strong>ner, Würzburger und Göttinger Corps, die Medizin studierten, an<br />

Diese wirkten oft au<strong>ch</strong> <strong>als</strong> Sekundanten und Unparteiis<strong>ch</strong>e (siehe au<strong>ch</strong> vorne Anm. 32) und<br />

ersetzten Tigurinia so den fehlenden SC: Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 23.<br />

44 Regelsberger Ferdinand, geb. 1831, aus Bayern, 1862-1868 in Züri<strong>ch</strong> Ordinarius für römis<strong>ch</strong>es<br />

Re<strong>ch</strong>t, im Sommersemester 1868 Rektor, später Professor in Giessen, Würzburg, Breslau<br />

und Göttingen, gest. 1911. Regelsberger war einer der berühmtesten Pandektisten. Als AH<br />

des Corps Onoldia Erlangen (KCL 1960, 23 Nr. 373) besu<strong>ch</strong>te er au<strong>ch</strong> die Kommerse der<br />

Tigurinia: Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 22.<br />

45 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 261.<br />

46 Corps-Album der Hallenser Borussia, Cassel 1876, Seite 68; Album des Corps Borussia zu<br />

Halle a.S., Halle 1899, Seite 105.<br />

47 KCL 1960, 96 Nr. 288.<br />

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Exmatrikel vom 5.11.1866 48<br />

Warum gerade Halle? Vermutli<strong>ch</strong> aufgrund des Rates von Max S<strong>ch</strong>ede, dem<br />

Tiguriner Senior im Sommersemester 1865, der <strong>Wille</strong> sekundiert hatte und frü-<br />

48 Universitätsar<strong>ch</strong>iv Halle, Signatur Rep 39 Nr. 31.<br />

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her Hallenser Preusse war. 49 Dies und das befreundete Verhältnis der Tigurinia<br />

zu Borussia waren wohl der Grund für den neuen Studienort Halle. Na<strong>ch</strong> der<br />

Aufnahme bei Borussia fo<strong>ch</strong>t <strong>Wille</strong> sofort eine Mensur. Seine Briefe an die Eltern<br />

überbordeten förmli<strong>ch</strong> von Lebensgefühl und zeigten au<strong>ch</strong> ein jugendli<strong>ch</strong>es<br />

Renommieren, dem der Vater die Mässigung entgegenhielt, 50 obwohl er selbst<br />

alles andere <strong>als</strong> ein Duckmäuser gewesen und keiner Paukerei aus dem Wege<br />

gegangen war. Deshalb heisst es so s<strong>ch</strong>ön im 1882 entstandenen Studentenlied<br />

«Wir lugen hinaus in die sonnige Welt», Strophe 2: «Drum Alter lass ab von<br />

dem s<strong>ch</strong>eltenden Ton, gedenke der Söhne, der lieben, gedenke der Zeit, da du<br />

voreinst viellei<strong>ch</strong>t es no<strong>ch</strong> ärger getrieben!». Ende Januar 1866 fo<strong>ch</strong>t <strong>Wille</strong> auf<br />

die Farben der Borussia eine weitere Partie, wurde hierauf am 2. Februar 1866<br />

rezipiert und erhielt au<strong>ch</strong> das Corpsburs<strong>ch</strong>enband der Tigurinia. 51 Leider stellt<br />

si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dieser Mensur bei <strong>Wille</strong> eine Gesi<strong>ch</strong>tsrose ein. Er lag während Wo<strong>ch</strong>en<br />

auf den Tod krank, umsorgt von seiner Mutter, die aus Hamburg herbeigeeilt<br />

war, wo sie den Vater pflegte. 52 Ob <strong>Wille</strong> in Halle no<strong>ch</strong> weitere Partien gefo<strong>ch</strong>ten<br />

hat, konnte i<strong>ch</strong> leider ni<strong>ch</strong>t eruieren, denn die Pauk- und Protokollbü<strong>ch</strong>er<br />

der Borussia aus jener Zeit sind im 2. Weltkrieg verloren gegangen. 53<br />

Es ma<strong>ch</strong>t den Ans<strong>ch</strong>ein, <strong>als</strong> habe <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> in Halle in erster Linie das Studentenleben<br />

genossen. Der Dekan bes<strong>ch</strong>einigt nämli<strong>ch</strong> im Abgangszeugnis vom<br />

