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Interview mit Lothar Popp - Klaus und Renate Kuhl

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Jetzt passen Sie auf, was jetzt kommt. Jetzt werde ich Ihnen genau beweisen, dass<br />

Noske nur durch Spartakus überhaupt etwas werden konnte. Ich hatte vorhin schon gesagt,<br />

die ganze Welt war derartig eingestellt gegen das alte Regime ... da waren ja immer noch<br />

zwei Strömungen. Ebert wollte doch die Monarchie nicht beseitigen. Das ist der USPD auch<br />

noch gelungen. Aber dann schon <strong>mit</strong> Hilfe von Teilen der SPD. Scheidemann hat ja die<br />

Republik ausgerufen, da wurde doch Ebert zornrot. Also die Situation war doch so, daß alle<br />

Macht in Deutschland in den Händen der Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräte lag. Ein Teil der USPD,<br />

damals auch ich, war der Meinung: Alle Macht bei den Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräten lassen,<br />

die Soldaten nach <strong>und</strong> nach nach Hause schicken <strong>und</strong> erst einmal Tatsachen schaffen. So<br />

habe ich die Diktatur des Proletariats verstanden. Auf einmal alle diese Hindernisse aus dem<br />

Wege räumen, z.B. das preußische Drei-Klassen-Wahlrecht. Das konnte man ja gar nicht<br />

anders als auf diese Weise, ist ja auch geschehen. Es ist ja eine Menge diktiert worden<br />

1918. Aber wenn die Masse nicht mehr <strong>mit</strong> will, dann muss ich doch einlenken. Also jetzt<br />

passen Sie auf, hören Sie gut zu, was ich Ihnen jetzt erzähle, weiß kein Mensch auf der<br />

ganzen Welt mehr außer mir. Die USPD hatte im Anfang Januar eine Zusammenkunft<br />

zusammengerufen, aus jedem Bezirk einen Mann. Aus Kiel kam ich. Ich kam rein in das<br />

Lokal... Haase, Ledebour, Dittmann, ich weiß nicht mehr, wer sonst noch. Es war nicht viel,<br />

von jedem Bezirk einer <strong>und</strong> dann noch der Parteivorstand, das war alles.<br />

Und nun kamen die (Luxemburg <strong>und</strong> Liebknecht) da, <strong>und</strong> das müssen Sie sich<br />

vorstellen, die waren ja damals noch <strong>mit</strong> in der USPD, <strong>und</strong> da waren doch schon die<br />

Differenzen. Liebknecht <strong>und</strong> Rosa Luxemburg waren nicht da. Da haben wir verlangt, wir<br />

möchten aber, dass die teilnehmen. Dann wurden die geholt! Die kamen auch. Jetzt hat sich<br />

folgendes abgespielt. Liebknecht saß hier, da saß die Rosa Luxemburg, ich saß da. Jetzt<br />

hält Liebknecht seine Rede <strong>und</strong> sagt folgendes zum Schluss seiner Rede: Wir müssen <strong>und</strong><br />

wollen alle Macht den Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräten, keine Nationalversammlung. Da stand<br />

ich auf <strong>und</strong> sagte zu ihm: Das möchte ich auch, aber das brauche ich nicht zu mögen, das<br />

ist ja Tatsache. Ich kann doch nicht fordern, alle Macht den Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräten, die<br />

haben sie ja. Zur Zeit während wir hier sitzen haben die Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräte die<br />

Macht. Wir haben uns aber <strong>mit</strong> einem ganz anderen Problem auseinander zusetzen, wir<br />

haben uns <strong>mit</strong> dem Problem auseinander zusetzen, dass diese Arbeiter- <strong>und</strong> Soldatenräte,<br />

die die Macht haben, sie gar nicht haben wollen, dass sie die Nationalversammlung wollen.<br />

Da haben wir uns doch nur noch darauf einzustellen, was tun wir, da<strong>mit</strong> in der<br />

Nationalversammlung die maßgeblichen Leute sitzen. Da wartete ich auf eine Antwort von<br />

Liebknecht, die habe ich aber bis heute noch nicht.<br />

In dem Moment kommt der lange Breitscheid, Abgeordneter. Breitscheid war<br />

Außenpolitiker der USPD, sehr kluger Mann. Es kommt der lange Breitscheid rein <strong>und</strong> sagt,<br />

„Es ist etwas entsetzliches geschehen, an der Maikäferkaserne ist geschossen worden!“ Da<br />

habe ich gesagt: „Das ist der Schuss ins Herz der deutschen Revolution.“ Und jetzt kommt<br />

das Schönste. Sie müssen sich mal vorstellen: Diese Anmaßung, dieser Hochmut! Wir<br />

kommen von ganz Deutschland zusammen, <strong>mit</strong> uns zu reden, das als Geschwätz zu<br />

bezeichnen! Da stand die Rosa Luxemburg auf <strong>und</strong> sagt: "Komm Karl, wir haben jetzt keine<br />

Zeit zu schwätzen, wir müssen handeln." Da sprangen sie beide auf <strong>und</strong> gingen raus.<br />

Mir können Sie Rosa Luxemburg <strong>und</strong> Karl Liebknecht nicht verkaufen, ich kenne sie.<br />

Stellen Sie sich das mal vor, wir kommen aus ganz Deutschland zusammen, die beiden sind<br />

doch nicht alleine maßgebend. Hier sitzen die Spitzen der Partei, nicht nur das, sondern<br />

auch die Leute, die die Revolution gemacht haben. Mit uns zu reden, was man nun tun soll,<br />

nennen sie Geschwätz. So kann man keine Politik machen. Dann haben sie den „Vorwärts“<br />

besetzt, das „Berliner Tageblatt“ besetzt, was soll das? Können Sie mir sagen, ob man da<strong>mit</strong><br />

etwas Vernünftiges machen kann? Da<strong>mit</strong> kann man doch nur die Leute verrückt machen.<br />

Das konnte man nicht laufen lassen. Da<strong>mit</strong> war der Bürgerkrieg da. Noske war der, der die<br />

Geschichte gemacht hat.<br />

<strong>Kuhl</strong>: Stimmt das, dass die Kieler Unteroffizierstruppe...<br />

<strong>Lothar</strong> <strong>Popp</strong> im Streitgespräch, September 1978, Hamburg Seite 12 von 60

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