Psychotherapeutenjournal 2/2009
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Methodenvielfalt in der Psychotherapieforschung<br />
die Verwendung beider Forschungsansätze<br />
und kritisieren mit deutlicher Schärfe<br />
die Tendenz zur „mono-method research“<br />
(entweder qualitativ oder quantitativ)<br />
und urteilen: „Mono-method research is<br />
the biggest threat to the advancement<br />
of the social siences.“ Die Kombination<br />
verschiedener Forschungsansätze bedeutet<br />
jedoch nicht, dass wild nach dem<br />
„anything goes“-Prinzip gemixt wird. Unabdingbare<br />
Voraussetzung jeder empirischen<br />
Forschung ist, dass transparent,<br />
methodologisch stringent und nachvollziehbar<br />
vorgegangen wird. Es ist ausdrücklich<br />
vor der „no-method-method“ (Mc-<br />
Wey, James & Smock, 2005) zu warnen<br />
(Ochs & Schweitzer, <strong>2009</strong>). Ein Beispiel<br />
für solch ein Mixed-Method-Design stellt<br />
etwa eine eigene Untersuchung zur familientherapeutischenKinderkopfschmerzforschung<br />
dar (Ochs et al., 2005): Dort<br />
wurden einerseits halbstrukturierte Familiengespräche<br />
qualitativ-inhaltsanalytisch<br />
ausgewertet und andererseits die Belastung<br />
der Kinder durch ihre Kopfschmerzen<br />
quantitativ mittels einer numerischen<br />
Ratingskala erfasst. Beide Datenquellen<br />
wurden dann miteinander verrechnet,<br />
wobei herauskam, dass Kopfschmerzkinder<br />
aus Familien, bei denen sich im Behandlungsverlauf<br />
kopfschmerzassoziierte<br />
familiäre Beziehungsmuster veränderten,<br />
eine deutlich geringere Kopfschmerzbelastung<br />
zum Katamnesezeitpunkt angaben,<br />
als Kopfschmerzkinder aus Familien,<br />
bei denen sich im Behandlungsverlauf<br />
kopfschmerzassoziierte familiäre Beziehungsmuster<br />
nicht veränderten.<br />
Ein Beispiel dafür, wie dringend sowohl qualitative<br />
als auch quantitative Forschung benötigt<br />
wird, um psychologische Phänomene<br />
hinreichend angemessen erfassen und verstehen<br />
zu können, stellt die Frage der Auswirkungen<br />
von Trennung und Scheidung der<br />
Eltern auf Kinder und Jugendliche dar: Qualitative<br />
Forschung in diesem Bereich (Wallerstein,<br />
Lewis & Blakeslee, 2000) sensibilisiert<br />
dafür, dass manche Betroffene im Einzelfall<br />
betrachtet lang anhaltende „Gefühlsspuren“<br />
der Beziehungsverletzlichkeit und -unsicherheit<br />
entwickeln können, die sich manchmal<br />
wie „Schläfereffekte“ erst viele Jahre später<br />
auswirken können. Quantitative Forschung<br />
in diesem Bereich macht deutlich (Hetherington<br />
& Kelly, 2002), dass sich Kinder<br />
128<br />
von geschiedenen und nicht geschiedenen<br />
Eltern im Großen und Ganzen mittel- bis<br />
langfristig betrachtet im Allgemeinen in ihrer<br />
seelischen und körperlichen Gesundheit<br />
nicht unterscheiden (vgl. auch Ochs & Orban,<br />
2008). Diese angedeutete Komplexität<br />
der Resultate ist nicht Ausnahme, sondern<br />
typisch für Phänomene im Kontext von<br />
Psychologie und Psychotherapie. Psychotherapeuten<br />
stehen immer wieder vor der<br />
Herausforderung solche Komplexitäten auszuhalten<br />
(und gar therapeutisch zu nutzen)<br />
und nicht in die Trivialisierungsfalle zu tappen.<br />
Auch hierbei kann Methodenvielfalt in<br />
der Forschung helfen.<br />
Methodenvielfalt – eine Stärke<br />
von Psychotherapieforschung<br />
Die wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen<br />
Verfahren haben sich<br />
sowohl innerhalb kultur- und sozial- als<br />
auch naturwissenschaftlicher Traditionen<br />
entwickelt. Dementsprechend verwundert<br />
es nicht, dass auch die Forschungsansätze<br />
und -methoden zur Untersuchung von<br />
Psychotherapie sich beider Traditionen bedienen<br />
(es sei in diesem Zusammenhang<br />
etwa nochmals an die Eysenck-Wellek-<br />
Kontroverse oder die Debatte um die Angemessenheit<br />
nomothetischer oder ideographischer<br />
Methoden erinnert): Gerade<br />
der Methodenpluralismus stellt eine Stärke<br />
von Psychotherapieforschung dar, der<br />
in dieser Fundiertheit und Differenziertheit<br />
in sonst kaum einer anderen Disziplin zu<br />
finden ist. Ein gutes Beispiel hierfür stellt<br />
das Handbuch „Research Methods in Family<br />
Therapy“ (Sprenkle & Piercy, 2005),<br />
die internationale „Bibel“ für familientherapeutisch-systemische<br />
Forschung, dar. Hier<br />
finden sich unterschiedliche Forschungsansätze<br />
wie Ethnographie, Grounded Theory,<br />
Programmevaluationsmethodologie,<br />
klinische RCT-Studien bis zu Multilevel<br />
Growth Modellen sozusagen im friedlichen<br />
Einvernehmen nebeneinander dargestellt.<br />
Nicht zuletzt entspricht die Methodenvielfalt<br />
der, wie Reddemann (2008, S. 114)<br />
dies formulierte, „Würde des Reichtums<br />
und der Lebendigkeit unseres Faches“.<br />
Reddemann bezieht sich damit zwar explizit<br />
auf psychotherapeutische Verfahren<br />
– ihre Argumentationsfigur lässt sich aber<br />
m. E. auch auf psychotherapeutische Forschungsmethoden<br />
übertragen.<br />
Literatur<br />
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