6. November 1866, 54 er habe nur eine einzige Vorlesung gehört, nämli<strong>ch</strong> im<br />

Wintersemester 1865/66 Pandekten bei Prof. Dernburg 55 und im Sommersemester<br />

1866 keine.<br />

49 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 23. Zu S<strong>ch</strong>ede siehe vorne Anm. 33.<br />

50 Helbling (wie Anm. 1), Seite 20.<br />

51 Corps-Album der Hallenser Borussia, Cassel 1876, Seite 68; Album des Corps Borussia zu<br />

Halle a.S., Halle 1899, Seite 105.<br />

52 Helbling (wie Anm. 1), Seite 21.<br />

53 S<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Mitteilung (E-Mail) von Holger Welz Borussiae Halle an den Verfasser vom<br />

27.9.2011.<br />

54 Universitätsar<strong>ch</strong>iv Halle, Signatur Rep 39 Nr. 31.<br />

55<br />

Dernburg Hermann (1829-1907), bedeutender Vertreter der Pandektenwissens<strong>ch</strong>aft, 1854<br />

Professor in Züri<strong>ch</strong>, 1862 in Halle und ab 1871 in Berlin. War au<strong>ch</strong> Mitglied des preussis<strong>ch</strong>en<br />

Herrenhauses.<br />

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Abgangszeugnis vom 6.11.1866<br />

Das waren no<strong>ch</strong> Zeiten, <strong>als</strong> man das Gebäude der Universität in der Regel nur<br />

betrat, um vor einem Platzregen S<strong>ch</strong>utz zu su<strong>ch</strong>en und Bologna bekannt war <strong>als</strong><br />

die Stadt, in der das s<strong>ch</strong>önste Italienis<strong>ch</strong> gespro<strong>ch</strong>en wird und ni<strong>ch</strong>t <strong>als</strong> Synonym<br />

für das Ende der akademis<strong>ch</strong>en Freiheit. Viellei<strong>ch</strong>t hinderte <strong>Wille</strong> aber au<strong>ch</strong> die<br />

vorne erwähnte Erkrankung am Besu<strong>ch</strong> des Kollegs im Sommersemester.<br />

Na<strong>ch</strong> einem Jahr kehrte <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> für das Wintersemester 1866/67 na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong><br />

und damit zu Tigurinia zurück 56 und blieb bis November 1867. Über seine<br />

waffenstudentis<strong>ch</strong>e Tätigkeit in dieser Zeit wissen wir genau Bes<strong>ch</strong>eid: Am 21.<br />

März 1867 sekundierte er bei Partien im Sihlhölzli seinen Corpsbrüdern Reinecke<br />

57 und Niederstadt 58 gegen Rot-Helveter. Ans<strong>ch</strong>liessend trat er am glei<strong>ch</strong>en<br />

56 Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong> Nr. 3212.<br />

57 Reinecke Rudolf, später Berliner Westfale (das seinerzeit mit Tigurinia befreundete Corps<br />

Guestphalia Berlin) Dr. phil., Fabrikdirektor in Magdeburg, gest. 1898 in Hannover: KCL<br />

1960, 144 Nr. 108. Reinecke war vom Sommersemester 1866 bis Sommersemester 1867 stud.<br />

phil. an der Universität Züri<strong>ch</strong>: Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong> Nr. 3093.<br />

58<br />

Niederstadt Carl, Dr. med., Sanitätsrat, gest. in Hannover 1913: KCL 1960, 144 Nr. 110. Er<br />

war im Wintersemester 1866/67 und im Sommersemester 1867 <strong>als</strong> stud. med. an der Univer-<br />

