Interview mit Lothar Popp - Klaus und Renate Kuhl
Interview mit Lothar Popp - Klaus und Renate Kuhl
Interview mit Lothar Popp - Klaus und Renate Kuhl
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wir kannten einander ja kaum, da war doch keine Rede davon. Ich weiß gar nicht wie<br />
viele Soldatenräte es damals gab. Da in der Ecke wählten sie einen, da einen, da einen ...<br />
Die richtigen Soldatenräte, das organisatorische, nicht, das gab es doch erst, nachdem ich<br />
das organisiert hatte. Das waren doch wilde Geschichten, nicht wahr, das war doch nichts<br />
organisiertes.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Und da wo Sie das organisiert hatten, an dem Nach<strong>mit</strong>tag, da ist Noske dann<br />
auch gewählt worden ?<br />
Dann wurde Noske Gouverneur <strong>und</strong> ich Vorsitzender .... Richtig gewählt werden<br />
konnte doch erst, nachdem ich diesen Umschwung herbeigeführt hatte. Wer hatte denn eine<br />
Legitimation zu wählen vorher ?<br />
<strong>Kuhl</strong>: Aber da ist Noske dann auch gewählt worden?<br />
Das weiß ich nicht mehr. Es kann sein, dass Noske schon vorher von einer anderen<br />
Gruppe gewählt worden war, das weiß ich nicht.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Haben Sie nicht versucht zu verhindern, dass Noske gewählt wurde?<br />
Ja, warum denn ? Ja, ich konnte doch die SPD nicht ausschalten.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Warum nicht ?<br />
Ja, nun hören Sie doch mal zu, nun gehen Sie doch mal los, wenn Sie einer sind <strong>und</strong><br />
die anderen sind zehn. Wollen Sie die ausschalten die zehn? Wie machen Sie das?<br />
<strong>Kuhl</strong>: Man kann es doch auf alle Fälle versuchen.<br />
Nee, das ist ja putschen, Menschenskind. Daran ist ja die Weimarer Republik<br />
kaputtgegangen.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Das würde ich nicht als putschen bezeichnen.<br />
Natürlich ist das putschen. Hören Sie mal zu, was Noske wollte in Kiel, habe ich<br />
verhindert. Was nachher passierte, das war die Schuld von Liebknecht <strong>und</strong> Rosa<br />
Luxemburg <strong>und</strong> der Spartakus-Gruppe. Mir konnte doch Noske nichts anhaben. Ich habe ja<br />
nichts gemacht, wo er einhaken konnte.<br />
Aber ich hätte ihn vielleicht madig machen können. Ich habe doch verhindert, dass er<br />
das machte, was er wollte.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Finden Sie, also ich finde...<br />
In Kiel hat er doch nichts machen können. Er hat doch die Revolution nicht<br />
verhindern können, trotzdem er deswegen nach Kiel gefahren ist. Das weiß doch jedes<br />
politische Kind, dass Noske nach Kiel kam, um die Revolution abzubiegen, als es war ja<br />
noch gar keine Revolution, um die Revolte abzubiegen. Mehr konnte ich doch nicht. Was<br />
wollte ich denn sonst noch ?<br />
<strong>Kuhl</strong>: Er hat doch im Gr<strong>und</strong>e genommen, das alte System wieder etabliert, meiner<br />
Ansicht nach.<br />
Ne, das kann man nicht sagen. In Kiel konnte er gar nichts machen. Was Noske<br />
nachher gemacht hat, das hätte er nie machen können, ohne die kommunistischen Putsche.<br />
<strong>Kuhl</strong>: Ohne die wäre es wahrscheinlich noch schlimmer gekommen.<br />
Reden Sie nicht so einen totalen Unsinn. In den Warenhäusern haben sie die ganzen<br />
Kriegsspielsachen weggeworfen. Die ganze Welt wollte keinen Krieg mehr. Erst durch diese<br />
verfluchte Geschichte, diese blödsinnigen Putsche, sind doch die Kerle aus ihren Löchern<br />
wieder herausgekommen. Die Weimarer Republik wäre ohne die Kommunisten nicht<br />
kaputtgegangen. Wie ist denn die Wahl von Hindenburg zustande gekommen? Warum hat<br />
Marx, der Gegenkandidat von Hindenburg, nicht genug Stimmen gekriegt? Weil die<br />
Kommunisten Ernst Thälmann als Gegenkandidaten aufgestellt haben, obwohl sie genau<br />
wussten, der wird nicht gewählt. Aber die Stimmen haben Marx gefehlt. Und ohne<br />
<strong>Lothar</strong> <strong>Popp</strong> im Streitgespräch, September 1978, Hamburg Seite 10 von 60