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Korrespondenz Abwasser · Abfall - DWA

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Millenium-Entwicklungsziele:<br />

nicht stehenbleiben<br />

Was nutzen internationale Großkongresse<br />

im Wasserbereich wie die Stockholm<br />

World Water Week – jährlich im August –<br />

oder das World Water Forum, das gerade<br />

(vom 12. bis 17. März) in Marseille zum<br />

sechsten Mal stattgefunden hat? Stockholm<br />

zieht jeweils etwa 2000 Fachleute<br />

an, die Veranstalter aus Marseille berichten<br />

gar über mehr als 35 000 Teilnehmer,<br />

verbunden mit einer enormen Menge an<br />

Unterlagen in Papierform, Resolutionen,<br />

Erklärungen, Wünschen. Da wird schon<br />

einmal gefragt, „außer Spesen nichts gewesen?“<br />

Man soll sich aber nicht täuschen:<br />

Die Vereinten Nationen (UN) gaben<br />

am 6. März 2012 die freudige Mitteilung<br />

heraus, die Millenium-Entwicklungsziele<br />

für Wasser seien bezüglich der<br />

Trinkwasserversorgung erreicht, und<br />

zwar deutlich vor dem Zieltermin 2015.<br />

Was die <strong>Abwasser</strong>entsorgung und den<br />

Zugang der Bevölkerung in armen Ländern<br />

zu Sanitäreinrichtungen betrifft, besteht<br />

laut den UN noch großer Handlungsbedarf.<br />

Zur Erinnerung: Die UN-Vollversammlung<br />

hat im September 2000 beschlossen,<br />

bis zum Jahr 2015 den Anteil<br />

der Menschen, die keinen Zugang zu hygienischem<br />

Trinkwasser haben oder es<br />

sich nicht leisten können, sowie den Anteil<br />

der Menschen, die keinen Zugang zu<br />

sicheren Sanitäreinrichtungen und <strong>Abwasser</strong>entsorgung<br />

haben, zu halbieren.<br />

Zwischen 1990 und 2010 haben nach<br />

Angaben der UN und ihrer Organisationen<br />

zwei Milliarden Menschen Zugang<br />

zu verbesserten Trinkwasserressourcen<br />

bekommen, etwa über Wasserleitungen<br />

und sichere Brunnen. Der Bericht Progress<br />

on Drinking Water and Sanitation<br />

2012, den die Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO und das Weltkinderhilfswerk<br />