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Tag <strong>als</strong> Consenior der Tigurinia gegen den Rot-Helveter Karl Rudolf Weyermann<br />

an 59 und wurde abgesto<strong>ch</strong>en. Im Paukbu<strong>ch</strong> der Tigurinia finden wir das<br />

bei einer Abfuhr übli<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>warze Kreuz und dahinter die Bemerkung: «mit 2<br />

Nadeln, Vorhieb 60 auf Tiefq(uart) im 19t Gang».<br />

Auszug aus dem Paukbu<strong>ch</strong> der Tigurinia über die Mensuren am 21. März 1867 61<br />

sität Züri<strong>ch</strong> immatrikuliert und Sohn eines Pastors: Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong> Nr.<br />

3164.<br />

59 Weyermann Karl Rudolf (1848-1905), <strong>als</strong> Student am Polyte<strong>ch</strong>nikum Züri<strong>ch</strong> 1865 bei Rot-<br />

Helvetia aktiv geworden, später Oberingenieur der Jura-Simplon-Bahn bzw. der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />

Bundesbahnen SBB, im Militär 1875 Eisenbahnhauptmann, 1880 Major und na<strong>ch</strong>her<br />

Oberst im <strong>General</strong>stab: Fritz H. Ts<strong>ch</strong>anz, Berner Helveter – Helveter und Bern, Eine Prosopographie<br />

1832-2002, Seite 606.<br />

60 Vorhieb: «Pariert man des Gegners Hieb ni<strong>ch</strong>t, sondern s<strong>ch</strong>lägt genau zur selben Zeit mit,<br />

so heisst dies ein a tempo-Hieb. Ist man jedo<strong>ch</strong> dem Gegner im Tempo überlegen, so wird der<br />

mit dem seinigen zu glei<strong>ch</strong>er Zeit angezogene Hieb zum Vorhieb, indem er sein Ziel bei ungedecktem<br />

Aufzug des Gegners errei<strong>ch</strong>t, bevor dieser ausges<strong>ch</strong>lagen hat»: Friedri<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>ulze,<br />

Die Fe<strong>ch</strong>tkunst mit dem Haurapier, Heidelberg 1885, Neudruck Hilden 2005, Seite 46.<br />

61 Paukbu<strong>ch</strong> Tigurinia (1850-1895 Nr. 448), Ar<strong>ch</strong>iv der Tigurinia im Zür<strong>ch</strong>er Staatsar<strong>ch</strong>iv,<br />

Sign. WI 19/115.<br />

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Eine Abfuhr auf S<strong>ch</strong>miss (sog. medizinis<strong>ch</strong>e Abfuhr) zieht keine corpsinternen<br />

Sanktionen na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong>, sofern Te<strong>ch</strong>nik und vor allem Stellung und Moral auf der<br />

Mensur einwandfrei waren. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> durfte daher trotz erlittener Abfuhr<br />

wegen tadelloser Ausübung der Charge im Sommersmester 1867 das Chargenzei<strong>ch</strong>en<br />

xx des Conseniors (Fe<strong>ch</strong>t<strong>ch</strong>argierter) «klammern», d.h. sein Leben lang<br />

hinter Namen und Zirkel das (xx) in Klammern führen. 62<br />

Am 2. November 1867 meldete si<strong>ch</strong> <strong>Wille</strong> «mit Farben entlassen» 63 von der<br />

Universität Züri<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Leipzig ab, wo er vor allem bei Karl Georg Wä<strong>ch</strong>ter,<br />

einer Koryphäe seines Fa<strong>ch</strong>es, Strafre<strong>ch</strong>t belegte. Mit einem Repetitor ging er<br />

das römis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong>m<strong>als</strong> dur<strong>ch</strong>, fand aber, dass er eigentli<strong>ch</strong> alles s<strong>ch</strong>on<br />

wisse. An Selbstbewusstsein fehlte es <strong>Wille</strong> nie. Seit den Hallenser Semestern<br />

hatte si<strong>ch</strong> seine Persönli<strong>ch</strong>keit stark entwickelt. Das Corpswesen lockte ihn aber<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr; viel lieber oblag er dem Reiten und S<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>spielen. Über die Leipziger<br />

Studenten äusserte er in einem Brief, diese seien «sehr versoffene, stiere,<br />

starre, stumme Norddeuts<strong>ch</strong>e». 64 Aktiv geworden war <strong>Wille</strong> in Leipzig si<strong>ch</strong>er<br />

ni<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> einmal. 65 Das wäre in den Akten von Tigurinia und Borussia Halle<br />

sowie in den Kösener Corpslisten vermerkt. Ob er bei einem Leipziger Corps<br />

verkehrt hat, weiss i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t. Am ehesten in Frage käme das dam<strong>als</strong> mit Tigurinia<br />

befreundete Corps Saxonia. Dort wird aber ein <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Gast oder<br />

Besu<strong>ch</strong>er ni<strong>ch</strong>t namentli<strong>ch</strong> erwähnt. 66 Für das Sommersemester 1868 kehrte<br />

62 Siehe <strong>Wille</strong>s Eintrag im Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 100 und in den KCL 1960, 144 Nr. 100.<br />

63 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 262.<br />

64 Helbling (wie Anm. 1), Seite 21 f. Leider befinden si<strong>ch</strong> etli<strong>ch</strong>e studentenhistoris<strong>ch</strong> interessante<br />

Briefe <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>s aus dieser Zeit ni<strong>ch</strong>t im Ar<strong>ch</strong>iv der Familie <strong>Wille</strong> in Mariafeld:<br />

Mitteilung (E-Mail) von Herrn Ully <strong>Wille</strong> an den Verfasser vom 22.9.2011. Wie Biograph<br />

Helbling (wie Anm. 1) in seinem Na<strong>ch</strong>wort (Bu<strong>ch</strong> Seite 338) erwähnt, waren ihm von der<br />

Familie «au<strong>ch</strong> Briefe, die ni<strong>ch</strong>t dem Ar<strong>ch</strong>iv einverleibt» worden waren, überlassen worden,<br />

weshalb er aus den Briefen zitieren konnte. Wo diese Briefe ar<strong>ch</strong>iviert sind, konnte i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

herausfinden.<br />

65 Unzutreffend Jürg Vogel, Rückblick auf 100 Jahre «Vereinigung Alter <strong>Corpsstudent</strong>en in<br />

der S<strong>ch</strong>weiz», in: Deuts<strong>ch</strong>e Corps-Zeitung, August 1990, Seite 32, wona<strong>ch</strong> <strong>Wille</strong> au<strong>ch</strong> Leipziger<br />

Sa<strong>ch</strong>se gewesen sei.<br />

66 S<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>e Mitteilung (E-Mail) von Tobias Jurack Saxoniae Leipzig an den Verfasser vom<br />

14.06.2012.<br />

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<strong>Wille</strong> erneut na<strong>ch</strong> Züri<strong>ch</strong> zurück. 67 Obwohl er in Leipzig angebli<strong>ch</strong> «reifer» geworden<br />

war, liess ihn das Waffenstudentis<strong>ch</strong>e in Züri<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t los. So fungierte er<br />

am 17. März 1869 im Pistolenduell zwis<strong>ch</strong>en Johannes Grioth Tiguriniae und J.<br />

von Pawlowicz <strong>als</strong> Unparteiis<strong>ch</strong>er. Ein ziemli<strong>ch</strong> kühnes Verhalten von jemandem,<br />

der nur ein paar wenige Jahre vorher in Züri<strong>ch</strong> wegen «Duellierens» das<br />

consilium abeundi erhalten und das Studium no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t beendet hatte!<br />

Die Pistolenmensur Grioth vs. Pawlowizc im Paukbu<strong>ch</strong><br />

der Tigurinia mit <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Unparteiis<strong>ch</strong>em (vierte Kolonne).<br />