Unicef herausgegeben haben, stellt fest,<br />

dass Ende 2010 89 Prozent der Weltbevölkerung,<br />

das sind 6,1 Milliarden Menschen,<br />

eine bessere Trinkwasserversorgung<br />

nutzen können. Dies sei ein Prozentpunkt<br />

mehr als das Millenium-Ziel,<br />

das man zu 88 Prozent der Weltbevölke-<br />

rung umrechnen kann. Der Bericht prognostiziert<br />

weiter, dass bis zum Zieljahr<br />

2015 92 Prozent der Weltbevölkerung sicheres<br />

Trinkwasser haben. Aber noch immer<br />

sterben täglich weltweit über 3000<br />

Kinder an Durchfallerkrankungen. Der<br />

Exekutivdirektor von Unicef, Anthony Lake,<br />

warnte allerdings, man könne das Erreichte<br />

noch nicht als Sieg feiern, denn<br />

immer noch hätten elf Prozent der globalen<br />

Bevölkerung – 783 Millionen Menschen<br />

– keinen Zugang zu sicherem<br />

Trinkwasser, und die Zahl derjenigen, die<br />

keine verlässlichen Sanitäreinrichtungen<br />

nutzen können, gehe in die Milliarden.<br />

Was den Sanitärbereich und die <strong>Abwasser</strong>entsorgung<br />

betrifft, ist das Ziel<br />

lange nicht erreicht und wird auch bis<br />

2015 kaum erreicht werden. Aktuell haben<br />

laut UN nur 63 Prozent der Bevölkerung<br />

weltweit Zugang zu fortschrittlichen<br />

Sanitäreinrichtungen. Bis 2015 soll<br />

diese Zahl nach Prognosen der UN auf<br />

67 Prozent steigen. Das Millenium-Entwicklungsziel<br />

liegt bei 75 Prozent. 2,5<br />

Milliarden Menschen haben derzeit keine<br />

sicheren und sauberen Sanitär- und<br />

<strong>Abwasser</strong>entsorgungseinrichtungen.<br />

Weiter dämpft den Jubel, dass die<br />

globalen Zahlen überdecken, dass teilweise<br />

erhebliche regionale Unterschiede<br />

bestehen, gelegentlich sogar innerhalb<br />

ein- und desselben Landes. Und über 1,1<br />

Milliarden Menschen müssen ihren<br />

„Toilettengang“ im Freien verrichten.<br />

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon fasst<br />

den Stand der Dinge so zusammen: „Wir<br />

haben ein wichtiges Ziel erreicht, aber<br />

wir dürfen hier nicht stehenbleiben.“<br />

In diesem Zusammenhang findet<br />

auch das eingangs erwähnte World Water<br />

Forum in Marseille einen Platz: Dort<br />

wurde am ersten Tag, dem 12. März<br />

2012, der vierte UN World Water Development<br />

Report (WWDR4) vorgestellt. Neu<br />

ist hier unter anderem, dass der Bericht<br />

jetzt drei Bände umfasst, die jeweils unter<br />

einem separaten Thema stehen:<br />

Band 1: Managing Water under Uncertainty<br />

and Risk, Band 2: Knowledge Base,<br />

Editorial<br />

Band 3: Facing the Challenges. Der<br />

WWDR4 dürfte eine wertvolle Quelle<br />

vielfältiger Information sein, die auszuwerten<br />

ihre Zeit erfordert. Ein erklärtes<br />

Ziel des Berichts ist es jedenfalls, besonders<br />

die Wechselbeziehungen zwischen<br />

Wasser und den Entscheidungsträgern zu<br />

beleuchten sowie größere Änderungen<br />

und Unsicherheiten zu betrachten. Die<br />

Klimaänderung und ein erhöhter Wasserbedarf,<br />

in Landwirtschaft wie Industrie,<br />

spielen in dem Bericht eine große Rolle.<br />

Zum Beispiel wird betont, derzeit würden<br />

in der Welt 80 Prozent des <strong>Abwasser</strong>s<br />

weder gesammelt noch gereinigt.<br />

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt,<br />

dass das diesjährige World Water<br />

Forum ausdrücklich der Vorbereitung der<br />

Konferenz „Umwelt und Entwicklung<br />

Rio�20“ der Vereinten Nationen dient,<br />

die im Juni 2012 stattfindet.<br />

In eine ähnliche Richtung zielt ein im<br />

März 2012 erschienener Bericht der EU-<br />

Umweltagentur (EEA): Europa müsse<br />

seine Anstrengungen zur effizienteren<br />

Verwendung von Wasser verdoppeln,<br />

sonst könnte es negative Konsequenzen<br />

für die Wirtschaft haben. Im Laufe dieses<br />

Jahres will die Europäische Kommission<br />

ihren „Vorschlag für den Schutz der europäischen<br />

Wasserressourcen“ veröffentlichen.<br />

Dieser kleine Auszug zeigt, das Thema<br />

Wasser nimmt an vielen Stellen der internationalen<br />

Politik einen prominenten<br />

Platz ein. Erfolge sind zu verzeichnen,<br />

aber man darf, mit den Worten des UN-<br />

Generalsekretärs, nicht nachlassen, und<br />

es ist noch ein langer Atem nötig, bis die<br />

Wasserfrage global befriedigend gelöst ist.<br />

Frank Bringewski<br />

www.dwa.de/KA KA <strong>Korrespondenz</strong> <strong>Abwasser</strong>, <strong>Abfall</strong> <strong>·</strong> 2012 (59) <strong>·</strong> Nr. 4<br />

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