S<strong>ch</strong>lägermensuren oder Säbelpartien 68 auf die Farben der Tigurinia sind im<br />

Paukbu<strong>ch</strong> keine mehr verzei<strong>ch</strong>net. Es gab seinerzeit no<strong>ch</strong> keine für die Inaktivierung<br />

festgelegte Mindestzahl von Mensuren. Und der Vater drängte auf den<br />

Studienabs<strong>ch</strong>luss. Im Mai 1869 ging <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> na<strong>ch</strong> Heidelberg und wurde<br />

dort am 28. Juli 1869 mit dem Prädikat «Multa cum laude» zum Dr. iur. promo-<br />

67 Matrikeledition der Universität Züri<strong>ch</strong>, Nr. 3400.<br />

68 <strong>Wille</strong> hatte nie eine Säbelmensur gefo<strong>ch</strong>ten. Erst 1918 war er <strong>als</strong> <strong>General</strong> von Dr. Fernand<br />

S<strong>ch</strong>wab Helvetiae Bern im Rahmen der «Berner Säbelaffäre» auf Säbel gefordert worden. Die<br />

Sa<strong>ch</strong>e verlief aber im Sande: Peter Platzer, Der Aarburger Seniorenconvent, in: Documenta et<br />

Commentarii, Nr. 15/1994, Seite 12 f.<br />

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viert. Der mündli<strong>ch</strong>en Doktorprüfung wohnten berühmte Professoren wie<br />

Adolph von Vangerow und der S<strong>ch</strong>weizer Johann Caspar Blunts<strong>ch</strong>li bei. 69<br />

<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Tiguriner, ca. 1868 70<br />

1867 war <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> na<strong>ch</strong> längerem Militärdienst in den Semesterferien Artillerie-Offizier<br />

(Leutnant) geworden. 1871 wurde er <strong>als</strong> Oberleutnant Berufsoffizier<br />

und ma<strong>ch</strong>te Karriere: 1874 Hauptmann, 1877 Major, 1881 Oberstleutnant,<br />

69 Helbling (wie Anm. 1), Seite 26. Der Staatsre<strong>ch</strong>tler Blunts<strong>ch</strong>li war vorher von 1848 bis<br />

1861 Professor in Mün<strong>ch</strong>en, und sein Sohn Carl Friedri<strong>ch</strong> Blunts<strong>ch</strong>li (1834-1907), später<br />

Oberst der Artillerie in der S<strong>ch</strong>weizer Armee, war 1853/1854 beim Corps Cisaria Mün<strong>ch</strong>en,<br />

dem Muttercorps des Verfassers, aktiv: Verzei<strong>ch</strong>nis der Corpsangehörigen des Corps Cisaria<br />

Mün<strong>ch</strong>en 1851-2008, Nr. 24. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> kannte Oberst Blunts<strong>ch</strong>li, hatte er do<strong>ch</strong> von ihm<br />

1880 die «Zeits<strong>ch</strong>rift für die S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Artillerie» (ab 1881 «S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Zeits<strong>ch</strong>rift<br />

für Artillerie und Genie») gekauft, mit der er intensiv Wehrpolitik betrieb: Helbling (wie<br />

Anm. 1), Seite 57.<br />

70 Bild aus: http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong>_<strong>Wille</strong><br />

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1885 Oberst, 1900 Oberstdivisionär (<strong>General</strong>major), 1904 Oberstkorpskommandant<br />

(<strong>General</strong>leutnant) und am 3. August 1914 <strong>General</strong> und Oberbefehlshaber<br />

der S<strong>ch</strong>weizer Armee im Aktivdienst 1914-1918. 71<br />

<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Oberleutnant 1872 72<br />

Mehrm<strong>als</strong> weilte <strong>Wille</strong> zu Truppen- und Manöverbesu<strong>ch</strong>en bei der Deuts<strong>ch</strong>en<br />

Armee. So war er zum Beispiel im August 1893 Beoba<strong>ch</strong>ter bei den Kaisermanövern<br />

und bei einer Parade der Gardekavallerie-Regimenter. Die Parade hinterliess<br />

bei ihm einen grossen äusseren Eindruck. Ein Brief an seinen Vater enthält<br />

jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> eine kritis<strong>ch</strong>e Beurteilung des ausserdienstli<strong>ch</strong>en Benehmens der<br />

preussis<strong>ch</strong>en Kavallerieoffiziere, und in diesem Zusammenhang finden wir au<strong>ch</strong><br />

eine wenig s<strong>ch</strong>mei<strong>ch</strong>elhafte Nebenbemerkung zum <strong>Corpsstudent</strong>entum: «Junge<br />

Offiziere der Gardekavallerie-Regimenter, die i<strong>ch</strong> im Restaurant bei Tis<strong>ch</strong>, im<br />

Zirkus und an anderen Orten beoba<strong>ch</strong>tete, ma<strong>ch</strong>ten mir – übrigens gerade so wie<br />

die <strong>Corpsstudent</strong>en von heute – gar keinen günstigen Eindruck…». 73 Diese Bemerkung<br />

erstaunt ni<strong>ch</strong>t. <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong>, der in den Jahren 1865 bis 1869 aktiv gewesen<br />

war, gehörte zu den <strong>Corpsstudent</strong>en alter S<strong>ch</strong>ule. Na<strong>ch</strong> dem französis<strong>ch</strong>deuts<strong>ch</strong>en<br />

Krieg von 1870/71 hatte si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> das <strong>Corpsstudent</strong>entum stark<br />

verändert, ni<strong>ch</strong>t nur zum Guten. Der Hang zum Luxus, das Protzen- und Gigerl-<br />

71 Ernst Wetter/Eduard von Orelli, Wer ist wer im Militär? Frauenfeld 1986, Seite 184.<br />

72 Aus: Helbling (wie Anm. 1), na<strong>ch</strong> Seite 40.<br />

73 Helbling (wie Anm. 1), Seite 107.<br />

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tum wurden ni<strong>ch</strong>t bloss im «Simplicissimus» karikiert, sondern au<strong>ch</strong> von einer<br />

grossen Zahl von Alten Herren kritisiert. Es sei nur an die Zanders<strong>ch</strong>e Reform-<br />

Bewegung im Jahre 1880 hingewiesen. 74 Es ma<strong>ch</strong>t den Ans<strong>ch</strong>ein, <strong>als</strong> habe das<br />

Corpswesen im Leben von <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> mit dem Eintritt ins Berufsleben stark<br />

an Bedeutung eingebüsst. Besonders fällt auf, dass in der Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

nirgends erwähnt wird, <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> habe eine Veranstaltung der Tigurinia besu<strong>ch</strong>t.<br />

Das ist sehr erstaunli<strong>ch</strong>, denn spätestens na<strong>ch</strong> der Beförderung zum Divisionär,<br />

si<strong>ch</strong>er aber zum <strong>General</strong>, wären wohl Besu<strong>ch</strong>e eines so prominenten<br />

Corpsbruders bei einem Anlass mit Si<strong>ch</strong>erheit gross herausgestri<strong>ch</strong>en worden.<br />

Daran ändert ni<strong>ch</strong>ts, dass Korpskommandant Hermann Steinbu<strong>ch</strong> Tiguriniae 75 in<br />

seiner Trauerrede erwähnte, <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> habe in Züri<strong>ch</strong> bei Tigurinia und in<br />

Halle bei Borussia <strong>als</strong> <strong>Corpsstudent</strong> «regen Anteil am akademis<strong>ch</strong>en Leben genommen,<br />

von seinen Corpsbrüdern allezeit geliebt und gea<strong>ch</strong>tet». 76 Im Beri<strong>ch</strong>t<br />

über das 50. Stiftungsfest der Tigurinia im Jahre 1900 fehlt der Name <strong>Wille</strong>, und<br />

au<strong>ch</strong> auf dem dam<strong>als</strong> ges<strong>ch</strong>ossenen Gruppenfoto 77 vor dem Hotel Baur au Lac<br />

su<strong>ch</strong>en wir <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> vergebli<strong>ch</strong>. Au<strong>ch</strong> von Besu<strong>ch</strong>en der Tigurinia bei <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong><br />

<strong>Wille</strong> auf Gut Mariafeld lesen wir in der Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te ni<strong>ch</strong>ts. <strong>Wille</strong><br />

war jedo<strong>ch</strong> Mitglied des 1887 gegründeten «Bezirksverbandes S<strong>ch</strong>weiz der<br />

74 Als na<strong>ch</strong> der Rei<strong>ch</strong>sgründung 1871 bei den Corps kostspielige Äusserli<strong>ch</strong>keiten (grosser<br />

Aufwand bei Corpsbesu<strong>ch</strong>en, auswärtige PP-Suiten sogar zwis<strong>ch</strong>en SC, Luxus bei der Kleidung,<br />

der Gästebewirtung usw.) überhandnahmen, warb Intendanturrat Leonhard Zander Borussiae<br />

Breslau, Guestphaliae Jena, Mar<strong>ch</strong>iae Halle (KCL 1960, 78 Nr. 427) mit ein paar<br />

Glei<strong>ch</strong>gesinnten für eine Besinnung auf die alten corpsstudentis<strong>ch</strong>en Ideale. Zu diesem Zwecke<br />

versandte er 1880 Tausende von Fragebögen an Alte Herren und fand breite Zustimmung.<br />

4û077 Fragebögen kamen unterzei<strong>ch</strong>net zurück. Die beim Hohen Kösener-Senioren-<br />

Convents-Verband eingerei<strong>ch</strong>te «Denks<strong>ch</strong>rift gegen Luxus und Protzentum» wurde unter anderem<br />

vom Kronprinzen Wilhelm Borussiae Bonn (dem späteren Kaiser Wilhelm II.) und von<br />

Rei<strong>ch</strong>skanzler Otto von Bismarck Hannoverae Göttingen unterstützt. Die s<strong>ch</strong>limmsten Auswü<strong>ch</strong>se<br />

(z.B. SC-PP-Suiten) wurden am 4. Juni 1881 beim Kösener Congress unter dem Vorort<br />

des SC zu Züri<strong>ch</strong> beseitigt: Pas<strong>ch</strong>ke (wie Anm. 39), Seite 300 f.; Wilhelm Fabricius, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

und Chronik des Kösener SC-Verbandes, 3. Auflage, Frankfurt a. Main 1924, Seite<br />

84 ff.; Karl Rosenbaum, In memoriam Leonhard Zander, in: Einst und Jetzt 1957, Seite 113<br />

ff. Im Wilhelminis<strong>ch</strong>en Zeitalter von 1888 bis 1914 war jedo<strong>ch</strong> von Bes<strong>ch</strong>eidenheit im<br />

Corpsbetrieb ni<strong>ch</strong>t viel zu spüren, ganz im Gegenteil.<br />

75 Steinbu<strong>ch</strong> Hermann, rezipiert 1882, Oberstkorpskommandant, gest. 1925: KCL 1960, 144<br />

Nr. 167.<br />

76 Rede von Oberstkorpskommandant H. Steinbu<strong>ch</strong> bei der Trauerfeier am 3.2.1925, in: Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

(wie Anm. 9), Seite 193.<br />

77 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), na<strong>ch</strong> Seite 56.<br />

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AHAH von Kösener Corps», 78 die seit 1962 «Vereinigung Alter <strong>Corpsstudent</strong>en<br />

in der S<strong>ch</strong>weiz VACS» heisst. Im Wintersemester 1893/94 kam Fritz <strong>Wille</strong>, der<br />

älteste Sohn von <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> <strong>als</strong> Fu<strong>ch</strong>s zu Tigurinia, do<strong>ch</strong> es wurde ihm am 26.<br />

Februar 1895 der Austritt gestattet. 79 Im Jahre 1900 erhielt er die Corpss<strong>ch</strong>leife.<br />

80 Dass <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> seinen heissgeliebten erstgeborenen Sohn Fritz <strong>als</strong> Fu<strong>ch</strong>s zu<br />

Tigurinia ges<strong>ch</strong>ickt hatte, deutet ni<strong>ch</strong>t auf ein grundlegendes Zerwürfnis zwis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Ulri<strong>ch</strong></strong> <strong>Wille</strong> und Tigurinia hin. Laut Auskunft eines meiner tigurinis<strong>ch</strong>en<br />

Corpsbrüder, 81 dessen Stiefgrossvater Tiguriner gewesen war, 82 soll si<strong>ch</strong> <strong>Ulri<strong>ch</strong></strong><br />

<strong>Wille</strong> jedo<strong>ch</strong> der Borussia Halle mehr verbunden gefühlt haben <strong>als</strong> der Tigurinia<br />

und er sei, na<strong>ch</strong>dem es 1881 zum Bru<strong>ch</strong> des befreundeten Verhältnisses zwis<strong>ch</strong>en<br />

Tigurinia und Borussia 83 gekommen war, ni<strong>ch</strong>t mehr zu Tigurinia gekommen.<br />

Gegen eine Bevorzugung der Hallenser Preussen spri<strong>ch</strong>t allerdings der<br />

vorne zitierte Ausspru<strong>ch</strong> <strong>Wille</strong>s über die Leipziger Studenten. Halle liegt ja<br />

ni<strong>ch</strong>t weit von Leipzig entfernt. Anderseits hatte <strong>Wille</strong> dur<strong>ch</strong>aus keine Abneigung<br />

gegen das Preussis<strong>ch</strong>e. Mögli<strong>ch</strong>erweise hat ihn einfa<strong>ch</strong> sein Beruf von der<br />

Teilnahme an Anlässen der Tigurinia in Züri<strong>ch</strong> abgehalten. Dienst- und teilweise<br />

au<strong>ch</strong> Wohnorte <strong>Wille</strong>s waren ja während vieler Jahre Thun und Bern, und<br />

zudem war die zeitli<strong>ch</strong>e Belastung eines Berufsoffiziers s<strong>ch</strong>on früher ho<strong>ch</strong>. Wie<br />

dem au<strong>ch</strong> sei: <strong>General</strong> <strong>Wille</strong> bleibt einer der prominentesten S<strong>ch</strong>weizer <strong>Corpsstudent</strong>en<br />

und wird, wenn von Tigurinia die Rede ist, immer besonders erwähnt.<br />

78 Vogel (wie Anm. 65), Seite 32.<br />

16.07.2012<br />

79 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 271 f.; Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 176 und KCL<br />

1960, 144, Nr. 176: «<strong>Wille</strong> Fritz, aus Bern, IdC, Fabrikdirektor, Cham, gest. 1912.» Er war<br />

<strong>als</strong> Milizoffizier Major im <strong>General</strong>stab und starb bei einem Sturz vom Pferd: Helbling (wie<br />

Anm. 1), Seite 204.<br />

80 Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 22.<br />

81 Freundli<strong>ch</strong>e Mitteilung von Friedhelm Dömges Nassoviae, Tiguriniae, 2008-2011 Zweiter<br />

Vorsitzender des VAC.<br />

82 Feldmann Ernst(xxx), aus Ruhrort, später Nassauer, Dr. jur. et med., Augenarzt, rezipiert<br />

1908, Bad Godesberg: Tigurinerverzei<strong>ch</strong>nis Nr. 229; KCL 1960, 144, Nr. 229; Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

wie Anm. 9), Seite 278 f.<br />

83<br />

Das bei einem sol<strong>ch</strong>en Ereignis übli<strong>ch</strong>e «Bru<strong>ch</strong> PP» wurde 1882 in Strassburg ausgefo<strong>ch</strong>ten:<br />

Tigurinerges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (wie Anm. 9), Seite 32.<br />

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